VwGH Ra 2015/21/0124

VwGHRa 2015/21/012416.12.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Dobner, über die Revision des B A in L, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10. Juli 2015, Zl. W152 2015489- 1/2E, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Ausstellung eines Fremdenpasses (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §13 Abs3 impl;
AVG §13 Abs3;
AVG §66 Abs4;
FrPolG 2005 §88 Abs2a;
FrPolGDV 2005;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs4;
VwRallg;
AVG §13 Abs3 impl;
AVG §13 Abs3;
AVG §66 Abs4;
FrPolG 2005 §88 Abs2a;
FrPolGDV 2005;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs4;
VwRallg;

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben und das angefochtene Erkenntnis dahingehend abgeändert, dass in Stattgebung der Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21. November 2014, Zl. 821397505 - 140039794, dieser Bescheid ersatzlos behoben wird.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Dem Revisionswerber, einem afghanischen Staatsangehörigen, war letztlich mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) vom 19. September 2014 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt worden.

Am 6. Oktober 2014 beantragte der Revisionswerber in der Folge die Ausstellung eines Fremdenpasses für subsidiär Schutzberechtigte nach § 88 Abs. 2a FPG. Die im Antragsformular unter der Überschrift "Ich habe keinen Reisepass meines Herkunftsstaat und kann keinen erlangen, weil:" (grammatikalischer Fehler im Original) vorgesehene Rubrik ließ er unausgefüllt. Im Hinblick darauf erließ das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) nachstehenden Verbesserungsauftrag:

"Zur Bearbeitung des Antrags werden Sie aufgefordert der Behörde binnen vier Wochen mitzuteilen:

- Warum Sie nicht in der Lage sind sich einen Reisepass bei der Botschaft zu beschaffen. (Beizubringen sind: Schriftlicher Antrag um Reisepass an Botschaft, im Original und beglaubigter Übersetzung; Aufgabebestätigung bei Post; Antwortschreiben Botschaft im Original und beglaubigter Übersetzung.) Eine Bestätigung, dass von Ihrer Vertretungsbehörde kein Reisepass ausgestellt wird ohne Angabe von Gründen, ist der Behörde nicht ausreichend.

Sollten binnen vier Wochen nach Erhalt dieses Schreibens die Mängel nicht behoben werden, wird Ihr Antrag iSd § 13 Abs. 3 AVG mit Bescheid zurückzuweisen sein.

Wird der Mangel rechtzeitig behoben, gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht."

Der Revisionswerber kam diesem Auftrag nicht nach. Mit Bescheid vom 21. November 2014 wies das BFA daraufhin seinen Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses gemäß § 13 Abs. 3 AVG iVm § 88 Abs. 2a FPG zurück. In diesem Bescheid wurde u.a. darauf hingewiesen, dass Fremdenpässe nach § 88 Abs. 2a FPG nur dann auszustellen seien, wenn der Antragsteller nicht in der Lage sei, sich ein gültiges Reisedokument seines Heimatstaates zu beschaffen. Dies stelle ein zwingendes Tatbestandsmerkmal für die Ausstellung von Fremdenpässen an subsidiär Schutzberechtigte dar, weshalb die Nichtbefolgung des erteilten Mängelbehebungsauftrages zur Zurückweisung des gegenständlichen Antrags führen müsse.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das BVwG mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis gemäß § 13 Abs. 3 AVG iVm § 88 Abs. 2a FPG als unbegründet ab. Eine Revision dagegen erklärte das BVwG gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG als nicht zulässig. Es stehe fest - so das BVwG in seiner Begründung -, dass der Revisionswerber die ihm mit Verbesserungsauftrag nach § 13 Abs. 3 AVG gesetzte Frist zur Behebung des zu Recht gerügten Mangels (seines Antrags) fruchtlos habe verstreichen lassen. Das BFA sei daher zutreffend mit Zurückweisung des verfahrenseinleitenden Antrages vorgegangen.

Über die dagegen erhobene Revision hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage seitens des BVwG - Revisionsbeantwortungen wurden nicht erstattet - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Revisionswerber macht in seinen Ausführungen zur Zulässigkeit der außerordentlichen Revision zutreffend geltend, dass das angefochtene Erkenntnis der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 13 Abs. 3 AVG widerspreche. Bei den von dieser Bestimmung erfassten - materiellen oder formellen - Mängeln handelt es sich nämlich nur um das Fehlen von für die Partei erkennbaren Anforderungen an ein vollständiges und fehlerfreies Anbringen. Davon sind sonstige Unzulänglichkeiten zu unterscheiden, welche nicht die Vollständigkeit des Anbringens betreffen, sondern im Lichte der anzuwendenden Vorschriften seine Erfolgsaussichten beeinträchtigen (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 29. April 2010, Zl. 2008/21/0302, oder vom 22. Oktober 2013, Zl. 2012/10/0213).

Ob es sich bei einer im Gesetz umschriebenen Voraussetzung um einen (zur Zurückweisung des Antrags führenden) "Mangel" im Sinn des § 13 Abs. 3 AVG, oder aber um das (zur Antragsabweisung führende) Fehlen einer Erfolgsvoraussetzung handelt, ist durch die Auslegung der jeweiligen Bestimmung des Materiengesetzes zu ermitteln (siehe auch dazu die eben angeführten hg. Erkenntnisse).

Im vorliegenden Fall geht es um die Bestimmung des § 88 Abs. 2a FPG, wonach Fremdenpässe Fremden auf Antrag auszustellen sind, denen in Österreich der Status des subsidiär Schutzberechtigten zukommt und die nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen, es sei denn, dass zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen.

Dass der den Gegenstand des Verbesserungsauftrages des BFA bildende Umstand ("warum Sie nicht in der Lage sind, sich einen Reisepass bei der Botschaft zu beschaffen") eine Erfolgsvoraussetzung darstellt, hat das BFA in seinem Zurückweisungsbescheid vom 21. November 2014 letztlich selbst zum Ausdruck gebracht. Darin wird nämlich (siehe die obige Wiedergabe) u. a. darauf hingewiesen, dass es sich bei dem im § 88 Abs. 2a FPG genannten Gesichtspunkt, "wenn der Antragsteller nicht in der Lage ist, sich ein gültiges Reisedokument seines Heimatstaates zu beschaffen", um ein zwingendes Tatbestandsmerkmal - und somit eben um eine Erfolgsvoraussetzung - für die Ausstellung von Fremdenpässen an subsidiär Schutzberechtigte handle. Dem ist angesichts der klaren Anordnung des § 88 Abs. 2a FPG nichts hinzuzufügen. Es sei lediglich der Vollständigkeit halber noch angemerkt, dass auch in der Fremdenpolizeigesetz-Durchführungsverordnung keine Bestimmung zu finden ist, die für die Erstattung eines Antrags auf Ausstellung eines Fremdenpasses besondere Angaben oder gar die Beibringung irgendwelcher Unterlagen anordnet. Letzteres ist - in der im Verbesserungsauftrag des BFA vorgesehenen Art und Weise - nicht einmal in dem vom Revisionswerber für seinen Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses verwendeten amtlichen Vordruck vorgesehen, der freilich ohnehin nicht eine Erfolgsvoraussetzung in einen "Mangel" im Sinn des § 13 Abs. 3 AVG umwandeln kann.

Das BVwG, das nur begründungslos davon ausgegangen ist, dass der gegenständliche Verbesserungsauftrag zu Recht erteilt worden sei, hat die dargestellte Rechtslage verkannt. Das angefochtene Erkenntnis erweist sich daher als inhaltlich rechtswidrig.

Gemäß § 42 Abs. 4 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof in der Sache selbst entscheiden, wenn sie entscheidungsreif ist und die Entscheidung in der Sache selbst im Interesse der Einfachheit, Zweckmäßigkeit und Kostenersparnis liegt.

Das ist hier der Fall, weil infolge der Beschwerde des Revisionswerbers lediglich eine ersatzlose Behebung des nach dem Gesagten verfehlten Zurückweisungsbescheides des BFA geboten ist (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 66 Rz 106). Das gilt unverändert auch für die seit 1. Jänner 2014 geltende Rechtslage (in diesem Sinn Hengstschläger/Leeb, AVG I2 (2014) § 13 Rz 30; siehe auch das hg. Erkenntnis vom 12. Oktober 2015, Ro 2015/22/0115).

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 und 5 VwGG abgesehen werden.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 16. Dezember 2015

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte