BVwG W114 2201925-2

BVwGW114 2201925-221.3.2022

B-VG Art133 Abs4
FPG §88 Abs2a

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2022:W114.2201925.2.00

 

Spruch:

 

 

W114 2201916-2/9E

W114 2201922-2/9E

W114 2201925-2/9E

W114 2201927-2/9E

W114 2201930-2/8E

W114 2201933-2/9E

 

Im Namen der Republik!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Bernhard DITZ über die Beschwerde von 1. XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, 2. XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, 3. XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, 4. XXXX geb. XXXX , StA. Afghanistan, 5. XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, 6. XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan vertreten durch den XXXX , gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.08.2021, 1. Zl. 1120230305-210309087, 2. Zl. 1120229805-210309065,3. ZL. 1120231008-210309044, 4. ZL. 1120230501-210309109, 5. Zl. 1120230109-210308986, 6. Zl. 1163394707-210309133, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 18.03.2022 zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben.

XXXX ist gemäß § 88 Abs. 2a FPG ein Fremdenpass auszustellen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

 

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. XXXX und XXXX sind die Eltern und gesetzlichen Vertreter ihrer minderjährigen Kinder XXXX und XXXX , gemeinsam: Beschwerdeführer.

2. Allen sechs Beschwerdeführern wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 24.02.2021, GZ W179 2201930-1/30E, W179 2201925-1/28E, W179 2201922-1/24E, W179 2201916-1/22E, W179 2201927-1/22E und W179 2201933-1/22E, gemäß § 8 Abs. 1 AsylG2005 der Status von subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und eine entsprechende bis 24.02.2022 befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 erteilt.

3. Alle sechs Beschwerdeführer haben am 08.02.2022 beim BFA Anträge auf Verlängerung ihres Status als subsidiär Schutzberechtigte gestellt. Diesen Anträgen wurde mit Entscheidungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA), jeweils vom 02.03.2022 stattgegeben und die befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte für jeweils zwei Jahre verlängert.

4. Die Beschwerdeführer beantragten am 05.03.2021 die Ausstellung von Fremdenpässen für subsidiär Schutzberechtigte.

5. Mit Schreiben des BFA vom 21.04.2021 wurden die Beschwerdeführer aufgefordert, bis 10.05.2021 schriftlich darzulegen, warum sie nicht in der Lage wären, sich bei der Botschaft Afghanistans in Wien ein afghanisches Reisedokument zu beschaffen.

Innerhalb der den Beschwerdeführern zugestandenen Frist langte im BFA von ihnen jedoch keine Stellungnahme ein.

6. Mit gesonderten Bescheiden des BFA, jeweils vom 19.08.2021, 1. Zl. 1120230305-210309087, 2. Zl. 1120229805-210309065, 3. Zl. 1120231008-210309044, 4. Zl. 1120230501-210309109, 5. Zl. 1120230109-210308986 und 6. Zl. 1163394707-210309133, wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf Ausstellung von Fremdenpässen gemäß § 88 Abs. 2a FPG abgewiesen.

Begründend wurde im Wesentlichen zusammengefasst ausgeführt, dass die Beschwerdeführer in der Lage wären, Reisepässe ihres Herkunftsstaates bei der ausländischen Vertretungsbehörde zu erlangen.

7. Gegen diese Bescheide erhoben die Beschwerdeführer, vertreten durch den XXXX , mit rechtzeitig eingebrachtem Schreiben vom 20.09.2021 Beschwerde. Sie führten darin aus, dass ihnen der Status von subsidiär Schutzberechtigten erteilt worden wäre und dass sie nicht in der Lage wären, afghanische Reisepässe bei der Vertretungsbehörde ihres Landes zu beantragen, da gegenwärtig keine funktionsfähige afghanische Botschaft in Österreich existiere und auch in naher Zukunft nicht erwartet werden könnte, dass sich dies ändern werde. Das gegenwärtig in Afghanistan an der Macht befindliche Taliban-Regime werde nicht anerkannt.

8. Die Beschwerde und die Unterlagen des bezughabenden Verwaltungsverfahrens wurden mit Schreiben des BFA vom 22.09.2021 dem BVwG am 28.09.2021 vorgelegt.

9. Mit E-Mail vom 08.02.2022 übermittelte die Rechtsvertretung der Beschwerdeführer dem BVwG eine Bekanntmachung der afghanischen Botschaft in Wien. Dieser Bekanntmachung kann entnommen werden, dass die Konsularabteilung dieser Botschaft u.a. die „Reisepass Beantragung (Neu)“ nicht erbringe. „Es sei zurzeit nicht möglich, diese Angelegenheiten zu bearbeiten. Daher würden diese Dienste und die Ausstellung eines neuen elektronischen Reisepasses in Wien ausgesetzt, bis das System wieder an das Zentralsystem angeschlossen werden könnte.“ Diese E-Mail und die angeschlossene Bekanntmachung der afghanischen Botschaft in Wien wurden mit Schreiben des BVwG vom 09.02.2022, GZ W114 2201916-2/5Z, an das BFA zum Parteiengehör übermittelt.

10. Mit Schreiben vom 10.02.2022 wies das BFA darauf hin, dass im Verwaltungsverfahren ein an die Beschwerdeführer gerichtetes Aufforderungsschreiben zur Darlegung, warum den Beschwerdeführern eine Erlangung eines afghanischen Reisepasses bei der Vertretungsbehörde ihres Heimatlandes nicht möglich sei, unbeantwortet geblieben wäre. Die Machtübernahme durch Taliban in Afghanistan habe erst nach der verfahrensgegenständlichen Antragstellung stattgefunden. Das BFA stelle sich daher die Frage, ob die Beschwerdeführer nicht bereits vor der Machtübernahme bei der afghanischen Botschaft Anträge auf Ausstellung afghanischer Reisepässe gestellt hätten. Es würde sich dann nicht um „Neuanträge“ im Sinne der Bekanntmachung der afghanischen Botschaft handeln. In diesem Fall wäre die Bekanntmachung der afghanischen Botschaft auf ihre Anträge nicht anzuwenden und es würde keine Unmöglichkeit, Reisepässe von der afghanischen Vertretungsbehörde in Wien zu erlangen, vorliegen. Gleichzeitig bestätigte das BFA unter Hinweis auf eine BFA-Aussendung vom 26.08.2021, dass „die afghanische Botschaft derzeit weiterhin den Parteienverkehr aufrecht halte und abgelaufene biometrische Reisepässe in Zukunft bei der Botschaft verlängert werden könnten. Fraglich sei, ob im gegenständlichen Fall biometrische Reisepässe vorhanden wären. Diese könnten sodann zum jetzigen Zeitpunkt verlängert werden.“

Am 18.03.2022 fand im BVwG eine von den Beschwerdeführern beantragte mündliche Verhandlung statt, von der das BFA unentschuldigt fernblieb.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige von Afghanistan. Es wurde ihnen mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24.02.2021, W179 2201930-1/30E, W179 2201925-1/28E, W179 2201922-1/24E, W179 2201916-1/22E, W179 2201927-1/22E und W179 2201933-1/22E, der Status von subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und eine entsprechende bis 24.02.2022 befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt. Allen sechs Beschwerdeführern wurde mit jeweiligem Bescheid des BFA vom 02.03.2022 ihre befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte für zwei Jahre verlängert.

Die Beschwerdeführer sind nicht in der Lage, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen.

Auf der auch in Teilen in englischer Sprache verfassten Homepage der Botschaft der „Islamischen Republik Afghanistan“ in Wien (http://www.afghanistan-vienna.org/ ) erscheint beim Aufruf des Untermenüpunktes „Reisepass beantragen“ des Hauptmenüpunktes „Konsulardienstleistungen“ die in roter Schrift gehaltene Meldung in deutscher Sprache „Beachte: Aufgrund von technischen Problemen sind die Dienstleistungen für einen neuen Reisepass vorläufig eingestellt!“

Über die Homepage der afghanischen Botschaft in Wien wurden am 22.09.2021 folgende Bekanntmachungen veröffentlicht:

„Bekanntmachung V.1:

[…]

Es sei erwähnt, dass Klienten, die einen neuen Reisepass beantragen wollen, dies aufgrund technischer Probleme zurzeit nicht möglich ist und hier auf die nächste Bekanntmachung gewartet werden muss.

[…]“

(http://www.afghanistan-vienna.org/wp-content/uploads/2021/08/G1_0001.jpg , zuletzt eingesehen am 21.03.2022)

„Bekanntmachung V.2:

An alle afghanische Staatsbürger, die sich im Amtsbereich der Botschaft und Ständige Mission der Islamischen Republik Afghanistan in Wien – Österreich aufhalten, wird mitgeteilt, dass die Dienstleistungen der Konsularabteilung dieser Botschaft wie bisher in den folgenden Bereichen nicht erbracht werden:

[…]

4) Reisepass Beantragung (Neu)

[…]

Das zentrale System der oben genannten Dienste wird vorübergehend eingestellt. Es ist zurzeit nicht möglich, diese Anträge zu bearbeiten. Daher werden diese Dienste und die Ausstellung eines elektronischen Reisepasses in Wien ausgesetzt, bis das System wieder an das Zentralsystem angeschlossen werden kann.

[…]“

(http://www.afghanistan-vienna.org/wp-content/uploads/2021/09/G2_0001.jpg , zuletzt eingesehen am 21.03.2022).

Weitere Bekanntmachungen oder Ankündigungen hinsichtlich der Ausstellung von afghanischen Reisepässen durch die afghanische Botschaft in Wien sind über die Homepage der Botschaft nicht abrufbar.

XXXX und XXXX sind in Österreich strafrechtlich unbescholten. Ihre Kinder sind strafunmündig.

In der Länderinformation der Staatendokumentation zu Afghanistan (aus dem COI-CMS – Version 6 vom 28.01.2022) kann dazu aus Seite 14 Folgendes entnommen werden:

„Bezüglich der Verwaltung haben die Taliban Mitte August 2021 nach und nach die Behörden und Ministerien übernommen. Sie riefen die bisherigen Beamten und Regierungsmitarbeiter dazu auf, wieder in den Dienst zurückzukehren, ein Aufruf, dem manche von ihnen auch folgten (AZ 17.8.2021; vgl. ICG 24.8.2021). Es gibt Anzeichen dafür, dass einige Anführer der Gruppe die Grenzen ihrer Fähigkeit erkennen, den Regierungsapparat in technisch anspruchsvolleren Bereichen zu bedienen. Zwar haben die Taliban seit ihrem Erstarken in den vergangenen zwei Jahrzehnten in einigen ländlichen Gebieten Afghanistans eine so genannte Schattenregierung ausgeübt, doch war diese rudimentär und von begrenztem Umfang, und in Bereichen wie Gesundheit und Bildung haben sie im Wesentlichen die Dienstleistungen des afghanischen Staates und von Nichtregierungsorganisationen übernommen (ICG 24.8.2021). Die Übernahme der faktischen Regierungsverantwortung inklusive der Gewährleistung der Sicherheit der Bevölkerung stellt die Taliban vor Herausforderungen, auf die sie kaum vorbereitet sind. Leere öffentliche Kassen und die Sperrung des afghanischen Staatsguthabens im Ausland, sowie internationale und US-Sanktionen gegen Mitglieder der Übergangsregierung, haben zu Schwierigkeiten bei der Geldversorgung, steigenden Preisen und Verknappung essenzieller Güter geführt (AA 21.10.2021).“

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführer und zu ihrem Status als subsidiär Schutzberechtigte ergeben sich aus den vom BFA vorgelegten Unterlagen des Verwaltungsverfahrens und den diesbezüglichen Unterlagen der beim BVwG zu den GZ W179 2201916-1, W179 2201922-1, W179 2201925-1, W179 2201927-1, W179 2201930-1 und zu W179 2201933-1 geführten Beschwerdeverfahren, in welchen den Beschwerdeführern letztlich erst der Status von subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde.

Die Feststellung, dass die Beschwerdeführer nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen, ergibt sich aus den Ergebnissen der vom BVwG vorgenommenen Internetrecherche auf der Homepage der afghanischen Botschaft in Wien und einer Einschau in die von der afghanischen Botschaft in Wien elektronisch kundgemachten Bekanntmachungen V.1 und V.2.

Daraus lässt sich entnehmen, dass die Ausstellung eines Reisepasses durch die Botschaft der „Islamischen Republik Afghanistan“ in Wien bis zum „Anschluss an das Zentralsystem“ nicht möglich ist. Hinsichtlich eines in Aussicht gestellten oder bereits erfolgten Anschlusses an das Zentralsystem enthält die Homepage keine Informationen. Die Bekanntmachung V.1 enthält lediglich einen Hinweis, dass auf die „nächste Bekanntmachung gewartet werden müsse“. Es ist damit derzeit auch nicht absehbar, ob und wann ein solcher Anschluss wieder erfolgen kann bzw. erfolgen wird.

Die aktuelle Länderinformation der Staatendokumentation zu Afghanistan (aus dem COI-CMS – Version 6 vom 28.01.2022) bestätigt, dass die neuen Machthaber in Afghanistan offensichtlich Probleme haben, „den Regierungsapparat in technisch anspruchsvolleren Bereichen zu bedienen“. Ob von den neuen Machthabern in Afghanistan überhaupt beabsichtigt ist, dass die afghanische Botschaft in Wien in Zukunft international anerkannte und verwendbare afghanische Reisepässe ausstellen wird können, kann derzeit nicht einmal vermutet werden. Daher kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Beschwerdeführer derzeit ein gültiges Reisedokument von ihrem Heimatstaat erhalten können.

Die festgestellten strafrechtlichen Unbescholtenheiten der Beschwerdeführer ergeben sich aus den vom BVwG aktuell eingeholten Strafregisterauszügen von XXXX und XXXX . Die Strafunmündigkeit der Kinder von XXXX konnte anhand deren Alter festgestellt werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte (mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes) ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit .).

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 161/2013, mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem, dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte (vgl. insbesondere § 1 BFA-VG).

§ 28 VwGVG („Erkenntnisse“) regelt die Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte und lautet auszugsweise wie folgt:

„§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

[…]“

Zu Spruchpunkt A)

3.2. Gemäß § 88 Abs. 2a FPG sind Fremden, denen in Österreich der Status des subsidiär Schutzberechtigten zukommt und die nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen, Fremdenpässe auf Antrag auszustellen, es sei denn, dass zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen.

§ 88 Abs. 2a FPG regelt die Ausstellung von Fremdenpässen an subsidiär Schutzberechtigte in Umsetzung von Art. 25 Abs. 2 Statusrichtlinie, welche vor dem Hintergrund einer Angleichung der Rechte von Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten unter bestimmten Umständen einen (ansonsten nicht bestehenden) Rechtsanspruch auf Ausstellung eines Fremdenpasses vorsieht.

Die Statusrichtlinie sieht die Angleichung der Rechte von Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten, ua in Bezug auf den Anspruch auf Ausstellung von Reisedokumenten durch den schutzgewährenden Mitgliedsstaat vor. Art. 25 Abs. 2 Statusrichtlinie legt diesbezüglich fest, dass subsidiär Schutzberechtigten, die keine Reisedokumente ihres Herkunftsstaates erhalten können, durch den schutzgewährenden Mitgliedsstaat Reisedokumente auszustellen sind, es sei denn, dass zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen. Diese Richtlinienbestimmung wurde durch § 88 Abs. 2a FPG umgesetzt, in dem subsidiär Schutzberechtigten nunmehr ein Rechtsanspruch auf Ausstellung eines Fremdenpasses eingeräumt wird, der nur aus Gründen der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung beschränkt werden kann. Humanitäre Gründe für die Anwesenheit in einem anderen Staat sind nicht mehr erforderlich (Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu BGBl. 2013/68).

Subsidiär Schutzberechtigte sind dann nicht in der Lage, sich ein Reisedokument ihres Heimatstaates (Herkunftsstaates) zu beschaffen, wenn dessen Vertretungsbehörde die Ausstellung verweigert. Dem Fremden muss es konkret (tatsächlich) möglich sein, ein Reisedokument seines Herkunftsstaates zu erlangen. Dies ist jedenfalls dann nicht möglich, wenn dem Antragsteller die Ausstellung eines Reisedokuments seitens der Vertretungsbehörde tatsächlich verweigert wird (Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht [2016] § 88 FPG K8.).

Die bloß abstrakte Möglichkeit im Falle der Vorlage geeigneter Dokumente grundsätzlich willens zu sein, dem Beschwerdeführer ein Reisedokument auszustellen, reicht für die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Fremdenpasses nicht aus, vielmehr muss für den Antragsteller die konkrete Möglichkeit bestehen, sich Reisedokumente seines Heimatstaates zu beschaffen (Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht § 88 FPG E7).

Mit der Ausstellung eines Fremdenpasses an den Betroffenen übernimmt Österreich die völkerrechtliche Rücknahmeverpflichtung. Die „zwingenden Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung“ müssen sich auf die den Betroffenen mit dem Fremdenpass eröffnete Reisefreiheit beziehen (Schrefler-König/Szymanski [Hrsg], Fremdenpolizei und Asylrecht zu § 88 FPG Anm 2).

3.3. Konkret wurde den Beschwerdeführern mit Erkenntnis vom 24.02.2021, W179 2201930-1/30E, W179 2201925-1/28E, W179 2201922-1/24E, W179 2201916-1/22E, W179 2201927-1/22E und W179 2201933-1/22E gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigte für jeweils ein Jahr erteilt, welche mit Bescheiden des BFA vom 02.03.2022 jeweils um weitere zwei Jahre verlängert wurden.

Grundsätzlich kann ein Fremdenpass nur ausgestellt werden, wenn die Identität des Fremden feststeht. In Fällen, in denen ein Identitätsdokument ohne Verschulden des Fremden nicht erlangbar ist, muss dieses Erfordernis aber an die tatsächlichen Gegebenheiten angepasst und somit als relativiert zu gelten haben, wenn insgesamt von der Glaubwürdigkeit des Betreffenden auszugehen ist (Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht § 88 FPG K10). Das BFA und das BVwG sind im asyl- und fremdenrechtlichen Verfahren von den Identitäten und der afghanischen Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführer ausgegangen.

Vom BFA wurden zum Entscheidungszeitpunkt keine zwingenden Gründe der nationalen Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung festgestellt, die gegen die Ausstellung der beantragten Reisedokumente sprechen würden. Solche sind auch im Verfahren vor dem BVwG nicht hervorgekommen. Auch in den aktuell eingeholten Strafregisterauszügen scheinen keine Verurteilungen von XXXX auf, bzw. sind deren Kinder nicht strafmündig.

3.4. Aus den dargelegten Gründen war daher spruchgemäß zu entscheiden, weshalb den Beschwerdeführern Fremdenpässe auszustellen sind.

3.5. Gemäß § 5 Abs. 1a Z 3 FPG obliegt die Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl.

Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (VwGH 25.02.2016 Ra 2016/21/0052, oder VwGH 16.12.2015 Ra 2015/21/0124); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

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