LVwG Niederösterreich LVwG-AV-1279/001-2018LVwG-AV-1281/001-2018

LVwG NiederösterreichLVwG-AV-1279/001-2018LVwG-AV-1281/001-201822.5.2019

BauO NÖ 2014 §23 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:LVWGNI:2019:LVwG.AV.1279.001.2018

 

 

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch den Richter Hofrat Mag. Hubmayr über die Beschwerde der A GmbH, vertreten durch B Rechtsanwälte GmbH, vom 24. September 2018 gegen den Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 22. August 2018, GZ. *** sowie GZ. ***, betreffend die Aufhebung von zwei Baubewilligungsbescheiden des Stadtamtes der Stadtgemeinde *** vom 13. April 2017 zu GZ. *** (***) sowie zu GZ. *** (***), zu Recht:

1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

 

2. Eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 28 Abs. 2 Z. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG

§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG

Entscheidungsgründe:

 

1. Sachverhalt und verwaltungsbehördliches Verfahren:

 

Am 25. Mai 2016 (einlangend) beantragte die C GmbH beim Stadtamt der Stadtgemeinde *** die Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung einer Wohnhausanlage mit 20 Wohneinheiten, Tiefgarage mit 27 PKW‑Stellplätzen, Geländeveränderungen sowie Außenanlagen auf dem Grundstück Nr. ***, EZ. ***, KG ***.

Für dieses Grundstück ist im Bebauungsplan der Stadtgemeinde *** die Bauklasse I und II, eine 40%ige Bebauungsdichte sowie die offene oder gekuppelte Bebauungsweise angeordnet.

 

Mit Schreiben vom 30. August 2016 beraumte das Stadtamt der Stadtgemeinde *** als zuständige Baubehörde erster Instanz über dieses Bauvorhaben eine mündliche Verhandlung an Ort und Stelle für den 14. September 2016 an.

Die Ladung enthielt einen Hinweis auf die Präklusionsfolge des § 42 AVG, dass Beteiligte, die nicht spätestens am Tag vor der Verhandlung oder während der Verhandlung Einwendungen erheben, ihre Parteistellung verlieren.

 

Bis zur Verhandlung bzw. bei der Verhandlung wurden von Nachbarn zahlreiche Einwendungen erhoben.

Nach der Verhandlung wurden seitens der Bauwerberin am 23. September 2016 dahingehend abgeänderte Einreichunterlagen übermittelt, dass die Zahl der KFZ‑Stellplätze in der Tiefgarage auf 20 (je ein Stellplatz pro Wohnung) reduziert wurde.

Den verbliebenen Verfahrensparteien wurde mit Schreiben der Baubehörde vom 29. September 2016 die Gelegenheit zur Einsichtnahme in den geänderten Einreichplan für die Tiefgarage bzw. zur Stellungnahme eingeräumt.

 

Durch Eintragung ins Firmenbuch im Oktober 2016 änderte die Bauwerberin die Firmenbezeichnung in D GmbH.

Mit Beschluss des Bezirksgerichtes *** zu TZ *** vom 16. Jänner 2017 wurde das neu geschaffene Grundstück Nr. *** (neue EZ. ***) vom Baugrundstück *** abgetrennt.

 

Am 19. Jänner 2017 wurden der Baubehörde geänderte Einreichunterlagen vorgelegt. Entsprechend den abgeänderten Baubeschreibungen sollen beide Baukörper an die jeweiligen Nachbargebäude angekoppelt werden. Es soll eine gemeinsame unterirdische Garage errichtet werden.

Zur Gemeinschaftsgarage wird beim Wohnhaus *** auf GSt. *** ausgeführt, dass 11 Stellplätze für 11 Wohnungen hergestellt werden, „zusätzlich werden 9 Stellplätze für Wohnhaus ***-*** hergestellt.“

Beim Wohnhaus *** auf GSt. *** wird ausgeführt, dass 9 Stellplätze für 9 Wohnungen „im Haus *** sichergestellt“ seien.

Bestandteil der Einreichunterlagen ist unter anderem ein „Technischer Bericht ***‑Anlage“ der E GmbH, welcher namens der Bauwerberin der Baubehörde vorgelegt wurde. Dementsprechend plane die Bauwerberin die Errichtung einer neuen Wohnhausanlage in der *** und ***. Das neu zu errichtende Projekt gliedere sich in zwei Gebäudeteile, die durch ein gemeinsames Kellergeschoß verbunden seien. Im Kellergeschoß geplant seien die Tiefgarage, Einlagerungsräume, Haustechnikräume und Erschließungsgänge sowie Treppenhäuser. Im Kellergeschoß seien die Heizungsanlage sowie Müllräume für die gesamte Anlage geplant.

Die Einreichpläne enthalten für das Haus *** einen Teil des verbundenen, gemeinsamen Untergeschoßes mit Abstellräumen, Stiegenhaus, Aufzug und Müllräumen für dieses Haus mit einem Durchgang zur gemeinsamen Tiefgarage. Für das Untergeschoß des Hauses *** enthalten die Einreichpläne ebenfalls Abstellräume, Stiegenhaus, Aufzug und Müllräume für dieses Haus, Technikräume für die gesamte Wohnhausanlage (Heizung) sowie einen Durchgang zur gemeinsamen Tiefgarage. Auch die gemeinsame – die (neue) Grundstücksgrenzen überschreitende – Tiefgarage für 20 PKW-Abstellplätze mit Garageneinfahrt und Durchgang zum Haus *** ist im Einreichplan für das Untergeschoß des Hauses *** dargestellt.

 

Mit Schreiben vom 2. März 2017 teilte die Baubehörde den Nachbarn mit, dass das Baugrundstück ***, Gst.Nr. ***(alt), EZ. ***, geteilt worden sei in die Grundstücke ***, Gst.Nr. ***(neu), EZ. *** (Eigentümer D GmbH) sowie ***, GSt.Nr. ***, EZ. *** (Eigentümer D GmbH und F GmbH). Es sei somit pro Baukörper ein Bauplatz geschaffen worden.

Das gegenständliche Projekt, Errichtung einer Wohnhausanlage mit 20 Wohneinheiten, Tiefgarage mit 20 PKW-Stellplätzen, Geländeveränderungen und Außenanlagen in ***, ***, habe sich inhaltlich nicht geändert. Die Antragsbeilagen seien hinsichtlich der Grundstücksteilung leicht adaptiert, inhaltlich aber nicht geändert worden.

 

Mit Bescheid des Stadtamtes der Stadtgemeinde *** vom 13. April 2017, Geschäftszahl ***, wurde der D GmbH aufgrund ihres Ansuchens vom 25. Mai 2016 die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung einer Wohnhausanlage mit 11 Wohneinheiten, Tiefgarage als unterirdische bauliche Anlage (über die Grundstücksgrenze auch auf dem Grundstück ***), 11 PKW‑Stellplätzen, Geländeveränderungen sowie Außenanlagen in ***, ***, auf dem Grundstück Nr. *** erteilt. Einzuhaltende Auflagen wurden im Spruch angeführt. Über die Einwendungen der Nachbarn wurde im Spruch nicht im Einzelnen abgesprochen.

In der Begründung wurde im Einzelnen näher auf die erhobenen Einwendungen der Nachbarn eingegangen und dazu deren Unzulässigkeit, Unbegründetheit oder die eingetretene Präklusion dargestellt.

 

Mit Bescheid des Stadtamtes der Stadtgemeinde *** vom 13. April 2017, Geschäftszahl ***, wurde der D GmbH aufgrund ihres Ansuchens vom 25. Mai 2016 die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung einer Wohnhausanlage mit 9 Wohneinheiten, 9 PKW-Stellplätzen, Geländeveränderungen sowie Außenanlagen in ***, ***, auf dem Grundstück Nr. *** erteilt. Einzuhaltende Auflagen wurden im Spruch angeführt. Über die Einwendungen der Nachbarn wurde im Spruch nicht im Einzelnen abgesprochen.

In der Begründung wurde im Einzelnen näher auf die erhobenen Einwendungen der Nachbarn eingegangen und dazu deren Unzulässigkeit, Unbegründetheit oder die eingetretene Präklusion dargestellt.

 

Gegen beide Bescheide wurde von den Nachbarn G und H, I und J, K und L sowie M, alle vertreten durch Rechtsanwalt N, jeweils fristgerecht Berufung erhoben.

G und H sind je zur Hälfte Eigentümer des Grundstückes *** (***), welches an das Baugrundstück Nr. *** (***) unmittelbar angrenzt, vom Baugrundstück Nr. *** (***) jedoch mehr als 14 Meter entfernt ist. I und J sind je zur Hälfte Miteigentümer des Grundstückes *** (***), welches an beide Baugrundstücke angrenzt.

K und L sind zu je 187/900 Anteilen Miteigentümer des Grundstückes *** (***), welches vom Baugrundstück Nr. *** (***) mehr als 14 Meter entfernt ist, vom Baugrundstück Nr. *** (***) jedoch nicht mehr als 14 Meter getrennt ist. M ist alleiniger Eigentümer des Grundstückes *** (***), welches vom Baugrundstück Nr. *** (***) mehr als 14 Meter entfernt ist, an das Baugrundstück Nr. *** (***) jedoch unmittelbar angrenzt.

Vorgebracht wird in den gleichlautenden Berufungen unter anderem, das Baubewilligungsansuchen sei unzulässiger Weise geändert worden. Der geänderte Antrag beziehe sich auch auf einen vom verfahrensleitenden Antrag nicht umfassten Bauplatz, nämlich das Grundstück Nr. ***, welches erst durch eine nach Antragstellung und Bauverhandlung erfolgte Grundstücksteilung geschaffen worden sei. Hinsichtlich dieses neuen Bauplatzes *** liege auch ein gänzlich neuer Antrag vor, der bisher nicht Gegenstand des Verfahrens gewesen sei und zudem unter die am 21. Oktober 2016 kundgemachte Bausperre falle.

Es liege nicht nur eine wesentliche Änderung des verfahrenseinleitenden Antrages vor, sondern ein neuer Antrag, hinsichtlich dessen willkürlich kein förmliches Verwaltungsverfahren, insbesondere keine Bauverhandlung, abgeführt worden sei.

Auch werde aufgrund der Teilung in zwei Bewilligungsbescheide die Anzahl der Pflichtstellplätze überschritten.

 

Mit Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 22. August 2018, Geschäftszahl *** sowie ***, wurde diesen Berufungen gemäß § 66 Abs. 4 AVG teilweise Folge gegeben und wurden die beiden angefochtenen Baubewilligungsbescheide des Stadtamtes vom 13. April 2017, Geschäftszahl *** bzw. Geschäftszahl *** behoben. Es liege eine Unteilbarkeit des Bauvorhabens vor, was zur Unzulässigkeit der Erlassung getrennter Baubewilligungsbescheide über das Bauansuchen vom 25. Mai 2016 führe. Durch die von der Baubehörde gewählte Vorgangsweise, die Erlassung getrennter Baubewilligungsbescheide, sei über eine andere, vom Antrag der Bauwerberin nicht umfasste Sache entschieden worden.

 

Gegen diesen Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 22. August 2018 richtet sich die nunmehrige, fristgerecht eingebrachte Beschwerde der A GmbH (neuerlich geänderte Firmenbezeichnung der Bauwerberin) vom 24. September 2018.

Das Bauansuchen sei nur über Veranlassung der Baubehörde und nicht in Änderung des Bauwillens geteilt worden. Eine Nachbarberufung könne nur dann erfolgreich sein, wenn subjektiv-öffentliche Rechte der Nachbarn berührt seien. Der angefochtene Bescheid erweise sich schon deshalb als rechtswidrig, weil die belangte Behörde nicht in der Sache selbst entschieden habe. Durch die ersatzlose Behebung der erstinstanzlichen Baubewilligungen bleibe der Antrag um Erteilung der Baubewilligung für immer offen.

Das Mitspracherecht der Nachbarn im Baubewilligungsverfahren sei in zweifacher Weise beschränkt, es bestehe nur insoweit als dem Nachbarn nach baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen und in dem Umfang in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch rechtzeitige Einwendungen wirksam geltend gemacht habe. Die Prüfungsbefugnis der Berufungsbehörde aufgrund einer Nachbarberufung sei im Hinblick auf dieses Mitspracherecht beschränkt.

Gegen die Teilung des Bauplatzes nach Einreichung des Bauvorhabens gebe es grundsätzlich keine Bedenken. Von der Bausperre, die erst nach Antragstellung kundgemacht worden sei, sei das gegenständliche Verfahren nicht betroffen, woran auch die nachträgliche Grundstücksteilung des bereits vorhandenen Bauplatzes nichts ändere. Durch die erfolgten Änderungen des Projektes sei der Bauwille ident geblieben und sei das Projekt nicht als ein anderes (als aliud) zu beurteilen. Projektänderungen würden keine neuen Einwendungen von Nachbarn ermöglichen in Bereichen, in denen das Projekt nicht geändert wurde.

Da das Baubewilligungsverfahren ein Projektgenehmigungsverfahren sei, sei ein zur Bewilligung eingereichtes Bauvorhaben in rechtlicher Sicht grundsätzlich ein unteilbares Ganzes, das nur als solches von der Baubehörde bewilligt oder abgelehnt werden könne. Eine Trennbarkeit in mehrere Teile sei jedenfalls dann nicht gegeben, wenn eine Teilbewilligung nur durch eine – der Baubehörde verwehrte – Einflussnahme auf die Gestaltung des Bauwillens möglich sei, letztlich maßgeblich sei der Wille des Bauwerbers. Wie den Planunterlagen und Baubeschreibungen vor und nach der Grundstücksteilung eindeutig zu entnehmen sei, habe sich der Bauwille der Bauwerberin nicht geändert. Der Nachbar besitze auf die Einhaltung des Grundsatzes der Unteilbarkeit des Bauvorhabens nur insoweit einen Rechtsanspruch, als damit eine Beeinträchtigung seiner subjektiv-öffentlichen Rechte in Betracht komme. Die Baubehörde habe daher die Baubewilligungen zu Recht erteilt.

Die Berufungsbehörde habe dagegen die Baubewilligungen unter Missachtung ihrer Prüfungsbefugnis und in Verkennung der Rechtslage die beantragte Baubewilligung behoben, dies ausschließlich deshalb, weil sie in getrennten Bescheiden entschieden worden sei. Damit habe die belangte Behörde ihre Prüfungsbefugnis im Rahmen der Nachbarberufungen eindeutig überschritten.

Der Bauwille der Bauwerberin sei jedenfalls auf Erteilung einer Baubewilligung für das gesamte Bauvorhaben von Beginn an gerichtet gewesen und sei es für sie unerheblich, ob diese Baubewilligung in einem einheitlichen Bescheid oder getrennt in zwei Bescheiden erfolge.

 

Diese Beschwerde wurde von der belangten Behörde unter Anschluss des behördlichen Verwaltungsaktes der Stadtgemeinde *** dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich am 4. Dezember 2018 (einlangend) zur Entscheidung vorgelegt.

 

Der angeführte maßgebliche Sachverhalt bzw. Verfahrensgang ergibt sich aus dem seitens der belangten Behörde vorgelegten unbedenklichen und vollständigen Verwaltungsakt der Baubehörden sowie aufgrund des Beschwerdevorbringens und ist weitgehend unbestritten.

 

2. Rechtsgrundlagen:

 

2.1. Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG:

 

§ 24. (1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(…)

(4) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

(…)

 

§ 27. Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, (…) auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

 

§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

 

2.2. Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991:

 

§ 66. (1) Notwendige Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens hat die Berufungsbehörde durch eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde durchführen zu lassen oder selbst vorzunehmen.

(2) Ist der der Berufungsbehörde vorliegende Sachverhalt so mangelhaft, daß die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, so kann die Berufungsbehörde den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen.

(3) Die Berufungsbehörde kann jedoch die mündliche Verhandlung und unmittelbare Beweisaufnahme auch selbst durchführen, wenn hiemit eine Ersparnis an Zeit und Kosten verbunden ist.

(4) Außer dem in Abs. 2 erwähnten Fall hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

2.3. Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG:

 

§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

(…)

 

3. Erwägungen:

 

"Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht ist – ungeachtet des durch § 27 VwGVG 2014 vorgegebenen Prüfumfangs – jedenfalls nur jene Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs der vor dem Verwaltungsgericht belangten Verwaltungsbehörde gebildet hat. Im Spruch des angefochtenen Bescheides wurden in („teilweiser“) Stattgebung der Berufung mehrerer Nachbarn zwei angefochtene Baubewilligungen behoben. Als Rechtsgrundlage dieser Entscheidung wurde § 66 Abs. 4 AVG angeführt. Diese kassatorische Entscheidung allein bildet den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens.

 

Mit den beiden Baubewilligungen des Stadtamtes der Stadtgemeinde *** vom 13. April 2017 zu GZ. *** (***) sowie zu GZ. *** (***) wurde jeweils ein Teil des mit Bauansuchen vom 25. Mai 2016 eingereichten Projektes *** bewilligt.

 

Gemäß § 23 Abs. 1 NÖ Bauordnung 2014 ist über einen Antrag auf Baubewilligung schriftlich zu entscheiden.

Es handelt sich bei einer Baubewilligung um eine über einen Antrag eines Bauwerbers ergehende bescheidmäßige behördliche Erledigung, mit welcher das beantragte Bauvorhaben in öffentlich-rechtlicher Hinsicht als mit den von den Baubehörden wahrzunehmenden baurechtlichen Vorschriften übereinstimmend für zulässig erklärt wird. Die Erteilung der Baubewilligung ist ein antragsbedürftiger Verwaltungsakt (Bescheid), der ohne das Vorliegen eines darauf gerichteten Antrages rechtswidrig ist.

Nur das beantragte Bauvorhaben kann bewilligt oder nicht bewilligt werden. Aus der Antragsbedürftigkeit der Baubewilligung folgt, dass die Baubehörde über das Parteibegehren, wie es sich aus dem Ansuchen, den Plänen und der Baubeschreibung ergibt, abzusprechen hat (VwGH 2007/05/0199, 2013/06/0245, Ra 2017/06/0009).

Das Baubewilligungsverfahren ist ein Projektgenehmigungsverfahren. Es ist der in den Einreichplänen und in den Baubeschreibungen zum Ausdruck gebrachte Bauwille des Bauwerbers entscheidend. Die Baubewilligung ist demnach ein antragsbedürftiger Verwaltungsakt, der einen auf seine Erlassung gerichteten, von einer hiezu legitimierten Partei gestellten Antrag voraussetzt (VwGH 2008/05/0077, 2012/06/0227).

 

Im gegenständlichen Fall wurden mit den beiden erstinstanzlichen Bescheiden zwei Baubewilligungen erteilt unter Bezugnahme auf ein einziges Bauansuchen.

Die Baubewilligung ist ein antragsbedürftiger Verwaltungsakt, der nur dann rechtmäßig ist, wenn ein auf seine Erlassung gerichteter Antrag vorliegt. Die Baubehörde kann nicht etwas Anderes bewilligen als das, was dem Willen des Bauherrn entspricht. Ein Bauvorhaben ist sohin grundsätzlich ein unteilbares Ganzes, das nur als solches von der Baubehörde bewilligt oder abgelehnt werden kann. Die Baubehörde hat über das Parteibegehren, wie es sich aus dem Ansuchen, den beigebrachten Plänen und der Baubeschreibung ergibt, abzusprechen (VwGH 2004/06/0227).

 

Im gegenständlichen Fall liegt für zwei Baubewillligungsbescheide nur ein Bauansuchen vor. Trotz der Projektsänderungen und der durchgeführten Änderung der Grundstücksgrenzen wurde seitens der Bauwerberin im Zuge des Verfahrens auch stets betont, dass sich das mit Bauansuchen vom 25. Mai 2016 eingereichte Projekt dadurch nicht wesentlich geändert habe, insbesondere wurde auch seitens der Bauwerberin keine Teilung des Bauvorhabens in zwei voneinander getrennte Projekte vorgenommen. Wie auch in der Beschwerde dargestellt wird, habe sich durch die Änderung der Einreichunterlagen am Bauwillen der Bauwerberin nichts geändert. Der Bauwille sei jedenfalls auf Erteilung einer Baubewilligung für das gesamte Bauvorhaben von Beginn an gerichtet gewesen.

 

Obwohl sohin seitens der Bauwerberin die Bewilligung eines ungeteilten Bauvorhabens beantragt wurde, wurden seitens der Baubehörde erster Instanz zwei Baubewilligungen erteilt, ohne dass zwei darauf gerichtete Bauansuchen vorgelegen wären.

 

Eine Abweichung von dem Grundsatz der Unteilbarkeit eines Bauvorhabens ist nur dann zulässig, wenn sich das Vorhaben in mehrere selbständige (trennbare) Bestandteile zerlegen lässt. Diese Voraussetzung liegt dann vor, wenn die Ausführung des bewilligten Teiles möglich ist, ohne dass an dem Projekt Änderungen vorgenommen werden müssen (VwGH 97/05/0290, 2004/06/0227).

 

Auch wenn es nach den Beschwerdeausführungen für die Beschwerdeführerin und Bauwerberin unerheblich sei, ob die für das gesamte Bauvorhaben beantragte Baubewilligung in einem einheitlichen Bescheid oder in zwei getrennten Bescheiden erfolgte, so ist dennoch festzuhalten, dass die Rechtmäßigkeit einer gesonderten Baubewilligung für einen Teil eines Bauvorhabens auch dessen gesonderte Bewilligungsfähigkeit voraussetzt.

 

Gemäß § 23 Abs. 1 NÖ Bauordnung 2014 umfasst eine Baubewilligung das Recht zur Ausführung des Bauwerks und dessen Benützung nach Fertigstellung.

 

Damit ist die Baubewilligung eine Befugnis, von der derjenige, der sie erwirkt und dem sie erteilt wird, Gebrauch machen kann, aber nicht muss. Eine Verpflichtung zur Bauausführung wird durch eine Baubewilligung nicht begründet, der Bauwerber kann zur Ausführung eines bewilligten Bauvorhabens nicht gezwungen werden.

Daraus folgt aber, dass bei einer Teilung eines Gesamtbauvorhabens jeder der Teile auch für sich allein bewilligungsfähig sein muss. Bei Untrennbarkeit des Bauvorhabens könnte es sonst zur Bewilligung von einzeln nicht bewilligungsfähigen Teilen eines Projektes kommen, der Bauwerber könnte nur diesen Teil ausführen und auf die Ausführung der anderen, gesondert bewilligten Teile verzichten. Im Falle einer Untrennbarkeit des Projektes würden sich Teilbewilligungen somit als rechtswidrig erweisen.

 

Es stellt sich daher die Frage, ob eine Trennung des mit Bauansuchen vom 25. Mai 2016 eingereichten Gesamtbauvorhabens in die von der Baubehörde gesondert bewilligten Projektteile möglich und zulässig ist, sohin ob jeder der beiden Projektteile auch für sich allein bewilligungsfähig wäre.

 

Aufgrund des Bauansuchens vom 25. Mai 2016, den angeschlossenen Einreichunterlagen ebenso wie den später vorgelegten Unterlagen über die Änderung des Projektes und letztlich auch aufgrund des Beschwerdevorbringens ist kein Anhaltspunkt dafür zu erkennen, es könnte sich beim gegenständlichen Bauvorhaben nicht um ein unteilbares Ganzes handeln.

 

Auch entsprechend den mit 17. Jänner 2017 abgeänderten Einreichunterlagen soll eine gemeinsame unterirdische Garage errichtet werden. Entsprechend den abgeänderten Baubeschreibungen werden beide Baukörper an die jeweiligen Nachbargebäude angekoppelt.

Zur Gemeinschaftsgarage wird beim Wohnhaus *** auf GSt. *** ausgeführt, dass 11 Stellplätze für 11 Wohnungen hergestellt werden, „zusätzlich werden 9 Stellplätze für Wohnhaus *** hergestellt.“

Beim Wohnhaus *** auf GSt. *** wird ausgeführt, dass 9 Stellplätze für 9 Wohnungen „beim Haus *** sichergestellt“ seien.

 

Daraus folgt aber, dass der Baubewilligungsbescheid zu GZ. *** (***), mit welchem auch die grenzüberschreitende unterirdische Tiefgarage bewilligt wurde, die Errichtung von 20 Stellplätzen in der gemeinsamen Tiefgarage vorsieht, während der Baubewilligungsbescheid zu GZ. *** (***) keine Errichtung von Stellplätzen vorsieht, sollen diese doch „beim Haus *** sichergestellt“ werden. Eine Ausführung lediglich dieser zweiten Baubewilligung zu GZ. *** (***) würde dementsprechend eine Ausführung ohne Tiefgarage und ohne Stellplätze ermöglichen.

 

Wie auch ausführlich in der Begründung des angefochtenen Berufungsbescheides näher festgestellt, handelt es sich bei der im gemeinsamen Untergeschoß projektierten Tiefgarage um eine Gemeinschaftsgarage, die auch über eine gemeinsame Aus- und Einfahrt für beide Baukörper verfügt. Technikräume und Heizanlage für beide Baukörper sind im gemeinsamen Untergeschoß projektiert.

Eine Ausführung lediglich der zweiten Baubewilligung zu GZ. *** (***) würde eine Ausführung ohne diese Gemeinschaftsanlagen ermöglichen.

 

Daraus folgt aber die Unteilbarkeit des Bauvorhabens vom 25. Mai 2016 bzw. die Unzulässigkeit getrennter Baubewilligungsbescheide. Zudem wurde auch in diesem Bauansuchen die Erlassung zweier Baubewilligungsbescheide nicht beantragt. Durch die beiden Baubewilligungsbescheide des Stadtamtes wurde über etwas Anderes, über ein „aliud“, über eine von der Bauwerberin nicht beantragte Sache entschieden.

 

Zu den beiden – lediglich von der Baubehörde erster Instanz angenommen – voneinander nicht trennbaren Bauvorhaben liegen weder Baubewilligungsanträge vor, noch wurde dazu eine mündliche (Bau-)Verhandlung durchgeführt. Vielmehr wurden vom Stadtamt zwei antragslose Baubewilligungen erteilt. Die Erteilung der Baubewilligung ist aber ein antragsbedürftiger Verwaltungsakt, der ohne das Vorliegen eines darauf gerichteten Antrages rechtswidrig ist. Ohne Antrag besteht nämlich auch keine Zuständigkeit der Baubehörde zur Erlassung einer Baubewilligung.

Bescheide, die von einer unzuständigen Behörde erlassen werden, sind jedenfalls rechtswidrig (VwGH 95/05/0066).

 

Dass das Mitspracherecht der Nachbarn im Baubewilligungsverfahren eingeschränkt ist, bedeutet jedenfalls nicht, dass auf einen Antrag verzichtet werden könnte. Hinsichtlich der Verletzung von Nachbarrechten ist bezüglich des Baubewilligungsantrages nur maßgeblich, dass die Baubewilligung nicht antragslos ergehen darf (VwGH 2006/06/0337). Der Nachbar hat nämlich sehr wohl einen Rechtsanspruch darauf, dass eine Baubewilligung nicht ohne Antrag erteilt wird.

Das Recht auf Entscheidung durch die zuständige Behörde ist ein unverzichtbares Recht, durch die Unterlassung der Geltendmachung der Unzuständigkeit einer Behörde kann eine Zuständigkeit nicht begründet werden. Die Unzuständigkeit ist in jeder Lage des Verfahrens, auch wenn sie von den Parteien nicht geltend gemacht wird, wahrzunehmen (VwGH 2005/08/0176, 2009/08/0054).

Die Unzuständigkeit der Behörde erster Instanz ist in jeder Lage des Verfahrens von der Berufungsbehörde bzw. vom Verwaltungsgericht von Amts wegen wahrzunehmen (VwGH Ro 2014/17/0121, Ro 2018/02/0001).

War die Unterbehörde unzuständig, so ist die Berufungsbehörde dafür zuständig, diese Unzuständigkeit aufzugreifen und den bekämpften Bescheid zu beheben. Greift die Berufungsbehörde die sich aus der Unzuständigkeit der Behörde, die in erster Instanz entschieden hat, ergebende Rechtswidrigkeit nicht auf, sondern entscheidet sie in der Sache selbst, begründet dies eine Rechtswidrigkeit des Berufungsbescheides, auch wenn dieser Umstand in der Berufung nicht geltend gemacht wurde (VwGH 94/01/0597, 2008/07/0049).

 

Die infolge fehlender Baubewilligungsanträge für die bewilligten „Teil-Projekte“ bestehende Unzuständigkeit der Baubehörde erster Instanz war daher von der Berufungsbehörde von Amts wegen wahrzunehmen. Die Zuständigkeit der Berufungsbehörde wurde wiederum durch zulässige Berufungen von Nachbarn begründet.

 

Folgende Nachbarn haben rechtzeitig – gegen beide erstinstanzliche Baubewilligungsbescheide – Berufung erhoben:

G und H sind je zur Hälfte Eigentümer des Grundstückes *** (***), welches an das Baugrundstück Nr. *** (***) unmittelbar angrenzt. I und J sind je zur Hälfte Miteigentümer des Grundstückes *** (***), welches an beide Baugrundstücke angrenzt.

K und L sind zu je 187/900 Anteilen Miteigentümer des Grundstückes *** (***), welches vom Baugrundstück Nr. *** (***) nicht mehr als 14 Meter getrennt ist. M ist alleiniger Eigentümer des Grundstückes *** (***), welches an das Baugrundstück Nr. *** (***) unmittelbar angrenzt.

 

Berufungen von Nachbarn des jeweiligen Baugrundstückes sind insofern auch zulässig, als darin die Verletzung von näher bezeichneten subjektiv-öffentlichen Rechten bzw. die Unzuständigkeit der Baubehörde zumindest behauptet wird. Präklusion scheidet diesbezüglich aus, hat doch für keines der beiden antragslos bewilligten Projekte eine Bauverhandlung stattgefunden. Insbesondere haben Nachbarn auch einen Rechtsanspruch darauf, dass eine Baubewilligung nicht ohne Antrag erteilt wird.

 

Für keines der beiden mit den Bescheiden vom 13. April 2016 bewilligten „Teil‑Projekte“ liegt überhaupt ein Antrag vor. Insofern sind diese beiden Baubewilligungsbescheide auch antragslos ergangen. Die Berufungsbehörde war berechtigt, aufgrund zulässiger Nachbarberufungen, diese fehlende Zuständigkeit der Baubehörde erster Instanz von Amts wegen aufzugreifen, die antragslos erteilten Baubewilligungen aus dem Rechtsbestand auszuscheiden und ersatzlos zu beheben. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Die in der Beschwerde geforderte Sachentscheidung über das Bauansuchen vom 25. Mai 2016 kam weder für die Berufungsbehörde in Betracht noch für das Landesverwaltungsgericht, war doch Verfahrensgegenstand ausschließlich die Frage der Zuständigkeit der Baubehörde erster Instanz und hat die Baubehörde erster Instanz über dieses Bauansuchen (als Gesamtprojekt) bisher noch keinen Bescheid erlassen. Mit der Aufhebung der beiden antragslos erteilten Baubewilligungen wurde keinesfalls das Bauansuchen vom 25. Mai 2016 abgewiesen, vielmehr hat die Bauwerberin – nach wie vor – einen Rechtsanspruch auf Entscheidung über diesen auf Erteilung einer Baubewilligung für das gesamte Bauvorhaben gerichteten und bislang noch unerledigten Antrag durch die Baubehörde erster Instanz.

 

4. Zur Nichtdurchführung einer mündlichen Verhandlung:

 

Das Verwaltungsgericht hält eine Verhandlung nicht für erforderlich, lässt doch bereits der vorgelegte Akt erkennen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.

In der Beschwerde wurden keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen werden (vgl. VwGH vom 10. August 2000, 2000/07/0083, und vom 14. Mai 2003, 2000/08/0072; vgl. sowie EGMR vom 13. März 2012, Application no. 13556/07, Friedrich Efferl against Austria).

 

Der EGMR hat das Vorliegen von Umständen, bei deren Vorliegen von einer Verhandlung abgesehen werden kann, dann angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist hier geklärt schon allein aufgrund der Einreichunterlagen zum Bauansuchen. In der vorliegenden Beschwerde wurden im Ergebnis ausschließlich Rechtsfragen aufgeworfen, zu deren Lösung im Sinne der Judikatur des EGMR eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist. Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen.

 

5. Zu Spruchteil 2 – Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abweicht und eine gesicherte und einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt.

 

Die Beurteilung der Rechtsfrage, ob im gegenständlichen Fall ein trennbares Bauvorhaben vorliegt, geht nicht über die Bedeutung des konkreten Einzelfalles hinaus. Im Hinblick auf die obigen Ausführungen (siehe 3.) liegen auch sonst keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.

 

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