VwGH 84/04/0059

VwGH84/04/00595.3.1985

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Baumgartner, Dr. Griesmacher, Dr. Weiss und Dr. Stoll als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kratzert, über die Beschwerde der W‑Aktiengesellschaft L, des KS, des MD und des HZ, alle in L, alle vertreten durch Dr. Walter Gastgeb, Rechtsanwalt in Linz, Bürgerstraße 41, gegen den Bescheid des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie vom 17. Februar 1984, Zl. 307.545/4-III‑3/84, betreffend Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage (mitbeteiligte Partei: GF in L, vertreten durch Dr. Franz Kriftner, Rechtsanwalt in Linz, Stelzhamerstraße 12),

I.) den Beschluß gefaßt:

Die Beschwerde der W‑Aktiengesellschaft L wird zurückgewiesen.

Die W‑Aktiengesellschaft L hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 8.300,-- sowie dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,--, jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

II.) zu Recht erkannt:

Normen

AVG §1
AVG §18 Abs4
AVG §56
AVG §63
B-VG Art116 Abs3
B-VG Art117 Abs6
B-VG Art119 Abs1
B-VG Art119 Abs2
B-VG Art119 Abs3
GewO 1859 §75 Abs2 letzter Satz
GewO 1859 §75 Abs2 Satz1
GewO 1973 §75 Abs2
GO Magistrat Linz 1980 §113 Abs4 litb
Statut Linz 1980 §42 Abs2
Statut Linz 1980 §47 Abs1
Statut Linz 1980 §47 Abs2
Statut Linz 1980 §48 Abs1
Statut Linz 1980 §48 Abs2
Statut Linz 1980 §48 Abs5
Statut Linz 1980 §61 Abs1
VwGG §34 Abs1
VwGG §42 Abs2 lita
VwGG §42 Abs2 litb
VwGG §42 Abs2 Z1 implizit
VwGG §42 Abs2 Z2 implizit

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1985:1984040059.X00

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird auf Grund der Beschwerde der übrigen Beschwerdeführer (der Zweit- bis Viertbeschwerdeführer), wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat diesen Beschwerdeführern (sohin mit Ausnahme der W‑Aktiengesellschaft L) Aufwendungen in der Höhe von S 8.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren dieser Beschwerdeführer wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des - wie die nachstehenden Ausführungen zeigen - Magistrates der Landeshauptstadt Linz („Baurechtsamt“) vom 12. September 1983 wurde das Ansuchen des GF (der mitbeteiligten Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens) um die Erteilung der gewerbebehördlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Betriebsanlage („Cafeteria bzw. Imbißstube“) im Standort Linz, L‑Straße 31, unter Berufung auf die §§ 77 Abs. 1, 74 Abs. 2 Z. 4, 333 und 359 GewO 1973 abgewiesen.

Der dagegen von der mitbeteiligten Partei rechtzeitig erhobenen Berufung gab der Landeshauptmann von Oberösterreich mit Bescheid vom 21. November 1983 Folge und erteilte gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit § 77 GewO 1973 und § 27 Abs. 2 Arbeitnehmerschutzgesetz (unter Vorschreibung einer Reihe von Auflagen) die gewerbebehördliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer „Cafeteria und Imbißstube“ im angegebenen Standort.

Der gegen diesen Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich von den Beschwerdeführern rechtzeitig erhobenen Berufung gab der Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie mit Bescheid vom 17. Februar 1984 insofern Folge, als im Spruch die Worte „und zum Betrieb“ zu entfallen hätten, bestimmte Auflagen abgeändert und zusätzliche Auflagen vorgeschrieben wurden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der die Aufhebungsgründe einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Grunde des Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B‑VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde - nach Erschöpfung des Instanzenzuges - wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

Bei der Beurteilung der zunächst zu prüfenden Beschwerdeberechtigung kommt es darnach lediglich darauf an, ob der Beschwerdeführer nach der Lage des Falles in einem Recht verletzt sein konnte und nicht etwa darauf, ob ihm in dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren die Stellung einer Partei eingeräumt bzw. eine Ausfertigung des verwaltungsbehördlichen Bescheides zugestellt wurde (vgl. hiezu etwa den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Juli 1968, Slg. Nr. 7387/A). Insoweit ist die Beschwerdeberechtigung der W‑Aktiengesellschaft L (der Erstbeschwerdeführerin) zu verneinen:

Nach § 77 Abs. 1 GewO 1973 gehört zu den Voraussetzungen für die Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage, daß der Ausschluß einer Gefährdung im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 und die Beschränkung von Belästigungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 auf ein zumutbares Maß zu erwarten sind. Ob Belästigungen der Nachbarn im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 GewO 1973 zumutbar sind, ist - gemäß § 77 Abs. 2 leg. cit. - nach den Maßstäben eines gesunden, normal empfindenden Menschen und auf Grund der örtlichen Verhältnisse zu beurteilen. Hiebei sind auch die für die Widmung der Liegenschaften maßgebenden Vorschriften zu berücksichtigen.

Der § 74 Abs. 2 GewO 1973 stellt darauf ab, daß gewerbliche Betriebsanlagen geeignet sind,

„1. das Leben oder die Gesundheit ... der Nachbarn ... oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden,

2. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen, ...“

Die im § 77 Abs. 1 GewO 1973 enthaltene Verweisung auf § 74 Abs. 2 Z. 2 leg. cit. bedeutet, daß der Belästigungsschutz nur von einem „Nachbarn“ geltend gemacht werden kann.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Zusammenhang in seinem Erkenntnis vom 25. April 1980, Slg. Nr. 10 110/A, folgendes dargelegt: Gemäß § 75 Abs. 2 GewO 1973 erster und zweiter Satz sind Nachbarn im Sinne dieses Bundesgesetzes alle Personen, die durch die Errichtung, den Bestand oder den Betrieb einer Betriebsanlage gefährdet oder belästigt oder deren Eigentum oder sonstige dingliche Rechte gefährdet werden könnten. Als Nachbarn gelten nicht Personen, die sich vorübergehend in der Nähe der Betriebsanlage aufhalten und nicht im Sinne des vorherigen Satzes dinglich berechtigt sind. (Als Nachbarn gelten jedoch nach dem letzten Satz des § 75 Abs. 2 die Inhaber von Einrichtungen, in denen sich, wie etwa in Beherbergungsbetrieben, Krankenanstalten und Heimen, regelmäßig Personen vorübergehend aufhalten, hinsichtlich des Schutzes dieser Personen.)

Der erste Satz der wiedergegebenen Gesetzesstelle unterscheidet zwischen der Gefährdung oder Belästigung, durch die eine Person betroffen sein kann, und der Gefährdung, durch die das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte betroffen sein können. Der zweite Satz stellt mit dieser Unterscheidung keine tatbestandsbezogene relevante Verknüpfung her. Deshalb sind unter den Personen, die „im Sinne des vorherigen Satzes dinglich berechtigt sind“, nicht nur jene Personen zu verstehen, deren Eigentum oder sonstige dingliche Rechte betroffen sein können; entsprechend dem im ersten Satz enthaltenen Merkmal „Eigentum oder sonstige dingliche Rechte“ haben vielmehr die Eigentümer oder sonstigen dinglich Berechtigten schlechthin, nämlich ohne Rücksicht auf die im ersten Satz getroffene Unterscheidung, das im ersten Satzteil des zweiten Satzes aufgestellte Erfordernis des nicht (bloß) vorübergehenden Aufenthaltes im Nahebereich der Betriebsanlage nicht zu erfüllen. Der Eigentümer oder sonstige dinglich Berechtigte kann den seine Person betreffenden Nachbarschutz nur bei Zutreffen der im § 75 Abs. 2 erster Satz erster Satzteil GewO 1973 enthaltenen Merkmale und daher jedenfalls nur unter Berufung auf Sachverhaltsumstände geltend machen, die den Eintritt einer - persönlichen - Gefährdung oder Belästigung in Hinsicht auf einen, wenn auch nur vorübergehenden, Aufenthalt möglich erscheinen lassen.

Nach § 75 Abs. 1 GewO 1973 ist unter einer Gefährdung des Eigentums im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 die Möglichkeit einer bloßen Minderung des Verkehrswertes des Eigentums nicht zu verstehen.

Im Grunde des § 356 Abs. 3 leg. cit. sind im Verfahren gemäß Abs. 1 (betreffend die Genehmigung der Errichtung und des Betriebes einer Betriebsanlage oder einer Änderung einer genehmigten Betriebsanlage) nur Nachbarn, die spätestens bei der Augenscheinsverhandlung Einwendungen gegen die Anlage im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1, 2, 3 oder 5 erheben, Parteien, und zwar vom Zeitpunkt ihrer Einwendungen an.

Im vorliegenden Fall wurde seitens der Erstbeschwerdeführerin anläßlich der maßgebenden mündlichen Verhandlung vor der Behörde erster Instanz am 5. September 1983 folgende Einwendung erstattet:

„Die W‑Aktiengesellschaft spricht sich gegen die Erteilung der Betriebsstättengenehmigung aus, da es sich bei dem Gebiet, in welchem die Betriebsstätte errichtet werden soll, um ein reines Wohngebiet handelt und durch den Betrieb eine Beeinträchtigung der Mieterschaft durch den Lärm der Besucher des Lokales zu erwarten ist. Auch durch zu- u. abfahrende Fahrzeuge wird eine Beeinträchtigung des Wohnwertes zu erwarten sein. Im Bereich der Betriebsstätte befinden sich keine ausreichenden Parkflächen und gestattet die L‑Straße derzeit lediglich ein 10-minütiges Parken. Durch die nicht gegebene Straßenbreite wird es somit zu Beeinträchtigungen beim Zu- u. Abfahren kommen und wird darüberhinaus auch die Leichtigkeit des Verkehrs behindert. Auch für den unmittelbar angrenzenden Kinderspielplatz besteht bei dessen Benutzung eine vermehrte Gefahr zufolge des Verkehrsaufkommens. Es ist zu erwarten, daß durch die nicht über das Haus L‑Straße Nr. 31 hinausgehende Abluftanlage, die an einem Nebengebäude situiert ist, welches niedriger ist, eine Beeinträchtigung der von uns vertretenen Mieter durch Immissionen zu erwarten ist.

Die Vollmacht für die vertretenen Mieter wird nachgereicht.“

Sollte die Erstbeschwerdeführerin diese Einwendungen - sofern dadurch überhaupt subjektiv-öffentliche Rechte bezogen wurden - im eigenen Namen erhoben haben, so wurden damit nur solche Umstände geltend gemacht, die im Sinne der obigen Darlegungen im Hinblick darauf, daß es sich bei der Erstbeschwerdeführerin um eine juristische Person handelt, eine Nachbarstellung im Grunde des § 75 Abs. 2 erster Satz erster Satzteil GewO 1973 ausschließen, wobei auch nicht etwa die sachverhaltsbezogenen Voraussetzungen des § 75 Abs. 2 letzter Satz leg. cit. vorliegen.

Für den Fall, daß dieses Vorbringen der Erstbeschwerdeführerin dahin aufzufassen war, daß sie im Vollmachtsnamen von Mietern Einwendungen erheben wollte, so wäre für die Erstbeschwerdeführerin in bezug auf ihre eigene Nachbarstellung nichts gewonnen.

Da der Erstbeschwerdeführerin nach den vorstehenden Darlegungen eine Stellung als Nachbar im Verwaltungsverfahren nicht zukam und ihr auch nicht etwa abgesehen davon im angefochtenen Bescheid eine hievon unabhängig bestehende Verpflichtung auferlegt wurde (in der Beschwerde wird eine unzumutbare Belästigung bzw. Gesundheitsgefährdung durch Lärm, Geruch und Abgase auf Grund der durch den angefochtenen Bescheid genehmigten Betriebsanlage behauptet) fehlt die Möglichkeit einer Rechtsverletzung in ihrer Sphäre, weshalb ihr die Beschwerdeberechtigung mangelt (vgl. insoweit den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Oktober 1982, Zl. 82/04/0052), und zwar unabhängig von dem Umstand, daß - wie die nachstehenden Ausführungen zeigen - die Erstbehörde für die Erlassung des erwähnten Bescheides vom 12. September 1983 nicht zuständig war.

Die Beschwerde war daher, soweit sie von dieser Beschwerdeführerin erhoben wurde, zufolge des Mangels der Berechtigung ihrer Erhebung ohne weiteres Eingehen auf den Inhalt des Beschwerdevorbringens gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Die übrigen Beschwerdeführer hatten im Sinne der obigen Darlegungen rechtzeitig Einwendungen erhoben, welche auf Grund ihrer Eigenschaft als physische Personen eine Nachbar- und somit Parteistellung begründet haben. Sie konnten daher durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten verletzt werden; ihre Beschwerde ist zulässig. Sie ist auch begründet:

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluß vom 18. September 1984 die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gemäß § 41 Abs. 1 VwGG zu seiner vorläufigen Ansicht gehört, der angefochtene Bescheid scheine schon aus folgenden Gründen mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet zu sein:

Nach § 333 GewO 1973 sei, soweit nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, Behörde im Sinne des Bundesgesetzes, und zwar Behörde erster Instanz, die Bezirksverwaltungsbehörde. Über das in Rede stehende Ansuchen der mitbeteiligten Partei hätte daher (da in Hinsicht auf die Genehmigung gewerblicher Betriebsanlagen nicht „anderes“ bestimmt ist) die Bezirksverwaltungsbehörde eine Entscheidung zu treffen gehabt.

Bei der Landeshauptstadt Linz handle es sich um eine Stadt mit eigenem Statut (vgl. das Statut für die Landeshauptstadt Linz 1980 - StL. 1980, Kundmachung der Oberösterreichischen Landesregierung vom 3. März 1980 über die Wiederverlautbarung des Statutes für die Landeshauptstadt Linz, LGBl. Nr. 10/1980). Sie habe daher nach Art. 116 Abs. 3 B‑VG neben den Aufgaben der Gemeindeverwaltung auch jene der Bezirksverwaltung zu besorgen. Die Führung der Geschäfte der Bezirksverwaltung erfolge im übertragenen Wirkungsbereich der Gemeinde.

Über das Ansuchen der mitbeteiligten Partei hätte daher - so nach der in diesem Beschluß vom 18. September 1984 geäußerten vorläufigen Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes - im Sinne des Art. 119 Abs. 2 B‑VG in Verbindung mit § 47 StL. 1980 der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz zu entscheiden gehabt. Es scheine daher, daß der Magistrat der Landeshauptstadt Linz zur Erlassung des erwähnten Bescheides vom 12. September 1983 nicht zuständig gewesen sei und der Landeshauptmann von Oberösterreich sohin auf Grund der Berufung der mitbeteiligten Partei verpflichtet gewesen wäre, diesen Bescheid wegen Unzuständigkeit der erlassenden Behörde aufzuheben.

Da jedoch der Landeshauptmann von Oberösterreich diese Rechtswidrigkeit des erstinstanzlichen Bescheides nicht wahrgenommen habe, wäre der im Instanzenzug angerufene Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie verpflichtet gewesen, den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 21. November 1983 in Anwendung des § 66 Abs. 4 AVG 1950 insoweit abzuändern, als der erstinstanzliche Bescheid vom 12. September 1983 wegen der erwähnten Unzuständigkeit zu beheben gewesen wäre.

Die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei erstatteten zu dieser im Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. September 1984 geäußerten vorläufigen Ansicht des Gerichtshofes jeweils eine Stellungnahme.

Der Verwaltungsgerichtshof erhebt im Ergebnis seine in diesem Beschluß geäußerte vorläufige Ansicht zu seiner endgültigen. Dies aus folgenden Erwägungen:

Der zitierte erstinstanzliche Bescheid vom 12. September 1983 ist dem Magistrat der Landeshauptstadt Linz (und nicht einem anderen Organ, insbesondere nicht dem Bürgermeister) zuzurechnen. Dies ergibt sich nicht nur aus der Bezeichnung der bescheiderlassenden Behörde („Landeshauptstadt Linz - Der Magistrat‑Baurechtsamt“), sondern auch aus der Fertigungsklausel dieses Bescheides („Der Amtsleiter: i. A. Dr. N e.h.“), wobei Gegenteiliges aus diesem Bescheid nicht entnommen werden kann.

Soweit die belangte Behörde in diesem Zusammenhang darauf verweist, die erwähnte Fertigung des Bescheides vom 12. September 1983 entspreche dem § 113 Abs. 4 lit. b der Geschäftsordnung für den Magistrat der Landeshauptstadt Linz vom 1. Juli 1980 (Amtsblatt der Landeshauptstadt Linz Nr. 16/1980), wonach im übertragenen Wirkungsbereich der Stadt ergehende schriftliche Ausfertigungen nach Maßgabe der Geschäftseinteilung für den Magistrat (§ 46 Abs. 2 und § 48 Abs. 5 StL. 1980) die Fertigungsklausel „Der Amtsleiter“ erhalten (sofern nicht der Bürgermeister persönlich oder ein Organ anstelle des Bürgermeisters auf Grund einer Übertragung gemäß § 47 Abs. 2 StL. 1980 unterzeichnet - vgl. § 113 Abs. 4 lit. a und b der erwähnten Geschäftsordnung), ist zu bemerken:

Sollte dieses Vorbringen etwa dahin zu verstehen sein, daß der Magistrat im eigenen Namen als Behörde im übertragenen Wirkungsbereich den Bescheid vom 12. September 1983 erlassen habe, so vermag der Verwaltungsgerichtshof dem nicht beizupflichten:

Nach Art. 119 Abs. 2 erster Satz B‑VG werden die Angelegenheiten des übertragenen Wirkungsbereiches vom Bürgermeister besorgt. Der einfache (Landes‑)gesetzgeber als Gemeinderechtsgeber muß sich daher darauf beschränken, diese Zustädigkeitsvorschrift durch Übernahme in die Stadtstatuten und Gemeindeordnungen in unmittelbar vollziehbares Recht zu verwandeln. Abweichende Zuständigkeitsregelungen sind ihm verwehrt. Die Bezirksverwaltung als Teil des übertragenen Wirkungsbereiches ist daher in Statutarstädten schon kraft Bundesverfassungsrecht vom Bürgermeister - und nicht vom Magistrat als selbständiger Behörde - wahrzunehmen. Dem trägt das Statut für die Landeshauptstadt Linz 1980 insoweit Rechnung, als gemäß dessen § 47 Abs. 1 die Angelegenheiten des übertragenen Wirkungsbereiches vom Bürgermeister besorgt werden. Zu den Angelegenheiten des übertragenen Wirkungsbereiches gehören nicht nur die in § 42 Abs. 2 StL 1980 angeführten Strafsachen, sondern auch schlechterdings alle Angelegenheiten, die die Stadt nach Maßgabe der Bundesgesetze im Auftrag und nach Weisung des Bundes oder nach Maßgabe der Landesgesetze im Auftrag und nach Weisung des Landes zu besorgen hat (§ 42 Abs. 1 leg. cit.). Wohl bestimmt § 48 Abs. 5 StL. 1980, daß der Magistrat „als politische Behörde“ alle Amtshandlungen, die im Wirkungsbereich einer Bezirksverwaltungsbehörde gelegen sind, zu vollziehen hat. Auch § 41 Abs. 6 lit. b leg. cit., wonach vom eigenen Wirkungsbereich der Stadt - u. a. - die vom Magistrat zu besorgenden Aufgaben der Bezirksverwaltung ausgenommen sind, weist in diese Richtung. Der darin scheinbar gelegene Widerspruch zu Art. 119 Abs. 2 B‑VG, § 47 Abs. 1 und § 42 Abs. 2 StL. 1980, ist aber nach dem Gebot der verfassungskonformen Interpretation dahin gehend zu lösen, daß diese Bestimmungen des § 48 Abs. 5 und des § 41 Abs. 6 lit. b StL. 1980 unter dem Blickwinkel des § 48 Abs. 1 leg. cit. (wonach der Magistrat die Geschäfte der Stadt zu besorgen hat) den Magistrat lediglich als Hilfsorgan für den (nach § 47 Abs. 1 sowie § 42 Abs. 2 leg. cit. hiezu zuständigen) Bürgermeister (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 14. Juni 1973, Zl. 1775/72) - und somit nicht im eigenen Namen als (selbständige) Behörde - zur Besorgung der Aufgaben der Bezirksverwaltung berufen. Für die Erlassung von Bescheiden im Rahmen der Bezirksverwaltung ergibt sich daher aus den zitierten Bestimmungen für den Magistrat keine Eigenzuständigkeit; der dem Bürgermeister gemäß § 47 Abs. 1 (und § 42 Abs. 2) StL. 1980 zugewiesene Aufgabenbereich wurde sohin dadurch nicht beschränkt.

Die Unterfertigung eines Bescheides entsprechend der Bestimmung des § 113 Abs. 4 lit. b der zitierten Geschäftsordnung des Magistrates könnte im übrigen dann rechtens (sodaß im gegebenen Zusammenhang ungeprüft bleiben kann, ob diese Vorschrift eine Rechts- oder eine Verwaltungsverordnung darstellt) erfolgen, wenn im Bescheid ausdrücklich auf den Umstand Bezug genommen wird, daß der Bescheid vom Bürgermeister erlassen wird (vgl. auch dazu sinngemäß das bereits zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Juni 1973, Zl. 1775/72). Dies trifft jedoch auf den Bescheid vom 12. September 1983 nicht zu. Sohin kann dieser Bescheid - entgegen der Ansicht der mitbeteiligten Partei in ihrer Stellungnahme vom 15. November 1984 - nicht dem Bürgermeister zugerechnet werden (wobei sich auch kein Anhaltspunkt für eine Übertragung der Zuständigkeit zur Erlassung dieses Bescheides gemäß § 47 Abs. 2 StL. 1980 vom Bürgermeister an den Magistrat ergibt, sodaß dahingestellt bleiben kann, ob dies an sich zulässig wäre).

Der Magistrat der Landeshauptstadt Linz ist nach § 48 Abs. 2 StL. 1980 auch als Behörde, allerdings nur des eigenen Wirkungsbereiches, eingerichtet. Der zitierten Erledigung vom 12. September 1983 ist daher nicht etwa mangels Behördenqualität des Enuntianten Bescheidqualität abzusprechen.

Ausgehend von dieser Prämisse ergibt sich als nächste Frage, welche Behörde im Instanzenzug für die Beseitigung dieses von einer unzuständigen Behörde erlassenen Bescheides aus dem Rechtsbestand berufen war.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 13. Mai 1963, Slg. Nr. 6028/A, und die die dort zitierte Vorjudikatur) ist für die Beurteilung des administrativen Instanzenzuges nicht maßgebend, in welchem Behördenbereich der unterinstanzliche Bescheid gesetzmäßigerweise erlassen hätte werden sollen, sondern in welchem Behördenbereich er tatsächlich erlassen worden ist.

Hatte daher in der Unterinstanz eine unzuständige Behörde entschieden, so hat die für diese Unterbehörde zuständige Berufungsbehörde den Bescheid wegen Unzuständigkeit aufzuheben (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Oktober 1978, Zl. 2474/77). Das bedeutet im vorliegenden Fall, daß insoweit der Stadtsenat der Stadt Linz die zuständige Berufungsbehörde war, da dieser gemäß § 61 Abs. 1 StL. 1980 (sofern nicht durch Gesetz eine andere Berufungsinstanz gegeben ist, was hier nicht zutrifft) in allen Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches über Berufungen des Magistrates entscheidet. Daraus folgt aber auch, daß der Landeshauptmann von Oberösterreich zur Erlassung des erwähnten Berufungsbescheides vom 21. November 1983 nicht zuständig war (insoweit vermag der Verwaltungsgerichtshof seine im erwähnten Beschluß vom 18. September 1984 geäußerte vorläufige Ansicht nicht aufrechterhalten).

Die belangte Behörde unterließ es, diese Unzuständigkeit des Landeshauptmannes wahrzunehmen. Dies belastet den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Er war daher auf Grund der (mit Ausnahme jener der Erstbeschwerdeführerin) zulässigen Beschwerde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 1 und 6 VwGG Abstand genommen werden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 221/1981. Das Mehrbegehren jener Beschwerdeführer, deren Beschwerde zulässig ist, betreffend Stempelgebührenersatz war abzuweisen, da ein solcher nur im erforderlichen Ausmaß zuzuerkennen war.

Wien, am 5. März 1985

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