VwGH 85/07/0343

VwGH85/07/03433.3.1987

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Fürnsinn und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Teissl, über die Beschwerde des ME in Z, vertreten durch Dr. Hans Brugger, Rechtsanwalt in Schwaz, Franz‑Josef‑Straße 24, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 15. Juli 1985, Zl. IIIa2‑791/8, betreffend Bannlegung gemäß § 30 Abs. 5 Forstgesetz 1975 (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Z, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Peter Greil, Südtiroler‑Platz 8/IV, Innsbruck), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §52 Abs1
AVG §52 Abs2
ForstG 1975 §27 Abs1
ForstG 1975 §27 Abs2
ForstG 1975 §28 Abs1
ForstG 1975 §30 Abs1
ForstG 1975 §30 Abs2 lita Z1
ForstG 1975 §30 Abs3
ForstG 1975 §30 Abs5
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGG §48 Abs1 litb
VwGG §48 Abs1 Z2 implizit
VwGG §49 Abs1
WRG 1959 §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1987:1985070343.X00

 

Spruch:

1. Die Beschwerde wird insoweit, als sie sich gegen die Bannlegung des Grundstückes 704 KG Z richtet, zurückgewiesen.

2. Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als mit ihm die Bannlegung eines Teiles des Grundstückes 701/1 sowie der Grundstücke 701/11, 701/4, 701/5, 701/6, 701/7, 701/8, 701/9, 701/10, 701/12 und 701/13, alle KG Z, bestätigt wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.270,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit in Rechtskraft erwachsenem Bescheid vom 25. September 1972 erteilte die Bezirkshauptmannschaft Schwaz (BH) als Wasserrechtsbehörde erster Instanz der Gemeinde Z, vertreten durch die Wildbach- und Lawinenverbauung, Gebietsbauleitung Unterinntal, gemäß §§ 41 und 98 WRG 1959, in Verbindung mit § 111 WRG 1959 und den Bestimmungen des Wildbachverbauungsgesetzes die wasserrechtliche Bewilligung zur Ausführung des im Befund näher beschriebenen Wildbachverbauungsprojektes „XY“ nach Maßgabe der vorgelegten Projektsunterlagen und unter im Spruch des Bescheides näher umschriebenen Auflagen. Zu diesen Auflagen zählten auch Aufforstungsmaßnahmen, die zum Teil im Eigentum der „Familie E“ stehende Grundstücksflächen betrafen Pkt. 12 der im Bewilligungsbescheid enthaltenen Auflagen lautet:

„Die gesamte Fläche ist in Bann zu legen. Eine Beweidung hat auf alle Zeit zu unterbleiben.“

Den Gründen dieses Bescheides ist zu entnehmen, daß die Bewilligung dieses Projektes dazu dienen sollte, einer Hangrutschung im Bereich der Z-alpe entgegenzuwirken, durch welche dem Ortsteil B der Gemeinde Z ein katastrophaler Murabgang drohte.

2.1. Der vorzitierten „Auflage“ entsprechend legte die BH als Forstrechtsbehörde erster Instanz mit Bescheid vom 5. Jänner 1976 gemäß §§ 19 und 20 Forstgesetz, RGBl. Nr. 250/1852, die Grundstücke 701/5, 704, 701/10, 701/6, 701/11, 701/1, 701/7, 701/9, 701/4 und 701/8, alle KG Z, im Ausmaß von insgesamt 78,1 ha in Bann, wobei zur weiteren Waldbehandlung eine Reihe von Maßnahmen vorgeschrieben wurde.

2.2. Mit Bescheid vom 14. November 1980 stellte die BH gemäß § 184 Z. 4 Forstgesetz 1975, BGBl. Nr. 440 (in der Folge: FG 1975) fest, daß die Überprüfung des Bescheides vom 5. Jänner 1976 die Übereinstimmung mit den §§ 27 bis 31 leg. cit. ergeben habe; der genannte Bannlegungsbescheid gelte daher im Sinne des § 30 Abs. 5 leg. cit. auf unbestimmte Zeit im selben Ausmaß und mit der gleichen Waldbehandlung weiter.

2.3. Aufgrund der dagegen u.a. vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung hob der Landeshauptmann von Tirol mit Bescheid vom 25. März 1981 den Bescheid der BH vom 14. November 1980 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 ersatzlos auf. Begründet wurde diese Entscheidung damit, daß im Hinblick auf die gegenständliche Berufung eine Überprüfung innerhalb der im § 184 Z. 4 FG 1975 vorgesehenen Frist von fünf Jahren ab Inkrafttreten dieses Gesetzes nicht mehr erfolgen könne. Gemäß der zitierten Bestimmung des FG 1975 müsse daher in weiterer Folge ein Bannlegungsverfahren nach den Bestimmungen der §§ 27 ff leg. cit. durchgeführt werden.

3.1. Daraufhin stellte der Forsttechnische Dienst für Wildbach- und Lawinenverbauung, Gebietsbauleitung Westliches Unterinntal, mit an die BH gerichteter Eingabe vom 23. April 1981 „namens der Gemeinde Z“ den Antrag auf Bannlegung einer Fläche von 79,6 ha bestehend aus den Grundstücken 701/1, 701/5, 704, 701/10, 701/6, 701/8, 701/11, 701/13, 701/7, 701/12, 701/9, 701/4, alle KG Z.

Mit Eingabe vom 3. August 1982 erneuerte die genannte Dienststelle (vgl. § 102 Abs. 1 lit. b FG 1975) ihren Bannlegungsantrag unter Bezugnahme auf § 30 Abs. 2 lit. a Z. 2 leg. cit., wobei sie - unter Aufrechterhaltung der vorangeführten Grundstücke - die beantragte Fläche um 1,5 ha auf eine Gesamtfläche von 78,1 ha einschränkte.

3.2. Nachdem über den Antrag des Forsttechnischen Dienstes von der BH am 22. September 1982 eine Ortsverhandlung durchgeführt worden war, erhob die Gemeinde Z mit Schreiben vom 17. November 1982 den Inhalt der Eingaben des Forsttechnischen Dienstes vom 23. April 1981 und vom 3. August 1982 zu ihrem eigenen Vorbringen und stellte in diesem Sinne den Antrag, die vorgenannten Grundstücke im Gesamtausmaß von 78,1 ha in Bann zu legen.

Mit Schreiben vom 31. Jänner 1984 stellte die genannte Gemeinde - unter gleichzeitigem Widerruf „aller bisherigen von wem immer für die Gemeinde Z gestellten Anträge“ - den „neuen Antrag“, einen Teil des Grundstückes 701/1 sowie die Grundstücke 701/5, 704, 701/10, 701/6 701/8, 701/11, 701/13, 701/7, 701/12, 701/9 und 701/4 im Gesamtausmaß von 79,6 ha (nach Maßgabe des bereits im Akt erliegenden Lageplanes) in Bann zu legen. Zur Begründung wurde auf den Inhalt der bisherigen Eingaben einschließlich jener des Forsttechnischen Dienstes vom 3. August 1984 verwiesen.

4. Nach einer am 2. August 1984 über den Bannlegungsantrag der Gemeinde Z an Ort und Stelle durchgeführten Verhandlung erließ die BH unter dem Datum 2. Mai 1985 einen Bescheid mit dem sie gemäß § 30 Abs. 5 FG 1975 „einen Teil der Gpn. 701/1, 701/11, 701/4, 701/5, 701/6, 701/7, 701/8, 701/9, 701/10, 701/12, 701/13 und 704, KG Z, im Gesamtausmaß von 76,019034 ha im Sinne obiger (d.h. dem Spruch vorangestellter) Beschreibung und nach Maßgabe des beiliegenden Lageplanes, welcher einen wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides bildet, auf unbestimmte Zeit“ in Bann legte. Gleichzeitig wurden (spruchmäßig) insgesamt sieben Aufträge zur weiteren Waldbehandlung erteilt. Der Beschwerdeführer ist Miteigentümer dieser Grundstücke.

Zur Begründung ihres Bescheides führte die BH - auf das Wesentliche zusammengefaßt - aus, sie habe zur Frage der Notwendigkeit der Bannlegung ein Gutachten von Univ.‑Prof. Dipl.Ing. Dr. A, Universität für Bodenkultur, Wien, eingeholt. Dieses (vom 7. August 1983 datierende) Gutachten erscheine der Behörde „glaubwürdig, vollständig und schlüssig“. Sie habe sich daher veranlaßt gesehen, die Bannlegung samt den entsprechenden Aufträgen auszusprechen. Die von der „Familie E“ (der Beschwerdeführer gehört zu dieser) im Wege der von ihr beigebrachten Gutachten des Univ.-Prof. Dr. M und des Ingenieur‑Konsulenten Dipl. Ing. R gegen die Bannlegung erhobenen Bedenken hätten unberücksichtigt bleiben müssen, da ersterer ein Sachverständiger lediglich auf dem Gebiet der Geologie und letzterer seiner Berufsausbildung nach ein solcher für Landwirtschaft sei. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes könnten Gutachten aber nur auf der selben fachlichen Ebene bekämpft werden.

5. Die dagegen von der „Familie E“ erhobene Berufung wies der Landeshauptmann von Tirol (die belangte Behörde) mit Bescheid vom 15. Juli 1985 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 als unbegründet ab.

Auch die belangte Behörde kam in der Begründung ihres Bescheides zu dem Ergebnis, daß das Gutachten von Univ.‑Prof. Dipl. Ing. Dr. A die Notwendigkeit der Bannlegung des gegenständlichen Bereiches als Maßnahme zum Schutz des Ortsteiles B der Gemeinde Z vor Murkatastrophen schlüssig darlege. Die fachlichen Ausführungen in diesem Gutachten hätten durch die von den Berufungswerbern vorgelegten Gutachten nicht widerlegt werden können. Dies betreffe sowohl die präzisen Ausführungen über die Notwendigkeit der Bannlegung als auch die hiefür aufgezeigten erforderlichen Maßnahmen. Die Erstinstanz habe sich daher zu Recht auf diese Darlegungen gestützt. Was die Person des Sachverständigen Univ.-Prof. Dipl. Ing. Dr. A anlange, so spreche ‑ entgegen der Meinung der Berufungswerber - keinesfalls gegen ihn, daß er aus der Dienststelle stamme, die seinerzeit den Antrag auf Bannlegung gestellt habe; dies zeige lediglich, daß der Sachverständige über genaueste Ortskenntnisse verfüge und um die Wichtigkeit einer Bannlegung des gegenständlichen Gebietes wisse. In Auseinandersetzung mit diesbezüglichem Berufungsvorbringen wies die belangte Behörde u.a. noch darauf hin, daß es sich bei den in Bann gelegten Grundstücken um Wald bzw. unproduktive Flächen handle. Lediglich das Grundstück 701/1 sei ursprünglich als Alpe ausgewiesen gewesen; dieses sei jedoch mit dem Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 25. Februar 1985 rechtskräftig aus dem Alpzwang entlassen worden. Der Ausgang eines dazu vor dem Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahrens habe nicht abgewartet werden müssen. Die Aufforstungsmaßnahmen im Jahre 1975 mögen zwar in Widerspruch zum Alpschutzgesetz vorgenommen worden sein, hätten jedoch nicht bewirkt, daß keine Bannwalderklärung erfolgen könnte. Seit der Durchführung dieser Maßnahmen seien bereits zehn Jahre verstrichen, weshalb nunmehr Wald vorliege (§ 4 Abs. 1 FG 1975). Die wasserrechtliche Bewilligung zur Ausführung des Waldbachverbauungsprojektes liege entgegen der Ansicht der Berufungswerber vor (rechtskräftiger Bescheid der BH vom 25. September 1972). Da die durch die Bannlegung hervorgerufene - sicherlich nicht zu verleugnende - Beeinträchtigung der Bewirtschaftung des Waldes hinter so wichtigen öffentlichen Interessen wie dem Schutz vor Murkatastrophen zurücktreten müsse und die Berufungswerber das Gutachten des „Amtssachverständigen“ (gemeint Univ.-prof. Dipl. Ing. Dr. A) in keinem Punkt hätten widerlegen können, habe der Berufung nicht Folge gegeben werden können.

6. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid, wie dem Beschwerdevorbringen in seiner Gesamtheit zu entnehmen ist, in seinem Recht darauf verletzt, daß die im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides vom 2. Mai 1985 angeführten Grundflächen nicht in Bann gelegt werden. Er macht der Sache nach inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und begehrt deshalb die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

7. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt. Auch die mitbeteiligte Gemeinde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie beantragt, der Beschwerde keine Folge zu geben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der Beschwerdeführer bekämpft die den erstinstanzlichen Bescheid bestätigende Entscheidung der belangten Behörde vom 15. Juli 1985 zur Gänze, mithin auch die Bannlegung des Grundstückes 704 KG Z. Da dieses nach der Aktenlage wie auch nach dem Beschwerdevorbringen im Alleineigentum der Agrargemeinschaft S steht, kann der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid, soweit er sich auf das Grundstück 704 bezieht, nicht in seinen subjektiven Rechten verletzt sein (vgl. Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B‑VG). Mangels Berechtigung zur Erhebung war demnach die Beschwerde im bezeichneten Umfang gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

2. Gemäß § 27 Abs. 1 FG 1975 sind Wälder, die der Abwehr bestimmter Gefahren von Menschen, menschlichen Siedlungen und Anlagen oder kultiviertem Boden dienen, sowie Wälder, deren Wohlfahrtswirkung gegenüber der Nutzwirkung (§ 1 Abs. 1) ein Vorrang zukommt, durch Bescheid in Bann zu legen, sofern das zu schützende volkswirtschaftliche oder sonstige öffentliche Interesse (Bannzweck) sich als wichtiger erweist als die mit der Einschränkung der Waldbewirtschaftung infolge der Bannlegung verbundenen Nachteile (Bannwald). Nach Abs. 2 derselben Gesetzesstelle sind Bannzwecke im Sinne des Abs. 1 insbesondere (lit. a) der Schutz vor Lawinen, Felssturz, Steinschlag, Schneeabsitzung, Erdabrutschung, Hochwasser, Wind oder ähnlichen Gefährdungen.

Gemäß § 28 Abs. 1 FG 1975 besteht die Bannlegung in der Vorschreibung der nach dem Bannzweck und den örtlichen Verhältnissen erforderlichen Maßnahmen und Unterlassungen (vgl. die Abs. 2 und 3) sowie in der bestmöglichen Gewährleistung der Durchführung der Maßnahmen.

Nach § 30 Abs. 1 FG 1975 ist das Bannlegungsverfahren von Amts wegen oder auf Antrag einzuleiten. Zufolge des § 30 Abs. 2 lit. a Z. 1 leg. cit. sind zur Antragstellung hinsichtlich der Bannzwecke gemäß § 27 Abs. 2 lit. a bis d alle physischen oder juristischen Personen berechtigt, die ein rechtliches Interesse an der Bannlegung nachzuweisen vermögen. § 30 Abs. 3 FG 1975 normiert, daß der Antrag alle für die Einleitung des Verfahrens notwendigen Angaben zu enthalten hat, insbesondere den Bannzweck, die genaue Bezeichnung des zur Bannlegung beantragten Waldes, seine Eigentümer, die beantragten Beschränkungen und den Kreis der voraussichtlich Begünstigten.

3. Soweit der Beschwerdeführer die Ansicht vertritt, die Gemeinde Z sei nicht antragsberechtigt, weil die zur Bannlegung beantragten Grundflächen nicht in ihrem Eigentum stünden und ihr an diesen auch keine Nutzungsrechte zukämen, so übersieht er mit dieser Argumentation offensichtlich § 30 Abs. 2 lit. a Z. 1 FG 1975, wonach für die besagte Antragslegitimation weder Eigentum noch Nutzungsrechte an den zur Bannlegung beantragten Waldflächen, sondern ausschließlich der Nachweis eines rechtlichen Interesses an der Bannlegung maßgebend ist. Ein solches Interesse aber hat die Gemeinde Z nach Meinung des Verwaltungsgerichtshofes dargetan, indem sie in ihrem Antrag vom 31. Jänner 1984 (im Wege der Verweisung auf den diesbezüglichen Antrag des Forsttechnischen Dienstes vom 3. August 1982) alle für die Einleitung des Verfahrens erforderlichen Angaben machte und hiebei die Sicherung einer großen Rutschfläche und den Schutz des Ortsteiles B vor weiteren Murkatastrophen als Bannzweck anführte. Der Gerichtshof hegt sohin keine Bedenken dagegen, daß die Forstrechtsbehörden die mitbeteiligte Gemeinde als zur Stellung des der beschwerdegegenständlichen Bannlegung zugrundeliegenden Antrages legitimiert angesehen haben.

4. Wenn der Beschwerdeführer meint, der Verfassungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom 14. Juni 1980, B 473/77 (= VfSlg. 8832), festgestellt, daß Voraussetzung für eine Bannwaldlegung das Vorliegen eines rechtskräftigen Bescheides betreffend die Entlassung aus dem Alpzwang sowie einer rechtskräftigen wasserrechtlichen Bewilligung (gemeint: des Wildbachverbauungsprojektes „XY“) sei, so beruht diese Ansicht auf einer offensichtlichen Fehldeutung des zitierten Verfassungsgerichthof‑Erkenntnisses, hat doch dieser Gerichtshof dort lediglich zum Ausdruck gebracht, daß Schutzmaßnahmen nach § 34 Abs. 1 WRG 1959 erst dann getroffen werden dürfen, wenn die wasserrechtliche Bewilligung für die dort in Rede stehende Wasserversorgungsanlage der Gemeinde Z erteilt worden ist.

Der Beschwerdeführer unterliegt aber auch insoweit einem Irrtum, als er behauptet, der die Entlassung einer Teilfläche des Grundstückes 701/1 aus dem Alpzwang aussprechende Bescheid sowie der Bescheid, mit dem das vorbezeichnete Wildbachverbauungsprojekt bewilligt worden ist, seien nicht rechtskräftig. Dazu, daß der wasserrechtliche Bewilligungsbescheid der BH vom 25. September 1972 in Rechtskraft erwachsen ist, wird auf das hg. Erkenntnis vom 3. November 1981, Zlen. 07/1211, 1725, 3523/80 (S. 17 und 18) verwiesen. Auch der Bescheid des Landesagrarsenates vom 25. Februar 1982 über die Entlassung aus dem Alpzwang (§ 2 des Gesetzes vom 29. Jänner 1920, wirksam für das Land Tirol, betreffend den Schutz der Alpen und die Förderung der Alpwirtschaft, LGBl. Nr. 81) ist rechtskräftig. Die Bekämpfung dieses Bescheides vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes vermag daran nichts zu ändern.

Verfehlt ist schließlich der Hinweis, der „Aufforstungsbescheid zu B 493/81“ (richtig: B 498/81) sei „bei den Höchstgerichten anhängig“. Der Beschwerdeführer bezieht sich hiebei erkennbar auf den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 24. Juli 1981, Zl. 410.492/01-1 4/81, und die dagegen an den Verfassungsgerichtshof und den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerden. Der Bescheid hatte die Zurückweisung eines an den Landeshauptmann von Tirol gerichteten Antrages der „Familie E“ auf neuerliche Ausschreibung einer Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides in einer wasserrechtlichen Angelegenheit zum Gegenstand. Die Behandlung der dagegen beim Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde wurde von diesem mit Beschluß vom 14. Juni 1982, B 498/81, abgelehnt; die an den Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde wurde von diesem mit Erkenntnis vom 14. September 1982, Zl. 82/07/0128, als unbegründet abgewiesen. Es kann demnach weder von einem „Aufforstungsbescheid“ noch von einem Anhängigsein von Beschwerden bei den „Höchstgerichten“ gegen den zitierten Bescheid vom 24. Juli 1981 die Rede sein; abgesehen davon besteht zwischen diesem Bescheid bzw. den dagegen erhobenen und längst erledigten Beschwerden einerseits und dem vorliegenden Beschwerdefall anderseits keinerlei Zusammenhang.

5.1. Der Beschwerdeführer behauptet, daß der „gegenständliche Bereich“ nicht Wald im Sinne des § 4 FG 1975 sei. Die im Jahre 1975 durchgeführten Aufforstungsmaßnahmen seien ohne Deckung durch einen rechtskräftigen Bescheid erfolgt. Die volle Anwendbarkeit des Forstgesetzes sei daher nicht gegeben (§ 13 Abs. 8 FG 1975). Gleiches hatte der Beschwerdeführer bereits in seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid vorgebracht, wobei er dort noch darauf hinwies, daß die Aufforstungsmaßnahmen im Widerspruch zum „Alpschutzgesetz“ stünden, da „dieses Gebiet“ zum damaligen Zeitpunkt noch nicht aus dem Alpschutz entlassen gewesen wäre.

Dazu hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ausgeführt, daß die Aufforstung im Jahre 1975 zwar im Widerspruch zum „Alpschutzgesetz“ vorgenommen worden sein möge, dies jedoch eine Bannwaldlegung nicht habe hindern können. Seit der Durchführung der Aufforstungsmaßnahmen seien bereits zehn Jahre verstrichen, weshalb nunmehr Wald vorliege (§ 4 Abs. 1 FG 1975).

5.2. Zu Recht hat die belangte Behörde bei der Beurteilung der Frage, ob es sich bei den zur Bannlegung beantragten Grundflächen um Wald im Sinne des FG 1975 handelt, weder auf das Vorliegen eines die Aufforstung vorschreibenden rechtskräftigen Bescheides abgestellt noch darauf Bedacht genommen, daß diese Maßnahme nicht mit dem erst durch den rechtskräftigen Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 25. Februar 1982 aufgehobenen sogenannten Alpzwang betreffend einen Teil des (im Miteigentum des Beschwerdeführers befindlichen) Grundstückes 701/1 KG Z in Einklang stand. Die belangte Behörde hat sich vielmehr auf § 4 Abs. 1 FG 1975 berufen und die Ansicht vertreten, daß infolge Ablaufes der dort vorgesehenen Zehn‑Jahre‑Frist die in Rede stehenden Flächen den Bestimmungen des FG 1975 unterliegen. Was die weiteren Tatbestandsmerkmale des § 4 Abs. 1 FG 1975 anlangt, so wird vom Beschwerdeführer nicht in Zweifel gezogen, daß die aufgeforsteten und mit dem bekämpften Bescheid in Bann gelegten Flächen bis zur Aufforstung nicht Wald gewesen seien, und auch nicht dargetan, daß die Aufforstung - die in der Beschwerde außer Streit gestellt wird - etwa rückgängig gemacht worden oder mißlungen sei, sodaß deshalb im Hinblick auf die Erfordernisse des § 13 Abs. 8 leg. cit. die Waldeigenschaft zu verneinen sei. Die in dieser Hinsicht vom Beschwerdeführer geltend gemachte inhaltliche Rechtswidrigkeit liegt demnach nicht vor.

6. Der Beschwerde ist dennoch Erfolg beschieden; dies aus den nachstehend angeführten Gründen:

6.1. Die Behörden beider Rechtsstufen haben ihre jeweiligen Entscheidungen im wesentlichen auf das Gutachten des Univ.-Prof. Dipl. Ing. Dr. A gestützt (vgl. oben 1.4. und 5.). Es ist für den Verwaltungsgerichtshof nicht zweifelhaft, daß die Forstrechtsbehörden im vorliegenden Fall zu Recht davon ausgegangen sind, daß die im Zusammenhang mit der beantragten Bannlegung auf fachlicher Ebene sich ergebenden Fragen der Beurteilung durch Sachverständige bedurften. Allerdings hatten sich die Behörden der unmißverständlichen Anordnung des § 52 AVG 1950 zufolge der ihnen beigegebenen oder zur Verfügung stehenden amtlichen Sachverständigen (Amtssachverständigen) zu bedienen. Nur ausnahmsweise kann die Behörde andere geeignete Personen als Sachverständige heranziehen und beeiden, nämlich dann, wenn Amtssachverständige nicht zur Verfügung stehen oder es mit Rücksicht auf die Besonderheit des Falles geboten erscheint.

6.2. Entgegen der (in der Beschwerde geteilten) Ansicht der belangten Behörde ist der an der Universität für Bodenkultur, Wien, lehrende Univ.-Prof. A. kein Amtssachverständiger, ist doch dieser der Behörde weder „beigegeben“ noch steht er ihr „zur Verfügung“ (§ 52 Abs. 1 AVG 1950). Insoweit zutreffend hat daher die Behörde erster Instanz den Genannten im Sinne des § 52 Abs. 2 leg. cit. - freilich nicht, wie erforderlich, mit Bescheid - zum Sachverständigen bestellt (Schreiben vom 11. Oktober 1982). Was allerdings die BH veranlaßt hat, einen nichtamtlichen Sachverständigen zu bestellen, läßt sich aus der Begründung ihres Bescheides nicht entnehmen. Daß der angefochtene Bescheid insoweit gleichfalls jegliche Begründung vermissen läßt, ist vom - verfehlten - Rechtsstandpunkt der belangten Behörde aus gesehen, es handle sich bei Univ.-Prof. A. um einen Amtssachverständigen, nur folgerichtig. Auch die vorgelegten Verwaltungsakten geben keine Auskunft darüber, weshalb die Erstinstanz von § 52 Abs. 2 AVG 1950 Gebrauch machen zu dürfen glaubte bzw. ob die in dieser Gesetzesstelle angeführten Voraussetzungen im Beschwerdefall vorliegen. Die Tatsache, daß Univ.-Prof. A. im Jahre 1974 im wasserrechtlichen Verfahren betreffend das Wildbachverbauungsprojekt „XY“ zum Sachverständigen bestellt worden war und in dieser Eigenschaft ein Gutachten (vom 1. Dezember 1974) zu den „als notwendig angesehenen forsttechnischen Maßnahmen im Z-bach“ erstellt hatte, reicht nicht aus, um in dem der vorliegenden Beschwerde zugrundeliegenden Bannlegungsverfahren die Voraussetzungen des § 52 Abs. 2 AVG 1950 als erfüllt ansehen zu können. Dies nicht zuletzt auch deshalb, weil es sich bei dem von Univ.-Prof. A. im Bannlegungsverfahren erstellten Gutachten vom 7. August 1983 um ein völlig eigenständiges (nicht ein das Gutachten ex 1974 „ergänzendes“), erstmals zur Frage der Bannlegung Stellung nehmendes Gutachten handelt.

Da es die belangte Behörde - infolge Verkennens der Rechtslage - unterlassen hat, aufzuzeigen, daß Amtssachverständige nicht zur Verfügung standen oder die Besonderheit des Falles die Heranziehung eines nichtamtlichen Sachverständigen gebot, belastete sie den bekämpften Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 31. März 1969, Zl. 255/67, und vom 30. Juni 1969, Slg. Nr. 7615/A).

7. Nach dem Vorgesagten war der angefochtene Bescheid - ohne daß es eines Eingehens auf das weitere im Zusammenhang mit dem besagten Sachverständigengutachten stehende Beschwerdevorbringen bedurfte - in dem im Spruch dieses Erkenntnisses bezeichneten Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

8. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 sowie § 50 VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243. Die Abweisung des Mehrbegehrens beruht darauf, daß die Vergütung von Umsatzsteuer neben dem pauschalierten Schriftsatzaufwandersatz im Gesetz nicht vorgesehen ist.

Wien, am 3. März 1987

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