BVwG W108 2293238-2

BVwGW108 2293238-21.7.2024

AsylG 2005 §3 Abs1
AVG §69 Abs1 Z1
B-VG Art133 Abs4
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2
FPG §55 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2024:W108.2293238.2.00

 

Spruch:

 

W108 2279510-3/2E, W108 2279510-2/7EW108 2293238-2/2E, W108 2293238-1/7EW108 2293241-2/2E, W108 2293241-1/4EW108 2293243-2/2E, W108 2293243-1/4EW108 2293245-2/2E, W108 2293245-1/4E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. BRAUCHART als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1. XXXX , geboren am XXXX , 2. XXXX , geboren am XXXX , 3. XXXX , geboren am XXXX , 4. XXXX , geboren am XXXX , 5. XXXX , geboren am XXXX , jeweils Staatsangehörigkeit Armenien,

I. gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl jeweils vom 29.03.2024, 1. Zl. 1312497409/221967845, 2. Zl. 1312494200/221967815, 3. Zl. 1312474001/221967896, 4. Zl. 1312473102/221967918 und 5. Zl. 1312470503/221967934 (hg. 1. W108 2279510-3, 2. W108 2293238-2, 3. W108 2293241-2, 4. W108 2293243-2 und 5. W108 2293245-2) und

II. gegen die Spruchpunkte VI. und VIII. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl jeweils vom 07.05.2024, 1. Zl. 1312497409/221967845, 2. Zl. 1312494200/221967815, 3. Zl. 1312474001/221967896, 4. Zl. 1312473102/221967918 und 5. Zl. 1312470503/221967934 (hg. 1. W108 2279510-2, 2. W108 2293238-1, 3. W108 2293241-1, 4. W108 2293243-1 und 5. W108 2293245-1) zu Recht:

 

 

A)

I. Die Beschwerde gegen die Bescheide vom 29.03.2024 wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerde gegen die Spruchpunkte VI. der Bescheide vom 07.05.2024 wird stattgegeben und die angefochtenen Bescheide werden dahingehend abgeändert, dass die Spruchpunkte VI. zu lauten haben: „Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt gemäß § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage.“

Der Beschwerde gegen die Spruchpunkte VIII. der Bescheide vom 07.05.2024 wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass die Dauer des Einreiseverbotes gemäß § 53 Abs. 2 FPG auf zwei (2) Jahre herabgesetzt wird.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG jeweils nicht zulässig.

 

 

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang, Sachverhalt und Vorbringen:

1. Die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer sind miteinander verheiratet und die Eltern sowie gesetzlichen Vertreter der minderjährigen dritt- bis fünftbeschwerdeführenden Parteien.

Sie begehrten mit Anträgen jeweils vom 22.06.2022 internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (im Folgenden: Antrag bzw. Asylantrag und AsylG) und gaben an, nur syrische Staatsbürger und in Syrien asylrelevant bedroht zu sein.

2. Mit (in Rechtskraft erwachsenen) Bescheiden jeweils vom 14.08.2023 entschied die belangte Behörde über diese Anträge dahin, dass sie den zweit- bis fünftbeschwerdeführenden Parteien den Status der Asylberechtigten gemäß § 3 AsylG zuerkannte sowie der Erstbeschwerdeführerin den subsidiären Schutz gemäß § 8 AsylG gewährte sowie ihr eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilte.

Mit Spruchpunkt I. des Bescheides vom 14.08.2023, Zl. 1312497409/221967845, wies die belangte Behörde den Antrag der Erstbeschwerdeführerin hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten ab. Gegen Spruchpunkt I. des Bescheides vom 14.08.2023, Zl. 1312497409/221967845, erhob die Erstbeschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG (Parteibeschwerde) an das Bundesverwaltungsgericht.

3. Aufgrund einer bei ihr eingegangenen Verdachtsmeldung bestellte die belangte Behörde am 01.03.2024 einen Sachverständigen zur Beantwortung der Frage, ob die beschwerdeführenden Parteien über die armenische Staatsbürgerschaft verfügen.

In seinen in der Folge erstatteten Gutachten vom 12.03.2024 und vom 10.03.2024 kommt der Sachverständige zum Schluss, dass die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer zweifelsfrei Staatsbürger der Republik Armenien sind.

4.1. Die belangte Behörde leitete daraufhin Verfahren zur beabsichtigten Wiederaufnahme und neuerlichen Entscheidung betreffend den rechtskräftig zuerkannten Status der Asylberechtigten (zweit- bis fünftbeschwerdeführende Parteien) bzw. des subsidiären Schutzes (Erstbeschwerdeführerin) ein, wobei die Gutachten den beschwerdeführenden Parteien mitgeteilt wurden und sie sowohl schriftlich als auch im Rahmen der durchgeführten Einvernahme am 18.03.2024 mündlich dazu Stellung nehmen konnten.

Die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer gaben an, sie seien nur syrische Staatsbürger.

4.2. Mit (den im Spruch unter Punkt I. angeführten) Bescheiden jeweils vom 29.03.2024 nahm die belangte Behörde gemäß § 69 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 3 AVG das Verfahren über den Antrag der Erstbeschwerdeführerin auf internationalen Schutz betreffend die mit Bescheid vom 14.08.2023 rechtskräftig entschiedene Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten und die Verfahren über die Anträge auf internationalen Schutz der zweit- bis fünftbeschwerdeführenden Parteien betreffend die mit Bescheiden vom 14.08.2023 rechtskräftig entschiedene Zuerkennung des Status der Asylberechtigten wieder auf.

Die belangte Behörde führte im Kern aus, die beschwerdeführenden Parteien hätten zu wesentlichen Tatsachen, welche für die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten bzw. subsidiär Schutzberechtigten maßgeblich seien, wissentlich falsche Angaben gemacht, da sie verschwiegen hätten, dass sie Staatsangehörige der Republik Armenien seien, im Wählerverzeichnis der Republik Armenien aufschienen und im Besitz von armenischen Reisepässen seien. Bei den von den beschwerdeführenden Parteien gesetzten Verhaltensweisen handle es sich um solche, die tatbildlich für das Erschleichen iSd § 69 Abs. 1 Z 1 AVG seien.

4.3. Gegen die unter Punkt 4.2. dargestellten Bescheide erhoben die beschwerdeführenden Parteien fristgerecht mit gemeinsamem Schriftsatz vom 02.05.2024 Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG.

In dieser wurde ausgeführt, dass die Wiederaufnahme der Verfahren zu Unrecht erfolgt sei. Die Statusrichtlinie sehe zwar in Art. 14. Abs. 3 lit. b eine Aberkennung des Status des/der Asylberechtigten vor, wenn falsche Darstellungen oder ein Verschweigen von Tatsachen für die Zuerkennung ausschlaggebend seien. Allerdings müsse der Status des/der Asylberechtigten bis zur Rechtskraft der Aberkennung aufrecht bleiben. Im österreichischen Recht würden die unionsrechtlich vorgesehenen Verfahrensgarantien im Falle eines Wiederaufnahmeverfahrens geradezu ins Gegenteil verkehrt, da der Asylwerber erneut seine Verfolgung glaubhaft machen müsse, die Beweislast der Statusrichtlinie, wonach die Behörde beweisen müssen, dass die Voraussetzungen nie vorgelegen haben, werde umgedreht. Für die zweit- bis fünftbeschwerdeführenden Parteien bedeute dies, dass eine Wiederaufnahme unzulässig sei und auch eine Aberkennung mangels ausdrücklichem Aberkennungstatbestand ausscheide. Im Falle der Erstbeschwerdeführerin sei eine Wiederaufnahme deshalb unzulässig, weil eine Aberkennung subsidiären Schutzes nach § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG nicht in Betracht komme.

5.1. Mit (den unter Punkt II. angefochtenen) Bescheiden jeweils vom 07.05.2024 entschied die belangte Behörde bezüglich der beschwerdeführenden Parteien Folgendes:Die Anträge auf internationalen Schutz vom 22.05.2022 wurden hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.).Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurden ihre Anträge auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Armenien abgewiesen (Spruchpunkt II.). Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG wurde ihnen nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Armenien zulässig ist (Spruchpunkt V.) Gemäß § 55 Abs. 1a FPG besteht keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI.).Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über ihren Antrag auf internationalen Schutz wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 1, 3, 4 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.).Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG wurde gegen sie ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VIII.).

Die belangte Behörde traf auf der Grundlage der Länderinformation der Staatendokumentation zu Armenien Feststellungen zur Lage in Armenien und ging des Weiteren, besonders aufgrund der eingeholten Gutachten, insbesondere von folgendem Sachverhalt aus:

Die beschwerdeführenden Parteien seien Staatsangehörige der Republik Armenien. Die Erstbeschwerdeführerin sei mit dem Zweitbeschwerdeführer verheiratet und die dritt- bis fünftbeschwerdeführenden Parteien seien ihre Kinder. Sie lebten gemeinsam im Bundesgebiet. Sie seien gesund. Es könne nicht festgestellt werden, dass Angehörige der Bevölkerungsgruppe der syrischen Armenier in Armenien einer landesweiten Gruppenverfolgung unterlägen. Es könne ebenso nicht festgestellt werden, dass sie völlig mittellos wären, die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer seien im Firmenbuch der Republik Armenien als Einzelunternehmer eingetragen. Der Firmensitz sei ident mit der Wohnadresse. Sie hätten eine Unterkunft in Armenien. Die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer seien in Syrien geboren und dort aufgewachsen. Sie hätten die armenische Staatsbürgerschaft angenommen. Die Erstbeschwerdeführerin verfüge seit XXXX 2013 über einen eigenen authentischen armenischen Reisepass, der Zweitbeschwerdeführer seit dem XXXX 2017. Die Erstbeschwerdeführerin sei eine volljährige, arbeitsfähige, gesunde Frau, der Zweitbeschwerdeführer ein volljähriger, arbeitsfähiger, gesunder Mann. Sie würden mit Armenisch die in Armenien gängigste Sprache auf Mutterspracheniveau und auch Arabisch sprechen. Sie hätten eine abgeschlossene Schulbildung genossen. Die Erstbeschwerdeführerin verfüge über eine Berufsausbildung als Verkäuferin, der Zweitbeschwerdeführer als Friseur, beide hätten in diesen Berufen auch gearbeitet. Sie hätten sich am XXXX 2013 bzw. am XXXX 2017 einen armenischen Reisepass ausstellen lassen und zuletzt in XXXX gelebt. Sie seien in Syrien geboren und in der armenischen Community in XXXX sozialisiert worden. Alle Verwandten seien Armenier armenischer Religion und lebten in XXXX . Es habe nicht festgestellt werden können, dass ihnen in ihrem Heimatland Armenien die Lebensgrundlage gänzlich entzogen werde oder dass sie bei einer Rückkehr in eine die Existenz bedrohende Notlage gedrängt würden. Es habe nicht festgestellt werden können, dass sie im Heimatland in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt seien. Sie seien keinen Verfolgungshandlungen durch staatliche Behörden ausgesetzt. Es könne keine (wie auch immer geartete) Gefährdung ihrer Personen im Falle der Rückkehr nach Armenien festgestellt werden. Die Rückkehrentscheidung verstoße nicht gegen das Kindeswohl. Der Aufenthalt der beschwerdeführenden Parteien in Österreich sei seit dem Tag der Asylantragstellung nachweisbar. Sie seien gemeinsam als Familie nach Österreich eingereist. Der Fünftbeschwerdeführer besuche derzeit die erste Klasse der Volksschule, der Drittbeschwerdeführer und die Viertbeschwerdeführerin besuchten den Kindergarten. Die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer unterhielten sich mit den Kindern in Arabisch. Der Fünftbeschwerdeführer spiele Fußball. Der Drittbeschwerdeführer beschäftige sich mit Kick-Boxen. Die Viertbeschwerdeführerin sei nur im Kindergarten. Die Kinder würden Arabisch und ein wenig Deutsch sprechen und hätten außerhalb der Schule noch keine Freunde gefunden. Der Fünftbeschwerdeführer möchte Pilot werden, der Drittbeschwerdeführer Anwalt, die Viertbeschwerdeführerin möchte sich mit Musik beschäftigen. Die Berufswünsche der Kinder ließen sich in Armenien verwirklichen. lm Vergleich zum Lebensalter der Kinder sei die Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet vernachlässigbar. Die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer lebten mit den Kindern im gemeinsamen Haushalt und seien zur Obsorge für die Kinder berechtigt. Die beschwerdeführenden Parteien litten an keiner schweren oder lebensbedrohlichen Erkrankung (in den Bescheiden der dritt- bis fünftbeschwerdeführenden Parteien ist teilweise angeführt, sie litten an einer schweren Erkrankung). Die Deutschkenntnisse der Erstbeschwerdeführerin seien vernachlässigbar, bewegten sich auf dem Niveau A1, eine Deutschprüfung hätte sie bislang nicht abgelegt. Dem Arbeitsmarkt hätte sie sich bislang noch nicht zur Verfügung gestellt. Der Zweitbeschwerdeführer hätte einen Deutschkurs Niveau A2 abgeschlossen. Er hätte keine Unterlagen vorgelegt, welche seine Integration in die Gesellschaft Österreichs bescheinigen könnten, er besuche derzeit einen Deutschkurs. Bisher seien sie in Österreich nicht selbsterhaltungsfähig, sie arbeiteten nicht. Sie verfügten seit ihrer Einreise über einen durchgehenden Meldeverlauf in Österreich und lebten von der Grundversorgung des Landes. Sie bestritten den gesamten Lebensunterhalt mit Unterstützung des österreichischen Staates, obwohl sie seit 22.08.2023 über den Status von Asylberechtigten bzw. der subsidiär Schutzberechtigten verfügten. Sie hätten im Bundesgebiet außerhalb der Kernfamilie keine weiteren Verwandten. Sie würden kaum am öffentlichen Leben in Österreich teilnehmen. Sie seien (wären) im Heimatland berufstätig (gewesen), seien als Einzelunternehmer im Firmenregister eingetragen. Bei einer Rückkehr in den Heimatstaat würden sie in der Lage sein, durch ihre Berufstätigkeit wieder eine ausreichende Lebensgrundlage zu finden und ihr Existenzminimum zu sichern, sie würden daher nicht in eine hoffnungslose Lage, auch nicht in der Übergangsphase nach ihrer Rückkehr, kommen, zumal sie auch Unterstützung von ihren Angehörigen erhalten könnten. Das Bankenwesen in Armenien funktioniere. Sie hätten eine Unterkunft in Armenien. lhre Existenz sei durch ihre Arbeitsfähigkeit sowie ebenso durch die Unterstützung von etwaigen NGOs gesichert. Rückkehrende würden grundsätzlich nach Ankunft in die Gesellschaft integriert. Sie hätten Zugang zu allen Berufsgruppen, auch im Staatsdienst, und überdurchschnittlich gute Chancen, Arbeit zu finden. Für rückkehrende Migranten sei ein Beratungszentrum geschaffen worden; es handle sich um ein Projekt der französischen Büros für Einwanderung und Migration (OFFI). Rückkehrer könnten sich auch an den armenischen Migrationsdienst wenden, der ihnen mit vorübergehender Unterkunft und Beratung zur Seite stehe. Fälle, in denen Rückkehrer festgenommen oder misshandelt worden seien, seien nicht bekannt. Seit 2019 führe der Migrationsdienst der Republik Armenien das „Staatliche Programm zur primären Unterstützung der Wiedereingliederung von zurückgekehrten (einschließlich unfreiwillig zurückgekehrten) Staatsbürgerlnnen in die Republik Armenien“ durch. Das Programm biete armenischen Staatsbürgerlnnen, die nach Armenien zurückkehren, primäre Unterstützung, um ihre vollständige und nachhaltige Wiedereingliederung zu gewährleisten. Das JRS-Programm (,,Joint Reintegration Services") sei zum 01.04.2022 gestartet und biete individuelle Reintegrationshilfen für Rückkehrende in ihre Herkunftsländer. Reintegrationspartner im von Frontex finanzierten JRS-Programm und JRS-Hilfen stünden auch für Armenien zur Verfügung. Darüber hinaus gewähre der Staat Österreich Rückkehrhilfe, welche u.a. auch die Versorgung mit notwendigen Medikamenten im Zuge der Rückkehr sicherstelle.

Zum Einreiseverbot stellte die belangte Behörde fest: Die beschwerdeführenden Parteien hätten ihre Asylanträge im Wesentlichen damit begründet, dass es in Syrien an Sicherheit mangle und der Zweitbeschwerdeführer Syrien deswegen verlassen hätte müssen, weil er vom Militär desertiert wäre. Sie seien am 23.06.2022 einer Erstbefragung unterzogen und am 02.06.2023 von der belangten Behörde zu ihrem Asylbegehren einvernommen worden. Sie hätten verschwiegen, dass sie bereits seit dem Jahr 2013 bzw. 2017 über einen armenischen Reisepass und somit über die armenische Staatsbürgerschaft verfügten. Sie hätten auf den entsprechenden Vorhalt im Wesentlichen angegeben, sie hätten nie in Armenien gelebt, sie wären syrische Staatsbürger. Sie wären noch nie in ihrem Leben in Armenien gewesen. Bereits zum Zeitpunkt der Asylantragstellung hätten die beschwerdeführenden Parteien die armenische Staatsbürgerschaft inne gehabt und die Behörden in Hinblick auf die wahre Staatsangehörigkeit getäuscht. Sie hätten während des gesamten Verfahrens in Abrede gestellt, über die armenische Staatsbürgerschaft zu verfügen und hätten als syrische Staatsbürger während des gesamten Aufenthalts im Bundesgebiet die Grundversorgung in Anspruch genommen. Aufgrund der hohen Schadenssumme ergehe von der belangten Behörde an die Staatsanwaltschaft eine Anzeige wegen schweren gewerbsmäßigen Betruges. Die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer seien im Firmenbuch der Republik Armenien als Einzelunternehmer eingetragen und verfügten wohl auch über ein Einkommen daraus, da das Bankenwesen in Armenien funktioniere. Es liege keine Bedürftigkeit vor. Sie hätten sich bislang dem Arbeitsmarkt in Österreich nicht zur Verfügung gestellt und bislang kein Interesse an der Integration in die Gesellschaft und den Arbeitsmarkt in Österreich gezeigt, sondern würden mit großer Selbstverständlichkeit die Sozialleistungen in Österreich zu Unrecht in Anspruch nehmen. Hingewiesen sei auf das mangelnde Verständnis der beschwerdeführenden Parteien für die nationale Rechtsordnung. Eine positive Prognose sei in ihrem speziellen Fall daher nicht zu erwarten. Durch ihre offensichtliche Missachtung der Auflagen der Behörde sowie der Tatsache, dass sie ihren armenischen Pass bislang der Behörde bewusst vorenthalten hätten, stelle ihr Aufenthalt im Bundesgebiet eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar. Aus dem Umstand, wie sie ihren bisherigen Aufenthalt im Bundesgebiet gestaltet hätten und dass sie ihren Aufenthalt im Bundesgebiet nach ihrer widerrechtlichen Einreise durch Stellen eines unbegründeten und missbräuchlichen Asylantrags zu legalisieren versucht hätten, komme die belangte Behörde zu einer negativen Prognose in Bezug auf ihre Zukunft in Österreich. Gegen die beschwerdeführenden Parteien werde somit ein Einreiseverbot in der Dauer von fünf Jahren erlassen (in der [weiteren] Begründung der Bescheide der Erstbeschwerdeführerin und des Zweitbeschwerdeführers und in den Bescheiden der dritt- bis fünftbeschwerdeführenden Parteien ist ausgeführt, dass die Gültigkeitsdauer des Einreiseverbotes von drei Jahren angemessen sei).

5.2. Gegen die unter Punkt 5.1. dargestellten Bescheide vom 07.05.2024 erhoben die beschwerdeführenden Parteien mit gemeinsamen Schriftsatz vom 31.05.2024 fristgerecht Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG ausdrücklich ausschließlich im Umfang der Spruchpunkte VI. bis VIII. (Nichtgewährung einer Frist für die freiwillige Ausreise; Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde; Erlassung eines befristeten Einreiseverbotes in der Dauer von fünf Jahren).

In dieser wurde zusammengefasst ausgeführt: Die belangte Behörde habe ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren geführt und mangelhafte Feststellungen getroffen. Die Behörde habe zum Privat- und Familienleben der beschwerdeführenden Parteien in Österreich nicht ausreichend ermittelt. Die Behörde habe mangelhaft festgestellt, dass kein unverhältnismäßiger Eingriff in Art. 8 EMRK und auch kein Verstoß gegen das Kindeswohl vorliegen würde. Dies sei insofern falsch, als alle beschwerdeführenden Parteien sehr bemüht seien, sich in Österreich bestmöglich zu integrieren. Der Zweitbeschwerdeführer besuche derzeit einen A1-Deutschkurs, die Erstbeschwerdeführerin einen Alphabetisierungskurs. Beide seien sehr motoviert, sich alsbald einen Job zu suchen, konkret möchte der Zweitbeschwerdeführer wieder als Friseur tätig sein. Beide hätten einige gute Freundschaften in Österreich geschlossen. Die dritt- bis fünftbeschwerdeführenden Parteien besuchten den Kindergarten bzw. die Schule. Sie hätten bereits viele Freundschaften geschlossen und würden gut Deutsch sprechen. Zudem spiele der Fünftbeschwerdeführer zweimal wöchentlich Fußball in einem Fußballverein. Der Drittbeschwerdeführer sei Mitglied in einem Kickboxverein, wo er wöchentlich einen Kurs besuche. Die Viertbeschwerdeführerin sei mit ihren fünf Jahren noch zu klein, um derartige Freizeitaktivitäten besuchen zu können. Die beiden älteren Kinder besuchten zudem samstags einen Verein, um Deutsch zu lernen und mit anderen Kindern Ausflüge zu machen. Alle drei Kinder besuchten sonntags eine christliche Schule. All dies zeige die intensiven Bemühungen der Erstbeschwerdeführerin und des Zweitbeschwerdeführers, sich und ihre Kinder bestmöglich in Österreich zu integrieren, um hier Fuß fassen zu können. Es bestehe jedenfalls ein schützenswertes Privat- und Familienleben der beschwerdeführenden Parteien. Insbesondere das fünfjährige Einreiseverbot würde einen gravierenden Eingriff darstellen. Die sofortige Abschiebung der beschwerdeführenden Parteien würde eine unverhältnismäßige Verletzung ihrer Rechte nach Art. 8 EMRK darstellen. Insbesondere für die dritt- bis fünftbeschwerdeführenden Parteien wäre eine sofortige Abschiebung fatal, da alle drei die Schule bzw. den Kindergarten besuchten. Eine sofortige Abschiebung wäre nicht im Sinne des Kindeswohles. Vor dem Hintergrund, dass das Schuljahr bereits in wenigen Wochen beendet sei, wäre es sinnvoll und zum Wohle der Kinder, wenn diese dieses Schuljahr zumindest noch beenden dürften. Aus diesem Grund werde die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde angeregt. lm vorliegenden Fall sei die belangte Behörde auch zu Unrecht vom Primat der freiwilligen Ausreise abgewichen, indem der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt worden sei (und infolgedessen auch keine Frist für die freiwillige Ausreise eingeräumt worden sei). Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung sowie die darauf gestützte Nicht-Gewährung einer Frist zur freiwillige Ausreise seien rechtswidrig erfolgt. Eine Beschwer der beschwerdeführenden Parteien liege bezüglich dieser Spruchpunkte schon deshalb vor, weil § 60 FPG für die nachträgliche antragsgebundene Aufhebung oder Verkürzung eines Einreiseverbotes voraussetze, dass der Antragsteller das Gebiet der Mitgliedstaaten fristgerecht verlassen habe. Ohne Gewährung einer Frist für die freiwillige Ausreise sei das den Betroffenen nicht möglich, wenn ihrer Beschwerde auch keine aufschiebende Wirkung zukomme. Durch die Nichtgewährung der Frist für die freiwillige Ausreise und die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde werde den beschwerdeführenden Parteien die Möglichkeit zur späteren Stellung eines dahingehenden Antrags verwehrt. Die Erlassung eines Einreiseverbotes für die Dauer von fünf Jahren erweise sich im Fall der beschwerdeführenden Parteien als unrechtmäßig: Die Behörde werfe den beschwerdeführenden Parteien vor, dass sie den Asylantrag missbräuchlich gestellt hätten. Sie lasse außer Acht, dass die beschwerdeführenden Parteien rechtsunkundig seien. Sie hätten ehrlich angegeben, was ihre Gründe für die Asylantragsstellung seien. ln ihrem Fall könne man von keiner missbräuchlichen Asylantragsstellung sprechen. Eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch die beschwerdeführenden Parteien bestehe somit nicht. Die Erlassung eines fünfjährigen Einreiseverbotes erscheine unverhältnismäßig und stelle eine Verletzung des Art. 8 EMRK dar. Das Bundesverwaltungsgericht möge das Einreiseverbot ersatzlos beheben, in eventu, das Einreiseverbot zumindest auf ein angemessenes Maß zu reduzieren.

5.3. Die belangte Behörde machte von der Möglichkeit der Beschwerdevorentscheidung nicht Gebrauch und legte die Beschwerde vom 31.05.2024 samt den Akten der Verwaltungsverfahren dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

Unter diesen Akten fand sich auch die Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG vom 02.05.2024 gegen die Bescheide der belangten Behörde vom 29.03.2024 (siehe oben Punkt 4.3.).

5.4. Mit Teilerkenntnis vom 14.06.2024, Zlen: W108 2279510-2/5E, W108 2293238-1/5E, W108 2293241-1/3E, W108 2293243-1/3E, W108 2293245-1/3E, erkannte das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde vom 31.05.2024 gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zu und hob Spruchpunkt VII. der Bescheide ersatzlos auf.

6. Am 29.05.2024 nahmen die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer eine Rückkehrberatung gemäß § 52a BFA-VG in Anspruch, bei welcher diese angaben, dass sie die Staatsangehörigkeit von Armenien besitzen und nach Armenien zurückkehren wollen.

7. Mit Erkenntnis vom 13.06.2024, W108 2279510-1/19E, wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin gegen Spruchpunkt I. des Bescheides der belangten Behörde vom 14.08.2023, Zl. 1312497409/221967845, wegen Nichtzuerkennung des Status der Asylberechtigten nach mündlicher Verhandlung am 25.04.2024, in der die Erstbeschwerdeführerin unter Vorhalt der Gutachten der Wiederaufnahmeverfahren wiederum behauptete, sie besitze nur die syrische Staatsbürgerschaft, gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet ab und erklärte die Revision für nicht zulässig.

Das Bundesverwaltungsgericht begründete im Kern wie folgt: Die Erstbeschwerdeführerin habe vorgebracht, sie sei in Syrien wegen Reflexverfolgung aufgrund ihres aus der syrischen Armee desertierten Ehemannes, unterstellter politischer Gesinnung, illegaler Ausreise und als alleinstehende Frau, von (geschlechtsspezifischer) Verfolgung bedroht. Selbst im Fall der hypothetischen Richtigkeit dieses Vorbringens in Bezug auf Syrien seien jedoch keine Umstände vorgebracht oder sonst ersichtlich, welche ein Ausweichen auf armenisches Staatsgebiet vor dieser behaupteten Verfolgung unzumutbar erscheinen ließen. Abgesehen davon, dass die Erstbeschwerdeführerin nicht behauptet habe, in Armenien (asylrelevant oder existentiell) bedroht zu sein/werden, sprächen im Gegenteil die im konkreten Fall bei der Erstbeschwerdeführerin festgestellten individuellen Faktoren, insbesondere dass es sich bei ihr um eine volljährige, gesunde, arbeitsfähige Frau mit Schulausbildung und Berufserfahrung handle, dass sie armenisch spreche und in einem armenischen Umfeld sozialisiert worden sei und dass sie und ihr Ehemann in Armenien gemeldet seien, eine Unterkunft hätten und als Einzelunternehmer eingetragen seien (und daher eine wirtschaftliche Lebensgrundlage hätten) dafür, dass sie in Armenien keine wirtschaftlichen/sozialen Gegebenheiten vorfinde, die als unzumutbare, aussichtslose Lage qualifiziert werden müssten. Solche Umstände habe die Erstbeschwerdeführerin auch gar nicht behauptet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Es wird von den Ausführungen oben unter Punkt I. zum Verfahrensgang (Verwaltungsgeschehen) und Sachverhalt, von den Feststellungen/Erwägungen der belangten Behörde in den angefochtenen Bescheiden und im hg. Erkenntnis vom 13.06.2024, W108 2279510-1/19E, ausgegangen.

Damit steht insbesondere fest:

Die Erstbeschwerdeführerin XXXX (auch XXXX ; Vatersname XXXX ) und ihr Ehemann, der Zweitbeschwerdeführer XXXX ; Vatersname XXXX , wurden am XXXX bzw. am XXXX als Kinder von armenisch-stämmigen Christen in Syrien, XXXX , geboren. Sie gehören der Volksgruppe der Armenier sowie dem christlichen (römisch-katholischen) Glauben an. Sie wuchsen in Syrien, XXXX , auf und wurden in der dortigen armenischen Gemeinschaft sozialisiert, alle ihre Verwandten sind Armenier armenischer (christlicher) Religion. Sie sprechen Armenisch (auf Muttersprachenniveau) und Arabisch.

Die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer sind Staatsangehörige Armeniens und haben zuletzt in Armenien gelebt. Ihre gemeinsamen Kinder XXXX , geboren am XXXX (Fünftbeschwerdeführer), XXXX , geboren am XXXX (Viertbeschwerdeführerin) und XXXX , geboren am XXXX (Drittbeschwerdeführer), besitzen, abgeleitet von ihren Eltern, ebenfalls die armenische Staatsbürgerschaft.

Die beschwerdeführenden Parteien sind gesund und haben in Armenien eine Unterkunft und ein Einkommen.

Die etwas differierende Schreibweise der Namen ergibt sich aus der unterschiedlichen Orthografie zwischen dem von der westarmenischen sowie der armenischen Minderheit in Syrien gesprochenen Dialekt einerseits und dem als offizielle Sprache geführten ostarmenischen Dialekt andererseits.

Die Erstbeschwerdeführerin ist in Armenien an der Adresse XXXX gemeldet und im Firmenbuch der Republik Armenien als Einzelunternehmerin eingetragen, ihr Firmensitz ist XXXX , aus diesem sind sowohl die armenische Staatsbürgerschaft als auch deren Passdaten ersichtlich. Sie ist im Wählerverzeichnis für die Wahlen 2021 der Republik Armenien angeführt. Der Erstbeschwerdeführerin wurde am XXXX 2013 ein Reisepass der Republik Armenien Nr. XXXX ausgestellt.

Der Zweitbeschwerdeführer ist in Armenien an der Adresse XXXX gemeldet. Ferner ist er im Firmenbuch der Republik Armenien als Einzelunternehmer eingetragen, Firmensitz ist XXXX , aus diesem sind sowohl die armenische Staatsbürgerschaft als auch die Passdaten des Zweitbeschwerdeführers ersichtlich. Ebenso ist er im Wählerverzeichnis für die Wahlen 2018 und 2021 der Republik Armenien angeführt. Es wurde ihm am XXXX 2017 ein Reisepass der Republik Armenien Nr. XXXX ausgestellt.

Bei über Regionalwahlen hinausgehenden bzw. die Organe der Republik Armenien betreffenden Wahlen sind lediglich Staatsbürger der Republik Armenien wahlberechtigt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der Verfahrensgang (das Verwaltungsgeschehen) und der Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten und der bezughabenden Gerichtsakten, insbesondere aus den angefochtenen Bescheiden, dem hg. Erkenntnis vom 13.06.2024, W108 2279510-1/19E, betreffend die Erstbeschwerdeführerin und den Gutachten von XXXX , Gerichtlich beeideter und zertifizierter Buchsachverständiger, Univ, & FH - Lektor vom 12.03.2024 und vom 10.03.2024.

Die für die Entscheidung wesentlichen Umstände im Tatsachenbereich sind geklärt und die relevanten Ermittlungsergebnisse und Urkunden liegen in den Verwaltungsakten ein. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt wurde von der belangten Behörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben und weist, auch betreffend die festgestellte Lage in Armenien, die auf der Länderinformation der Staatendokumentation zu Armenien, Version 12, beruht, bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit auf. Diesem Sachverhalt traten die beschwerdeführenden Parteien nicht bzw. nicht substantiiert entgegen. In der Beschwerde wurde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt in substantiierter Weise behauptet.

Insbesondere traten die beschwerdeführenden Parteien den Feststellungen der belangten Behörde in den angefochtenen Bescheiden vom 07.05.2024, wonach die beschwerdeführenden Parteien armenische Staatsangehörige sind, in Armenien gemeldet sind und eine Unterkunft und ein Einkommen haben, nicht mehr entgegen. Daher haben die beschwerdeführenden Parteien die Entscheidungen der belangten Behörde in den genannten Bescheiden bezüglich der Abweisung ihrer Anträge auf internationalen Schutz, Nichtzuerkennung einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz, Erlassung einer Rückkehrentscheidung und Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung nach Armenien auch nicht mehr angefochten.

Überdies lassen, wie auch die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat, die genannten Gutachten keine Zweifel aufkommen, dass die Erstbeschwerdeführerin (seit 2013) und der Zweitbeschwerdeführer (seit 2017) armenische Staatsbürger, in Armenien gemeldet, im Firmenbuch als Einzelunternehmer eingetragen sowie im Wählerverzeichnis angeführt sind und dass ihnen armenische Reisepässe ausgestellt wurden. Die beschwerdeführenden Parteien vermochten, wie auch im hg. Erkenntnis vom 13.06.2024, W108 2279510-1/19E, bereits dargelegt wurde, eine Unvollständigkeit und Unschlüssigkeit der Gutachten nicht substantiiert darzulegen und auch keine begründeten Umstände darzutun, die gegen die fachliche Qualifikation bzw. gegen die Heranziehung des konkreten Sachverständigen zur Gutachtenserstellung im vorliegenden Fall sprechen würden.

Der Sachverständige hat seine Gutachten nach Befundaufnahme, wobei er Erhebungen (in englischer und armenischer Sprache) im Wählerverzeichnis, im Einwohnerregister und im Firmenbuch der Republik Armenien und auch durch einen als Ermittlungshelfer betrauten Rechtsanwalt in Armenien mit Sitz in XXXX durchgeführt hat (und die diesbezüglichen Auszüge in englischer und armenischer Sprache dem Gutachten angeschlossen hat), erstattet. Die Ausführungen des Sachverständigen erweisen sich sowohl anhand seiner näheren Erläuterungen (zur abweichenden Schreibweise der Namen, Ersichtlichkeit der armenischen Staatsbürgerschaft und der Passdaten aus dem Firmensitz sowie der Wahlberechtigung armenischer Staatsbürger) als auch vor dem Hintergrund der Länderberichte (wonach seit Ausbruch des Bürgerkriegs in Syrien über 20.000 Flüchtlinge nach Armenien [99 % armenisch-stämmige Christen] gekommen seien und davon ein Großteil aufgrund des gegenüber Immigranten armenischer Abstammung liberalen armenischen Staatsangehörigkeitsrechts mittlerweile eingebürgert worden sei) plausibel. Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer zwei von diesen (konkret im Jahr 2013 und 2017) eingebürgerten Personen aus Syrien sind. Die armenische Staatsbürgerschaft der dritt- bis fünftbeschwerdeführenden Parteien ist ebenfalls erwiesen, da nach den Länderberichten (vgl. den Bericht der Staatendokumentation zu Armenien, Version 12) Kinder die Staatsbürgerschaft von einem oder beiden Elternteilen erhalten.

Jedoch ist festzuhalten, dass die beschwerdeführenden Parteien bis zuletzt (auch in der im Verfahren der Erstbeschwerdeführerin bezüglich des Status der Asylberechtigten durchgeführten Beschwerdeverhandlung und in der danach erstatteten Stellungnahme der Erstbeschwerdeführerin vom 08.05.2024 an das Bundesverwaltungsgericht) wider besseren Wissens darauf beharrt haben, nicht armenische Staatsbürger zu sein, und erst im Zuge der Rückkehrberatung am 29.05.2024 zugegeben haben, dass sie die Staatsangehörigkeit von Armenien besitzen, und erklärt haben, nach Armenien zurückkehren wollen.

Das Bundesverwaltungsgericht teilt die schlüssigen beweiswürdigenden Erwägungen der belangten Behörde in den angefochtenen Bescheiden. Die Beweiswürdigung der belangten Behörde enthält eine Vielzahl für sich tragender Erwägungen, denen die Beschwerden nicht konkret und substantiiert entgegentreten. Die Beschwerden zeigen nicht auf, weshalb diese Beweiswürdigung unschlüssig oder unzutreffend sein sollte, sondern wiederholt bloß Teile des Vorbringens. Die bloße Wiederholung eines bestimmten Tatsachenvorbringens in der Beschwerde stellt aber weder ein substantiiertes Bestreiten der behördlichen Beweiswürdigung noch eine relevante Neuerung dar (VwGH 27.05.2015, Ra 2015/18/0021).

In den vorliegenden Fällen teilt das Bundesverwaltungsgericht auch die Ansicht der belangten Behörde, dass die beschwerdeführenden Parteien im Verfahren insbesondere in Bezug auf ihre armenische Volksgruppenzugehörigkeit, ihre armenische Staatsbürgerschaft, ihre armenischen Sprachkenntnisse und ihre Lebensumstände in Armenien ein wahrheitswidriges, rechtsmissbräuchliches Vorbringen erstattet haben. Dieser Eindruck hat sich in Bezug auf die Erstbeschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung, in der das Bundesverwaltungsgericht sich einen persönlichen Eindruck von der Erstbeschwerdeführerin verschafft und sie zu ihrer Staatsbürgerschaft und zu den Gutachten befragt hat, bestätigt. Vor dem Hintergrund des Gutachtens ist es evident, dass die beschwerdeführenden Parteien in ihrem Verfahren über ihren Antrag auf internationalen Schutz hierzu unwahre Angaben gemacht haben, da sie ihre armenische Staatsbürgerschaft, die sie zufolge der Reisepass-Ausstellung seit 2013 und 2017 besitzen, verschwiegen und (die Erstbeschwerdeführerin auch in der Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht) falsch ausgesagt haben, dass sie nur die syrische Staatsbürgerschaft besitzen. Gleiches gilt für die Behauptungen der beschwerdeführenden Parteien, sie würden nicht Armenisch sprechen und in Armenien keine Unterkunft haben. Die vorgegebenen mangelnden armenischen Sprachkenntnisse und die behauptete Unterkunftslosigkeit in Armenien sind auch vor dem Hintergrund, dass die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer armenisch-stämmigen Christen in Syrien entstammen und in Armenien im Firmenbuch als Einzelunternehmer eingetragen und dort gemeldet sind, völlig unglaubwürdig. Ausgehend von der Ausstellung des armenischen Reisepasses und des Erwerbs der Staatsbürgerschaft im Jahr 2013 erscheint auch die Angabe der Erstbeschwerdeführerin im Verfahren, sie hätte Syrien im Jahr 2015 verlassen, nicht glaubwürdig. Es kann aufgrund des unglaubwürdigen Vorbringens der Erstbeschwerdeführerin vielmehr nicht festgestellt werden, wann und wie sie Syrien verlassen hat. Aufgrund des Gutachtens und der sonstigen Ermittlungsergebnisse ist davon auszugehen, dass die Erstbeschwerdeführerin mit ihrem Ehemann, dem Zweitbeschwerdeführer, und den gemeinsamen Kindern, den dritt- bis fünftbeschwerdeführenden Parteien, zuletzt in Armenien gelebt hat. Die beschwerdeführenden Partien waren nicht in der Lage, stichhaltige und widerspruchsfreie Erklärungen für ihr Aussageverhalten zu geben, in der Beschwerdeverhandlung vermittelte die Erstbeschwerdeführerin keinen glaubwürdigen persönlichen Eindruck. Es gelang den beschwerdeführenden Parteien nicht, die aufgetretenen Widersprüche und Unstimmigkeiten nachvollziehbar aufzulösen und den Gutachten mit substantiiertem Vorbringen überzeugend entgegenzutreten, vielmehr ist eine rechtsmissbräuchliche Vorbringenserstattung klar ersichtlich. Aus der Tatsache, dass die beschwerdeführenden Parteien bezüglich ihrer armenischen Staatsbürgerschaft im Verfahren über ihren Antrag auf internationalen Schutz bis zuletzt auch vor dem Bundesverwaltungsgericht wahrheitswidrige Angaben gemacht haben, kann nach den spezifischen Umständen dieser Fälle nur abgeleitet werden, dass sie diese Tatsache bewusst und rechtsmissbräuchlich verschwiegen und die Behörden und Gerichte in Österreich getäuscht haben bzw. täuschen wollten, um ihre Chancen im Verfahren zu erhöhen und (finanzielle) Vorteile für sich und ihre Familienangehörigen zu erzielen. So haben sie den Österreichischen Staat dadurch erheblich geschädigt, dass sie als Asylberechtigte bzw. subsidiär Schutzberechtigte staatliche Unterstützungsleistungen in Anspruch genommen haben, obwohl sie armenische Staatsbürger sind und in Armenien (offensichtlich) keine asylrelevante oder existentielle Bedrohung zu gewärtigen haben. An der Beurteilung des Vorliegens einer rechtsmissbräuchlichen Vorbringenserstattung ändert auch der Umstand nichts (mehr), dass sie den Feststellungen der angefochtenen Bescheide der belangten Behörde vom 07.05.2024 nicht mehr entgegengetreten sind und die Spruchpunkte in den Bescheiden der belangten Behörde vom 07.05.2024 bezüglich der Abweisung ihrer Anträge auf internationalen Schutz, Nichtzuerkennung einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz, Erlassung einer Rückkehrentscheidung und Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung nach Armenien nicht bekämpft haben.

Damit steht der entscheidungswesentliche Sachverhalt aber fest. Einer weiteren Klärung des Sachverhaltes unter Aufnahme weiterer Beweise und Durchführung einer mündlichen Verhandlung bedarf es daher nicht. Es sind vorliegend nur rechtliche Fragen zu klären.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 7 Abs. 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-VG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels materienspezifischer Sonderregelung besteht somit gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit .). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles sowie andere näher genannte (im vorliegenden Fall nicht relevante) Gesetze und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer eheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

3.2. Die Beschwerden wurden gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG fristwahrend erhoben und es liegen auch die sonstigen Prozessvoraussetzungen vor.

3.3. In der Sache:

3.3.1. Zu A) I.: Beschwerde gegen die Bescheide der belangten Behörde vom 29.03.2024 betreffend Wiederaufnahme der Verfahren:

3.3.1.1. Die Bestimmung des § 69 AVG betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens lautet:

„Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und:

1.

der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder

2.

neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten, oder

 

 

 

3.

der Bescheid gemäß § 38 von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. vom zuständigen Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde;

4.

nachträglich ein Bescheid oder eine gerichtliche Entscheidung bekannt wird, der bzw. die einer Aufhebung oder Abänderung auf Antrag einer Partei nicht unterliegt und die im Verfahren die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte.

(2) …

(3) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.

(4) Die Entscheidung über die Wiederaufnahme steht der Behörde zu, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat.“

3.3.1.2. Daraus ergibt sich für die vorliegenden Fälle Folgendes:

Mit (den im Spruch unter Punkt I. angeführten) Bescheiden jeweils vom 29.03.2024 nahm die belangte Behörde die mit ihren Bescheiden jeweils vom 14.08.2023 rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren betreffend die Anträge der beschwerdeführenden Parteien auf internationalen Schutz hinsichtlich des von ihr zuerkannten subsidiären Schutzes (betreffend die Erstbeschwerdeführerin) sowie hinsichtlich des von ihr zuerkannten Status der Asylberechtigten (betreffend die zweit- bis fünftbeschwerdeführenden Parteien) gemäß § 69 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 3 AVG von Amts wegen wieder auf.

Die belangte Behörde hat damit die Verfügung getroffen, die bereits abgeschlossenen Verfahren neuerlich durchzuführen, weil - aus den im Gesetz genannten besonderen Gründen - die Richtigkeit der Sachentscheidungen im ersten Verfahren in Frage gestellt erscheint (vgl. VwGH 16.11.2022, Ra 2022/20/0298).

Sie sah den Wiederaufnahmegrund des „Erschleichens“ gemäß § 69 Abs. 1 Z 1 AVG als gegeben an, weil die beschwerdeführenden Parteien zu wesentlichen Tatsachen, welche für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten bzw. der subsidiär Schutzberechtigten maßgeblich seien, wissentlich falsche Angaben gemacht hätten, da sie verschwiegen hätten, dass sie Staatsangehörige der Republik Armenien seien, im Wählerverzeichnis der Republik Armenien aufschienen und im Besitz von armenischen Reisepässe seien.

Ein „Erschleichen“, das zur Wiederaufnahme eines Verfahrens führen kann, liegt dann vor, wenn die betreffende Entscheidung in einer Art zustande gekommen ist, dass die Partei gegenüber der Behörde oder dem Gericht objektiv unrichtige Angaben von wesentlicher Bedeutung mit Irreführungsabsicht gemacht hat und die Angaben dann der Entscheidung zugrunde gelegt wurden, wobei die Verschweigung maßgeblicher Umstände dem Vorbringen unrichtiger Angaben gleichzusetzen ist (vgl. etwa VwGH 14.10.2022, Ra 2018/22/0227, mwN).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Wiederaufnahmegrund des „Erschleichens“ absoluten Charakter; es kommt nicht darauf an, ob ohne das verpönte Verhalten voraussichtlich eine anderslautende Entscheidung ergangen wäre oder ob die Behörde oder das Verwaltungsgericht im neuen Verfahren voraussichtlich zu einer anderslautenden Entscheidung gelangen wird. Ermittlungen zur Frage der Relevanz des als Wiederaufnahmegrund herangezogenen Verhaltens sind daher grundsätzlich entbehrlich (vgl. VwGH 17.10.2022, Ra 2021/22/0158, mwN).

Zudem muss ein Kausalitätszusammenhang zwischen der unrichtigen Angabe der Partei und dem Entscheidungswillen der Behörde bestehen, damit das verpönte Handeln als ein die Wiederaufnahme rechtfertigendes „Erschleichen“ qualifiziert werden kann (vgl. etwa VwGH 16.11.2022, Ra 2022/20/0298, mwN).

Ein derartiger Sachverhalt liegt nach den obigen Ausführungen/Feststellungen in den vorliegenden Fällen vor.

Denn die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer haben (auch für ihre minderjährigen Kinder) im Verfahren über ihre Anträge auf internationalen Schutz über einen mehrjährigen Zeitraum vor österreichischen Behörden und Gerichten ihre armenische Staatsangehörigkeit verheimlicht und falsch angegeben, sie besäßen ausschließlich die syrische Staatsbürgerschaft. Dabei sind die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer seit 2013 bzw. 2017 Staatsbürger der Republik Armenien, in Armenien gemeldet, im Firmenbuch der Republik Armenien als Einzelunternehmer eingetragen, im Wählerverzeichnis der Republik Armenien angeführt und Inhaber von Reisepässen der Republik Armenien und sind auch die (in den Jahren XXXX und XXXX geborenen) dritt- bis fünftbeschwerdeführenden Parteien als ihre minderjährigen Kinder armenische Staatsbürger, da deren Staatsangehörigkeit von jener ihrer Eltern, insbesondere von der Erstbeschwerdeführerin, die seit 2013 die armenische Staatsbürgerschaft besitzt, abgeleitet ist. Die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer haben allerdings nur syrische Identitätsnachweise vorgelegt und behauptet, bezüglich ihrer Kinder keine Identitätsnachweise/Urkunden zu besitzen. Sie haben wissentlich verschwiegen, dass sie neben der syrischen Staatsangehörigkeit auch die armenische Staatsangehörigkeit besitzen. Der ihnen zuerkannte Asylstatus bzw. subsidiäre Schutz wurde daher durch die Vortäuschung einer falschen Nationalität erschlichen und beruht nicht auf ihrer wahren Nationalität. Die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer haben ihre Anträge auf internationalen Schutz mit Problemen in Syrien begründet und mehrmals falsch ausgesagt, sie seien nur syrische Staatsbürger, obwohl ihnen bewusst war, dass sie angesichts ihrer armenischen Nationalität keinen Anspruch internationalen Schutz haben. Es kam ihnen drauf an, internationalen Schutz, insbesondere den Asylstatus, mit unrichtigen Angaben und Täuschung von österreichischen Gerichten und Behörden zu erhalten und Verfahren zu verlängern, was auch gelungen ist; zudem ist es ihnen dadurch auch gelungen, das Bundesgebiet nicht mehr verlassen zu müssen.

Es steht daher außer Zweifel, dass die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer wissentlich objektiv unrichtige Angaben von wesentlicher Bedeutung in ihren Verfahren über ihre Anträge auf internationalen Schutz gemacht haben bzw. wesentliche Tatsachen verschwiegen haben, wobei nach der oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Verschweigung maßgeblicher Umstände dem Vorbringen unrichtiger Angaben gleichzusetzen ist, und dass dies in Irreführungsabsicht geschah, um den begehrten internationalen Schutz und einen Vorteil zu erlangen, da sie befürchteten, dass ansonsten ihr Antrag auf internationalen Schutz abgelehnt werden könnte. Sie haben beharrlich über ihre armenische Staatsbürgerschaft falsch ausgesagt, diese bis zuletzt, selbst nach Vorhalt der eingeholten Gutachten, bestritten und aktiv zur Täuschung der Behörden und Gerichte beigetragen, sie haben daher in Irreführungsabsicht gehandelt und so den ihnen zuerkannten internationalen Schutz erschlichen.

Der Annahme der Irreführungsabsicht steht nicht entgegen, dass die beschwerdeführenden Parteien ihre bewusst wahrheitswidrigen Angaben zu ihrer Staatsangehörigkeit infolge des Einflusses von Dritten – etwa von Freunden – gemacht haben (vgl. VwGH 16.11.2022, Ra 2022/20/0298).

Der Beschwerde gelingt es - vor dem Hintergrund der unbestritten gebliebenen Feststellungen in Bezug auf die falschen Angaben zur Nationalität bzw. dem Verschweigen ihrer armenischen Nationalität bzw. der letztlich doch zugestandenen armenischen Staatsbürgerschaft - nicht aufzuzeigen, dass die Ansicht, die beschwerdeführenden Parteien hätten mit Irreführungsabsicht gehandelt und den ihnen erteilten internationalen Schutz erschlichen, nicht im Einklang mit den in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dazu entwickelten Grundsätzen stünde.

Ein Kausalzusammenhang zwischen dem Verschweigen der weiteren Staatsangehörigkeit der beschwerdeführenden Parteien und dem Entscheidungswillen der Behörde, nämlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten und der subsidiär Schutzberechtigten, kann nicht in Zweifel gezogen werden. Die belangte Behörde ist bei ihrer Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz auf eine möglichst vollständige und wahrheitsgetreue Darstellung der Identität bzw. Nationalität sowie der Fluchtgründe bzw. Refoulementgründe durch den Antragsteller angewiesen (vgl. VwGH 29.01.1997, 95/01/0147) und es gibt im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte dafür, dass es der belangten Behörde zumutbar gewesen wäre, von Amts wegen noch weitere Ermittlungen durchzuführen. Dies wurde von den beschwerdeführenden Parteien auch gar nicht behauptet.

In Bezug auf die minderjährigen dritt- bis fünftbeschwerdeführenden Parteien ist ihnen die Irreführungsabsicht ihrer Eltern (Erstbeschwerdeführer und Zweitbeschwerdeführer) als ihre gesetzlichen Vertreter zuzurechnen (vgl. etwa VwGH 25.05.2022, Ra 2022/02/0084).

Entgegen der Ansicht der Beschwerde liegt auch kein Verstoß gegen Unionsrecht vor: Der in der Beschwerde in Zusammenhang mit Art. 14 Abs. 5 Statusrichtlinie gezogene Umkehrschluss erweist sich als verfehlt, da es sich bei der zuletzt genannten Bestimmung nicht um eine Bestimmung für das Aberkennungsverfahren, sondern um eine Bestimmung handelt, die es den Staaten erlaubt, im Zuerkennungsverfahren die Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft zu verweigern, solange noch keine Entscheidung darüber gefasst worden ist, ob die Voraussetzungen des Art. 14 Abs. 4 Statusrichtlinie vorliegen. Entgegen dem Beschwerdevorbringen bezieht sich Art. 14 Abs. 2 Statusrichtlinie nicht auf Art. 14 Abs. 3 lit. b Statusrichtlinie, sondern entsprechend seinem Wortlaut auf Abs. 1 dieses Artikels, der sich wiederum nur auf die in Art. 11 Statusrichtlinie aufgezählten Erlöschungstatbestände beschränkt. Auch der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner bisherigen Rechtsprechung keine Bedenken wegen Unionsrechtswidrigkeit bei Anwendung von § 69 AVG in Fällen eines ursprünglich zuerkannten internationalen Schutzes geäußert (etwa VwGH 23.09.2022, Ra 2022/19/0136).

3.3.1.3. Die behauptete Rechtswidrigkeit der Bescheide vom 29.03.2024 liegt daher nicht vor. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass die Bescheide aus anderen, nicht geltend gemachten Gründen rechtswidrig wären. Die Beschwerde ist daher abzuweisen.

3.3.2. Zu A) II.: Beschwerde gegen die Spruchpunkte VI. und VIII. der Bescheide vom 07.05.2024 betreffend Nichtgewährung einer Frist für die freiwillige Ausreise und Verhängung eines befristeten Einreiseverbotes:

3.3.2.1. Vorweg ist festzuhalten, dass die beschwerdeführenden Parteien in ihrer Beschwerde ausdrücklich nur jeweils die Spruchpunkte VI., VII. und VIII. der Bescheide angefochten haben.

Daraus folgt, dass die Spruchpunkte I. bis V., mit welchen die belangte Behörde die Anträge auf internationalen Schutz vom 22.05.2022 abgewiesen hat, keine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz erteilt hat, gegen die beschwerdeführenden Parteien eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt hat, dass ihre Abschiebung nach Armenien zulässig ist, nicht von der Anfechtung umfasst, rechtskräftig und damit nicht beschwerdegegenständlich sind.

Da über die Spruchpunkte VII. der Bescheide bereits mit hg. Teilerkenntnis vom 14.06.2024 abgesprochen wurde, sind auch diese nicht mehr Gegenstand der vorliegenden Entscheidung.

3.3.2.2. Zu den Spruchpunkten VI. der angefochtenen Bescheide (Nichtfestsetzung einer Frist für die freiwillige Ausreise):

§ 55 FPG betreffend „Frist für die freiwillige Ausreise“ regelt Folgendes:

„(1) Mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 wird zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.

(1a) Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.

(2) Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

(3) Bei Überwiegen besonderer Umstände kann die Frist für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben. § 37 AVG gilt.

(4) Das Bundesamt hat von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.

(5) Die Einräumung einer Frist gemäß Abs. 1 ist mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) zu widerrufen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder Fluchtgefahr besteht.“

Im vorliegenden Fall wurde seitens der belangten Behörde die aufschiebende Wirkung der Beschwerde in den Spruchpunkten VII. gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG aberkannt und in den Spruchpunkten VI. jeweils ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht. Mit hg. Teilerkenntnis vom 14.06.2024 wurde der Beschwerde vom 31.05.2024 gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt und jeweils der Spruchpunkt VII. der Bescheide ersatzlos aufgehoben. Damit ist die Entscheidung nicht auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar. In einem derartigen Fall ist das Bundesverwaltungsgericht gehalten, im Spruch seines Erkenntnisses eine Frist für die freiwillige Ausreise festzulegen (vgl. Filzwieser/ Frank/ Kloibmüller/ Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht K9 zu § 55 FPG).

Diese Frist beträgt gemäß § 55 Abs. 2 FPG grundsätzlich 14 Tage.

Besondere Umstände im Sinne des § 55 FPG wurden nicht vorgebracht und es liegen keine Anhaltspunkte vor, die für eine längere Frist sprechen würden.

Zwar ist in den Bescheiden der dritt- bis fünftbeschwerdeführenden Parteien davon die Rede, dass diese an einer schwerwiegenden Erkrankung leiden würden, diese Ausführungen der belangten Behörde betreffen bei verständiger Würdigung der Bescheide und des Beschwerdevorbringens jedoch einen anderen Fall und stellen irrtümlich aufgenommene Textpassagen dar, auch die Beschwerde behauptet nicht, dass wegen schwerwiegender Erkrankungen der dritt- bis fünftbeschwerdeführenden Parteien die Rückkehrentscheidung oder die Abschiebung nach Armenien unzulässig oder die Frist des § 55 Abs. 2 FPG zu kurz bemessen wäre. Dem Beschwerdevorbringen, dass die sofortige Abschiebung der beschwerdeführenden Parteien aufgrund des derzeitigen Schul- bzw. Kindergartenbesuchs der dritt- bis fünftbeschwerdeführenden Parteien eine unverhältnismäßige Verletzung ihrer Rechte nach Art. 8 EMRK darstellen und dem Kindeswohl widersprechen würde, wurde mit der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde Rechnung getragen, im Entscheidungszeitpunkt sind nach Beendigung des Schul- bzw. Kindergartenjahres keine unverhältnismäßigen Eingriffe in die Rechte der beschwerdeführenden Parteien durch Gewährung der Frist des § 55 Abs. 2 FPG zu erkennen.

Ausgehend davon beträgt die festzulegende Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage.

3.3.2.3. Zum Einreiseverbot (Spruchpunkt VII. der angefochtenen Bescheide):

Gemäß § 53 Abs. 1 FPG kann mit einer Rückkehrentscheidung vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

Gemäß § 53 Abs. 2 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;

7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder

9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

Die belangte Behörde erachtete die Erlassung eines Einreiseverbotes gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG in der Dauer von fünf Jahren im Fall der beschwerdeführenden Parteien für gerechtfertigt und notwendig, wobei sie sich in ihrer Abwägungsentscheidung auf die Lebensumstände sowie die familiären und privaten Anknüpfungspunkte der beschwerdeführenden Parteien und auf deren (Fehl)Verhalten, insbesondere, dass diese mit wissentlich objektiv unrichtigen Angaben bzw. durch Verschweigen wesentlicher Tatsachen in Irreführungsabsicht versucht bzw. erreicht hätten, über das Asylverfahren ein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet zu erlangen, stützte; dies sei geeignet, die öffentliche Ordnung und Sicherheit zu gefährden. Die beschwerdeführenden Parteien hätten die Behörden im Hinblick auf die wahre Staatsangehörigkeit getäuscht und unter Vorgabe der syrischen Staatsangehörigkeit seit dem Tag der Asylantragstellung bis heute die Grundversorgung in Anspruch genommen, aufgrund der hohen Schadenssumme ergehe eine Anzeige an die Staatsanwaltschaft wegen schweren gewerbsmäßigen Betruges.

Demgegenüber vertritt die Beschwerde die Ansicht, im Fall der beschwerdeführenden Parteien könne man von keiner missbräuchlichen Asylantragstellung sprechen, dass sie die Spruchpunkte I. bis V. der Bescheide akzeptiert und dagegen keine Beschwerde erhoben hätten, bestätige das. Es lägen keine weiteren Umstände vor, die mit den in Art. 53 Abs. 2 FPG aufgezählten Konstellationen vergleichbar wären. Eine Verhängung eines Einreiseverbotes sei unverhältnismäßig.

Dieser Ansicht der Beschwerde kann nicht beigetreten werden.

Die belangte Behörde hat zutreffend erkannt, dass die Voraussetzungen der Verhängung eines Einreiseverbotes auch dann gegeben sein können, wenn keiner der Tatbestände des § 53 Abs. 2 oder 3 FPG verwirklicht ist. Im Hinblick auf den demonstrativen Charakter dieser Tatbestände (vgl. VwGH 26.06.2014, Ro 2014/21/0026) kann sich auch aus einer hinsichtlich des Unrechtsgehaltes ähnlich schwerwiegenden Konstellation (vgl. in diesem Sinn VwGH 16.11.2012, 2012/21/0080) - wobei vorliegend allerdings sogar die Verurteilung der Erstbeschwerdeführerin und des Zweitbeschwerdeführers wegen (schweren) (gewerbsmäßigen) Betruges nach §§ 146, 147, 148 StGB in Betracht kommt - ergeben, dass durch den Aufenthalt eines Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist und daher - nach Vornahme einer Beurteilung im Einzelfall - ein Einreiseverbot zu verhängen ist. Ein Fehlverhalten kann auch dann zur Beurteilung der Gefährdungsprognose herangezogen werden, wenn dieses nicht zu einer gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Bestrafung geführt hat (vgl. etwa VwGH 26. 01. 2010, 2008/22/0890).

Ein derartiger Fall liegt hier vor:

Das Gesamtverhalten der beschwerdeführenden Parteien lässt auf eine nach wie vor fehlende Verbundenheit mit der österreichischen Werteordnung schließen, die mit einem demokratischen Rechtsstaat nicht vereinbar ist. Der Umstand, dass die beschwerdeführenden Parteien letztlich doch zugegeben haben, armenische Staatsbürger zu sein, und keine Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. bis V. der Bescheide (Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz; Nichterteilung einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz; Erlassung einer Rückkehrentscheidung; Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung nach Armenien) erhoben haben, vermag an dieser Beurteilung und an der Einstufung des Antrages als (offensichtlich) rechtsmissbräuchlich nichts zu ändern. In diesem Zusammenhang ist zu betonen, dass sich das Bundesverwaltungsgericht einen persönlichen Eindruck von der Erstbeschwerdeführerin verschaffen konnte und diese in der Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht und in einer danach eingebrachten Stellungnahme trotz Vorhalt der eindeutigen Gutachten betreffend ihre armenische Staatsbürgerschaft darauf beharrt hat, sie sei nur syrische Staatsangehörige. Die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer haben ihre Täuschungshandlungen bis zuletzt geleugnet und es besteht kein Hinweis, dass sie mittlerweile geläutert wären, dass ihre Einstellung im Hinblick auf die Rechtsordnung eine nachhaltige Wandlung erfahren hätte. Bei einer Würdigung der konkreten Verhaltensweisen und des Gesamtverhaltens der Erstbeschwerdeführerin und des Zweitbeschwerdeführers muss diesen ein eindeutiges negatives Persönlichkeitsbild, ein hoher Grad einer ablehnenden Einstellung gegenüber den rechtlich geschützten Werten sowie eine Neigung, sich über die Rechtsordnung hinwegzusetzen, attestiert werden.

Vor diesem Hintergrund ist das Bundesverwaltungsgericht mit der belangten Behörde der Ansicht, dass der Aufenthalt der beschwerdeführenden Parteien in Österreich geeignet ist, die öffentliche Ordnung und Sicherheit zu gefährden.

Die belangte Behörde hat zur Frage der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung nach ausführlich Prüfung dargestellt, dass die familiären und privaten Umstände und Anknüpfungspunkte der beschwerdeführenden Parteien in Österreich nicht dergestalt sind, dass sie einen Verbleib in Österreich rechtfertigen würden und die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme die durch Art. 8 EMRK geschützten Rechte der beschwerdeführenden Parteien unverhältnismäßig beeinträchtigen oder das Kindeswohl verletzten würden. Dagegen haben die beschwerdeführenden Partien keine Beschwerde erhoben und die diese Entscheidungen tragenden Feststellungen nicht bekämpft.

Es muss daher unter Berücksichtigung des in § 53 Abs. 2 FPG genannten Tatbestandes ebenso davon ausgegangen werden, dass das öffentliche Interesse an Ordnung und Sicherheit dem persönlichen Interesse der beschwerdeführenden Parteien an einem Aufenthalt in Österreich überwiegt.

Der belangten Behörde kann daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie im vorliegenden Fall von einer Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausgeht, welche die Anordnung eines Einreiseverbotes erforderlich macht.

Das von der belangten Behörde angeordnete Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 2 FPG erweist sich somit dem Grunde nach als gerechtfertigt, weshalb dessen gänzliche Aufhebung nicht in Betracht kommt.

Das rechtfertigt aber nicht ohne Weiteres die Verhängung eines Einreiseverbotes in der Höchstdauer von fünf Jahren gemäß § 53 Abs. 2 FPG (dass ein Fall des § 53 Abs. 3 FPG vorliegen würde, wurde von der belangten Behörde nicht dargelegt und ist auch sonst nicht ersichtlich). Vielmehr führt die belangte Behörde in der Begründung ihrer Bescheide selbst aus, dass bei der Schwere des Fehlverhaltens der beschwerdeführenden Partien ein Einreiseverbot in der Dauer von drei Jahren angemessen erscheine.

Bei der Festsetzung der Dauer eines Einreiseverbotes ist immer eine Einzelfallprüfung vorzunehmen. Dabei ist das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen zu beurteilen, aber auch darauf abzustellen, wie lange die von ihm ausgehende Gefährdung zu prognostizieren ist. Außerdem ist auf seine privaten und familiären Interessen Bedacht zu nehmen (VwGH 04.04.2019, Ra 2019/21/0009; VwGH 15.12.2011, 2011/21/0237, VwSlg. 18295 A).

Dem hat die belangte Behörde nicht ausreichend Rechnung getragen. Zwar hat sie die privaten und familiären Interessen der beschwerdeführenden Parteien und ihr bisheriges Verhalten bei der Entscheidung hinsichtlich der Erlassung eines Einreiseverbotes berücksichtigt, aus diesen Umständen aber keine ersichtlichen Schlussfolgerungen in Bezug auf die Dauer des über die beschwerdeführenden Parteien verhängten Einreiseverbotes gezogen. Zu Gunsten der beschwerdeführenden Parteien ist bei der Gefährdungsprognose auch zu berücksichtigen, dass sie eine Rückkehrberatung gemäß § 52a BFA-VG in Anspruch genommen haben, bei der sie letztlich zugegeben haben, dass sie die Staatsangehörigkeit von Armenien besitzen, und erklärt haben, nach Armenien zurückkehren wollen. Ausgehend davon ergibt nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes bei einer Gesamtbetrachtung der spezifischen Umstände dieses Falles, dass es ausreichend ist, der von den beschwerdeführenden Parteien ausgehenden Gefährdung mit einem Einreiseverbot in der Dauer von zwei Jahren zu begegnen, und dass die von der belangten Behörde festgesetzte Dauer des Einreiseverbotes von fünf Jahren zu hoch angesetzt ist.

Der Beschwerde wird in Bezug auf diesen Spruchpunkt der angefochtenen Bescheide daher insofern stattgegeben, dass die Dauer des Einreiseverbotes gemäß § 53 Abs. 2 FPG auf zwei Jahre herabgesetzt wird.

3.3.2.4. Ergebnis: Die Bescheide vom 07.05.2024 waren aufgrund der Beschwerde im angeführten Umfang abzuändern.

3.4. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG abgesehen werden, weil der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit den Beschwerden geklärt ist (vgl. etwa VwGH 10.08.2017, Ra 2016/20/0105, 0106, mwN).

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die vorliegenden Entscheidungen hängen nicht von der Lösung einer Rechtsfrage ab, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor. Das Bundesverwaltungsgericht kann sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass sich im konkreten Fall eine Rechtsfrage stellt, die über den (hier vorliegenden konkreten) Einzelfall hinaus Bedeutung entfaltet. Ausgehend davon ist auszusprechen, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig ist.

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