VwGH 82/04/0107

VwGH82/04/010723.9.1983

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Baumgartner, Dr. Griesmacher, Dr. Weiss und Dr. Stoll als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Unfried, über die Beschwerde der GB in K, vertreten durch Dr. Erich Polley, Rechtsanwalt in Klagenfurt, Neuer Platz 5, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 7. April 1982, Zl. Gew-372/1/1982, betreffend Verwaltungsstrafsache (Übertretung des UWG), zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art10 Abs1 Z8;
GewO 1973 §370 Abs2;
GewO 1973 §375 Abs1;
GewO 1973 §87 Abs1 Z2 lita;
UWG 1923;

 

Spruch:

Der Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 7. April 1982 wird, soweit mit ihm der Berufung der Beschwerdeführerin nicht stattgegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis bestätigt wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 8.385,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Klagenfurt sprach mit Straferkenntnis vom 22. Februar 1982 aus, die Beschwerdeführerin habe als gewerberechtliche Geschäftsführerin und zur Vertretung nach außen berufenes Organ der "Firma" KonkurswarenvermarktungsgesmbH., X, in der "Kleinen Zeitung" am 29. Juli 1981, am 30. Juli 1981 und am 31. Juli 1981 verschiedene -

im Spruch im einzelnen angeführte - Waren, die nicht bzw. nicht mehr zum Bestand einer Konkursmassse gehörten, unter dem Firmenwortlaut "KonkurswarenvermarktungsgesmbH. in Inseraten angekündigt. Sie habe daher eine Verwaltungsübertretung nach § 30 Abs. 1 UWG begangen. Gemäß § 30 Abs. 2 leg. cit. wurde gegen die Beschwerdeführerin "unter Berücksichtigung der geltenden Verwaltungsstraferhöhungsgesetze" eine Geldstrafe von S 30.000,-- (Ersatzarreststrafe neun Tage) verhängt. Zur Begründung führte die Behörde aus, die im Spruch angeführten "Tatbestände sind von der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Kärnten zur Anzeige gebracht worden". Die Beschwerdeführerin habe sich dahingehend gerechtfertigt, daß es im vorliegenden Fall um die Frage gehe, ob durch die Wahl des vorliegenden Firmenwortlautes "auf die Herkunft der Ware aus einer Konkursmasse" hingewiesen werde. Dies sei ihrer Meinung nach zu verneinen, weil das Käuferpublikum preis- und herkunftsbewußt sei und man durch falsche" Herkunftsbezeichnung die Leute nicht mehr zum Kauf verführen könne. Das Publikum vermöge sehr wohl zu unterscheiden, ob Waren vom Masseverwalter direkt verkauft werden und daß es sich im gegenständlichen Fall um eine von einem Masseverwalter verschiedene "Firma" handeln müsse. Auf Grund der vielfachen Veröffentlichungen über anfallende Konkurse wisse der Konsument sehr genau, was ein Masseverwalter sei. Die Vielzahl des Warenangebotes erwecke außerdem den Eindruck, daß es sich hier "nicht um eine Ware und um einen Masseverwalter" handeln könne und die Ware daher auch nicht aus einer Konkursmasse stamme, was wiederum nur den Schluß zulassen könne, daß es sich um eine selbständige "Firma" handle. Weiters sei es unrichtig, daß das Publikum bei Ankündigungen, die § 30 UWG verbiete, nie darauf achte, ob ein Konkursmasseverwalter selbst oder ein anderer, der die Ware aus der Masse erworben hat, verkaufe. Außerdem weise der Firmenname darauf hin, daß hier kein Masseverwalter tätig sei. Im übrigen sei nach der strafrechtlichen Bedeutung des § 30 Abs. 1 UWG zu fragen. Es solle verhindert werden, daß beim Publikum die Erwartung billiger Preise erweckt und diese sodann nicht eingehalten werden. Wenn jedoch sämtliche Preise - wie bei der Beschwerdeführerin - tatsächlich unter dem normalen Niveau liegen, bedürfe es diesbezüglich keines Schutzes des Publikums. Die Beschwerdeführerin habe zum Nachweis der Richtigkeit ihres Vorbringens die Durchführung verschiedener Beweise beantragt. Zu dieser Rechtfertigung verwies die Behörde zunächst auf den Wortlaut des § 30 Abs. 1 UWG und führte sodann in der Begründung weiter aus, daß von der genannten "Firma", wie sich aus den vorliegenden Zeitungsanzeigen ergebe, der Verkauf der im Spruch genannten Waren in Zeitungsinseraten unter der Bezeichnung "KonkurswarenvermarktungsgesmbH." angeboten worden sei. Daß die angeführten Waren nicht mehr zum Bestand einer Konkursmasse gehörten, sei von der Beschwerdeführerin nicht bestritten, sondern bestätigt worden. Ebenso sei von ihr nicht bestritten worden, daß bei den unter dem Firmenwortlaut "KonkurswarenvermarktungsgesmbH."

angebotenen Waren der Eindruck erweckt werde, daß diese ursprünglich aus einer Konkursmasse stammen, sondern es sei lediglich ausgeführt worden, daß es dem Konsumenten bei der vorliegenden Art der Werbung bekannt sei, daß es sich nicht um einen Masseverkauf, sondern um einen Verkauf durch eine selbständige "Firma" handle und es seien für diese Tatsache auch Beweisanträge gestellt worden. Diese Frage sei jedoch nicht zu prüfen gewesen, weil § 30 Abs. 1 UWG beim Verkauf von Waren, die nicht mehr zum Bestand einer Konkursmasse gehören, in öffentlichen Bekanntmachungen oder Mitteilungen, die für einen größeren Kreis von Personen bestimmt sind, eindeutig jede Bezugnahme auf die Herkunft der Ware aus einer Konkursmasse verbiete. Eine derartige Verkaufsankündigung unter dem Firmenwortlaut "KonkurswarenvermarktungsgesmbH." stelle jedoch offensichtlich eine Bezugnahme auf die Herkunft der Ware aus einer Konkursmasse dar und sei daher verboten.

In der gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Berufung rechtfertigte sich die Beschwerdeführerin wie im Verfahren vor der Behörde erster Instanz. Darüber hinaus brachte sie vor, daß sie auch zivilrechtlich mehrfach wegen des gegenständlichen Sachverhaltes in Anspruch genommen worden sei. Es seien diesbezüglich mehrere Verfahren anhängig. In einem dieser Verfahren sei in nächster Zeit eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zu erwarten. Sie beantrage daher, das Strafverfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung dieses Verfahrens zu unterbrechen. In der Hauptsache beantrage sie, ihrer Berufung Folge zu geben und das Strafverfahren einzustellen, in eventu die Geldstrafe schuldangemessen herabzusetzen.

Mit Bescheid vom 7. April 1982 gab der Landeshauptmann von Kärnten der Berufung nicht statt und bestätigte das erstinstanzliche Straferkenntnis aus seinen zutreffenden Gründen. Ferner wies er den Antrag der Beschwerdeführerin, das Strafverfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung eines noch näher zu bezeichnenden zivilrechtlichen Verfahrens auszusetzen, gemäß § 30 Abs. 2 VStG 1950 "als unbegründet" zurück. Hinsichtlich der Begründung in der Hauptsache verwies er auf die als zutreffend erkannten Entscheidungsgründe der Erstinstanz. Zur Zurückweisung der beantragten Aussetzung des Verfahrens führte der Landeshauptmann aus, daß gemäß § 30 Abs. 2 VStG 1950 ein Verwaltungsstrafverfahren nur dann auszusetzen sei, wenn es zweifelhaft sei, ob eine Tat von den Behörden zu ahnden sei oder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit anderer Verwaltungsbehörden oder der Gerichte fallenden Strafhandlung bilde. Gemäß § 30 Abs. 2 UWG sei jedoch ausdrücklich statuiert, daß Zuwiderhandlungen gegen das Verbot des § 30 Abs. 1 leg. cit. von den politischen Bezirksverwaltungsbehörden zu bestrafen seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsstrafakten vor und beantragte in der von ihr erstatteten Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der angefochtene Bescheid enthält zwei - in der Sache trennbare - Absprüche, und zwar einerseits den Abspruch, daß der Berufung nicht Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis bestätigt wird, und andererseits den Ausspruch, daß der Antrag der Beschwerdeführerin, das Strafverfahren auszusetzen, als "unbegründet zurückgewiesen" wird. Mit der vorliegenden Beschwerde wird lediglich der Ausspruch, mit dem der Berufung keine Folge gegeben wurde, bekämpft. Mit keinem Wort wird in der Beschwerde die Zurückweisung des Antrages, das Strafverfahren auszusetzen, erwähnt. Auch dem sonstigen Inhalt der Beschwerde ist nicht zu entnehmen, daß auch dieser Ausspruch Gegenstand der Anfechtung wäre. Es ist daher davon auszugehen, daß in diesem Punkte der angefochtene Bescheid unbekämpft blieb.

Nach dem gesamten Beschwerdevorbringen erachtet sich die Beschwerdeführerin dadurch, daß die belangte Behörde ihrer Berufung keine Folge gab und das angefochtene Straferkenntnis bestätigte, in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht der ihr zur Last gelegten Verwaltungsübertretung schuldig erkannt und deswegen bestraft zu werden. Die Beschwerdeführerin bestreitet, überhaupt ein strafrechtlich zu ahndendes Verhalten gesetzt zu haben. Sie ist mit diesem Vorbringen im Ergebnis im Recht.

Gemäß § 9 Abs. 1 GewO 1973 können juristische Personen im Rahmen ihres Wirkungsbereiches und Personengesellschaften des Handelsrechtes (Offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften) Gewerbe ausüben, müssen jedoch einen Geschäftsführer oder Pächter (§§ 39 und 40) bestellt haben, der gemäß § 39 Abs. 1 leg. cit. der Behörde gegenüber für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften verantwortlich ist. Nach der Anordnung des § 39 Abs. 6 GewO 1973 ist der Gewerbeinhaber von seiner Verantwortung für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften im Rahmen des § 370 nur befreit, wenn er die Bestellung eines dem Abs. 2 entsprechenden Geschäftsführers gemäß Abs. 4 angezeigt oder die gemäß Abs. 5 erforderliche Genehmigung erlangt hat. Gemäß § 370 Abs. 2 GewO 1973 sind Geld- und Arreststrafe, wenn die Bestellung eines Geschäftsführers angezeigt oder genehmigt (§ 39) wurde, gegen den Geschäftsführer zu verhängen. Aus dem Zusammenhang dieser Bestimmungen ergibt sich, daß die strafrechtliche Verantwortung des Geschäftsführers nicht hinsichtlich aller bei der Ausübung des Gewerbes begangenen Verwaltungsübertretungen gegeben ist, sondern daß ihm diese Verantwortung nur hinsichtlich der Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften trifft.

Was unter den "gewerberechtlichen Vorschriften" zu verstehen ist, wird durch die Gewerbeordnung 1973 nicht bestimmt. Der § 87 Abs. 1 Z. 2 lit. a leg. cit. unterscheidet zwischen Übertretungen "von gewerberechtlichen Vorschriften, die die Ausübung des Gewerbes regeln" und "von anderen Rechtsvorschriften, die den Gegenstand des Gewerbes bildende Tätigkeiten regeln". Bei einer solcherart gebotenen verfassungskonformen Interpretation muß davon ausgegangen werden, daß dem Begriff "gewerberechtliche Vorschriften" ein Inhalt zukommt, der dem Begriff "Gewerbe" nach dem Stand und der Systematik der einfachrechtlichen Gesetzgebung am 1. Oktober 1925 innewohnte (vgl. dazu die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 19. November 1932, Slg. Nr. 1477, vom 15. Dezember 1958, Slg. Nr. 3472, und vom 16. Dezember 1961, Slg. Nr. 4117). Demnach zählen zu den gewerberechtlichen Vorschriften, hinsichtlich deren Einhaltung der angezeigte bzw. genehmigte Geschäftsführer verantwortlich ist, jedenfalls die Bestimmungen der Gewerbeordnung 1973 und die darauf gegründeten Verordnungen und Bescheide. Darunter sind aber auch die mit § 375 Abs. 1 leg. cit. vorübergehend aufrecht erhaltenen Regelungen sowie die sogenannten gewerberechtlichen Nebengesetze (etwa das Gelegenheitsverkehrs-Gesetz, BGBl. Nr. 85/1952) zu verstehen. Der vorstehend angeführten Auslegung entsprechend gehören zu dem Kreis der gewerberechtlichen Vorschriften schließlich alle Regelungen, die auf dem Kompetenztatbestand der Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie des Art. 10 Abs. 1 Z. 8 B-VG beruhen (vgl. dazu auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 9. Oktober 1968, Slg. Nr. 5801, demzufolge der Kompetenztatbestand "Angelegenheiten des Gewerbes" nicht nur die Angelegenheiten umfaßt, die in der Gewerbeordnung geregelt sind). Hingegen scheiden Regelungen, die zwar ebenfalls zur Gewerbeausübung in Beziehung stehen, jedoch nicht auf den Kompetenztatbestand "Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie" gegründet sind, im gegebenen Zusammenhang aus (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 28. Juni 1958, Slg. Nr. 3393, wonach eine Regelung nicht schon deshalb dem Kompetenztatbestand "Angelegenheit des Gewerbes" unterstellt werden kann, weil die von der Regelunq betroffenen Personen ihrer Tätigkeit nach der Gewerbeordnung unterworfen sind. Für diese Auslegung spricht auch die im § 87 Abs. 1 Z. 2 lit. a GewO 1973 vom Gesetzgeber getroffene Unterscheidung der Übertretungen.

Das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, BGBl. Nr. 531/1923, dessen Übertretung der Beschwerdeführerin als "gewerberechtliche Geschäftsführerin und zur Vertretung nach außen berufenes Organ" der Gesellschaft angelastet wurde, ist auf dem Kompetenztatbestand der "Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbes" des Art. 10 Abs. 1 Z. 8 B-VG als erlassen anzusehen und stellt solcherart keine gewerberechtliche Vorschrift dar, für deren Übertretung bei Ausübung des Gewerbes der gewerberechtliche Geschäftsführer verantwortlich wäre. Da die belangte Behörde dies verkannte und die Beschwerdeführerin auch als gewerberechtliche Geschäftsführerin bestrafte, belastete sie den angefochtenen Bescheid schon aus diesem Grund mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, was zu seiner Aufhebung gemäß § 42 Abs. 2 lit.a VwGG 1965 führen mußte, wobei in diesem Punkte mangels Trennbarkeit des Abspruches die Aufhebung zur Gänze zu erfolgen hatte.

Bemerkt wird, daß eine weitere inhaltliche Rechtswidrigkeit darin gelegen ist, daß in dem Spruch des mit dem angefochtenen Bescheid bestätigten erstinstanzlichen Straferkenntnisses als Verwaltungsvorschrift, deren Übertretung der Beschwerdeführerin angelastet wurde, § 30 Abs. 1 UWG angeführt ist. Diese Bestimmung stellt zwar eine Verbotsnorm dar. Daß aber ein Zuwiderhandeln gegen dieses Verbot eine Verwaltungsübertretung bewirkt, ergibt sich erst aus der Strafbestimmung des § 30 Abs. 2 UWG. Diese ist sohin - in Verbindung mit § 30 Abs. 1 leg. cit. - auch die Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 44a lit. b VStG 1950 die durch die Tat verletzt wurde. Dazu kommt im Beschwerdefall desweiteren, daß die Geldstrafe - entgegen der Annahme der Behörde erster Instanz - gemäß § 30 Abs. 2 UWG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 74/1971 bis zu S 15.000,-- beträgt.

Bei diesem Ergebnis war eine Auseinandersetzung mit dem weiteren Beschwerdevorbringen entbehrlich.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 221/1981. Die Abweisung des Mehrbegehrens hat das im Hinblick auf die Pauschalierung des Schriftsatzaufwandes nicht zuzusprechende Begehren auf Ersatz der Umsatzsteuer sowie nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand zum Gegenstand.

Wien, am 23. September 1983

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