VwGH 87/05/0108

VwGH87/05/010815.9.1987

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Würth, Dr. Degischer und Dr. Domittner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hollinger, über die Beschwerde der MH in E, vertreten durch Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in Linz, Wischerstraße 30, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 16. März 1987, Zl. Wo-2003619-b-43- 1987/Ha/Wal, betreffend Rückforderung der Wohnbeihilfe, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §39 Abs1;
AVG §45 Abs2;
AVG §45 Abs3;
AVG §46;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
WFG 1984 §33;
WFG 1984 §34;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 9.660,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 16. September 1985 wurde der Beschwerdeführerin für die Dauer vom 1. September 1985 bis 31. August 1986 eine monatliche Wohnbeihilfe in der Höhe von S 1.789,21 bewilligt. Die Behörde ging damals antragsgemäß von einer Anzahl von drei Personen im gemeinsamen Haushalt der Beschwerdeführerin aus.

Eine Veränderung in der Haushaltszugehörigkeit meldete die Beschwerdeführerin nicht. Anläßlich des Antrages auf (Weiter)- Gewährung der Wohnbeihilfe (eingebracht am 25. Juni 1986), in dem nur mehr die Beschwerdeführerin selbst als Bewohnerin aufschien, forderte die Behörde eine "Abmeldebestätigung der Tochter und des Enkels" an. Aus dem vorgelegten Meldezettel entnahm sie, daß Tochter und Enkel der Beschwerdeführerin am 12. Dezember 1985 nach Haag abgemeldet wurden. Ohne weitere Erhebungen durchzuführen oder auch nur der Beschwerdeführerin vorzuhalten, daß sich aus dieser Abmeldung die Annahme ergebe, daß zu diesem Zeitpunkt auch der gemeinsame Haushalt aufgelöst worden sei, erging der nunmehr angefochtene Bescheid, mit dem gemäß § 34 des Wohnbauförderungsgesetzes 1984, BGBl. Nr. 482, ein Betrag an Wohnbeihilfe in Höhe von S 10.147,68 zurückgefordert wurde. Dabei wurde darauf verwiesen, daß die Wohnbeihilfe unter der Voraussetzung gewährt worden sei, daß drei Personen im gemeinsamen Haushalt lebten. Mit der Antragstellung im Juni 1986 sei nachträglich bekannt geworden, daß die Tochter der Beschwerdeführerin samt Sohn bereits im Dezember 1985 aus der Wohnung ausgezogen sei. Auf Grund dieser geänderten Verhältnisse habe ab 1. Jänner 1986 eine Neuberechnung des Zuschusses vorgenommen werden müssen, welche ergeben habe, daß der Beschwerdeführerin anstelle von S 1.789,21 nur ein monatlicher Zuschuß von S 520,75 zugestanden sei. Daraus ergebe sich der ausgewiesene Übergenuß.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht verletzt, daß die gewährte Wohnbeihilfe entgegen § 34 WFG 1984 nicht zurückgefordert werde.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber erwogen:

Gemäß § 34 Abs. 2 des Wohnbauförderungsgesetzes 1984 (WFG 1984) hat der Antragsteller sämtliche Tatsachen, die eine Änderung der Höhe der Wohnbeihilfe oder den Verlust des Anspruches zur Folge haben könnten, innerhalb eines Monats nach deren Bekanntwerden anzuzeigen. Gemäß Abs. 4 ist zu Unrecht empfangene Wohnbeihilfe zurückzuzahlen.

Gemäß § 33 Abs. 1 leg. cit ist die der Berechnung der Wohnbeihilfe zugrundezulegende "zumutbare Wohnungsaufwandbelastung" in einem Hundertsatz des Familieneinkommens festzusetzen, wobei die Zahl der im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen angemessen zu berücksichtigen ist.

Gleiche Regelungen enthält § 1 Abs. 4 und 7 der Verordnung der Oberösterreichischen Landesregierung vom 25. März 1985, LGBl. Nr. 31; dort wird in § 3 Abs. 1 in Verbindung mit der Anlage 1 der Verordnung der zumutbare Wohnungsaufwand konkret von der Personenanzahl abhängig gemacht.

Dies bedeutet, daß die Beschwerdeführerin jedenfalls verpflichtet gewesen wäre, dem Amt der Landesregierung bekanntzugeben, daß Personen, die bei der Festsetzung der Wohnbeihilfe berücksichtigt worden waren, sich nicht mehr im gemeinsamen Haushalt in der betreffenden Wohnung aufhielten. Daß sich daher mit dem Wegzug der Tochter und des Enkelkindes der Beschwerdeführerin die Wohnbeihilfe vermindert hätte und mangels ordnungsgemäßer Meldung dieses Umstandes ein Rückforderungstatbestand besteht, bestreitet auch die Beschwerdeführerin nicht. Sie verweist jedoch mit Recht darauf, daß die belangte Behörde ohne andere Ermittlungsergebnisse als die Meldedaten von einem Ausziehen der Tochter und des Enkelkindes bereits im Dezember 1985 ausgegangen ist.

Wie der Gerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 13. September 1983, Zl. 81/05/0159, zu einer gleichartigen Frage des Wohnbauförderungsgesetzes 1968 dargelegt hat, kann eine polizeiliche An- oder Abmeldung zwar, da § 46 AVG 1950 die Beweismittel nicht einschränkt, als Beweismittel in Betracht kommen, doch muß die Behörde zumindest Parteiengehör dazu gewähren und im Fall eines Widerspruches zwischen der polizeilichen An- oder Abmeldung und den Angaben der Parteien für eine Klarstellung des Sachverhaltes sorgen. Da die Behörde ihrer Verpflichtung zur Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes nicht nachgekommen ist, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die erst in der Gegenschrift vertretene Ansicht der belangten Behörde, der Nachweis der im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen hätte "auch nach außen hin und zwar durch die Anmeldung gegenüber der Meldebehörde offenkundig zu werden", widerspricht offensichtlich dem Gesetz (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis vom 13. September 1983, Zl. 81/05/0159). Die bloße Meldung kann weder einen gemeinsamen Haushalt begründen noch beenden; vielmehr ist dieser Begriff, der in Anlehnung an mietrechtliche Vorschriften Eingang in die Wohnbauförderungsgesetze gefunden hat, auch im Sinne der zivilrechtlichen Rechtsprechung auszulegen. Entgegen der in der Gegenschrift vertretenen Ansicht kommt es auch nicht auf die bloße "Behauptung" eines regelmäßigen Zusammenlebens sowie gemeinsamen Wohnens und Wirtschaftens an, sondern daß sich diese Umstände aus den erforderlichen Sachverhaltsermittlungen ergeben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.

Wien, am 15. September 1987

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