VwGH 87/07/0080

VwGH87/07/008015.12.1987

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Fürnsinn, Dr. Zeizinger und Dr. Kremla als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Teissl, über die Beschwerde des Dkfm. Dr. HM in N, behauptetermaßen auch in Vertretung der Wassergenossenschaft O, vertreten durch Dr. Ernst Biel, Rechtsanwalt in Wien I, Rauhensteingasse 1, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 19. März 1987, Zl. III/1-26.970/1-87, betreffend Feststellung der Obmanneigenschaft,

1. zu Recht erkannt:

Normen

AVG §13 Abs3;
AVG §66 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
WRG 1959 §85;
AVG §13 Abs3;
AVG §66 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
WRG 1959 §85;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird, soweit die Beschwerde vom Beschwerdeführer im eigenen Namen erhoben wurde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben;

2. den Beschluß gefaßt:

Die Beschwerde wird, soweit sie vom Beschwerdeführer namens der Wassergenossenschaft O erhoben wurde, zurückgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.270,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 21. Jänner 1987 wies die Bezirkshauptmannschaft Melk den Antrag des Beschwerdeführers vom 22. November 1986 auf Feststellung, der Beschwerdeführer sei auf Grund eines Wahlvorganges vom 5. April 1978 zum rechtmäßigen Obmann der Wassergenossenschaft O (WG) gewählt worden, gemäß § 102 WRG 1959 in Verbindung mit den §§ 8 und 13 Abs. 3 AVG 1950 mangels Antragslegitimation als unzulässig zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe seinen Antrag als Obmann der WG eingebracht, trotz entsprechender behördlicher Aufforderung aber keinen Nachweis dafür erbracht, daß er berechtigt sei, die Stampiglie der WG zu verwenden und für diese als Genossenschaftsorgan tätig zu sein. Der Beschwerdeführer sei auf Grund des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. Juli 1985 nicht legitimiert, Eingaben namens der WG bei Behörden einzubringen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer unter Verwendung der Stampiglie der WG Berufung. Darin machte er geltend, der Verwaltungsgerichtshof habe mit seinem Erkenntnis vom 19. Jänner 1982, Zlen, 81/07/0165, 0166, wohl zu Recht die Eigenschaft des Beschwerdeführers als Obmann der WG auf Grund eines nicht rechtsgültigen Wahlvorganges vom 11. Oktober 1978 verneint, doch stütze er nunmehr seinen Anspruch, Obmann der Beschwerdeführerin zu sein, darauf, daß er in einem Wahlvorgang am 5. April 1978 rechtmäßig zum Obmann der Beschwerdeführerin gewählt worden sei und daß die Rechtswirksamkeit dieser Wahl durch die Unterfertigung des Protokolls über die Genossenschaftsversammlung vom 5. April 1978 durch den Beschwerdeführer am 25. März 1982 eingetreten sei. Im übrigen habe es die belangte Behörde unterlassen, den maßgeblichen Sachverhalt durch Einvernahme von Zeugen in hinreichender Weise zu erheben.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 ab. Begründend führte die belangte Behörde aus, die Einberufung zu der Genossenschaftsversammlung vom 5. April 1978 sei vom ehemaligen, schon vor diesem Zeitpunkt zurückgetretenen Obmann und somit durch eine hiezu nicht mehr berufene Person erfolgt. Ausgehend von der in dem zitierten Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnis vom 19. Jänner 1982 niedergelegten Rechtsansicht hätte die im Zuge dieser Genossenschaftsversammlung durchgeführte Wahl nur dann rechtswirksam werden können, wenn alle Mitglieder anwesend und bereit gewesen wären, an der Wahl teilzunehmen. Bei der Genossenschaftsversammlung vom 5. April 1978 seien aber drei Mitglieder nicht anwesend gewesen. Die in dieser Versammlung durchgeführte Wahl sei daher als ungültig anzusehen. Darüber hinaus sei der Obmann entgegen den Satzungen nicht vom Ausschuß, sondern von den Mitgliedern der WG gewählt worden. Sohin könne die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Unterfertigung des Versammlungsprotokolls vom 5. April 1978 keinerlei konstitutive Wirkung entfaltet haben. Der Beschwerdeführer sei sohin nicht legitimiert, als Obmann der WG einzuschreiten. Im übrigen sei die X-mühle, mit der das vom Beschwerdeführer für sich in Anspruch genommene Wasserbenutzungsrecht verbunden sei, öffentlich versteigert worden, sodaß seit der Zuschlagserteilung an die Meistbieterin dieses Wasserbenutzungsrecht und somit die Mitgliedschaft an der WG an die Meistbieterin übergegangen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der der angefochtene Bescheid als "rechtswidrig gegen die Verfahrensvorschriften und unrichtig" bezeichnet wird. Der angefochtene Bescheid greife in die Genossenschaftsautonomie ein, weil er autonome Wahlvorgänge nicht anerkenne und diesen behördlich angeregte Wahlvorgänge, die nie höchstgerichtlich bestätigt worden seien, vorziehe. Gegen die Wahl vom 5. April 1978 liege keine Beschwerde vor, wobei im gegenteiligen Fall die belangte Behörde verpflichtet gewesen wäre, über eine derartige Beschwerde gemäß § 77 Abs. 3 lit. i WRG 1959 zu entscheiden. Die Unrichtigkeit des angefochtenen Bescheides ergebe sich daraus, daß der Zuschlag für die X-mühle bisher noch nicht erfolgt sei. Auch habe die Niederösterreichische Landesregierung den Beschwerdeführer in seiner Eigenschaft als Obmann der WG und als Dienstgeber eines Wasserwartes anerkannt.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Antrag des Beschwerdeführers vom 22. November 1986 weist eingangs seinen Namen und den Hinweis auf seine Eigenschaft als Wasserberechtigter sowie als Mitglied und Obmann der WG auf, ist in der ersten Person gehalten und trägt unter Beifügung der Stampiglie der "Wassergenossenschaft O, der Obmann" die Unterschrift des Beschwerdeführers. Entgegen der Auffassung der Behörde erster Instanz kann bei dieser äußeren Erscheinungsform des Antrages und angesichts seines Inhaltes, nämlich die Obmanneigenschaft des Beschwerdeführers auf Grund eines Wahlvorganges vom 5. April 1978 festzustellen, nicht davon gesprochen werden, daß dieser Antrag wegen der Verwendung der Genossenschaftsstampiglie ausschließlich als im Namen der Genossenschaft erhoben hätte angesehen und mangels Nachweises der Berechtigung des Beschwerdeführers zur Verwendung der Stampiglie bzw. der Berechtigung, für die WG aufzutreten, zurückgewiesen werden müssen. Vielmehr kann das Verhalten des Beschwerdeführers auch dahin verstanden werden, daß er zur Bekräftigung der von ihm vertretenen Meinung, Obmann der WG zu sein, seiner Unterschrift den Stempel der WG beifügte, ohne dadurch zu beabsichtigen, dem Antrag die Wertung als ausschließlich im Namen der WG erhoben zu geben. Gerade die Klärung der Frage, ob ihm auf Grund des von ihm ins Treffen geführten Wahlvorganges vom 5. April 1978 die Obmanneigenschaft zukomme, ist das Begehren des Beschwerdeführers. Dieses Begehren kann aber nicht deswegen zurückgewiesen werden, weil der Beschwerdeführer schon bei der Antragstellung die von ihm beantragte Feststellung seiner Obmanneigenschaft vorweggenommen und sich als Obmann bezeichnet bzw. eine dementsprechende Stampiglie verwendet hat. Es kann sohin auch aus der Nichterfüllung des durch den gegebenen Sachverhalt nicht gerechtfertigten, auf § 13 Abs. 3 AVG 1950 gestützten Auftrages an den Beschwerdeführer, seine Berechtigung zur Verwendung der Genossenschaftsstampiglie nachzuweisen, kein Grund für die Zurückweisung des Antrages des Beschwerdeführers abgeleitet werden.

Weder die Behörde erster Instanz noch die belangte Behörde haben das Bestehen eines Antragsrechtes auf Feststellung der Eigenschaft als Obmann einer Wassergenossenschaft grundsätzlich verneint. Mit dieser Auffassung befinden sich die Behörden dieses Verfahrens in Übereinstimmung mit der auf die Frage der Obmanneigenschaft zu übertragenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, der zufolge die Wasserrechtsbehörde zur Erlassung eines Feststellungsbescheides darüber, ob jemand als Mitglied einer Wassergenossenschaft zu gelten hat, zuständig ist (vgl. Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnisse vom 6. Juni 1957, Slg. 4369, und vom 19. Dezember 1963, Zl. 502/63). Es wäre sohin Aufgabe der Behörde erster Instanz gewesen, in der Sache selbst über den Antrag des Beschwerdeführers zu entscheiden. Die belangte Behörde hat sich im angefochtenen Bescheid wohl eingehend in der Sache selbst mit dem Antrag des Beschwerdeführers auseinandergesetzt und ist hiebei zu dem Ergebnis gekommen, die Obmanneigenschaft des Beschwerdeführers sei nicht gegeben. Unabhängig von der Frage der Richtigkeit des Ergebnisses dieser inhaltlichen Prüfung des Antrages des Beschwerdeführers können diese Ausführungen den Spruch des angefochtenen Bescheides aber nicht tragen, weil im Falle einer Berufung gegen einen Bescheid, mit dem ein Antrag zurückgewiesen worden ist, nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung "Sache" im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG 1950 und demnach Gegenstand des Berufungsverfahrens ist. Die Berufungsbehörde kann und darf demnach nur über die Frage entscheiden, ob die Zurückweisung durch die Vorinstanz zu Recht erfolgt ist (vgl. Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnis vom 18. Februar 1976, Zl. 1177/74).

Soweit die belangte Behörde als weiteren Grund für die Zurückweisung des Antrages die Versteigerung der Mühle des Beschwerdeführers, mit welcher das von diesem für sich in Anspruch genommene Wasserbenutzungsrecht verbunden ist, herangezogen hat, ist festzuhalten, daß auch im Falle des Zutreffens des Verlustes des gegenständlichen Wasserbenutzungsrechtes - dies wird vom Beschwerdeführer mit dem Hinweis auf die fehlende Rechtskraft des Zuschlages bestritten - dieser Umstand einer Entscheidung in der Sache durch die Behörde erster Instanz nicht entgegengestanden wäre und im Hinblick auf die zumindest bis zur Versteigerung der Mühle unbestrittene Mitgliedschaft des Beschwerdeführers bei der WG und die somit zumindest denkbare Obmanneigenschaft des Beschwerdeführers eine Zurückweisung des Antrages nicht rechtfertigen könnte.

Da die belangte Behörde dies nicht erkannt hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Soweit die Beschwerde vom Beschwerdeführer namens der WG erhoben wurde, war sie zurückzuweisen, weil durch den angefochtenen Bescheid lediglich über die Berufung des Beschwerdeführers abgesprochen und somit in Rechte der WG - soweit diese überhaupt als im Verfahren vertreten angesehen werden könnte nicht eingegriffen werden konnte.

Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 VwGG abgesehen werden.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auch die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 sowie 50 VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243, über die Pauschalierung der Aufwandersätze im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof. Das Mehrbegehren war im Hinblick darauf, daß den in dieser Verordnung pauschalierten Schriftsatzaufwand übersteigende Beträge aus diesem Titel nicht zuerkannt werden können, abzuweisen.

Wien, am 15. Dezember 1987

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