LVwG Tirol LVwG-2021/13/0377-8

LVwG TirolLVwG-2021/13/0377-814.12.2021

MSG Tir 2010 §1
MSG Tir 2010 §2 Abs22
MSG Tir 2010 §5
MSG Tir 2010 §6
MSG Tir 2010 §15

European Case Law Identifier: ECLI:AT:LVWGTI:2021:LVwG.2021.13.0377.8

 

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Mag.a Dr.in Strele über die Beschwerde des AA, vertreten durch BB, pA CC, Adresse 1, **** Z, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Z vom 12.10.2020, Zahl ***, in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung des Bürgermeisters der Stadt Z vom 04.12.2020, Zahl ***, betreffend Leistungen nach dem Tiroler Mindestsicherungsgesetz (TMSG),

 

zu Recht:

 

1. Der Beschwerde wird insofern Folge gegeben, als der angefochtene Bescheid sowie die Beschwerdevorentscheidung behoben und ausgesprochen wird, wie folgt:

 

Für den Zeitraum 01.09.2020 bis 30.09.2020 wird AA eine Unterstützung für Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von Euro 172,60 und für den Zeitraum 01.10.2020 bis 31.10.2020 eine solche in Höhe von Euro 132,89 zuerkannt.

 

2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

I. Angefochtener Bescheid bzw Beschwerdevorentscheidung, Vorbringen des Beschwerdeführers, Beweisaufnahme:

 

Mit dem angefochtenen Bescheid der Stadt Z vom 12.10.2020, Zahl ***, wurde der Antrag des Beschwerdeführers AA auf Gewährung einer Mindestsicherung nach den Bestimmungen der §§ 1 Abs 2 lit a, 2 Abs 1 lit a sowie 5 Abs 1 bis 4 Tiroler Mindestsicherungsgesetz (TMSG), LGBl Nr 99/2010 idgF als unbegründet abgewiesen.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer bei der PVA Euro 49,00 (Ratenabzug) monatlich wegen zu Unrecht entzogener Ausgleichszulage betreffend eines Auslandaufenthaltes abgezogen werden würden. Darüber hinaus würden Euro 171,44 (sonstiger Abzug) exekutiert werden, allerdings betreffe genannter Abzug keinen Unterhalt. Somit könne auch im Sinne des Tiroler Mindestsicherungsgesetzes keine Exekution zum laufenden Unterhalt angerechnet werden. Da sohin mit dem zur Verfügung stehenden Einkommen der Anspruch auf Mindestsicherung nach den zur Anwendung gelangenden Vorschriften des Tiroler Mindestsicherungsgesetzes um Euro -26,79 überschritten werde, sei das Vorliegen einer Notlage zu verneinen und der gegenständliche Mindestsicherungsantrag abzuweisen gewesen.

 

Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer, vertreten durch DD, CC, fristgerecht nachfolgende Beschwerde ein:

 

„Ich, AA, geb. am **.**.**** vertreten durch DD (im Vertretungsfall EE), Mitarbeiterinnen des CC, erhebe gegen oben angeführten Bescheid der Stadt Z - Mindestsicherung, binnen offener Frist das Rechtsmittel der

 

BESCHWERDE

 

Im angefochtenen Bescheid wurde für die Berechnung des Anspruchs auf Leistungen der Mindestsicherung, wederder Ratenabzug in Höhe von € 49,- noch der sonstige Abzug von € 171,44 meiner Pension durch die PVA berücksichtigt. Seit September 2020 habe ich somit monatlich nur mehr ca. € 845,25 (inkl. aliquotierter Sonderzahlungen) zur Verfügung. Nach Abzug der Miete in der Höhe von € 553,- (real jedoch € 625,-) und unter der Berücksichtigung der Mietzinsbeihilfe in der Höhe von € 166,- bleiben € 458,25 für den Lebensunterhalt.

Die belangt Behörde begründet ihre Entscheidung wie folgt:

 

Im Fall von AA werden bei der PVA € 49,- (Ratenabzug) monatlich wegen zu Unrecht bezogener Ausgleichszulage betreffend eines Auslandsaufenthaltes abgezogen. Darüber hinaus werden € 171,44 (sonstiger Abzug) exekutiert, allerdings betrifft genannter Abzug keinen Unterhalt. Somit kann auch im Sinne des TMSG keine Exekution zu einem laufenden Unterhalt angerechnet werden.

Zusätzlich wird auf eine Sozialhilfereferententagung vom 09.09.2015 verwiesen:

 

 

Ich entgegne den von der belangten Behörde vorgebrachten weiteren Begründungen und Verweisen auf Erkenntnisse wie folgt:

Berechnung des Anspruchs auf Mindestsicherung außer Acht zu lassen sind, es sei denn, sie wirken sich die Notlage begründend und das Einkommen mindernd bis in die Gegenwart aus. Der Verwaltungsgerichtshof hat dies bereits im Jahr 2002 in der Entscheidung VwGH 2001/11/0168 festgestellt.

Auf diese Entscheidung des VwGH stützt sich auch die Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol LVwG-2014/31/3012-1 vom 04.11.2014, gegen welche von der damals belangten Behörde Revision erhoben wurde.

Diese Revision wurde am 24.06.2015 mit der Begründung - In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzlich Bedeutung zukäme - zurückgewiesen.

 

Weiters führt der VwGH dazu aus:

Entgegen dem Revisionsvorbringen findet sich darin keine Aussage des Verwaltungsgerichtshofes, dass ein derartiger Abzug nur zu berücksichtigen sei, wenn die zugrundeliegende Exekution zur Hereinbringung von Unterhaltsschulden geführt werde. Diese Judikatur ist auf das Tiroler Mindestsicherungsgesetz, übertragbar, ist doch auch nach § 1 dieses Gesetzes Grundvoraussetzung für die Leistungsgewährung das Vorliegen einer Notlage.

 

Ich weise darauf hin, dass es sich bei dem sonstigen Abzug der PVA um Exekutionen im Zusammenhang mit meinen Unterhaltsverpflichtungen handelt (meines Wissens sowohl Unterhaltsrückstände, als auch laufender Unterhalt). Der Abzug wurde von der belangten Behörde bis Juli 2020 einkommensmindernd berücksichtigt. Ich lege eine Aufstellung über die vorgemerkten Pfandränge der PVA vom 17.07.2020 bei (mit handschriftlichen Vermerken der PVA). Eine aktuelle Version habe ich kürzlich bei der PVA angefordert und werde ich nach Einlangen nachreichen. Weiters lege ich den Beschluss ***des BG Z vom 19.10.20 bei. Es wird die Verfahrenshilfe zur Führung des Unterhaltsverfahrens gegen meine geschiedene Frau FF sowie gegen meine volljährige Tochter GG im Umfang des § 64 Abs 1 Z3 ZPO gewährt. Damit weise ich nach, dass ich alle Möglichkeiten ausgeschöpft habe, um eine Herabsetzung oder Aufhebung der Zahlungsverpflichtung zu erreichen.

 

Bezüglich des laufenden Ratenabzuges in der Höhe von € 49,- gebe ich an, dass es sich nicht um eine „Ratenzahlung“ handelt (wie von der belangten Behörde offenbar mit dem Verweis auf das Erkenntnis LVwG-2014/15/3294-3 beabsichtigt), sondern um einen Abzug, gegen den ich keine Einflussmöglichkeit habe. Somit handelt es sich auch hier um Schulden aus der Vergangenheit, die sich in der Gegenwart auswirken. Gemäß dem „Zuflussprinzip“ „können [...] immer nur jene eigenen Mittel angerechnet werden, die einer Person auch konkret zur Verfügung stehen.“ (vgl. LVwG-2019/13/1405-2, 3.09.2019)

 

Ich stelle daher den

 

Antrag,

 

das Tiroler Landesverwaltungsgericht möge als zuständige Beschwerdeinstanz den oben angeführten Bescheid dahingehend abändern, dass als Grundlage für die Bemessung des Anspruches das mir tatsächlich zur Verfügung stehende Einkommen herangezogen wird.

 

Sollte eine mündliche Verhandlung angesetzt werden, ersuche ich um Bestellung eines Dolmetschers (türkisch - deutsch).“

 

 

Daraufhin wurde mit Beschwerdevorentscheidung des Bürgermeisters der Stadt Z vom 04.12.2020, Zahl ***, der angefochtene Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Z vom 12.10.2020, Zahl ***, gemäß § 14 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz 2013 (VwGVG), BGBl Nr 33/2013 idgF wie folgt abgeändert:

 

Gemäß §§ 5 und 9 TMSG iVm Verordnungsanpassungsfaktor LGBl Nr 6/2011 idgF wird AA für den Zeitraum 01.10.2020 bis 31.10.2020 eine einmalige Unterstützung für die Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes in der Höhe von Euro 307,94 gewährt.

 

Mit Vorlageantrag vom 28.12.2020 beantragte der Beschwerdeführer, seine Beschwerde gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Z vom 12.10.2020, Zahl ***, dem Landesverwaltungsgericht Tirol zur Entscheidung vorzulegen. Weiters wurde in diesem Vorlageantrag ausgeführt, dass sich die gegenständliche Beschwerde einerseits gegen die Nichtanrechnung des sonstigen Abzuges (Unterhaltszahlungen) sowie des Ratenabzugs (wegen zu Unrecht bezogener Ausgleichszulage) seiner Pension richte. In der Beschwerdevorentscheidung sei der sonstige Abzug (Unterhaltszahlungen) für die Berechnung des Anspruchs auf Mindestsicherung nun berücksichtigt worden, allerdings bleibe der Ratenabzug in Höhe von monatlich Euro 49,00 weiter unberücksichtigt. Er sei der Ansicht, dass auch der Ratenabzug als einkommensmindernd zu berechnen sei und verweise inhaltlich auf die Ausführungen in seiner Beschwerde. Weiters sei in der Beschwerdevorentscheidung nur über seinen Anspruch für den Zeitraum 01.10.20 bis 31.10.20 abgesprochen worden. Den Antrag auf Mindestsicherung habe er jedoch am 10.09.2020 eingebracht, somit fehle die Berechnung für den Monat September 2020.

 

Aufgrund dieser Beschwerde samt Vorlageantrag wurde der verwaltungsbehördliche Akt dem Landesverwaltungsgericht Tirol am 15.02.2021 zur Entscheidung vorgelegt. Der gegenständliche Akt wurde zunächst Dr.in Nicole Stemmer zu Geschäftszahl *** zugewiesen. Am 29.06.2021 wurde dieser Akt aufgrund des Beschlusses des Personal- und Geschäftsverteilungsausschusses im Rahmen einer Sonderzuweisung im Sinne der Zuweisungsregel des § 1 GV Mag.a Dr.in Martina Strele unter der Geschäftszahl *** neu zugewiesen und Frau Dr.in Nicole Stemmer krankheitsbedingt abgenommen.

 

Es wurde am 04.10.2021 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, an welcher die Vertreterin des Beschwerdeführers, BB vom CC, als auch für die belangte Behörde GG teilgenommen haben.

 

Beweis aufgenommen wurde durch Einsichtnahme in behördlichen Akt sowie in den entsprechenden Akt des Landesverwaltungsgerichtes Tirol. Zwischen der Vertreterin des Beschwerdeführers und der Vertreterin der belangten Behörde wurde einvernehmlich festgehalten, dass Beschwerdegegenstand im gegenständlichen Mindestsicherungsbeschwerdeverfahren die Monate September und Oktober 2020 sind, weiters dass sowohl für September als auch für Oktober die Unterhaltszahlungen des Beschwerdeführers für die Berechnung der Mindestsicherung Berücksichtigung gefunden haben, nicht jedoch der Ratenabzug (wegen zu Unrecht bezogener Ausgleichszulage) in Höhe von Euro 49,00. Vor Schluss der Verhandlung wurde zwischen den Parteien und der entscheidenden Richterin vereinbart, dass nach Einlangen der Berechnungsbögen für die Monate September und Oktober 2020 seitens der belangten Behörde sowie nach deren Zustellung und allenfalls nach Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme der Vertreterin des Beschwerdeführers dazu, die Entscheidung schriftlich ergeht.

 

 

II. Festgestellter Sachverhalt:

 

Der Beschwerdeführer AA, geb **.**.****, wohnt seit dem 15.05.2017 alleinstehend in der Wohnung in Z, Adresse 2. Er bezieht laufend Leistungen nach dem Tiroler Mindestsicherungsgesetz in Form der Unterstützung für Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und für Miete.

Der beschwerdegegenständliche Zeitraum betrifft die Monate September und Oktober 2020, sohin der 01.09.2020 bis 31.10.2020.

 

Mit dem gegenständlich angefochtenen Ausgangsbescheid des Bürgermeisters der Stadt Z vom 12.10.2020, Zl ***, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung von Mindestsicherung für den Leistungszeitraum September 2020 bis Oktober 2020 als unbegründet abgewiesen, dies im Wesentlichen mit der Begründung, dass bei der vom Beschwerdeführer von der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) bezogenen Alterspension weder der Ratenabzug betreffend Auslandsaufenthalt/Ausgleichszulage noch der Betrag zur Unterhaltsexekution als einkommensmindernd heranzuziehen sei. Es ergebe sich sohin eine Richtsatzüberschreitung von Euro 26,79.

 

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 04.12.2020, Zl ***, wurde dem Beschwerdeführer AA für den Zeitraum vom 01.10.2020 bis 31.10.2020 eine einmalige Unterstützung für Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von Euro 307,94 gewährt. Begründend wurde ausgeführt, dass nunmehr der Betrag zur Unterhaltsexekution als einkommensmindernd berücksichtigt worden sei. Für den Leistungszeitraum September 2020 ergebe sich kein Rechtsanspruch auf Mindestsicherung.

 

Anlässlich der durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde zwischen den Parteien einvernehmlich festgehalten, dass beschwerdegegenständlich im gegenständlichen Verfahren die Monate September und Oktober 2020 sind sowie weiters, dass bei der Berechnung der Mindestsicherung betreffend den Beschwerdeführer die Unterhaltszahlungen als einkommensmindernd zu berücksichtigen sind, hinsichtlich des „Ratenabzuges“ vertreten beide Parteien unterschiedliche Standpunkte.

 

Wie in der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 4.10.2021 vereinbart, übermittelte die belangte Behörde mit E-Mail-Schreiben vom 05.10. und 13.10.2021 dem Landesverwaltungsgericht Tirol jeweils eine Stellungnahme samt Bewertungsbogen zur Berechnung der Mindestsicherung betreffend AA.

 

Insbesondere wurde ausgeführt, dass es sich in der Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom 04.12.2020 um eine unkorrekte Berechnung gehandelt habe. Der Exekutionsbetrag im Leistungszeitraum Oktober 2020 sei fälschlicherweise doppelt berücksichtigt worden, weswegen der Auszahlungsbetrag an Mindestsicherung in Höhe von Euro 307,94 falsch sei.

 

Nunmehr wird festgehalten, dass ein Vergleich der Leistungszusage der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) vom 27.11.2020 für die Monate September bis Dezember 2020 mit der realen Auszahlung vom 01.09.2020 und 01.10.2020 am Konto des Beschwerdeführers AA zeigt, dass der Anweisungsbetrag in Höhe von Euro 724,50 für September 2020 und in Höhe von Euro 758,53 für Oktober 2020 nicht mit der Leistungszusage der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) in Höhe von Euro 980,00 für September 2020 und Euro 952,41 für Oktober 2020 übereinstimmt. (Beweis: Kontoauszüge des Beschwerdeführers für November und Oktober 2020, Schreiben der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) vom 27.11.2020 und 01.02.2020).

Nach den Ausführungen der belangten Behörde habe der Grund dafür aus datenschutzrechtlichen Gründen bei der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) nicht erhoben werden können.

 

Die Berechnung der Mindestsicherung für September 2020 und Oktober 2020 erfolgt nunmehr anhand der jeweiligen Auszahlungsbeträge laut Kontoauszug des Beschwerdeführers AA zuzüglich Ratenabzug wegen zu Unrecht bezogener Ausgleichszulage.

In diesem Zusammenhang wird festgehalten, dass dieser Ratenabzug wegen zu Unrecht bezogener Ausgleichszulage aufgrund eines Auslandsaufenthaltes des Beschwerdeführers AA erfolgt ist, der zum Ruhen der Ausgleichszulage führt.

 

Es ergibt sich sohin folgende Berechnung für September 2020 und Oktober 2020:

 

Leistungszeitraum September 2020:

 

Bezeichnung

Betrag unbew.

Betrag

Mindestsätze

 

 

Alleinstehende Volljährige

Tage vom 01.09.2020 bis 30.09.2020

688,01

688,01

 

688,01

688,01

Zuschläge

 

 

Unterhalt/Alimente

171,44

0,00

Miete

620,00

553,00

 

791,44

533,00

 

1.479,45

1.241,00

Einkommen

 

 

Pension

(724,50 + 49 (Ratenabzug) = 773,50 x 14 : 12 (d.h. im Jahreszwölftel 902,41))

902,41

902,41

Mietzinsbeihilfe

166,00

166,00

 

1.068,41

1.068,41

   

 

 

 

 

Mindestsicherung-Bedarf

1.241,01

-Einkommen

1.068,41

Mindestsicherung Euro

172,60

  

 

 

Leistungszeitraum Oktober 2020:

 

Bezeichnung

Betrag unbew.

Betrag

Mindestsätze

 

 

Alleinstehende Volljährige

Tage vom 01.10.2020 bis 31.10.2020

688,01

688,01

 

688,01

688,01

Zuschläge

 

 

Unterhalt/Alimente

199,03

0,00

Miete

620,00

553,00

 

819,03

533,00

 

1.507,04

1.241,00

Einkommen

 

 

Pension

(758,53 +49 (Ratenabzug) = 807,53 x 14 : 12 (d.h. im Jahreszwölftel 942,12))

942,12

942,12

Mietzinsbeihilfe

166,00

166,00

 

1.108,12

1.108,12

 

 

 

   

 

Mindestsicherung-Bedarf

1.241,01

-Einkommen

1.108,12

Mindestsicherung Euro

132,89

  

 

 

III. Beweiswürdigung:

 

Dieser Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus den dem Landesverwaltungsgericht Tirol vorliegenden und unter den Feststellungen genannten (teilweise auch in Klammer angeführten) Unterlagen sowie aus der anlässlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 04.10.2021 erörterten Sachlage. Hinsichtlich der Berechnung der Mindestsicherung wird auf die entsprechenden Kontoauszüge November und Oktober 2020 betreffend den Beschwerdeführer sowie auf die Schreiben der Pensionsversicherungsanstalt vom 27.11.2020 und 01.02.2021 insbesondere betreffend die Höhe des Ratenabzuges, jeweils im Beschwerdeakt verwiesen.

 

 

IV. Rechtliche Beurteilung:

 

Die verfahrensgegenständlich relevanten Bestimmungen des Tiroler Mindestsicherungsgesetzes (TMSG), LGBl Nr 99/2010 idgF lauten wie folgt:

 

§ 1

„Ziel, Grundsätze

 

(1) Ziel der Mindestsicherung ist die Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung. Sie bezweckt, den Mindestsicherungsbeziehern das Führen eines menschenwürdigen Lebens zu ermöglichen und ihre dauerhafte Eingliederung bzw. Wiedereingliederung in das Erwerbsleben weitest möglich zu fördern.

(2) Mindestsicherung ist Personen zu gewähren,

(3) Mindestsicherung ist auf Antrag oder, wenn den zuständigen Organen (§ 27) Umstände bekannt werden, die eine Hilfeleistung erfordern, auch von Amts wegen zu gewähren.

(4) Leistungen der Mindestsicherung sind so weit zu gewähren, als der jeweilige Bedarf nicht durch den Einsatz eigener Mittel und Kräfte sowie durch Leistungen Dritter gedeckt werden kann. Dabei sind auch Hilfeleistungen, die nach anderen landesrechtlichen oder nach bundesrechtlichen oder ausländischen Vorschriften in Anspruch genommen werden können, zu berücksichtigen.

(5) Mindestsicherung ist unter möglichst geringer Einflussnahme auf die Lebensverhältnisse des Mindestsicherungsbeziehers und seiner Familienangehörigen zu gewähren. Sie soll den Mindestsicherungsbezieher zur Selbsthilfe befähigen und so eine nachhaltige Beseitigung der Notlage ermöglichen.

(6) Mindestsicherung ist fachgerecht unter Bedachtnahme auf die anerkannten sozialmedizinischen, sozialpädagogischen und sozialarbeiterischen Standards sowie auf den jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse und die daraus entwickelten Methoden zu gewähren.

(7) Bei der Erbringung von Leistungen der Mindestsicherung ist auch die jeweils erforderliche Beratung und Betreuung zur Vermeidung und Überwindung einer Notlage sowie zur nachhaltigen sozialen Stabilisierung zu gewährleisten.

(8) Mindestsicherung ist unter Berücksichtigung der Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zu gewähren.

(9) Ansprüche auf Leistungen der Mindestsicherung dürfen weder gepfändet noch verpfändet werden.“

 

§ 2

„Begriffsbestimmungen

(22) Das Einkommen umfasst alle Einkünfte, die dem Hilfesuchenden zufließen“

 

§ 5

Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes

 

(1) Die Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes besteht in der Gewährung pauschalierter, monatlicher Geldleistungen (Mindestsätze).

 

(2 Der Mindestsatz beträgt den jeweils folgenden Hundertsatz des Ausgangsbetrages nach § 9:

a) für volljährige Alleinstehende und Alleinerzieher 75 v.H.;

b) (…)

 

§ 6 TMSG

Hilfe zur Sicherung des Wohnbedarfs

 

(1) Die Hilfe zur Sicherung des Wohnbedarfes erfolgt durch die Gewährung von Geldleistungen für tatsächlich nachgewiesene Mietkosten, Betriebskosten, Heizkosten und Abgaben. Geldleistungen sind jedoch höchstens im Ausmaß der in einer Verordnung nach Abs. 3 festgelegten Sätze zu gewähren

.

(2) Hilfe zur Sicherung des Wohnbedarfes darf nur gewährt werden, wenn das Ausmaß der zur Verfügung stehenden Wohnnutzfläche ausreicht, um den Wohnbedarf des Hilfesuchenden und gegebenenfalls auch den seiner Mitbewohner unter Zugrundelegung einfacher Wohnverhältnisse angemessen abdecken zu können.

 

(3) Die Landesregierung hat durch Verordnung die Höchstsätze für Geldleistungen nach Abs. 1 jährlich auf der Grundlage der durchschnittlichen Kosten für Wohnungen mittlerer Qualität regional gestaffelt festzulegen. Dabei ist auf relevante statistische Daten, wie den Immobilienpreisspiegel der Wirtschaftskammer Österreich, Bedacht zu nehmen.

 

(4) Verordnungen nach Abs. 3 sind im dritten Quartal des Jahres in Kraft zu setzen.

 

(5) Geldleistungen zur Sicherung des Wohnbedarfes dürfen direkt an Dritte ausbezahlt werden.“

 

§ 15

„Einsatz der eigenen Mittel

 

(1) Vor der Gewährung von Mindestsicherung hat der Hilfesuchende seine eigenen Mittel, zu denen sein gesamtes Einkommen und sein Vermögen gehören, einzusetzen.

…“

 

Aufgrund der Verordnung der Tiroler Landesregierung vom 20.12.2019, LGBl Nr 159/2019 beträgt der Mindestsatz nach § 5 Abs 2 lit a TMSG für volljährige Alleinstehende und Alleinerzieher Euro 688,01.

 

Aufgrund der Verordnung der Tiroler Landesregierung vom 09.07.2018 LGBl Nr 76/2018 beträgt der Höchstsatz bei einem Einpersonenhaushalt im Bezirk Y gemäß § 6 Abs 3 TMSG Euro 553,00.

 

Im Gegenstandsfall wurde als einkommensmindernd der Unterhalt/Alimente (Exekution über PVA) von Euro 171,44 im September 2020 und Euro 199,03 im Oktober 2020 zugrunde gelegt, nicht einkommensmindernd wurde der Ratenabzug wegen zu Unrecht bezogener Ausgleichszulage aufgrund eines Auslandsaufenthaltes des Beschwerdeführers berücksichtigt. Berücksichtigt wurde ebenfalls die gewährte Mietzinsbeihilfe des Beschwerdeführers in Höhe von Euro 166,00 für die Monate September 2020 und Oktober 2020.

 

Gemäß § 292 Abs 1 ASVG ist ein gewöhnlicher Inlandsaufenthalt eine Voraussetzung für die Gewährung einer Ausgleichszulage.

 

Das Subsidiaritätsprinzip bildet einen tragenden Grundsatz des Mindestsicherungsrechts (vgl VwGH 24.02.2016, Ra 2015/10/0047) und ist in § 1 Abs 4 TMSG ausdrücklich normiert.

Demgemäß sind auch Hilfeleistungen, die nach anderen landesrechtlichen oder nach bundesrechtlichen oder ausländischen Vorschriften in Anspruch genommen werden können, bei der Gewährung der Mindestsicherung zu berücksichtigen. Durch die Ausgleichszulage nach § 292 ASVG soll Pensionsbeziehern ein Mindesteinkommen garantiert werden. Die Bemessung der dafür maßgeblichen Richtsätze erfolgt in pauschalierender Weise und stellt auf den Regelfall ab (vgl VwGH vom 22.03.2018, Ra 2017/22/0177).

 

Der Beschwerdeführer als Bezieher einer Ausgleichszulage bezieht Leistungen nach dem TMSG lediglich deshalb, da Unterhaltsansprüche im Vollstreckungswege mittels Pfändung von Teilbeträgen der an ihn geleisteten Pensionszahlungen einbringlich gemacht werden. Nur diese Pfändungen verringern das Einkommen des Beschwerdeführers tatsächlich, während der Ratenabzug wegen zu Unrecht bezogener Leistungen (hier infolge eines Auslandaufenthaltes) als „Ausgabe neutral“ zu werten ist. Es handelt sich hiebei nämlich um die Abschöpfung eines Übergenusses an einer durch den Bund in Form der Ausgleichszulage gewährten Mindestsicherungsleistung, die mangels Erfüllung der gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen durch den Beschwerdeführer zu Unrecht bezogen wurde.

 

Auch würde es dem Willen des Bundesgesetzgebers hinsichtlich der Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug einer Ausgleichszulage nach § 292 ASVG und der Rückforderung zu Unrecht bezogener Leistungen nach § 107 ASVG, wie auch das Subsidiaritätsprinzip nach § 1 Abs 4 TMSG konterkarieren, würde ein Übergenuss auf Bundesebene (hier zu Unrecht bezogene Ausgleichszulage aufgrund eines übermäßigen, nicht gemeldeten Auslandsaufenthaltes) durch eine wiederum auf Landesebene gewährte Mindestsicherung kompensiert werden. Letztlich wäre im Fall einer ohne diesen Ratenabzug erfolgenden Pensionsauszahlung die vom Beschwerdeführer eigenverantwortlich an die PVA zu überweisenden Rückzahlungsraten wegen der zu Unrecht bezogenen Ausgleichszulage auch nicht als eine den Mindestsicherungsanspruch nach dem TMSG erhöhende oder begründende Ausgabe zu werten und wäre dies auch nicht mit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit nach § 1 Abs 8 TMSG zu vereinbaren.

 

Letztlich wird auf die unter den Feststellungen vorgenommene Berechnung verwiesen.

 

Aus den dargelegten Gründen war wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.

 

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

 

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

 

 

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag.a Dr.in Strele

(Richterin)

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