BVwG W274 2187859-1

BVwGW274 2187859-17.1.2019

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2019:W274.2187859.1.00

 

Spruch:

W274 2187859-1/18E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch Mag. LUGHOFER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , iranischer Staatsbürger, XXXX , vertreten durch Mag.a Nadia LORENZ, Rechtsanwältin, Burggasse 116, 1070 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31.01.2018, Zahl:

1096578008-151855139/BMI-BFA_Wien_AST_05 nach öffentlicher mündlicher Verhandlung zu Recht:

 

Der Beschwerde wird teilweise stattgegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass er insgesamt zu lauten hat:

 

I. Der Antrag auf internationalen Schutz wird hinsichtlich des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen.

 

II. Der Antrag auf internationalen Schutz wird hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs 1 AsylG 2005 in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran abgewiesen.

 

III. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wird nicht erteilt.

 

IV. Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG 2005 iVm mit § 9 BFA-VG wird eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG 2005 erlassen.

 

V. Es wird gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Iran zulässig ist.

 

VI. Gemäß § 55 Abs 1 a FPG besteht für die freiwillige Ausreise eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft des Bescheides.

 

VII. Gemäß § 13 Abs 2 AsylG 2005 hat der Antragsteller das Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 12.12.2017 verloren.

 

VIII. Gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 3 z 1 FPG wird ein auf Dauer von 3 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

 

IX. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

Der Beschwerdeführer (BF) stellte am 28.10.2015 in Wien 7 einen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Im Rahmen der am 25.11.2015 durch die Abteilung Fremdenpolizei und Anhaltevollzug der Landespolizeidirektion Wien erfolgten Erstbefragung gab er an, im Iran zum Christentum konvertiert zu sein. Er habe sich dort nicht mehr sicher gefühlt und mit seiner Ehefrau den Entschluss gefasst, den Iran zu verlassen.

 

Am 22.08.2017 erfolgte eine Vernehmung durch das BFA, RD Wien, Außenstelle Wien. Im Wesentlichen gab der BF an, er habe als Taxifahrer einen Touristen ( XXXX ) kennengelernt, den er öfters transportiert habe. Dieser habe ihn in die Kirche in seiner Wohnung eingeladen, wohin er 5 oder 6 Mal gegangen sei. Ab dem Besuch dieser Hauskirche habe er an das Christentum geglaubt. XXXX und einige Burschen, die die Hauskirche besucht hätten, seien dann verhaftet und eingesperrt worden. Am 17.11.2015 sei er in Österreich getauft worden.

 

Mit dem angefochtenen Bescheid wies das BFA den Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie hinsichtlich des subsidiär Schutzberechtigten ab (Spruchpunkte I. und II.), sprach aus, dass ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt werde (Spruchpunkt III.), erließ eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG (Spruchpunkt IV.), stellte fest, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Iran zulässig sei (Spruchpunkt V.), erkannte einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt VI.), stellte fest, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe sowie der BF sein Recht zum Aufenthalt gemäß § 13 Abs. 2 AsylG ab dem 12.12.2017 verloren habe (Spruchpunkte VII. und VIII.) und erließ gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein auf acht Jahre befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt IX.).

 

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde mit den Anträgen, den Bescheid primär dahingehend abzuändern, dem BF den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, in eventu den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen bzw die Rückkehrentscheidung für Dauer unzulässig zu erklären, bzw einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 55, 56, 57 AsylG zu erteilen, in eventu, den Bescheid zur Gänze zu beheben und die Asylsache an das BFA zurückzuverweisen sowie das Einreiseverbot aufzuheben, in eventu zu verkürzen. Weiters wolle der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt sowie eine mündliche Verhandlung anberaumt werden.

 

Mit Beschluss vom 7.3.2017 zu L 525 20187859-1/3Z erkannte das BVwG der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG aufschiebende Wirkung zu.

 

Mit Schriftsatz vom 08.08.2018 legte der BF - nunmehr vertreten durch Mag.a LORENZ - weitere Urkunden mit einer "Beschwerdeergänzung" vor.

 

Am 05.11.2018 fand eine mündliche Verhandlung statt, in der der BF sowie der Zeuge XXXX vernommen und weitere Urkunden vorgelegt wurden sowie der Akt W 214 2184274-1 des BVwG betreffend die geschiedene Ehefrau des BF, XXXX , verlesen wurde.

 

Die Beschwerde ist teilweise - hinsichtlich der Spruchpunkte VI. und VIII. - berechtigt:

 

Festgestellt wird:

 

Fallbezogen stellt sich die Situation im Iran derzeit wie folgt dar:

 

Allgemeine Lage

 

Iran ist eine islamische Republik mit etwa 80 Millionen Einwohnern. Staatsoberhaupt und Revolutionsführer ist Ayatollah Seyed Als Khamene-i, Präsident seit 2013 Hassan Rohani. Dem Staatsoberhaupt unterstehen u.a. die Revolutionsgarden (Pasdaran) und die mehrere Millionen Mitglieder umfassenden Basij-Milizen. Islamische und demokratische Elemente bestehen nebeneinander. Eine demokratische Verfassung im europäischen Sinn besteht nicht. Die allgemeine Sicherheitslage ist mit Ausnahme der Provinzen Sistan-Belutschistan, Kurdistan und West-Aserbaidschan, in denen es immer wieder zu Konflikten zwischen Sicherheitskräften und bewaffneten Gruppen und Anschlägen gegen die Sicherheitskräfte kommt, ruhig, wobei latente Spannungen bestehen. Die verfassungsrechtlich festgeschriebene Unabhängigkeit der Justiz unterliegt Begrenzungen. Vor allem der Sicherheitsapparat nimmt in Einzelfällen massiven Einfluss auf die Urteilsfindung. Allgemein erfüllen Gerichtsverfahren internationale Standards nicht. Obwohl nach der Verfassung primär kodifiziertes Recht anzuwenden ist, kann im Zweifelsfall nach der iranischen Verfassung die Scharia vorrangig angewandt werden. Nach wie vor werden Körperstrafen und Todesstrafe angewandt. Es kommt immer wieder zu willkürlichen Verhaftungen, insbesondere im Zusammenhang mit politischer Überzeugung. Basij-Kräfte sind eine freiwillige paramilitärische Gruppierung, die oft bei der Unterdrückung von Oppositionellen oder der Einschüchterung von Zivilisten, die den strikten Moralkodex nicht befolgen, involviert sind. Die Revolutionsgarden (Sepah-e Pasadaran-e Enghelab-e Islami - IRGC) sind herausragend im Sicherheitasapparat, sie sind eine Parallelarmee und haben Wirtschaft, Politik und Verwaltung durchsetzt. Sie verfügen über eigene Gefängnisse. Mit willkürlichen Verhaftungen muß im Iran gerechnet werden. Auffälliges Hören von (westlicher) Musik, die Äußerung einer eigenen Meinung zum Islam, gemeinsame Autofahrten junger nicht verheirateter Männer und Frauen, gemischtgeschlechtliche Partys oder das Verstoßen gegen Bekleidungsvorschriften kann den Unmut zufällig anwesender Basijs bzw mit diesen sympathisierender Personen hervorrufen. Es kann auch zu einem Verprügeln durch Basij kommen. Die genaue Überwachungskapazität der iranischen Behörden ist unbekannt.

 

Auch 2017 wurden grausame und unmenschliche Strafen (zB. Peitschenhiebe, Amputationen) vollstreckt. Die Todesstrafe steht auf Mord, Sexualdelikte, gemeinschaftlichen Raub, wiederholten schweren Diebstahl, Drogenschmuggel, schwerwiegende Verbrechen gegen die Staatssicherheit, Abfall vom islamischen Glauben und homosexuelle Handlungen. Der Häufigkeit nach wird sie primär bei Drogendelikten, dann Mord und Sexualdelikten angewandt. Laut AI wurden 2017 mindestens 507 Personen hingerichtet. Auch 2016 war Iran mit hoher Wahrscheinlichkeit das Land mit der weltweit höchsten Hinrichtungszahl im Verhältnis zur Bevölkerung.

 

Religionsfreiheit, Situation von Christen und Konversion

 

99% der Bevölkerung gehören dem Islam (Staatsreligion) an. Etwa 90% der Bevölkerung sind Schiiten, ca. 9% Sunniten, der Rest Christen, Juden, Zorostrier, Baha-i, Sufis und kleinere religiöse Gruppen. Die in Art. 13 der iranischen Verfassung anerkannten "Buchreligionen" (Christen, Juden, Zoroastrier) dürfen ihren Glauben relativ frei ausüben. In Fragen des Ehe-und Familienrechts genießen sie verfassungsrechtlich Autonomie. Etwa 100.000 bis 300.000 - vornehmlich armenische - Christen leben im Iran, hauptsächlich in Teheran und Isfahan. Ihnen stehen zwei der 290 Parlamentssitze zu. Die Mehrheit der iranischen Christen ist den ethnischen Christen zuzuordnen (armenische, assyrische und chaldäische). Die nicht-ethnischen Christen gehören hauptsächlich der katholischen und protestantischen Kirche an und haben ihren Ursprung in der Zeit des Schah-Regimes. Jegliche Missionstätigkeit kann als "mohareb" (Krieg gegen Gott) verfolgt und mit dem Tod bestraft werden. Ihre Vertreter unterliegen Beschränkungen beim Zugang von höheren Staatsämtern. Anerkannte religiöse Minderheiten - Zoroastrier, Juden, armenische und assyrische Christen - werden diskriminiert, nicht anerkannte nicht-schiitische Gruppen (Bahá'í, konvertierte evangelikale Christen, Sufi, Atheisten) in unterschiedlichem Grad verfolgt. Sunniten werden v.a. beim beruflichen Aufstieg diskriminiert. Anerkannte religiöse Minderheiten sind in ihrer Glaubensausübung nur geringen Einschränkungen unterworfen (religiöse Aktivitäten sind nur in den jeweiligen Gotteshäusern und Gemeindezentren erlaubt, christliche Gottesdienste in Farsi sowie missionarische Tätigkeiten sind verboten).

 

Das Recht, eine Religion zu wechseln oder aufzugeben, wird weiterhin verletzt. Personen, die zum Christentum übergetreten waren, erhielten hohe Gefängnisstrafen (10 bis 15 Jahre). Es gab weiterhin Razzien in Hauskirchen. Personen, die sich zum Atheismus bekannten, konnten jederzeit willkürlich festgenommen, inhaftiert, gefoltert und misshandelt werden. Sie liefen Gefahr, wegen "Apostasie" (Abfall vom Glauben) zum Tode verurteilt zu werden. Unter besonderer Beobachtung stehen hauskirchliche Vereinigungen, deren Versammlungen regelmäßig aufgelöst und deren Angehörige gelegentlich festgenommen werden. Muslimische Konvertiten und Mitglieder protestantischer Freikirchen sind willkürlichen Verhaftungen und Schikanen ausgesetzt. 2016 sollen 198 Gefangene wegen "Feindschaft gegen Gott", 31 wegen "Beleidigung des Islam" und 12 wegen "Korruption auf Erden" inhaftiert gewesen sein. Laut der Gefangenenliste von Open Doors mit Stand September 2017 befanden sich 56 Christen in Haft, fünf wurden freigelassen, 13 wurden auf Kaution freigelassen und zehn mit dem Verbot das Land zu verlassen freigelassen.

 

Apostasie (Abtrünnigkeit vom Islam) ist verboten und mit langen Haftstrafen bis zur Todesstrafe bedroht. Im iranischen Strafgesetzbuch ist der Tatbestand zwar nicht definiert, die Verfassung sieht aber vor, dass die Gerichte in Abwesenheit einer definitiven Regelung entsprechend der islamischen Jurisprudenz zu entscheiden haben. Dabei folgen die Richter im Regelfall einer sehr strengen Auslegung auf Basis der Ansicht von konservativen Geistlichen wie Staatsgründer Ayatollah Khomenei, der für die Abkehr vom Islam die Todesstrafe verlangte. Konvertierte werden jedoch zumeist nicht wegen Apostasie bestraft, sondern aufgrund anderer Delikte, wie zum Beispiel "moharebeh" ("Waffenaufnahme gegen Gott"), Verdorbenheit auf Erden, oder "Handlungen gegen die nationale Sicherheit". Bei keiner der Hinrichtungen in den letzten Jahren gibt es Hinweise darauf, dass Apostasie einer bzw. der eigentliche Verurteilungsgrund war. Christliche Konvertiten werden normalerweise nicht wegen Apostasie bestraft, sondern solche Fälle als Angelegenheiten der nationalen Sicherheit angesehen und vor den Revolutionsgerichten verhandelt. Konversion wird als politische Aktivität angesehen. Für Konversion wurde in den letzten zehn Jahren keine Todesstrafe ausgesprochen. Allein wegen Konversion werden keine Gerichtsverfahren geführt. Missionstätigkeit unter Muslimen kann eine Anklage wegen Apostasie und Sanktionen bis zur Todesstrafe nach sich ziehen. In Iran Konvertierte nehmen von öffentlichen Bezeugungen ihrer Konversion naturgemäß abstand, behalten ihren muslimischen Namen und treten in Schulen, Universitäten und am Arbeitsplatz als Muslime auf.

 

Es kann zumindest nicht ausgeschlossen werden, dass auch ein im Ausland Konvertierter in Iran wegen Apostasie verfolgt wird. Die Tragweite der Konsequenzen für jene Christen, die im Ausland konvertiert sind und nach Iran zurückkehren, hängt von der religiösen und konservativen Einstellung ihres Umfeldes ab. Es wird diesbezüglich von familiärer Ausgrenzung berichtet sowie von Problemen, sich in der islamischen Struktur des Staates zurechtzufinden. In Familien eines öffentlich Bediensteten oder eines Polizisten wird die Konversion als Familienmitglied als heikel eingeschätzt, wobei es sein kann, dass der Konvertit aus der Familie verbannt oder den Behörden gemeldet wird, um die Arbeit des Amtsträgers nicht zu beeinträchtigen. Die Schließungen der "Assembly of God" Kirchen im Jahr 2013 führten zu einer Ausbreitung der Hauskirchen. Deren Anzahl steigt. Es ist schwierig diese zu kontrollieren, da sie verstreut, unstrukturiert und ihre Örtlichkeiten meist nicht bekannt sind. Sie werden teils überwacht. Die Behörden nutzen Informanten, die die Hauskirchen infiltrieren. Diese organisieren sich daher in kleinen und mobilen Gruppen. Wenn Behörden Informationen bezüglich einer Hauskirche bekommen, wird ein Überwachungsprozess in Gang gesetzt. Ob die Behörden eingreifen, hängt von den Aktivitäten und der Größe der Hauskirche ab. Die Überwachung von Telekommunikation, Social Media und Online-Aktivitäten ist weitverbreitet. In den letzten Jahren gab es mehrere Razzien in Hauskirchen und Anführer und Mitglieder wurden verhaftet. Eine Hauskirche kann beispielsweise durch Nachbarn aufgedeckt werden, die abnormale Aktivitäten um ein Haus bemerken. Ansonsten haben die Behörden kaum Möglichkeiten, eine Hauskirche zu entdecken, da die Mitglieder in der Regel sehr diskret sind. Organisatoren von Hauskirchen können sich dem Risiko ausgesetzt sehen, wegen "Verbrechen gegen Gott" angeklagt zu werden, worauf die Todesstrafe steht. Es ist aber kein Fall bekannt, bei dem diese Beschuldigung auch tatsächlich zu einer Exekution geführt hätte. Nicht verlässlich bekannt ist, ob nur Anführer oder auch einfache Mitglieder verfolgt werden. Primär zielen die Behörden auf Anführer der Hauskirchen ab. Ein Hauskirchenmitglied, das zum ersten Mal festgenommen wird, wird normalerweise nach 24 Stunden wieder freigelassen. Die typische Vorgehensweise gegen eine Hauskirche ist, dass der Anführer der Hauskirche verhaftet und wieder freigelassen wird, um die Gemeinschaft anzugreifen und zu schwächen. Ob ein Mitglied einer Hauskirche im Visier der Behörden ist, hängt auch von seinen durchgeführten Aktivitäten und ob er/sie auch im Ausland bekannt ist, ab. Eine Konversion und ein anonymes Leben als konvertierter Christ allein führen nicht zu einer Verhaftung. Wenn der Konversion andere Aktivitäten nachfolgen, wie zum Beispiel Missionierung oder Unterricht anderer Personen im Glauben, kann dies zu einem Problem werden. Wenn ein Konvertit nicht missioniert oder eine Hauskirche bewirbt, werden die Behörden i.d.R. nicht über ihn Bescheid wissen.

 

Konvertierte Rückkehrer, die keine Aktivitäten in Bezug auf das Christentum setzen, sind für die Behörden mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht von Interesse. Wenn ein Konvertit schon vor seiner Ausreise den Behörden bekannt war, könnte dies anders sein. Wenn er den Behörden nicht bekannt war, ist eine Rückkehr nach Iran kein Problem. Wenn ein zurückgekehrter Konvertit sehr freimütig über seine Konversion in den Social Media-Kanälen, einschließlich Facebook berichtet, können die Behörden auf ihn aufmerksam werden und ihn bei der Rückkehr verhaften und befragen. Wenn der Konvertit kein "high-profile"-Fall ist und nicht missionarisch tätig ist bzw. keine anderen Aktivitäten setzt, die als Bedrohung der nationalen Sicherheit angesehen werden, ist nicht von einer harschen Bestrafung auszugehen. Eine Bekanntgabe der Konversion auf Facebook allein wird nicht zu einer Verfolgung führen. Ob eine Taufe für die iranischen Behörden Bedeutung hat, steht nicht fest.

 

Grundversorgung und medizinische Versorgung:

 

Die Grundversorgung ist im Iran gesichert, wozu neben staatlichen Hilfen auch das islamische Spendensystem beiträgt. Der Mindestlohn liegt bei ca. 9,3 Mio. IRR im Monat (ca. 200 Euro). Das durchschnittliche Monatseinkommen pro Kopf liegt bei ca. 400 Euro. Die Arbeitslosenrate in Iran betrug im Juni 2016 zwischen 10 und 20%. Ausgebildete Arbeitskräfte finden oft keine ihrer Ausbildung entsprechenden Jobs. Die iranische Wirtschaft ist weitestgehend zentralisiert und steht fast vollständig unter staatlicher Kontrolle. Ein zentraler Faktor der iranischen Wirtschaft sind halbstaatliche religiöse Stiftungen, die Bonyads. Viele davon sind heute international agierende Großkonzerne. Alle angestellten Arbeitnehmer unterliegen einer Sozialversicherungspflicht, die die Bereiche Rente, Unfall und Krankheit umfasst. Es gibt einen Anspruch auf Kindergeld sowie auf Arbeitslosengeld in Höhe von 70-80% des Gehaltes. Die gering verdienenden Teile der iranischen Bevölkerung erhalten zur Sicherung der Grundversorgung monatlich eine "Yarane" von ca. 11€. Es besteht kostenfreie Bildung und Gesundheitsversorgung.

 

98% aller Iraner haben Zugang zu ärztlicher Versorgung. Die Qualität ist in Teheran und den großen Städten ausreichend bis gut. In vielen Landesteilen ist sie nicht vergleichbar mit europäischem Standard. In jeder Provinz ist mindestens eine medizinische Universität. Die Medizinische Grundversorgung basiert auf ca. 19.000 ländlichen Gesundheitshäusern, ca. 3.000 ländlichen Gesundheitszentren und 730 städtischen öffentlichen Krankenhäusern in jeder größeren Stadt. Obwohl primäre Gesundheitsdienstleistungen kostenlos sind müssen durchschnittlich 55% der Gesundheitsausgaben in bar bezahlt werden. In zahlreichen Apotheken sind die meisten auch in Europa gebräuchlichen Medikamente zu kaufen und nicht sehr teuer.

 

Rückkehr:

 

Allein der Umstand, dass eine Person einen Asylantrag gestellt hat, löst bei der Rückkehr keine staatlichen Repressionen aus. In der Regel dürften die Umstände der Wiedereinreise den iranischen Behörden gar nicht bekannt werden. Trotzdem kann es in Einzelfällen zu einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden über den Auslandsaufenthalt kommen. Bisher wurde kein Fall bekannt, in dem Zurückgeführte im Rahmen der Befragung psychisch oder physisch gefoltert wurden. Personen, die das Land illegal verlassen und sonst keine weiteren Straftaten begangen haben, können von den iranischen Auslandsvertretungen ein Passersatzpapier bekommen und nach Iran zurückkehren. In Einzelfällen konnte im Falle von Rückkehrern aus Deutschland festgestellt werden, dass diese bei niederschwelligem Verhalten und Abstandnahme von politischen Aktivitäten, mit Ausnahme von Einvernahmen durch die iranischen Behörden unmittelbar nach der Einreise, keine Repressalien zu gewärtigen hatten. Für die Rückkehr nach Iran braucht man eine offizielle Erlaubnis des iranischen Staates. Die Rückkehr wird mit den Behörden von Fall zu Fall verhandelt. Iraner, die im Ausland leben, sich dort öffentlich regimekritisch äußern und dann nach Iran zurückkehren, können von Repressionen bedroht sein

 

(auszugsweise Wiedergabe des Länderinformationsblatts der Staatendokumentation Iran, Gesamtaktualisierung am 03.07.2018, unter Bezugnahme auf die dort genannten Quellen).

 

Der BF wurde am 22.02.1993 (vor dem BFA vorgelegte Personalkarte; Beschluss des BG Floridsdorf vom 10.3.2017) in ILAM, Provinz KHUZESTAN geboren, ist iranischer Staatsbürger und angehöriger der kurdischen Minderheit. Er verdiente zuletzt seinen Lebensunterhalt als Taxifahrer und beförderte mit dem eigenen Fahrzeug Fahrgäste. Am 19.02.2013 heiratete er vor dem Standesamt ILAM im Iran XXXX (Scheidungsbeschluss wie oben). Der BF gehörte dem islamischen Glauben schiitischer Richtung an und praktizierte diesen Glauben jedenfalls bis 2015 u.a. durch Fasten und Beten.

 

Nicht festgestellt konnte, dass der BF im Zeitraum von Juli bis September 2015 über Vermittlung eines Fahrgastes namens " XXXX " eine Hauskirche im ILAM besuchte, am 8.8.2015 in dieser "seine Religion wechselte und innerlich an Jesus Christus glaubte", dass beim letzten Versuch, zur Hauskirche zu gelangen die Türe offen war, Polizisten in Zivilkleidung davor standen und der BF beobachtete, wie XXXX und zwei weitere Personen abgeführt wurden, woraufhin er davonlief. Ebensowenig konnte festgestellt werden, dass die Polizei, nachdem der BF den Iran verließ, in dessen Haus bei den Eltern nach diesem suchte. Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass aufgrund all dessen der BF unmittelbar unter dem Eindruck des letztgenannten Vorfalles bei seinem Vater seine Frau abholte, mit ihr - ohne ihr den Grund der Reise mitzuteilen - mit dem PKW in einer zehnstündigen Fahrt nach Teheran fuhr, ihr dort mitteilte, dass er mit ihr in die Türkei fahren werde, in der Zeit zwischen Abend und Mittag des nächsten Tages in Teheran sein Auto und das Gold seiner Frau verkaufte und mit dieser die Flucht in die Türkei antrat.

 

Der BF und seine Frau XXXX reisten im September 2015 - teilweise schlepperunterstützt - über die Türkei nach Griechenland und von dort mit dem Flüchtlingsstrom ohne gültige Einreisepapiere nach Österreich, wo beide am 28.10.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz stellten.

 

Einige Tage nach seiner Ankunft wurde der BF von einem Passanten zu einem Mitglied der Adonai-Gemeinde Wien - zum Bund der Baptistengemeinden in Österreich gehörig und staatlich anerkannte Religionsgemeinschaft - vermittelt. Ohne nennenswerte Vorbereitung erfolgte sodann, vermittelt durch die Adonai-Gemeinde, eine Taufe am 7.11.2015 in einer Gemeinde in Hütteldorf durch einen norwegischen Pastor. Nicht festgestellt werden konnte, ob und in welchem Umfang daraufhin Glaubenskurse stattfanden, die der BF besuchte. Der BF ist Mitglied der Adonai-Gemeinde, Leberstraße 96, 1110 Wien, wobei er diese nach der Taufe zunächst regelmäßig einmal wöchentlich und etwa ab August 2017 nicht mehr regelmäßig besuchte. In letzter Zeit besuchte der BF die Adonai-Gemeinde wieder zu den Hauptgottesdiensten und beteiligte sich auch einige Male an Gottesdiensteröffnungen, wobei deren genauer Inhalt nicht festgestellt werden konnte. Der BF hat Grundkenntnisse zur Bibel und kirchlichen Feiertagen. Nicht festgestellt werden konnte, dass er persönlich betet.

 

Nicht festgestellt werden konnte, dass der BF derart innerlich zum Christentum konvertiert ist, dass er das innerliche Bedürfnis hätte, diesen Glauben selbst bei einer Rückkehr in den Iran zu praktizieren, sodass er entweder durch dessen Praktizierung gefährdet wäre oder dieses Bedürfnis unterdrücken müsste.

 

Der BF und XXXX trennten sich zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt kurz nach der Einreise nach Österreich. Die kinderlose Ehe wurde durch Beschluss des BG Floridsdorf vom 10.3.2017 einvernehmlich geschieden (Scheidungsbeschluss). Der BF war und ist in Grundversorgung. Immer wieder verrichtete er gemeinnützige Arbeiten, wie im Jahr 2016 als Reinigungskraft für "Wieder Wohnen" und von etwa Dezember 2016 an für sechs Monate als Ordnungskraft am Müllplatz des Kutschkermarktes. Er nahm an verschiedenen Integrationsmaßnahmen (eintägiger "Start- Wien-Charta" Workshop vom 8.3.2017) teil und fiel im vom Arbeiter Samariterbund betreuten Haus Erdberg (Asylunterkunft), in dem er nach wie vor wohnt, durch Rücksicht und Hilfsbereitschaft auf.

 

Mit rechtskräftigem Urteil vom 12.12.2017 zu 61 Hv 144/17t erkannte das LG für Strafsachen Wien den BF des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 5. Fall SMG schuldig und verhängte eine Freiheitsstrafe von 18 Monaten, wobei ein Teil von 10 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurde. Nach Verbüßung eines Teils von 3 Monaten und 10 Tagen wurde der BF am 26.01.2018 bedingt entlassen.

 

Der BF meldete am 8.3.2018 den Austritt aus der islamischen Glaubensgemeinschaft beim Magistratischen Bezirksamt Wien an. Seit 1.10.2018 besucht der BF einen A2-Kurs an der VHS Ottakring (Beilage ./C). Seit Februar 2018 wird der BF im Rahmen der Bewährungshilfe vom Verein Neustart betreut - dort fiel er als offen und kooperativ auf (Beilage ./F). Seit 23.8.2018 befindet sich der BF in medizinischer Behandlung des Vereins Dialog wegen Reaktion auf schwere Belastungen und Anpassungsstörung zur Teilnahme an einem Ersatzdrogenprogramm (Beilage ./D). Abgesehen davon ist der BF gesund.

 

Beweiswürdigung:

 

Die Länderfeststellungen folgen dem LIB Iran der Staatendokumentation in der (aktuellen) Fassung vom Juni 2018, basierend auf den dort genannten Quellen.

 

Die Feststellungen zu Status, Staatsbürgerschaft, den Umständen der Herkunft, der Ausreise aus dem Iran und der Einreise nach Österreich sowie der Integration in Österreich beruhen im Wesentlichen auf den diesbezüglichen glaubwürdigen Angaben des BF im Zusammenhalt mit den - oben genannten - vorgelegten Urkunden. Der BF gab vor dem BFA an, gesund zu sein. Abgesehen von der Belastungsstörung und der offenbar ein Drogenersatzprogramm rechtfertigenden Suchtproblematik ergaben sich keine Anhaltspunkte für gesundheitliche Beeinträchtigungen. Der Sozialbericht des Samariterbundes Beilage ./E übernimmt offenbar - teilweise wortwörtlich - die Ergebnisse der übrigen Bescheinigungen bzw gründet auf Angaben des BF.

 

Im Rahmen der Erstbefragung gab der BF als Asylgrund an, im Iran zum Christentum konvertiert zu sein. Er fühle sich dort nicht mehr sicher, weshalb er gemeinsam mit seiner Ehefrau den Entschluss gefasst habe, den Iran zu verlassen. Aus der Zusammenschau folgender Umstände geht das Gericht von der Unglaubwürdigkeit einer ernsthaften Hinwendung zum Christentum im Iran und dem vorgebrachten Fluchtgrund im Zusammenhang mit Besuchen einer Hauskirche aus: Schon die Schilderung, gerade am 8.8.2015 nach fünfmaligem Besuch einer Hauskirche in einem Zeitraum von etwa zwei Monaten "die Religion gewechselt und innerlich an Jesus Christus geglaubt zu haben", ist angesichts der Sozialisierung in schiitischem Umfeld (Praktizieren des Islam bis 2015) ohne Hinzutreten weiterer Umstände wenig wahrscheinlich. Der BF schildert die Begegnung mit seinem "Bekehrer" sehr allgemein und beliebig ( XXXX und die anderen hätten den BF nicht mit Details belasten wollen, sondern allgemein über das Christentum gesprochen, Protokoll vom 5.11.2018, S 6). Eine Motivation, weshalb sich der BF trotz der von ihm diesbezüglich erkannten Gefahr in so kurzer Zeit allein auf Grund einer Begegnung mit einem Fahrgast dem Christentum hätte zuwenden sollen, wurde weder im Rahmen der Niederschrift vor dem BFA, noch in der mündlichen Verhandlung deutlich. Erst auf ausdrückliche Nachfrage vor dem BFA führte der BF aus, XXXX und einige Burschen seien verhaftet und eingesperrt worden. Der BF wurde ausdrücklich um konkretere Angaben hiezu befragt, wobei er solche vor den BFA nicht machte. Seine Familie wisse nur von seiner Konversion auf Grund von Kontakten des BF mit ihr von Österreich aus. Mitarbeiter der Regierung seien bei seinen Eltern gewesen und hätten nach ihm gefragt. In Anbetracht dieser sehr allgemeinen Angaben und keiner Konkretisierung auf Nachfrage, erschien die erst über Nachfrage in der Verhandlung vor dem BVG erfolgte Darstellung, als er sich beim letzten Mal der Hauskirche genähert habe, seien Polizisten in Zivilkleidung dagestanden und er habe von der Ferne sehen können, wie XXXX und zwei weitere Personen abgeführt wurden, einerseits nachdrucklos und andererseits "nachgeschoben". Gänzlich unglaubwürdig wirkt es, wenn der BF sodann noch innerhalb dieses Tages seine Frau vom Vater abgeholt, mit ihr in einer 10-stündigen Autofahrt nach Teheran gefahren und am nächsten Mittag - nach Verkauf seines Autos und des Goldes seiner Frau - mit dieser aus dem Iran geflohen sein will. Es mag sein, dass sich im Islam die Frau nicht in die Angelegenheiten des Mannes mischen darf. Der BF hat selbst angegeben, dass die Ehe schwierig war und offenbar nach kürzester Zeit in Österreich zur Scheidung geführt hat. Dass in dieser Situation die Ex-Gattin, die Jusstudentin war, am selben Tag für sie unerwartet und plötzlich ohne nähere Erläuterungen die Flucht - eine Entscheidung von großer Tragweite für ihr Leben - angetreten hat, ohne darüber genaue Erklärungen einzuholen, ist auszuschließen. Das Vorbringen zur Konversion im Iran sowie der sich darauf gründenden Flucht konnte daher positive Feststellungen nicht begründen.

 

Die Negativfeststellung zur inneren Konversion beruht auf folgenden Überlegungen:

 

Aufgrund der obigen Erwägungen ist nicht davon auszugehen, dass bereits im Iran eine ernsthafte Hinwendung zum Christentum bestand. Wenn nun der BF bereits etwa zwei Wochen nach der Ankunft in Österreich die Taufe empfängt, die als Aufnahme in eine andere Religionsgemeinschaft durchaus deutlichen Symbolcharakter hat, kann gerade im Zusammenhalt mit den Umständen einer erst kürzlich absolvierten Fluchtreise nicht davon ausgegangen werden, dass diese auf einer gründlichen Vorbereitung beruht. Dies umso mehr, als die vormalige Ehefrau vor dem BFA angab, sie habe mit dem BF in Österreich am Anfang die "Aida-Kirche", gemeint jene Gemeinde, in der XXXX Pastorin war, besucht, aber dort nichts verstanden, weshalb sie dann zu einer Gemeinde wechselte, wo auf Farsi gepredigt worden sei (Protokoll Asylverfahren XXXX , vom 22.8.2017, S 6). Der BF gab in der mündlichen Verhandlung an, vor der Taufe einen zweitägigen Vorbereitungskurs besucht zu haben (der nach den Angaben des Zeugen XXXX von dessen Frau gehalten worden sein soll, Prot S 10), verneinte eine solche Frage aber vor dem BFA (dort Protokoll Seite 9). Vor dem BFA gab der BF an, er sei von dem Pastor aus Norwegen vorbereitet worden (Protokoll BFA, S 8). Daraus ist unter Zugrundelegung der Sprachproblematik, des erst ganz kurzen Aufenthalts in Österreich und auch der Zeit, die der BF hatte, seinen Kontakt zur Gemeinde zu knüpfen (1 Woche, Protokoll S 9) abzuleiten, dass keine nennenswerte Vorbereitung auf die Taufe als sichtbare Aufnahme in eine christliche Gemeinschaft erfolgt sein kann und der BF sich ohne nennenswerte Vorbereitung auf dieses Sakrament einließ, woraus sich ein Indiz für die mangelnde Ernsthaftigkeit der Konversion ergibt.

 

Betreffend die Feststellungen der Teilnahme am Gemeindeleben der Adonai-Gemeinde liegen die Angaben des BF, Urkunden sowie die Aussage des Zeugen XXXX vor. Auf besondere Sorgfalt der Angaben durch die Gemeindeleitung ist schon nicht deshalb nicht zu schließen, zumal der Zeuge XXXX sowohl in der Beschwerde als auch der "Beschwerdeergänzung" ausdrücklich als Pastor genannt wird, wobei er letztlich einräumte, Ehemann der Pastorin zu sein. Von einer an ein Gericht gerichteten Bestätigung einer Institution ist eine gewisse Sorgfalt zu erwarten. Eine solche liegt jedenfalls nicht vor, wenn der BF nach der Bestätigung vom 18.8.2017 die Gemeinde seit April 2015 besucht haben soll (Einreise Oktober 2015, Taufe November 2015). Wenn dort weiter ausgeführt wird, ausgehend vom 18.8.2017 frequentiere er die Adonai-Gemeinde nicht mehr regelmäßig, so relativiert dies gegenteilige Angaben des Zeugen XXXX und im Rahmen der später vorgelegten Bescheinigung Beilage ./A. Dass auf zeitliche Probleme des BF beim Kirchenbesuch im Zusammenhang mit dessen Tätigkeit am Kutschkermarkt nicht eingegangen würde, wären diese der Grund für die unregelmäßigen Besuche gewesen, würde bei einer derartigen Bescheinigung verwundern, zumal ja intensiver Kontakt mit der Gemeinde behauptet wurde. Der Zeuge XXXX war zwar bemüht, den BF im positiven Licht erscheinen zu lassen, aber auf Nachfrage mit seiner näheren Geschichte nicht besonders vertraut (Umstände der Trennung der Frau etc.). Angesichts der obigen Überlegungen erschien auch die Aussage des BF am Schluss der Verhandlung, er würde keinesfalls Jesus Christus leugnen und wolle in Zukunft ständig die Kirche besuchen, Pastor werden und alle Iraner zum Glauben einladen, in ihrer Vordergründigkeit gerade nicht geeignet, eine ernsthafte innere Einstellung zum Christentum dazutun, die eine Abkehr vom Islam unumkehrbar machen und ihn bei Rückkehr in den Iran einer realen Gefährdung aussetzen würde. An diesem Eindruck konnte auch der evidente Umstand der Taufe, eines einfachen Grundwissens zum Christentum (Feiertage, 10 Gebote) einer gewissen Beteiligung an Gottesdiensten auch über einen längeren Zeitraum und selbst der Umstand einiger öffentlicher Lobpreise in Gottesdiensten kurz vor der Verhandlung nichts ändern.

 

Rechtlich folgt:

 

Gemäß § 3 Abs 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

Gemäß Abs 2 kann die Verfolgung auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Heimatstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstattes gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe).

 

Gemäß Abs 3 ist der Antrag abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative offen steht.

 

Gemäß § 2 Abs 1 Z 11 und 12 ist Verfolgung jede Verfolgungshandlung im Sinne des Art 9 Statusrichtline, Verfolgungsgrund ein in Art 10 Statusrichtlinie genannter Grund.

 

Nach Art 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

 

Nach Art 9 der Statusrichtlinie (2011/95/EU ) muß eine derartige Verfolgungshandlung aufgrund ihrer Art so gravierend sein, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellt oder in einer Kulminierung unterschiedlicher Maßnahmen bestehen, die so gravierend sind, dass eine Person davon in ähnlicher Weise betroffen ist.

 

Unter anderem können als Verfolgung Handlungen gelten,

 

-die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt,

 

-gesetzliche, administrative, polizeiliche und/oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder diskriminierend angewandt werden,

 

-unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,

 

-Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem

 

Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,

 

-Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter den Anwendungsbereich des Art 12 fallen und

 

Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

 

Der Begriff der Religion umfasst nach Art 10 insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme bzw Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind. Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Antragstellers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob der Antragsteller tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.

 

Der VwGH hat sich mehrfach mit drohender Verfolgung von zum christlichen Glauben konvertierten Muslime im Iran befasst (zB Erkenntnis vom 19.12.2001, 2000/20/0369; Ra 2014/01/0117). Danach kommt es darauf an, ob der Asylwerber bei weiterer Ausführung des inneren Entschlusses, nach dem christlichen Glauben zu leben, mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, aus diesem Grund mit einer die Intensität von Verfolgung erreichenden Sanktion belegt zu werden. Feststellungen zur behaupteten aktuell bestehenden Glaubensüberzeugung sind im Rahmen einer Gesamtbetrachtung anhand einer näheren Beurteilung von - allfälligen - Zeugenaussagen und einer konkreten Befragung des Asylwerbers zu seinen religiösen Aktivitäten zu ermitteln (Erkenntnis des VwGH vom 23.6.2015, Ra 2014/01/0117 mwN). Zu Ra 2015/19/0091 sprach der VwGH aus, ausgehend von den Länderfeststellungen, wonach christliche Konvertiten im Iran willkürlichen Verhaftungen und mitunter der Todesstrafe ausgesetzt sind, besteht kein Zweifel daran, dass unter Annahme einer echten, inneren Konversion jedenfalls eine asylrelevante Verfolgung im Iran droht.

 

Gemäß § 8 Abs 1 AsylG ist einem Fremden bei Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz im Bezug auf den Status des Asylberechtigten der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 und 13 bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde.

 

Unter realer Gefahr ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen ("sufficiently real risk") im Herkunftsland zu verstehen (VwGH 19.2.2004, 99/20/0573). Die reale Gefahr muß sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um den Anwendungsbereich des Art 3 EMRK zu erreichen (zB. VwGH 26.6.1997, 95/21/0294). Die bloße Möglichkeit einer Art 3 EMRK widersprechenden Behandlung in dem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 8 Abs 1 AsylG als unzulässig erscheinen zu lassen. Es müssen konkrete Anhaltspunkte vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (zB: VwGH 27.2.2001, 98/21/0427).

 

Der VwGH erkennt in ständiger Rechtsprechung, dass der Asylwerber das Bestehen einer aktuellen Bedrohung der relevanten Rechtsgüter, hinsichtlich derer der Staat nicht willens oder in der Lage ist, Schutz zu bieten, glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (zB. VwGH 26.6.1997, 95/18/1291). Diese Mitwirkungspflicht bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.9.1993, 93/18/0214).

 

Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG ist eine der oben genannten Entscheidungen mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung der Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich des Status des Asylberechtigten als auch des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt wird sowie kein Fall der §§ 8 Abs 3 a oder 9 Abs 2 AsylG vorliegt.

 

Gemäß § 55 Abs 1 ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn

 

1. dies gemäß § 9 Abs 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienleben im Sinne des Art 8 EMRK geboten ist und

 

2. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG erfüllt wurde oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausgeübt wird, mit deren Einkommen die monatliche geringfügigkeitsgrenze nach § 5 Abs 2 ASVG erreicht wird.

 

Liegt nach Abs 2 nur die Voraussetzung des Abs 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.

 

Gemäß § 56 Abs 1 kann in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" erteilt werden, wenn der Drittstaatsangehörige jedenfalls

 

1. zum Zeitpunkt der Antragstellung nachweislich seit 5 Jahren durchgängig im Bundesgebiet aufhältig ist,

 

2. davon mindestens die Hälfte, jedenfalls aber drei Jahre, seines festgestellten durchgängigen Aufenthalts im Bundesgebiet rechtmäßig aufhältig gewesen ist und

 

3. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze erreicht wird.

 

Gemäß § 57 Abs 1 ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen,

 

1. wenn der Aufenthalt gemäß § 46a Abs 1 Z 1 oder 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtkräftig verurteilt.

 

Gemäß § 17 StGB sind Verbrechen vorsätzliche Handlungen, die mit lebenslanger oder mit mehr als dreijähriger Freiheitsstrafe bedroht sind.

 

Gemäß § 28a Abs 1 SMG ist mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren zu betrafen, wer vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b) übersteigenden Menge erzeugt, einführt, ausführt oder einem anderen überlässt oder verschafft.

 

Gemäß Art 8 Abs 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nach Abs 2 nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG ist ein Eingriff in das Privat- und Familienleben durch eine Rückkehrentscheidung (§ 52 FPG) nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

Nach Art 2 sind dabei insbesondere zu berücksichtigen,

 

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob dieser rechtswidrig war,

 

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

 

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

 

4. der Grad der Integration,

 

5. die Bindungen zum Heimatstaat,

 

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

 

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl- , Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

 

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewußt waren,

 

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthalts in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Nach der Rechtsprechung des EGMR ist bei Prüfung der Verhältnismäßigkeit behördlicher Eingriffe auf die besonderen Umstände des Einzelfalls einzugehen. Insbesondere sind die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulbildung bzw Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der tatsächlichen beruflichen Beschäftigung, und ähnlichen Umständen manifestiert, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit bzw bei strafgerichtlichen Verurteilungen die Schwere der Delikte und die Perspektive einer Resozialisierung bzw die durch die Aufenthaltsbeendigung erzielbare Abwehr neuerlicher Tatbegehungen, Verstöße gegen das Einwanderungsrecht, Erfordernisse der öffentlichen Ordnung sowie die Frage, ob das Privat- und Familienleben zu einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewußt waren, zu berücksichtigen (VfSlg 18.224; VwGH 17.12.2007, 2006/01/0216;

26.6.2007, 2007/01/479; 26.1.2006, 2002/20/0423; Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention², 194;

Frank/Anerinhof/Filzwieser, Asylgesetz 2005, S 282 ff). Betreffend Zeitspanne des Aufenthalts sprach der VwGH beispielsweise aus, dass ein dreijähriger Aufenthalt "jedenfalls" nicht ausgereicht habe, um daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abzuleiten (26.6.2007, 2007/01/0479). Selbst eine 6-jährige Aufenthaltsdauer im Zusammenhalt mit anderen Umständen wurde nicht als "verdichtete Integration" gewertet (20.12.2007, 2007/21/0437).

 

Gemäß § 46 a Abs 1 FPG ist der Aufenthalt zu dulden, solange

 

1. die Abschiebung gemäß §§ 50, 51 oder 52 Abs 9 Satz 1 unzulässig ist, vorausgesetzt die Abschiebung ist nicht in einen anderen Staat zulässig;

 

2. die Abschiebung aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenden Gründen unmöglich erscheint.

 

Gemäß § 50 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat bei Vorliegen der in § 8 Abs 1 AsylG genannten Gründe (Abs 1), bei Vorliegen der Konventionsgründe (Abs 2) und solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den EGMR entgegensteht, unzulässig.

 

Gemäß § 52 Abs 9 FPG ist mit der Rückkehrentscheidung festzustellen, ob die Abschiebung in einen bestimmten Staat zulässig ist. Unzulässig ist eine solche gemäß § 50 Abs 1 FPG in den Fällen des § 8 Abs 1 AsylG und gemäß § 50 Abs 2 FPG in den Fällen des § 3 AsylG. Gemäß § 50 Abs 3 ist eine Abschiebung auch unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den EMGR entgegensteht. Eine derartige Empfehlung besteht für den Iran nicht.

 

Gemäß § 55 Abs 1 wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Gemäß Abs 1a besteht eine Frist für eine freiwillige Ausreise nicht, wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird. Die Frist beträgt gemäß Abs 2 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

 

Gemäß § 53 Abs 1 FPG 2005 kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort aufzuhalten.

 

Gemäß Abs 2 leg cit ist ein solches für die Dauer von höchstens 5 Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen, mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art 8 Abs 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

 

Gemäß Abs 3 ist ein Einreiseverbot für die Dauer von höchsten 10 Jahren zu erlassen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt, insbesondere gemäß Z 1 der Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens 3 Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens 6 Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist.

 

Bei der Festsetzung der Dauer des Einreiseverbots ist eine Einzelfallprüfung vorzunehmen. Maßgeblich bei der Gefährdungsprognose sind Art und Schwere der zugrunde liegenden Straftaten und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild (Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, Stand 15.1.2016, § 53 FPG 2) ).

 

Zu I.

 

Da nicht festgestellt werden konnte, dass der BF bereits im Iran zum Christentum konvertiert ist und deshalb sein Heimatland verließ, ebensowenig, dass seine in Österreich weniger als 14 Tage nach der Einreise empfangene Taufe und seine sich daran anschließenden Besuche der Adonai Gemeinde auf eine innere Konversion stützen, hat der BF keine Flucht- oder Nachfluchtgründe im Sinne des AsylG bzw der Genfer Flüchtlingskonvention bezüglich des allein auf den Konventionsgrund der Religion gestützten Asylantrages dargetan, weshalb ihm Asyl in Österreich nicht zusteht.

 

Eine nähere Auseinandersetzung mit den Ausführungen zur Beweiswürdigung in der Beschwerde bzw "Beschwerdergänzung" können dahinstehen, weil das BVwG gegenüber dem BFA von einer verbreiterten Tatsachengrundlage ausgeht. Auf die diesbezüglichen beweiswürdigenden Überlegungen wird verwiesen. Wesentlich dabei ist, dass bereits eine ernsthafte Hinwendung zum Christentum im Iran nicht glaubhaft war und auf Basis dessen auch die feststehenden objektiven Tatsachen der Taufe und sonstigen Aktivitäten des BF in der Adonai Gemeinde nicht auf eine innere Konversion schließen ließen. Aufgrund dessen ist es dem BF nicht gelungen, eine Verfolgung bei einer Rückkehr in den Iran glaubhaft zu machen.

 

Zu II.

 

Der BF ist auch durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat nicht in seinen Rechten nach Art 2 und 3 EMRK oder den relevanten Zusatzprotokollen verletzt. Weder hat der BF glaubhaft gemacht noch ist von Amts wegen hervorgekommen, dass ihm im Iran durch direkte Einwirkung oder Folgen einer substanziell schlechten oder nicht vorhandenen Infrastruktur ein reales Risiko einer Verletzung der genannten Rechte droht.

 

Zu III.

 

Einem Aufenthaltstitel nach § 57 AsylG steht - abgesehen davon, dass der Aufenthalt nicht iSd § 46a Abs 1 Z 1 oder 3 FPG geduldet ist - schon die festgestellte Verurteilung eines iSd § 57 Abs 1 Z 1 AsylG qualifizierten Delikts entgegen.

 

Auch die Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 Abs 1 AsylG liegt nicht vor:

 

Der BF ist seit gut 3 Jahren im Bundesgebiet. Der BF ist von seiner iranischen Ehefrau, mit der er nach Österreich einreiste, geschieden. Andere familiäre Beziehungen des BF in Österreich sind nicht hervorgekommen.

 

Betreffend sein Privatleben verfügte er in Österreich nie über ein außerhalb des Asylverfahrens bestehendes Aufenthaltsrecht. Er befindet sich in Grundversorgung und ist derzeit nicht selbsterhaltungsfähig. Nach etwa 3 Jahren hat er mit einem A-2 Kurs begonnen. Er ist nach einer Drogenstraffälligkeit mit teilweiser Verbüßung einer Haftstrafe in Bewährungshilfe, wobei er dort derzeit positiv auffällt. Er hat mit zeitweiligen freiwilligen Tätigkeiten bei der Stadt Wien und in der Flüchtlingsunterkunft sowie einer baptistischen Gemeinde gewisse Integrationsschritte gesetzt. Im Rahmen der vorzunehmenden Interessensabwägung überwiegen die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung die privaten Interessen des BF am Verbleib im Bundesgebiet. Einzelfallbezogen ist keine derartige Integrationsverfestigung hervorgekommen, die die Zuerkennung eines humanitären Bleiberechts rechtfertigen könnte.

 

Zu IV.

 

Da der Antrag auf internationalen Schutz abgewiesen wurde, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG 2005 zu erlassen. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG stellt sich - unter Verweis auf oben Pkt III. auch nicht als Verletzung des BF in seinem Recht auf Privat- und Familienleben gemäß § 9 Abs 2 BFA-VG iVm Art 8 EMRK dar.

 

Zu V.

 

Keiner der oben genannten Gründe liegt vor.

 

Zu VI.

 

Das BFA erkannte einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung ab. Über Beschwerde wurde diese durch das BVwG zuerkannt. Es liegt daher kein Fall des § 18 BFA-VG mehr vor, sodass mangels Behauptung besonderer Umstände iSd § 55 Abs 2 FPG die Frist zur freiwilligen Rückkehr mit 14 Tagen zu bestimmen und der Beschwerde in diesem Punkt stattzugeben war.

 

Zu VII.

 

Dieser Spruchpunkt gründet auf der im Spruch angeführten Gesetzesstelle.

 

Zu VIII.

 

Mit der oben angeführten einmaligen Verurteilung (unbedingter Teil von 8 Monaten, bedingter Teil von 10 Monaten) befindet sich der BF nahe am unteren Rand der Voraussetzungen des § 53 Abs 3 FPG. Seit der Verurteilung vor einem Jahr besteht Wohlverhalten und Resozialisierungsbereitschaft (Bericht der Bewährungshilfe). In einer Einzelfallbeurteilung erscheint ein Einreiseverbot in der Dauer von 3 Jahren angemessen und ausreichend im Sinne der oben dargestellten Rechtslage. Das Einreiseverbot war daher entsprechend herabzusetzen und auch in diesem Punkt der Beschwerde stattzugeben.

 

Zu IX:

 

Die Unzulässigkeit der Revision gründet auf Art 133 Abs 4 B-VG, wobei zur asylrechtlichen Bedeutung der Konversion allgemein und speziell bezüglich Iran bereits umfangreiche höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliegt und im Wesentlichen Umstände des Einzelfalls zu beurteilen waren.

 

Neben der Abänderung der Spruchpunkte VI. und VIII. wurden die verbleibenden unabgeänderten Spruchpunkte im Sinne einer Maßgabeentscheidung in der 3. Person gefasst.

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