AWG NÖ 1992, §9 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:LVWGNI:2015:LVwG.AV.627.001.2015
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch Hofrat Mag. Röper als Einzelrichter über die Beschwerde von Frau ***, ***, ***, vom *** gegen den Bescheid des Verbandsvorstandes des Gemeindeverbandes für Umweltschutz und Abgabeneinhebung im Bezirk *** vom ***, EDV-Nr. ***, mit welchem der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Verpflichtungsbescheid des Verbandsobmannes des Gemeindeverbandes für Umweltschutz und Abgabeneinhebung im Bezirk *** vom *** betreffend die Zuteilung einer 120 Liter Biotonne bei 28 Abfuhren keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt worden war, zu Recht erkannt:
1. Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) Folge gegeben und der angefochtene Bescheid des Verbandsvorstandes des Gemeindeverbandes für Umweltschutz und Abgabeneinhebung im Bezirk *** dahingehend abgeändert, dass in Stattgebung der gegen den erstinstanzlichen Bescheid des Verbandsobmannes des Gemeindeverbandes für Umweltschutz und Abgabeneinhebung im Bezirk *** (Zuteilung einer 120 Liter Biotonne bei 28 Abfuhren) erhobenen Berufung dieser ersatzlos behoben wird.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG) eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B‑VG) nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
1. Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:
1.1.
Mit Email des Gemeindeverbandes für Umweltschutz und Abgabeneinhebung im Bezirk *** vom *** wurde Frau *** (in der Folge: Beschwerdeführerin) darüber informiert, dass am *** bei ihrer Liegenschaft vor Ort im Zuge einer Kontrolle aufgefallen sei, dass sie Lebensmittel im Restmüll entsorge. Dies entspreche nicht der gesetzlichen Mülltrennung laut NÖ Abfallwirtschaftsgesetz. Laut den Aufzeichnungen habe die Beschwerdeführerin derzeit keine Biomülltonne. Daher werde ihr ab *** einen Biomülltonne zugeteilt. Entsprechende Bescheide würden ihr zugestellt werden.
Mit Email vom *** replizierte die Beschwerdeführerin, dass sie betreffend die Entsorgung von verpackten, verdorbenen Lebensmitteln im Restmüll ersuche, die Rechtsquelle für ein Verbot zu nennen. Im NÖ Abfallwirtschaftsgesetz finde sich nichts dazu, eine Verordnung gemäß § 8 NÖ Abfallwirtschaftsgesetz habe sie im RIS nicht gefunden. Die bundesrechtliche Verpflichtung zur getrennten Erfassung biogener Abfälle beziehe sich auf pflanzliche Abfälle; verarbeitete Lebensmittel wie raffinierter Zucker oder Süßigkeiten fielen nicht darunter. Im Abfall-Trenn-ABC des zuständigen BMLFUW seien derartige Produkte jedenfalls nicht als zu kompostierend angeführt, vielmehr werde darauf hingewiesen, dass Speisereste und verdorbene Lebensmittel Probleme bei der Kompostierung verursachen können.
1.2.
Mit Bescheid des Verbandsobmannes des Gemeindeverbandes für Umweltschutz und Abgabeneinhebung im Bezirk *** vom ***, EDV-Nr. ***, wurde der Beschwerdeführerin für die in Ihrem Eigentum befindliche Liegenschaft mit der topographischen Anschrift ***, ***, die Anzahl der aufzustellenden Müllbehälter neu festgesetzt, als mit Wirkung ab *** zusätzlich eine 120 Liter Biotonne mit 28 Abfuhren (zur bisher schon zugeteilten 120 Liter Restmülltonne mit 6 Abfuhren) zugeteilt wurde.
1.3.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom *** rechtzeitig das ordentliche Rechtsmittel der Berufung und begründete diese umfangreich.
1.4.
Mit der nunmehr in Beschwerde gezogenen Berufungsentscheidung des Verbandsvorstandes des Gemeindeverbandes für Umweltschutz und Abgabeneinhebung im Bezirk *** vom *** wurde der Berufung keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt. Begründend wird im Wesentlichen dargelegt, dass bei Vorliegen der Eigenkompostierung biogene Abfälle über diesen Weg entsorgt werden dürfen. Als Hilfsmittel, welche Abfälle als biogene Abfälle anzusehen sind, sei im Jahr *** flächendeckend an alle Haushalte ein Trenn ABC verschickt worden, die aktuelle Version sei online abrufbar. In diesem Trenn ABC würden Speisereste als kompostierbare Abfälle eingestuft. In der Restmülltonne der Liegenschaft in ***, ***, hätten sich zum Zeitpunkt der Kontrolle am *** unter anderem folgende kompostierbare Abfälle befunden:
Zucker in Papierverpackung
Nudeln in Kunststoffverpackung
Schnitten in Verpackung (original)
Über diese Inhalte sei ein elektronischer Schriftverkehr eingeleitet worden, bei dem auch die Fotos vom *** elektronisch übermittelt worden wären. Alleine daraus könne abgeleitet werden, dass eine verpflichtende Teilnahme zur getrennten Sammlung von biogenen Abfällen ausgesprochen werden müsse. Obwohl Vorrichtungen zur Kompostierung auf Eigengrund vorhanden wären, seien Lebensmittelreste in den Sammelbehälter für Restmüll eingebracht und zur Abholung am *** bereitgestellt worden. Restmüllanalysen des Verbandes zeigten, dass bis zu 10% des Restmülls aus biogenen Abfällen bestünden, die entweder der Kompostierung auf Eigengrund oder der Biosammlung zugeführt werden sollten.
1.5.
Mit Schreiben vom *** erhob die Beschwerdeführerin rechtzeitig Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich und begründete diese im Wesentlichen damit, dass sowohl auf ihrem Grundstück als auch im örtlichen Nahbereich mehrere Kompostbehälter existieren, die auch (wie aus den der Berufung beigefügten Fotos hervorgehe) genützt würden. Der Ausnahmetatbestand des § 9 Abs. 1 NÖ AWG 1992 sei damit nachweislich erfüllt. Ihr Obst- und Gemüsegarten sei ca. 5.000 m² groß, es fielen jährlich viele Kubikmeter Bioabfälle an, darunter Obstbaumschnitt, Strauchschnitt Grasschnitt, Unkraut, etc. - die Küchenabfälle seien davon ein verschwindend geringer Anteil. Bei Einbringung dieser Mengen in eine getrennte Sammlung müsste wohl mehrmals wöchentlich eine Abholung erfolgen. Der Umstand, dass sich in einem Einzelfall in ihrer Restmülltonne verpackte Lebensmittel befunden hätten, sei nicht ausreichend, um daraus eine Verpflichtung zur getrennten Sammlung von kompostierbaren Abfällen zu konstruieren. Zum einen handle es sich um Lebensmittel, die aufgrund von Reparaturarbeiten in der Küche verschmutzt und daher nicht zur Kompostierung geeignet seien. Zum anderen könne eine Verpflichtung zur getrennten Sammlung nicht von einem Einzelfall – selbst wenn es sich dabei um einen Verstoß gegen die Bestimmungen des NÖ AWG 1992 handeln sollte - abhängig gemacht werden. Ausschlaggebend für die Verpflichtung zur Erfassung durch Einrichtungen der Gemeinde könne nur sein, dass keine sachgemäße Kompostierung im örtlichen Nahbereich stattfinde, die nachweislich aber erfolge. Ein Verstoß in einem Einzelfall könnte allenfalls zu einer Verwaltungsstrafe gemäß § 33 NÖ AWG 1992 führen, aber nicht zur Vorschreibung einer Biotonne. Es werde daher die Abänderung des genannten Bescheides der belangten Behörde vom *** in dem Sinne beantragt, dass die Zuteilung einer Biotonne entfällt.
2. Anzuwendende Rechtsvorschriften:
2.1. NÖ Abfallwirtschaftsgesetz 1992:
§ 3. Im Sinne dieses Gesetzes gelten als:
2. a) Siedlungsabfälle: Abfälle aus privaten Haushalten und andere Abfälle, die auf Grund ihrer Beschaffenheit oder Zusammensetzung den Abfällen aus privaten Haushalten ähnlich sind; bei der Zuordnung ist das Europäische Abfallverzeichnis im Sinne des Art. 1 der Richtlinie 75/442/EWG über Abfälle, ABl.Nr. L 194 vom 25.7.1975 S 39, geändert durch die Richtlinie 91/156/EWG , ABl.Nr. L 78 vom 26.3.1991 S 32, und die Entscheidung 96/350/EG, ABl.Nr. L 135 vom 6.6.1996 S 32, zu berücksichtigen. …
e) Kompostierbare Abfälle: Müll überwiegend pflanzlichen Ursprungs, der einer Kompostierung (z.B. methodische Umwandlung in Komposterde, Verrottung, Vergärung) zugeführt werden kann.
§ 9. (1) Im Pflichtbereich sind die Grundstückseigentümerbzw. Nutzungsberechtigten verpflichtet, nicht gefährlicheSiedlungsabfälle nur durch Einrichtungen derGemeinde oder deren sich die Gemeinde bedient,erfassen und behandeln zu lassen.Dies gilt nicht für kompostierbare Abfälle, wenn sieeiner sachgemäßen Kompostierung im örtlichenNahebereich zugeführt werden, für betrieblicheAbfälle sowie für Abfälle, die auf Grund andererRechtsvorschriften erfaßt und behandelt werden.
(2) Der Pflichtbereich einer Gemeinde hat alle Grundstücke zu umfassen, auf denen gewöhnlich nicht gefährlicher Siedlungsabfall anfallen kann, z.B. Grundstücke mit der Widmung Bauland, Grünland- Landwirtschaft, -Forstwirtschaft, im Grünland erhaltenswerte Bauten, -Gärtnerei oder -Kleingärten. Der Gemeinderat kann jedoch im Rahmen der Abfallwirtschaftsverordnung Grundstücke, von denen auf Grund ihrer Lage oder der Art ihrer Verkehrserschließung der nicht gefährliche Siedlungsabfall nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten abgeführt werden kann, vom Pflichtbereich ausnehmen.
(3) Die Gemeinden haben nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Gesetzes für die Erfassung und Behandlung des nicht gefährlichen Siedlungsabfalls zu sorgen und Einrichtungen zu schaffen oder anzubieten.
§ 11. (1) Die Gemeinde hat für die Einrichtung und den Betrieb einer Müllabfuhr nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zu sorgen. Beim Abholen und Abführen soll kein Müll verschüttet, möglichst kein Staub entwickelt und jede andere Beeinträchtigung der Umwelt möglichst vermieden werden.
(2) Die Gemeinde hat Müllbehälter beizustellen und instandzuhalten. Die Müllbehälter sind vom Grundstückseigentümer bzw. Nutzungsberechtigten verschlossen und samt ihrer Umgebung sauber zu halten.
(3) Müll kann nach dem Hol- oder Bringsystem erfaßt werden, wobei das Bringsystem nur für jene Abfallarten vorgesehen werden darf, die einer Verwertung zugeführt werden. Die bereitgestellten Müllbehälter sind zu verwenden.
(4) Erfolgt die Erfassung des Mülls nach dem Holsystem, haben die Eigentümer der im Pflichtbereich gelegenen Grundstücke für die Aufstellung oder Anbringung der Müllbehälter zu sorgen. Sie sind so aufzustellen bzw. anzubringen, daß sie auch bei ungünstigen Witterungsverhältnissen benutzbar bleiben. Die Müllbehälter dürfen keine unzumutbare Belästigung für die Hausbewohner oder die Nachbarschaft bilden. Wenn der Eigentümer dieser Verpflichtung nicht nachkommt, hat die Gemeinde den Ort der Aufstellung oder Anbringung mit Bescheid zu bestimmen.
(5) Im Falle der Erfassung des Mülls nach dem Bringsystem hat die Gemeinde für die Aufstellung oder Anbringung der Müllbehälter zu sorgen.
(6) Die Anzahl und die Größe der aufzustellenden Müllbehälter nach dem Holsystem ist mit Bescheid so festzusetzen, daß in den beigestellten Müllbehältern der zu erfassende (§ 9) und erfahrungsgemäß anfallende Müll innerhalb des Abfuhrzeitraumes nach dem Stand der Technik erfaßt werden kann. Bei Verwendung von Säcken ist die Anzahl der jährlich vorzusehenden Säcke in den Bescheid aufzunehmen.
(7) Von der Pflicht zur Verwendung der Müllbehälter (Abs. 3) sind Eigentümer bzw. Nutzungsberechtigte jener Grundstücke, auf denen sich keine Wohngebäude befinden auszunehmen, wenn sie eine den Zielen und Grundsätzen des § 1 entsprechende Erfassung und Behandlung ihres Mülls nachweisen können. Die Ausnahmebewilligung ist von der Gemeinde über schriftliches Ansuchen mit Bescheid zu erteilen und hat die erforderlichen Auflagen oder Bedingungen zu enthalten.
§ 28. (1) Der Gemeinderat hat eine Abfallwirtschaftsverordnung zu erlassen, in der insbesonders zu regeln sind:
1. der Pflichtbereich,
2. die Aufzählung der neben Müll in die Erfassung und Behandlung einbezogenen Abfallarten,
3. der Abfuhrplan,
4. die Festsetzung der Erfassung (Art, Zahl) des Sperrmülls innerhalb eines bestimmten Zeitraumes,
5. die Arten der Erfassung und Behandlung von Abfällen
2.2. Abfallwirtschaftsverordnung des Gemeindeverbandes für Umweltschutz und Abgabeneinhebung im Bezirk *** idF vom 1. Jänner 2015:
Pflichtbereich
§ 2. Der Pflichtbereich umfasst das Gemeindegebiet der nachstehend angeführten Gemeinden:
…***, …
Erfassung und Behandlung von Abfällen
§ 4. (1) Abfälle sind getrennt nach Siedlungsabfällen, Altstoffen und kompostierbaren Abfällen zu sammeln.
(2) Restmüll, Papier und kompostierbare Abfälle sind in den nach § 7 zugeteilten Müllbehältern zu sammeln und diese werden von der Liegenschaft abgeholt. Dies gilt nicht für kompostierbare Abfälle, wenn sie im örtlichen Nahebereich einer sachgemäßen Verwertung (Eigenkompostierung) zugeführt werden.
Abfuhrplan
§ 6. Im Pflichtbereich werden
(1) … 13 Einsammlungen von Restmüll
(2) … 28 Einsammlungen von kompostierbaren Abfällen
durchgeführt.
2.3. Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG:
§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
(2) Eine Revision ist nicht zulässig gegen:
1. Beschlüsse gemäß § 30a Abs. 1, 3, 8 und 9;
2. Beschlüsse gemäß § 30b Abs. 3;
3. Beschlüsse gemäß § 61 Abs. 2.
(3) Gegen verfahrensleitende Beschlüsse ist eine abgesonderte Revision nicht zulässig. Sie können erst in der Revision gegen das die Rechtssache erledigende Erkenntnis angefochten werden.
…
(5) Die Revision ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.
2.4. Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG:
§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
§ 30. Jedes Erkenntnis hat eine Belehrung über die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und einer ordentlichen oder außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof zu enthalten. Das Verwaltungsgericht hat ferner hinzuweisen:
1. auf die bei der Einbringung einer solchen Beschwerde bzw. Revision einzuhaltenden Fristen
2. auf die gesetzlichen Erfordernisse der Einbringung einer solchen Beschwerde bzw. Revision durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt
3. auf die für eine solche Beschwerde bzw. Revision zu entrichtenden Eingabengebühren
3. Würdigung:
3.1. Zu Spruchpunkt 1:
Die Beschwerde ist begründet.
3.1.1.
Mit Bescheid des Gemeindeverbandes für Umweltschutz und Abgabeneinhebung im Bezirk ***, vom ***, EDV-Nr. ***, wurde der Beschwerdeführerin für die in ihrem Eigentum befindliche Liegenschaft mit der Anschrift ***, ***, eine 120 Liter Biotonne bei 28 Entleerungen zugeteilt. Dieser Bescheid wurde im Instanzenzug bekämpft.
Grundsätzlich darf festgestellt werden, dass sich die gegenständliche Liegenschaft der Beschwerdeführerin im Pflichtbereich der Abfallwirtschaftsverordnung des Gemeindeverbandes für Umweltschutz und Abgabeneinhebung im Bezirk *** gelegen ist und dass das darauf befindliche Gebäude durch die Beschwerdeführerin genutzt wird. Gemäß § 9 Abs. 1 NÖ Abfallwirtschaftsgesetz 1992 war die Beschwerdeführerin somit grundsätzlich verpflichtet, die auf dem gegenständlichen Grundstück anfallenden nicht gefährlichen Siedlungsabfälle durch Einrichtungen des Gemeindeverbandes entsorgen zu lassen. Dies gilt nicht für kompostierbare Abfälle, wenn sie einer sachgemäßen Kompostierung im örtlichen Nahebereich zugeführt werden, für betriebliche Abfälle sowie für Abfälle, die auf Grund anderer Rechtsvorschriften erfasst und behandelt werden.
Unter dem Begriff der „kompostierbaren Abfälle“ wird in § 3 Abs. 1 lit 2 e) leg. cit. Müll überwiegend pflanzlichen Ursprungs verstanden, der einer Kompostierung (z.B. methodische Umwandlung in Komposterde, Verrottung, Vergärung) zugeführt werden kann. Schon auf Grund dieser Begriffsbestimmung ist zu den im vorliegenden Fall thematisierten verdorbenen Waren (Zucker in Papierverpackung, Nudeln in Kunststoffverpackung, Schnitten in Originalverpackung) anzumerken, dass diese nur zum Teil „überwiegend pflanzlichen Ursprungs“ sind. Vor allem können sie auf Grund der jeweils vorhandenen (Um)Verpackung nicht ohne weiteres der Kompostierung zugeführt werden, sodass die diesbezüglichen Überlegungen der belangten Behörde nicht nachvollziehbar sind.
Der Beschwerdeführerin ist somit recht zu geben, wenn sie moniert, dass eine Verpflichtung, verdorbene, ungeöffnete Waren extra zu öffnen und einer Mülltrennung zuzuführen, weder dem NÖ Abfallwirtschaftsgesetz 1992 noch der maßgeblichen Abfallwirtschaftsverordnung des mitbeteiligten Verbandes entnommen werden kann.
3.1.2.
Schließlich sind die Behörden des mitbeteiligten Verbandes in keiner Weise darauf eingegangen, dass der offenkundig bisher erbrachte Nachweis der Eigenkompostierung durch die Beschwerdeführerin – abgesehen von der nicht vorwerfbaren Einbringung von nicht gefährlichen Siedlungsabfällen (i.e. die verdorbenen Waren im Rahmen der (Um)Verpackung) – eine Änderung erfahren hat. Zweck des Ermittlungsverfahrens ist es nach § 37 AVG, den für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben (vgl. VwGH vom 18. Oktober 2000, Zl. 99/12/0256). Hat die Partei nicht nur ganz allgemeine, sondern konkrete, sachbezogene Behauptungen aufgestellt, die nicht schon von vornherein aus rechtlichen Gründen unmaßgeblich oder unschlüssig sind, so hat sie die Behörde vorerst zu einer solchen Präzisierung und Konkretisierung ihres Vorbringens und zu entsprechenden Beweisanboten aufzufordern, die es ihr nach allfälliger Durchführung eines danach erforderlichen Ermittlungsverfahrens ermöglichen, zu beurteilen, ob die von der Partei aufgestellten Behauptungen zutreffen. Sache der Behörde ist es, von sich aus von der Partei Informationen zum Beweis der von dieser behaupteten Tatsachen zu verlangen (vgl. VwGH vom 27. März 2000, Zl. 97/10/0149). Dies muss umso mehr gelten, wenn von der Behörde die Auffassung vertreten wird, dass die Grundlagen für eine bisher gewährte Ausnahme (i.e. Eigenkompostierung) weggefallen sind.
Ebenso wenig haben sich die Behörden des mitbeteiligten Verbandes mit dem Umstand auseinander gesetzt, dass – folgte man der Auffassung, dass verdorbene Lebensmittel (ohne Umverpackung) einer Kompostierung zugeführt werden können – diesfalls ein Hinweis an die Beschwerdeführerin genügt hätte, in Zukunft diese Siedlungsabfälle der vorhandenen Eigenkompostierung zuzuführen. Selbst unter der Annahme dass, die Entsorgung von verpackten, aber verdorbenen Lebensmitteln nicht über den Restmüllbehälter erfolgen soll, wäre ein derartiger Fehleinwurf nicht geeignet, eine Zuteilung einer Biotonne zu rechtfertigen.
Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie ihren Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 28 VwGVG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
3.1.3.
Diese Entscheidung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG unter Entfall der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffen werden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde von der Beschwerdeführerin nicht beantragt. Auch aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ist ersichtlich, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.
3.2. Zu Spruchpunkt 2 - Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abweicht und eine gesicherte und einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt, die unter Punkt 3.1. auch dargelegt wird.
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