VwGH 88/11/0004

VwGH88/11/00044.10.1988

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Waldner, Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde des Mag. FG in K, vertreten durch Dr. Hubert Ortmayr, Rechtsanwalt in Hollabrunn, Amtsgasse 6, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 9. März 1987, Zl. VII/1‑F‑27.622/6‑87, betreffend Sozialhilfe, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37 idF 1982/199
AVG §39 Abs2
AVG §56
SHG NÖ 1974 §11 Abs4 idF 9200-6
SHG NÖ 1974 §12 Abs3 idF 9200-6
SHG NÖ 1974 §12 Abs4 idF 9200-6
SHG NÖ 1974 §15 Abs7 idF 9200-6
SHG NÖ 1974 §26 Abs5 idF 9200-6
SHG NÖ 1974 §9 Abs1 idF 9200-6
SHG NÖ 1974 §9 Abs2 idF 9200-6
SHG NÖ 1974 §9 Abs5 idF 9200-6

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1988:1988110004.X00

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.270,‑ ‑ binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer stellte mit Antrag vom 4. April 1985 das „Ersuchen um Sozialhilfe in vollem Umfang ‑ besonders: Hilfe zum Lebensunterhalt; Hilfe in besonderen Lebenslagen (§ 27)“. Aus seinem im erstinstanzlichen Verfahren an die Bezirkshauptmannschaft Korneuburg gerichteten Schreiben vom 9. Juni 1986 ergibt sich, daß der Beschwerdeführer die Gewährung von „Sozialhilfe nach § 1 Abs. 2“ des Niederösterreichischen Sozialhilfegesetzes, nunmehr LGBl. 9200‑6, (NÖ SHG) begehrt, und zwar sowohl Hilfe zum Lebensunterhalt als auch Hilfe für behinderte Menschen und Hilfe in besonderen Lebenslagen.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg vom 10. Juli 1986 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt gemäß den §§ 1, 2, 10, 11 und 38 NÖ SHG abgewiesen.

Der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 9. März 1987 teilweise Folge gegeben, indem gemäß § 9 NÖ SHG in Verbindung mit § 5 der Verordnung über Sozialhilfen, LGBl. 9200/1 in der geltenden Fassung, dem Beschwerdeführer Hilfe zum Lebensunterhalt für den Zeitraum vom 1. März 1986 bis 31. Dezember 1986 in der Höhe von monatlich S 466,‑ ‑ und für den Jänner 1987 in der Höhe von S 486,‑ ‑ gewährt wurde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, vom Verfassungsgerichtshof nach Ablehnung ihrer Behandlung mit Beschluß vom 17. Dezember 1987, B 406/87, abgetretene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Zunächst ist vorauszuschicken, daß mit dem angefochtenen Bescheid ‑ wie bereits mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 10.  Juli 1986 ‑ lediglich über den Antrag des Beschwerdeführers auf Hilfe zum Lebensunterhalt im Sinne der §§ 1 Abs. 2 lit. a und 9 ff (Abschnitt II) NÖ SHG, nicht jedoch über seine weiteren Anträge auf Hilfe für behinderte Menschen im Sinne der §§ 1 Abs. 2 lit. b und 13 ff (Abschnitt III) leg. cit. und auf Hilfe in besonderen Lebenslagen im Sinne der §§ 1 Abs. 2 lit. c und 25 ff (Abschnitt IV) leg. cit. entschieden wurde. Daran vermag der Umstand nichts zu ändern, daß die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides auch dazu Stellung genommen hat. Die Ausführungen des Beschwerdeführers sind daher, soweit sie mit den von ihm beantragten Hilfen für behinderte Menschen und in besonderen Lebenslagen im Zusammenhang stehen, bei Überprüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides unbeachtlich, sodaß darauf auch nicht näher eingegangen werden kann.

Weiters ist zu bemerken, daß die belangte Behörde auch hinsichtlich des Antrages des Beschwerdeführers auf Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt für einen Zeitraum nach dem Jänner 1987 keine Entscheidung getroffen hat. Sie hat dies in der Begründung des angefochtenen Bescheides mit einer Sachverhaltsänderung ab 1. Februar 1987 begründet und ausdrücklich den Standpunkt vertreten, daß die Bezirkshauptmannschaft zu entscheiden habe, in welcher Höhe dem Beschwerdeführer ab diesem Zeitpunkt „eine richtsatzmäßige Leistung aus dem Titel ‚Hilfe zum Lebensunterhalt‘ zukommt“. Ob diese Auffassung dem Gesetz entspricht oder die belangte Behörde als Berufungsbehörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 auch darüber eine Entscheidungspflicht getroffen hätte, kann unerörtert bleiben, weil im gegebenen Zusammenhang nur entscheidend ist, daß mit dem angefochtenen Bescheid ein Abspruch über eine Hilfeleistung ab Februar 1987 (mit einer sich daraus allenfalls ergebenden Rechtsverletzung des Beschwerdeführers) nicht erfolgt ist, weshalb sich die Prüfungsbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes gemäß Art. 130 Abs. 1 lit. a, 131 Abs. 1 Z. 1 B‑VG und § 41 Abs. 1 VwGG auch nicht darauf erstrecken kann. Sollte die belangte Behörde diesbezüglich säumig geworden sein, so ist klarzustellen, daß der Beschwerdeführer nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes dies nicht geltend gemacht hat. Er hat zwar in seinem Schriftsatz vom 9. Februar 1988 (nach Abtretung der Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof und Erteilung eines seinen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe betreffenden Mängelbehebungsauftrages) erklärt, er „erhebe Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht, weil ich im Verwaltungsverfahren dazu berechtigt war, und gegen die Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 132, 131a, 131 B‑VG gegen die Bescheide wegen Rechtswidrigkeit und gegen alle Akte“, doch muß aus dem übrigen Inhalt dieses Schriftsatzes, insbesondere auch den von ihm darin gestellten Anträgen, in Verbindung mit den von ihm eingebrachten weiteren Schriftsätzen vom 13. April 1988 und vom 15. August 1988 mangels jeglichen Anhaltspunktes in anderer Richtung geschlossen werden, daß der Beschwerdeführer lediglich den angefochtenen Bescheid vom 9. März 1987 sowie den erstinstanzlichen Bescheid vom 10. Juli 1986 und einen weiteren Bescheid der belangten Behörde vom 2. November 1987 bekämpft, wobei hinsichtlich der beiden zuletzt genannten Bescheide die (zu den Zlen. 88/11/0088 und 0089 protokollierte) Beschwerde mit Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Mai 1988 zurückgewiesen worden ist. Aus den genannten Gründen konnte im übrigen auch nicht von einer Beschwerdeerhebung wegen einer (nach dem angefochtenen Bescheid) unterbliebenen Erledigung der Anträge des Beschwerdeführers auf Gewährung von Hilfe für behinderte Menschen und Hilfe in besonderen Lebenslagen ausgegangen werden, ersteres auch schon deswegen nicht, weil über den Antrag des Beschwerdeführers „vom 9. Juni 1986 um Bewilligung von Hilfe für behinderte Menschen“ ohnedies mit Bescheid der belangten Behörde vom 2. November 1987 entschieden wurde, worüber die zur Zl. 88/11/0084 protokollierte Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof anhängig ist.

Dem Beschwerdeführer wurde mit dem angefochtenen Bescheid Hilfe zum Lebensunterhalt für die Zeit vom 1. März 1986 bis einschließlich Jänner 1987 in bestimmter Höhe gewährt. Die belangte Behörde hat sich auf § 9 NÖ SHG gestützt und dessen Abs. 1 zitiert, wonach Hilfe zum Lebensunterhalt dem zu gewähren ist, der den notwendigen Lebensunterhalt für sich (und seine mit ihm in Familiengemeinschaft lebenden unterhaltsberechtigten Angehörigen, die aber im vorliegenden Beschwerdefall nicht vorhanden sind) nicht oder nicht ausreichend selbst beschaffen kann und nicht von anderen Personen oder Einrichtungen erhält. Dabei nahm sie als erwiesen an, daß der Beschwerdeführer, nachdem entsprechend seinem Vorbringen der ihm auf Grund eines Bausparvertrages im Juli 1985 zur Auszahlung gelangte Betrag von S 30.000,‑ ‑ nur zur Bestreitung des Lebensunterhaltes bis Februar 1986 gereicht gehabt habe, über keine eigenen finanziellen Mittel verfüge, von einem verwertbaren Vermögen des Beschwerdeführers im Hinblick darauf, daß eine in seinem Eigentum stehende Liegenschaft nicht verwertbar sei, nicht gesprochen werden könne und der Beschwerdeführer bereit sei, jede Arbeit anzunehmen, jedoch vom Arbeitsamt noch nicht habe vermittelt werden können. Sie führte weiters aus, daß der Beschwerdeführer, da ihm bis „30. Jänner 1987“ der Lebensunterhalt, soweit es sich um die Verpflegung und um die Wohnung handelt, von seinen Eltern in Form von Naturalleistungen gewährt worden sei, hiefür keinen Anspruch auf Sozialhilfe habe. Da ihm seine Eltern jedoch keinerlei Barmittel zur Deckung seiner persönlichen Bedürfnisse zur Verfügung gestellt hätten, habe er einen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt in dem zur Deckung dieser Bedürfnisse unbedingt erforderlichen Ausmaß. Die belangte Behörde habe die Höhe der zur Deckung dieser Bedürfnisse erforderlichen Sozialhilfeleistung in derselben Höhe wie das Taschengeld für in Sozialhilfeeinrichtungen untergebrachte Hilfeempfänger festgesetzt und dem Beschwerdeführer diese ab März 1986 zugesprochen. Zu diesem Zeitpunkt habe er, da er seinen „Bausparvertrag bereits verbraucht“ habe, über keinerlei Barmittel mehr verfügt.

Eine aus dem angefochtenen Bescheid resultierende Rechtsverletzung des Beschwerdeführers, der geltend macht, daß „die Sozialhilfe ungerechtfertigterweise abgelehnt“ worden sei, könnte demnach nur darin gelegen sein, daß ihm für die Zeit vom 1. März 1986 bis einschließlich Jänner 1987 eine zu niedrige und für die vorangegangene Zeit ab Antragstellung überhaupt keine Hilfe zum Lebensunterhalt gewährt wurde. Der notwendige Lebensunterhalt umfaßt gemäß § 9 Abs. 2 NÖ SHG den Aufwand für die notwendigen Bedürfnisse des täglichen Lebens, insbesondere Nahrung, Kleidung, Körperpflege, Unterkunft, Beheizung, Beleuchtung, Kleinhausrat sowie persönliche Bedürfnisse zur angemessenen Bildung und Pflege der Beziehungen zur Umwelt. Der Beschwerdeführer, der sich selbst als „Haushaltsangehöriger“ bezeichnet, wendet sich zwar gegen den von der belangten Behörde in der Gegenschrift gebrauchten Ausdruck einer bei seinen Eltern erhaltenen sogenannten „freien Station“. Er ist aber der Feststellung der belangten Behörde, daß ihm von seinen Eltern unentgeltlich Unterkunft gewährt worden sei, nicht entgegengetreten, und er hat auch hinsichtlich der (ebenfalls kostenlos gewährten) Nahrung lediglich eingewendet, daß „die Duldung der Versorgung mit verfügbaren Lebensmitteln keine regelmäßige Verpflegung darstellt“, ohne konkret darzutun, daß er nicht die Möglichkeit gehabt habe, sich auf diese Weise zur Gänze zu verpflegen, und er damit nicht das Auslangen gefunden habe. Die Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe im Sinne des § 9 Abs. 1 leg. cit. den notwendigen Lebensunterhalt insoweit von anderen Personen erhalten, sodaß ihm hinsichtlich dieses Teiles keine Hilfe zum Lebensunterhalt zu gewähren sei, ist daher nicht als rechtswidrig zu erkennen. Dem Beschwerdeführer ist auch die Bestimmung des § 2 Abs. 1 leg. cit. entgegenzuhalten, wonach Sozialhilfe, sofern nicht anderes bestimmt ist, nur zu gewähren ist, soweit die Hilfe nicht von anderer Seite geleistet wird, und aus der sich gleichfalls die Subsidiarität der Sozialhilfe ergibt. Dabei kann die Frage, ob seine Eltern dem Beschwerdeführer gegenüber unterhaltspflichtig sind oder ‑ wie er meint ‑ „die Allgemeinheit für den Lebensunterhalt aufzukommen hat“, auf sich beruhen, kommt es doch ausschließlich darauf an, daß der Beschwerdeführer in diesem Teilbereich den notwendigen Lebensunterhalt tatsächlich erhalten hat, mag dies auch nicht auf Grund einer gesetzlichen Verpflichtung geschehen sein. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist mit dem angefochtenen Bescheid auch nicht über eine allfällige Kostenersatzpflicht seiner Eltern, die gemäß § 42 Abs. 1 NÖ SHG eine Unterhaltspflicht voraussetzt, ebensowenig wie über eine allfällige Kostenersatzpflicht des Beschwerdeführers gemäß § 41 leg. cit., abgesprochen worden, sodaß auch aus diesem Grunde die Frage nach einer Unterhaltspflicht der Eltern des Beschwerdeführers unbeantwortet bleiben kann. Der unter Bezugnahme auf § 1 Abs. 1 lit. c der Verordnung der Niederösterreichischen Landesregierung vom 5. Juni 1974 in der geltenden Fassung, LGBl. 9200/2‑2, gemachte Hinweis des Beschwerdeführers, daß „in der Sozialhilfe .... freiwillige Zuwendungen nicht berücksichtigt werden“, geht deshalb ins Leere, weil diese Verordnung auf Grund der §§ 11, 15 und 26 NÖ SHG erlassen wurde, es dabei um den Einsatz der eigenen Mittel, nämlich des Einkommens und des verwertbaren Vermögens, geht, die erwähnte, in ihr enthaltene Bestimmung in diesem Sinne nur eine Regelung über das anrechenfreie Einkommen trifft und es sich bei der Zurverfügungstellung von Nahrung und Unterkunft an den Beschwerdeführer um keine derartigen von ihm einsetzbaren eigenen Mittel handelt.

Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer im Hinblick darauf, daß er Nahrung und Unterkunft, jedoch „keinerlei Barmittel zur Deckung“ seiner „persönlichen Bedürfnisse“ von seinen Eltern erhalten hat, „zur Deckung dieser Bedürfnisse“ ab März 1986 eine Sozialhilfeleistung in der Höhe, wie sie gemäß § 9 Abs. 5 NÖ SHG in Verbindung mit § 5 der Verordnungen der Niederösterreichischen Landesregierung vom 19. November 1985, LGBl. 9200/1‑14, und vom 18. November 1986, LGBl. 9200/1‑15, welche am 1. Jänner 1986 bzw. am 1. Jänner 1987 in Kraft getreten sind, in einer Sozialhilfeeinrichtung untergebrachten Hilfeempfängern gebührt, zugesprochen. Diese vom Beschwerdeführer beanstandete Vorgangsweise der belangten Behörde widerspricht nicht dem Gesetz, das für derartige Fälle keine ausdrückliche Regelung enthält. Allerdings dienten die in Höhe des Taschengeldes zuerkannten Beträge ausschließlich der Deckung der notwendigen persönlichen Bedürfnisse des Beschwerdeführers, die er auch bei Unterbringung in einer Sozialhilfeeinrichtung, die jedenfalls die Zurverfügungstellung von Nahrung und Unterkunft umfaßt, zu befriedigen hätte. Der Beschwerdeführer weist lediglich auf seine „Belastungen verkehrsmäßiger Art“ und seine mit der Verfassung von Eingaben verbundenen Auslagen hin, wobei nicht näher zu untersuchen ist, ob bzw. inwieweit sie mit den in § 9 Abs. 2 NÖ SHG eigens genannten Bedürfnissen zur angemessenen Bildung und zur Pflege der Beziehungen zur Umwelt in Zusammenhang stehen. Denn auch dann, wenn dies nicht der Fall wäre, ist für den Standpunkt des Beschwerdeführers nichts zu gewinnen, weil solche persönlichen Bedürfnisse ihm auch bei Unterbringung in einer Sozialhilfeeinrichtung erwachsen wären, ohne daß er dafür über das ihm zustehende Taschengeld hinaus Anspruch auf eine Geldleistung hätte. Vielmehr wären alle diese persönlichen Bedürfnisse durch das Taschengeld abgedeckt, weshalb eine andere Beurteilung, die zur Folge hätte, daß der Beschwerdeführer diesbezüglich besser gestellt wäre, weil er sich nicht in einer derartigen Einrichtung befindet, nicht vertretbar erscheint.

Die belangte Behörde wäre von Amts wegen verpflichtet gewesen, den im Sinne des § 1 Abs. 1 NÖ SHG zur Ermöglichung der Führung eines menschenwürdigen Lebens notwendigen Lebensunterhalt des Beschwerdeführers festzustellen, und sie hätte auf dieser Grundlage, soweit der Unterhalt nicht auf andere Weise gedeckt ist und der Beschwerdeführer daher dazu der Hilfe der Gemeinschaft bedarf, entsprechende Hilfe zu gewähren gehabt. Sie hätte hiebei als Anhaltspunkt für den in Betracht kommenden Aufwand den bereits zitierten § 9 Abs. 2 in Verbindung mit § 12 leg. cit. heranziehen müssen und nicht nur auf Nahrung, Unterkunft sowie die persönlichen Bedürfnisse des Beschwerdeführers Bedacht nehmen dürfen. Es ist jegliche Begründung dafür unterblieben, wieso die belangte Behörde nicht darüberhinausgehende Bedürfnisse des Beschwerdeführers, insbesondere (aber nicht nur) einen Bedarf an Kleidung, der offensichtlich durch das bei Unterbringung in einer Sozialhilfeeinrichtung gebührende Taschengeld nicht abgegolten wird, angenommen hat. In den vorgelegten Verwaltungsakten findet sich zwar ein (auf Grund eines am 26. Jänner 1987 beim Beschwerdeführer durchgeführten Hausbesuches erstellter) „Situationsbericht“ vom 4. Februar 1987, der auch einen Hinweis über die im Besitz des Beschwerdeführers befindliche Kleidung und den Umstand, daß er u.a. den Bedarf an Kleidung als „vordringlich“ bezeichnet, enthält, ohne daß ihm jedoch Gelegenheit geboten worden wäre, dazu näher Stellung zu nehmen. Der Umstand, daß der Beschwerdeführer solche weiteren Bedürfnisse im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht im einzelnen erwähnt, gereicht ihm nicht zum Nachteil, hatte doch die belangte Behörde von sich aus den unter Zugrundelegung der konkreten Lebensverhältnisse des Beschwerdeführers notwendigen Lebensunterhalt zu ermitteln und mußte auch dem Beschwerdeführer nicht zweifelsfrei erkennbar sein, zur Deckung welcher Bedürfnisse ihm eine Sozialhilfeleistung gewährt wurde. Die belangte Behörde hätte bei Bemessung der erforderlichen Hilfe zum Lebensunterhalt des Beschwerdeführers auch die Möglichkeit gehabt, im Sinne des § 12 NÖ SHG von den durch Verordnung bestimmten, für den Beschwerdeführer in Betracht kommenden Richtsätzen auszugehen, davon den Aufwand für den bereits von dritter Seite gedeckten Bedarf in Abzug zu bringen und im übrigen den nicht durch die Richtsätze gedeckten Bedarf im Sinne des Abs. 4 dieser Gesetzesstelle zusätzlich zu veranschlagen. Dies hätte bei richtiger Anwendung letzten Endes zu dem gleichen Ergebnis führen müssen, zu dem sie auch bei der von ihr gehandhabten Vorgangsweise richtigerweise hätte kommen müssen. Diesbezüglich fällt auch auf, daß die belangte Behörde nicht begründet hat, wieso sie dem Beschwerdeführer als Sozialhilfeleistung für Dezember 1986 nur einen Betrag von S 466,‑ ‑ zuerkannt hat, obwohl nach dem § 5 letzter Satz der Verordnung LGBl. 9200/1‑14 im Dezember jeden Jahres das Taschengeld in doppelter Höhe auszuzahlen ist. Dazu kommt, daß eine Begründung dafür fehlt, welche Umstände die belangte Behörde dazu veranlaßt haben, in der Zeit zwischen der Antragstellung (welche mit Rücksicht auf § 54 NÖ SHG, wonach unter anderem Anträge auf Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt beim Bürgermeister der Wohnsitzgemeinde des Hilfesuchenden eingebracht werden können, mit der Einbringung des Antrages bei der Marktgemeinde K am 5. April 1985 anzunehmen ist) und Juli 1985 (als der Bausparvertrag zur Auszahlung gelangte) überhaupt eine Sozialhilfeleistung zu verwehren.

Da somit Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.

Wien, 4. Oktober 1988

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