Normen
AVG §8;
EisenbahnG 1957 §16 Abs1;
EisenbahnG 1957 §16 Abs4;
EisenbahnG 1957 §16 Abs5;
EisenbahnG 1957 §16;
EisenbahnG 1957 §34 Abs4;
Spruch:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid bewilligte die belangte Behörde gemäß § 16 Eisenbahngesetz 1957 (EisbG) der mitbeteiligten Partei die "erforderlichen Vorarbeiten (Vermessung und Bodenerkundungen einschließlich Erkundungsstollen)" für das Bauvorhaben Hochleistungsneubaustrecke Gloggnitz - Mürzzuschlag (Projekt Semmering). Dem Beschwerdeführer wurde dieser Bescheid nicht zugestellt. Er erlangte nach seinem Vorbringen am 21. Juli 1994 Kenntnis von diesem Bescheid und brachte gegen ihn die gegenständliche Beschwerde ein.
Nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers ist er Eigentümer des Grundstückes Nr. 528/6 KG P und entspringt auf diesem Grundstück die sogenannte "X-Quelle". Der Beschwerdeführer erachtet sich im Recht verletzt, daß in seine rechtmäßig geübten Wassernutzungen nur eingegriffen werden dürfe, wenn die im Eisenbahngesetz, Hochleistungsstreckengesetz und Wasserrechtsgesetz festgelegten Voraussetzungen in einem Genehmigungsverfahren nach §§ 32 ff EisbG festgestellt worden sind.
Wie der Beschwerdeführer weiter ausführt, habe die mitbeteiligte Partei im eisenbahnrechtlichen Bewilligungsverfahren betreffend die Errichtung des Semmering-Basistunnels beantragt, daß nach Fertigstellung eines Sondierstollens (Erkundungsstollen) der Hauptstollen des Basistunnels vorangetrieben werden solle, wobei aber in der Folge der Sondierstollen als Begleitstollen dienen werde. Der Sondierstollen sei somit als integrierter und - als Rettungsstollen - auch unverzichtbarer Bestandteil des Gesamtprojektes anzusehen. Nach den im eisenbahnrechtlichen Verfahren eingeholten Gutachten eines Amtssachverständigen für Bodenwasserhaushalt und von Sachverständigen für Geologie, Hydrogeologie bzw. Baugeologie werde die X-Quelle durch das Projekt Semmering-Basistunnel (insbesondere durch das Absenken des Bergwasserspiegels) beeinträchtigt. Aus der Stellungnahme eines Amtssachverständigen für Geohydrologie ergebe sich, daß bereits der Sondierstollen massive Beeinträchtigungen des Wasserhaushaltes bewirke. Die Errichtung des Sondierstollens (und späteren Begleit- bzw. Rettungsstollens) gehe über den Bereich der Vorarbeiten hinaus und stelle einen wesentlichen Teil des noch nicht eisenbahnrechtlich bewilligten Semmering-Basistunnels dar. Der angefochtene Bescheid stelle daher materiell eine eisenbahnrechtliche Baugenehmigung dar, wobei der Beschwerdeführer, dessen "X-Quelle" bereits durch den Sondierstollen beeinträchtigt werde, im Baugenehmigungsverfahren als Partei übergangen worden sei.
Der Bescheid werde insoweit angefochten, als er die Errichtung eines Erkundungsstollens bewillige; diese Bewilligung stelle nämlich bereits eine eisenbahnrechtliche Baugenehmigung iSd § 35 EisbG dar.
Hierüber wurde erwogen:
§ 16 EisbG lautet:
"Vorarbeiten
(1) Die zum Bau einer Eisenbahn erforderlichen Vorarbeiten bedürfen, wenn hiedurch Rechte Dritter berührt werden, der Bewilligung der Behörde. Dem Antrag ist ein Plan des Bauvorhabens, aus dem die Linienführung der geplanten Eisenbahn zu ersehen ist, beizugeben; ferner ist anzugeben, innerhalb welcher Zeit die Vorarbeiten begonnen und vollendet werden sollen.
(2) Die Bewilligung darf nur erteilt werden, wenn der Antragsteller verläßlich und das Bauvorhaben wirtschaftlich und technisch durchführbar ist. Sie kann für dieselbe Linie verschiedenen Personen erteilt werden. Von der erteilten Bewilligung ist dem Landeshauptmann, sofern dieser nicht selbst zuständig ist, Kenntnis zu geben. Dieser hat die Bezirksverwaltungsbehörden und Gemeinden zu verständigen, derern örtlicher Wirkungsbereich durch die geplante Eisenbahn berührt wird.
(3) Die Bewilligung wird höchstens für die Dauer eines Jahres erteilt und erlischt sodann. Sie ist auf Antrag zu erneuern, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung der Bewilligung gegeben sind.
(4) Durch die Bewilligung erhält der Antragsteller das Recht, auf fremden Liegenschaften die zur Vorbereitung des Bauvorhabens erforderlichen Arbeiten unter möglichster Schonung fremder Rechte und Interessen vorzunehmen. Er hat den hiedurch verursachten Schaden zu ersetzen.
(5) Wird dem Antragsteller das Betreten von Liegenschaften, einschließlich der Gebäude und eingefriedeten Grundstücke, oder die Beseitigung von Hindernissen verwehrt, so entscheidet auf Antrag eines Beteiligten die Bezirksverwaltungsbehörde über die Zulässigkeit der beabsichtigten Handlung.
(6) Durch die Bewilligung erhält der Antragsteller weder einen Anspruch auf die Verleihung der Konzession noch ein sonstiges ausschließliches Recht."
Die mitbeteiligte Partei hat die Bewilligung bestimmter Vorarbeiten (u.a. die Schlagung eines Erkundungsstollens) gemäß § 16 EisbG beantragt, die belangte Behörde hat mit dem angefochtenen Bescheid die beantragte Bewilligung erteilt.
Vorarbeiten, die im allgemeinen in Vermessungsarbeiten sowie geologischen und hydrographischen Untersuchungen bestehen, dienen der Vorbereitung eines Bauentwurfes. Die unter möglichster Schonung fremder Rechte und Interessen vorzunehmenden Arbeiten sind dann dem § 16 EisbG zu subsumieren, wenn sie zur Vorbereitung des Bauvorhabens nach dem Stand der Technik erforderlich sind. Daran ändert nichts, daß das Ergebnis einer solchen Vorarbeit in der Folge allenfalls im Rahmen des zu errichtenden Bauvorhabens eine andere Funktion erfüllen soll.
Ob es sich bei dem mit dem angefochtenen Bescheid bewilligten Erkundungsstollen tatsächlich um eine Vorarbeit im Sinn des § 16 EisbG handelt, kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben. Denn auch wenn dies nicht zuträfe, wäre mit dem angefochtenen Bescheid trotzdem das geplante Vorhaben ausschließlich als "Vorarbeit" iSd § 16 EisbG bewilligt (vgl. sinngemäß hg. Erkenntnis vom 12. Juli 1994, Zl. 92/04/0191).
Der angefochtene Bescheid stellt somit auch hinsichtlich der Bewilligung des Erkundungsstollens keine eisenbahnrechtliche Baugenehmigung iSd § 35 EisbG, sondern eine Bewilligung von Vorarbeiten iSd § 16 Abs. 1 EisbG dar. Im Rahmen des Beschwerdepunktes, durch eine nicht im ordnungsgemäßen Verfahren erlassene eisenbahnrechtliche Baugenehmigung iSd § 35 EisbG durch den angefochtenen Bescheid in Rechten verletzt zu sein, besteht daher die Möglichkeit der Verletzung subjektiver Rechte des Beschwerdeführers nicht.
Obwohl der Beschwerdeführer mit Rücksicht auf den hg. Beschluß vom 17. Juni 1992, Zl. 92/03/0121, nicht in Zweifel zieht, daß ihm im Verfahren nach § 16 Abs. 1 und 4 EisbG Parteistellung nicht zukommt, hat der Verwaltungsgerichtshof die vorliegende Beschwerde dennoch zum Anlaß genommen, sich neuerlich mit der Frage der Parteistellung in diesem Verfahren auseinanderzusetzen.
Anlaß des zitierten Beschlusses vom 17. Juni 1992, Zl. 92/03/0121, war die Beschwerde eines von der Trassenführung unmittelbar betroffenen Grundeigentümers. Der Verwaltungsgerichtshof leitete aus der Bestimmung des § 16 Abs. 5 EisbG, welche dem Grundeigentümer ein besonderes Verfahren zur Sicherung seiner Rechte einräumt, dessen mangelnde Parteistellung im Verfahren nach § 16 Abs. 1 bis 4 leg. cit. ab. Zu prüfen bleibt daher, ob diese Erwägungen auch auf einen Wasserberechtigten übertragen werden können, der eine Beeinträchtigung seiner Wasserrechte durch die bewilligten Vorarbeiten befürchtet.
Aus § 34 Abs. 4 EisbG ergibt sich, daß auch der Wasserberechtigte zum Kreis jener Personen zählt, deren Rechte gleich jenen von Eigentümern der betroffenen Liegenschaften im eisenbahnrechtlichen Baugenehmigungsverfahren zu berücksichtigen sind. Ist aber der Wasserberechtigte im eisenbahnrechtlichen Baugenehmigungsverfahren, was den Schutz seiner subjektiven Rechte betrifft, dem Grundeigentümer gleichgestellt, so würde es einen Wertungswiderspruch bedeuten, wäre seine Rechtsstellung im Verfahren zur Bewilligung von Vorarbeiten gegenüber jener des Grundeigentümers schwächer ausgestaltet. Es zählen daher auch die Rechte der Wasserberechtigten zu den nach § 16 Abs. 1 und 4 EisbG zu schonenden fremden Rechten.
Der Antragsteller (das Eisenbahnunternehmen) erlangt zufolge § 16 Abs. 4 EisbG durch die Bewilligung nach § 16 Abs. 1 leg. cit. zwar grundsätzlich das Recht, die bewilligten Arbeiten auf fremden Liegenschaften durchzuführen. Allerdings darf er, wie aus dem Abs. 5 dieser Gesetzesstelle hervorgeht, gegen den Widerstand des Grundeigentümers die Vorarbeiten nicht ohne eine über entsprechenden Antrag eines Beteiligten ergangene Entscheidung der Behörde durchführen. Aus der in dieser Bestimmung normierten Verpflichtung der Behörde, über die Zulässigkeit der "beabsichtigten" Handlung zu entscheiden, ergibt sich nämlich, daß die Aufnahme bzw. die Fortsetzung der bereits aufgenommenen Arbeiten bis zur Entscheidung über einen nach § 16 Abs. 5 leg. cit. gestellten Antrag untersagt ist.
Der Antrag nach § 16 Abs. 5 EisbG ist ein Rechtsbehelf, der bewirkt, daß die Zulässigkeit von Vorarbeiten - unabhängig von der dem Eisenbahnunternehmen bereits erteilten Bewilligung - unter dem Gesichtspunkt der Wahrung der individuellen Rechte des Widersprechenden nach dem Maßstab des § 16 Abs. 1 bis 4 EisbG geprüft wird.
Aus einer verfassungskonformen Interpretation des § 16 EisbG ergibt sich, daß der durch Abs. 5 dem Grundeigentümer eröffnete Rechtsbehelf auch dem (wie oben ausgeführt) gleich schützenswerten - in seinen rechtlichen Interessen betroffenen - Wasserberechtigten offensteht. Auch der Widerspruch des Wasserberechtigten, den er auch unmittelbar durch einen Antrag nach § 16 Abs. 5 EisbG zum Ausdruck bringen kann, führt somit dazu, daß Vorarbeiten vor Abschluß des nach dieser Gesetzesstelle durchzuführenden Verfahrens nicht zulässig sind.
Ist aber solcherart auch dem in seinen Interessen betroffenen Wasserberechtigten zum Schutz seiner Rechte im § 16 Abs. 5 EisbG ein besonderer Rechtsbehelf eingeräumt, so treffen auch auf ihn die im eingangs zitierten hg. Beschluß vom 17. Juni 1992, Zl. 92/03/0121, angestellten Erwägungen zu. Der Verwaltungsgerichtshof kommt daher zu dem Ergebnis, daß auch dem durch die geplanten Vorarbeiten möglicherweise in seinen rechtlichen Interessen betroffenen Wasserberechtigten Parteistellung im Verfahren nach § 16 Abs. 1 bis 4 EisbG nicht zukommt.
Die Beschwerde erweist sich somit als unzulässig, weshalb sie in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen war.
Damit erübrigt sich die Entscheidung über den zu Zl. AW 94/03/0032 protokollierten Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
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