ASVG §260
AVG §68 Abs1
B-VG Art133 Abs4
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2022:W260.2251053.2.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus BELFIN als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt vom 10.01.2022, Zl. WLA2 / 3621 070400-3 03, betreffend Zurückweisung des Antrages auf Zuerkennung einer Waisenpension gem. §§ 252, 260 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG), zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid vom 27.04.2021, Zl. WLA2 / 3621 070400-3 03, lehnte die Pensionsversicherungsanstalt (im Folgenden: „PVA“) den zuvor gestellten Antrag des XXXX (im Folgenden „Beschwerdeführer“) vom 20.04.2021 auf Gewährung einer Waisenpension über das 18. Lebensjahr hinaus nach dem Verstorbenen XXXX ab, weil sich der Beschwerdeführer in Berufsausbildung bei der LPD XXXX befinde und im Rahmen dieses Dienstverhältnisses eine angemessene Entlohnung sowie eine Vollversicherung vorliege. Die Kindseigenschaft sei daher nicht anzunehmen.
Dem Antrag vom 20.04.2021 hatte der Beschwerdeführer den „Sondervertrag gemäß § 36 VBG für die exekutivdienstliche Ausbildung“ vom 01.04.2021, sowie die Bestätigung des Innenministeriums vom 20.04.2021, dass er seit 01.04.2021 den Aspirant-Polizeigrundausbildungslehrgang für die LPD XXXX absolviere, beigelegt.
Der Bescheid vom 27.04.2021 erwuchs in Rechtskraft.
2. Mit dem gegenständlichen Antrag vom 29.11.2021 begehrte der Beschwerdeführer neuerlich die Gewährung einer Waisenpension über das 18. Lebensjahr hinaus nach dem Verstorbenen XXXX . Der Beschwerdeführer legte die Mitteilung des Finanzamtes vom 18.10.2021 über den Bezug von Familienbeihilfe für den Zeitraum von April 2021 bis November 2022 bei.
3. Mit gegenständlichem Bescheid vom 10.01.2022 wies die PVA, gestützt auf § 68 Abs. 1 AVG, diesen Antrag auf Waisenpension wegen entschiedener Sache zurück und führte zur Begründung aus, dass der Antrag auf Zuerkennung einer Waisenpension nach dem am 04.04.2012 verstorbenen XXXX erneut die sachliche Behandlung der bereits mit Bescheid vom 27.04.2021 entschiedenen Sache zum Gegenstand habe.
Da der für die Gewährung der Waisenpension heranzuziehende Stichtag 01.05.2012 durch den Todestag festgelegt sei, sei weder eine Änderung in den für die Beurteilung als maßgeblich erachteten Umständen insbesondere im Hinblick auf die Erfüllung der Wartezeit noch in der maßgeblichen Rechtslage eingetreten. Einer neuerlichen Sachentscheidung stehe daher die Rechtskraft des Bescheides vom 27.04.2021 entgegen.
4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Der Beschwerdeführer brachte darin im Wesentlichen vor, dass entgegen den Ausführungen im Zurückweisungsbescheid sehr wohl eine Änderung in den für die Beurteilung maßgeblich erachteten Umständen eingetreten wäre. Bis zum Ende seiner Schulzeit hätte er Halbwaisenrente bezogen, die infolge Beendigung Schulausbildung und in Folge des abgeleisteten Präsenzdienstes eingestellt worden wäre. Der Beschwerdeführer würde seit 01.04.2021 den Aspirant-Polizeigrundausbildungslehrgang für die LPD XXXX absolvieren und würde daher seit diesem Zeitpunkt wieder ausschließlich in einem Schulausbildungsverhältnis stehen. Er würde Familienbeihilfe beziehen, die erst im Oktober 2021 bewilligt worden wäre. Zum Zeitpunkt der Zustellung der ersten Abweisung des Antrages auf Gewährung der Halbwaisenrente (Bescheid vom 27.04.2021) wäre ihm dieser Bescheid des Finanzamtes noch nicht vorgelegen. In der Begründung dieses Bescheides heiße es, dass ihm Halbwaisenrente dann zustehe, wenn die Kindseigenschaft erfüllt sei und sei dies nach Vollendung des 18. Lebensjahres dann der Fall, wenn ua. die Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichgesetz bezogen werde. Trotzdem werde ausgeführt, dass keine Kindseigenschaft vorliege. Er würde aber die Kindseigenschaft erfüllen. Er würde Familienbeihilfe beziehen und stehe ausschließlich in einem Schulausbildungsverhältnis. Zum Beweis biete er seine Einvernahme, die Mitteilung des Finanzamtes über die Familienbeihilfe vom 18.10.2021 sowie die Schulbesuchsbestätigung vom 20.04.2021 an. Er beantrage, ihm die Halbwaisenrente ab 01.04.2021 zu bewilligen. Er würde selber für seinen Lebensunterhalt aufkommen und würde in einer Genossenschaftswohnung wohnen.
5. Die Beschwerde wurde dem Bundesverwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt.
Die belangte Behörde legte dem Vorlageantrag eine ausführliche Äußerung vom 08.02.2022 bei und beantragte die Abweisung der gegenständlichen Beschwerde.
6. Das Bundeverwaltungsgericht übermittelte dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 01.03.2022 die Äußerung der belangten Behörde vom 08.02.2022 zur Stellungnahme innerhalb einer Frist von drei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens. Der Beschwerdeführer gab dazu keine Stellungnahme ab.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer ist am XXXX geboren, österreichischer Staatsbürger und hat seinen Wohnsitz in Österreich.
Der Beschwerdeführer absolviert von 01.04.2021 bis voraussichtlich 31.03.2023 den Aspirant-Polizeigrundausbildungslehrgang der LPD XXXX . Sein Arbeitsentgelt beläuft sich auf brutto € 1.765,60.
Der Beschwerdeführer beantragte am 20.04.2021 die Gewährung einer Waisenpension über das 18. Lebensjahr hinaus nach dem Verstorbenen XXXX . Der Beschwerdeführer begründete den Antrag mit seiner exekutivdienstlichen Ausbildung bei der LPD XXXX von 01.04.2021 bis 31.03.2023.
Mit Bescheid vom 27.04.2021 lehnte die PVA den zuvor gestellten Antrag des Beschwerdeführers ab, weil seine Ausbildung bei der LPD XXXX im Rahmen eines Dienstverhältnisses mit angemessener Entlohnung und Vollversicherung erfolgt. Daher liegt keine Kindseigenschaft vor. Der Bescheid vom 27.04.2021 erwuchs in Rechtskraft.
Der Beschwerdeführer stellte am 29.11.2021 den gegenständlichen Antrag auf Gewährung einer Waisenpension über das 18. Lebensjahr hinaus nach dem Verstorbenen XXXX .
Zum Zeitpunkt der neuerlichen Antragstellung hat sich weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert und auch das neue Parteibegehren deckt sich mit dem früheren, es wurde lediglich ein zusätzliches Beweismittel, die Mitteilung des Finanzamtes über den Bezug von Familienbeihilfe vom 18.10.2021 für den Zeitraum von April 2021 bis November 2022 vorgelegt.
Der Antrag wurde mit Bescheid der PVA vom 10.01.2022 wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakt.
Hinsichtlich der strittigen Frage, ob es durch das neue Beweismittel, nämlich die Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe vom 18.10.2021 für den Zeitraum von April 2021 bis November 2022 zu einer entscheidungsrelevanten Änderung des Sachverhalts gekommen ist, folgt das Bundesverwaltungsgericht dem nachvollziehbaren Vorbringen der belangten Behörde in der Äußerung vom 08.02.2022, wonach – wie im Rahmen der rechtlichen Ausführungen dargelegt wird – festgestellt wurde, dass sich durch die neuen Unterlagen nichts an der ursprünglichen Beurteilung geändert hat.
Der Stellungnahme der belangten Behörde hat der Beschwerdeführer nichts entgegengesetzt, er hat die vom Bundesverwaltungsgericht eingeräumte Möglichkeit, eine Stellungnahme zum Vorbringen der belangten Behörde zu erstatten, nicht wahrgenommen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht nur in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 und nur auf Antrag einer Partei durch einen Senat. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit .). Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
3.2. Da die Behörde mit dem angefochtenen Bescheid den Antrag des Beschwerdeführers zurückgewiesen hat, ist Sache des Beschwerdeverfahrens lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung (vgl. ua. VwGH 19.10.2016, Ro 2016/12/0009).
Das Bundesverwaltungsgericht hat daher § 68 Abs. 1 AVG nicht unmittelbar anzuwenden, sondern im Beschwerdeweg über einen verfahrensrechtlichen Bescheid der Verwaltungsbehörde lediglich nachprüfend zu beurteilen, ob die Verwaltungsbehörde § 68 Abs. 1 AVG zu Recht angewendet hat. Die Rechtsmittelbehörde darf aber über den Antrag nicht selbst meritorisch entscheiden (vgl. ua. VwGH 19.10.2016, Ro 2016/12/0009).
3.3. Nach § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlaß zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.
Identität der Sache als eine der Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des § 68 AVG ist nach der stRsp des Verwaltungsgerichtshofes dann gegeben, wenn sich der für die Entscheidung maßgebende Sachverhalt, welcher dem Vorbescheid zugrunde lag, nicht geändert hat. Bei der Beurteilung der „Identität der Sache“ ist in primär rechtlicher (und nicht etwa in rein technischer oder mathematischer) Betrachtungsweise festzustellen, ob in den entscheidungsrelevanten Fakten eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Maßgeblich für die Entscheidung der Behörde ist dabei nicht nur § 68 Abs. 1 AVG und für die Berufungsbehörde im Hinblick auf ihre Entscheidungskompetenz § 66 Abs. 4 AVG (bzw. für das Verwaltungsgericht § 28 Abs. 2 und 3 erster Satz VwGVG). Vielmehr hat das Verwaltungsgericht die Identität der Sache im Vergleich mit dem im Vorbescheid angenommenen Sachverhalt im Lichte der darauf angewendeten (insb. materiell-rechtlichen) Rechtsvorschriften zu beurteilen und sich damit auseinanderzusetzen, ob sich an diesem Sachverhalt oder seiner „rechtlichen Beurteilung“ (an der Rechtslage) im Zeitpunkt ihrer Entscheidung über den neuen Antrag eine wesentliche Änderung ergeben hat (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 68 Rz 24).
„Entschiedene Sache“ iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt somit vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (vgl. VwGH 09.09.1999, 97/21/0913; 27.09.2000, 98/12/0057; 25.04.2002, 2000/07/0235).
Dazu vertritt der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung die Auffassung, dass der Begriff „Identität der Sache“ in erster Linie aus einer rechtlichen Betrachtungsweise beurteilt werden muss. Die Sache verliert also ihre Identität, wenn in den entscheidungsrelevanten Fakten bzw. in den die Entscheidung tragenden Normen, eine wesentliche, d.h. die Erlassung eines inhaltlich anders lautenden Bescheides ermöglichende oder gebietende Änderung eingetreten ist (vgl. VwGH 22.11.2004, 2001/10/0035).
Eine neue Sachentscheidung ist weiters, wie sich aus § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ergibt, auch im Fall desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des vorangegangenen Verfahrens bestanden haben, ausgeschlossen (vgl. VwGH 24.09.1992, 91/06/0113; 25.04.2007, 2004/20/0100 u.a.).
3.4. Der Antrag des Beschwerdeführers vom 20.04.2021 auf Gewährung einer Waisenpension nach seinem verstorbenen Vater wurde mit Bescheid vom 27.04.2021 rechtskräftig abgewiesen, weil sich der Beschwerdeführer in Berufsausbildung bei der LPD XXXX befindet und im Rahmen dieses Dienstverhältnisses eine angemessene Entlohnung sowie eine Vollversicherung vorliegt und die Kindseigenschaft daher nicht anzunehmen ist.
In der Folge stellte der Beschwerdeführer erneut einen Antrag auf Gewährung einer Waisenpension nach seinem verstorbenen Vater, welchem er erstmals die Mitteilung des Finanzamtes über den Bezug von Familienbeihilfe vom 18.10.2021 für den Zeitraum von April 2021 bis November 2022 beilegte.
Es ist keine Änderung der Rechtslage eingetreten.
Die entscheidungsrelevante Bestimmung ist § 252 ASVG, die in der nach wie vor geltenden Fassung mit 01.07.2014 in Kraft getreten ist; auch sonst liegt keine maßgebliche Änderung der Rechtslage vor.
3.5. Gemäß § 252 Abs. 1 ASVG gelten als Kinder bis zum vollendeten 18. Lebensjahr:
1. die Kinder und die Wahlkinder der versicherten Person;
(Anm.: Z 2 und 3 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 86/2013)
4. – 5. (…).
Gemäß § 252 Abs. 2 ASVG besteht die Kindeseigenschaft auch nach der Vollendung des 18. Lebensjahres, wenn und solange das Kind
1. sich in einer Schul- oder Berufsausbildung befindet, die seine Arbeitskraft überwiegend beansprucht, längstens bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres; die Kindeseigenschaft von Kindern, die eine im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, verlängert sich nur dann, wenn für sie
a) entweder Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 bezogen wird oder
b) zwar keine Familienbeihilfe bezogen wird, sie jedoch ein ordentliches Studium ernsthaft und zielstrebig im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 311/1992 betreiben;
2. als Teilnehmer/in des Freiwilligen Sozialjahres, des Freiwilligen Umweltschutzjahres, des Gedenkdienstes oder des Friedens- und Sozialdienstes im Ausland tätig ist, längstens bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres;
3. seit der Vollendung des 18. Lebensjahres oder seit dem Ablauf des in Z 1 oder des in Z 2 genannten Zeitraumes infolge Krankheit oder Gebrechens erwerbsunfähig ist.
(3) (…).
„Waisenpension
§ 260. Anspruch auf Waisenpension haben nach dem Tode des (der) Versicherten die Kinder im Sinne des § 252 Abs. 1 Z 1 bis 4 und Abs. 2. Über das vollendete 18. Lebensjahr hinaus wird Waisenpension nur auf besonderen Antrag gewährt.“
3.6. Für den gegenständlichen Fall bedeutet es, dass das (nunmehrige) Vorliegen von Familienbeihilfe, das der Beschwerdeführer mit Vorlage der Mitteilung des Finanzamtes über den Bezug von Familienbeihilfe vom 18.10.2021 für den Zeitraum von April 2021 bis November 2022 dargelegt hat, an der gegeben Sach- und Rechtslage nichts ändert.
Der Bezug von Familienbeihilfe ist nur für jene Kinder relevant, die gemäß § 252 Abs. 2 Z 1 zweiter Halbsatz ASVG eine „im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung“ besuchen. Gemäß § 252 Abs. 2 ASVG besteht die Kindeseigenschaft nämlich auch nach der Vollendung des 18. Lebensjahres, wenn und solange das Kind 1. sich in einer Schul- oder Berufsausbildung befindet, die seine Arbeitskraft überwiegend beansprucht, längstens bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres; die Kindeseigenschaft von Kindern, die eine im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, verlängert sich nur dann, wenn für sie Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 bezogen wird.
Das Gesetz stellt daher nur bei Kindern, die eine im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, also „studieren“, auf den Bezug von Familienbeihilfe ab. Das Gesetz stellt aber bei Kindern, die sich in einer Berufsausbildung befinden – wie der Beschwerdeführer – nicht auf den Bezug von Familienbeihilfe ab.
Dass sich der Beschwerdeführer bereits seit 01.04.2021 bis dato – und somit bereits vor Erlassung des Ursprungsbescheides vom 27.04.2021 – in einer Berufsausbildung und eben keiner Ausbildung im Rahmen eines Studiums befunden hat, ergibt sich aus folgenden Überlegungen:
Die belangte Behörde hat in ihrer Äußerung vom 08.02.2022, welche dem Beschwerdeführer vom Bundesverwaltungsgericht zur Stellungnahme übermittelt wurde, vom Beschwerdeführer aber unbeantwortet geblieben ist, nachvollziehbar dargelegt, dass sich der Beschwerdeführer seit 01.04.2021 in der Ausbildung zum Exekutivbeamten befindet. Das Beschäftigungsausmaß ist dies einer Vollbeschäftigung iSd § 4 ASVG. Der Beschwerdeführer erhält ein monatliches Bruttogehalt von EUR 1.765,60 zuzüglich Sonderzahlungen. Ergänzend zu den Ausführungen der belangten Behörde ist zu erwähnen, dass sich die Höhe des Bruttogehaltes aus den von der belangten Behörde übermittelten Verfahrensunterlagen (vgl. Nr. 2 Inhaltsverzeichnis der belangten Behörde; OZ 1) ergibt.
Die belangte Behörde legte in ihrer Äußerung vom 08.20.2022 zutreffend dar, dass unter Schul- oder Berufsausbildung iSd § 252 Abs. 2 Z 1 ASVG jedoch nicht jedes Lernen schlechthin zu verstehen ist.
Die Schul- oder Berufsausbildung muss das Kind überwiegend beanspruchen, was bedeutet, dass der Gesetzgeber aus Versorgungsgründen einen Ausgleich dafür schaffen wollte, dass dem Kind ein überwiegender Teil seiner Arbeitskraft vom Erwerb eines Arbeitseinkommens wegen seiner Beanspruchung durch die Ausbildung verloren geht.
Besteht aber ein Dienstverhältnis, wie im gegenständlichen Fall, in dessen Rahmen – sogar als dienstrechtliche Verpflichtung – der Dienstnehmer eine Ausbildung über sich ergehen lassen muss, die auch ausschließlich seine Arbeitskraft beanspruchen mag, so besteht jedoch kein Grund mehr, geringere Verdienstmöglichkeiten durch die Weitergewährung einer Sozialversicherungsleistung über das 18. Lebensjahr hinaus auszugleichen. Vielmehr erhält der Dienstnehmer ohnehin volles Entgelt für eine Leistung, die – zunächst – ausschließlich in seiner Lern- und Prüfungstätigkeit zum Zwecke des Erwerbs berufsspezifischer Fähigkeiten besteht. Findet daher, wie hier, die Berufsausbildung im Rahmen des Dienstverhältnisses statt und sind hiermit Bezüge verbunden, die als – die Selbsterhaltung – sicherndes Arbeitsentgelt und nicht als bloße Entschädigung anzusehen sind, dann kann eine solche Berufsausbildung nicht jener gleichgehalten werden, die der Gesetzgeber in § 252 ASVG als besonders schutzwürdig im Auge hat.
Die belangte Behörde hat in ihrer Äußerung daher zu Recht die Annahme vertreten, dass eine solche, wie vom Beschwerdeführer ausgeübte Ausbildung, die Verlängerung der Kindeseigenschaft nicht zu begründen vermag.
Die belangte Behörde verwies auf eine Entscheidung des OGH vom 19.05.2021 zu 10 Obs 34/21d, welche die bisherige Rechtsprechung des OGH fortsetzt.
Dort wird ausgeführt, dass Einkommen, die aus der Ausbildungstätigkeit selbst stammen, die Kindeseigenschaft nur dann weiterbestehen lassen, wenn im Rahmen der Ausbildung kein oder nur ein geringes, die Selbsterhaltungsfähigkeit nicht sicherndes Entgelt bezogen wird. Ein aus der Ausbildungstätigkeit erzieltes Erwerbseinkommen, dass die Selbsterhaltungsfähigkeit ebenso sichert wie jedes andere Erwerbseinkommen aus einer Berufstätigkeit, die nicht als Ausbildungsverhältnis deklariert ist, beseitigt die Kindeseigenschaft (vgl. OGH vom 13.09.2018 zu 10 Obs 67/18b).
Bezogen auf den hier vorliegenden Sachverhalt führte die belangte Behörde in ihrer Äußerung vom 08.02.2022 zu Recht aus, dass sich der Beschwerdeführer in einem Ausbildungsverhältnis im Sinne einer Vollzeitbeschäftigung, welche eine Vollversicherung gemäß § 4 ASVG auslöst, befindet. Sein dabei bezogenes Arbeitsentgelt beläuft sich auf brutto EUR 1.765,60 – sohin weit mehr als der als Richtschnur anzunehmende Einzelrichtsatz für Ausgleichszulagenbezieher (Wert für das Kalenderjahr 2021 EUR 1.000,48, für 2022 EUR 1030,49).
Der Beschwerdeführer erfüllt daher die Kindeseigenschaft iSd § 252 Abs. ASVG nicht.
3.7. Da, wie eingangs erwähnt, der Bezug von Familienbeihilfe nur für jene Kinder relevant ist, die gemäß § 252 Abs. 2 Z 1 zweiter Halbsatz ASVG eine „im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung“ besuchen, der Beschwerdeführer aber eben kein Studium im genannten Sinn, sondern eine Berufsausbildung absolviert, ist auch die im gegenständlichen Verfahren vorgelegte Bestätigung über den Bezug von Familienbeihilfe nicht relevant bzw. begründet keine Änderung der Sachlage im Sinne des § 68 AVG.
Es liegt daher weder eine Änderung der Rechtslage noch der Sache vor, sodass die Entscheidung der Behörde insofern zutreffend ist, als sie das Vorliegen einer entschiedenen Sache bejaht.
Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.8. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung
Das Bundesverwaltungsgericht erachtete die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 VwGVG für nicht erforderlich, da erstens eine mündliche Verhandlung nicht beantragt wurde und zweitens der Sachverhalt aus dem vorgelegten Verwaltungsakt in Verbindung mit der Beschwerde – wie oben beweiswürdigend dargelegt - geklärt erscheint, insbesondere, weil der entscheidungswesentliche Sachverhalt unstrittig feststeht und eine mündliche Erörterung, nach Ansicht des Gerichts, keine weitere Klärung der Rechtssache im Sinne des § 24 Abs. 4 VwGVG erwarten lässt (VwGH 25.1.2016, Ra 2015/09/0 110, VwGH 21.4.2015, Ra 2015/09/0009, VwGH 17.2.2015, Ra 2014/09/0007.
Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Artikel 6 Absatz 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Artikel 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C83 vom 30.03.2010, S. 389, entgegen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
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