AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2022:W136.2245562.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Brigitte HABERMAYER-BINDER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA. Syrien, gegen den Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.06.2021, Zl. 1272436808-201280411, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Die beschwerdeführende Partei ist ein männlicher Staatsangehöriger Syriens. Sie stellte am 18.12.2020 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
2. Bei ihrer Erstbefragung am selben Tag gab die beschwerdeführende Partei an, sie gehöre der Volksgruppe der Kurden an und sei Moslem. Sie stamme aus der Stadt XXXX kurdisch XXXX in der Nähe von XXXX im Gouvernement Al Hasaka. Ihre Eltern und ein Bruder sowie ihre Ehefrau und zwei Söhne würden sich in Syrien aufhalten. Ein Bruder würde in Syrien leben und jeweils ein Bruder und eine Schwester würden in Deutschland leben. Ihren Ausreiseentschluss habe sie im September 2020 gefasst. Syrien habe sie illegal 15.10.2020 zu Fuß über die Grenze zur Türkei verlassen, ihr im Irak lebender Bruder habe alles organisiert. Als Fluchtgrund führte die beschwerdeführende Partei aus, dass sie von ihrem in Österreich asylberechtigt lebenden Cousin erfahren habe, dass Österreich ein gutes und sicheres Land sei und sie sich vorstellen könne, hier zu leben und zu arbeiten. Bei einer Rückkehr nach Syrien befürchte sie, dass das syrische Militär, das sich schon bei ihm gemeldet habe, sie in den Krieg schicken werde, was sie nicht wolle.
3. Am 13.04.2021 fand eine Einvernahme beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl statt, in deren Zuge die beschwerdeführende Partei soweit wesentlich angab, dass sich ihre Eltern, ein Bruder sowie ihre Frau und ihre Kinder noch in XXXX aufhielten. Ein Bruder würde in Syrien leben und jeweils ein Bruder und eine Schwester würden in Deutschland leben. Die beschwerdeführende Partei habe ihr ganzes Leben in XXXX verbracht, dort zwölf Jahre lang die Schule besucht und danach in einem Lebensmittelgeschäft und am Bau gearbeitet. 2014 habe sie geheiratet. Den Wehrdienst in der syrischen Armee habe sie laut Wehrdienstbuch von 26.02.2004 bis 01.03.2006 geleistet. Zu ihren Fluchtgründen befragt gab die beschwerdeführende Partei an, dass die PKK oft bei ihm zu Haus gewesen sei und sie habe rekrutieren wollen. Auch habe sie Angst vor der Rekrutierung durch die syrische Armee gehabt und sei ihr die Zukunft seiner Kinder sehr wichtig. Als sie die Kurden zum Kampf habe rekrutieren wollen, habe sie sich eine Woche im Heimatort versteckt und dann das Dorf am 15.10.2020 verlassen.
4. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag der beschwerdeführenden Partei bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.), ihr gemäß § 8 Abs. 1 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihr eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG erteilt (Spruchpunkt III). Das Bundesamt stellte die syrische Staatsangehörigkeit und die kurdische Volksgruppenzugehörigkeit, nicht jedoch die Identität der beschwerdeführenden Partei fest. Eine Verfolgung seitens des syrischen Staates aufgrund der Volksgruppen- oder Religionszugehörigkeit bzw. ihrer politischen Gesinnung, wurde nicht festgestellt. Eine drohende Einberufung zum syrischen im Falle einer Rückkehr wurde nicht festgestellt, eben so wenig wie eine Bedrohung oder Verfolgung staatlicherseits.
5. In der gegen den Spruchpunkt I. des Bescheides rechtzeitig eingebrachten Beschwerde wurde ausgeführt, dass die Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid ohne Begründungswert seien, weil die beschwerdeführende Partei, nachdem die syrische Armee in mehrere frühere kurdisch besetzte Grenzstädte einmarschiert sei, nicht mehr sicher vor der syrischen Armee sei. Außerdem sei die beschwerdeführende Partei wie alle wehrfähigen Männer in Syrien mittels Dekret durch Bekanntmachung im Fernsehen einberufen worden und habe sich somit de facto der Einberufung widersetzt.
6. Mit Ladung vom 29.11.2021, einem Rechtsanwalt als Rechtsvertreter des BF am selben Tag zugestellt, führte das Bundesverwaltungsgericht am 16.12.2021 in Anwesenheit eines Dolmetschers für die kurdische Sprache (Kurmanci) und in Anwesenheit der beschwerdeführenden Partei eine mündliche Verhandlung durch, bei der die beschwerdeführende Partei im Detail zu ihren Fluchtgründen befragt wurde. Die mündliche Verhandlung dauerte von 14:00 bis 17:20 Uhr, wobei die erst am 30.11.2021 nunmehr durch die beschwerdeführende Partei zusätzlich neu bevollmächtigte Rechtvertreterin (BBU) aufgrund eines Irrtums erst um 15:11 Uhr erschien. Die beschwerdeführende Partei, am Beginn der Verhandlung dazu befragt, ob sie nun von ihrem Rechtsanwalt oder der BBU vertreten werde, gab an, dass sie nur mehr von der BBU vertreten werde und ein Erkenntnis an sie selbst als auch an ihren Rechtsvertreter zugestellt werden möge.
7. Mit eingeräumter Stellungnahme der beschwerdeführenden Partei vom 30.12.2021 zu den in das Verfahren durch das Bundesverwaltungsgericht eingeführten Länderberichten wurde mitgeteilt, dass vom BFA im Bescheid zierten Berichte veraltet seien. Da die kurdischen Streitkräfte laut dem aktuellen LIB und EASO Bericht vom November 2021 auch Kinder und Jugendliche zwangsrekturieren würden, sei eine Zwangsrekturierung von Männern über 30 Jahren auch äußerst wahrscheinlich. Zudem berichteten EASO im eben zitierten Bericht über die Pflicht zur Ableistung des Wehrdienstes bzw. die „obligatorische Selbstverteidigungspflicht“ für Männer bis zu 40 Jahre. Zur Einberufung als Reservist durch die syrische Armee gehe aus dem Bericht von UNHCR zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen, aktualisierte Fassung, März 2021 hervor, dass nach wie vor Wehrdienstentzug illegal sei und als politischer, oppositioneller Akt gewertet werde. In der Praxis würden Personen, die sich dem Wehrdienst entzogen haben bei Festnahme direkt einbezogen und an die Frontlinie beordert bzw. liefen Gefahr, gefoltert zu werden.
Zusätzlich bestehe aufgrund der Asylantragsstellung im Ausland eine große Gefahr. In den erwähnten UNHCR-Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen, werde beschrieben, dass entgegen offizieller Ankündigungen, Regierungsmitglieder öffentliche Drohungen gegen Flüchtlinge ausgesprochen hätten. Rückkehrer würden Berichten zufolge willkürlich inhaftiert, Verschwinden gelassen, gefoltert und ihr Eigentum konfisziert, unter anderem wegen der angenommenen regierungskritischen Haltung. Es bestehe keine Klarheit, wer bei einer Rückkehr sicher sei. UNHCR gehe daher davon aus, dass Personen, auf die dieses Profil zutreffe, wahrscheinlich internationalen Schutz benötigen.
Schließlich wurde im Hinblick darauf, dass die erkennende Richterin trotz aufrechten Vollmachtsverhältnisses die Verhandlung am 16.12.2021 begonnen habe, ohne bei der BBU nachzufragen, wo der Rechtsvertreter bliebe, auf die Entscheidung des VfGH E 3947/2020-13, vom 08.06.2021, verwiesen, wo in einem Fall die Durchführung einer Verhandlung in Abwesenheit des Rechtsvertreters als Willkür bewertet wurde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur beschwerdeführenden Partei:
Die beschwerdeführende Partei ist ein Staatsangehöriger Syriens, der am 18.12.2020 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich stellte.
Die beschwerdeführende Partei gehört der Volksgruppe der Kurden an.
Die beschwerdeführende Partei stammt aus der Stadt XXXX im Gouvernement Al Hasaka. Die beschwerdeführende Partei ist dort geboren, besuchte die 12 Jahre die Schule und lebte dort mit zunächst mit ihren Eltern und dann mit ihrer Ehefrau bis zu ihrer Ausreise aus Syrien.
Die beschwerdeführende Partei ist verheiratet und Vater von zwei Kindern. Die Ehefrau und Kinder, ihre Eltern und ein Bruder leben nach wie vor in XXXX . Zwei weitere Geschwister der beschwerdeführenden Partei leben in Deutschland, ein Bruder lebt im Irak. Ein Cousin lebt in Wien. Die beschwerdeführende Partei steht in regelmäßigem Kontakt mit ihren in Syrien verbliebenen Familienangehörigen.
Die beschwerdeführende Partei besuchte in Syrien zwölf Jahre lang die Schule und arbeitete dann im Lebensmittelgeschäft der Familie und auch ab und zu als Bauarbeiter.
Die beschwerdeführende Partei verließ Syrien illegal 15.10.2020 zu Fuß über die Grenze zur Türkei.
1.2. Zum fluchtauslösenden Vorbringen:
Es wird festgestellt, dass sich XXXX und Umgebung sowohl zum Zeitpunkt, als die beschwerdeführende Partei ihren Herkunftsstaat verlassen hat, als auch zum heutigen Zeitpunkt unter kurdischer Kontrolle befindet.
Die beschwerdeführende Partei absolvierte in den Jahren von 2004 bis 2006 den verpflichtenden syrischen Militärdienst als einfacher Soldat (Panzerschütze). Es wird nicht festgestellt, dass die beschwerdeführende Partei einen Einberufungsbefehl als Reservist zum syrischen Militär bekommen hat.
Weiters wird nicht festgestellt, dass gegen die beschwerdeführende Partei im Juni 2020 ein Festnahmebefehl wegen Nichtbefolgung des Einberufungsbefehls samt Vorführanordnung erlassen wurde. Eine Gefahr, als Reservist zum syrischen Militär eingezogen zu werden, wird nicht festgestellt.
Es wird daher auch eine Gefahr, durch das syrische Regime wegen einer Wehr- oder Reservedienstverweigerung als oppositionell eingestuft zu werden, nicht festgestellt.
Genausowenig wird eine Gefahr, im Fall einer Rückkehr nach Syrien durch Mitglieder der YPG zwangsrekrutiert zu werden, festgestellt.
1.3. Zur maßgeblichen Situation in Syrien:
Die syrischen Streitkräfte - Wehr- und Reservedienst
Letzte Änderung: 30.09.2021
Für männliche syrische Staatsbürger ist im Alter zwischen 18 bis 42 Jahren die Ableistung eines Wehrdienstes von zwei Jahren gesetzlich verpflichtend (ÖB 29.9.2020). Laut Gesetzesdekret Nr. 30 von 2007 Art. 4 lit b gilt dies vom 1. Januar des Jahres, in dem das Alter von 18 Jahren erreicht wird, bis zum Überschreiten des Alters von 42 Jahren (PAR 12.5.2007). Zusätzlich gibt es die Möglichkeit eines freiwilligen Militärdienstes. Frauen können ebenfalls freiwillig Militärdienst leisten (CIA 17.8.2021; vgl. FIS 14.12.2018). Palästinensische Flüchtlinge mit dauerhaftem Aufenthalt in Syrien unterliegen ebenfalls der Wehrpflicht, dienen jedoch in der Regel in der Palestinian Liberation Army (PLA) unter palästinensischen Offizieren. Diese ist jedoch de facto ein Teil der syrischen Armee (AA 13.11.2018; vgl. FIS 14.12.2018). Auch Binnenvertriebene sind wie andere Syrer zur Ableistung des Wehrdienstes verpflichtet und werden rekrutiert (FIS 14.12.2018). Die syrische Regierung arbeitet daran, Milizen zu demobilisieren oder sie in ihre regulären Streitkräfte zu integrieren, während sie gleichzeitig aktive militärische Operationen durchführt (CIA 17.8.2021).
Wehrpflicht
Bei der Einberufung neuer Rekruten sendet die Regierung Wehrdienstbescheide mit der Aufforderung, sich zum Militärdienst anzumelden, an Männer, die das wehrfähige Alter erreicht haben. Die Namen der einberufenen Männer werden in einer zentralen Datenbank erfasst. Männer, die sich beispielsweise im Libanon aufhalten, können mittels Bezahlung von Bestechungsgeldern vor ihrer Rückkehr nach Syrien überprüfen, ob sich ihr Name in der Datenbank befindet (DIS 5.2020).
Laut Gesetz sind in Syrien junge Männer im Alter von 17 Jahren dazu aufgerufen, sich ihr Wehrbuch abzuholen und sich einer medizinischen Untersuchung zu unterziehen. Im Alter von 18 Jahren wird man einberufen, um den Wehrdienst abzuleisten. Wenn bei der medizinischen Untersuchung ein gesundheitliches Problem festgestellt wird, wird man entweder vom Wehrdienst befreit, oder muss diesen durch Tätigkeiten, die nicht mit einer Teilnahme an einer Kampfausbildung bzw. -einsätzen verbunden sind, ableisten. Wenn eine Person physisch tauglich ist, wird sie entsprechend ihrer schulischen bzw. beruflichen Ausbildung eingesetzt. Rekruten müssen eine 45-tägige militärische Grundausbildung absolvieren. Männer mit niedrigem Bildungsstand werden häufig in der Infanterie eingesetzt, während Männer mit einer höheren Bildung oft in prestigeträchtigeren Positionen eingesetzt werden. Gebildetere Personen kommen damit auch mit höherer Wahrscheinlichkeit in Positionen, in denen sie über andere Personen Bericht erstatten oder diese bestrafen müssen (STDOK 8.2017).
Vor 2011 lag die Dauer der Wehrpflicht zwischen eineinhalb und zweieinhalb Jahren. Seit 2011 leisten die meisten Reservisten und Militärangehörigen ihren Dienst auf unbestimmte Zeit (NMFA 6.2021), nachdem die syrische Regierung die Abrüstung von Rekruten einstellte (DIS 5.2020; vgl. ÖB 7.2019). Nachdem die Regierung große Teile des Gebiets von bewaffneten Oppositionellen zurückerobert hatte, wurde mit der Entlassung der ältesten Rekrutenklassen begonnen, welche seit 2011 im Dienst waren. Zahlreiche Männer leisten ihren Wehrdienst jedoch weiterhin über den verpflichtenden Zeitraum hinaus ab (DIS 5.2020, vgl. NMFA 6.2021)
Reservedienst
Gemäß Artikel 15 des Gesetzesdekrets Nr. 30 von 2007 bleibt ein syrischer Mann nach Beendigung des Pflichtwehrdienstes, wenn er sich gegen einen Eintritt in den Militärdienst als Berufssoldat entscheidet, Reservist und kann bis zum Alter von 42 Jahren in den aktiven Dienst einberufen werden (TIMEP 22.8.2019; vgl. STDOK 8.2017). Es liegen einzelne Berichte vor, denen zufolge die Altersgrenze für den Reservedienst erhöht wird, wenn die betreffende Person besondere Qualifikationen hat (das gilt z.B. für Ärzte, Panzerfahrer, Luftwaffenpersonal, Artilleriespezialisten und Ingenieure für Kampfausrüstung). Die Behörden ziehen vornehmlich Männer bis zu einem Alter von 27 Jahren ein, während Ältere sich eher auf Ausnahmen berufen können. Dennoch wurden die Altersgrenzen fallweise angehoben und auch Männer bis zu einem Alter von 55 oder sogar 62 Jahren, abhängig vom Rang, eingezogen, bzw. konnten Männer nach Erreichen des 42. Lebensjahres die Armee nicht verlassen (ÖB 29.9.2020; vgl. FIS 14.12.2018, vgl. NMFA 5.2020). Die Altersgrenze hängt laut Experten eher von lokalen Entwicklungen und den Mobilisierungsbemühungen der Regierung ab, als von allgemeinen Einberufungsregelungen.
Generell hat sich das Maß der Willkür in Syrien im Zuge des Konfliktes erhöht (FIS 14.12.2018). Manche Quellen berichten, dass ihnen keine Fälle von Rekrutierungen über-42-Jähriger nach 2016 bzw. 2018 bekannt seien. Gemäß anderen Quellen soll es jedoch zu Einberufungen von über-42-jährigen Rückkehrern aus dem Libanon und Jordanien als Reservisten gekommen sein, wobei es sich nicht um Zwangsrekrutierungen handelte (DIS 5.2020).
Die syrische Armee hat durch Verluste, Desertion und Überlaufen zu den Rebellen einen schweren Mangel an Soldaten zu verzeichnen (TIMEP 6.12.2018). Die syrische Regierung hat das syrische Militärdienstgesetz während des Konflikts mehrfach geändert, um die Zahl der Rekruten zu erhöhen (DIS 10.2019). Glaubhaften Berichten zufolge gibt es Zwangsrekrutierungen junger Männer durch syrische Streitkräfte auch unmittelbar im Kampfgebiet. Der Personalbedarf des syrischen Militärs bleibt unverändert hoch, und seit Dezember 2018 haben sich die Rekrutierungsbemühungen aufgrund dessen sogar noch verstärkt (AA 4.12.2020). Während ein Abkommen zwischen den überwiegend kurdischen Syrian Democratic Forces (SDF) und der syrischen Regierung vom November 2019 die Stationierung von Truppen der syrischen Streitkräfte in vormals kurdisch kontrollierten Gebieten vorsieht, hat die syrische Regierung aufgrund von mangelnder Verwaltungskompetenz bislang keinen verpflichtenden Wehrdienst in diesen Gebieten wiedereingeführt (DIS 5.2020) [Anm.: zum Wehrdienst bei Einheiten der SDF siehe Kapitel Wehr- und Reservedienst und Rekrutierungen - „Nordost-Syrien“.]
Rekrutierung und Verfolgung
Die Regierung hat in vormals unter der Kontrolle der Oppositionskräfte stehenden Gebieten, wie zum Beispiel Ost-Ghouta, Zweigstellen zur Rekrutierung geschaffen. Wehrdienstverweigerer und Deserteure können sich in diesen Rekrutierungszentren melden, um nicht länger von den Sicherheitskräften gesucht zu werden. In vormaligen Oppositionsgebieten werden Listen mit Namen von Personen, welche zur Rekrutierung gesucht werden, an lokale Behörden und Sicherheitskräfte an Checkpoints verteilt (DIS 5.2020).
Unbestätigten Berichten zufolge wird der Geheimdienst innerhalb kurzer Zeit informiert, wenn die Gründe für einen Aufschub nicht mehr gegeben sind, und diese werden auch digital überprüft. Früher mussten die Studenten den Status ihres Studiums selbst an das Militär melden, doch jetzt wird der Status der Studenten aktiv überwacht. Generell werden die Universitäten nun strenger überwacht und sind verpflichtet, das Militär über die An- oder Abwesenheit von Studenten zu informieren (STDOK 8.2017). Berichten zufolge wurden Studenten trotz einer Ausnahmegenehmigung gelegentlich an Kontrollpunkten rekrutiert (FIS 14.12.2018).
Ein „Herausfiltern“ von Militärdienstpflichtigen im Rahmen von Straßenkontrollen oder an einem der zahlreichen Checkpoints ist weit verbreitet (FIS 14.12.2018). In Homs führt die Militärpolizei beispielsweise stichprobenartig unvorhersehbare Straßenkontrollen durch. Die intensiven Kontrollen erhöhen das Risiko für Militärdienstverweigerer, verhaftet zu werden (EB 3.6.2020). Rekrutierungen finden auch in Ämtern statt, beispielsweise wenn junge Männer Dokumente erneuern wollen, sowie an Universitäten, in Spitälern und an Grenzübergängen, wo die Beamten Zugang zur zentralen Datenbank mit den Namen der für den Wehrdienst gesuchten Männer haben. Nach Angaben einer Quelle fürchten auch Männer im wehrfähigen Alter, welche vom Militärdienst laut Gesetz ausgenommen sind oder von einer zeitweisen Amnestie vom Wehrdienst Gebrauch machen wollen, an der Grenze eingezogen zu werden (DIS 5.2020). Während manche Quellen davon ausgehen, dass insbesondere in vormaligen Oppositionsgebieten (z.B. dem Umland von Damaskus, Aleppo, Dara‘a und Homs) immer noch Rekrutierungen mittels Hausdurchsuchungen stattfinden (DIS 5.2020; vgl. EB 3.6.2020), berichten andere Quellen, dass die Regierung nun weitgehend davon absieht, um erneute Aufstände zu vermeiden. Weiters rekrutieren die syrischen Streitkräfte in Lagern für Binnenvertriebene (DIS 5.2020). Mitte Oktober 2018 berichteten regierungsnahe Medien, dass etwa 800.000 Männer nicht mehr für den Reservedienst benötigt werden. Eine Reihe Syrer kehrten daraufhin nach Syrien zurück, wobei manche über Beziehungen in der Heimat ihren Wehrdienststatus überprüfen ließen und sich versicherten, dass sie tatsächlich nicht mehr gesucht werden. Zumindest manche der Rückkehrer wurden wenige Wochen später eingezogen, nachdem das Verteidigungsministerium im Dezember 2018 neue Einberufungslisten für den Reservedienst veröffentlichte und so die vorherige Entscheidung aufhob. Die Gründe für diese Verkettung von Ereignissen ist jedoch laut International Crisis Group schwer zu ermitteln (ICG 13.2.2020).
Nordost-Syrien
Letzte Änderung: 01.10.2021
Wehrpflichtgesetz
Die Autonome Verwaltung Nord- und Ostsyriens, die von der kurdischen PYD dominiert wird, verabschiedete 2014 das sogenannte „Selbstverteidigungspflicht“-Gesetz, das vorsieht, dass jede Familie einen „Freiwilligen“ zwischen 18 und 30 Jahren stellen muss, der sechs Monate lang in der YPG dient (NMFA 7.2019; cf. EB 12.7.2019). Dieser Zeitraum wurde später im Rahmen der im Januar 2016 verabschiedeten Änderungen auf neun Monate geändert. Nach Angaben verschiedener Menschenrechtsorganisationen wird dieses Gesetz auch mit Gewalt durchgesetzt. Seit 2019 hat es eine ähnliche Form angenommen wie die Wehrpflicht der syrischen Regierung. Auch die Zwangsrekrutierung von Jungen und Mädchen kommt Berichten zufolge vor (AA 4.12.2021, vgl. EB 7.12.2019).
Es wurden auch mehrere Fälle von willkürlichen Verhaftungen zum Zwecke der Rekrutierung dokumentiert, obwohl die Wehrpflicht aufgrund der Ausbildung aufgeschoben wurde oder einige Jugendliche aus medizinischen oder anderen Gründen vom Wehrdienst befreit wurden. Selbst einige Beschäftigte im Bildungssektor sind von diesen Verhaftungen und Zwangsrekrutierungen nicht ausgenommen, obwohl sie im Besitz von Dokumenten für eine Befreiung sind (EB 12.7.2019).
Die Sanktionen für die Wehrdienstverweigerung ähneln denen im von der Regierung kontrollierten Teil und umfassen Haftstrafen sowie eine Verlängerung des Wehrdienstes. Es kommt zu Überprüfungen von möglichen Wehrpflichtigen an Checkpoints und auch zu Ausforschungen. Die Autonomiebehörden dürften laut der Österreichischen Botschaft Damaskus eine Verweigerung aber nicht als Ausdruck einer bestimmten politischen Gesinnung sehen (ÖB 29.9.2020). Laut UNHCR kann die Weigerung, den YPG beizutreten, Berichten zufolge schwerwiegende Konsequenzen haben, einschließlich Entführung, Inhaftierung und Misshandlung der inhaftierten Personen sowie Zwangsrekrutierung, da die Verweigerung des Kampfes als Ausdruck der Unterstützung des sogenannten Islamischen Staates oder als Opposition zu PYD/YPG interpretiert werden kann (UNHCR 3.11.2017).
Frauen und Altersgrenzen
Mehrfach ist es dazu gekommen, dass Männer von der YPG rekrutiert wurden, die älter als 30 Jahre waren. Dabei handelte es sich um Personen, die PYD-kritisch politisch aktiv waren, und die mit hoher Wahrscheinlichkeit durch die Rekrutierung abgestraft werden sollten (Savelsberg 3.11.2017).
Frauen können freiwilligen Militärdienst in den kurdischen Einheiten [YPJ - Frauenverteidigungseinheiten] leisten (AA 4.12.2020), wobei es gleichzeitig Berichte von Zwangsrekrutierungen von Frauen (AA 4.12.2020; vgl. SNHR 26.1.2021) und minderjährigen Mädchen gibt (Savelsberg 3.11.2017; vgl. HRW 11.10.2019, UNGASC 20.6.2019). Darüber hinaus sind Fälle bekannt, in denen kurdische Frauen, die der YPG zunächst freiwillig beitraten, daran gehindert wurden, diese wieder zu verlassen (IWPR 29.3.2018; vgl. Savelsberg 3.11.2017).
Rückkehr
Letzte Änderung: 01.10.2021
In den letzten drei Jahren sind die Kämpfe in Syrien insgesamt zurückgegangen, wobei die Regierung ihre Gewinne konsolidiert hat und 2021 mehr als 70 % des Gebiets kontrolliert. Die syrische Regierung hat daher Flüchtlinge öffentlich zur Rückkehr ermutigt. Nach Angaben des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR), der Internationalen Organisation für Migration (IOM) und des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) sind die Voraussetzungen für eine umfassende Rückkehr der Flüchtlinge nach Syrien in Sicherheit und Würde jedoch nach wie vor nicht erfüllt, da in ganz Syrien weiterhin erhebliche Sicherheitsrisiken für die Zivilbevölkerung bestehen (AA 4.12.2020, UNHCR 3.2021).
Der Bericht der UN-Untersuchungskommission für Syrien betonte vor Kurzem, dass das Wiederaufflammen der Kämpfe und die Rückkehr zur Gewalt Anlass zur Sorge sind. Die willkürliche Inhaftierung und die Inhaftierung in Isolationshaft durch die Regierungstruppen halten unvermindert an. Die Kommission hat weiterhin nicht nur Folter und sexuelle Gewalt in der Haft, sondern auch Todesfälle in der Haft und das Verschwindenlassen von Personen dokumentiert. Darüber hinaus hat sich die wirtschaftliche Lage in Syrien rapide verschlechtert, so dass die Brotpreise in die Höhe geschnellt sind und die Ernährungsunsicherheit im Vergleich zum letzten Jahr um mehr als 50% zugenommen hat. In den letzten Monaten haben die Kämpfe und die Gewalt sowohl im Nordwesten als auch im Nordosten und Süden des Landes zugenommen (UNHRC 14.9.2021).
Einem 2021 veröffentlichten Bericht von Amnesty International zufolge betrachten die syrischen Behörden Personen, die das Land verlassen haben, als illoyal gegenüber ihrem Land und als Unterstützer der Opposition und/oder bewaffneter Gruppen. Syrische Geheimdienstmitarbeiter haben Frauen, Kinder und Männer, die nach Syrien zurückkehrten, unrechtmäßig oder willkürlich inhaftiert, gefoltert und anderweitig misshandelt, einschließlich Vergewaltigung und sexueller Gewalt, und verschwinden gelassen. Ausgehend von diesen Erkenntnissen ist kein Teil Syriens für Rückkehrer sicher, und Menschen, die Syrien seit Beginn des Konflikts verlassen haben, sind bei ihrer Rückkehr der realen Gefahr ausgesetzt, verfolgt zu werden. Jede erzwungene Rückkehr nach Syrien zum jetzigen Zeitpunkt würde gegen den internationalen Grundsatz der Nichtzurückweisung verstoßen, die in Artikel 33 der Flüchtlingskonvention von 1951 verankert ist und die es Staaten untersagt, Menschen an einen Ort zu überstellen, an dem sie der Gefahr von Verfolgung oder anderen schweren Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt sind (AI 9.2021). Rückkehrüberlegungen syrischer Männer werden auch durch ihren Militärdienststatus beeinflusst (DIS/DRC 2.2019). Laut einer Erhebung der Syrian Association for Citizen’s Dignity (SACD) ist für 58 % aller befragten Flüchtlinge die Abschaffung der Zwangsrekrutierung die wichtigste Bedingung für die Rückkehr in ihre Heimat (AA 4.12.2021).
Inhaftierung, Folter, Vergewaltigung und Verschwindenlassen von Rückkehrern
Es ist schwierig, Informationen über die Situation von Rückkehrern in Syrien zu erhalten. Regierungsfreundliche Medien berichten über die Freude der Rückkehrer (TN 10.12.2018), prooppositionelle Medien berichten über Inhaftierungen und willkürliche Tötungen von Rückkehrern (TN 10.12.2018; vgl. TWP 2.6.2019, FP 6.2.2019). Zudem wollen viele Flüchtlinge aus Angst vor Repressionen durch die Regierung nach ihrer Rückkehr nach Syrien nicht mehr mit Journalisten (TN 10.12.2018) oder gar mit Angehörigen sprechen (SD 16.1.2019; vgl. TN 10.12.2018). Auch im Jahr 2020 gewährte das Regime dem UNHCR weiterhin nur stark eingeschränkten Zugang nach Syrien. UNHCR war daher weder in der Lage, eine umfassende Überwachung der Situation von zurückgekehrten Binnenvertriebenen und Flüchtlingen sicherzustellen, noch den Schutz ihrer Rechte zu gewährleisten (AA 4.12.2020).
Die syrische Regierung führt Listen mit Personen, die ihrer Meinung nach auf die eine oder andere Weise oppositionell sind. Alles in allem kann eine Person, die von der Regierung gesucht wird, aus einer Vielzahl von Gründen oder völlig willkürlich gesucht werden. So kann die Behandlung einer Person an einem Checkpoint von verschiedenen Faktoren abhängen, darunter die Willkür des Kontrollpersonals oder praktische Probleme eine Namensähnlichkeit mit einer gesuchten Person. Personen, die als regierungsfeindlich angesehen werden, müssen mit verschiedenen Konsequenzen seitens der Regierung rechnen, z.B. mit Verhaftung und im Zuge dessen auch mit Folter. Einigen Quellen zufolge gehören zu den Personen, die als oppositionell oder regierungsfeindlich gelten, medizinisches Personal, insbesondere wenn sie in einem von der Regierung belagerten Oppositionsgebiet gearbeitet haben, Aktivisten und Journalisten, die die Regierung offen kritisiert oder Informationen oder Fotos von Ereignissen wie Angriffen der Regierung verbreitet haben, sowie generell Personen, die die Regierung offen kritisieren. Einer Quelle zufolge kann es vorkommen, dass die Regierung eine Person wegen eines als geringfügig eingestuften Vergehens nicht sofort verhaftet, sondern erst nach einer gewissen Zeit (FIS 14.12.2018). Jeder Nachrichtendienst führt seine eigenen Fahndungslisten und es gibt keine Koordination oder Zentralisierung. Daher kann es trotz einer positiven Sicherheitsüberprüfung durch einen Dienst jederzeit zu einer Verhaftung durch einen anderen kommen (AA 4.12.2020).
Ein weiterer Faktor, der die Behandlung an einem Kontrollpunkt beeinflussen kann, ist das Herkunftsgebiet oder der Wohnort einer Person. Wenn eine Person an einem Ort lebt oder aus einem Ort kommt, der von der Opposition kontrolliert wird oder wurde, kann dies das Misstrauen des Kontrollpersonals wecken (FIS 14.12.2018). Nach Angaben der Regierungskonferenz ist das Konzept des Regimes, wer ein Oppositioneller ist, nicht immer klar oder kann sich im Laufe der Zeit ändern; es gibt keine Gewissheit darüber, wer vor Verhaftungen sicher ist. In Gesprächen mit der ICG berichteten viele Flüchtlinge, dass der Verzicht auf regimefeindliche Aktivitäten keine sichere Rückkehr garantiert (ICG 13.2.2020). Es gab regelmäßig Berichte über Verhaftungen und Anklagen gegen Rückkehrer, denen vorgeworfen wurde, gegen die Regierung zu opponieren, im Rahmen der Anti-Terror-Gesetzgebung. Nach Angaben des Auswärtigen Amts erscheinen diese Berichte glaubwürdig, konnten aber nicht im Einzelfall überprüft werden (AA 13.11.2018).
Es gibt Berichte über Menschenrechtsverletzungen gegen Personen, die nach Syrien zurückgekehrt sind (IT 17.3.2018). Hunderte syrische Flüchtlinge wurden nach ihrer Rückkehr verhaftet und verhört, darunter Flüchtlinge, die aus dem Ausland nach Syrien zurückgekehrt sind, Binnenvertriebene aus von der Opposition kontrollierten Gebieten und Personen, die in von der Regierung zurückeroberten Gebieten ein Versöhnungsabkommen mit der Regierung unterzeichnet haben. Sie wurden gezwungen, Aussagen über Familienmitglieder zu machen, und in einigen Fällen wurden sie gefoltert (TWP 2.6.2019; vgl. EIP 6.2019). Aus Daten, die im Rahmen des UN-Systems erhoben wurden, geht hervor, dass 14 % der mehr als 17.000 befragten Binnenvertriebenen- und Flüchtlingsrückkehrerhaushalte während ihrer Rückkehr im Jahr 2018 angehalten oder inhaftiert wurden. Von dieser Gruppe wurden 4 % für mehr als 24 Stunden festgehalten. In der Gruppe der Flüchtlinge (die ins Ausland geflohen sind) wurden 19 % festgehalten. Diese Zahlen beziehen sich speziell auf die Heimreise und nicht auf Inhaftierungen in den Wochen und Monaten danach (EIP 6.2019).
Amnesty International hat in seinem Bericht aus dem Jahr 2021 Informationen über 66 Personen vorgelegt, die bei ihrer Rückkehr aus dem Ausland Opfer von Verstößen wurden. Unter ihnen wurden 59 Fälle von unrechtmäßiger oder willkürlicher Inhaftierung von Männern, Frauen und Kindern dokumentiert. Unter den Inhaftierten befanden sich zwei schwangere Frauen und zehn Kinder im Alter zwischen drei Wochen und 16 Jahren, von denen sieben vier Jahre alt oder jünger waren. Außerdem wurden 27 Fälle von gewaltsamem Verschwindenlassen dokumentiert, darunter vier Kinder, die mindestens eine Woche und bis zu vier Jahre lang festgehalten wurden, wobei 17 Fälle noch andauern. Die Sicherheitsbeamten verhafteten die Rückkehrer zumeist unter dem pauschalen Vorwurf des „Terrorismus“, da sie häufig davon ausgingen, dass einer ihrer Verwandten der politischen oder bewaffneten Opposition angehörte, oder weil die Rückkehrer aus einem Gebiet kamen, das zuvor von der Opposition kontrolliert wurde. Darüber hinaus wurden 14 Fälle gemeldet, in denen Sicherheitsbeamte sexuelle Gewalt gegen Kinder, Frauen und männliche Rückkehrer ausübten, darunter Vergewaltigungen an fünf Frauen, einem 13-jährigen Jungen und einem fünfjährigen Mädchen. Die sexuelle Gewalt fand an Grenzübergängen oder in Haftanstalten während der Befragung am Tag der Rückkehr oder kurz danach statt. Berichten zufolge setzten Geheimdienstmitarbeiter 33 Rückkehrer, darunter Männer, Frauen und fünf Kinder, während ihrer Inhaftierung und Verhöre in Geheimdiensteinrichtungen Praktiken aus, die Folter oder anderen Misshandlungen gleichkommen (AI 9.2021).
1.3.2. Die Rekrutierungspraxis der kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG):
a) Am 14. Juli 2014 wurde in den kurdisch kontrollierten Gebieten erstmals gesetzlich eine allgemeine Wehrpflicht eingeführt. Genanntes Gesetz kam erstmals im Jahr 2015 in Afrin zum Einsatz. Im Jahr 2017 wurde in der Region Jazira das Gesetz zur „verpflichteten Selbstverteidigung“ beschlossen. Zuvor genannte Gesetze wurden, nachdem sich der kurdische Nationalrat (Majlis al-‘Am) im Juni des Jahres 2019 auf das Gesetz der „Pflicht zur Selbstverteidigung“ einigte, durch dieses ersetzt. Geographisch umfasst das Gesetz den Norden und Osten Syriens, der von der kurdischen Autonomieregierung kontrolliert wird. Es besteht für Kurden ab dem Erreichen des achtzehnten Lebensjahres eine allgemeine Wehrpflicht bei der SDF (Artikel 1a, 2019) und betrifft alle Kurden syrischer Staatsangehörigkeit sowie staatenlose Kurden. Syrer aus anderen Teilen des Landes müssen ebenfalls beitreten, sobald sie sich länger als fünf Jahre in den zuvor genannten Gebieten aufgehalten haben (Artikel 1j, 2019). Der Wehrdienst muss bis zum vierzigsten Lebensjahr abgeleistet werden (Artikel 13).
b) Die englisch- und arabischsprachige syrische Zeitung Enab Baladi hält in einem Artikel vom Dezember 2019 unter anderem folgende Informationen zur Rekrutierungspraxis der SDF fest: Der Verkündung des Militärrekrutierungsgesetzes von 2014, das unter dem Namen „Pflicht zur Selbstverteidigung“ beschlossen worden sei, seien in al-Hasaka und Qamishli Verhaftungen junger Männer im Alter von 18 bis 30 Jahren durch die Asayisch vorangegangen. Später, in der Phase, die auf das Ende des Kampfes in Kobane im November 2015 folgte, hätten die SDF größere Militäroperationen in Nord- und Ostsyrien durchgeführt und parallel dazu ihre Zwangsrekrutierungsoperationen in Gebieten wie Hasaka, Ayn al-Arab, Tell Abyad und Qamischli fortgesetzt, wobei auch Kinder und Minderjährige rekrutiert worden seien. Das Gesetz „Pflicht zur Selbstverteidigung“ sei bis heute (Artikel vom Dezember 2019) gültig, und der Rekrutierungsprozess gehe weiter, obwohl das Gesetz vonseiten der in den SDF-kontrollierten Gebieten lebenden Bevölkerung auf starke Ablehnung stoße. Es habe bereits mehrere Demonstrationen gegen Zwangsrekrutierungen gegeben, insbesondere auch Demonstrationen dagegen, dass ein großer Teil der jungen Männer, die die vom Regime kontrollierten Gebiete verlassen hätten, um ihrer Wehrpflicht zu entgehen, nun Zwangsrekrutierung ausgesetzt seien, die in ihrer Methodik jener des syrischen Regimes ähneln würde. (Enab Baladi, 7. Dezember 2019)
c) Die für auswärtige Angelegenheiten zuständige niederländische Regierungsbehörde Ministerie van Buitenlandse Zaken (BZ) veröffentlicht im Juli 2019 ihren Bericht zur aktuellen Sicherheitslage in Syrien. Dieser geht unter anderem auch auf die von den YPG umgesetzte Wehrpflicht ein. Seit Juli 2014 gebe es in der Demokratischen Föderation Nordsyrien (die unter kurdischer Selbstverwaltung stehende Region in Nordsyrien, die von der Partei der Demokratischen Union (PYD) und ihrem militärischen Arm, den YPG dominiert wird, Anm. ACCORD) einen verpflichtenden Militärdienst von 12 Monaten für alle Männer von 18 bis 30 Jahren, die in dieser Region leben würden. Im Falle einer Wehrdienstverweigerung oder bei einer Festnahme würde ein verpflichtender Wehrdienst von 15 Monaten als Strafmaßnahme verhängt. Dann stehe es dem Wehrdienstleistenden frei, sich einer Miliz anzuschließen. Der Wehrdienstleistende müsse seinen Dienst bei den Yekîneyên Parastina Gel (YPG), dem bewaffneten Arm der PYD, ableisten. […]
Das ägyptische Nachrichtenportal Arabi 21 berichtet im Jänner 2019, dass laut örtlichen Quellen in Nordsyrien die kurdischen Volksverteidigungseinheiten ihre Zwangsrekrutierungskampagne in der Stadt Raqqa und ihrer Umgebung ausgeweitet hätten. Dies sei vor dem Hintergrund der Drohungen der Türkei, die Region einzunehmen, geschehen. Aktivisten hätten in sozialen Netzwerken Fotos einer Kundmachung der öffentlichen Verwaltung zur Wehrdienstpflicht gepostet. Junge Männer, die im Norden der Provinz Al-Raqqa (Ain Eissa) und im Osten der Provinz Aleppo (Ain Al-Arab/Kobane) wohnhaft seien und den Jahrgängen 1986 bis 2001 angehören würden, würden darin aufgefordert, ihren Wehrdienst zu leisten. Sie müssten sich bis zum 10. Jänner bei den Rekrutierungsbüros melden, sonst würden ihnen eine Geldstrafe und eine Verlängerung des einjährigen Wehdienstes um einen Monat drohen. Gleichzeitig hätten kurdische Einheiten in der Provinz Al-Hasaka angekündigt, den Wehrdienst derer, deren Dienstzeit zu Ende gehe, „aufgrund der Notwendigkeit in der derzeitigen Lage“ um einen Monat zu verlängern. (Arabi 21, 2. Jänner 2019)
Noonpost, eine von einem Netzwerk arabischer JournalistInnen betriebene Webseite, die unter anderem Beiträge freiwilliger Bürgerjournalisten aus Syrien veröffentlicht, berichtet im Jänner 2019 ebenfalls über die von Einheiten der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) durchgeführte Rekrutierungskampagne in der Provinz Al-Raqqa. Nachdem die SDF bei ihrer Offensive gegen die Gruppe Islamischer Staat (IS) viele Kämpfer verloren hätten, habe man mit dieser Kampagne die Reihen wieder auffüllen wollen. Die Bewohner der Region hätten diese Rekrutierungen abgelehnt. Junge Männer seien daher von den Einheiten zum Zweck der Rekrutierung unter anderem bei Hausdurchsuchungen festgenommen worden. Es wird ebenfalls die oben bereits erwähnte Kundmachung zur Rekrutierung der Jahrgänge 1986 bis 2001 erwähnt. (Noonpost, 29. Jänner 2019)
Watan FM, ein syrischer oppositioneller Radiosender, berichtet im Mai 2019, dass laut Angaben von lokalen Quellen Mitglieder der Sicherheitskräfte Asayish und der Militärpolizei in der Provinz Al-Hasaka eine Reihe von Personen festgenommen und sie in Rekrutierungslager gebracht hätten. Bei einer Hausdurchsuchung in einer Schule in Daradscha seien zehn Lehrer festgenommen worden. In den Tagen zuvor hätten die SDF, deren Rückgrat die kurdischen Einheiten bilden würden, in den Gebieten unter ihrer Kontrolle im Nordosten Syriens Dutzende Personen festgenommen, entweder weil man ihnen Mitgliedschaft beim IS vorgeworfen habe oder weil man sie zwangsrekrutiert habe. (Watan FM, 22. Mai 2019).
1.3.3. Rekrutierung durch die syrische Armee im kurdisch kontrollierten Nordosten
1.3.3.1. In SDF-controlled areas, the SAA has a presence in Hasaka, Qamishli, Manbij and Tal Tamr.94 The US Defense Intelligence Agency estimated in a November 2020 report, that the SAA had between 4 000 and 10 000 troops deployed in north-east Syria, between the cities of Manbij (Aleppo governorate) and Tal Tamr (Hasaka governorate).95 The GoS has not yet reintroduced compulsory military service in the SDF-controlled areas in northeast Syria due to a lack of administrative authority, according to several sources interviewed by DIS between January and February 2020. 96 According to an international humanitarian organisation working in Syria interviewed by EASO in January 2021, the SAA does not carry out conscription campaigns in SDF-controlled areas.97 Suhail Al-Ghazi assessed in January 2021 that in SDF-controlled areas recruitment to the SAA is done on a voluntary basis. The SAA does not carry out conscription campaigns in the SDF-controlled areas and those who do not want to be recruited are able to avoid it by staying and moving outside the areas that the SAA controls. 98 Other sources interviewed by DIS in 2020 stated that recruitment to the SAA did take place in SDF-controlled areas but on a voluntary basis.99 The US Defense Intelligence Agency assessed in a US Department of Defense report covering the period between July and September 2020 that the GoS ‘has increased its local recruitment efforts to supplement existing units in north-eastern Syria’, without providing further details on the nature of recruitment. 100 In the context of the COVID-19 pandemic, the majority of World Health Organisation (WHO) medical shipments delivered in April 2020 to north-east Syria were destined for use in the Qamishli National Hospital which is under GoS control.101 According to Syria researchers Elizabeth Tsurkov102 and Qussai Jukhadar103, this measure will deter many individuals, including those wanted for military service, to seek medical care out of fear of arrest and forced conscription.104 According to a source interviewed by EASO in January 2021, the SAA does not conscript stateless Kurds (Ajanibs and Maktumeen). Those who are granted Syrian citizenship and are born after 1992, are eligible for conscription in the SAA. 105 For information on conscription to the SAA in SDF-controlled areas prior to 2020, see Chapter 2 of the EASO COI Report: Syria – Targeting of Individuals (March 2020)
1.3.3.2. In Qamishli, Hasaka governorate, where the GoS retains partial control on the ground it has conducted conscription campaigns. The SDF has been unwilling to cooperate in this regard and as of November 2019, had the ability to prevent the Syrian Government from exercising these activities on the ground in northern Syria. (EASO Interview with Christopher Kozak, Institute for the Study of War (ISW), 14 November 2019). After the agreement between the SDF and GoS in mid-October 2019 that saw GoS troops deployed in previously Kurdish-controlled areas, it was reported that Syrian Kurds from the area fled to Iraq out of fear of being conscripted in the SAA (Defense Post (The), Fearing conscription into Assad’s army, Syrian Kurds flee to Iraq, 12 December 2019).
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen zur Identität der beschwerdeführenden Partei und ihrer Staatsangehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben der beschwerdeführenden Partei sowie auf die im Verfahren vorgelegten Dokumente (Kopie der Geburtsurkunde, AS 123). Auch wurden die Feststellung zur Staatsangehörigkeit bereits durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl getroffen; das Bundesverwaltungsgericht hat keinen Grund, daran zu zweifeln.
Das Datum der Antragstellung und die Ausführungen zum Verfahrensverlauf ergeben sich aus dem Akteninhalt.
2.2. Die Feststellungen zum Religionsbekenntnis, zur Volksgruppenzugehörigkeit, zur Herkunft, zur Schulbildung und Berufserfahrung in Syrien, sowie dass die beschwerdeführende Partei verheiratet und Vater von zwei Kindern ist, zu ihren Familienangehörigen in Syrien, Deutschland, und dem Irak sowie zum Kontaktverhalten ergeben sich aus den diesbezüglich glaubhaften Angaben der beschwerdeführenden Partei im Verfahren vor der belangten Behörde und im Laufe der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 16.12.2021 sowie den vorgelegten Dokumenten (Kopien der syrischen Personenstandsdokumente der Ehefrau und Kinder, Kopie der Heiratsurkunde, Kopie des Familienbuchs, AS 121ff).
Die Feststellungen zur illegalen Ausreise der beschwerdeführenden Partei basieren auf ihren glaubhaften Angaben im Laufe des Verfahrens.
2.3. Dass die Herkunftsregion der beschwerdeführenden Partei unter kurdischer Kontrolle steht, ergibt sich durch die Nachschau auf einer Website betreffend die Kontrolllage in Syrien (https://syria.liveuamap.com/ ) und wird auch durch die beschwerdeführende Partei so bestätigt (Seite 6 des Verhandlungsprotokolls).
2.4. Die Feststellungen zum fluchtauslösenden Vorbringen beruhen auf folgenden Erwägungen:
2.4.1. Dass die beschwerdeführende Partei ihren Militärdienst in der syrischen Armee als einfacher Panzerschütze in den Jahren von 2004 bis 2006 ableistete, gab sie glaubhaft im Laufe der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 16.12.2021 an (Seite 8 des Verhandlungsprotokolls).
2.4.1. Bei der Asylantragstellung gab die beschwerdeführende Partei an, dass sie den Ausreisentschluss im September 2020 gefasst habe und als Fluchtgrund, dass es in Syrien sehr gefährlich sei und man dort nicht in Sicherheit leben könne, bei einer Rückkehr befürchte sie, dass sie für das syrische Militär, dass sich schon bei ihr gemeldet habe, kämpfen müsse. Im Gegensatz dazu gab die beschwerdeführende Partei in der Befragung vor der belangten Behörde an, dass das fluchtauslösende Ereignis die Rekrutierungsversuche der PKK gewesen seien und sie außerdem immer Angst gehabt habe, bei einer Straßenkontrolle von der syrischen Armee rekrutiert zu werden. In der Beschwerde wurde schließlich angegeben, dass die beschwerdeführende Partei wie alle wehrfähigen Männer in Syrien mittels Dekret durch Bekanntmachung im Fernsehen einberufen worden sei.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsreicht gab die beschwerdeführende Partei zunächst auf die Frage der Richterin in Bezug auf die dargestellten Fluchtgründe: „Halten Sie diese Angaben vollinhaltlich und unverändert aufrecht, oder wollen Sie zu Ihren Fluchtgründen noch etwas ergänzen oder berichtigen, das Ihnen wichtig erscheint? Sie haben dafür nun ausreichend Zeit und auch die Gelegenheit, allfällige Beweismittel vorzulegen.“, lediglich an: „Ich halte meine Angaben aufrecht und habe nichts zu ergänzen.“. Die kurz nach dieser Angabe verspätet erschienene Vertreterin der BBU legte dem Gericht die Kopie eines handschriftlich ausgefüllten Formblattes vor, bei dem sich laut Angabe der beschwerdeführenden Partei um ein eine Benachrichtigung der Rekrutierungsstelle XXXX handle, mit dem sie aufgefordert werde, als Reservist einzurücken.
Der D übersetzte in der Verhandlung das vorgelegte Schreibe:
„D: Ausgestellt von der Rekrutierungsstelle XXXX am 01. Juni 2020. Oben links steht: Anordnung der Festnahme der einberufenen Person, welche auch der Einberufung nicht Folge geleistet hat. Das Schreiben geht an Militärpolizei in Al Qamishli. Es steht dann: Sie sind beauftragt, den Einberufenen (Name der P, Sohn von XXXX , Name der Mutter XXXX , geboren 1983, Rekrutierungsnummer 933, angemeldet in XXXX unter der Nummer 48. Sie sind aufgefordert, diese Person festzunehmen und ihn sofort vorzuführen, damit wir ihn zum Reservedienst übermitteln. Im Falle, dass die Festnahme und die Vorführung nicht möglich wäre, bitten wir Sie, dies ordnungsgemäß zu protokollieren und an uns schnellstmöglich zurückzuschreiben. Adresse XXXX -Dorf XXXX , Telefon-Nummer XXXX . Ganz unten ist ein Stempel. Im Stempel steht Armee und bewaffnete Streitkräfte und es gibt eine Unterschrift als Paraphe. Und ganz oben bei der Rekrutierungsstelle XXXX steht Armee und bewaffnete Kräfte und Arabische Republik Syrien.“
Befragt, wann die beschwerdeführende Partei diese Schreiben von wem erhalten habe und warum sie es nicht bereits bei Antragstellung auf internationalen Schutz oder vor der belangten Behörde gemeinsam mit ihren anderen Dokumenten im April 2021 vorgelegt habe, gab diese zusammengefasst Folgendes an: Der Ortsvorsteher seines Heimatortes habe ihm dieses Schreiben Mitte Juni 2020 überreicht, die beschwerdeführende Partei habe es bei sich zu Hause abgelegt und vergessen gehabt, als sie im Oktober 2020 Syrien verließ. Später sei ihr eingefallen, dass es diese Bestätigung gebe, sie habe ihre Familie gebeten im Haus, das sehr groß sei und mindestens fünf Zimmer habe, zu suchen und schließlich habe ihr ihr Bruder XXXX , vor ca. eineinhalb bis zwei Monaten (Anm BVwG: Oktober 2021) ein Handyfoto dieser Bestätigung geschickt.
Das gesamte Vorbringen der beschwerdeführenden Partei in Bezug auf eine Einberufung als Reservist durch die syrische Regierung als zentrales Element ihres Fluchtvorbringen wirkt konstruiert und wenig glaubhaft.
Dabei ist darauf hinzuweisen, dass die beschwerdeführende Partei im Verfahren zunächst angab, Angst vor einer Rekrutierung bei einer Straßenkontrolle außerhalb ihrer Ortschaft zu haben, ohne einen Einberufungsbefehl zu erwähnen. In der Beschwerde wurde dann eine Einberufung mittels eines im Fernsehen kundgemachten Dekrets behauptet. Vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde schließlich erstmals das Foto eines undatierten Festnahmebefehls wegen Nichtbefolgung eines Einberufungsbefehls präsentiert, das die beschwerdeführende Partei bereits vier Monate bevor sie Syrien verlassen hat, vom Ortsvorsteher ihres unter kurdischer Kontrolle stehenden Heimatdorfes erhalten haben will. Allein das Vorbringen, dass die beschwerdeführende Partei, wenn man unterstellt, dass es sich um ein echtes Dokument handelt, wogegen schon die äußere Form und das fehlende Datum spricht, dieses für ihr Fluchtvorbringen zentrale Dokument einfach vergessen haben will und ihr dessen Existenz erst mehr als ein Jahr später nach Erhalt eines Bescheides, mit dem subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, wieder „einfällt“, ist absolut lebensfremd und nicht geeignet eine behauptete befürchtete Verfolgung zu stützen. Denn die beschwerdeführende Partei hat sich während des Verfahrens im Jahr 2021 alle möglichen Dokumente durch ihre in Syrien verbliebenen Verwandten und Freunde bzw einen Anwalt besorgen und auch übersetzen lassen, weshalb das behauptete „Vergessen“ dieses Schreibens gänzlich unverständlich erscheint, da dieses zentral für das behauptete fluchtauslösende Ereignis der drohenden Zwangsrekrutierung wäre.
Das Bundesverwaltungsgericht geht indessen ohnehin nicht von der Echtheit dieses fotografierten Schreibens aus, sondern stellt es sich als Steigerung des Fluchtvorbringens dar, zumal nunmehr sogar eine Festnahmeanordnung wegen Nichtbefolgung eines Einberufungsbefehls behauptet wird. Dass die beschwerdeführende Partei im Übrigen weder Inhalt noch ausstellende Behörde des von ihr selbst vorgelegten Schreibens korrekt angeben konnte, sei ebenso erwähnt und spricht ebenfalls dafür, dass es sich um eine nachträglich angefertigtes Gefälligkeitsschreiben oder eine Fälschung handelt, das zum Zweck erstellt wurde, dem Vorbringen mehr Gewicht zu verleihen.
Darüber hinaus ist, selbst bei Wahrunterstellung eines bereits erlassenen Einberufungs- und auch Festnahmebefehls die beschwerdeführende Partei betreffend nicht davon auszugehen, dass dieser tatsächlich Verfolgung wegen dessen Nichtbefolgung droht. Denn die beschwerdeführende Partei hat sich weiter unbehelligt für vier Monate im Heimatort aufgehalten. Dies würde sich im Übrigen auch durchaus mit dem Umstand decken, dass das syrische Militär – auch wenn es in Al Qamischli behördliche Präsenz in Form eines Rekrutierungsbüros zeigt – nicht in der Lage ist, in von der SDF oder kurdisch kontrollierten Gebieten Einberufungen tatsächlich durchzusetzen oder durchzuführen. Dazu wird ausdrücklich auf den oben unter Punkt 1.3.3.1. angeführten EASO-Bericht verwiesen, wonach in unter kurdischer bzw. SDF Kontrolle stehenden Gebieten ein Ausweichen allfälliger Rekrutierungsversuche durch die syrische Armee möglich ist, indem man jene Straßen, die unter der Kontrolle des Regimes stehen, meidet.
In Zusammenschau der Widersprüche der Angaben zur erfolgten Einberufung und der fehlenden Beweistauglichkeit des nachträglich präsentierten Fotos eines Festnahmebefehls, kann daher nicht festgestellt werden, dass die beschwerdeführende Partei tatsächlich aus der Reserve einberufen wurde. Aber selbst bei Wahrunterstellung dieses Umstandes fehlt es der syrischen Armee am Willen und auch der Möglichkeit, Einberufungen in von der SDF-Kontrollierten Nordosten Syriens tatsächlich durchzusetzen.
Aus den Länderberichten geht hervor, dass in Syrien Reservisten bis zum Erreichen des 42. Lebensjahres in den aktiven Dienst einberufen werden können, wobei einzelne Berichte vorliegen, denen zufolge die Altersgrenze für den Reservedienst erhöht wird, wenn die betreffende Person besondere Qualifikationen hat. Die beschwerdeführende Partei befindet sich im 39. Lebensjahr, daher noch grundsätzlich im wehrfähigen Alter und ist Reservist.
Manche Personen werden wieder zum aktiven Dienst einberufen, andere wiederum nicht, was von vielen verschiedenen Faktoren abhängt. Es ist sehr schwierig zu sagen, ob jemand tatsächlich zum Reservedienst einberufen wird. Die Behörden ziehen vornehmlich Männer bis 27 ein, während Ältere sich eher auf Ausnahmen berufen können.
Aus der Funktion der beschwerdeführenden Partei beim Militärdienst oder ihrer Berufstätigkeit kann nicht abgelesen werden, dass diese früher bei ihrem regulären Militärdienst eine besondere Fähigkeit erworben oder eine besondere Position eingenommen hat, noch lässt sich aus ihrer Berufstätigkeit als Verkäufer oder als Bauarbeiter ableiten, dass sie heute über wesentliche Fähigkeiten verfügt, die sie für die abermalige Musterung besonders attraktiv macht. Ihr Wehrdienst liegt zeitlich bereits lange zurück. Im Lichte der individuellen Eigenschaften der beschwerdeführenden Partei (Beruf, Rang und Funktion beim Militärdienst) sowie der Länderberichte, die eine entsprechend systematische und generelle Einberufung von Reservisten nicht dokumentieren bzw. von einem hohen Maß an Willkür dabei ausgehen, wird daher auch keine Feststellung zu einer entsprechend wahrscheinlich drohenden Einberufung als Reservist getroffen.
Abgesehen davon muss erneut darauf verwiesen werden, dass die Heimatregion der beschwerdeführenden Partei durch die kurdischen Einheiten kontrolliert wird. Eine Gefährdung der beschwerdeführenden Partei durch die syrische Regierung aufgrund ihrer Wehrdienstverweigerung wird daher nicht festgestellt.
In Bezug auf die vorgebrachte Befürchtung, wonach der beschwerdeführenden Partei eine Zwangsrekrutierung durch die YPG drohe, ist festzuhalten, dass aus den oben angeführten Länderinformationen hervorgeht, dass in kurdisch kontrollierten Gebieten eine gesetzliche Verordnung zum verpflichtenden Wehrdienst für Männer von 18 bis 30 Jahren besteht, und im aktuell geltenden Gesetz „Pflicht zur Selbstverteidigung“ aus dem Jahr 2019 sogar ein Wehrdienst bis zum vierzigsten Lebensjahr festgelegt ist. Die beschwerdeführende Partei hat vor der belangten Behörde angegeben, dass die Mitglieder der PKK oft bei Ihr zu Hause waren und sie rekrutieren wollten, was aber gerade keine Zwangsrekrutierung darstellt. Zwar sind Fälle von Zwangsrekrutierungen von Personen, die das dreißigste Lebensjahr überschritten haben, dokumentiert, jedoch handelt es sich hierbei üblicherweise um Bestrafungsmaßnahmen für eine oppositionelle Einstellung. Im Laufe des Verfahrens sind jedoch keine Hinweise dafür hervorgekommen, dass die beschwerdeführende Partei gegenüber der YPG oppositionell in Erscheinung getreten ist. Es kann daher zur Gefahr einer Zwangsrekrutierung durch die YPG im Fall einer Rückkehr nach Syrien keine Feststellung getroffen werden.
Die erkennende Richterin übersieht die Länderinformationen zur Situation in Syrien nicht, dass ein Charakteristikum des Bürgerkriegs in Syrien ist, dass in ganz Syrien bestimmte Personen aufgrund ihrer tatsächlichen oder wahrgenommenen bzw. zugeschriebenen politischen Meinung oder Zugehörigkeit direkt angegriffen werden oder ihnen auf andere Weise Schaden zugefügt wird. Diese Zuschreibung basiert oft nur auf den familiären Verbindungen der Person, ihrem religiösen oder ethnischen Hintergrund oder einfach auf ihrer Präsenz in oder Herkunft aus einem bestimmten Gebiet, das als "regierungsfreundlich" oder "regierungsfeindlich" gilt. In Bezug auf die beschwerdeführende Partei ergaben sich jedoch im Verfahren keine Hinweise darauf, dass diese allgemeinen Berichte und die darauf fußenden Möglichkeiten einer asylrelevanten Behandlung im gegenständlichen Falle auf die konkrete Situation der beschwerdeführenden Partei anzunehmen sind.
Die Feststellungen zur relevanten Situation in Syrien beruhen auf:
Zu 1.3.1.: Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Syrien mit Stand Oktober 2021, und darin jeweils zum Kapitel genannten Einzelquellen Einzelquellen
Zu .1.3.2.:
a) EASO, Targeting of individuals, Syria, March 2020, pp 46ff, unbeschränkt online abrufbar unter
https://coi.easo.europa.eu/administration/easo/PLib/03_2020_Syria_Targeting_of_individuals.pdf
b) einer Anfragebeantwortung von ACCORD a-11189 vom 14.02.2020 (mit den oben angeführten Detailquellen)
c) einer Anfragebeantwortung von ACCORD a-11047-4 (11050) vom 09.08.2019 (mit den oben angeführten Detailquellen)
Zu .1.3.3.1.
EASO, Syria Military Service, April 2021, pp 18, unbeschränkt abrufbar unter https://www.ecoi.net/en/file/local/2048969/2021_04_EASO_COI_Report_Military_Service.pdf
Zu .1.3.3.2.
EASO, Targeting of individuals, Syria, March 2020, p 33, unbeschränkt online abrufbar unter https://coi.easo.europa.eu/administration/easo/PLib/03_2020 _
An der Aktualität, Relevanz und Richtigkeit der Informationen hat die erkennende Richterin keinen Zweifel. Gegenständliche Informationen wurden der Vertretung der beschwerdeführenden Partei bereits mit der Ladung zur Verhandlung vorgehalten und hat die beschwerdeführende Partei dazu keine Stellungnahme abgegeben, sondern eine Stellungnahme zu den vom BFA herangezogenen Länderinformationen abgegeben (siehe oben unter Punkt I.7.)
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Spruchpunkt I.:
3.1. Rechtsgrundlagen
3.1.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.
Flüchtling im Sinne der Bestimmung ist demnach, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.
3.1.2. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist zentraler Aspekt der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat die wohlbegründete Furcht davor. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH, 05.08.2015, Ra 2015/18/0024 und auch VwGH, 12.11.2014, Ra 2014/20/0069). Für eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (vgl. VwGH, 26.02.1997, Zl. 95/01/0454), denn die Verfolgungsgefahr - Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung - bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse (vgl. VwGH, 18.04.1996, Zl. 95/20/0239), sondern erfordert eine Prognose. Relevant kann aber nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss vorliegen, wenn der Asylbescheid erlassen wird; auf diesen Zeitpunkt hat die Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH 19.10.2000, Zl. 98/20/0233). Besteht für den Asylwerber die Möglichkeit, in einem Gebiet seines Heimatstaates, in dem er keine Verfolgung zu befürchten hat, Aufenthalt zu nehmen, so liegt eine inländische Fluchtalternative vor, welche die Asylgewährung ausschließt.
3.1.3. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat zurechenbar sein (vgl. VwGH, 18.02.1999, Zl. 98/20/0468). Einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung kommt Asylrelevanz dann zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintanzuhalten. Auch eine auf keinem Konventionsgrund beruhende Verfolgung durch Private hat aber asylrelevanten Charakter, wenn der Heimatstaat des Betroffenen aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK genannten Gründen nicht bereit ist, Schutz zu gewähren (vgl. unter vielen anderen mwN VwGH, 20.05.2015, Ra 2015/20/0030 und 08.09.2015, Ra 2015/18/0010).
3.2. Anwendung der Rechtsgrundlagen auf die gegenständliche Beschwerde:
3.2.1. In Hinblick darauf, dass weder der Erhalt eines Einberufungsbefehls zum syrischen Militär noch eine sich aus einer allfälligen Reservistenliste ergebende Einberufung als Reservist festgestellt wurde, sowie aufgrund der Eigenschaften der beschwerdeführenden Partei und der Kontrolllage in ihrer Herkunftsregion fehlt es gemäß den relevanten Länderberichten der Annahme einer Verfolgungsgefahr durch das syrische Regime wegen einer der beschwerdeführenden Partei auch nur unterstellten oppositionellen politischen Gesinnung aufgrund einer möglichen Verweigerung einer Einberufung als Reservist an der nötigen Wahrscheinlichkeit.
3.2.2. Eine entsprechend wahrscheinliche Gefahr, dass die beschwerdeführende Partei von der YPG zwangsrekrutiert werden würde, konnte nicht festgestellt werden. Damit ergibt sich aber auch keine aktuelle und maßgeblich wahrscheinliche Gefahr für die beschwerdeführende Partei, durch die YPG im Falle einer Weigerung wegen einer auch nur unterstellten oppositionellen politischen Gesinnung verfolgt zu werden.
3.2.3. Die gegenständliche Einschätzung soll keineswegs das Ausmaß an Willkür, Menschenrechtsverletzungen und die Gefahrenpotentiale, der bzw. denen vom syrischen Regime als oppositionell angesehene Personen ausgesetzt sein können, banalisieren. In Bezug auf das allgemeine Sicherheitsrisiko wurde der beschwerdeführenden Partei auch zu Recht subsidiärer Schutz gewährt. Dennoch fehlt es in ihren persönlichen Umständen an Hinweisen auf eine individuelle, die beschwerdeführende Partei betreffende maßgeblich wahrscheinliche Verfolgungsgefahr, weshalb der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids nicht stattgegeben werden kann.
3.2.4. Zu in der Stellungnahme vom 30.12.2022 behaupteten großen Gefahr, die der beschwerdeführende Partei aufgrund ihrer Asylantragstellung drohen würde ist, ist darauf zu verweisen, dass dies für sich allein für eine Asylzuerkennung nicht ausreicht, weil die Antragstellung den syrischen Behörden nicht bekannt ist, da es den österreichischen Behörden gemäß § 33 BFA-VG untersagt ist, diesbezügliche Daten an die syrischen Behörden weiterzugeben.
3.2.5. Zum Verweis auf das zitierte Judikat des VfGH (E3947/2020-13), nachdem eine Verhandlung ohne Rechtsberater in der dort dargestellten Konstellation Willkür darstellt, ist zu bemerken, dass die Sachlage im gegenständlichen Fall gänzlich anders gelagert ist. Die beschwerdeführende Partei war zunächst von einem Rechtsanwalt vertreten, an welchen die Ladung für die mündliche Verhandlung zugestellt wurde. Erst danach hat die beschwerdeführende Partei zusätzlich, ohne das Vollmachtverhältnis zum Rechtsanwalt zu lösen, die BBU mit ihrer Vertretung bevollmächtigt. Bei der mündlichen Verhandlung erschien die beschwerdeführende Partei, obwohl zu diesem Zeitpunkt dem Bundesverwaltungsreicht zwei Bevollmächtigungen vorlagen, ohne Vertretung. Dieser Umstand wurde mir der beschwerdeführenden Partei am Beginn der mündlichen Verhandlung erörtert, und gab die beschwerdeführende Partei an, das Vollmachtsverhältnis zum Rechtsanwalt zwischenzeitlich gelöst zu haben und nur mehr von der BBU vertreten zu werden, allerdings wolle sie, dass ein Erkenntnis nicht nur ihrem Vertreter, sondern auch ihr selbst zugestellt werde.
Im Übrigen hat die Vertreterin der beschwerdeführenden Partei, die verspätet erschien, von 15:11 Uhr bis zum Ende der Verhandlung um 17:20 Uhr teilgenommen und konnte ihre Rechte als Vertreterin vollinhaltlich wahrnehmen. Zusätzlich wurde über Ersuchen der Vertreterin die mündliche Verhandlung unterbrochen und konnte sie sich mit der beschwerdeführenden Partei unterreden, weiters wurde ihr eine Frist zur Stellungnahme zu den mit der Ladung zur Verhandlung angeführten Länderinformationen gewährt, obwohl eine Stellungnahme dazu vorweg oder in der Verhandlung hätte erfolgen sollen. In einer Gesamtschau ist daher ein willkürliches Verhalten der erkennenden Richterin nicht zu erkennen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe die oben unter 3. dargestellte Judikatur); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Im Übrigen war eine auf die Umstände des Einzelfalls bezogene Prüfung vorzunehmen.
Es war somit insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.
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