VwGH 88/03/0004

VwGH88/03/00048.6.1988

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Baumgartner, Dr. Weiss, Dr. Leukauf und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Ortmayr, über die Beschwerde des GH in S, vertreten durch Dr. Heinz Walther, Rechtsanwalt in Klagenfurt, Alter Platz 23/I, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 6. April 1987, Zl. 10 R-306/2/1987, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Vorschreibung von Maßnahmen gegen waldgefährdende Wildschäden, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
AVG §73 Abs1 impl;
AVG §8;
B-VG Art133;
B-VG Art144 Abs1;
JagdG Krnt 1978 §71 Abs2;
JagdRallg;
MRK Art6;
AVG §56;
AVG §73 Abs1 impl;
AVG §8;
B-VG Art133;
B-VG Art144 Abs1;
JagdG Krnt 1978 §71 Abs2;
JagdRallg;
MRK Art6;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 26. April 1984 beantragte der Beschwerdeführer als Eigentümer des - verpachteten - Eigenjagdgebietes D bei der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt die Vorschreibung bestimmter Maßnahmen gegen waldgefährdende Wildschäden. Mit Schreiben vom 19. Dezember 1986 stellte er bezüglich dieses Antrages einen Devolutionsantrag.

Diesem Devolutionsantrag wurde mit Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides gemäß § 73 Abs. 2 AVG 1950 Folge gegeben. Mit Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 26. April 1984 gemäß § 8 AVG 1950 in Verbindung mit § 71 Abs. 2 Kärntner Jagdgesetz 1978, LGBl. Nr. 76, (JG) zurückgewiesen. In der Begründung wurde zu Punkt I des Spruches ausgeführt, daß die Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt ihrer Verpflichtung, spätestens sechs Monate nach dem Einlangen des Antrages des Beschwerdeführers vom 26. April 1984 wenigstens über den behaupteten Anspruch auf Entscheidung einen Bescheid zu erlassen, nicht nachgekommen sei. Den Aktenunterlagen sei nicht zu entnehmen, daß diese Verzögerung nicht ausschließlich auf ein Verschulden der Behörde zurückzuführen sei. Dem Devolutionsantrag sei daher stattzugeben gewesen. Zu Punkt II des Spruches wurde nach einer Darstellung des Ganges des Verwaltungsverfahrens und einer Wiedergabe des § 71 Abs. 2 JG ausgeführt, daß aus der letztgenannten Verwaltungsvorschrift im Zusammenhang mit § 8 AVG 1950 hervorgehe, daß dem Eigentümer von durch waldgefährdende Wildschäden betroffenen Waldgrundstücken in einem solchen Verfahren wohl Parteistellung, insbesondere hinsichtlich der Frage der Auswirkung der vorzuschreibenden Maßnahmen auf die widmungsgemäße Bewirtschaftung und Benützung der Grundstücke, nicht aber auch ein Rechtsanspruch, somit auch kein Antragsrecht, auf Erlassung derartiger behördlicher Anordnungen zukomme. Diese Maßnahmen seien ausschließlich im öffentlichen Interesse der Walderhaltung vorzuschreiben. Das dem Waldeigentümer zustehende Recht der Geltendmachung der Schadenersatzpflicht seitens des Jagdausübungsberechtigten werde durch ein solches Verfahren in keiner Weise berührt bzw. beeinflußt. Diese Rechtslage ergebe sich allein schon daraus, daß die nach § 71 Abs. 2 JG vorzuschreibenden Maßnahmen im Regelfall - wie auch im vorliegenden Falle - nicht auf ein einzelnes Jagdgebiet bzw. auf einzelne Waldgrundstücke, sondern, um den meistens nicht auf kleinere Bereiche beschränkten Schadensursachen entsprechend begegnen zu können, auf ein größeres Gebiet abzustellen seien. Außerdem könne, wie das erstinstanzliche Ermittlungsverfahren ergeben habe, die Beseitigung der Waldgefährdung im gegenständlichen Falle nicht durch die Erlassung eines einzelnen Bescheides erzielt werden, sondern seien hiezu mehrere Maßnahmen notwendig, die zum Teil schon getroffen worden seien und zum Teil je nach dem Erfolg der bereits getroffenen Maßnahmen noch vorzuschreiben sein würden. Der Sachantrag des Beschwerdeführers vom 26. April 1984 wäre daher von der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt, wenn sie auch nicht zur materiell-rechtlichen Erledigung dieses Antrages verpflichtet gewesen sei, mangels Antragslegitimation zurückzuweisen gewesen. Auf Grund des Überganges der Zuständigkeit zur Entscheidung über diesen Antrag habe diese Zurückweisung nunmehr durch die Oberbehörde zu erfolgen gehabt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluß vom 28. September 1987, Zl. B 521/87, die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof ab.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpft der Beschwerdeführer den angefochtenen Bescheid - dem Inhalt der Beschwerdeausführungen nach nur hinsichtlich seines Spruchpunktes II - wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Soweit sich der Beschwerdeführer dadurch in seinen Rechten verletzt erachtet, daß "eine verfahrensrechtlich zulässige Eingabe (Devolutionsantrag gemäß § 73 Abs. 2 AVG) zurückgewiesen, also eine Sachentscheidung zu Unrecht verweigert worden" sei, gehen seine Ausführungen ins Leere. Der Beschwerdeführer übersieht nämlich, daß seinem Devolutionsantrag ohnedies mit Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides Folge gegeben wurde.

Wenn der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte (Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 MRK sowie gegen Art. 5 StGG und Art. 1 des 1. Zusatzprotokolles zur MRK) geltend macht, ist er darauf zu verweisen, daß für behauptete Rechtsverletzungen dieser Art gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG der Verfassungsgerichtshof und demnach gemäß Art. 133 Z. 1 leg. cit. nicht der Verwaltungsgerichtshof zuständig ist. Ein Eingehen auf dieses Vorbringen ist dem Verwaltungsgerichtshof daher verwehrt. Dies gilt auch für die behauptete Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde. Diese Rechtswidrigkeit erblickt der Beschwerdeführer darin, daß, da es sich bei seinem Begehren (auch) um zivilrechtliche Ansprüche handle, darüber ein Gericht (Tribunal) im Sinne des Art. 6 MRK und nicht eine Verwaltungsbehörde zu entscheiden gehabt hätte. Damit macht der Beschwerdeführer in Wahrheit eine Verfassungswidrigkeit der die Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörde zur Vorschreibung von Maßnahmen gegen waldgefährdende Wildschäden festlegenden Gesetzesbestimmung des § 71 Abs. 2 JG geltend. Die Entscheidung darüber fällt nicht in die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes, sondern in die des Verfassungsgerichtshofes. Dieser hat die Behandlung der Beschwerde bereits mit dem oben angeführten Beschluß vom 28. September 1987 mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg abgelehnt. Auch der Verwaltungsgerichtshof sieht sich nicht veranlaßt, die vom Beschwerdeführer neuerlich aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Bedenken im Wege eines Gesetzesprüfungsantrages aufzugreifen.

Dem Beschwerdeführer kann ferner nicht gefolgt werden, wenn er meint, daß die von der belangten Behörde vertretene Auslegung des § 71 Abs. 2 JG einen Widerspruch in sich selbst darstelle. Seiner Ansicht nach könne es nicht richtig sein, daß dem Eigentümer von durch waldgefährdende Wildschäden betroffenen Waldgrundstücken in einem Verfahren nach § 71 JG wohl Parteistellung, insbesondere hinsichtlich der Frage der Auswirkung der vorzuschreibenden Maßnahmen auf die widmungsgemäße Bewirtschaftung und Benützung der Grundstücke, zukomme, nicht aber auch ein Antragsrecht auf Erlassung derartiger behördlicher Anordnungen. Nach § 71 Abs. 2 JG hat die Bezirksverwaltungsbehörde, wenn eine Gefährdung des Waldes durch Wild vorliegt (Abs. 3), dem Jagdausübungsberechtigten die erforderlichen Maßnahmen (Abs. 4) vorzuschreiben. Dabei ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der anzuwendenden Mittel zu wahren und darauf Bedacht zu nehmen, daß die widmungsgemäße Bewirtschaftung und Benützung der Grundstücke nicht unmöglich gemacht wird. Nach dieser Bestimmung hat die Bezirksverwaltungsbehörde die erforderlichen Schutzmaßnahmen ausschließlich von Amts wegen vorzuschreiben, ein Antragsrecht des Eigentümers des durch Wild gefährdeten Waldes auf Vorschreibung von Schutzmaßnahmen ist nicht vorgesehen. In der Regierungsvorlage zum JG wird ausdrücklich betont, daß davon Abstand genommen worden sei, "hier anderen Stellen (wie etwa dem Geschädigten) ein Antragsrecht einzuräumen. Dies würde verfahrensmäßig zu untragbaren Schwierigkeiten führen, insb. dann, wenn etwa eine bestimmte Maßnahme nach Abs. 4 begehrt wird, die Behörde aber findet, daß eine andere Maßnahme zweckmäßiger wäre. Nach den Bestimmungen des AVG ist es der Behörde nämlich verwehrt, anderes, als im Antrag begehrt wird, vorzuschreiben oder über die im Antrag begehrten Maßnahmen hinauszugehen."

Auf ein amtswegiges Vorgehen der Behörde hat der Grundeigentümer aber keinen Rechtsanspruch. Er kann das Einschreiten der Behörde zwar anregen, hat aber keine rechtliche Möglichkeit, ein amtswegiges Tätigwerden der Behörde zu erzwingen (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 9. Oktober 1985, Zl. 84/03/0102). Wenn aus dem zweiten Satz des § 71 Abs. 2 JG, wonach bei Vorschreibung der erforderlichen Maßnahmen "... darauf Bedacht zu nehmen (ist), daß die widmungsgemäße Bewirtschaftung und Benützung der Grundstücke nicht unmöglich gemacht wird", die Parteistellung des Grundeigentümers im Verfahren nach § 71 Abs. 2 JG in bezug auf die Wahrung der widmungsgemäßen Bewirtschaftungs- und Benützungsmöglichkeit der Grundstücke abgeleitet wird, so schließt dies die Annahme, daß dem Grundeigentümer kein Antragsrecht auf Vorschreibung bestimmter Schutzmaßnahmen eingeräumt ist, nicht aus. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist es nämlich durchaus möglich, daß eine Person in einem Verfahren zwar Parteistellung, aber kein Antragsrecht und keinen Erledigungsanspruch hat (vgl. Walter-Mayer, Verwaltungsrecht4, 99).

Die belangte Behörde handelte daher nicht rechtswidrig, wenn sie den Antrag des Beschwerdeführers auf Vorschreibung von Maßnahmen gegen waldgefährdende Wildschäden mangels Antragslegitimation zurückwies. Der in der Beschwerde erhobene Vorwurf, die belangte Behörde habe die Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unterlassen, entbehrt bei dieser Sach- und Rechtslage jeder Berechtigung. Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 243/1985. Wien, am 8. Juni 1988

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