Normen
GewO 1973 §366 Abs1 Z3;
GewO 1973 §366 Abs1 Z4;
GewO 1973 §74 Abs1;
GewO 1973 §74 Abs2;
VStG §44 lita;
VStG §44a Z1 impl;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.780,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer wurde mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 24. April 1986 schuldig erkannt, es als "gewerberechtlicher Geschäftsführer der G und EA KG, welche das Hotel E in I betreibt, zu verantworten, daß am 25. März 1986 nachmittags durch zwei an der Außenseite des Hotels angebrachte Lautsprecher derart laute Musik abgestrahlt wurde, daß diese nicht nur in der nächsten Umgebung, sondern sogar bis zu den Zollhäusern von I noch laut hörbar war, obwohl die Gesellschaft für diese Betriebsanlage keine gewerbepolizeiliche Genehmigung besitzt" und "dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO in Verbindung mit § 370 Abs. 2 GewO 1973" begangen zu haben. Gemäß "§ 366 Einleitung" GewO 1973 wurde gegen den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von S 5.000,-- (Ersatzarreststrafe eine Woche) verhängt.
Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 22. Jänner 1987 keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, auf Grund der Erhebungen des Gendarmeriepostenkommandos I stehe als erwiesen fest, daß am Nachmittag des 25. März 1986 durch an der Außenseite des Hotels E bei der dort befindlichen Außenbar angebrachte Lautsprecher Musik ausgestrahlt worden sei. Ermittlungen bei der Gewerbebehörde erster Instanz hätten ergeben, daß der Beschwerdeführer hiefür keine Berechtigung besitze. Die Einvernahme der vom Beschwerdeführer zum Beweis dafür angebotenen Zeugen, daß zu keiner Zeit von bei der Eisbar befindlichen Lautsprechern derart laute Musik abgestrahlt worden wäre, daß hiedurch eine Lärmbelästigung hervorgerufen worden wäre, sei als nicht zweckdienlich betrachtet worden, da ja nicht die Lautstärke Beweisthema sei, sondern das genehmigungslose Betreiben einer genehmigungspflichtigen Betriebsanlage. Entscheidungsrelevant sei, ob das Abspielen von Musik mit einem Lautsprecher unter § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1973 subsumierbar sei. Bei der Anwendung des § 366 Abs. 1 Z. 3 leg. cit. sei nur erheblich, daß es sich um eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage im Sinne des § 74 GewO 1973 handle. Unerheblich sei es, ob die Genehmigungspflicht offenkundig sei oder nicht. § 74 GewO 1973 bestimme, daß unter einer gewerblichen Betriebsanlage jede örtlich gebundene Einrichtung, die der regelmäßigen Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit zu dienen bestimmt ist, zu verstehen sei. Das in dieser Gesetzesstelle angeführte Merkmal der stabilen Einrichtung der Anlage schließe nicht aus, daß in der Anlage selbst nicht ortsgebundene Einrichtungen, also bewegliche Sachen, verwendet werden und erforderliche Vorschreibungen sich auch auf diese Einrichtungen erstrecken könnten. Es komme sowohl darauf an, daß die auf dem Grundstück entfaltete Tätigkeit die Merkmale der Gewerbsmäßigkeit im Sinne des § 1 Abs. 2 GewO 1973 aufweise, also auch darauf, ob der vom Schuldspruch erfaßte örtliche Bereich nicht nur einer vorübergehenden, sondern eben der regelmäßigen Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit zu dienen bestimmt sei. Diese Voraussetzungen träfen nun zweifellos auf die Lautsprecheranlage bei der Eisbar beim Hotel E in I zu, zumal der Betrieb der Außenbar mit der Musikuntermalung ja ganz eindeutig im Zusammenhang mit einer gewerbsmäßigen Tätigkeit im Sinne des § 1 Abs. 2 GewO 1973 stehe. Außer der Festlegung, daß im gegenständlichen Fall von einer gewerblichen Betriebsanlage auszugehen sei, sei weiters zu beurteilen, ob diese genehmigungspflichtig sei oder nicht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 74 Abs. 2 GewO 1973 sei die Genehmigungspflicht schon dann gegeben, wenn Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen beim Betrieb der Anlage nicht auszuschließen seien. Dies gelte auch dann, wenn es sich um Auswirkungen handle, die für die gewerbliche Betriebsanlage nicht spezifisch seien. Aus diesen Erwägungen sei die Berufungsbehörde zu dem Schluß gekommen, daß im gegenständlichen Fall die Genehmigungspflicht eindeutig vorliege. Auf die tatsächliche Lautstärke zum Tatzeitpunkt sei nach den herangezogenen Gesetzesstellen nicht abzustellen gewesen. Zum Berufungsvorbringen der mangelhaften Konkretisierung der Tat im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses sei zu erwidern, daß die als erwiesen angenommene Tat im Spruch eines Straferkenntnisses so eindeutig zu umschreiben sei, daß kein Zweifel darüber bestehe, wofür der Täter bestraft worden sei. Der Verwaltungsgerichtshof habe sich in seinem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053, dahingehend ausgesprochen, daß dem Gesetz dann entsprochen sei, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen sei, daß er in die Lage versetzt werde, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und der Spruch geeignet sei, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Nach diesen Gesichtspunkten sei in jedem konkreten Fall insbesondere auch zu beurteilen, ob die im Spruch eines Straferkenntnisses enthaltene Identifizierung der Tat nach Ort und Zeit genüge oder nicht. Das an Tatort- und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis werde daher nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an den oben wiedergegebenen Rechtsschutzüberlegungen zu messendes sein. Durch die Anführung im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses, daß die G und EA KG das Hotel E betreibe, ergebe sich eindeutig und unzweifelhaft aus dem Sinngehalt und dem logischen Aufbau des Spruchsatzes, daß Tatort die Außenseite des Hotels E sei. Hinsichtlich der vermeintlichen mangelhaften Tatzeitangabe sei zu bemerken, daß der Beschwerdeführer ja nicht wegen Lärmerregung zu einem bestimmten Zeitpunkt bestraft worden sei, sondern wegen genehmigungslosen Betreibens einer genehmigungspflichtigen Betriebsanlage. Des weiteren enthält der angefochtene Bescheid Ausführungen zur Strafbemessung.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht der Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 3 in Verbindung mit § 370 Abs. 2 GewO 1973 schuldig erkannt zu werden. In Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes bringt er unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften im wesentlichen vor, es sei unverständlich, warum die Behörde die Einvernahme der vom Beschwerdeführer angebotenen Zeugen zum Beweis, daß keine laute Musikausstrahlung von den Lautsprechern der Eisbar erfolge, als unerheblich angesehen habe, wenn sie in ihrem Bescheid feststelle, daß durch die dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Tat die Schutzinteressen gerade im Hinblick auf Gesundheitsgefährdungen durch eventuell übermäßige oder lang andauernde Lärmbelästigungen gefährdet worden seien. Dies sei ein innerer Widerspruch in der Begründung des angefochtenen Bescheides. Die Behörde hätte zu prüfen gehabt, inwieweit die vom Beschwerdeführer betriebene Anlage dazu geeignet sei, die im § 74 Abs. 2 Z. 1 bis 5 GewO 1973 beschriebenen Folgen herbeizuführen bzw. ob überhaupt eine genehmigungspflichtige Anlage vorliege. Dazu gehöre auch die Prüfung, ob eine derartige Lärmbelästigung auch tatsächlich erfolgt sei bzw. ob auf Grund der technischen Gegebenheiten der Anlage überhaupt die Möglichkeit der behaupteten Störung und damit der Bewilligungspflicht der Anlage bestehe. Weiters setze die Annahme einer gewerblichen Betriebsanlage im Sinne des § 74 Abs. 1 GewO 1973 die regelmäßige Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit in bezug auf eine örtlich gebundene Einrichtung voraus. Gemäß § 1 Abs. 2 GewO 1973 werde eine Tätigkeit dann gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben werde, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welchen Zweck dieser bestimmt sei. Diese wesentlichen Begriffsmerkmale der Definition der gewerbsmäßigen Ausübung lägen jedoch hier nicht vor. Die einfache Feststellung der belangten Behörde, daß der Betrieb der Außenbar mit der Musikuntermalung eindeutig im Zusammenhang mit einer gewerbsmäßigen Tätigkeit im Sinne des § 1 Abs. 2 GewO 1973 stehe, müsse für die Begründung dieses wichtigen Kriteriums als nicht ausreichend angesehen werden. Auch stellten die vom Beschwerdeführer bei seiner Eisbar aufgestellten Lautsprecher entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde keine örtlich gebundene Einrichtung dar, sondern das begriffliche Gegenteil einer mobil veränderlichen Anlage, da es sich bei den Lautsprechern um jene handle, welche normalerweise im Inneren des Hotels Verwendung fänden und nur im Zeitraum von 14 bis 17 Uhr in den geöffneten Fenstern des Hotelrestaurants stünden, um den Gästen der Eisbar auch eine Musikuntermalung zu bieten. Es zeige sich, daß eine weitere Voraussetzung nach § 74 Abs. 1 GewO 1973, nämlich die der örtlich gebundenen Einrichtung, nicht gegeben sei. Als gewerbliche Betriebsanlage sei die Gesamtheit jener Einrichtungen anzusehen, welche dem Zweck des Betriebes eines gewerblichen Unternehmens gewidmet seien. Das bedeute, daß § 74 Abs. 2 GewO 1973 die Genehmigungspflicht nicht auf einzelne Maschinen oder Geräte oder beim Betrieb vorkommende Tätigkeiten abstelle, sondern die gesamte gewerbliche Betriebsanlage als Einheit der Genehmigungspflicht unterwerfe. Vor Inbetriebnahme des Hotels E in I sei die gesamte gewerbliche Betriebsanlage, die eine Einheit darstelle, genehmigt worden. Da es sich bei der Eisbar nicht um eine eigene Betriebsstätte handle, welche gesondert genehmigungspflichtig sei, und zum Zeitpunkt der Öffnung des Hotels auch die gegenständliche Musikanlage bereits installiert gewesen sei und sohin von der Genehmigung, die dem Haus erteilt worden sei, erfaßt sei, sei dargetan, daß die von der belangten Behörde ausgesprochene Bestrafung des Beschwerdeführers rechtswidrig sei.
Der Beschwerde kommt im Ergebnis Berechtigung zu.
Gemäß § 44 a lit. a VStG 1950 hat der Spruch (des Straferkenntnisses) u. a. "a) die als erwiesen angenommene Tat" zu enthalten. Es gehört zu den selbstverständlichen Grundsätzen jedes Strafverfahrens, daß die zur Last gelegte Tat so eindeutig umschrieben wird, daß kein Zweifel darüber bestehen kann, wofür der Täter bestraft worden ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. Mai 1982, Zl. 04/0250/80, u. a.). Der genehmigungslose Betrieb einer Betriebsanlage vermag sowohl den Tatbestand der Z. 3 des § 366 Abs. 1 GewO 1973 als auch den Tatbestand der Z. 4 dieser Gesetzesbestimmung zu verwirklichen. Denn nach § 366 Abs. 1 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu S 30.000,-- oder mit einer Arreststrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen ist, wer
3) eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt;
4) eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach deren Änderung betreibt (§ 81). In beiden Fällen (Z. 3 und 4 des § 366 Abs. 1 GewO 1973) wird u. a. das "Betreiben" einer Betriebsanlage ohne Genehmigung unter Strafsanktion gestellt, wobei die Z. 3 den Betrieb einer genehmigungspflichtigen Betriebsanlage ohne Genehmigung und die
Z. 4 den Betrieb einer geänderten Betriebsanlage ohne Genehmigung zum Gegenstand hat. In einem solchen Fall also, in dem das vorgeworfene gesetzwidrige Verhalten sowohl den einen als auch den anderen Tatbestand zu verwirklichen vermag, muß die Beschreibung der Tat im Sinne des § 44 a lit. a VStG 1950 schon im Spruch alle jene Tatbestandsmerkmale enthalten, die eine Zuordnung zu einem dieser Tatbestände in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise zulassen. Die Umschreibung der Tat muß dem Täter erkennen lassen, ob ihm der genehmigungslose Betrieb einer genehmigungspflichtigen Betriebsanlage oder der Betrieb einer zwar genehmigten, aber ohne Genehmigung geänderten Betriebsanlage zum Vorwurf gemacht wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. Mai 1982, Zl. 04/0250/80).
Im Beschwerdefall wurde dem Beschwerdeführer zum Vorwurf gemacht, es "zu verantworten, daß am 25. März 1986 nachmittags durch zwei an der Außenseite des Hotels angebrachte Lautsprecher derart laute Musik abgestrahlt wurde, daß diese nicht nur in der nächsten Umgebung, sondern sogar bis zu den Zollhäusern von I noch laut hörbar war, obwohl die Gesellschaft für diese Betriebsanlage keine gewerbepolizeiliche Genehmigung besitzt".
Die im Beschwerdefall vorgenommene Umschreibung der Tat erfüllt nicht das Erfordernis der eindeutigen Zuordnung des Verhaltens nach Z. 3 oder 4 des § 366 Abs. 1 GewO 1973. Sie läßt weiters Zweifel darüber entstehen, was unter "diese Betriebsanlage" zu verstehen ist - die einzelne Einrichtung (Lautsprecher) oder die Gesamtanlage (Hotel). Der Beschwerdeführer brachte in diesem Zusammenhang zutreffend vor, daß nicht etwa die - einzelnen - "Maschinen und Geräte" (vgl. § 74 Abs. 2 GewO 1973) Gegenstand der behördlichen Bewilligung bilden, sondern die - als Einheit zu sehende - gewerbliche Betriebsanlage (vgl. § 74 Abs. 1 GewO 1973).
Der angefochtene Bescheid war schon im Hinblick darauf gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben; eine Erörterung des weiteren Beschwerdevorbringens war entbehrlich.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.
Wien, am 22. März 1988
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