VwGH 97/17/0182

VwGH97/17/018220.4.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des A, vertreten durch den zur Verfahrenshilfe beigegebenen Rechtsanwalt Dr. I in M, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 19. November 1996, Zl. UVS-04/G/20/00584/96, betreffend Übertretung gemäß § 15 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 des Preisauszeichnungsgesetzes, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §45 Abs2;
AVG §60;
PrAG 1992 §15 Abs1;
PrAG 1992 §2 Abs1;
VStG §19 Abs1;
VStG §25 Abs2;
AVG §45 Abs2;
AVG §60;
PrAG 1992 §15 Abs1;
PrAG 1992 §2 Abs1;
VStG §19 Abs1;
VStG §25 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten) Aufwendungen in der Höhe von S 565,- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 14. August 1996 wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, als Unternehmer seine Pflicht zur Preisauszeichnung nicht erfüllt zu haben, indem er zu einem näher genannten Zeitpunkt an einem näher bezeichneten Ort die Preise für folgende Sachgüter, die auf dem Verkaufspult bzw. auf dem Verkaufsständer sichtbar ausgestellt bzw. zum Verkauf bereitgehalten worden seien, nicht ausgezeichnet habe:

Batterien, Stadtpläne, Ansichtskarten, Filme, Schlüsselanhänger, Zeitschriften. Der Beschwerdeführer habe hiedurch § 15 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 des Preisauszeichnungsgesetzes, BGBl. Nr. 146/1992 (im folgenden: PrAG), verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von S 3.000,-- verhängt. Die erstinstanzliche Behörde folgte in ihrer Beweiswürdigung den Angaben des Meldungslegers in seiner Anzeige vom 29. April 1995. Der Verantwortung des Beschwerdeführers, er habe lediglich (ausgepreiste) Zeitschriften verkauft, schenkte sie keinen Glauben.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Er wiederholte seine Behauptung, er habe an diesem Tag lediglich Zeitschriften verkauft. Nur ein Holzständer sei am Eingang zur Bank (Privatgrund) gestanden.

Die belangte Behörde führte am 7. November 1996 eine mündliche Verhandlung durch. Der dort als Zeuge einvernommene Meldungsleger bestätigte seine Angaben in der Anzeige vom 29. April 1995. Der Beschwerdeführer verwies auf sein bisheriges Vorbringen und erklärte schließlich, er bleibe dabei, er habe damals "überhaupt nichts verkauft".

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 19. November 1996 gab die belangte Behörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge und bestätigte das angefochtene Straferkenntnis. Die belangte Behörde sprach weiters aus, daß der Beschwerdeführer gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von S 600,--, das seien 20 % der verhängten Geldstrafe, zu bezahlen habe.

Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der angewendeten Gesetzesbestimmungen aus, der Meldungsleger habe in seiner Anzeige vom 29. April 1995 ausgeführt, daß der gegenständliche Verkaufsstand des Beschwerdeführers um

14.30 Uhr dieses Tages überprüft worden sei. Der Verkaufsstand habe sich aus einem Verkaufspult und einem Verkaufsbehälter für Filme sowie einem Verkaufsständer für Ansichtskarten zusammengesetzt. Durch den Beschwerdeführer persönlich seien dort Batterien, Stadtpläne, Ansichtskarten, Filme, Schlüsselanhänger, Zeitschriften usw. verkauft worden. Sämtliche angebotenen Artikel seien nicht mit Preisen versehen gewesen. Der Beschwerdeführer habe sinngemäß angegeben, er hätte eine gewerberechtliche Bewilligung zum Verkauf dieser Waren. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde habe der Meldungsleger über Vorhalt der Anzeige ausgeführt, daß er sich an die Kontrolle noch erinnern könne. Zum damaligen Zeitpunkt sei ein Pult aufgestellt gewesen, dieses hätte sich unmittelbar an der Hausmauer befunden und ein bis eineinhalb Meter entfernt sei ein Kartenständer gestanden, auf dem sich verschiedene Ansichtskarten befunden hätten. Der Berufungswerber habe dort verkauft. Er hätte den Verkauf auch nicht abgestritten. Bei den Ansichtskarten und bei den Gegenständen, die auf dem Pult ausgestellt gewesen seien, sei keine Preisauszeichnung gewesen. Der Beschwerdeführer sei bei seiner bisherigen Rechtfertigung geblieben. Diese Rechtfertigung stehe nun mit den klaren und schlüssigen Angaben des Meldungslegers, die dieser sowohl bei seiner unter Wahrheitspflicht und der Strafsanktionsdrohung des § 289 StGB durchgeführten Einvernahme vor der belangten Behörde sowie auch unmittelbar nach dem Vorfall in seiner Anzeige vom 29. April 1995 gemacht habe, in Widerspruch. Der Meldungsleger habe bei seiner Einvernahme vor der belangten Behörde einen durchaus glaubwürdigen und überzeugenden Eindruck hinterlassen. Es habe keine Veranlassung bestanden, seinen Angaben nicht zu glauben. Darüber hinaus komme Angaben, die in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang nach dem tatsächlichen Geschehen gemacht worden seien, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erhöhte Glaubwürdigkeit zu. Die Anzeige sei am Tag der Sachverhaltsfeststellung durch den Meldungsleger erfolgt. Schließlich sei festzustellen, daß der Beschwerdeführer im Gegensatz zum Meldungsleger keinen sicheren Eindruck hinsichtlich seiner Rechtfertigung vermittelt habe und, ohne näher zum Sachverhalt beizutragen, immer nur auf seine Rechtfertigung verwiesen habe.

Bei einer Verwaltungsübertretung nach § 2 Abs. 1 PrAG handle es sich um ein Ungehorsamsdelikt, weil zum Tatbestand weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehöre und die Verwaltungsvorschrift über das zur Strafbarkeit erforderliche Verschulden nichts bestimme. In einem solchen Fall sei gemäß § 5 Abs. 1 VStG Fahrlässigkeit anzunehmen, wenn der Täter nicht glaubhaft mache, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe. Ein Vorbringen in Richtung des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG habe der Beschwerdeführer nicht erstattet. Es sei daher auch die subjektive Tatseite als verwirklicht anzusehen.

Der Berufung sei daher in der Schuldfrage keine Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich zu bestätigen gewesen.

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sei die Grundlage der Bemessung der Strafe das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung diene und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen habe. Durch die angelastete Verwaltungsübertretung sei das durch die Strafdrohung als schutzwürdig erkannte Interesse an der raschen und umfangreichen Information der Kunden bezüglich der Preise angebotener Waren geschädigt. Der Unrechtsgehalt erweise sich somit als nicht unerheblich. Da die Waren im unmittelbaren Sichtbereich des Beschwerdeführers gewesen seien und er Waren, deren Preis nicht ausgezeichnet gewesen seien, auch persönlich verkauft habe, erweise sich sein Verhalten zumindest als grob fahrlässig, weshalb ihm auch ein erhebliches Verschulden anzulasten sei. Darüber hinaus sei der Beschwerdeführer verwaltungsstrafrechtlich nicht mehr unbescholten. Auf das unterdurchschnittliche Einkommen (nach Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung S 12.000,-- bis S 13.000,--), die Vermögenslosigkeit und das Fehlen von Sorgepflichten sei Bedacht genommen worden. Angesichts dieser Strafzumessungsgründe erweise sich die verhängte Geldstrafe als angemessen. Die Vorschreibung des Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens stütze sich auf die zwingende Vorschrift des § 64 Abs. 1 und 2 VStG.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch die unrichtige Anwendung des § 39a AVG im Zusammenhang mit den §§ 37, 38 AVG in seinen Rechten (erkennbar: nicht nach § 2 Abs. 1 und § 15 PrAG bestraft zu werden, wenn die hiefür erforderlichen Tatbestandsvoraussetzungen nicht vorliegen) verletzt. Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben. Zur Begründung seiner Beschwerde führte er aus, schon in der Anzeige sei ausgeführt worden, der Beschwerdeführer habe sinngemäß angegeben, er hätte eine gewerberechtliche Bewilligung für den Verkauf dieser Waren. Darüber hinaus werde dem Beschwerdeführer im angefochtenen Bescheid vorgehalten, er habe immer nur auf seine Rechtfertigung verwiesen, ohne zum Sachverhalt beizutragen. Die Muttersprache des Beschwerdeführers sei nicht deutsch. Die belangte Behörde hätte Anlaß für Zweifel an der Beherrschung und dem Verständnis der deutschen Sprache durch den Beschwerdeführer gehabt, sodaß sie gehalten gewesen wäre, einen Dolmetsch beizuziehen. Hiedurch sei das Verfahren und die Ermittlung des Sachverhaltes so mangelhaft geblieben, "daß er für eine Verurteilung des Beschwerdeführers nicht ausreiche".

In einer niederschriftlichen Einvernahme des Beschwerdeführers durch den Berichter am 27. Jänner 1998 gab ersterer ohne Probleme auf Deutsch an, er lebe seit 17 Jahren in Österreich. Verständigungsschwierigkeiten mit den in diesem Verfahren tätigen Behörden habe er nicht gehabt, es komme allerdings vor, daß Beamte nicht bereit seien, ihm zuzuhören. Zur Sache gab der Beschwerdeführer ergänzend an, er werde schon seit langem von einem Polizisten zu Unrecht verfolgt. Der Meldungsleger im gegenständlichen Fall sei ein Untergebener jenes Polizisten gewesen, welcher ihn schon seit längerer Zeit auf eine näher geschilderte Weise verfolge.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 2 Abs. 1 und § 15 Abs. 1 PrAG lauten (auszugsweise):

"§ 2. (1) Unternehmer haben die Preise für Sachgüter auszuzeichnen, sofern diese

  1. 1. sichtbar ausgestellt sind oder
  2. 2. in den Geschäftsräumlichkeiten in anderer Weise zum Verkauf bereitgehalten werden.

§ 15. (1) Wer seine Pflicht zur Preisauszeichnung gemäß den §§ 1, 2, 4 und 6 bis 13 oder den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen nicht erfüllt oder einen höheren als den ausgezeichneten Preis verlangt, annimmt oder sich versprechen läßt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist hiefür mit Geldstrafe bis 20 000 S zu bestrafen. ..."

Der in der Beschwerde erhobene Vorwurf, die belangte Behörde habe es unter Verletzung des § 39a AVG (in Verbindung mit § 24 VStG) unterlassen, einen Dolmetscher beizuziehen, obwohl der Beschwerdeführer der deutschen Sprache nicht hinreichend kundig sei, erweist sich aufgrund der Angaben des Beschwerdeführers in seiner Einvernahme durch den Berichter am 27. Jänner 1998 als nicht gerechtfertigt.

Der vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang ins Treffen geführte Umstand, er werde von dem dem Meldungsleger vorgesetzten Polizisten verfolgt, könnte der Beschwerde schon deshalb nicht zum Erfolg verhelfen, weil es der Beschwerdeführer unterlassen hatte, ein entsprechendes Sachvorbringen im Verfahren vor den Verwaltungsbehörden zu erstatten.

Gemäß § 41 Abs. 1 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof, soweit er nicht (u.a.) Rechtswidrigkeit wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften gegeben findet (§ 42 Abs. 2 Z. 2 und 3 VwGG), den angefochtenen Bescheid aufgrund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes zu überprüfen. Dies bedeutet nach der ständigen Rechtsprechung nicht, daß die Beweiswürdigung der belangten Behörde gänzlich der Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof entzogen wäre (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 548 ff, wiedergegebene Rechtsprechung).

Die Behörde hat gemäß § 45 Abs. 2 AVG i.V.m. § 24 VStG unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht, wobei gemäß § 25 Abs. 2 VStG die der Entlastung des Beschuldigten dienlichen Umstände in gleicher Weise zu berücksichtigen sind wie die belastenden; der Grundsatz der freien Beweiswürdigung bildet somit eine verwaltungsverfahrensrechtliche Maxime. Weil ferner gemäß § 60 AVG i.V.m. § 24 VStG die Behörde verfahrensrechtlich verpflichtet ist, in der Begründung ihres Bescheides auch die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens einschließlich der bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen klar und übersichtlich zusammenzufassen, hat der Verwaltungsgerichtshof Mängel der Beweiswürdigung gleichwohl als Verfahrensfehler wahrzunehmen. Der Verwaltungsgerichtshof muß sohin überprüfen, ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind. Schlüssig sind aber solche Erwägungen dann, wenn sie unter anderem den Denkgesetzen, somit auch dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen. Denkprozesse, die mit den Denkgesetzen nicht im Einklang stehen, sich damit der logischen Kettung an das Ermittlungsergebnis entledigen, können dem Begriff der Beweiswürdigung nicht unterstellt werden. Unschlüssige, nur dem Scheine nach Akte der Beweiswürdigung darstellende Denkakte vermögen den Verwaltungsgerichtshof daher nicht zu binden. Sofern umgekehrt die behördliche Beweiswürdigung schlüssig und in sich widerspruchsfrei ist, diese Beweiswürdigung der Behörde daher nicht gegen das allgemeine Gebot der Schlüssigkeit verstößt, insbesondere keine Verstöße gegen die Logik enthält, kann der Verwaltungsgerichtshof die Richtigkeit der Beweiswürdigung nicht weiter nachprüfen (vgl. Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit, Seite 137, mit weiteren Hinweisen auf die Rechtsprechung). Im Rahmen der ihm nach dem Vorgesagten obliegenden Schlüssigkeitsprüfung vermag der Verwaltungsgerichtshof der oben wiedergegebenen Beweiswürdigung der belangten Behörde aber nicht entgegenzutreten, zumal auch die Beschwerde keine Argumente gegen die Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit derselben aufzeigt.

Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt ist aber die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde nicht zu beanstanden. Der Strafbemessung tritt der Beschwerdeführer ebensowenig entgegen wie der Entscheidung über den Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens.

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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