VwGH 88/16/0156

VwGH88/16/015615.3.1989

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Dr. Närr und Mag. Meinl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Samonig, über die Beschwerde der Bausparkasse B-gemeinnützige registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung in S, vertreten durch Dr. Peter Raits, Rechtsanwalt in Salzburg, Imbergstraße 8, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Salzburg vom 27. Mai 1988, Zl. Jv 1892-33/88-3, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
BAO §92;
VwGG §36 Abs1 impl;
VwGG §38 Abs2;
VwGG §41 Abs1;
WFG 1984 §28 Abs4;
AVG §56;
BAO §92;
VwGG §36 Abs1 impl;
VwGG §38 Abs2;
VwGG §41 Abs1;
WFG 1984 §28 Abs4;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 9.690,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich im wesentlichen folgendes:

Am 29. April 1988 wurde der Beschwerdeführerin (einer Bausparkasse, der als Pfandgläubigerin die nur von der gemäß § 30 Abs. 1 WGG von den Gerichtgsgebühren befreiten Grundeigentümerin unter Hinweis auf die Befreiung von den Eingaben- und Eintragungsgebühren nach "WGG bzw. WBFG" beantragte - mit Beschluß des BG. Hallein vom 3. Mai 1985, TZ 1211/85, bewilligte und am 10. Mai 1985 im Grundbuch vollzogene - Eintragung zum Erwerb des in der Folge erwähnten Pfandrechtes in der für das Grundstück 279/18 neu eröffneten EZ. 1526 des Grundbuches X - in der Folge:

EZ. 1526 - im Sinn des § 25 Abs. 1 lit. b GGG zum Vorteil gereichte) das Schreiben des Präsidenten des Landesgerichtes Salzburg (in der Folge: belangte Behörde) vom 25. April 1988 zugestellt.

In diesem Schreiben wies die belangte Behörde zunächst darauf hin, von der Beschwerdeführerin sei die Berichtigung des vom Kostenbeamten des BG. Hallein in der Grundbuchssache TZ 1211/85 (zu ergänzen: innerhalb der Frist des § 8 Abs. 1 GEG 1962 auf Weisung des Revisors beim Landesgericht Salzburg am 13. April 1988 erlassenen bzw. der Beschwerdeführerin zugestellten Zahlungsauftrages vom 11. April 1988) mit der Begründung begehrt worden, die Eintragung sei auf Grund des § 35 Abs. 3 WFG 1968 von den Gerichtsgebühren befreit. Beigelegt sei eine unbeglaubigte Ablichtung einer schriftlichen Zusicherung der Salzburger Landesregierung vom 28. Dezember 1984 worden, in der wohl das Darlehen von S 3,575.000,-- angeführt werde. Jedoch sei dieses Darlehen nicht, wie in der Zusicherung angeführt auf der Liegenschaft EZ. 1476 des Grundbuches der KG. X - in der Folge:

EZ. 1476 - sondern auf der Liegenschaft EZ. 1526 sichergestellt worden. Anschließend führte die belangte Behörde in diesem Schreiben aus, zur Entscheidung über den Berichtigungsantrag der Beschwerdeführerin sei die Vorlage des Originals der schriftlichen Zusicherung für die EZ. 1526 binnen 14 Tagen erforderlich. Ein Anbringen nach Ablauf der Frist werde nicht mehr berücksichtigt.

Abgesehen von hier nicht mehr wesentlichen Berichtigungen bzw. Ergänzungen des angeführten Zahlungsauftrages wies die belangte Behörde mit dem im Spruch dieses Erkenntnisses näher bezeichneten - der Beschwerdeführerin am 13. Juli 1988 zugestellten - Bescheid vom 27. Mai 1988 den erwähnten Berichtigungsantrag der Beschwerdeführerin ab. Dies im wesentlichen unter Hinweis auf die Bestimmungen der §§ 60 Abs. 8 WFG 1984, 28 Abs. 4, 35 Abs. 3 WFG 1968, 47 Abs. 1 und 2 AVG 1950 und 294 ZPO mit der Begründung, das Original der schriftlichen Zusicherung sei innerhalb der gesetzten Frist nicht vorgelegt worden. Die Beschwerdeführerin sei damit ihrer Pflicht, zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes beizutragen, nicht nachgekommen.

Gegen diesen Bescheid der belangten Behörde richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der seine Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt wird.

Die belangte Behörde legte die - wie noch auszuführen sein wird, nicht vollständigen - Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift. In dieser wird die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Beschwerde (S. 4 f und S. 8 f) wird u.a. vorgebracht, in Beantwortung des Schreibens der belangten Behörde vom 25. April 1988 habe ihr die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 30. Mai 1988 das Schreiben der Grundeigentümerin vom 20. Mai 1988 und eine Ablichtung des Beschlusses des BG. Hallein vom 3. Mai 1985, TZ 1208/85, vorgelegt. In dem Schreiben vom 20. Mai 1988 sei ausgeführt worden, daß beide Bauabschnitte A und B zum Zeitpunkt des Erhaltes der schriftlichen Förderungszusicherung durch die Salzburger Landesregierung noch auf (zu ergänzen: Grundstücken mit) einer EZ. gewesen seien, weshalb für beide Objekte die Förderungszusicherung auf dieselbe EZ. lautete. Nunmehr sei auf Grund des erwähnten Beschlusses des BG. Hallein vom 3. Mai 1985 die Teilung erfolgt und verschiedene EZ. für die jeweils geförderten Einheiten A und B eröffnet worden. Aus diesem Beschluß ergebe sich, daß aus dem Gutsbestand der EZ. 1476 die Abschreibung des Grundstückes 279/18 Garten unter Mitübertragung des Eigentumsrechtes zugunsten der schon eingangs erwähnten Grundeigentümerin und die Eröffnung der neuen EZ. 1526 hiefür in demselben Grundbuch bewilligt worden sei.

Die belangte Behörde, die mit der ihr am 12. September 1988 samt einer Ausfertigung der Beschwerde zugestellten Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 2. September 1988 (Einleitung des Vorverfahrens gemäß § 35 Abs. 3 VwGG) ausdrücklich auch auf die Bestimmung des § 38 Abs. 2 VwGG hingewiesen wurde, wonach der Verwaltungsgerichtshof im Falle des Unterbleibens einer fristgerechten Aktenvorlage berechtigt ist, allein auf Grund der Beschwerdebehauptungen zu erkennen, ging auf die vorstehend zitierten Beschwerdeausführungen (wenn überhaupt) nur mit der Erwiderung ein, da innerhalb der gesetzten Frist eine Stellungnahme oder Bekanntgabe der Hinderungsgründe, die die Vorlage (des Originals der Zusicherung) betreffen, nicht eingelangt sei, sei nunmehr der angefochtene Bescheid erlassen worden.

Da die belangte Behörde die Akten nur teilweise vorlegte, kann der Verwaltungsgerichtshof, insoweit die Akten fehlen, auf Grund der Behauptungen der Beschwerdeführerin entscheiden, weil die belangte Behörde - wie oben dargelegt - auf diese Säumnisfolgen vorher in der Verfügung über die Einleitung des Vorverfahrens ausdrücklich hingewiesen wurde (siehe zur teilweisen bzw. unvollständigen Aktenvorlage z.B. die von Dolp-Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Wien 1987, S 538 unten, zitierte Rechtsprechung).

Da der Verwaltungsgerichtshof die Rechtmäßigkeit eines bei ihm angefochtenen Bescheides nach dem Zeitpunkt dessen Erlassung (= Zustellung!) zu prüfen hat (siehe z.B. das gemäß § 43 Abs. 2 "zweiter Satz VwGG angeführte, über eine Gerichtsgebühren betreffende Beschwerde ergangene Erkenntnis vom 19. Mai 1988, Zl. 88/16/0033, ÖStZB 23/1988, S. 532), hätte die belangte Behörde trotz Nichteinhaltung der mit ihrem Schreiben vom 25. April 1988 der Beschwerdeführerin für Anbringen gesetzten Frist - anders als z.B. bei der Übergabe der schriftlichen Abfassung eines der schriftlichen Ausfertigung vorbehaltenen Urteiles durch den Richter zur Ausfertigung (siehe z.B. Fasching, Lehrbuch des österreichischen Zivilprozeßrechts, Wien 1984, Rz 1470) - noch auf das offensichtlich erst in der Zeit zwischen der Genehmigung des angefochtenen Bescheides (27. Mai 1988) und dessen Erlassung (= Zustellung am 13. Juli 1988) eingelangte Schreiben der Beschwerdeführerin vom 30. Mai 1988 samt Beilagen Bedacht nehmen und sich damit auseinandersetzen müssen.

Der Verwaltungsgerichtshof übersieht dabei keineswegs, daß es in der vorgelegten Ablichtung der Zusicherung der Salzburger Landesregierung vom 28. Dezember 1984 im wesentlichen lautet: "zur Errichtung von 4 RH (X-B) mit einer Nutzfläche von insgesamt

453.28 m2, in X auf der Parzelle Nr. 279/12, 279/13, 279/14, Kat.Gem. X Grundbuchs-Einlagezahl 1476" und daraus allein (noch) nicht zwingend auf "beide Bauabschnitte A und B zum Zeitpunkt des Erhaltes der schriftlichen Förderungszusicherung durch die Salzburger Landesregierung" zu schließen ist. Dennoch hätte sich - wie bereits ausgeführt - die belangte Behörde vor der Erlassung des angefochtenen Bescheides mit diesem Vorbringen auseinandersetzen und ihre, nach allfälliger Ergänzung des Ermittlungsverfahrens und entsprechenden Feststellungen in welche Richtung immer zustandegekommene Auffassung in durch den Verwaltungsgerichtshof überprüfbarer Weise begründen müssen.

Der Vollständigkeit halber wird bemerkt, daß die Parteien des vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens die Zusicherung gemäß § 28 Abs. 4 WFG 1968 zutreffend nicht als Bescheid, sondern als privatrechtliche Erklärung des Landes ansehen (siehe z.B. das gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG angeführte Erkenntnis vom 3. September 1987, Zl. 86/16/0219, ÖStZB 3/1988, S. 82, mit weiterem Judikaturhinweis).

Da der Verwaltungsgerichtshof nicht ausschließen kann, daß die belangte Behörde bei Vermeidung der aufgezeigten Verletzung von Verfahrensvorschriften zu einem anderen (für die Beschwerdeführerin günstigeren) Bescheid hätte kommen können, ist der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG durch den nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat aufzuheben.

Die Zuerkennung des Aufwandersatzes gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.

Wien, am 15. März 1989

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