LVwG Tirol LVwG-2020/46/2312-13

LVwG TirolLVwG-2020/46/2312-139.2.2022

JagdG Tir 2004 §39

European Case Law Identifier: ECLI:AT:LVWGTI:2022:LVwG.2020.46.2312.13

 

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat durch seine Richterin Mag.a Hörtnagl über die Beschwerde des AA, wohnhaft in **** Z, Adresse 1, vertreten durch BB, Rechtsanwalt in **** Y, Adresse 2, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 14.09.2020, Zl ***, betreffend einen Antrag auf Feststellung eines Rehbockabschusses als Hegeabschuss nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung,

 

zu Recht erkannt:

 

1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und der Spruch des angefochtenen Bescheides mit der Maßgabe bestätigt, dass er zu lauten hat:

 

Der Antrag vom 19.08.2020 wird als unzulässig zurückgewiesen.

2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

I. Sachverhalt:

 

Der Beschwerdeführer hat am 29.06.2020 einen Rehbock in der Eigenjagd CC erlegt und diesen als Hegeabschuss gemeldet. Der Rehbock wurde dem stellvertretenden Hegemeister vorgelegt und dieser hat die Meinung vertreten, dass der Abschluss nicht als Hegeabschuss zu werten ist.

 

Daraufhin hat der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde unter Bezugnahme auf den am 29.06.2020 erlegten Rehbock einen „Antrag auf Feststellung eines Hegeabschusses im Sinne des Tiroler Jagdgesetzes“ eingebracht. Begründet wird der Antrag im Wesentlichen damit, dass das erlegte Tier krank und damit ein Hegeabschuss gerechtfertigt gewesen sei. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dieser Antrag als unbegründet abgewiesen. Dagegen richtet sich die rechtzeitige Beschwerde vom 09.10.2020.

 

Der beschwerdegegenständliche Abschuss erfolgte weder in der Schonzeit noch über den genehmigten bzw festgesetzten Abschussplan hinaus.

 

Gegen den Beschwerdeführer wurde und wird in dieser Angelegenheit kein Strafverfahren geführt.

 

Der Beschwerdeführer begründet die beantragte Feststellung damit, dass der beschwerdegegenständliche Abschuss als Hegeabschuss im Sinne des Tiroler Jagdgesetzes 2004 anzuerkennen gewesen wäre. Der Beschwerdeführer verfolgt außerdem den Zweck, einen Widerspruch zwischen neuen Leitlinien für den Bezirk Y im Hinblick auf die Vorgabe für Hegeabschlüsse und dem Tiroler Jagdgesetz aufzuzeigen. Damit soll im Hinblick auf die Zulässigkeit von Hegeabschüssen im Bezirk Y Rechtssicherheit geschaffen werden, vor allem für den Fall, dass der Abschussplan im Hinblick auf die betreffende Wildart bereits erfüllt ist. Es wurde weiters vorgebracht, dass ein rechtliches Interesse insofern an der Feststellung besteht, dass der Beschwerdeführer die Berechtigung gehabt hätte, über die zwei im Abschussplan enthaltenen Rehböcke hinaus einen Hegeabschuss vorzunehmen. Das heißt, dass dem Beschwerdeführer über den gegenständlichen Hegeabschuss hinaus zwei Rehböcke zum Abschuss gemäß Abschlussplan zugestanden haben. Des Weiteren begründet der Beschwerdeführer ein rechtliches Interesse damit, dass – wenn ein kümmerndes Wild aufgefunden wird und das für den Beschwerdeführer offenbar erkennbar ist – es in der Entscheidung des Beschwerdeführers liegt, ob er den Abschuss des kümmernden Wildes vornimmt oder nicht und der Beschwerdeführer nicht angehalten ist, vorher die Entscheidung der Behörde einzuholen oder Rückfrage mit irgendwelchen Hegemeistern zu führen.

 

 

II. Beweiswürdigung:

 

Der Sachverhalt ergibt sich aus der dem Landesverwaltungsgericht Tirol vorliegenden Aktenlage und dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Zuge der mündlichen Verhandlung. Sämtliche Feststellungen sind unbestritten.

 

 

III. Rechtliche Beurteilung:

 

Ein Feststellungsbescheid dient im Allgemeinen der verbindlichen Klarstellung, ob ein strittiges Rechts(verhältnis) besteht oder nicht (vgl zB VwGH 01.07.1992, 92/01/0043).

 

Da der Antrag des Beschwerdeführers vom 19.08.2020 unter Berücksichtigung der Begründung darauf abstellt, ob der gegenständliche Hegeabschuss gerechtfertigt war, wird damit die Klarstellung, ob ein strittiges Recht, nämlich jenes auf einen Abschuss unter den Titel „Hegeabschuss“, besteht oder nicht, begehrt.

 

Allerdings ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Erlassung eines Feststellungsbescheides nur dann zulässig, wenn sie entweder im Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist oder wenn eine gesetzliche Regelung zwar nicht besteht, die Erlassung eines solchen Bescheides aber im öffentlichen Interesse liegt oder wenn sie insofern im Interesse einer Partei liegt, als sie für die Partei ein notwendiges Mittel zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung darstellt (VwGH 15.09.2020, Ro 2020/16/0028). Ein bloß wissenschaftliches, wirtschaftliches oder politisches Interesse kann nämlich die Erlassung eines Feststellungsbescheides nicht rechtfertigen (vgl zB VwGH 15.09.2020, Ro 2020/16/0028). Vielmehr ist ein hinreichendes Interesse an einer bescheidförmigen Feststellung dann anzunehmen, wenn die betreffende Feststellung für die Partei im Einzelfall ein notwendiges Mittel zweckentsprechender „Rechtsverteidigung“ (VfSlg 4416/1963 etc) bzw „Rechtsverfolgung“ (VwGH 16.05.2001, 2001/08/0046 etc) darstellt. Dies setzt wiederum voraus, dass der Feststellung in concreto die Eignung zukommt, ein Recht oder Rechtsverhältnis für die Zukunft klarzustellen (VwGH 20.05.2008, 2005/12/0196). Dementsprechend besteht auch kein Rechtsanspruch auf Feststellung der Rechtmäßigkeit eines in der Vergangenheit gelegenen Verhaltens, aus welchen (noch) keine rechtlichen Konsequenzen gezogen wurden (VwGH 27.12.1996, 94/01/0797).

 

Eine bescheidmäßige Feststellung darüber, ob ein Hegeabschuss vorliegt bzw ob ein Abschluss unter diesem Titel zu Recht erfolgt ist, sieht das Gesetz, insbesondere das TJG 2004 bzw die dort in § 39 enthaltenen Regelung für „kümmerndes Wild“ nicht ausdrücklich vor.

 

Zu klären war daher, ob und wenn ja, welches Interesse an der gegenständlichen Feststellung vorliegt.

 

Im gegenständlichen Fall wird das Feststellungsinteresse (zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung und auch noch zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung) vom Beschwerdeführer im Wesentlichen damit begründet, dass der erfolgte Hegeabschuss zu Unrecht nicht als solcher anerkannt wurde. Weiters wird ein Anspruch auf Durchführung eines Hegeabschusses nach eigenem Ermessen sowie auf einen allfälligen zusätzlichen Abschuss gemäß Abschussplan geltend gemacht. Auch die Gesetzeswidrigkeit der neuen Richtlinien für Hegeabschüsse im Bezirk soll aufgezeigt werden, um damit Rechtssicherheit zu schaffen.

 

Damit ist es dem Beschwerdeführer jedoch nicht gelungen, ein rechtliches Interesse an der Feststellung des strittigen Rechtes im Sinne der oben zitierten höchstgerichtlichen Judikatur darzulegen.

 

Im gegenständlichen Fall wurde der Abschussplan im betreffenden Jagdjahr auch ohne Hegeabschuss eingehalten. Gegen den Beschwerdeführer wurde und wird in der betreffenden Angelegenheit kein Strafverfahren geführt. Der Wunsch auf Feststellung, ob ein in der Vergangenheit gelegenes Verhalten – welches ohne rechtliche Konsequenzen geblieben ist – auf eine bestimmte Art und Weise berechtigt war, begründet im gegenständlichen Fall jedenfalls keinen Anspruch auf eine behördliche Entscheidung. Der Beschwerdeführer konnte auch sonst keinerlei Gründe darlegen, weshalb die begehrte Feststellung im gegenständlichen Fall ein Mittel zur Rechtsverteidigung bzw Rechtsverfolgung darstellen sollte. Zumal bei einem Hegeabschuss in der Regel eine Beurteilung im Einzelfall erforderlich ist, würde die beantragte Feststellung auch in Hinblick auf die vorgebrachten neuen Richtlinien im Bezirk keine Klarstellung für die Zukunft – weder für den Beschwerdeführer selbst, noch für andere – bringen. Es fällt außerdem nicht in die Zuständigkeit des erkennenden Gerichtes, über die allgemeine und spezielle Gültigkeit/Richtigkeit von derartigen Leitlinien abzusprechen. Der Beschwerdeführer konnte somit weder ein öffentliches noch ein privates Interesse an der begehrten Feststellung im erforderlichen Ausmaß nachweisen.

 

Liegen die Voraussetzungen für eine Feststellung auf Antrag nicht vor, so ist dieser als unzulässig zurückzuweisen (VwGH 24.03.1993, 93/12/0059). Dementsprechend war die inhaltliche Entscheidung der belangten Behörde insofern abzuändern, als dass der Antrag des Beschwerdeführers mangels Feststellungsinteresse als unzulässig zurückzuweisen war.

 

 

IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die gegenständliche Entscheidung stützt sich auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und die in der rechtlichen Beurteilung zitierte Judikatur. Insofern war nicht vom Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG auszugehen und war auszusprechen, dass die ordentliche Revision unzulässig ist.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

 

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

 

 

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag.a Hörtnagl

(Richterin)

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