ASVG §410
AVG §38
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §17
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2023:W263.2278498.1.00
Spruch:
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag.a KERSCHBAUMER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , vertreten durch Mag. Gerhard WALZL, Rechtsanwalt, Wollzeile 25, 1010 Wien, gegen den Bescheid der Österreichischen Gesundheitskasse, Landesstelle Wien, vom 25.08.2023, GZ: XXXX :
A) Das Verfahren wird gemäß §§ 38 AVG iVm 17 VwGVG bis zu den rechtskräftigen Entscheidungen des AMS XXXX über eine Nachsicht vom Ruhen wegen Auslandsaufenthalten von XXXX gemäß § 16 Abs. 3 iVm Abs. 1 lit g AlVG (hinsichtlich der Zeiträume 20.09.2020 bis 22.09.2020, 12.09.2021 bis 18.09.2021, 09.10.2021 bis 10.10.2021, 13.12.2021 bis 13.01.2022, 12.06.2022 bis 18.06.2022, 01.10.2022 bis 07.10.2022 sowie 18.01.2023 bis 28.02.2023) ausgesetzt.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Begründung:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid vom 25.08.2023 verpflichtete die Österreichische Gesundheitskasse, Landesstelle Wien, den Beschwerdeführer zur Entrichtung eines Zusatzbeitrages für seine Ehefrau XXXX gemäß § 51d ASVG für die Zeiträume 20.09.2020 bis 22.09.2020, 12.09.2021 bis 18.09.2021, 09.10.2021 bis 10.10.2021, 13.12.2021 bis 13.01.2022, 12.06.2022 bis 18.06.2022, 01.10.2022 bis 07.10.2022 sowie 18.01.2023 bis 28.02.2023 in Höhe von EUR 708,79.
Begründend führte die belangte Behörde zusammengefasst aus, dass XXXX beginnend mit 20.09.2004 in der Zentralen Partnerverwaltung der Sozialversicherung als Ehepartnerin des Beschwerdeführers aufscheine.
Für die Ehefrau des Beschwerdeführers würden in der Zentralen Versicherungsdatenspeicherung des Dachverbandes der österreichischen Sozialversicherung in den im Spruch genannten Zeiträumen keine Versicherungszeiten aufscheinen.
Für den Beschwerdeführer seien in der Zentralen Versicherungsdatenspeicherung durchgehend Versicherungszeiten aufgrund eines Dienstverhältnisses gespeichert. An Beitragsgrundlagen seien für September 2020 eine allgemeine Beitragsgrundlage in Höhe von EUR 5.370,00 und eine Beitragsgrundlage für Sonderzahlungen in Höhe von EUR 2.679,00, für September 2021 eine allgemeine Beitragsgrundlage in Höhe von EUR 5.550,00 und eine Beitragsgrundlage für Sonderzahlungen in Höhe von EUR 2.719,18, für Oktober 2021 eine allgemeine Beitragsgrundlage in Höhe von EUR 5.438,36, für Dezember 2021 eine allgemeine Beitragsgrundlage in Höhe von EUR 5.550,00, für Jänner 2022 eine allgemeine Beitragsgrundlage in Höhe von EUR 5.670,00, für Juni 2022 eine allgemeine Beitragsgrundlage in Höhe von EUR 5.670,00 und eine Beitragsgrundlage für Sonderzahlungen in Höhe von EUR 2.784,18, für Oktober 2022 eine allgemeine Beitragsgrundlage in Höhe von EUR 5.670,00, für Jänner 2023 eine allgemeine Beitragsgrundlage in Höhe von EUR 5.850,00 und für Februar 2023 eine allgemeine Beitragsgrundlage in Höhe von EUR 5.751,96 gespeichert.
Mit Schreiben vom 09.02.2023 sei der Beschwerdeführer um Informationen zur Überprüfung sozialer Schutzbedürftigkeit im Hinblick auf den Zusatzbeitrag für mitversicherte Angehörige ersucht worden, auf welches der Beschwerdeführer nicht reagiert habe. Deshalb sei ihm mit Schreiben vom 18.07.2023 ein Zusatzbeitrag in Höhe von insgesamt EUR 708,79 vorgeschrieben worden.
Dieser Betrag habe sich aus 3,4% der herangezogenen Beitragsgrundlagen errechnet. An Beitragsgrundlagen für Monate, in denen für die Ehefrau des Beschwerdeführers nur zum Teil keine Versicherungszeiten aufgeschienen seien, seien die für den Beschwerdeführer gespeicherten monatlichen Grundlagen (allgemeine Beitragsgrundlage zuzüglich allfälliger Grundlagen für Sonderzahlungen) durch 30 geteilt und mit der Anzahl der betroffenen Tage multipliziert worden. Daraus habe sich für den Zeitraum 20.09.2020 bis 22.09.2020 eine Grundlage von EUR 804,90, für den Zeitraum 12.09.2021 bis 18.09.2021 eine Grundlage von EUR 1.929,48, für den Zeitraum 09.10.2021 bis 10.10.2021 eine Grundlage von EUR 362,56, für den Zeitraum 13.12.2021 bis 31.12.2021 eine Grundlage von EUR 3.515,00, für den Zeitraum 01.01.2022 [Anm.: wohl bis 13.01.2022] eine Grundlage von EUR 2.457,00, für den Zeitraum 12.06.2022 bis 18.06.2022 eine Grundlage von EUR 1.972,64, für den Zeitraum 01.10.2022 bis 07.10.2022 eine Grundlage von EUR 1.323,00, für den Zeitraum 18.01.2023 bis 31.01.2023 eine Grundlage von EUR 2.730,00 sowie für den Februar 2023 eine Grundlage von EUR 5.751,96 ergeben.
Bei der Mitversicherung handle es sich gemäß § 123 ASVG um die Anspruchsberechtigung von Angehörigen, welche selbst keiner gesetzlichen Krankenversicherung unterliegen, auf die Leistungen der Krankenversicherung. Der Anspruch bestehe auf Grund des Vorliegens der gesetzlich geforderten Tatbestandselemente, somit unabhängig vom Willen des Versicherten und der Antragstellung. Die Anspruchsberechtigung gemäß § 123 ASVG löse seit 01.01.2001 gemäß § 51d ASVG die Verpflichtung des Versicherten zur Leistung des Zusatzbeitrages für Angehörige aus.
Die Mitversicherung beginne mit der Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen unabhängig vom Datum der Antragstellung. Wenn die Ehe in Österreich geschlossen werde, beginne die Mitversicherung von Ehegatten mit dem Datum der Eheschließung. Die Beitragspflicht bestehe ab dem Beginn der Mitversicherung und unabhängig davon, ob eine Leistung aus der Mitversicherung in Anspruch genommen worden sei.
Bei einem Leistungsanspruch nach § 122 ASVG (sogenannte Schutzfrist) handle es sich um keine Krankenversicherung, daher sei in den verfahrensgegenständlichen Zeiträumen eine Mitversicherung gegeben gewesen (vgl. VwGH 02.06.2016, Ro 2014/08/0061). Dass die Ehefrau des Beschwerdeführers sich in den verfahrensgegenständlichen Zeiträumen im Ausland aufgehalten habe, ändere nichts am Vorliegen einer Mitversicherung, weil diese gegeben sei, wenn die Angehörige den gewöhnlichen Aufenthalt im Inland habe. Der gewöhnliche Aufenthalt im Inland werde durch kurze Auslandsaufenthalte nicht unterbrochen.
Die Berechnung der Beiträge sei korrekt durchgeführt worden; in den Monaten September 2020, September 2021 und Juni 2022 seien auch Sonderzahlungen gemeldet worden, welche ebenfalls für die Berechnung des Zusatzbeitrages heranzuziehen seien sowie die allgemeinen Beitragsgrundlagen.
2. Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben von 19.09.2023 (fristgerecht) Beschwerde und brachte darin zusammengefasst vor, seine Ehefrau sei seit September 2020 durchgehend bis 02.04.2023 als Notstandshilfebezieherin beim AMS gemeldet und sohin über das AMS krankenversichert gewesen. Es habe kurze Unterbrechungen des Leistungsbezugs aufgrund von Auslandsaufenthalten gegeben, bei denen sie jedoch weiterhin dem freien Arbeitsmarkt zur Vermittlung zur Verfügung gestanden sei. Sie sei jeweils vor und nach den Unterbrechungen beim AMS gemeldet und somit als Leistungsbezieherin versichert gewesen.
Das AMS habe ihr mitgeteilt, dass sie ab dem Tag, an dem ihr Leistungsanspruch ende, grundsätzlich noch sechs Wochen krankenversichert sei, vorausgesetzt sie sei unmittelbar davor durchgehend sechs Wochen oder in den letzten zwölf Monaten mindestens 26 Wochen versichert gewesen.
Dieser Gesetzestext sei auch auf der Homepage des AMS veröffentlicht. Das AMS habe ihr nicht mitgeteilt, dass es sich dabei lediglich um einen Leistungsschutz handle und nicht um eine gesetzliche Krankenversicherung. Weder das AMS noch der § 122 ASVG weise dezidiert daraufhin, dass Personen, welche beim AMS Notstandshilfebezieher seien, sich bei einer Unterbrechung von weniger als sechs Wochen unmittelbar in eine Mitversicherung zu begeben hätten. Es sei bekannt gewesen, dass seine Ehefrau in absehbarer Zeit wieder beim AMS zum Leistungsbezug angemeldet und somit auch wieder krankenversichert sein würde.
Seine Ehefrau habe die Kriterien stets erfüllt und sei ihr sowohl durch persönliche Gespräche mit dem AMS-Berater als auch durch den veröffentlichten Gesetzestext immer glaubhaft zugesichert worden, dass sie bei ihren jeweiligen Unterbrechungen nichts tun bräuchte und weiterhin versichert bleibe. Seine Ehefrau habe sich in den besagten Zeiträumen im Ausland aufgehalten und ohnehin nach § 122 ASVG keine Leistungen in Anspruch nehmen können.
Das übermittelte Erkenntnis [Anm.: VwGH 02.06.2016, Ro 2014/08/0061] sei mit seinem Fall nicht vergleichbar. Es beträfe eine Person, welche durch Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses aus der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschieden sei. In seinem Fall handle es sich um durch den Gesetzgeber geregelte Unterbrechungen (max. sechs Wochen), welche durch die vom AMS vorgegebene Nachversicherungszeit geschützt sein sollten.
Aufgrund des Bezuges von Notstandshilfe sei seine Ehefrau gemäß § 6 Abs. 2 Z 1 AlVG stets krankenversichert gewesen.
3. Die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsakt der belangten Behörde wurde dem Bundesverwaltungsgericht am 25.09.2023 vorgelegt.
4. Am 11.12.2023 langte am Bundesverwaltungsgericht die Verständigung seitens der nunmehrigen rechtfreundlichen Vertretung des Beschwerdeführers darüber ein, dass die Ehefrau des Beschwerdeführers nun beim AMS XXXX (im Folgenden: AMS) um Nachsicht vom Ruhen hinsichtlich der hier gegenständlichen Zeiträume angesucht habe und wurden die entsprechenden Anträge in Vorlage gebracht.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
XXXX , VSNR: XXXX , ist die Ehefrau des Beschwerdeführers.
Grundsätzlich bezog sie von September 2020 bis zumindest Februar 2023 Notstandshilfe, wobei sie während der folgenden Zeiträume wegen Auslandsaufenthalten bisher keinen Bezug erhielt, aber nun beim AMS um Nachsicht vom Ruhen wegen Auslandsaufenthalten gemäß § 16 Abs. 3 iVm Abs. 1 lit g AlVG angesucht hat:
20.09.2020 bis 22.09.2020, 12.09.2021 bis 18.09.2021, 09.10.2021 bis 10.10.2021, 13.12.2021 bis 13.01.2022, 12.06.2022 bis 18.06.2022, 01.10.2022 bis 07.10.2022 sowie 18.01.2023 bis 28.02.2023
Die belangte Behörde schrieb dem Beschwerdeführer mit dem gegenständlich bekämpften Bescheid vom 25.08.2023 für die oben angeführten Zeiten einen Zusatzbeitrag für seine Ehefrau XXXX gemäß § 51d ASVG in Höhe von EUR 708,79 vor.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus den vorliegenden – soweit unzweifelhaften und unbedenklichen – Akteninhalten sowie insbesondere aus der Mitteilung vom 11.12.2023 sowie den damit vorgelegten Anträgen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit .). Gemäß § 59 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
3.2. Hinsichtlich der Beschlüsse (§ 31 VwGVG) ist zwischen verfahrensleitenden und nicht-verfahrensleitenden Beschlüssen zu differenzieren. Der Verwaltungsgerichtshof sah keinen sachlichen Grund dafür, eine gemäß §§ 17 VwGVG iVm 38 AVG ergangene Aussetzungsentscheidung als (bloß) verfahrensleitende Entscheidung zu beurteilen, die nicht abgesondert bekämpfbar wäre (vgl. etwa VwGH 24.03.2015, Ro 2014/05/0089).
Zu A) Aussetzung des Verfahrens:
3.3. Die maßgeblichen Bestimmungen des AlVG lauten auszugsweise wie folgt:
„Leistungen
§ 6.
(1) Als Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung werden gewährt:
[…]
2. Notstandshilfe;
[…]
(2) Als Versicherungen aus der Arbeitslosenversicherung werden gewährt:
1. Krankenversicherung für Bezieher der Leistungen nach Abs. 1 Z 1 bis 5 sowie 7 bis 9;
2. Unfallversicherung für Bezieher der Leistungen nach Abs. 1 Z 1, 2, 4, 5 und 9 nach Maßgabe des § 40a;
3. Pensionsversicherung für Bezieher der Leistungen nach Abs. 1 Z 1, 2, 4, 5 und 7 bis 9.
[…]
(3) Als Versicherungen aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung werden Krankenversicherung, Unfallversicherung und Pensionsversicherung für Bezieher einer Beihilfe zur Deckung des Lebensunterhaltes nach dem Arbeitsmarktservicegesetz (AMSG), BGBl. Nr. 313/1994, gewährt.
[…]
Ruhen des Arbeitslosengeldes
§ 16.
(1) Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht während
[…]
g) des Aufenthaltes im Ausland, soweit nicht Abs. 3 oder Regelungen auf Grund internationaler Verträge anzuwenden sind,
[…]
(3) Auf Antrag des Arbeitslosen ist das Ruhen des Arbeitslosengeldes gemäß Abs. 1 lit. g bei Vorliegen berücksichtigungswürdiger Umstände nach Anhörung des Regionalbeirates bis zu drei Monate während eines Leistungsanspruches (§ 18) nachzusehen. Berücksichtigungswürdige Umstände sind Umstände, die im Interesse der Beendigung der Arbeitslosigkeit gelegen sind, insbesondere wenn sich der Arbeitslose ins Ausland begibt, um nachweislich einen Arbeitsplatz zu suchen oder um sich nachweislich beim Arbeitgeber vorzustellen oder um sich einer Ausbildung zu unterziehen, oder Umstände, die auf zwingenden familiären Gründen beruhen.
[…]
Krankenversicherung der Leistungsbezieher
§ 40.
(1) Die Bezieher von Leistungen nach § 6 Abs. 1 Z 1 bis 5 sowie 7 bis 9 sind während des Leistungsbezuges bei der Österreichischen Gesundheitskasse krankenversichert. Für diese Versicherung gelten die Vorschriften des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes über die gesetzliche Krankenversicherung für Pflichtversicherte, soweit sich nicht aus den folgenden Bestimmungen Abweichendes ergibt.
[…]
(3) Die Bezieher von Leistungen gemäß § 6 Abs. 1 Z 1 bis 3 sowie 7 bis 9 sind überdies während der Zeit zwischen dem Ende der Anspruchsberechtigung auf die Leistungen der Krankenversicherung und dem Beginn (Wiederbeginn) des Anspruches auf eine Leistung gemäß § 6 Abs. 1 Z 1 bis 3 sowie 7 bis 9 bei fehlender Schutzfrist nach § 122 Abs. 2 Z 2 ASVG für längstens sechs Wochen in gleicher Weise wie während der Schutzfrist des § 122 Abs. 2 ASVG krankenversichert.
[…]
§ 43.
Die Bestimmungen über die Krankenversicherung beim Ausscheiden aus einer durch eine Beschäftigung begründeten Pflichtversicherung und anschließender Erwerbslosigkeit sind auf Leistungsbezieher, die aus dem Bezug von Leistungen nach diesem Bundesgesetz ausscheiden, anzuwenden.“
Die maßgebenden Bestimmungen des ASVG lauten auszugsweise wie folgt:
„Zusatzbeitrag für Angehörige
§ 51d.
(1) Für Angehörige (§ 123) ist ein Zusatzbeitrag im Ausmaß von 3,4% der für den Versicherten (die Versicherte) heranzuziehenden Beitragsgrundlage (Pension) zu leisten. Der Zusatzbeitrag entfällt zur Gänze auf den (die) Versicherte(n).
(2) Alle für die Beiträge zur Pflichtversicherung in der Krankenversicherung geltenden Rechtsvorschriften sind, sofern nichts anderes bestimmt wird, auf den Zusatzbeitrag nach Abs. 1 anzuwenden. Der (die) Versicherte schuldet jedoch den Zusatzbeitrag selbst und hat ihn auf seine (ihre) Gefahr und Kosten selbst einzuzahlen. Davon abweichend ist bei Pensionsbeziehern auf Antrag der Zusatzbeitrag von der jeweiligen Pension (Pensionssonderzahlung) einzubehalten und an den zuständigen Krankenversicherungsträger zu überweisen.
(3) Kein Zusatzbeitrag nach Abs. 1 ist einzuheben
1. für Personen nach § 123 Abs. 2 Z 2 bis 6 sowie Abs. 4 und 7b;
2. wenn und solange sich der (die) Angehörige der Erziehung eines oder mehrerer im gemeinsamen Haushalt lebender Kinder nach § 123 Abs. 4 erster Satz widmet oder durch mindestens vier Jahre hindurch der Kindererziehung gewidmet hat;
3. wenn und solange der (die) Angehörige Anspruch auf Pflegegeld zumindest in Höhe der Stufe 3 nach § 5 des Bundespflegegeldgesetzes oder nach den Bestimmungen der Landespflegegeldgesetze hat.
(4) Der Versicherungsträger hat bei Vorliegen einer besonderen sozialen Schutzbedürftigkeit des (der) Versicherten nach Maßgabe der vom Dachverband hiezu erlassenen Richtlinien (§ 30a Abs. 1 Z 16) von der Einhebung des Zusatzbeitrages nach Abs. 1 abzusehen oder diesen herabzusetzen. Eine besondere soziale Schutzbedürftigkeit liegt jedenfalls dann vor, wenn das Nettoeinkommen im Sinne des § 292 des (der) Versicherten den Richtsatz nach § 293 Abs. 1 lit. a aa nicht übersteigt.
[…]
Sonderbeiträge
§ 54.
(1) Von den Sonderzahlungen nach § 49 Abs. 2 sind in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung Sonderbeiträge mit dem gleichen Hundertsatz wie für sonstige Bezüge nach § 49 Abs. 1 zu entrichten; hiebei sind die in einem Kalenderjahr fällig werdenden Sonderzahlungen bis zum 60fachen Betrag der für die betreffende Versicherung in Betracht kommenden Höchstbeitragsgrundlage (§ 45 Abs. 1) unter Bedachtnahme auf § 45 Abs. 2 zu berücksichtigen.
[…]
(3) Die Bestimmungen der §§ 51 bis 53 über die Aufteilung der allgemeinen Beiträge auf den Versicherten und den Dienstgeber gelten entsprechend für die Sonderbeiträge.
[…]
Anspruchsberechtigung während der Dauer der Versicherung und nach dem Ausscheiden aus der Versicherung
§ 122.
(1) Der Versicherte hat nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Anspruch auf die Leistungen der Krankenversicherung für sich und seine Angehörigen (§ 123), wenn der Versicherungsfall
a) während der Versicherung oder
b) vor dem auf das Ende der Versicherung nächstfolgenden Arbeitstag
eingetreten ist (§ 120). Die Leistungen aus dem Versicherungsfall der Krankheit werden auch gewährt, wenn die Krankheit im Zeitpunkt des Beginnes der Versicherung bereits bestanden hat. Die Leistungen sind in allen diesen Fällen auch über das Ende der Versicherung hinaus weiterzugewähren, solange die Voraussetzungen für den Anspruch gegeben sind.
(2) Für Versicherungsfälle, die nach dem Ende der Versicherung oder nach Ablauf des im Abs. 1 lit. b bezeichneten Zeitraumes eintreten, sind Leistungen, und zwar auch für Familienangehörige, nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu gewähren:
1. an Personen, die Anspruch aus dem Versicherungsfall der Krankheit, der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit oder der Mutterschaft haben, sofern dieser Anspruch nicht gemäß Abs. 3 entstanden ist, und zwar
a) während der ersten drei Tage der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit, für die gemäß § 138 Abs. 1 ASVG Anspruch auf Krankengeld nicht besteht,
b) während des Anspruches auf Kranken- oder Wochen- oder Wiedereingliederungsgeld, auch wenn dieser Anspruch ruht,
c) während der Gewährung der Anstaltspflege oder der Unterbringung in einem Kurheim oder in einer Sonderkrankenanstalt auf Rechnung eines Versicherungsträgers oder
d) während des Anspruches auf Ersatz der Verpflegskosten gemäß § 131 oder auf Pflegekostenzuschuß gemäß § 150 gegenüber einem Versicherungsträger;
2. an Personen, die innerhalb der letzten zwölf Monate vor dem Ausscheiden aus der durch eine Beschäftigung (ein Lehr- oder Ausbildungsverhältnis) begründeten Pflichtversicherung mindestens 26 Wochen oder unmittelbar vorher mindestens sechs Wochen versichert waren und sogleich nach dem Ausscheiden aus der Pflichtversicherung erwerbslos geworden sind, wenn der Versicherungsfall während der Erwerbslosigkeit und binnen sechs Wochen nach dem Ausscheiden aus der Pflichtversicherung eintritt. War der Versicherte im Zeitpunkt des Ausscheidens aus der Pflichtversicherung infolge Krankheit arbeitsunfähig oder bestand zu diesem Zeitpunkt Anspruch auf Wochengeld, so beginnt die Frist von sechs Wochen erst ab dem Erlöschen des Anspruches auf Krankengeld (Anstaltspflege) bzw. Wochengeld zu laufen. Die Frist von sechs Wochen verlängert sich
a) um die Dauer eines Präsenz- oder Ausbildungsdienstes auf Grund des Wehrgesetzes 2001 – ausgenommen um Zeiten einer Pflichtversicherung gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 lit. e – bzw. eines auf Grund der Bestimmungen des Zivildienstgesetzes zu leistenden ordentlichen oder außerordentlichen Zivildienstes;
b) um jenen Zeitraum, um den die Dauer des Anspruchsverlustes auf Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe gemäß den §§ 10, 11 bzw. 25 Abs. 2 AlVG über die Frist von sechs Wochen hinausgeht;
3. an Personen, die nach § 21a AlVG keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe haben.
[…]
Anspruchsberechtigung für Angehörige
§ 123.
(1) Anspruch auf die Leistungen der Krankenversicherung besteht für Angehörige,
1. wenn sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben und
2. wenn sie weder nach der Vorschrift dieses Bundesgesetzes noch nach anderer gesetzlicher Vorschrift krankenversichert sind und auch für sie seitens einer Krankenfürsorgeeinrichtung eines öffentlich-rechtlichen Dienstgebers Krankenfürsorge nicht vorgesehen ist.
(2) Als Angehörige gelten:
1. der/die Ehegatte/Ehegattin oder eingetragene Partner/Partnerin;
[…]“
3.4. Gemäß §§ 38 AVG iVm 17 VwGVG ist die Behörde (das Verwaltungsgericht), sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid (ihrer Entscheidung) zugrunde zu legen. Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. beim zuständigen Gericht bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird.
Gegenständlich liegt eine derartige Vorfragensituation vor: Im gegenständlichen Fall schrieb die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit dem bekämpften Bescheid für die festgestellten und im Spruch genannten Zeiten einen Zusatzbeitrag in Höhe von EUR 708,79 vor. Die belangte Behörde begründete dies zentral damit, dass während der Zeiträume keine Versicherungszeiten der Ehefrau des Beschwerdeführers vorliegen würden. Falls aber Nachsicht vom Ruhen wegen berücksichtigungswürdiger Umstände iSd § 16 Abs. 3 AlVG erteilt werden würde, wäre Notstandshilfe auch während der gegenständlichen Zeiträume zu gewähren und würden somit Versicherungszeiten vorliegen. Ob berücksichtigungswürdige Umstände vorliegen und somit – wie von der Ehefrau des Beschwerdeführers beantragt – das Ruhen der Notstandshilfe nachzusehen ist, stellt eine Vorfrage dar, welche derzeit den Gegenstand eines bei der zuständigen Behörde anhängigen Verfahrens im Sinne des § 38 AVG bildet, welches auch noch nicht beendet ist.
Im Fall der Anhängigkeit eines Verfahrens über die Vorfrage, steht es im Ermessen der Behörde (des Verwaltungsgerichtes), das Verfahren zu unterbrechen oder selbst die Vorfrage zu beurteilen. § 38 AVG regelt nun nicht im Einzelnen, unter welchen Voraussetzungen die Behörde die Vorfrage selbst zu beurteilen hat oder von der Möglichkeit der Aussetzung des Verfahrens Gebrauch machen kann. Sie ist aber deswegen nicht völlig ungebunden. Ihre Entscheidung kann nämlich in der Richtung hin auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden, ob sie diese Entscheidung im Sinne des Gesetzes getroffen hat. Die Überlegungen, von denen sie sich dabei leiten lassen muss, werden vornehmlich solche der Verfahrensökonomie sein (vgl. etwa die bei Hengstschläger/Leeb, AVG, zu § 38 Rz 59 f genannten weiteren Kriterien der möglichsten Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis, der Erzielung möglichst richtiger und einheitlicher Entscheidungen samt Vermeidung von Wiederaufnahmen; demgegenüber das Postulat der möglichst raschen Beendigung des Verfahrens). Der Gesichtspunkt der Verfahrensökonomie könnte dann nicht als vorrangig angesehen werden, wenn die Behörde ohne weiteres Ermittlungsverfahren zur selbstständigen Beurteilung der Vorfrage in der Lage gewesen wäre (vgl. VwGH 30.05.2001, 2001/11/0121, mwN; 19.12.2012, 2012/08/0212).
Begründet wird die Ermessensübung wie folgt: Die Vorfrage betrifft eigentlich nicht unmittelbar den Beschwerdeführer selbst, sondern die Ehefrau des Beschwerdeführers. Diese gab dem AMS offenbar Auslandsaufenthalte bekannt, weswegen ihr Leistungsbezug (vorerst) ruhte. Dem Bundesverwaltungsgericht liegen dazu – von gespeicherten Versicherungsdaten abgesehen – keine Akteninhalte vor. Nunmehr stellte die Ehefrau des Beschwerdeführers bei der zuständigen Behörde gemäß § 16 Abs. 3 iVm Abs. 1 lit g AlVG Anträge auf Nachsicht vom Ruhen. Dazu ist der Vollständigkeit halber festzuhalten, dass entsprechende Anträge grundsätzlich auch noch nach dem jeweiligen Auslandsaufenthalt gestellt werden können. Vor diesem Hintergrund geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, das nach dem Prinzip der Verfahrensökonomie die Verfahren vor allem einfacher und kostensparender bei jener Behörde abgewickelt werden können, die grundsätzlich auch über den Leistungsbezug sowie das Ruhen entschied und der somit die entscheidungswesentlichen Sachverhalte bereits in weiten Teilen bekannt sind und der allenfalls auch bereits weitere Akteninhalte vorliegen, die jeweils für oder gegen die Nachsicht sprechen. Ferner spricht aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts auch die Erzielung möglichst einheitlicher Entscheidungen eher für eine Beurteilung durch das AMS selbst, weil dieses über eine Vielzahl von entsprechenden Anträgen entscheidet. Hier ist allerdings relativierend anzumerken, dass das Bundesverwaltungsgericht auch über Beschwerden gegen Bescheide gemäß § 16 Abs. 3 AlVG entscheidet.
Insgesamt geht das Bundesverwaltungsgericht aber davon aus, dass im Sinne des §§ 38 AVG iVm 17 VwGVG die Aussetzung des gegenständlichen Verfahrens bis zum Abschluss der im Spruch genannten Verwaltungsverfahren zur Nachsicht und damit zum Leistungsbezug während der gegenständlichen Zeiträume zu beschließen ist.
Soweit in den Anträgen auf Nachsicht zusätzliche (frühere) Tage als im bekämpften Bescheid der belangten Behörde vom 25.08.2023 angeführt sind, ist festzuhalten, dass für das hier gegenständliche Verfahren nur jene Zeiträume relevant sind, für die ein Zusatzbeitrag vorgeschrieben wurde.
3.5. Die Verfahrensparteien sind im Lichte ihrer Mitwirkungspflicht gehalten, dem Bundesverwaltungsgericht nach rechtskräftigem Abschluss der beim zuständigen AMS anhängigen Verfahren deren Ergebnisse unverzüglich mitzuteilen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Vielmehr macht das Bundesverwaltungsgericht von dem ihm eingeräumten Ermessen im Rahmen der gesetzlichen Voraussetzungen des § 38 AVG Gebrauch.
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