VwGH 87/07/0094

VwGH87/07/009419.4.1988

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte, Dr. Salcher, Dr. Fürnsinn, Dr. Zeizinger und Dr. Kremla als Richter, im Beisein des Schriftführers Univ. Ass. Dr. Unterpertinger, über die Beschwerde des KM in W, vertreten durch Dr. Peter Greil, Rechtsanwalt in Innsbruck, Südtirolerplatz 8, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 7. Mai 1987, Zl. LAS-466/5-85, betreffend Vollversammlung einer Alpinteressentschaft (mitbeteiligte Partei: Alpinteressentschaft W), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
AVG §9;
GdO Tir 1966;
GdWO Tir;
Satzung AgrG Alpinteressentschaft Wildermieming 1965 §5;
Satzung AgrG Alpinteressentschaft Wildermieming 1965 §9;
Satzung AgrG Alpinteressentschaft Wildermieming 1965;
WWSGG §33 Abs1;
WWSLG Tir 1952 §38 Abs1;
WWSLG Tir 1952 §38 Abs2;
WWSLG Tir 1952 §50;
WWSLG Tir 1952 §56;
AVG §56;
AVG §9;
GdO Tir 1966;
GdWO Tir;
Satzung AgrG Alpinteressentschaft Wildermieming 1965 §5;
Satzung AgrG Alpinteressentschaft Wildermieming 1965 §9;
Satzung AgrG Alpinteressentschaft Wildermieming 1965;
WWSGG §33 Abs1;
WWSLG Tir 1952 §38 Abs1;
WWSLG Tir 1952 §38 Abs2;
WWSLG Tir 1952 §50;
WWSLG Tir 1952 §56;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.750,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die mitbeteiligte Partei (MB) ist eine Interessengemeinschaft im Sinne des § 50 des Tiroler Wald- und Weideservitutengesetzes, LGBl. Nr. 21/1952 (in der Folge kurz: WWSG), bestehend aus den Eigentümern bestimmter Stammsitzliegenschaften, denen an im Eigentum der Österreichischen Bundesforste stehenden Grundstücken verschiedene Holzbezugs-, Weide und Waldbodenbenützungsrechte zustehen. Die Bildung der MB erfolgte im Rahmen des vom Amt der Tiroler Landesregierung als der Agrarbehörde erster Instanz (AB) mit Bescheid vom 31. März 1965 erlassenen Servituten-Neuregulierungsplanes für die A- und B-Alpe, dessen Punkt V. das noch in Geltung stehende Vertretungsstatut (in der Folge kurz: VertrSt) der MB enthält.

Nachdem es in der vom damaligen Obmann für den 19. Februar 1987 einberufenen Vollversammlung der MB zu keiner gültigen Wahl eines neuen Obmannes gekommen war, berief die AB als Aufsichtsbehörde eine weitere Vollversammlung für den 12. März 1987, 8.30 h, in W, Gasthof X, ein. Der Ort dieser Vollversammlung wurde im Einvernehmen der Erschienenen in den Gemeindesaal verlegt. Bei dieser Vollversammlung wurde der Beschwerdeführer, welcher dazu als Mitglied der MB geladen war, daran aber weder persönlich noch durch einen Vertreter teilgenommen hatte, mit einer nach dem Vertretungsstatut erforderlichen Stimmenmehrheit zum Obmann der MB gewählt.

Der Beschwerdeführer war mit dieser Vorgangsweise nicht einverstanden, weshalb er sich mit einer Eingabe vom 18. März 1987 an die AB wendete. Darin machte er geltend, daß der Ort der Vollversammlung, zu welcher er aus gesundheitlichen Gründen nicht habe kommen können, nicht hätte verlegt werden dürfen. Aber auch abgesehen davon, daß seine Wahl zum Obmann der MB somit nicht ordnungsgemäß zustande gekommen sei, sei er nicht in der Lage, diese Aufgabe zu übernehmen; dies einerseits wegen seines und seiner Gattin schlechten Gesundheitszustandes, andererseits wegen seiner beruflichen Überlastung. Er schlage daher seine Wahl zum Obmann aus. Außerdem stelle er den "Beschwerde- bzw. Einspruchsantrag, die Vollversammlung vom 12.3.1987 als nicht gültig zustandegekommen bzw. nicht gültig einberufen aufzuheben".

Mit Bescheid vom 1. April 1987 wies die AB gemäß 5 38 Abs. 2 WWSG in Verbindung mit § 5 VertrSt den Antrag des Beschwerdeführers "auf Ungültigerklärung der anläßlich der

Vollversammlung ... vom 12.3.1987 gefaßten Beschlüsse" und "die

Erklärung auf Ablehnung der Annahme seiner Wahl zum Obmann ..."

als unbegründet ab.

In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung machte der Beschwerdeführer neuerlich geltend, daß die Vollversammlung vom 12. März 1987 statutenwidrig einberufen bzw. an einen anderen Ort verlegt worden sei. Außerdem sei die Wahl des Beschwerdeführers zum Obmann der MB, deren Annahme er mit Recht ablehne, eine gezielte Aktion seiner Gegner. Abschließend stellte der Beschwerdeführer den Berufungsantrag, die Vollversammlung vom 12. März 1987 als ungültig festzustellen, zumindest aber die Ablehnung der Wahl durch den Beschwerdeführer als gerechtfertigt und begründet festzustellen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 7. Mai 1987 hat die belangte Behörde nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit § 9 VertrSt der Berufung des Beschwerdeführers "Folge gegeben", den erstinstanzlichen Bescheid behoben und "das Begehren vom 18.3.1987, die Vollversammlung vom 12.3.1987 als nicht gültig zustandegekommen bzw. nicht gültig einberufen aufzuheben, … mangels Rechtsanspruches zurückgewiesen".

Begründend ging die belangte Behörde davon aus, daß es im gegenständlichen Fall nicht um eine in § 38 Abs. 2 WWSG angeführte Frage, sondern um die Frage der Gültigkeit einer Obmannwahl gehe, zu deren Entscheidung die Agrarbehörde weder auf Grund des § 38 Abs. 2 WWSG noch des § 4 VertrSt zuständig sei. Eine ungültige Wahl könne von der Behörde nur im aufsichtsbehördlichen Verfahren im Sinne des § 9 VertrSt aufgehoben werden. Auf die Ausübung des Aufsichtsrechtes komme jedoch den einzelnen Mitgliedern der MB kein subjektiv-öffentliches Recht zu, sodaß das Begehren des Beschwerdeführers vom 18. März 1987 mangels Rechtsanspruches zurückzuweisen gewesen wäre.

Die belangte Behörde finde aber auch in der Sache selbst keinen Anlaß, die Wahl des Beschwerdeführers zum Obmann der MB als rechtswidrig aufzuheben. Zur Einberufung der Vollversammlung sei die Agrarbehörde gemäß § 9 VertrSt berufen gewesen. Auch die Verlegung des Versammlungsortes erscheine nicht rechtswidrig, sie sei von keinem Teilnehmer gerügt worden und habe auf das Wahlergebnis keinen Einfluß gehabt. Gemäß § 5 VertrSt bestehe die Verpflichtung, im Falle der Wahl durch drei Jahre als Obmann zu fungieren. Das VertrSt selbst kenne keine Ablehnungsgründe, sondern verweise dazu auf die Gemeindeordnung; auch in der derzeit in Geltung stehenden Gemeindeordnung 1966 seien jedoch keine Ablehnungsgründe vorgesehen. Im übrigen habe der Beschwerdeführer keinen kränklichen Eindruck hinterlassen und selbst darauf verwiesen, daß er ein sportlicher Typ sei. Auch die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Arbeitsüberlastung sowie die Krankheit seiner Frau stellten keine Ablehnungsgründe dar. Aus dem VertrSt ergebe sich ferner nicht, daß der gewählte Obmann selbst bei der Vollversammlung anwesend sein müsse, weil man sich sonst einer Wahl durch ständiges Fernbleiben entziehen könnte. Die belangte Behörde könne insgesamt nicht finden, daß die vom Beschwerdeführer angeführten Argumente ausreichten, um die Obmannwahl vom 12. März 1987 im Rahmen der aufsichtsbehördlichen Tätigkeit der Agrarbehörde als gesetzwidrig aufzuheben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf vollständige Erledigung seiner Sachanträge, in seinem Recht darauf, (nur) in einer hinsichtlich Zeit und Ort richtig und gültig einberufenen Vollversammlung zur Obmannwahl vorgeschlagen zu werden, und in seinem Recht, die in seiner Abwesenheit erfolgte Wahl zum Obmann ablehnen zu dürfen, verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie beantragt, die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen, bzw. in eventu die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Die MB hat sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die für den Beschwerdefall bedeutsamen Bestimmungen des in Punkt V. des Servituten-Neuregulierungsplanes vom 31. März 1965 geregelten Vertretungsstatuts "für die Alpinteressentschaft W gemäß § 50 WWSG" haben folgenden Wortlaut:

§ 1: Die gemeinschaftlichen Angelegenheiten der Berechtigten besorgen: a) die Vollversammlung der Berechtigten, b) der Obmann oder der Obmannstellvertreter.

§ 3: Zum Wirkungskreis der Vollversammlung der Berechtigten gehört die Beschlußfassung über alle gemeinsamen Angelegenheiten, welche den Wirkungskreis des Obmannes überschreiten.

Insbesondere steht ihr zu: 1. Die Wahl des Obmannes und Obmannstellvertreters. Gewählt erscheint, wer die Mehrheit der vertretenen Stimmen (nach Köpfen gerechnet) auf sich vereinigt; bei Stimmengleichheit entscheidet das Los. ...

§ 4: Ein Antrag wird zum Beschluß, wenn sich auf demselben mehr als die Hälfte der Stimmen (nach Köpfen gerechnet)

vereinigt. ... Die überstimmten Berechtigten haben sich dem

Beschluß zu fügen, können jedoch binnen 8 Tagen die Entscheidung der Agrarbehörde anrufen. ...

§ 5: Jeder eigenberechtigte Besitzer oder Mitbesitzer einer der im Regulierungsplan als berechtigt verzeichneten Güter ist verpflichtet, im Falle seiner Wahl durch die Vollversammlung der Berechtigten 3 Jahre als Obmann zu walten und die ihn nach diesem Statute obliegenden Pflichten zu erfüllen. Nach Ablauf dieses Zeitraumes ist der abtretende Obmann die folgenden 3 Jahre von dieser Verpflichtung befreit. Hinsichtlich des Rechtes der Ablehnung gelten sinngemäß die Bestimmungen der Gemeindeordnung. ...

§ 8: Über Streitigkeiten aus dem Servitutsverhältnis zwischen den einzelnen Berechtigten entscheidet die Agrarbehörde endgültig.

§ 9: Die Überwachung der Einhaltung dieser Bestimmungen obliegt gemäß § 38 WWSG der Agrarbehörde. Diese kann Vollversammlungen der Berechtigten einberufen, auch einen Sachwalter auf Kosten derselben einsetzen, wenn seitens der Berechtigten selbst die gültige Bestellung eines Obmannes

(Obmannstellvertreters) nicht zustande kommt. ... Übertretungen

des Regulierungsplanes und des Vertretungsstatutes ... sowie die

Außerachtlassung der der Vertretung statutengemäß obliegenden Obsorge werden von der Agrarbehörde gemäß § 56 WWSG mit Geld-und Arreststrafen geahndet.

Gemäß § 38 Abs. 1 WWSG sind die Bestimmungen dieses Gesetzes und die Anordnungen, welche auf Grund des kaiserlichen Patentes vom 5. Juli 1853, RGBl. Nr. 130, des Landesgesetzes vom 19. Juni 1909, LGBl. Nr. 37 aus 1911, und dieses Gesetzes in Regulierungsplänen oder Satzungen, in Erkenntnissen und genehmigten Vergleichen getroffen wurden, mit Ausschluß des Rechtsweges von den Agrarbehörden durchzuführen.

Gemäß dem zweiten Satz des § 38 Abs. 2 WWSG entscheiden die Agrarbehörden auch außerhalb eines Regulierungs- oder Ablösungsverfahrens mit Ausschluß des Rechtsweges über Bestand und Umfang von Nutzungsrechten, über die Frage, welche Liegenschaften berechtigt und welche verpflichtet sind, sowie über Streitigkeiten hinsichtlich der Ausübung von Nutzungsrechten, insbesondere auch über Einwendungen gegen einen Nutzungsplan für belastete Grundstücke nach § 33, und über Beschwerden wegen Nichteinhaltung derselben.

Der Antrag des Beschwerdeführers vom 18. März 1987, welcher das dem Beschwerdefall zugrunde liegende Verwaltungsverfahren ausgelöst hat, war im Ergebnis unverkennbar auf die Feststellung gerichtet, daß der Beschwerdeführer - und zwar einerseits wegen der von ihm behaupteten Ungültigkeit der am 12. März 1987 abgehaltenen Vollversammlung und andererseits wegen der von ihm ausgesprochenen Ablehnung seiner Wahl - nicht als gewählter Obmann der MB anzusehen sei.

Wie noch darzulegen ist, zieht der Verwaltungsgerichtshof im Beschwerdefall nicht in Zweifel, daß ein Interesse an der Feststellung besteht, wer Obmann der MB ist.

Weder dem WWSG noch dem VertrSt ist eine ausdrückliche Regelung zu entnehmen, nach welcher eine derartige Antragstellung zulässig, bzw. wer zu einer solchen Antragstellung berechtigt und an wen sie zu richten wäre. Der belangten Behörde ist insoweit beizupflichten, als sich dafür Anhaltspunkte nicht aus § 38 Abs. 2 WWSG oder aus § 4 VertrSt ableiten lassen. Die Wahl des Obmannes zählt nämlich weder zu den in § 38 Abs. 2 WWSG genannten Angelegenheiten, in welchen die Agrarbehörde auch außerhalb eines Regulierungs- oder Ablösungsverfahrens zu entscheiden hat, noch stellt sie einen Beschluß der Vollversammlung dar, gegen welchen die überstimmte Minderheit - zu welcher im übrigen der gewählte Obmann wohl nicht zu zählen wäre - die Agrarbehörde anrufen kann.

Dennoch kann das Bestehen eines Antragsrechtes auf Feststellung der Eigenschaft oder Nichteigenschaft als Obmann einer Alpinteressentschaft schon deshalb nicht grundsätzlich verneint werden, weil davon die Handlungsfähigkeit dieser Gemeinschaft und damit letztlich auch die Vertretung der Interessen ihrer Mitglieder entscheidend abhängt. Der Verwaltungsgerichtshof hat ein solches Antragsrecht in einem vergleichbaren Fall betreffend eine Wassergenossenschaft ausdrücklich als bestehend angenommen (Erkenntnis vom 15. Dezember 1987, Zl. 87/07/0080); eine Zuständigkeit der Agrarbehörden, in einem solchen Falle nicht nur von Amts wegen im Rahmen des Aufsichtsrechtes, sondern auch über Antrag des angeblich Gewählten eine inhaltliche Entscheidung über die Obmannseigenschaft zu treffen, ergibt sich, wie dies auch in der Beschwerde angeführt wird, wegen der Bedeutung dieser Frage für die Gemeinschaftszwecke aus § 38 Abs. 1 WWSG in Verbindung mit § 9 VertrSt.

Es war somit Aufgabe der Agrarbehörden, über den Antrag des Beschwerdeführers in der Sache zu entscheiden. Nun hat die belangte Behörde in Abänderung des erstinstanzlichen Bescheides ausdrücklich einen Rechtsanspruch des Beschwerdeführers auf Sachentscheidung verneint und seinen Antrag - soweit er sich auf das Zustandekommen bzw. die Einberufung der Vollversammlung vom 12. März 1987 bezog - zurückgewiesen. Mit Rücksicht auf diese unmißverständliche Spruchfassung und auf den dazu gehörigen Teil der Begründung des angefochtenen Bescheides kann ungeachtet dessen, daß die belangte Behörde in ihrer weiteren Begründung auch Erwägungen in der Sache angestellt hat, in der Verwendung des Ausdrucks "Zurückweisung" kein bloßes Vergreifen im Ausdruck erblickt werden, durch welches allein der Beschwerdeführer in keinem Recht verletzt worden wäre (vgl. dazu Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. März 1971, Slg. 7995/A). Dazu kommt, daß eine Sachentscheidung über den als Antrag auf negative Feststellung über die Obmannseigenschaft zu verstehenden Antrag des Beschwerdeführers vom 18. März 1987 nicht in einer bloßen Abweisung dieses Antrages, sondern schon um der wünschenswerten Klarheit willen in einer (positiven oder negativen) Feststellung über die Obmannseigenschaft des Beschwerdeführers hätte bestehen müssen, mit welcher nicht nur die Frage der Gültigkeit der Vollversammlung vom 12. März 1987, sondern auch die vom Beschwerdeführer erklärte Ablehnung seiner Wahl - und auf diese Weise der Antrag des Beschwerdeführers zur Gänze - einer Erledigung zugeführt worden wäre.

Die belangte Behörde hat daher mit ihrer im angefochtenen Bescheid vertretenen Auffassung die Rechtslage verkannt, weshalb dieser Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.

Auf Grund der Aktenlage sieht sich der Verwaltungsgerichtshof noch zu folgenden Hinweisen veranlaßt:

Da unbestritten geblieben ist, daß es in der Vollversammlung der MB vom 19. Februar 1987 zu keiner gültigen Obmannwahl gekommen ist, war die AB gemäß § 9 VertrSt zur Einberufung einer weiteren Vollversammlung zu diesem Zweck befugt. In einer Verlegung des schriftlich angekündigten Versammlungsortes kann ungeachtet der dazu führenden Motive dann keine die Gültigkeit der Abhaltung dieser Vollversammlung und der dabei gefällten Entscheidungen beeinträchtigende Vorgangsweise erblickt werden, wenn die Verlegung mit Kenntnis und Zustimmung aller Erschienenen vorgenommen wurde und offenbar ohne Einfluß auf Beratung und Abstimmung der in dieser Vollversammlung behandelten Themen geblieben ist.

Das VertrSt selbst kennt keine Gründe für eine Ablehnung der Wahl zum Obmann der MB. Der in § 5 VertrSt hiezu enthaltene Hinweis auf die Gemeindeordnung wird mangels Anführung einer bestimmten Fassung derselben vom Verwaltungsgerichtshof dahin verstanden, daß damit auf die Tiroler Gemeindeordnung in der jeweils geltenden Fassung verwiesen werden soll. Weder die mit LGBl. für Tirol Nr. 4/1966 wiederverlautbarte Tiroler Gemeindeordnung noch die mit LGBl. Nr. 63/1973 wiederverlautbarte Gemeindewahlordnung sahen jedoch in ihrer am 12. März 1987 in Geltung gestandenen Fassung das Recht zur Ablehnung einer Wahl durch den Gewählten vor. Die dort geregelte Möglichkeit eines Mandatsverzichtes kommt für eine Wahl zum Obmann der MB deshalb nicht in Betracht, weil § 5 VertrSt ausdrücklich die Verpflichtung zur Ausübung der Obmannsstelle für drei Jahre vorsieht. Einer Vernachlässigung der Pflichten durch den Obmann ist im Wege der Behördenaufsicht und allenfalls mit Bestrafung nach § 56 WWSG zu begegnen (vgl. dazu § 9 VertrSt), im Falle einer unverschuldeten Verhinderung des gewählten Obmannes hat denselben der Obmannstellvertreter statutengemäß zu vertreten.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I A Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.

Wien, am 19. April 1988

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