VwGH 96/20/0126

VwGH96/20/012610.7.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Baur und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hemetsberger, über die Beschwerde des Ing. K in W, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 23. Jänner 1996, Zl. WA 128/1995, betreffend Waffenverbot, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
VwGG §41 Abs1;
WaffG 1986 §12 Abs1;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
VwGG §41 Abs1;
WaffG 1986 §12 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Hartberg vom 10. Juli 1994 keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid, mit dem dem Beschwerdeführer gemäß § 12 Abs. 1 WaffG der Besitz von Waffen und Munition verboten worden war, gemäß § 66 Abs. 4 AVG bestätigt.

In der Begründung verwies die belangte Behörde darauf, daß gegen den Beschwerdeführer vom Gendarmeriepostenkommando W wegen Verdachtes der Nötigung und der gefährlichen Drohung eine Anzeige an die Staatsanwaltschaft Graz eingebracht worden sei. Danach sei der Beschwerdeführer verdächtig, am 1. Juli 1995 um

11.30 Uhr den Landwirt L am sogenannten Moosfeld in We, in der Nähe des Hauses S im Bezirk Hartberg genötigt zu haben, die Heuarbeiten einzustellen, nachdem er vorerst mit einem Flobertgewehr Kaliber 22, vermutlich in Richtung des L schoß und ihn aufforderte, die Arbeiten einzustellen, um ihn nicht zu stören. In weiterer Folge stellte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid den Inhalt der diesbezüglichen Gendarmerieanzeige fest und führte aus, daß es zwar die Behörde erster Instanz unterlassen habe, ein Ermittlungsverfahren durchzuführen, jedoch dieser Mangel durch die Einbringung der Berufung saniert worden sei. § 12 Abs. 1 WaffG setze die gerechtfertigte Annahme der Gefahr eines Mißbrauches mit Waffen voraus. Im gegenständlichen Fall habe der Beschwerdeführer eine Waffe mißbräuchlich verwendet. Es liege eine Tatsache vor, die die Annahme rechtfertige, daß durch eine mißbräuchliche Verwendung von Waffen durch den Beschwerdeführer das Leben, die Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährdet sein könnte.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Vorauszuschicken ist, daß der Verwaltungsgerichtshof einen vor ihm bekämpften Bescheid sowohl in sachverhaltsmäßiger als auch rechtlicher Hinsicht nach den Verhältnissen im Zeitpunkt seiner Erlassung zu überprüfen hat. Demgemäß hat außer Betracht zu bleiben, daß der Beschwerdeführer mittlerweile mit Urteil des Oberlandesgerichtes Graz vom 20. März 1996 für schuldig erkannt wurde, er habe am 1. Juli 1995 in Wenigzell durch die Abgabe eines Schusses mit einem Flobertgewehr in die Höhe, jedoch in Richtung des L nach vorheriger Beanstandung wegen Lärmerregung, sohin durch gefährliche Drohung, diesen zu einer Handlung, nämlich zum Verlassen der Tatortörtlichkeit und Unterlassen von Heuarbeiten genötigt. Es ist vielmehr davon auszugehen, daß sich die belangte Behörde damit begnügte, den Inhalt der Strafanzeige des Gendarmeriepostens W festzustellen und daraus ohne Vornahme einer erkennbaren Beweiswürdigung die rechtliche Schlußfolgerung gezogen hat, daß die Voraussetzungen des Waffenverbotes im Sinne des § 12 WaffG vorliegen.

Gemäß §§ 58 Abs. 2 und 60 iVm 67 AVG haben Berufungsbescheide eine Begründung zu enthalten, in der die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen sind. In der Bescheidbegründung ist daher in einer eindeutigen, die Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichenden und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe öffentlichen Rechts zugänglichen Weise darzutun, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrundegelegt wurde, aus welchen Erwägungen die Behörde zur Ansicht gelangte, daß gerade dieser Sachverhalt vorliege, und aus welchen Gründen sie die Subsumtion dieses Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand als zutreffend erachtete (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, E 8 zu § 67 AVG und E 1 bis 9 zu § 60 AVG wiedergegebene Rechtsprechung). Sind die einen tragenden Teil der Begründung darstellenden Ausführungen für den Verwaltungsgerichtshof nicht nachvollziehbar und somit nicht überprüfbar, so liegt ein wesentlicher Verfahrensfehler vor, der zur Aufhebung des Bescheides führt.

Im vorliegenden Fall macht die Beschwerde zutreffend geltend, daß die belangte Behörde weder den maßgeblichen Sachverhalt festgestellt noch eine nachvollziehbare Begründung dafür gegeben hat, daß beim Beschwerdeführer "eine Tatsache vorlag, die die Annahme rechtfertigte, daß durch eine mißbräuchliche Verwendung von Waffen das Leben, die Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährdet sein könnte". Die belangte Behörde hat nämlich nur den Inhalt der Gendarmerieanzeige festgestellt, worin der Beschwerdeführer eines bestimmten Vergehens verdächtigt wurde. Die belangte Behörde hat aber weder selbständig Tatsachenfeststellungen getroffen noch irgendwelche nachvollziehbare Erwägungen dargelegt, die auf eine von ihr erfolgte Beweiswürdigung von Ermittlungsergebnissen schließen ließen. Der Hinweis auf einen in einer Anzeige erhobenen Tatverdacht reicht weder zur Erfüllung des Tatbestandes des § 12 WaffG aus noch kann ein solcher den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Beweiswürdigung im Sinne der angeführten Bestimmungen genügen.

Es kann somit der Beschwerde nicht entgegengetreten werden, wenn sie geltend macht, daß die belangte Behörde bei Durchführung eines entsprechenden Ermittlungsverfahrens, der Vornahme einer ordnungsgemäßen Beweiswürdigung und detaillierter Sachverhaltsfeststellungen zu einem anderen Verfahrensergebnis gelangt wäre.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte