VwGH 86/17/0023

VwGH86/17/002314.2.1986

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Kramer, Dr. Wetzel und Dr. Puck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wrulich, über die Beschwerde des Dipl.‑Ing. HS in W, vertreten durch Dr. Klaus Braunegg, Rechtsanwalt in Wien I, Gonzagagasse 9, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Salzburg vom 20. Februar 1985, Zl. Jv 6095‑33/84, betreffend Zeugengebühr, zu Recht erkannt:

Normen

EGVG Art2
EStG 1972 §2 Abs3
GebAG 1975 §18 Abs1
GebAG 1975 §18 Abs2
GebAG 1975 §19
GebAG 1975 §23
GebAG 1975 §3
GebAG 1975 §3 Abs1 Z2 lita
GebAG 1975 §3 Abs1 Z2 litb
UStG 1972 §1
UStG 1972 §2
UStG 1972 §3
VwGG §42 Abs2 Z3

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1986:1986170023.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von € 2.760,‑ ‑ binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer bezieht einerseits Einkünfte aus unselbständiger Tätigkeit als Lehrer einer Höheren technischen Lehranstalt in Wien, andererseits bezieht er Einkünfte aus seiner Tätigkeit als Ingenieurkonsulent für Elektrotechnik und als Sachverständiger. In Ausübung der zuletzt genannten Tätigkeit wurde von ihm im Auftrag einer Versicherung, die Klägerin in einem Rechtsstreit vor dem Landesgericht Salzburg war, außergerichtlich ein Gutachten erstattet, welches von seinem Auftraggeber im erwähnten Rechtsstreit dem Gericht zur Kenntnis gebracht worden war. Der Beschwerdeführer wurde in dem Rechtsstreit vom Gericht als Zeuge zur Verhandlung vorgeladen, wobei in der schriftlichen Zeugenladung als Thema der Vernehmung folgendes angeführt war:

„Höhe des Schadens der Fa. K durch Wasseraustritt im Kellerraum d. Hauses E‑Str. 11, am 24./25. 5. 1982.“

Zur Ladung des Beschwerdeführers als Zeuge wurde das ZPForm. 38 verwendet, in dem sich eine Belehrung über den Zeugengebührenanspruch und dessen Geltendmachung findet. Dort heißt es u.a.

Entschädigung für Zeitversäumnis

Erwerbstätige haben Anspruch auf Ersatz ihres Verdienst- oder Einkommensentgangs. Anstelle dieses Ersatzes kann der Zeuge den Ersatz der Kosten eines notwendigen Stellvertreters begehren; ausschließlich im Haushalt tätigen Zeugen werden die angemessenen Kosten einer notwendigen Hilfskraft ersetzt. ...

Anspruchsbescheinigung

Der Zeuge hat diese Ladung vorzulegen und die für die Gebührenbestimmung bedeutsamen Umstände, besonders durch Vorlage einer Bestätigung über den Verdienst- oder Einkommensentgang oder die Entlohnung eines Stellvertreters oder einer Hilfskraft, gegebenenfalls auch durch Vorlage einer Bestätigung seiner Dienststelle über die Höhe der ihm zustehenden Reisegebühren, zu bescheinigen. .....“

Der Beschwerdeführer leistete der Ladung Folge und wurde als Zeuge vernommen. Er machte fristgerecht bei dem genannten Gericht auf dem hiefür vorgesehenen Formular seinen Anspruch auf Zeugengebühr geltend und zwar an Entschädigung für Zeitversäumnis ‑ nur diese ist im verwaltungsgerichtlichen Verfahren strittig ‑ einen Einkommensentgang für neun Stunden zu je S 590,‑ ‑ zuzüglich 10 % Umsatzsteuer. Er legte zur Bescheinigung eine Bestätigung seines Steuerberaters des Inhaltes bei, daß er laut Einkommensteuerbescheid 1983 bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit einen Brutto‑Stundenlohn von S 590,‑ ‑ bezogen habe. Der Aufforderung des mit der Bestimmung der Gebühr im Justizverwaltungsweg betrauten Bediensteten des Gerichtes (Kostenbeamter) zur Vorlage des letzten Einkommensteuerbescheides für die Berechnung des „Verdienstentganges“ kam der Beschwerdeführer nach. Hierauf bestimmte der Kostenbeamte die Zeugengebühr des Beschwerdeführers und zwar die Entschädigung für Zeitversäumnis gemäß § 18 Abs. 1 Gebührenanspruchsgesetz 1975, BGBl. Nr. 13 (in der Folge: GebAG) mit S 1.504,-- (8 Stunden a S 187,95), wobei er den Stundenersatz aus dem vorgelegten Einkommensteuerbescheid so ermittelte, daß er das Einkommen aus Gewerbebetrieb abzüglich Lohnsteuer (letztere S 103.108,90) durch die Jahresarbeitsstunden, die er mit 1.800 annahm (225 Arbeitstage mit einer 8‑stündigen täglichen Arbeitszeit), teilte. Als „Einkommen aus Gewerbebetrieb“ entnahm der Kostenbeamte dem Einkommensteuerbescheid jenen Betrag, der darin als „Steuer gemäß § 33 (1‑6) EStG 72“ ausgeworfen war (S 441.422,‑ ‑).

Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid wegen der Entschädigung für Zeitversäumnis fristgerecht Beschwerde an den Präsidenten des Landesgerichtes Salzburg (belangte Behörde) mit der Begründung, daß seine Zeitversäumnis, welche der Gebührenbestimmung zugrundezulegen sei, wie von ihm beansprucht, neun Stunden betragen habe, er habe die Reise um 9.00 Uhr antreten müssen und sei erst um 20.00 Uhr nach Hause zurückgekehrt. Er sei einerseits Bundeslehrer mit einer wöchentlichen Unterrichtszeit von 18 Stunden, andererseits Ziviltechniker und als solcher einkommen- und umsatzsteuerpflichtig, was auch für Gebühren für Zeugenaussagen gelte. Für die Berechnung der Entschädigung sei daher die „Brutto‑Verdienstsumme (der Brutto-Stundenlohn)“ maßgeblich. Für die Berechnung der Stunden aus selbständiger Tätigkeit seien 1.250 Jahresstunden anzusetzen, weil der Beschwerdeführer „zusätzlich Lehrer“ sei. Fälschlich habe der Kostenbeamte den Steuerbetrag als Einkommen aus Gewerbebetrieb herangezogen und davon noch die einbehaltene Lohnsteuer abgezogen. Die Einkünfte aus der „selbständigen Tätigkeit (im Bescheid als Gewerbebetrieb definiert)“ hätten laut dem erwähnten Einkommensteuerbescheid S 739.086,‑ ‑ betragen. Diese, geteilt durch 1250 Stunden, ergebe den beanspruchten „Brutto‑Stundenlohn“ von S 590,‑ ‑.

Die belangte Behörde fragte beim Dienstgeber des Beschwerdeführers an, in welcher Zeit der Beschwerdeführer am Tag seiner Zeugenaussage nach dem Stundenplan zu unterrichten gehabt hätte und erhielt hierauf die Auskunft, daß der Beschwerdeführer jeden Dienstag zwei Stunden (von 14.10 Uhr bis 16.00 Uhr) unterrichte und am erwähnten Tag „durch privaten Rücktausch“ keinen Unterricht geleistet habe.

Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Rechtsmittel des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Kostenbeamten keine Folge und bestimmte die Zeugengebühr neu, wobei sie die Entschädigung für Zeitversäumnis auf S 405,‑ ‑ (9 Stunden a S 45,‑ ‑) gemäß § 18 Abs. 2 GebAG herabsetzte. Dies unter Berufung auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Oktober 1980, Zl. 1743/80, mit der Begründung, es dürfe nicht ein fiktiver Entgang nach Durchschnittssätzen der Bemessung der Entschädigung zu Grunde gelegt werden, beim selbständig Erwerbstätigen solle unter Verdienstentgang nur das fallen, was dieser nach Abzug von Auslagen positiv verdiene, es sei daher auf den konkreten Vermögensschaden Bedacht zu nehmen.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid in seinem Recht verletzt, Entschädigung für Zeitversäumnis in der ihm als Zeuge gemäß § 3 Abs. 1 Z. 2 lit. b GebAG gebührenden Höhe zu erhalten (Beschwerdepunkt). Er behauptet Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie inhaltliche Rechtswidrigkeit und beantragt deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Behauptung des Beschwerdeführers, er sei „entgegen den Vorschriften der Zivilprozeßordnung nicht vor dem zuständigen Gericht seines Wohnortes vernommen worden, sondern vor das erkennende Gericht in Salzburg zitiert“ worden, ist angesichts § 328 Abs. 1 und 2 ZPO unrichtig. Anhaltspunkte für einen der in den zitierten Gesetzesstellen genannten Fälle, in denen das Gericht die Vernehmung durch den ersuchten Richter durchführen lassen kann, liegen nicht vor, insbesondere auch nicht für den Fall des § 328 Abs. 1 Z. 3 ZPO, berücksichtigt man den Streitwert von S 451.946,‑ ‑.

Im übrigen hätte eine den erwähnten Bestimmungen widerstreitende Vorladung eines Zeugen zum erkennenden Gericht keinen Einfluß auf den Gebührenanspruch des Zeugen.

2. Der Umstand, daß der Beschwerdeführer, wie er aus seiner Ladung zum erkennenden Gericht schließt, „sachverständiger Zeuge“ (§ 350 ZPO) gewesen sei, ist ohne Einfluß auf Grund und Höhe seines Zeugengebührenanspruches.

Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers kennzeichnet es den sachverständigen Zeugen keineswegs, daß er „über Umstände aussagen sollte, die ihm aus eigener Wahrnehmung nicht bekannt geworden sind“. Der sachverständige Zeuge ist eine Person mit besonderer Sachkunde (die somit als Sachverständiger verwendet werden könnte), welche streiterhebliche Tatsachen zufällig selbst wahrnehmen konnte, also nicht bereits zu diesem Zweck vom Gericht bestellt war oder sein konnte. Sachverständige Zeugen werden grundsätzlich als Zeugen behandelt, doch kann das Gericht sie im Zuge des späteren Prozesses als Sachverständige bestellen, nur dann sind ihre Bekundungen als Befund oder Gutachten zu bewerten (vgl. Fasching, Lehrbuch des österreichischen Zivilprozeßrechtes, RZ 969). Auch dann, wenn der Beschwerdeführer seine Wahrnehmungen, über die er vor Gericht aussagen sollte, während seiner Tätigkeit als (privater) Sachverständiger der Klägerin des Prozesses gemacht haben sollte, ändert dies an seiner Stellung als Zeuge nichts, weil er insoweit ebenfalls zum Beweise vergangener Tatsachen oder Zustände, die er wahrgenommen hat (§ 350 ZPO), auszusagen hatte. Selbst dann aber, wenn der Beschwerdeführer vom Prozeßgericht als Sachverständiger im Prozeß bestellt worden sein sollte, wäre dies im Beschwerdefall ohne Bedeutung, weil in diesem nur die Entschädigung für Zeitversäumnis als Element der Zeugengebühr in Streit steht, keineswegs jedoch die Frage, ob der Beschwerdeführer einen Gebührenanspruch als Sachverständiger im Sinne des III. Abschnittes des Gebührenanspruchsgesetzes 1975 erworben hat, über den gemäß § 39 GebAG nicht von der Justizverwaltungsbehörde im Verwaltungsverfahren zu entscheiden gewesen wäre.

3. Der Beschwerdeführer irrt auch, wenn er meint, die Entschädigung für Zeitversäumnis im Rahmen der Zeugengebühr wäre ihm nach jenem Stundensatz abzugelten gewesen, den er in seiner Tätigkeit als gerichtlich beeideter Sachverständiger während des gesamten aufgewendeten Zeitraumes hätte ins Verdienen bringen können, weil seine Aussage als Zeuge Aufklärung über sein schriftliches Privatgutachten gegeben habe, er also jene Tätigkeit habe erfüllen müssen, die üblicherweise ein gerichtlich bestellter Sachverständiger verrichte; er habe der Zeugenladung in seiner Funktion als gerichtlich beeideter Sachverständiger und in seiner Freizeit Folge geleistet, die Bestimmungen des Gesetzes über Sachverständigengebühren seien daher analog anzuwenden.

Abgesehen davon, daß der Beschwerdeführer seinen Anspruch vor den Verwaltungsbehörden nie auf eine analoge Anwendung der gesetzlichen Vorschriften für Sachverständigengebühren gestützt hat, kann ihm auch hinsichtlich der von ihm geforderten Analogie nicht beigepflichtet werden.

Hätte der Gesetzgeber nämlich eine besondere Behandlung der in § 350 ZPO genannten Zeugen für ihre Entschädigung für Zeitversäumnis beabsichtigt, so hätte er dies angeordnet, weil die betreffende Fallkonstellation für ihn auf der Hand lag. Da er dies nicht getan hat, besteht für eine analoge Anwendung des III. Abschnittes des Gebührenanspruchsgesetzes auf die Entschädigung für Zeitversäumnis sachverständiger Zeugen kein Raum.

An dem Zeugengebührenanspruch des Beschwerdeführers würde sich aber auch nichts ändern, sollte der Beschwerdeführer über seine Zeugenpflicht hinaus, Wahrnehmungen von Tatsachen zu schildern, inhaltlich zur Erläuterung oder gar Ergänzung seines privaten Sachverständigengutachtens, welches er dem Kläger des Rechtsstreites erstattet hatte, vom Gericht veranlaßt worden sein. Diesbezüglich traf ihn nämlich keine Zeugenpflicht.

4. Aus der Nichtbeachtung des Erlasses des Bundesministers für Justiz vom 23. Juni 1983, Zl. 11.802/17‑15/83, über die Ermittlung des Stundensatzes durch Teilung des Jahresnettoeinkommens durch den Divisor 1800, womit nach Ansicht des Beschwerdeführers die Bemessung für die Entschädigung für Zeitversäumnis selbständig Erwerbstätiger nach Durchschnittssätzen ausdrücklich angeordnet worden sei, versucht der Beschwerdeführer schon deshalb vergeblich eine Verletzung seiner subjektiven Rechte abzuleiten, weil es sich bei dem genannten Erlaß mangels gesetzmäßiger Kundmachung nicht um eine allgemein verbindliche Rechtsvorschrift handelt. Es bedarf daher keiner Untersuchung, ob der Erlaß, wäre er entsprechend kundgemacht worden, seinem Inhalt nach als Rechtsverordnung angesehen werden könnte, deren Gesetzmäßigkeit zu prüfen wäre.

5. Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften erblickt der Beschwerdeführer darin, daß die belangte Behörde unter den gegebenen Umständen ihm nicht Gelegenheit gegeben habe, die Höhe seiner Ansprüche, die er im Gebührenbemessungsantrag konkret behauptet gehabt habe, auf andere Art nachzuweisen. Der Beschwerdeführer sei nämlich auf Grund der Vorgangsweise des Kostenbeamten davon überzeugt gewesen, daß mit der Vorlage des Steuerbescheides sämtliche zur Gebührenermittlung erforderlichen Nachweise erbracht seien.

Wenn die Justizverwaltungsbehörden auch nicht zu den Behörden zählen, die das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz anzuwenden haben, so sind von ihnen doch die darin niedergelegten allgemeinen Grundsätze eines geordneten rechtsstaatlichen Verfahrens in der Verwaltung ‑ zu ihnen zählt die Wahrung des Parteiengehörs ‑ bei der Bestimmung der Zeugengebühr zu beachten (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Jänner 1983, Zl. 82/17/0078, und die darin zitierte Judikatur).

Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften kann jedoch gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG nur dann zu einer Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen, wenn der belangten Behörde unterlaufene Verfahrensmängel wesentlich waren, bei ihrer Vermeidung die belangte Behörde daher zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können. Liegt dies nicht bereits nach den Umständen des Falles auf der Hand, so ist diese Voraussetzung vom Beschwerdeführer darzutun (vgl. die in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 2. Aufl., auf S. 458 zitierte Judikatur).

Die Wesentlichkeit des Verfahrensmangels liegt nicht auf der Hand, weil sich der Aktenlage nicht entnehmen läßt, auf welche „andere Art“ der Beschwerdeführer den von ihm behaupteten Einkommensentgang nachzuweisen versucht hätte, wäre er hiezu von der belangten Behörde aufgefordert worden. Der Beschwerdeführer hätte daher in seiner Beschwerde darzulegen gehabt, an welchen konkreten Nachweisen anderer Art er durch die Verletzung des Parteiengehörs durch die belangte Behörde gehindert worden sei. Ansatzpunkte hiefür finden sich im Vorbringen des Beschwerdeführers nicht.

Die Behauptung der Mangelhaftigkeit des Verfahrens läßt daher eine Verletzung des Beschwerdeführers in den vom Beschwerdepunkt umfaßten Rechten nicht erkennen, weshalb der Beschwerde auch aus diesem Grunde Erfolg nicht beschieden sein konnte.

6. Der Vorwurf des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe die Rechtslage verkannt, indem sie sich der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes angeschlossen habe, vermag nicht zu überzeugen:

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem von der belangten Behörde zitierten Erkenntnis folgendes ausgeführt:

„Gemäß § 3 Abs. 1 Z. 2 lit. b GebAG betrifft die in der Gebühr des Zeugen enthaltene Entschädigung für Zeitversäumnis beim selbständig Erwerbstätigen das ‚tatsächlich entgangene Einkommen‘; nach § 18 Abs. 2 leg. cit. gebührt dem Zeugen, wenn er zwar die Tatsache eines Anspruches nach § 3 Abs. 1 Z. 2, nicht aber dessen Höhe zu bescheinigen vermag, eine Entschädigung von S 37,‑ ‑, für jede, wenn auch nur begonnene Stunde, für die ihm eine Entschädigung für Zeitversäumnis zusteht. Nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes kann unter ‚tatsächlich entgangenem‘ Einkommen nicht ein fiktiv nach Durchschnittsätzen errechnetes verstanden werden, wie dies der Beschwerdeführer auch nach den Feststellungen des angefochtenen Bescheides bescheinigt hat. Daß der Zeuge seinen Einkommensentgang nur 'bescheinigen' nicht aber nachzuweisen hat, ändert nichts an der Verpflichtung, den konkreten Verdienstentgang zunächst einmal unter entsprechender Aufgliederung zu behaupten. Würde man weiters der Rechtsansicht des Beschwerdeführers folgen, einen fiktiven Entgang nach Durchschnittssätzen zugrundelegen zu können, wäre einerseits das Wort ‚tatsächlich‘ im § 3 Abs. 1 Z. 2 lit. b GebAG völlig inhaltsleer, andererseits aber die Bestimmung des § 18 Abs. 2 leg. cit. kaum von Bedeutung, wonach eben dort, wo ein Verdienstentgang feststeht, die konkrete Höhe aber nicht errechnet werden kann, von Gesetzes wegen bestimmte ‑ freilich völlig ungenügende ‑ Sätze vorgesehen sind. Es ist jedoch nicht Sache von Organen der Vollziehung, allfällige bewußte Mängel des Gesetzes zu korrigieren. Abgesehen davon ist aus den Erläuternden Bemerkungen zu § 3 Abs. 1 GebAG (1336 Blg.Nr. XIII G.P.) zu erschließen, daß beim selbständig Erwerbstätigen unter Verdienstentgang, nur das fallen sollte, was er nach Abzug von Auslagen positiv verdient hätte. Somit zeigt sich, daß sehr wohl und entgegen den Vorstellungen des Beschwerdeführers auf den konkreten Vermögensschaden abzustellen ist. Die belangte Behörde hat daher im angefochtenen Bescheid mit Recht mangels Bescheinigung eines solchen konkreten Schadens (Verdienstentgangs) lediglich die Pauschalsätze des § 18 Abs. 2 GebAG zugrundegelegt.“

In seinem Erkenntnis vom 22. Mai 1985, Zl. 84/01/0210, hat der Verwaltungsgerichtshof diese Rechtsansicht wiederholt.

Die vom Beschwerdeführer dagegen ins Treffen geführten Argumente vermögen nicht zu überzeugen:

Der Beschwerdeführer meint, die Verwendung des Wortes „tatsächlich“ werde vom Gesetzgeber auf den Grund des Anspruches und nicht auf seine Höhe bezogen. In den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage heiße es zu § 18 nämlich „Kann der Zeuge zwar bescheinigen, daß er innerhalb des nach § 17 maßgeblichen Zeitraumes ...... einen tatsächlichen Verdienst- oder Einkommensentgang hatte, nicht aber dessen Höhe, so soll ihm ein Betrag von ...... zustehen“.

Dabei übersieht der Beschwerdeführer, daß ein Nachweis für die Höhe des Anspruches nur hinsichtlich eines tatsächlich entgangenen Einkommens erbracht werden kann, also jenes Entganges, der den Grund des Anspruches auf Entschädigung für Zeitversäumnis darstellt. Der Nachweis der Höhe kann daher keineswegs einen nicht tatsächlich entstandenen Einkommensentgang betreffen. Die Unterscheidung zwischen Grund und Höhe des Anspruches führt daher nicht zu dem vom Beschwerdeführer gewünschten Auslegungsergebnis, zum Nachweis der Höhe des Einkommensentganges genüge die Ermittlung eines fiktiv nach Durchschnittssätzen errechneten Einkommens.

Dem Beschwerdeführer kann aber auch darin nicht gefolgt werden, daß die Auslegung des Gesetzes durch die zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dem Gleichheitsgrundsatz widerspreche, weil bei zahlreichen Berufsgruppen selbständig Erwerbstätiger eine Bestätigung des entgangenen Verdienstes nicht möglich sei, was der Gesetzgeber nicht übersehen haben könne, als er für den Fall des Bescheinigungsnotstandes in § 18 Abs. 2 GebAG eine ungenügende Entschädigung für diese Fälle vorgesehen habe.

Von einem tatsächlichen Einkommensentgang beim selbständig Erwerbstätigen kann nur dann gesprochen werden, wenn während der versäumten Zeit Tätigkeiten ausgeübt worden wären, die ihm Einkommen gebracht hätten. Diese Tätigkeiten können in der Regel bezeichnet, beschrieben und erforderlichenfalls durch Urkunden oder Aussagen bescheinigt werden. Auf Grund der für diese Tätigkeiten üblichen Entgelte und der dem Selbständigen bei Erfüllung der versäumten Tätigkeit erwachsenden variablen Auslagen wird sich in der Regel auch das tatsächlich entgangene Einkommen errechnen und bescheinigen lassen, wobei der Schätzungsweg durch die §§ 18, 19 Abs. 2GebAG keineswegs verschlossen ist. Die Schätzung des tatsächlichen Einkommensentganges, der durch eine bestimmte Zeitversäumnis verursacht wird, ist jedoch der Ermittlung eines fiktiven Einkommens nach Durchschnittssätzen keineswegs gleichzuhalten, muß doch Ausgangspunkt auch der Schätzung stets eine konkrete, dem selbständig Erwerbstätigen ein Einkommen vermittelnde Tätigkeit während des Zeitraumes der Verhinderung sein. Der Umstand, daß die Bescheinigung des Einkommensentganges gemäß § 3 Abs. 1 Z. 2 lit. b GebAG umständlicher und damit auch schwieriger ist als die des Verdienstentganges gemäß § 3 Abs. 1 Z. 2 lit. a und § 18 Abs. 1 leg. cit., macht die Regelung des § 18 Abs. 2 des Gesetzes in ihrem Verständnis durch den Verwaltungsgerichtshof noch nicht gleichheitswidrig.

Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich aber auch dazu veranlaßt, darauf hinzuweisen, daß die vom Beschwerdeführer vor der Verwaltungsbehörde geäußerte Ansicht, die Zeugengebühr sei umsatz- und einkommensteuerpflichtig, unrichtig ist. Bei der Erfüllung der Zeugenpflicht handelt es sich weder um eine Lieferung noch um eine Leistung eines umsatzsteuerpflichtigen Unternehmens und zwar auch dann nicht, wenn die Wahrnehmung, deren Schilderung von ihm vor Gericht erwartet wird, im Zusammenhang mit einer umsatzsteuerpflichtigen Tätigkeit gemacht worden sein sollte; auch fehlt es am Leistungsaustausch. Die Zeugengebühr zählt nicht zu den Einkünften, die gemäß § 2 Abs. 3 EStG 1972 der Einkommensteuer unterliegen (vgl. Schubert-Pokorny-Schuch‑Quantschnigg, Einkommensteuer-Handbuch, 2. Auflage, Tz 26 zu § 2).

Die Entschädigung für Zeitversäumnis gemäß § 3 Abs. 1 Z. 2 lit. b GebAG hat daher Umsatzsteuer nicht zu umfassen. Das entgangene Einkommen ist das, was der Zeuge nach Abzug von Auslagen positiv verdient hätte (vgl. Erläuternde Bemerkungen zur Regierungsvorlage zu § 3 Abs. 1, 1336 der Beilagen, XIII. GP). Fixe Kosten kommen als Auslagen, die von den versäumten Erlösen abzuziehen wären, nicht in Betracht, weil sie auch während der Zeitversäumnis anlaufen, ohne daß durch unterbliebene Tätigkeit Erlöse versäumt würden.

Dem Beschwerdeführer kann daher darin nicht gefolgt werden, daß, von seltenen, vernachlässigbaren Ausnahmefällen abgesehen, bei selbständig Erwerbstätigen dem Grunde nach ein Anspruch auf Entschädigung für Zeitversäumnis nie nachgewiesen werden könne und daher § 18 Abs. 2 GebAG, der zur Voraussetzung habe, daß der Gebührenanspruch dem Grunde nach bestehe, überflüssig wäre. Wie dargelegt, wird sich der Anspruch dem Grunde nach nämlich in der Regel durch die Schilderung der konkreten, Einkommen vermittelnden Tätigkeit, die der Zeuge in der Verhinderungszeit verrichtet hätte, erbringen lassen. Um die Höhe des solcherart entgangenen Einkommens zu bescheinigen, wird der selbständig Erwerbstätige die aus der erwähnten Tätigkeit zu erwarten gewesenen Erlöse und die damit verbundenen variablen Auslagen, die zu machen er sich wegen der Säumnis erspart hat, offenzulegen und glaubhaft zu machen haben. Sollte ihm letzteres nicht gelingen, ist daher auch bei den vom Beschwerdeführer ins Auge gefaßten Berufsgruppen noch ein ausreichender Anwendungsbereich für § 18 Abs. 2 GebAG.

Aus diesen Überlegungen folgt für den Beschwerdefall:

Verdienstentgang gemäß § 3 Abs. 1 Z. 2 lit. a GebAG wurde vom Beschwerdeführer nie behauptet. Ein Einkommensentgang gemäß § 3 Abs. 1 Z. 2 lit. b GebAG wurde von der belangten Behörde und damit ein Anspruch auf Entschädigung für Zeitversäumnis dem Grunde nach angenommen. Hiedurch kann der Beschwerdeführer in seinen Rechten nicht verletzt sein. Die Bescheinigung eines konkreten Einkommensentganges im oben dargelegten Sinn hat der Beschwerdeführer vor den Verwaltungsbehörden nicht versucht, er hat aber auch in der Beschwerde und der Replik zur Gegenschrift nicht konkret dargelegt, an welcher Glaubhaftmachung im geschilderten Sinn er durch die Verletzung des Parteiengehörs behindert worden sei.

Eine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit, durch welche der Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt wurde, ist von ihm daher nicht aufgezeigt worden; eine solche konnte vom Verwaltungsgerichtshof auch anhand der Aktenlage nicht festgestellt werden. Die Beschwerde mußte deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.

Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden, weil aus den von den Parteien im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erstatteten Schriftsätzen und aus den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakten zu entnehmen war, daß von der Durchführung einer Verhandlung keine weitere Klärung der Rechtssache zu erwarten ist.

Die Entscheidung über Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.

Wien, am 14. Februar 1986

Stichworte