UG §79 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2022:W128.2243865.1.00
Spruch:
W128 2243865-1/58E IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Michael FUCHS-ROBETIN als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid der Studiendirektorin der Universität Graz vom 29.01.2021, Zl. 31/33/Be ex 2019/20, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer beantragte mit Schreiben vom 30.07.2020 die Aufhebung seiner an der Universität Graz im Rahmen des Diplomstudiums Rechtswissenschaften am 26.06.2020 absolvierten und negativ beurteilten Fachprüfung „Europarecht“, wegen Vorliegens eines schweren Mangels in der Durchführung der Prüfung.
Begründend führte er zusammengefasst aus, dass die bekämpfte Fachprüfung hinsichtlich ihrer Durchführung schwere Mängel aufweisen würde und diese Mängel kausal dafür gewesen seien, dass er die Prüfung nicht bestanden habe. So sei die Prüfungszeit unzureichend gewesen, da der Beschwerdeführer nur das „2-Fingersystem“ beherrsche und er somit gegenüber anderen Studierenden, welche das „10-Fingersystem“ beherrschen würden, erheblich benachteiligt gewesen sei.
Ergänzend führte der Beschwerdeführer am 20.08.2020 aus, dass die vorgesehene Prüfungszeit von vier Stunden nicht eingehalten worden sei, sondern die Prüfung nach drei Stunden abgebrochen worden wäre. Unzumutbar sei zudem die Notwendigkeit der technischen Ausstattung als Voraussetzung zur Ablegung der Prüfung.
2. Mit Bescheid vom 29.01.2021, Zl. 31/33/Be ex 2019/20, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 79 Abs. 1 Universitätsgesetz 2002 (UG), BGBl. I Nr. 120/2002 i.d.F. BGBl. I Nr. 129/2017 ab.
Begründend führte sie zusammengefasst aus, dass die Studierenden – somit auch der Beschwerdeführer – rechtzeitig über die Prüfungsmodalitäten sowie die Voraussetzungen für die Teilnahme an der Prüfung über die Webseite des Dekanats informiert worden seien. Auch seien die Anforderungen, Methoden, Beurteilungskriterien und Beurteilungsmaßstäbe zu Beginn des Semesters, und somit rechtzeitig, auf der Webseite des Instituts für Europarecht bekanntgegeben worden. Eine derartige Veröffentlichung stelle eine geeignete Weise der Bekanntmachung dar, weshalb keine gesonderte Information an die einzelnen Studierenden erfolgen hätte müssen.
Am 28.05.2020 sei den Studierenden, welche für die Vorlesung Europarecht angemeldet gewesen wären, mitgeteilt worden, dass der Prüfungsstoff für den Prüfungstermin am 26.06.2020 auf die in der Aussendung näher bezeichneten Themengebiete eingeschränkt werde. Der Beschwerdeführer habe den Prüfer zwar um eine Verlängerung der Prüfung von drei auf vier Stunden ersucht, habe jedoch keinen Antrag auf eine abweichende Prüfungsmethode gestellt.
Die Prüfung sei bereits seit Beginn des Semesters – und somit mehr als acht Wochen vorher – für die Dauer von drei Stunden angesetzt gewesen. Die Terminangabe „13:30 bis 17:30“ in UNIGRAZonline (UGO) habe sich lediglich auf die Reservierung des Prüfungsraumes bezogen, da die Prüfung ursprünglich als Präsenzprüfung geplant gewesen sei.
3. Mit Schreiben vom 24.02.2021 erhob der Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid fristgerecht Beschwerde, in welcher er zusammengefasst ausführt, die Prüfungsdauer sei auf UGO jedenfalls mit vier Stunden angegeben gewesen. Die Prüfung sei somit zu früh bereits nach drei Stunden abgebrochen worden, weshalb sie mit einem schweren Mangel behaftet sei. Auch sei die Prüfung derart gestaltet gewesen, dass eine erfolgreiche Absolvierung nur mittels Beherrschung des „10-Fingersystems“ möglich gewesen wäre. Da es dem Beschwerdeführer nicht möglich gewesen sei, die Prüfung handschriftlich abzulegen, sei ihm eine erfolgreiche Absolvierung verwehrt gewesen und die Prüfung somit mit einem schweren Mangel behaftet.
Aus § 11 der COVID-19-Universitäts- und Hochschulverordnung (C-UHV) ergebe sich nicht, dass Studierende über die technischen Kenntnisse zur Ablegung einer Onlineprüfung verfügen müssten. Zudem ergebe sich aus keiner gesetzlichen Bestimmung, dass eine Online-Prüfung aus einer Texteingabe über eine PC-Tastatur erfolgen müsse.
Unzulässig sei zudem das Beurteilungskriterium, wonach es zur positiven Absolvierung der Prüfung der positiven Beantwortung beider Fragen bedurft hätte. Diese von der Universität veröffentlichte Information stelle keine transparente Darlegung einer Benotung dar und überlasse diese somit der „Willkür“ des Prüfers. Auch die veröffentlichte Lösungsskizze weise auf einen schweren Mangel bei der Durchführung der Prüfung hin, da diese bloß aus Textbausteinen bestehe, die Beantwortung der Fragen jedoch in ganzen Sätzen hätte erfolgen müssen, weshalb nicht einmal die Lösungsskizze eine korrekte Beantwortung der Fragen darstelle.
4. Am 20.01.2022 fand eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt. Im Zuge der mündlichen Verhandlung wurde die Sach- und Rechtslage erörtert, zwei Zeugen gehört und dem Beschwerdeführer die Gelegenheit gegeben, Stellung zu nehmen und Fragen zu stellen.
5. Mit Schreiben vom 08.02.2022 erhob der Beschwerdeführer Einwendungen gegen die Niederschrift vom 20.01.2022.
6. Mit Beschluss vom 24.02.2022 berichtigte das Bundesverwaltungsgericht die Niederschrift vom 20.01.2022.
7. Mit mehreren Schreiben, welche nach der mündlichen Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht einlangten, legte der Beschwerdeführer weitere Urkunden vor, stellte Anträge und wiederholte sein bisheriges Vorbringen mehrfach.
Weiters regte der Beschwerdeführer an, das Bundesverwaltungsgericht möge die im Verfahren anzuwendenden Verordnungs- und Gesetzesbestimmungen dem Verfassungsgerichtshof zur Prüfung der Gesetzes- bzw. Verfassungsmäßigkeit vorlegen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
Am 26.06.2020 trat der Beschwerdeführer zur schriftlichen Fachprüfung „Europarecht“ an, welche als dreistündige Online-Prüfung stattfand. Über Methodik und Dauer der Prüfung war der Beschwerdeführer bereits zumindest seit Mitte April 2020 informiert. Diesbezügliche Informationen standen zumindest seit Beginn des Sommersemesters 2020 auf der Webseite des Instituts für Europarecht der Universität Graz zur Verfügung.
Der Beschwerdeführer stimmte dem Prüfungsformat unmittelbar vor Beginn der Prüfung ausdrücklich zu und erklärte, über die entsprechende technische Ausstattung zu verfügen.
Für eine positive Absolvierung der Prüfung wäre die vom Beschwerdeführer am Computer mittels Eingabe über die Tastatur verfasste Antwort in quantitativer Hinsicht ausreichend gewesen. Da die Antwort jedoch inhaltlich nicht die gestellte Frage beantwortete, wurde die Beantwortung der ersten Frage und somit die gesamte Prüfung des Beschwerdeführers vom Prüfer XXXX mit „Nicht genügend“ beurteilt.
Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer physisch bzw. psychisch nicht dazu in der Lage war, die Fachprüfung „Europarecht“ am 26.06.2020 positiv zu absolvieren.
Hingegen kann festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Vorfeld der Fachprüfung „Europarecht“ am 26.06.2020 keinen Antrag auf eine abweichende Prüfungsmethode gestellt hat.
Der Umfang der Fragen der Fachprüfung „Europarecht“ am 26.06.2020 und die dafür zur Verfügung stehende Zeit von 3 Stunden zur Bearbeitung auf einem PC waren können nicht als unangemessen angesehen werden.
Dem Beschwerdeführer ist der wesentliche Akteninhalt bekannt.
2. Beweiswürdigung
Die Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, dem verwaltungsbehördlichen Verfahren sowie den Angaben der beiden in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht befragten Zeugen.
2.1. Zwar brachte der Beschwerdeführer mehrfach vor, zum Prüfungszeitpunkt nicht in der Lage gewesen zu sein, eine mehrstündige Online-Prüfung zu schreiben und legte diesbezüglich auch ärztliche Atteste vor. Diese Atteste bezogen sich jedoch lediglich auf Zeiträume nach dem 26.06.2020. So wurden die vorgelegten fachärztlichen Atteste erst im September 2020 und im Jänner 2022 ausgestellt (siehe OZl. 23) und vermögen somit nicht eine (schwerwiegende) körperliche bzw. psychische Beeinträchtigung des Beschwerdeführers im Prüfungszeitpunkt nachzuweisen. Eine (physische bzw. psychische) Prüfungsunfähigkeit des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt der gegenständlichen Prüfung konnte das erkennende Gericht auch deshalb nicht feststellen, da insbesondere aus der schriftlichen Prüfungsbeantwortung des Beschwerdeführers sowie der ausführlichen schriftlichen Beurteilungsbegründung des Zeugen XXXX in Zusammenhang mit dessen glaubwürdiger (weil nachvollziehbarer) Aussage zu schließen ist, dass der Beschwerdeführer die Prüfung nicht wegen (in quantitativer Hinsicht) zu kurzer Ausführungen nicht bestanden hätte, sondern schlichtweg die gestellten Fragen nicht im geforderten Sinne beantwortete.
So beantwortete der Beschwerdeführer die erste Frage (Beleuchtung des Verhältnisses zwischen Unionsrecht und nationalem Recht aus unionsrechtlicher Perspektive, Darstellung der unionsrechtlichen Konfliktlösungsmechanismen mit Verweis auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH), Verantwortlichkeit der Mitgliedstaaten, Grundsätze zur Sicherstellung der Einhaltung der ultra vires-Lehre) indem er unter anderem eine allgemein gehaltene Definition des EuGH sowie der Europäischen Zentralbank wiedergab. Das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung erläuterte er wie folgt:
„Die Union übt Kompetenzen nur aus, insofern ihren Organen seitens der MS Befugnisse erteilt werden. Damit wird auch die Eigenständigkeit der MS weitgehend geschützt. Eine Ausnahme zeigt die Generalklausel die Union darf tätig werden, wenn die Erreichung der Ziele des Vertrages nicht anders gegeben ist.“
Zum Prinzip der Subsidiarität führte der Beschwerdeführer auszugsweise aus:
„Dieses Prinzip stellt sicher, dass die Union nur tätig wird, wenn die Ziele der der Verträge seitens der MS ausreichend verwirklicht werden können, die Union also diese Ziele einfacher/besser erreichen kann. Auf jeden Fall aber darf die Union auch hier nicht überschießend reagieren und nur im Rahmen des Verhältnismäßigkeitsprinzipes eingreifen.“
Unter dem Punkt „Unionsrechtliche Konfliktlösungsmechanismen“ ging der Beschwerdeführer zwar auf den gerichtlichen Rechtsschutz in der Europäischen Union ein, indem er Ausführungen zur Nichtigkeitsklage, zum Individualrechtsschutz sowie zum Vorabentscheidungsverfahren machte. Dabei beantwortete er jedoch nicht die gestellte Frage, da er nicht ausführte, inwiefern diese Verfahren für die Klärung und Kontrolle der Kompetenzverteilung herangezogen werden können. Zudem fehlten Ausführungen zu den durch den EuGH entwickelten Rechtsinstituten der Staatshaftung und des Vorrangs des Unionsrechts zur Gänze.
In Anbetracht der Divergenz zwischen der gestellten Frage und der abgegebenen Antwort stellt die Aussage des Beschwerdeführers, dass er sich nebenbei die „richtige Antwort“ handschriftlich notiert habe, diese Notizen jedoch nicht hochzuladen vermochte und nun nicht mehr finde, eine reine Schutzbehauptung dar und ist dieses Vorbringen auch nicht nachvollziehbar. In keinem Fall kann jedenfalls in der nachvollziehbar vorgenommenen Beurteilung durch den Prüfer ein Exzess erblickt werden.
2.2. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, dass es sich bei der gegenständlichen Prüfung um eine Präsenzprüfung gehandelt haben soll, widerspricht der Aktenlage und den – auch dem Beschwerdeführer bereits zumindest seit April 2020 – vorliegenden Informationen zur Prüfung. So geht aus den Chats, welche im Rahmen der Europarechts-Vorlesung des Zeugen XXXX geführt wurden, eindeutig hervor, dass sowohl die Prüfungsmodalitäten (Online-Prüfung) als auch die Prüfungsdauer (drei Stunden) im Rahmen der (Online-)Vorlesung, an welcher der Beschwerdeführer teilnahm, besprochen wurden (siehe Ordnungsnummer 3 des Aktes der belangten Behörde).
Auch vermochte es der Beschwerdeführer nicht darzulegen, inwiefern aufgrund der Prüfungsmethodik „schriftlich“ im Jahr 2020 und angesichts des Einflusses des technologischen Fortschritts auf das alltägliche Leben – so wurde auch die gegenständliche Beschwerde auf einem Computer verfasst – jedenfalls davon auszugehen ist, dass es sich zwingend um eine „handschriftliche“ Prüfung zu handeln hat. Das Verfassen von Texten mittels einer textverarbeitenden Software am Computer hat sich mittlerweile als Kulturleistung allgemein soweit durchgesetzt, als dass das Verfassen von handschriftlichen Texten nur mehr als Ausnahme angesehen werden kann. So lautet eine Bedeutung des Begriffes „schreiben“ des Duden etwa: „Schriftzeichen, Buchstaben, Ziffern, Noten oder Ähnliches in einer bestimmten lesbaren Folge […] in einen Computer eingeben“. Unstrittig ist zudem die Bedeutung von Computern im juristischen Arbeitsalltag, auf welchen die Studierenden im Rahmen des Studiums vorbereitet werden sollen. Auch im Gesetz findet sich kein Hinweis auf eine zwangsläufige Ableitung der „Handschriftlichkeit“ von der „Schriftlichkeit“, vielmehr erfüllt das „maschinelle Schreiben“ jedenfalls das Formerfordernis der Schriftlichkeit (siehe etwa Welser in Rummel/Lukas, ABGB4 § 579 ABGB Rz 2 [Stand 01.11.2014, rdb.at]). Wenn der Beschwerdeführer vermeint, er sei „keine Sekretärin“ und er daher das 10-Finger-System nicht beherrsche, so ist dem einerseits entgegenzuhalten, dass man – was als notorisch angesehen werden kann – auch ohne dessen Anwendung (etwa mit zwei Fingern) Texte in angemessener Zeit eingeben kann und andererseits die Möglichkeit besteht, an Stelle einer Tastatur, eine Diktiersoftware oder sonstige alternative Eingabemethoden verwendet werden kann.
Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer im Vorhinein zugestimmt und bestätigt hat, einen geeigneten Computer zu verwenden. So enthielt der Infoblock eine ehrenwörtliche Erklärung mit folgendem Wortlaut: „Bei dieser Prüfung handelt es sich um eine Online-Prüfung. Die Prüfungsanmeldung gilt als ausdrückliche Zustimmung zu dieser Form der Prüfung. Der*die Prüfungskandidat*in bestätigt, dass er*sie über eine entsprechende technische Ausstattung verfügt, sich nicht einer anderen (dritten) Person zur Hilfestellung bedienen wird und keinerlei unerlaubte Hilfsmittel, insbesondere auch nicht in analoger oder digitaler Form verwenden wird.[…]“. Der Beschwerdeführer hat dies entsprechend den weiteren Anweisungen durch Eingabe seiner Matrikelnummer und seines Namens als gelesen und akzeptiert markiert.
2.3. Aus den E-Mails an die Zeugen XXXX und XXXX , in welchen der Beschwerdeführer um eine Verlängerung der Prüfungsdauer ersuchte sowie aus den Chats, welche im Rahmen der (Online-)Vorlesung „Europarecht“ am 20.04.2020 und am 22.06.2020, geführt wurden, geht unzweifelhaft hervor, dass die Prüfungsdauer bereits über zwei Monate vor der gegenständlichen Fachprüfung festgelegt worden war und dies dem Beschwerdeführer auch bekannt gewesen sein musste. Zudem stimmte der Beschwerdeführer den Prüfungsmodalitäten unmittelbar vor der Prüfung ausdrücklich zu (siehe oben).
Auch konnte die belangte Behörde in der mündlichen Verhandlung sowie aufgrund der übereinstimmenden Aussagen der beiden Zeugen schlüssig darlegen, dass die Prüfungsdauer bereits zu Beginn des Sommersemesters 2020 auf der Webseite des Instituts für Europarecht veröffentlicht worden ist und somit den Studierenden zugänglich war. Bis zur Thematisierung durch den Beschwerdeführer wichen die Prüfungszeiten in (UGO) tatsächlich von den Prüfungsinformationen auf der Homepage der Institute ab. Die belangte Behörde brachte hier, ebenso durch nachvollziehbare und glaubhafte Aussagen vor, dass die in (UGO) angegebene Zeit jene war, die für die Saalreservierung maßgeblich war. Dennoch ist auszuschließen, dass der Beschwerdeführer von einer Verbindlichkeit des UGO gegenüber der konkreten Prüfungsausschreibung ausgehen konnte, was alleine schon dadurch offengelegt ist, dass der Beschwerdeführer in seinem E-Mail am 22.06.2020 an XXXX schrieb : „Nach meiner bisherigen Information dauert die FA 3 Stunden.“
Aus dem von der Behörde in der Verhandlung vorgelegen Notenspiegel (Beilage 2 der Verhandlungsschrift) ist ersichtlich, dass die Verteilung der Noten bei der Fachprüfung „Europarecht“ am 26.06.2020 keine signifikanten Abweichungen zum langjährigen Durchschnitt (06.10.2017 bis 26.11.2021) aufweist. Daraus ist ersichtlich, dass weder die Aufgabenstellung noch die zur Verfügung stehende Arbeitszeit in einer unangemessenen Weise vorgesehen waren.
2.4. Auch die in den nach der mündlichen Verhandlung eingebrachten Schriftsätzen vorgelegten Beweismittel, gestellten Beweisanträge sowie das erstattete Vorbringen, welches im Wesentlichen das bisherige Vorbringen wiederholte, vermochten, mangels eines über bloße Behauptungen und haltlose Anschuldigungen hinausgehenden Substrates das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht zu untermauern.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt A)
3.1.1. Zur Abweisung der Beschwerde [Spruchpunkt A)]
3.1.1.1. Gemäß § 79 Abs. 1 UG, BGBl. I Nr. 120/2002, i.d.g.F. ist gegen die Beurteilung einer Prüfung kein Rechtsmittel zulässig. Wenn die Durchführung einer negativ beurteilten Prüfung einen schweren Mangel aufweist, hat das für die studienrechtlichen Angelegenheiten zuständige Organ diese Prüfung auf Antrag der oder des Studierenden mit Bescheid aufzuheben. Die oder der Studierende hat den Antrag innerhalb von vier Wochen ab der Bekanntgabe der Beurteilung einzubringen und den schweren Mangel glaubhaft zu machen. Der Antritt zu der Prüfung, die aufgehoben wurde, ist nicht auf die zulässige Zahl der Prüfungsantritte anzurechnen.
Die inhaltliche Begutachtung einer Prüfungsleistung durch den Prüfer unterliegt keinem Rechtsmittel und zwar unabhängig davon, ob die Prüfung positiv oder negativ beurteilt wurde. Der Gesetzgeber geht dabei davon aus, dass Prüfer einen gewissen „Beurteilungsspielraum“ haben (vgl. zur entsprechenden Regelung des UniStG ErlRV 588 BlgNR 20. GP 93). Beurteilungen, die im Rahmen dieses „Ermessensspielraums“ getroffen wurden, haben Bestand, auch wenn sie fehlerhaft sind, und sind nicht anfechtbar. Solche Fehler sind damit rechtlich irrelevant.
Die (mündliche oder schriftliche) Verkündung eines Prüfungsergebnisses bzw. die Ausfertigung eines Prüfungszeugnisses ist nicht als Erlassung eines Bescheides, sondern als Bekanntgabe eines Gutachtens, an das in der Regel bestimmte Rechtsfolgen geknüpft sind, zu werten. Eine inhaltliche Überprüfung des Prüfungsergebnisses ist den Behörden bzw. dem Verwaltungsgericht verwehrt; überprüft kann vielmehr nur werden, ob das Prüfungsergebnis in einer vom Gesetz – oder gemäß einer auf dem Gesetz beruhenden Vorschrift – vorgesehenen Art zustande gekommen ist (siehe dazu VwGH 20.08.2021, Ro 2020/10/0025).
Eine Anfechtungsmöglichkeit ist lediglich für den Fall eingeräumt, dass „die Durchführung einer negativ beurteilten Prüfung einen schweren Mangel aufweist“. Zum Begriff „schwerer Mangel“ wird in den Materialien ausgeführt: „Die Kontrolle der Prüfung [sollte sich] auf gewichtige Fehler im Sinne einer ‚Exzeßkontrolle‘ beschränken. Somit würden nur schwergewichtige Fehler zur Aufhebung einer Prüfung führen. Dazu gehört die Verletzung von Zuständigkeitsvorschriften (Einzelprüfung statt Senat) oder von Verfahrensvorschriften, bei deren Einhaltung ein anderes Ergebnis zu erwarten wäre (z.B. unzureichende Prüfungszeit).“ (vgl. zur entsprechenden Regelung des UniStG ErlRV 588 BlgNR 20. GP 96 f; siehe auch VwGH 18.03.2015, Ro 2014/10/0062). Der Verwaltungsgerichtshof prüft in diesem Zusammenhang, ob der in Rede stehende Mangel von Einfluss auf das Prüfungsergebnis sein konnte (siehe VwGH 31.03.2009, 2007/10/0187; 14.06.2012, 2009/10/0191; vgl. auch VwGH 18.06.2013, 2013/10/0136). Der Begriff „Durchführung“ umfasst dabei mehr als reine Verfahrensfehler. Ein Verstoß gegen Kundmachungsvorschriften kann nur dann zu einer Aufhebung der Prüfung führen, wenn die Verstöße so schwerwiegend sind, dass sie von wesentlichem Einfluss auf das Ergebnis der Prüfung sein konnten (siehe dazu VwGH 04.07.2005, 2003/10/0079).
Ein Exzess im Sinne der in den Materialien angeführten „Exzeßkontrolle“ ist etwa auch dann anzunehmen, wenn bei Prüfungen Fragen gestellt werden, die in keinem Zusammenhang mit dem Prüfungsstoff stehen (vgl. dazu eingehender Stelzer, Rechtsprobleme von Prüfungen nach dem UniStG, in Strasser (Hrsg.), Untersuchungen zum Organisations- und Studienrecht (1999) 82 ff, der sogar schwere Begründungsmängel als Durchführungsmängel qualifiziert); auch ein Antrag auf „Aufhebung des Prüfungsergebnisses“, in welchem bei einem Multiple-Choice-Test die Streichung von sechs Fragen – von denen drei Fragen angeblich richtig beantwortet wurden – bemängelt wird, betrifft die „Durchführung einer negativ beurteilten Prüfung“ (siehe VwGH 14.06.2012, 2009/10/0191).
Andere – „leichte Mängel“ – sind demgegenüber rechtlich irrelevant. Ein solch leichter Mangel liegt dann vor, wenn es auch bei Einhaltung der Verfahrensvorschrift nicht zu einer anderen Beurteilung der Prüfung hätte kommen können (so zur Einhaltung von Kundmachungsvorschriften VwGH 04.07.2005, 2003/10/0079). Keinen Mangel erblickt der Verwaltungsgerichtshof etwa in dem Umstand allein, dass die Meinung von Fachkollegen zu einer Arbeit eingeholt wird (VwGH 04.07.2005, 2004/10/0094), dass die Begründung für ein negatives Ergebnis nicht im Prüfungsprotokoll festgehalten wurde (vgl. VwGH 31.03.2009, 2007/10/0187; sowie Perthold-Stoitzner in Perthold-Stoitzner, UG3.01 § 79 Rz 5-7 [Stand 01.12.2018, rdb.at]).
Gemäß § 10 Abs. 1 C-UHV konnten im Sommersemester 2020 die Methoden, Beurteilungskriterien und Beurteilungsmaßstäbe von Prüfungen während des Semesters geändert werden.
Fachprüfungen waren nach § 9 Abs. 1 der Verordnung des Rektorats über studienrechtliche Sondervorschriften aufgrund von COVID-19 bis zum 30.09.2020 in Form von Online-Prüfungen abzuhalten. Nach Abs. 4 leg. cit. sind die geänderten Prüfungsmethoden, die Beurteilungskriterien und die Beurteilungsmaßstäbe von Prüfungen sowie die technischen Voraussetzungen für die Teilnahme zeitgerecht vor der Prüfung, spätestens ab dem Zeitpunkt, zu dem die Anmeldung zur Prüfung möglich ist, bekannt zu geben.
Gemäß § 59 Abs. 1 Z 12 UG ist von der den Studierenden zustehenden Lernfreiheit auch das Recht auf eine abweichende Prüfungsmethode umfasst, wenn der Studierende eine Behinderung nachweist, die ihm die Ablegung der vorgeschriebenen Methode unmöglich macht, und der Inhalt und die Anforderungen der Prüfung durch eine abweichende Methode nicht beeinträchtigt werden (siehe dazu auch Perthold-Stoitzner in Perthold-Stoitzner, UG3.01 § 59 Rz 11 [Stand 01.12.2018, rdb.at]).
Eine Prüfungsunfähigkeit des Kandidaten liegt nur dann vor, wenn er aufgrund des von ihm geltend gemachten Grundes überhaupt nicht mehr in der Lage ist, passiv und aktiv am Prüfungsgeschehen teilzunehmen (siehe VwGH 30.01.2014, 2013/10/0266)
Eine herabgesetzte Prüfungsfähigkeit des Prüfungskandidaten bei der Prüfung ist dann als ein „schwerer Mangel“ im Sinne des § 79 Abs. 1 zweiter Satz UG zu werten, wenn – unter Berücksichtigung des allgemeinen Zieles jeder Prüfung – aufgrund des vom Studierenden geltend gemachten Umstandes, der während der Prüfung aktuell aufgetreten ist, seine Leistungsfähigkeit während derselben soweit herabgesetzt ist, dass die Prüfung bei objektiver Betrachtung ihrer Funktion als tauglicher Leistungsnachweis überhaupt nicht mehr gerecht werden kann (siehe VwGH 23.10.2012, 2009/10/0105).
3.1.1.2. Für den gegenständlichen Fall bedeutet das:
Das Vorbringen des Beschwerdeführers ist nicht geeignet, einen schweren Mangel in der Durchführung der Prüfung vom 26.06.2020 aufzuzeigen.
Die Behauptung, dass sich der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Prüfung nicht in der physischen bzw. psychischen Verfassung befunden hätte, um eine für die positive Absolvierung der Prüfung erforderliche Textmenge über eine PC-Tastatur einzugeben, steht in Widerspruch zur Aktenlage. So ergibt sich aus dem Prüfungsbogen des Beschwerdeführers sowie aus der Aussage des Zeugen XXXX dass der Umfang der Antwort des Beschwerdeführers jedenfalls für eine positive Beurteilung ausgereicht hätte, wenn der Beschwerdeführer in seiner Antwort inhaltlich auf die gestellten Fragen eingegangen wäre. Eine Prüfungsunfähigkeit im oben ausgeführten Sinne kann daher ausgeschlossen werden. Dabei ist auch insbesondere zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer eine gesundheitliche Beeinträchtigung erst nach der Prüfung vorbrachte, während er davor konsequent und ausschließlich auf seine mangelnden Kenntnisse des 10-Finger-Systems hinwies.
Zudem wusste der Beschwerdeführer – bzw. hätte er aufgrund der Veröffentlichung auf der Webseite des Instituts für Europarecht der Universität Graz ab Beginn des Sommersemesters 2020 wissen können – über die dreistündige Prüfungsdauer bereits im April 2020 Bescheid. Doch wäre ihm auch bei Vorliegen eines (hier behaupteten) Verstoßes gegen die Kundmachungsvorschriften für die Prüfung nicht geholfen, da er nicht aufzuzeigen vermochte, inwiefern dieser einen wesentlichen Einfluss auf das Ergebnis der Prüfung gehabt hätte. So war dem Beschwerdeführer die Prüfungsdauer (spätestens) zu Beginn der Prüfung jedenfalls bekannt. Auch erfolgte die negative Beurteilung im gegenständlichen Fall nicht aufgrund mangelnder Prüfungszeit, sondern wegen inhaltlicher Mängel der Antwort – da der Beschwerdeführer die gestellten Fragen in zentralen Punkten gar nicht beantwortete, sondern sich in nicht gefragten allgemeinen Ausführungen verlor.
Die Anfechtungsmöglichkeit von Prüfungen ist auf gewichtige Fehler bei der Durchführung von Prüfungen (Durchführungsmängel) im Sinne einer „Exzeßkontrolle“ beschränkt. Gegen die Beurteilung ist, mit Ausnahme des Falles schwerer Begründungsmängel, welche als Durchführungsmängel gewertet werden können, gemäß § 79 Abs. 1 UG jedoch kein Rechtsmittel zulässig. Das gewählte Beurteilungskriterium (Notwendigkeit der jeweiligen positiven Beantwortung der beiden gestellten Fragen) ist gängige Praxis im universitären Prüfungsbetrieb. Angesichts der Ausführlichkeit der Begründung der negativen Prüfungsbeurteilung durch den Prüfer liegt im gegenständlichen Fall kein schwerer Begründungsmangel vor. Somit ist das gewählte Beurteilungskriterium Bestandteil der Beurteilung und unterliegt nicht der Kontrolle des erkennenden Gerichtes.
Zwar ist, wie vom Beschwerdeführer angemerkt, die Teilnahme an Vorlesungen für Studierende – und somit auch für den Beschwerdeführer – nicht verpflichtend, doch sind Studierende gemäß § 59 Abs. 2 UG dazu verpflichtet ihren Studienfortschritt eigenverantwortlich im Sinne eines raschen Studienabschlusses zu gestalten. Somit haben sich Studierende vor einer Prüfung über die Prüfungsmodalitäten – etwa mittels der vom entsprechenden Institut bereitgestellten Angaben – zu informieren.
Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Abweisung weiterer (Beweis-)Anträge
Den überbordenden Beweisanträgen des Beschwerdeführers, die belangte Behörde mit der Herausgabe sämtlicher von ihr gespeicherter Chats und elektronisch gespeicherte Unterlagen bezüglich der Lehrveranstaltung Europarecht (Sommersemester 2020, Lehrveranstaltungsleiter XXXX , Prüfungstermin 26.06.2020), welche die behauptete zeitgerechte und geeignete Bekanntgabe der Methoden, der Durchführung, der Beurteilungskriterien und der Beurteilungsmaßstäbe der gegenständlichen Fachprüfung dazulegen vermögen, zu beauftragen, dem Antrag auf Beischaffung der Verwaltungsakten zur GZ 31/90/BE ex 2020/21 und zur GZ 31/91/Be ex 2020/21 war mangels Relevanz und keiner dadurch zu erwartenden Änderung des als maßgeblich festgestellten Sachverhalts nicht stattzugeben.
Dem Beschwerdeführer sind der wesentliche Akteninhalt und vor allem die Vielzahl seiner eigenen nach der Verhandlung vorgebrachten Äußerungen und Beweisanträge bekannt. In der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht konnte sich der Beschwerdeführer ausführlich zum maßgeblich festgestellten Sachverhalt äußern und Fragen stellen. Demnach war der neuerliche Antrag des Beschwerdeführers vom 25.02.2022 auf Akteneinsicht, der nur zu einer Verschleppung des Verfahrens geführt hätte, nicht mehr zu berücksichtigen.
3.3. Zur Unzulässigkeit der Revision [Spruchpunkt B)]
3.3.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
3.3.2. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen – unter Punkt 3.1. dargestellten – Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Zudem liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
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