BEinstG §2
BEinstG §3
B-VG Art. 133 Abs4
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2020:W238.2225063.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Claudia MARIK als Vorsitzende und die Richterin Mag. Julia JERABEK sowie die fachkundige Laienrichterin Mag. Bettina PINTER als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 25.10.2019, OB XXXX , betreffend Abweisung des Antrags auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen,
dass der den Grad der Behinderung enthaltende zweite Satz im Spruch des angefochtenen Bescheides entfällt.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die nunmehrige Beschwerdeführerin beantragte am 22.05.2019 unter Vorlage medizinischer Beweismittel die Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten.
2. Das Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (im Folgenden als belangte Behörde bezeichnet), holte daraufhin ein Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Psychiatrie ein. In dem - auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 26.08.2019 erstatteten - Gutachten vom 28.08.2019 wurde auszugsweise Folgendes ausgeführt:
"Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand:
55-jährige Antragstellerin in gutem AZ, kommt alleine ohne Hilfsmittel zur Untersuchung.
Ernährungszustand: gut BMI: 27,6
Größe: 167,00 cm Gewicht: 77,00 kg Klinischer Status - Fachstatus:
Caput: HNAP frei, kein Meningismus, HWS frei beweglich, Sprache unauffällig.
Hirnnerven: Pupillen rund, isocor bds., Lichtreaktion prompt und konsensuell, Lidspalten: leichte Ptose links (vorbestehend), Bulbusmotilität in allen Ebenen frei und koordiniert, kein pathologischer Nystagmus, keine Doppelbilder, HN VII seitengleich innerviert, basale HN frei.
OE: Trophik, Tonus und grobe Kraft stgl. unauffällig. VA: kein Absinken, Feinmotilität nicht beeinträchtigt, BSR, TSR, RPR seitengleich auslösbar, Knips bds. negativ, Eudiadochokinese bds., FNV bds. zielsicher, keine unwillkürlichen Bewegungen.
UE: Trophik, Tonus und grobe Kraft stgl. unauffällig. PV: kein Absinken, PSR und ASR seitengleich auslösbar, Babinski bds. negativ, KHV bds. zielsicher, keine unwillkürlichen Bewegungen.
Sensibilität: allseits intakt.
Gesamtmobilität - Gangbild:
Gangbild unauffällig, Zehen- und Fersengang möglich.
Status Psychicus:
Wach, zur Person, örtlich, zeitlich orientiert, Konzentration, Aufmerksamkeit unauffällig, Mnestik altersentsprechend unauffällig, Antrieb leicht reduziert, Stimmung gedrückt, Freud- und Lustlosigkeitsgefühle, Affizierbarkeit in beiden Skalenbereichen gegeben, Ductus kohärent und zielführend, keine produktive Symptomatik, Schlaf mit Medikation ausreichend."
Als Ergebnis der durchgeführten Begutachtung wurden die Funktionseinschränkungen den Leidenspositionen
Lfd. Nr. | Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes: | Pos.Nr. | GdB % |
1 | Depressive Störung Zwei Stufen über unterem Rahmensatz, da unter fachärztlicher Behandlung mäßig stabil. | 03.06.01 | 30 |
2 | Diabetes mellitus Typ II Unterer Rahmensatz, da Kostbeschränkung ohne Medikation. | 09.02.01 | 10 |
3 | Art. Hypertonie | 05.01.01 | 10 |
zugeordnet und nach der Einschätzungsverordnung ein Gesamtgrad der Behinderung von 30 v.H. festgestellt. Begründend wurde ausgeführt, dass die Leiden 2 und 3 den Gesamtgrad der Behinderung nicht erhöhen würden, da keine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung vorliege. Es handle sich um einen Dauerzustand.
3. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 28.08.2019 sowie vom 24.09.2019 wurde der Beschwerdeführerin das Ergebnis der Beweisaufnahme zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, im Rahmen des Parteiengehörs eine Stellungnahme abzugeben.
Mit E-Mail vom 15.10.2019 teilte die Beschwerdeführerin mit, dass sie das Ergebnis der Beweisaufnahme zur Kenntnis nehme und um eine bescheidmäßige Erledigung ersuche.
4. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 25.10.2019 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten gemäß §§ 2, 14 Abs. 1 und 2 BEinstG abgewiesen (erster Satz des Spruches) sowie festgestellt, dass der Grad der Behinderung "30 vom Hundert" beträgt (zweiter Satz des Spruches). Begründend verwies die belangte Behörde auf die für die Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten geltende Voraussetzung eines Gesamtgrades der Behinderung von 50 v.H. und darauf, dass ein solcher Gesamtgrad im Ermittlungsverfahren nicht habe festgestellt werden können. Festgehalten wurde, dass eine Stellungnahme der Beschwerdeführerin nicht eingelangt sei, weshalb vom Ergebnis des Ermittlungsverfahrens nicht abgegangen werden könne. Als Beilage zum Bescheid übermittelte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin das dem Bescheid zugrunde gelegte medizinische Sachverständigengutachten vom 28.08.2019.
5. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde. Darin rügte die Beschwerdeführerin, dass sie am 15.10.2019 sehr wohl eine Stellungnahme zum Ergebnis des Beweisverfahrens abgegeben habe.
6. Die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 05.11.2019 vorgelegt.
7. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 06.11.2019 wurde der Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass aus ihrer Beschwerde nicht hervorgeht, aus welchen Gründen sie die Abweisung des Antrags auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten für rechtswidrig erachtet. In Wahrung des Parteiengehörs wurde der Beschwerdeführerin Gelegenheit eingeräumt, binnen zwei Wochen ein Beschwerdevorbringen nachzureichen, das geeignet ist, die im Rahmen der persönlichen Untersuchung durch die Sachverständige getroffene Einschätzung zu entkräften. Der Beschwerdeführerin wurde diesbezüglich freigestellt, aussagekräftige Befunde oder ein Gegengutachten eines Sachverständigen ihrer Wahl beizubringen. Schließlich wurde der Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass das Bundesverwaltungsgericht in Aussicht nimmt, über die Beschwerde ohne Abhaltung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung aufgrund der Aktenlage zu entscheiden, sofern eine mündliche Verhandlung vor Gericht nicht ausdrücklich beantragt wird.
8. Die Beschwerdeführerin ließ dieses Schreiben unbeantwortet.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin ist österreichische Staatsbürgerin.
Sie stellte am 22.05.2019 einen Antrag auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten.
Bei der Beschwerdeführerin bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
1) Depressive Störung, unter fachärztlicher Behandlung mäßig stabil;
2) Diabetes mellitus Typ II bei Kostbeschränkung ohne Medikation;
3) Arterielle Hypertonie.
Hinsichtlich der bestehenden Funktionseinschränkungen, deren Ausmaßes, medizinischer Einschätzung und wechselseitiger Leidensbeeinflussung werden die diesbezüglichen Beurteilungen im Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Psychiatrie vom 28.08.2019 der nunmehrigen Entscheidung zugrunde gelegt.
Bei der Beschwerdeführerin liegt zum Entscheidungszeitpunkt ein Grad der Behinderung von 30 v.H. vor.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die österreichische Staatsbürgerschaft ergibt sich aus dem vom Bundesverwaltungsgericht erstellten Auszug aus dem Zentralen Melderegister. Das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrags basiert auf dem Akteninhalt.
2.2. Die Feststellung, dass bei der Beschwerdeführerin zum Entscheidungszeitpunkt ein Grad der Behinderung von 30 v.H. vorliegt, gründet sich auf das im Verwaltungsverfahren von der Behörde eingeholte Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Psychiatrie vom 28.08.2019. In diesem Gutachten wurde auf die Art der Leiden der Beschwerdeführerin, deren Ausmaß und wechselseitige Leidensbeeinflussung vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen.
Einbezogen wurden von der befassten Sachverständigen die im Zuge des Verfahrens vorgelegten Befunde, die im Übrigen nicht in Widerspruch zur gutachterlichen Beurteilung stehen und kein höheres Funktionsdefizit dokumentieren, als anlässlich der Begutachtung festgestellt werden konnte.
Der vorliegende Sachverständigenbeweis wird seitens des Bundesverwaltungsgerichtes als schlüssig erachtet. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf einer persönlichen Untersuchung, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen (diesbezüglich wird auch auf die auszugsweise wiedergegebenen Ausführungen im Gutachten verwiesen); die Gesundheitsschädigungen wurden nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung korrekt eingestuft.
Diesbezüglich ist im Lichte der - in der nachfolgenden rechtlichen Beurteilung teilweise wiedergegebenen - Anlage zur Einschätzungsverordnung festzuhalten, dass die bei der Beschwerdeführerin festgestellte depressive Störung im psychiatrischen Gutachten zutreffend der Positionsnummer 03.06.01 zugeordnet wurde. Die Wahl des Rahmensatzes (30 v.H.) wurde seitens der befassten Sachverständigen nachvollziehbar mit der mäßigen Stabilität der Störung unter fachärztlicher Behandlung begründet.
Weiters besteht bei der Beschwerdeführerin Diabetes mellitus Typ II, der im Gutachten unter Verweis auf eine Kostbeschränkung ohne Medikation korrekt der Positionsnummer 09.02.01 mit dem unteren Rahmensatz von 10 v.H. zugeordnet wurde.
Schlüssig stellte sich auch die Einschätzung der leichten arteriellen Hypertonie unter Heranziehung der Positionsnummer 05.01.01 mit dem dafür vorgesehenen fixen Rahmensatz von 10 v.H. dar.
Hinsichtlich des festgestellten Gesamtgrades der Behinderung im Ausmaß von 30 v.H. wurde im Sachverständigengutachten nachvollziehbar ausgeführt, dass die Leiden 2 und 3 den führenden Grad der Behinderung mangels ungünstiger wechselseitiger Leidensbeeinflussung nicht erhöhen.
Die Einwendungen im Rahmen der Beschwerde waren nicht geeignet, eine Änderung des Ermittlungsergebnisses herbeizuführen. In der im Rahmen des Parteiengehörs erstatteten Stellungnahme vom 15.10.2019 nahm die Beschwerdeführerin das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens ausdrücklich zur Kenntnis und ersuchte um bescheidmäßige Erledigung. Die Beschwerde erschöpfte sich in einem Verweis auf die Stellungnahme vom 15.10.2019. Auch die der Beschwerdeführerin vom Bundesverwaltungsgericht eingeräumte Möglichkeit, ihr Beschwerdevorbringen zu konkretisieren, nahm die Beschwerdeführerin nicht wahr.
Im Ergebnis vermochte die Beschwerdeführerin weder durch Vorlage von aussagekräftigen Befunden noch durch ein substantiiertes Vorbringen aufzuzeigen, wie sich im Lichte der bestehenden Funktionseinschränkungen eine Erhöhung des Grades der Behinderung auf zumindest 50 v.H. ergeben sollte.
Die Beschwerdeführerin, der es der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge freigestanden wäre, durch Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen ihrer Wahl die getroffenen Einschätzungen der Sachverständigen zu entkräften, ist dem Sachverständigengutachten auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.
Das Bundesverwaltungsgericht erachtet den vorliegenden Sachverständigenbeweis für schlüssig, nachvollziehbar und vollständig. Er wird der gegenständlichen Entscheidung in freier Beweiswürdigung zugrunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung in einem Senat unter Mitwirkung einer fachkundigen Laienrichterin ergeben sich aus Art. 131 Abs. 2 B-VG, § 14 Abs. 2 iVm § 19b Abs. 1 BEinstG und § 7 BVwGG.
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
3.2. Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Behinderteneinstellungsgesetzes (BEinstG) lauten:
"Begünstigte Behinderte
§ 2. (1) Begünstigte Behinderte im Sinne dieses Bundesgesetzes sind österreichische Staatsbürger mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 vH. Österreichischen Staatsbürgern sind folgende Personen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 vH gleichgestellt:
1. Unionsbürger, Staatsbürger von Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, Schweizer Bürger und deren Familienangehörige,
2. Flüchtlinge, denen Asyl gewährt worden ist, solange sie zum dauernden Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sind,
3. Drittstaatsangehörige, die berechtigt sind, sich in Österreich aufzuhalten und einer Beschäftigung nachzugehen, soweit diese Drittstaatsangehörigen hinsichtlich der Bedingungen einer Entlassung nach dem Recht der Europäischen Union österreichischen Staatsbürgern gleichzustellen sind.
(2) Nicht als begünstigte Behinderte im Sinne des Abs. 1 gelten behinderte Personen, die
a) sich in Schul- oder Berufsausbildung befinden oder
b) das 65. Lebensjahr überschritten haben und nicht in Beschäftigung stehen oder
c) nach bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften Geldleistungen wegen dauernder Erwerbsunfähigkeit (dauernder Berufsunfähigkeit) bzw. Ruhegenüsse oder Pensionen aus dem Versicherungsfall des Alters beziehen und nicht in Beschäftigung stehen oder
d) nicht in einem aufrechten sozialversicherungspflichtigen Dienstverhältnis stehen und infolge des Ausmaßes ihrer Funktionsbeeinträchtigungen zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit auch auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb (§ 11) nicht in der Lage sind.
(3) Die Ausschlussbestimmungen des Abs. 2 lit. a gelten nicht für behinderte Personen, die als Lehrlinge in Beschäftigung stehen, eine Ausbildung zum gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege absolvieren, an einer Hebammenakademie oder einer entsprechenden Fachhochschule ausgebildet werden oder zum Zwecke der vorgeschriebenen Ausbildung für den künftigen, eine abgeschlossene Hochschulausbildung erfordernden Beruf nach Abschluss dieser Hochschulausbildung beschäftigt werden und die Voraussetzungen des Abs. 1 erfüllen.
..."
"Behinderung
§ 3. Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen, die geeignet ist, die Teilhabe am Arbeitsleben zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten."
"Feststellung der Begünstigung
§ 14. (1) Als Nachweis für die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten gilt die letzte rechtskräftige Entscheidung über die Einschätzung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit mit mindestens 50 vH
a) eines Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (der Schiedskommission) bzw. des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen oder der Bundesberufungskommission im Sinne des Bundesberufungskommissionsgesetzes, BGBl. I Nr. 150/2002, oder des Bundesverwaltungsgerichtes;
b) eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung bzw. eines nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, zuständigen Gerichtes;
c) eines Landeshauptmannes (des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz) oder des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen in Verbindung mit der Amtsbescheinigung gemäß § 4 des Opferfürsorgegesetzes;
d) in Vollziehung der landesgesetzlichen Unfallfürsorge (§ 3 Z 2 Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 200/1967).
Die Feststellung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit im Nachweis gilt zugleich als Feststellung des Grades der Behinderung. Die Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten (§ 2) auf Grund der in lit. a bis d genannten Nachweise erlischt mit Ablauf des dritten Monates, der dem Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung folgt, sofern nicht der begünstigte Behinderte innerhalb dieser Frist gegenüber dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen erklärt, weiterhin dem Personenkreis der nach diesem Bundesgesetz begünstigten Personen angehören zu wollen.
(2) Liegt ein Nachweis im Sinne des Abs. 1 nicht vor, hat auf Antrag des Menschen mit Behinderung das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen den Grad der Behinderung nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) einzuschätzen und bei Zutreffen der im § 2 Abs. 1 angeführten sonstigen Voraussetzungen die Zugehörigkeit zum Kreis der nach diesem Bundesgesetz begünstigten Behinderten (§ 2) sowie den Grad der Behinderung festzustellen. Hinsichtlich der ärztlichen Sachverständigen ist § 90 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957, BGBl. Nr. 152, anzuwenden. Die Begünstigungen nach diesem Bundesgesetz werden mit dem Zutreffen der Voraussetzungen, frühestens mit dem Tag des Einlangens des Antrages beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen wirksam. Sie werden jedoch mit dem Ersten des Monates wirksam, in dem der Antrag eingelangt ist, wenn dieser unverzüglich nach dem Eintritt der Behinderung (Abs. 3) gestellt wird. Die Begünstigungen erlöschen mit Ablauf des Monates, der auf die Zustellung der Entscheidung folgt, mit der der Wegfall der Voraussetzungen für die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten rechtskräftig ausgesprochen wird.
(3) Der Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales ist ermächtigt, nach Anhörung des Bundesbehindertenbeirates gemäß § 8 BBG durch Verordnung nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung festzulegen. Diese Bestimmungen haben die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen auf das allgemeine Erwerbsleben zu berücksichtigen und auf den Stand der medizinischen Wissenschaft Bedacht zu nehmen.
..."
3.3. §§ 2 und 3 der Einschätzungsverordnung, BGBl. II 261/2010 idF BGBl. II 251/2012, sehen Folgendes vor:
"Grad der Behinderung
§ 2. (1) Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.
(2) Bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, ist der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.
(3) Der Grad der Behinderung ist nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen."
"Gesamtgrad der Behinderung
§ 3. (1) Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.
(2) Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.
Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.
(3) Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn
- sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,
- zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.
(4) Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine."
3.4. Die Anlage zur Einschätzungsverordnung, BGBl. II 261/2010 idF BGBl. II 251/2012, sieht - soweit für den Beschwerdefall relevant - auszugsweise Folgendes vor (geringfügige Formatierungsänderungen durch das Bundesverwaltungsgericht):
"03.06 Affektive Störungen
Manische, depressive und bipolare Störungen
03.06.01 Depressive Störung - Dysthymie - leichten Grades 10 - 40 %
Manische Störung - Hypomanie - leichten Grades
Keine psychotischen Symptome, Phasen mindestens 2 Wochen andauernd
20 %: Unter Medikation stabil, soziale Integration
30 % Unter Medikation stabil, fallweise beginnende soziale Rückzugstendenz, aber noch integriert
40 % Trotz Medikation instabil, mäßige soziale Beeinträchtigung"
"05.01 Hypertonie
Liegt eine schwerere (über mäßig hinausgehende) Hypertonie vor, stehen die Folgeerkrankungen weit im Vordergrund. Es sind folglich diese Funktionseinschränkungen einzuschätzen. Die ursächliche Hypertonie ist bei dieser Einschätzung dann mit umfasst.
05.01.01 Leichte Hypertonie 10 %"
"09.02 Diabetes mellitus
Eine Unterscheidung in insulinpflichtigen und nicht insulinpflichtigen Diabetes mellitus ist wegen der unterschiedlichen Handhabung notwendig. Die Insulinapplikation beeinträchtigt den Tagesablauf (insbesondere im Erwerbsleben) mehr als eine rein orale Einstellung mit Antidiabetika.
09.02.01 Nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus 10 - 30 %
10 %: Bei Kostbeschränkung ohne Medikation
20 - 30 %: Je nach Ausmaß der medikamentösen Therapie und des HbA1c
Wertes"
3.5. Zunächst ist festzuhalten, dass der Grad der Behinderung im Beschwerdefall - wie dies auch die belangte Behörde zu Recht annahm - nach der Einschätzungsverordnung einzuschätzen war. Die Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen hat nicht im Wege der Addition der einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen zu erfolgen, sondern es ist bei Zusammentreffen mehrerer Leiden zunächst von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für welche der höchste Wert festgestellt wurde, und dann ist zu prüfen, ob und inwieweit durch das Zusammenwirken aller zu berücksichtigenden Funktionsbeeinträchtigungen eine höhere Einschätzung des Grades der Behinderung gerechtfertigt ist (vgl. den eindeutigen Wortlaut des § 3 Einschätzungsverordnung sowie die auf diese Rechtslage übertragbare Rechtsprechung, VwGH 17.07.2009, 2007/11/0088; 22.01.2013, 2011/11/0209 mwN). Bei ihrer Beurteilung hat sich die Behörde eines oder mehrerer Sachverständiger zu bedienen, wobei es dem Antragsteller freisteht, zu versuchen, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. VwGH 30.04.2014, 2011/11/0098; 21.08.2014, Ro 2014/11/0023).
Gegenständlich wurde seitens der belangten Behörde zwecks Beurteilung des Antrags auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten ein Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Psychiatrie eingeholt, das auf Basis einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin erstattet wurde und den von der Judikatur (sowie von der Einschätzungsverordnung) aufgestellten Anforderungen entspricht.
3.6. Wie oben unter Pkt. II.2.2. eingehend ausgeführt, wird der gegenständlichen Entscheidung das im Verwaltungsverfahren eingeholte - als schlüssig erkannte - Sachverständigengutachten vom 28.08.2019 zugrunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin 30 v.H. beträgt. Wie ebenfalls bereits im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt wurde, waren die Einwendungen in der Beschwerde nicht geeignet, den vorliegenden Sachverständigenbeweis zu entkräften, zumal die Beschwerdeführerin weder dem von der belangten Behörde eingeholten Gutachten substantiiert entgegengetreten ist noch dem Gutachten widersprechende Beweismittel vorgelegt hat. Die der Beschwerdeführerin vom Bundesverwaltungsgericht eingeräumte Möglichkeit, ihr Beschwerdevorbringen zu konkretisieren, nahm die Beschwerdeführerin nicht wahr.
Es ist somit davon auszugehen, dass der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin zum Entscheidungszeitpunkt 30 v.H. beträgt.
Im gegenständlichen Fall sind die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 BEinstG, wonach begünstigte Behinderte österreichische Staatsbürger oder ihnen gleichgestellte Personen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 v.H. sind, derzeit nicht gegeben.
Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Prüfung der Begünstigteneigenschaft in Betracht kommt (vgl. dazu etwa VwGH 20.11.2012, 2011/11/0118).
3.7. Was den Umstand betrifft, dass die belangte Behörde im Spruch des angefochtenen Bescheides den Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin mit 30 v.H. festgestellt hat, ist die belangte Behörde an den ausdrücklichen Wortlaut des § 14 Abs. 2 erster Satz BEinstG und die dazu ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu erinnern, wonach dem Gesetz nicht entnommen werden kann, dass der Grad der Behinderung auch ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 BEinstG, also wenn der Grad der Behinderung mit weniger als 50 v.H. eingeschätzt wird, bescheidmäßig festzustellen ist (vgl. VwGH 24.04.2012, 2010/11/0173).
3.8. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung
3.8.1. Nach § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen (§ 24 Abs. 1 VwGVG). Wurde - wie im vorliegenden Fall - kein entsprechender Antrag gestellt, ist die Frage, ob von Amts wegen eine Verhandlung durchgeführt wird, in das pflichtgemäße - und zu begründende - Ermessen des Verwaltungsgerichts gestellt, wobei die in § 24 Abs. 2, 3, 4 und 5 leg.cit. normierten Ausnahmebestimmungen als Anhaltspunkte der Ermessensübung anzusehen sind (vgl. zur insofern gleichartigen Regelungsstruktur des § 67d Abs. 1 und 2 bis 4 AVG [alte Fassung] die Darstellung bei Hengstschläger/Leeb, AVG [2007] § 67d Rz 17 und 29, mwH). Gemäß Abs. 3 leg.cit. hat die Beschwerdeführerin die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Gemäß Abs. 4 leg.cit. kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
3.8.2. Der im Beschwerdefall maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der belangten Behörde und dem im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten einer Fachärztin für Psychiatrie. Das Gutachten, in dem die bei der Beschwerdeführerin festgestellten Gesundheitsschädigungen auf Grundlage der Einschätzungsverordnung schlüssig eingeschätzt wurden, wurde von der Beschwerdeführerin weder in der Beschwerde noch im Zuge des vom Bundesverwaltungsgericht eingeräumten Parteiengehörs substantiiert beeinsprucht. Die Beschwerdeführerin ist diesem Gutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Es wurden auch keine dem Sachverständigenbeweis widersprechenden Beweismittel vorgelegt. Vor diesem Hintergrund ist der entscheidungsrelevante Sachverhalt als geklärt anzusehen, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und des Verwaltungsgerichtshofes eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 GRC stehen dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ebenfalls nicht entgegen.
3.8.3. Ergänzend ist im Beschwerdefall aus dem Blickwinkel von Art. 6 EMRK (Art. 47 GRC) auf den Umstand hinzuweisen, dass die Beschwerdeführerin vom Bundesverwaltungsgericht bei Einräumung des Parteiengehörs auf die Möglichkeit hingewiesen wurde, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu beantragen, indem ihr seitens des Verwaltungsgerichtes mitgeteilt wurde, dass - sollte sie eine mündliche Verhandlung vor Gericht nicht ausdrücklich beantragen - eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung in Aussicht genommen werde. Die Beschwerdeführerin hat sich daraufhin nicht mehr geäußert.
Zu den einen Entfall der Verhandlung nach Art. 6 EMRK rechtfertigenden Umständen gehört auch der (ausdrückliche oder schlüssige) Verzicht auf die mündliche Verhandlung. Nach der Rechtsprechung kann die Unterlassung eines Antrags auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung von der Rechtsordnung unter bestimmten Umständen als (schlüssiger) Verzicht auf eine solche gewertet werden. Zwar liegt ein solcher Verzicht dann nicht vor, wenn eine unvertretene Partei weder über die Möglichkeit einer Antragstellung belehrt wurde, noch Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie von dieser Möglichkeit hätte wissen müssen (vgl. VfSlg. 16.894/2003 und 17.121/2004; VwGH 26.04.2010, 2004/10/0024; VwGH 12.08.2010, 2008/10/0315; VwGH 30.01.2014, 2012/10/0193). Dies ist hier aber angesichts des erwähnten Umstands eines entsprechenden Hinweises an die Beschwerdeführerin und der ihr explizit eingeräumten Gelegenheit zur Antragstellung nicht der Fall. Die unterbliebene Antragstellung kann vor diesem Hintergrund als schlüssiger Verzicht im Sinne der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 6 EMRK gewertet werden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Entscheidung weicht nicht von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (vgl. dazu Punkt II.3.5., II.3.7. und II.3.8.); die angewendeten Bestimmungen des Behinderteneinstellungsgesetzes und der Einschätzungsverordnung sind - soweit für den Fall von Bedeutung - eindeutig. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
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