BVwG W257 2246662-1

BVwGW257 2246662-19.1.2022

B-VG Art133 Abs4
DVG §1
PTSG §17

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2022:W257.2246662.1.00

 

Spruch:

W257 2246662-1/2E

 

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

 

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Herbert MANTLER, MBA als Einzelrichter über die Beschwerde von Herrn XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Martin RIEDL, Franz Josef Kai 5/DG, 1010 Wien, gegen den Bescheid des Personalamtes Wien bei der Österreichischen Post AG, Zl.: 300277-2021, zu Recht:

 

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

 

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer ist Bundesbeamter und dem Personalamt Wien bei der Post AG im Sinne des § 17 PTSG zu Dienstleistung zugewiesen. Seine Dienststelle ist das Verteilerzentrum Brief Wien und dort ist er als Vorsortierer tätig.

Diese Dienstverrichtung erfolge im engen Kontakt mit XXXX , indem er die von ihm vorsortieren Poststücke an seinem Arbeitsplatz abhole, indem dieser die die von ihm in den Fächern vor sortierten Poststücke von dort entnehme. Dabei käme es zwischen ihm und dem Arbeitskollegen zu einer körperlichen Distanz von ca. einem, wobei dieser Kontakt nur etwa eine Minute andauern würde.

Nachträglich hätte der Beschwerdeführer davongefahren, dass sein Arbeitskollege positiv auf Covid-19 getestet worden wäre. Dies wäre zwar dem Dienstgeber bekannt gewesen, doch hätte der Dienstgeber den Beschwerdeführer darüber nicht informiert. Dadurch hätte der Dienstgeber sein Recht auf gesunde Gesundheit, das Bundes-Bedienstetenschutzgesetz in Verbindung mit dem Epidemiegesetz und der 4. Covid-19- Schutzmaßnahme Verordnung verletzt.

Mit Antrag vom 29. März 2021 stellte er gegenüber der belangten Behörde den Antrag, die Behörde möge aus Anlass der dargestellten Covid-19-Positivtestung des Kollegen bescheidmäßig darüber absprechen, welche Rechte er in diesem Fall hatte und allgemein in einem solchen Fall sind und zwar insbesondere in Ansehung von Informationen, Testdurchführungen bei dem Beschwerdeführer und dem Fernbleiben vom Dienst.

Nach Durchführung eines Parteiengehörs entschied die Behörde mit Spruch erwähnten Bescheid dass sein Antrag zurückgewiesen wird. Begründend für die Behörde aus, dass aufgrund des Tragens von Masken der Beschwerdeführer von der Gesundheitsbehörde nicht als Kontaktperson der Kategorie „K1“ eingestuft worden sei. Sohin hätte es keinen Anlass seitens der belangten Behörde gegeben, ihn von der positiven Testung des Arbeitskollegen zu informieren. Aus Anlass der Fürsorgepflicht wäre der Beschwerdeführer sowie weitere Kolleginnen und Kollegen auf Covid-19 getestet worden. Zudem wäre auch die geschult Behörde für den weiteren Maßnahmen zuständig gewesen und nicht die Dienstbehörde. Die vom Beschwerdeführer angeführten Datenschutzthemen wären keinem Dienstrechtsverfahren zugänglich. Somit wäre der Antrag mangels Zulässigkeit zurückzuweisen gewesen.

Der Bescheid wurde dem rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführer am 06.09.2021 übergeben. Die Beschwerde wurde am 20.09.2021 Österreich in Post AG übergeben.

In der Beschwerde wurde ausgeführt, dass sich der Antrag nicht auf gesundheitsrechtlicher Bestimmung gestützt habe, sondern auf dienstrechtliche Bestimmungen. Der Dienstgeber wäre verpflichtet gewesen dem Beschwerdeführer die Infektion seines Arbeitskollegen mitzuteilen. Es handle sich hier um einen dienstrechtliches Verfahren und wäre die Behörde darüber verpflichtet gewesen inhaltlich zu entscheiden. Gesundheitsrechtliche oder datenschutzrechtliche Vorschriften hätten lediglich eine Vorfrage auf seinem dienstrechtlichen Antrag sein können. Über diese Vorfrage hätte auch die Behörde selbst entscheiden müssen. Das Recht auf Datenschutz sei kein absolutes Recht. Wann es gemäß einem Vorrang anderer Rechtsgüter nicht zur Anwendung gelangt, sei gesetzlich nicht abschließend geregelt worden, weswegen es im Einzelfall zu beurteilen wäre. Der Beschwerdeführer stellte den Antrag den angefochtenen Bescheid aufzuheben und zwar ersatzlos jedoch mit der Maßgabe dass in weiterer Folge die belangte Behörde in der Sache selbst entscheiden habe.

Der Verwaltungsakt langte am 23.09.2021 beim Bundesverwaltungsgericht ein und wurde entsprechend der Geschäftsverteilung der Gerichtsabteilung W257 zugewiesen.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Bundesbeamter und dem Personalamt Wien bei der Post AG im Sinne des § 17 PTSG zu Dienstleistung zugewiesen. Seine Dienststelle ist das Verteilerzentrum Brief Wien und dort ist er als Vorsortierer tätig.

Bei seiner beruflichen Tätigkeit kommt es zwischen ihm und einem bestimmten Arbeitskollegen zu einer körperlichen Nähe von nicht länger als einer Minute. Dieser Kollege infizierte sich mit Covid-19.

Die Dienstbehörde informierte nicht den Beschwerdeführer über diesen Umstand. Er galt nicht als „K1“ Person.

Der Beschwerdeführer stellte den im Kern den Antrag gegenüber der Behörde, welche Recht er in diesem Falle hat. Der genaue Antragsortlaut ist aus den Feststellung zu entnehmen.

Es besteht kein Feststellungsinteresse.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akt in Verbindung mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers und sind unstrittig.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit .). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass dienstrechtliche Streitigkeiten öffentlich Bediensteter unter den Begriff der „civil rights“ im Verständnis des Art. 6 Abs. 1 EMRK fallen, insoweit derartige Streitigkeiten durch die innerstaatliche Rechtsordnung geregelte, subjektive Rechte oder Pflichten des jeweils betroffenen Bediensteten zum Gegenstand haben (VwGH 13.09.2017, Ro 2016/12/0024). Demnach kann eine Verhandlungspflicht gemäß Art. 6 Abs. 1 EMRK nur dann entfallen, wenn die Ausnahmen für nicht übermäßig komplexe Rechtsfragen oder hochtechnische Fragen Platz greifen (VwGH 21.12.2016, Ra 2016/12/0067).

Da sich im vorliegenden Fall der Sachverhalt aus den Akten ergibt und es sich auch um keine übermäßig komplexe Rechtsfrage handelt, kann von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden. Darüber hinaus hat der Beschwerdefüher keine mündliche Verhandlung beantragt.

Gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist, wenn die belangte Behörde einen Antrag zurückgewiesen hat, Sache des Beschwerdeverfahrens lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung (vgl. VwGH 16.09.2015, Ra 2015/22/0082; 23.06.2015, Ra 2015/22/0040; 18.12.2014, Ra 2014/07/0002-0003). Eine inhaltliche Entscheidung über den verfahrensgegenständlichen Antrag ist dem Bundesverwaltungsgericht in solchen Fällen somit verwehrt, wobei auch eine Zurückverweisung gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG nicht in Betracht kommt (s. dazu VwGH 16.12.2009, 2008/12/0219).

Soweit eine Behörde nach dem Inhalt der Begründung ihrer Entscheidung zwar davon ausgeht, dass ein gestellter Antrag abzuweisen ist, sie diesen aber zurückweist, hat sie sich nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes lediglich im Ausdruck „vergriffen“. Ein Antrag ist lediglich dann zurückzuweisen, wenn dieser Antrag unzulässig ist, nicht aber, wenn das Gesetz den Anspruch nicht gewährt und die Behörde aus diesem Grund nicht zu einem Zuspruch gelangen kann (vgl. dazu etwa VwGH 23.01.2008, 2006/12/0227). Gerade wenn aus der gesamten Begründung eines angefochtenen Bescheides eindeutig hervorgeht, dass die belangte Behörde eine materielle Prüfung vorgenommen sowie eine inhaltliche Entscheidung getroffen hat und dass keine Anhaltspunkte für den Ausspruch einer Zurückweisung vorliegen (v.a., wenn nirgends von einer Unzulässigkeit oder einer verspäteten Einbringung die Rede ist), hat sich die Behörde lediglich im Ausdruck „vergriffen“ (s. VwGH 26.06.2014, 2013/03/0055, mwH).

Die Behörde begründete die Zurückweisung damit, dass der Antrag nicht zulässig sei. Sie vermeinte, dass der Beschwerdeführer von der Gesundheitsbehörde nicht als K1-Kontaktperson eingestuft worden wäre und wäre er deswegen von der Dienstbehörde über die Infektion seines Arbeitskollegen nicht informiert worden.

Damit nahm die Behörde allerdings eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Begehren des Antragstellers vor. Sie begründete die Ablehnung nicht nur aufgrund des mangelnden gesetzlichen Antrages nach den Dienstrechtgesetzen, sondern auch bezog sich darauf das nach dem Epidemiegesetz und der entsprechenden Verordnungen die Gesundheitsbehörde die zuständige Behörde für eine allfällige Information gewesen wäre. Im Übrigen wäre sie ihre Fürsorgepflicht nachgekommen, denn sie haben sofort Testungen durchführen lassen. Die Behörde hat sich somit mit dem Antrag inhaltlich auseinandergesetzt und ist deutlich von einem abweisenden Bescheid auszugehen. Insofern sie im Spruch das Wort „Zurückweisung“ anstatt „Abweisung“ verwendet ändert dies nichts an der inhaltlichen Entscheidung, welche die Behörde vorgenommen hat. Es ist somit im Sinne der obigen Judikatur von einem „Vergreifen“ auszugehen.

Darin kann auch die rechtliche Begründung nicht ändern, denn im Abschlusssatz hat sie erwähnt, dass „der Antrag sohin mangels Zulässigkeit zurückzuweisen“ wäre. Soweit der Beschwerdeführer somit vorbringt, dass die Behörde eine inhaltliche Entscheidung zu treffen gehabt hätte, geht dieses Argument ins Leere, denn nach Ansicht des Gerichtes wurde eine inhaltliche Ausnahmesetzung vorgenommen. Eine weitere oder über den vorliegenden Fall darüberhinausgehende inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Antragsvorbringen, bzw. mit dem Feststellungsantrag, wäre auch dann nicht mehr gegeben, wenn die Behörde tatsächlich eine inhaltliche Entscheidung vorgenommen hätte.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Erlassung eines Feststellungsbescheides nur dann zulässig, wenn sie entweder im Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist oder wenn eine gesetzliche Regelung zwar nicht besteht, die Erlassung eines solchen Bescheides im öffentlichen Interesse liegt, oder wenn sie insofern im Interesse einer Partei liegt, als sie für die Partei ein notwendiges Mittel zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung darstellt. Dieses rechtliche Interesse ist nur dann gegeben, wenn dem Feststellungsbescheid im konkreten Fall die Eignung zukommt, ein Recht oder Rechtsverhältnis für die Zukunft klarzustellen und dadurch eine Rechtsgefährdung des Antragstellers zu beseitigen. Ein wirtschaftliches, politisches oder wissenschaftliches Interesse rechtfertigt nicht die Erlassung eines Feststellungsbescheides. Ein Feststellungsbescheid als subsidiärer Rechtsbehelf ist jedenfalls dann nicht zulässig, wenn die strittige Rechtsfrage im Rahmen eines anderen gesetzlich vorgezeichneten Verwaltungsverfahrens entschieden werden kann (vgl. VwGH 17.10.2011, 2010/12/0150 mwN).

Im vorliegenden Fall kann jedoch kein Feststellungsinteresse des Beschwerdeführers gesehen werden. Weder ist ein Rechtsschutzinteresse, welches für den Beschwerdeführer zu wahren wäre, für die Zukunft ableitbar, noch besteht für den Beschwerdeführer in Zukunft eine Rechtsgefährdung durch die Dienstbehörde.

Der Beschwerdeführer verlangte von der Behörde darüber abzusprechen welche Rechte er in diesem Fall (der Infektion eines Kollegen oder einer Kollegin). Insofern sich das Feststellungsinteresse darauf bezieht, welche Rechte er hatte, somit sich eine Antwort der Behörde sich nur in der Wiedergabe von einschlägigen gesetzlichen Covid-19-Bestimmungen erschöpfen kann, ist darauf hinzuweisen das die Wiedergabe von gesetzlichen Bestimmungen kein Feststellungsinteresse darstellt. Gleiches gilt hinsichtlich von „Informationen, der Durchführungen und dem Fernbleiben vom Dienst“, sowie er dies im verfahrensleitenden Antrag dar legte.

Mangels einem Feststellungsinteresse war die gegenständliche Beschwerde abzuweisen.

 

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

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