FPG §66 Abs1
FPG §70 Abs3
NAG §55 Abs3
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2018:G313.2121289.2.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Birgit WALDNER-BEDITS als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX,
StA. Kosovo, vertreten durch RA Dr. Nikolaus RAST, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.10.2016, Zahl: XXXX, zu Recht erkannt:
A) Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid
aufgehoben.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit dem im Spruch angeführten Bescheid wurde der BF gemäß §§ 66 Abs. 1 FPG iVm. 55 Abs. 3 NAG aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen (Spruchpunkt I.) und dem BF gemäß § 70 Abs. 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat ab Durchsetzbarkeit dieser Entscheidung erteilt. (Spruchpunkt II.).
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der BF verfüge nicht über hinreichend Existenzmittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes.
2. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Dabei wurde beantragt, den angefochtenen Bescheid zu beheben und zur Verfahrensergänzung an die belangte Behörde zurückzuverweisen, in eventu der Beschwerde stattzugeben und den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben.
3. Am 03.11.2016 langte beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) die gegenständliche Beschwerde samt dazugehörigem Verwaltungsakt ein.
4. Mit Schreiben des BVwG vom 08.09.2017 wurde eine Wohnungsgenossenschaft ersucht, bekanntzugeben, wer die in der beigelegten Wohnrechtsvereinbarung angeführte Wohnung laut Nutzungsvertrag bewohnen darf.
5. Mit Schreiben des BVwG vom 08.09.2017 wurde der rechtlich vertretene BF ersucht, Unterhalts- bzw. gehaltsnachweise beizubringen.
6. Am 29.07.2017 langte eine Stellungnahme samt "Arbeitsvorvertrag" des BF ein.
7. Am 21.09.2017 langte von der betreffenden Wohnungsgenossenschaft die Rückmeldung ein, dass die Ehegattin des Cousins des BF als Nutzungsberechtigte der besagten Wohnung am 26.01.2017 von der Wohnung delogiert wurde.
8. Mit Schreiben des BVwG vom 20.10.2017 wurde um Nachweise zu gesicherter Wohnmöglichkeit und zur Bestreitung des Lebensunterhaltes des BF ersucht.
9. Daraufhin langte im November 2017 eine Stellungnahme samt Unterlagen (Wohnrechtsvereinbarung, schriftliche Erklärung des Cousins des BF) ein.
10. Mit Schreiben des BVwG vom 08.11.2017 wurde der BF ergänzend zur schriftlichen Zusicherung seines Cousins, den BF finanziell zu unterstützen, um Nachreichung eines dies bescheinigenden Notariatsaktes ersucht.
11. Am 29.11.2017 langte ein diesbezüglicher am 27.11.2017 errichteter Notariatsakt ein.
12. Mit Schreiben des BVwG vom 10.11.2017 wurde die Wohnungsgenossenschaft um den Grund für die Delogierung der Ehegattin des Cousins des BF ersucht.
13. Am 01.08.2018 langte beim BVwG als Beschwerdenachreichung die Mitteilung einer Anzeige des BF wegen sexueller Belästigung und Nötigung im November 2017.
14. Mit Schreiben des BVwG vom 06.03.2018 wurde die zuständige Staatsanwaltschaft um Bekanntgabe des aktuellen Standes des gegen den BF anhängigen Strafverfahrens ersucht.
15. Am 15.03.2018 langte die Mitteilung der Staatsanwaltschaft über die Einstellung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens zur Nötigung.
16. Mit Schreiben des BVwG vom 23.03.2018 wurde der zuständige Bezirksanwalt um Bekanntgabe des aktuellen Verfahrensstandes hinsichtlich angezeigter Nötigung ersucht.
17. Am 06.04.2018 langte beim BVwG die Mitteilung des Bezirksanwaltes ein, dass das Ermittlungsverfahren zu sexueller Belästigung noch nicht abgeschlossen ist.
18. Mit Schreiben des BVwG vom 08.10.2018 wurde die Staatsanwaltschaft um Bekanntgabe ersucht, bis wann mit einer Entscheidung über die erhobene Anklage gegen den BF zu rechnen ist.
19. Am 17.10.2018 langte beim BVwG die Mitteilung des zuständigen Bezirksgerichts ein, dass das Strafverfahren gegen den BF endgültig eingestellt worden ist.
20. Mit E-Mail des BVwG vom 18.10.2018 wurde der Rechtsvertreter des BF ersucht, bekanntzugeben, wie die derzeitige familiäre und finanzielle Situation des BF aussieht, und vorhandene die derzeitige Sitaution des BF bescheinigende Unterlagen (zu familiärer und finanzieller Situation, Unterkunft und Arbeit) zu übermitteln.
21. Am 09.11.2018 langte beim BVwG eine Stellungnahme samt Unterlagen zur Einkommenssituation des Cousins des BF und der Ehegattin des Cousins ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen: 1. Feststellungen:
1.1. Der BF ist Staatsangehöriger der Republik Kosovo.
1.2. Er ist ledig und hat keine Kinder. Seine Eltern leben in seinem Herkunftsstaat, der BF hat jedoch aufgrund gänzlicher Trennung seiner Familie keinen Bezug mehr zu ihnen. Vor seiner Einreise in Österreich wurde vor einem Notar im Kosovo ein Pflegschaftsvertrag aufgesetzt, demzufolge die Ehegattin des Cousins des BF die Pflegemutter des BF und der BF ihr Pflegekind ist. Dieser Vertrag ist seit dessen Erstellung im September 2014 unbefristet wirksam.
1.3. Der BF wohnt seit seiner Einreise im September 2014 mit seinem Cousin, dessen Ehegattin und deren in diesem Jahr volljährig gewordenen Sohn in gemeinsamem Haushalt.
1.4. Der BF stellte am 23.09.2014 erstmals im Bundesgebiet einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels als Familienangehöriger eines EWR-Bürgers. Diesen Antrag begründete er damit, dass er laut einem vor seiner Einreise vor einem Notar im Kosovo aufgesetzten Pflegschaftsvertrag das Pflegekind der Ehegattin seines Cousins, einer ungarischen Staatsangehörigen sei.
1.5. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 11.01.2016 wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen.
1.6. Mit Entscheidung des BVwG vom 13.07.2016 wurde dieser Bescheid nach Erhebung einer Beschwerde dagegen ersatzlos behoben. Begründend dafür wurde ausgeführt, dass mit Ausstellung der Aufenthaltskarte des BF das Recht des BF, sich bis 30.09.2019 im Bundesgebiet aufzuhalten, begründet wurde, und wegen rechtmäßigen Aufenthaltes des BF die Rückkehrentscheidung gegen den BF zu Unrecht erlassen und ersatzlos zu beheben sei.
1.7. Mit Schreiben des BFA vom 13.09.2016 wurde dem BF vorgehalten, dass beabsichtigt sei, gegen ihn eine Ausweisung zu erlassen.
Folgendes Ergebnis der Beweisaufnahme wurde mitgeteilt:
"Die Bezirkshauptmannschaft (...) verständigte Sie mit Schreiben vom 04.09.2015 wie folgt:
"Das Amt der (...) Landesregierung hat mit Schreiben vom 08.07.2015 festgestellt, dass mit der Obsorgeerklärung vom 15.09.2014 kein Angehörigenverhältnis zwischen Ihnen und Herrn (Cousin) über Frau (ungarische Ehegattin des Cousins) hergestellt werden kann, welches ein Aufenthaltsrecht mittels einer Aufenthaltsehe nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (Nag) rechtfertigen würde. Aufgrund der Rechtsnormen im § 52 und § 54 NAG ist ein Zuzug von Ihnen mit einer Aufenthaltskarte nicht möglich, da Sie zu Ihrem Cousin bzw. der Ehegattin Ihres Cousins nicht in absteigender Linie (Kind, Adoptiv- oder Stiefkind) verwandt sind. (...)."
1.8. Mit im Spruch angeführtem Bescheid vom 24.10.2016 wurde der BF aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen.
1.9. Die Ehegattin des BF wurde am 26.01.2017 von ihrer Wohnung delogiert. Grund dafür waren ausständige Mietzinszahlungen trotz qualifizierter Mahnung.
1.10. Das gegen den BF wegen sexueller Belästigung anhängige strafrechtliche Ermittlungsverfahren wurde im Oktober 2018 endgültig eingestellt. Die strafrechtlichen Ermittlungen wegen Nötigung bereits im März 2018.
1.11. Mit einem schriftlichen "Arbeitsvorvertrag" vom 20.09.2017 wurde dem BF für den Fall der Erlangung einer Arbeitsbewilligung für Österreich eine Beschäftigung als Küchenhilfe im Ausmaß von 20 Stunden zugesichert.
1.12. Im gegenständlichen Fall hält sich der BF seit September 2014 durchgehend im Bundesgebiet auf und wohnte dabei stets an derselben Wohnsitzadresse wie sein Cousin und dessen Ehegattin, eine ungarische Staatsangehörige.
1.13. In einer Wohnrechtsvereinbarung vom 01.11.2017 wurde dem BF an der Wohnsitzadresse seines Cousins ein unbefristetes Wohnrecht eingeräumt.
1.14. Mit Schreiben vom 02.11.2017 sicherte der Cousin des BF zu, bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit des BF alle finanziellen Verpflichtungen ihm gegenüber zu übernehmen.
1.15. Mit Notariatsakt von November 2017 wurde zwischen dem BF und seinem Cousin ein Unterhaltsvertrag errichtet. Demzufolge ist der Cousin des BF gegenüber dem BF verpflichtet, bis zum Eintritt der Selbsterhaltungsfähigkeit des BF für dessen Unterhalt und die Unterkunft der berechtigten Partei aufzukommen, dem Bund, den Ländern, Gemeinden und anderen öffentlichen Rechtsträgern alle Kosten, die diesen in Zusammenhang mit dem Aufenthalt und der Ausreise des BF sowie allfälliger fremdenpolizeilicher Maßnahmen entstehen, insbesondere auch Kosten für Fürsorgeleistungen und Aufwendungen für medizinische Betreuung, binnen vierzehn Tagen ab Zahlungsaufforderung bei sonstiger gerichtlicher Geltendmachung zu bezahlen.
1.16. Der Cousin des BF geht seit April 2013 und seine Ehegattin seit März 2006 Erwerbstätigkeiten im Bundesgebiet nach, wobei die Ehegattin des Cousins des BF einige Zeiten von Beschäftigungslosigkeit und geringfügiger Beschäftigung aufgewiesen hat.
Nunmehr stehen beide in einem laufenden Arbeitsverhältnis. Ein Nachweis für ihr aktuelles Gehalt wurde im Oktober 2018 nachgereicht.
Die Ehegattin des Cousins des BF zeigte stets ihr Bemühen um Arbeit, wofür auch ihr nachweislicher Besuch einer Ausbildung zur Ordinationsassistentin ab 06.09.2017 spricht.
Der Sohn des Cousins des BF und dessen Ehegattin geht derzeit seit Oktober 2017 einer Arbeiterlehre nach.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Verfahrensgang:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.
2.2. Die Feststellungen zur Unterkunfts- und Unterhaltssituation des BF konnten aufgrund der Aktenlage und, wie aus dem Verfahrensgang ersichtlich, nach ergänzenden Ermittlungsschritten des BVwG getroffen werden.
2.3. Zur Person und den persönlichen Verhältnissen des BF:
2.3.1. Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zu Identität und zur Staatsangehörigkeit der BF getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde.
2.3.2. Feststellungen der Wohnsitzmeldungen des BF, seines Cousins und dessen Ehegattin beruhen auf diese Personen betreffenden Zentralmelderegisterauszügen. Dass mit ihnen in gemeinsamem Haushalt auch der Sohn des Cousins des BF und dessen Ehegattin zusammenwohnt, ergibt sich aus der Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde im ersten fremdenrechtlichen Verfahren in Zusammenschau mit einem den Sohn seiner Verwandten betreffenden Zentralmelderegisterauszug (AS 199).
2.3.3. Dass die Ehegattin des Cousins des BF vor einem Notar im Kosovo eine Obsorgeerklärung für den BF abgegeben hat und zufolge einem im Kosovo aufgesetzten Pflegschaftsvertrag die Pflegemutter des BF und der BF ihr Pflegekind ist, ergibt sich aus dem diesbezüglichen Vorbringen auf das dem BF vorgehaltene Ergebnis der Beweisaufnahme im ersten fremdenrechtlichen Verfahren (AS 155).
2.3.4. Dass der BF im Bundesgebiet im Juni, Juli 2015 ein Monat einer legalen Beschäftigung nachgegangen ist, danach jedoch nicht mehr im Bundesgebiet erwerbstätig war, beruht auf einem aktuellen AJ-WEB Auskunftsverfahrensauszug. Das dem BF bereits am 23.09.2014 zugesicherte unbefristete Dienstverhältnis im Gastgewerbe (AS 109) kam bislang offensichtlich nicht zustande. Mit einem - dem BVwG im September 2017 nachgereichten - "Arbeitsvorvertrag" von Dezember 2016 wurde dem BF zudem für den Fall der Erlangung einer Arbeitsberechtigung für Österreich eine 20-Stunden-Beschäftigung als Küchenhilfe zugesichert, dies von einer anderen Firma als beim ihm im September 2014 zugesicherten Arbeitsverhältnis.
Die Feststellungen zur Erwerbstätigkeit des Cousins des BF und dessen Ehegattin ergaben sich nach Datenabfrage im AJ WEB-Auskunftsverfahren, dabei auch die Tatsache, dass derzeit beide in einem laufenden Arbeitsverhältnis stehen. Ihr derzeitiger Einkommensstand wurde durch dem BVwG im Oktober 2018 nachgereichte Gehaltsnachweise nachgewiesen.
Ende des Jahres 2016 wurde gegen die Ehegattin des Cousins des BF wegen ausständiger Mietzinszahlungen eine Wohnungsräumungsklage eingebracht. Diese Klage der Wohnungsgenossenschaft liegt als Aktenseite 1 des dem Verwaltungsakt einliegenden Bezirksgerichtsakts ein. Auf diese Räumungsklage folgte im Jänner 2017 die Delogierung der Ehegattin des Cousins des BF von der Wohnung. Dies wurde dem BVwG mit Schreiben der Wohnungsgenossenschaft von September 2017 mitgeteilt. Wie sich aus Auszügen aus dem Zentralen Melderegister ergibt, sind der BF, sein Cousin und dessen Ehegattin seit Mai 2017 an neuer Wohnsitzadresse gemeldet.
Dass sich die Ehegattin des Cousins des BF jedenfalls stets um Arbeit bemüht hat, geht auch aus einem beim BVwG im November 2017 eingelangten Nachweis über eine von ihr ab 06.09.2017 besuchte Ausbildung zur Ordinationsassistentin hervor.
Dass der Cousin des BF den BF bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit finanziell unterstützt und bis dahin für alle Kosten und auch für die Unterkunft des BF aufkommt, ergibt sich aus einem vorgelegten zwischen ihnen im November 2017 notariell errichteten Unterhaltsvertrag. Das unbefristete Wohnrecht des BF bei seinem Cousin und dessen Ehegattin wurde bereits hinsichtlich seiner ersten Wohnsitzmeldung in einer vorgelegten Wohnrechtsvereinbarung festgesetzt (AS 111).
Der in diesem Jahr volljährig gewordene Sohn des Cousins des BF und dessen Ehegattin geht seit 23.10.2017 einer Arbeiterlehre über ein Berufsförderungsinstitut nach und ist demnach gerade dabei, sich in den österreichischen Arbeitsmarkt einzugliedern.
2.3.5. Die Feststellung, dass das gegen den BF wegen sexueller Belästigung und Nötigung geführte strafrechtliche Ermittlungsverfahren zwischenzeitig endgültig eingestellt wurde, beruht auf diesbezüglichen Mitteilungen von März und Oktober 2018. Dass der BF im Bundesgebiet nicht strafrechtlich verurteilt wurde, beruht auf einem aktuell eingeholten Strafregisterauszug.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
3.1.1. Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, und § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFAVG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA.
Da sich die gegenständliche - zulässige und rechtzeitige - Beschwerde gegen einen Bescheid des BFA richtet, ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.
3.1.2. Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß §§ 16 Abs. 6 und 18 Abs. 7 BFAVG sind die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anwendbar.
Gemäß § 28 Abs. 4 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern der Sachverhalt hinreichen festgestellt wurde oder dieser effektiver seitens des Verwaltungsgerichtes festgestellt werden kann und die Beschwerde ab- oder zurückzuweisen ist, im Fall der Ermessensübung seitens der belangten Behörde jedenfalls in der Sache selbst zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides.:
3.2.1. Der mit "Ausweisung" betitelte § 66 FPG lautet:
"§ 66. (1) EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige können ausgewiesen werden, wenn ihnen aus den Gründen des § 55 Abs. 3 NAG das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr zukommt, es sei denn, sie sind zur Arbeitssuche eingereist und können nachweisen, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden; oder sie bereits das Daueraufenthaltsrecht (§§ 53a, 54a NAG) erworben haben; im letzteren Fall ist eine Ausweisung nur zulässig, wenn ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.
(2) Soll ein EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigter Drittstaatsangehöriger ausgewiesen werden, hat das Bundesamt insbesondere die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet, sein Alter, seinen Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration im Bundesgebiet und das Ausmaß seiner Bindung zum Herkunftsstaat zu berücksichtigen.
(3) Die Erlassung einer Ausweisung gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, die Ausweisung wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.
(4) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)"
Der mit "Unionsrechtliches Aufenthaltsrecht von EWR-Bürgern für mehr als drei Monate" § 51 NAG lautet:
"§ 51. (1) Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie
1. in Österreich Arbeitnehmer oder Selbständige sind;
2. für sich und ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen, so dass sie während ihres Aufenthalts weder Sozialhilfeleistungen noch die Ausgleichszulage in Anspruch nehmen müssen, oder
3. als Hauptzweck ihres Aufenthalts eine Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung bei einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule oder Bildungseinrichtung absolvieren und die Voraussetzungen der Z 2 erfüllen.
(2) Die Erwerbstätigeneigenschaft als Arbeitnehmer oder Selbständiger gemäß Abs. 1 Z 1 bleibt dem EWR-Bürger, der diese Erwerbstätigkeit nicht mehr ausübt, erhalten, wenn er
1. wegen einer Krankheit oder eines Unfalls vorübergehend arbeitsunfähig ist;
2. sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach mehr als einjähriger Beschäftigung der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt;
3. sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach Ablauf seines auf weniger als ein Jahr befristeten Arbeitsvertrages oder bei im Laufe der ersten zwölf Monate eintretender unfreiwilliger Arbeitslosigkeit der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt, wobei in diesem Fall die Erwerbstätigeneigenschaft während mindestens sechs Monaten erhalten bleibt, oder
4. eine Berufsausbildung beginnt, wobei die Aufrechterhaltung der Erwerbstätigeneigenschaft voraussetzt, dass zwischen dieser Ausbildung und der früheren beruflichen Tätigkeit ein Zusammenhang besteht, es sei denn, der Betroffene hat zuvor seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verloren.
(3) Der EWR-Bürger hat diese Umstände, wie auch den Wegfall der in Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen der Behörde unverzüglich, bekannt zu geben. Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, die näheren Bestimmungen zur Bestätigung gemäß Abs. 2 Z 2 und 3 mit Verordnung festzulegen."
Der mit "Aufenthaltsrecht für Angehörige von EWR-Bürgern" betitelte § 51 NAG lautet:
"§ 52. (1) Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern (§§ 51 und 53a) sind, zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie
1. (...);
2. Verwandter des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres und darüber hinaus sind, sofern ihnen von diesen Unterhalt tatsächlich gewährt wird;
(...)."
Der mit "Nichtbestehen, Fortbestand und Überprüfung des Aufenthaltsrechtes für mehr als drei Monate" betitelte § 55 NAG lautet:
"§ 55. (1) EWR-Bürgern und ihren Angehörigen kommt das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52, 53 und 54 zu, solange die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind.
(2) Der Fortbestand der Voraussetzungen kann bei einer Meldung gemäß §§ 51 Abs. 3 und 54 Abs. 6 oder aus besonderem Anlass wie insbesondere Kenntnis der Behörde vom Tod des unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgers oder einer Scheidung überprüft werden.
(3) Besteht das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52 und 54 nicht, weil eine Gefährdung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit vorliegt, die Nachweise nach § 53 Abs. 2 oder § 54 Abs. 2 nicht erbracht werden oder die Voraussetzungen für dieses Aufenthaltsrecht nicht mehr vorliegen, hat die Behörde den Betroffenen hievon schriftlich in Kenntnis zu setzen und ihm mitzuteilen, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich einer möglichen Aufenthaltsbeendigung befasst wurde. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist unverzüglich, spätestens jedoch gleichzeitig mit der Mitteilung an den Antragsteller, zu befassen. Dies gilt nicht in einem Fall gemäß § 54 Abs. 7.
(4) Unterbleibt eine Aufenthaltsbeendigung (§ 9 BFA-VG), hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dies der Behörde mitzuteilen. Sofern der Betroffene nicht bereits über eine gültige Dokumentation verfügt, hat die Behörde in diesem Fall die Dokumentation des Aufenthaltsrechts unverzüglich vorzunehmen oder dem Betroffenen einen Aufenthaltstitel zu erteilen, wenn dies nach diesem Bundesgesetz vorgesehen ist.
(5) Unterbleibt eine Aufenthaltsbeendigung von Drittstaatsangehörigen, die Angehörige sind, aber die Voraussetzungen nicht mehr erfüllen, ist diesen Angehörigen ein Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" quotenfrei zu erteilen.
(6) Erwächst eine Aufenthaltsbeendigung in Rechtskraft, ist ein nach diesem Bundesgesetz anhängiges Verfahren einzustellen. Das Verfahren ist im Fall der Aufhebung einer Aufenthaltsbeendigung fortzusetzen, wenn nicht neuerlich eine aufenthaltsbeendende Maßnahme gesetzt wird."
Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet:
"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden, wenn
1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, es sei denn, eine der Voraussetzungen für die Erlassung eines Einreiseverbotes von mehr als fünf Jahren gemäß § 53 Abs. 3 Z 6, 7 oder 8 FPG liegt vor, oder
2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.
(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.
(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."
3.2.2. Im gegenständlichen Fall stellte der BF gleich nach seiner Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 23.09.2014 einen Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels als Familienangehöriger eines EWR-Bürgers.
Seinen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels als Familienangehöriger eines EWR-Bürgers begründete der BF damit, dass vor seiner Einreise in das Bundesgebiet im Kosovo vor einem Notar ein Pflegschaftsvertrag abgeschlossen wurde und demnach die Ehegattin seines Cousins seine Pflegemutter und der BF ihr Pflegekind sei.
Gemäß § 52 Abs. 1 Z. 2 NAG sind auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie EWR-Bürger, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern sind, zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie Verwandter des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres und darüber hinaus sind, sofern ihnen von diesen Unterhalt tatsächlich gewährt wird.
Nach § 2 Abs. 4 Z. 11 FPG sind "begünstigter Drittstaatsangehöriger" unter anderem "eigene Verwandte und Verwandte des Ehegatten" eines EWR-Bürgers, die ihr unionsrechtliches oder das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen haben, in gerader absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, darüber hinaus, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird, insofern dieser Drittstaatsangehörige den unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger, von dem sich seine unionsrechtliche Begünstigung herleitet, begleitet oder ihm nachzieht.
Nach der Begriffsbestimmung in § 2 Abs. 1 Z. 9 NAG ist unter anderem "Familienangehöriger", wer Ehegatte oder minderjähriges lediges Kind, einschließlich Adoptiv- oder Stiefkind, ist (Kernfamilie).
Der BF ist zwar Cousin der Ehegattin einer EWR-Bürgerin, mit diesem jedoch nicht in gerader absteigender Linie verwandt.
Der BF gilt demnach grundsätzlich nicht als Familienangehöriger eines EWR-Bürgers iSv § 52 Abs. 1 Z. 2 NAG.
Dennoch wurde dem BF auf Antrag ein Aufenthaltstitel als Familienangehöriger eines EWR-Bürgers ausgestellt. Dieser vom BF beantragte Aufenthaltstitel wurden dem BF am 30.09.2014 ausgefolgt und hat noch bis 30.09.2019 Gültigkeit.
Seit Abschlusses eines Pflegschaftsvertrages im Kosovo im September 2014 gilt der BF als Pflegekind einer EWR-Bürgerin.
In § 2 Abs. 1 Z. 9 FPG sind zwar Adoptiv- und Stiefkinder, nicht jedoch Pflegekinder leiblichen Kindern gleichgestellt.
Bei einem Pflegschaftsverhältnis bleiben im Gegensatz zu einer Adoption die Rechte bei den leiblichen Eltern. Zu diesen hat der BF wegen zerrütteter familiärer Verhältnisse keine Bindung mehr.
Zum gegenständlichen Pflegschaftsverhältnis ist auf Folgendes hinzuweisen:
Die Pflegeelterneigenschaft nach § 186 ABGB ist kraft Gesetzes gegeben, wenn die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale, nämlich die geforderte persönliche, emotionale Beziehung einerseits und die tatsächliche (gänzliche oder teilweise) Besorgung der Pflege und Erziehung andererseits vorliegen. Maßgebend sind die faktischen Verhältnisse.
Der Oberste Gerichtshof hielt in seiner Entscheidung vom 21.10.2014, Zl. 10 Ob S 102/14v, zur Pflegeelterneigenschaft Folgendes fest:
"3.1.1 Nach § 184 ABGB idF BGBl I 2013/15 (entspricht § 186 ABGB idF BGBl I 2000/135) sind Pflegeeltern Personen, die die Pflege und Erziehung des Kindes ganz oder teilweise besorgen und zu denen eine nach dem Verhältnis zwischen leiblichen Eltern und Kindern nahe kommende Beziehung besteht oder hergestellt werden soll. Nach einhelliger Ansicht knüpft der Begriff der Pflegeeltern somit an zwei Merkmale an: Die tatsächliche - ganze oder teilweise - Besorgung der Pflege und Erziehung sowie das Bestehen einer dem Verhältnis zwischen leiblichen Eltern und Kindern nahekommenden persönlichen Beziehung oder die Absicht, eine solche herzustellen. Beide Begriffselemente setzen eine weitgehende Eingliederung des Kindes in den Haushalt und Lebensablauf der Pflegeeltern sowie zumindest die Absicht voraus, eine dem Verhältnis zwischen leiblichen Eltern und Kindern vergleichbare emotionale Bindung aufzubauen. Auf welcher Rechtsgrundlage das Pflegeverhältnis beruht, ist unmaßgeblich. (...)
3.1.2 Auch Stiefelternteile, also mit einem leiblichen Elternteil (verheiratet oder nicht) in Lebensgemeinschaft lebende Personen fallen - im Gegensatz zum bisherigen Recht- bei Erfüllung der Voraussetzungen unter den Begriff Pflegeeltern. Bei Übernahme von Betreuungsleistungen und bei Vorliegen einer § 186 ABGB (nunmehr § 184 ABGB) entsprechenden emotionalen Bindung können sie als Pflegeeltern gelten."
Vor dem Hintergrund dieser OGH-Entscheidung ist fraglich, ob der BF als nunmehr 23-jähriges Pflegekind einer mit seinem Cousin verheirateten EWR-Bürgerin, dem im November 2017 von seinem Cousin in einem vor dem Notar aufgesetzten Unterhaltsvertrag bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit finanzielle Unterstützung, Aufkommen für alle Kosten und Unterkunft zugesichert wurde, wegen gesicherten Unterhalts und aufgrund einer der emotionalen Bindung zu leiblichen Eltern gleichzuhaltenden Bindung zu seinen Pflegeeltern, wie Adoptiv- und Stiefkindern iSv § 2 Abs. 1 Z. 9 NAG und § 52 Abs. 1 Z. 2 NAG leiblichen Kindern gleichgehalten werden kann.
Das im Pflegschaftsvertrag bei einem Notar im Kosovo im September 2014 aufgesetzte Pflegschaftsverhältnis ist auf unbestimmte Zeit wirksam.
Bereits in der Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung im ersten fremdenrechtlichen Verfahren wurde festgehalten, dass der BF keinen Bezug mehr zu seinen leiblichen Eltern im Kosovo hat. Diese leben getrennt und es besteht kein familiärer Bezug des BF mehr zu ihnen.
Die Ehegattin des Cousins des BF wurde im Bundesgebiet erstmals im Juni 2006 mit Hauptwohnsitz gemeldet, ihr Ehegatte, der Cousin des BF, weist bereits ab Juni 2002 eine Hauptwohnsitzmeldung im Bundesgebiet auf.
Erst kurz vor der mit dem BF gemeinsamen Hauptwohnsitznahme im Bundesgebiet Ende September 2014 sind der Cousin des BF und dessen Ehegattin Mitte September 2014 im Kosovo gewesen, wobei die Ehegattin seines Cousins vor einem Notar eine Obsorgeerklärung abgegeben und im Rahmen eines Pflegschaftsvertrages ein Pflegschaftsverhältnis zum BF begründet hat.
Vor Schließung des Pflegschaftsvertrages im Kosovo Mitte September 2014 und gemeinsamer Wohnsitznahme im Bundesgebiet Ende September 2014 hatten der Cousin und dessen Ehegattin offenbar jedoch keine nähere Beziehung zum BF geführt, hält sich der Cousin des BF doch bereits seit Juni 2002 und dessen Ehegattin seit Juni 2006 im Bundesgebiet auf. Der Cousin des BF ging ab April 2013 und dessen Ehegattin, welcher zuletzt am 31.08.2016 eine unbefristete Anmeldebescheinigung als Arbeitnehmerin ausgestellt wurde, ab März 2006 - wenn auch mit ein paar Unterbrechungen und zeitweise kurzfristig bzw. geringfügig - Beschäftigungen im Bundesgebiet nach.
Der Cousin des BF hat sich in einem vor einem Notar in Österreich aufgesetzten Unterhaltsvertrag verpflichtet, bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit des BF diesen finanziell zu unterstützen, für alle Kosten aufzukommen und ihm Unterkunft zu gewähren.
Der Cousin des BF und dessen Ehegattin haben die Pflege und Erziehung des BF übernommen. Seit Einreise des BF und Wohnsitznahme bei seinem Cousin, dessen Ehegattin und deren gemeinsamem Sohn im September 2014 ist der BF in deren Haushalt und Lebensablauf eingegliedert.
Eine dem Verhältnis zwischen leiblichen Eltern und Kindern nahekommende persönliche Beziehung bzw. emotionale Bindung des BF zu seinem Cousin und dessen Ehegattin wurde bereits hergestellt bzw. ist im Begriff, sich weiterzuentwickeln.
Eine Gleichstellung des nunmehr 23-jährigen BF als "Pflegekind" einer mit seinem Cousin verheirateten ungarischen Staatsbürgerin mit leiblichen Kindern, wie es nach § 2 Abs. 1 Z. 9 NAG auch bei Adoptiv- und Stiefkindern der Fall ist, wird im gegenständlichen Fall für gerechtfertigt erachtet, hat der Cousin des BF doch mit dem vor einem Notar aufgesetzten Unterhaltsvertrag vom November 2017, in welchem dem BF bis zu seiner Selbsterhaltungsfähigkeit Unterkunft, finanzielle Unterstützung und Aufkommen für alle Kosten zugesichert wurde, auch sämtliche Betreuungsleistungen für den BF übernommen.
Als mit leiblichen Kindern iSv § 2 Abs. 1 Z. 9 NAG gleichgestelltes "Pflegekind" gilt der BF, Staatsangehöriger der Republik Kosovo, als begünstigter Drittstaatsangehöriger iSv § 2 Abs. 4 Z. 11 FPG, der bei tatsächlicher Gewährung von Unterhalt durch seine Pflegeeltern iSv § 52 Abs. 1 Z. 2 NAG ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht zukommt.
Ob die Pflegeeltern des BF tatsächlich für den Unterhalt des BF aufkommen und damit die vor einem Notar vom Cousin des BF zugesicherten Unterhaltssicherung erfüllen können, ist nunmehr zu prüfen.
Der BF wohnte im Bundesgebiet stets mit seinem Cousin, dessen Ehegattin, einer ungarischen Staatsangehörigen, und deren gemeinsamem Sohn in gemeinsamem Haushalt zusammen und hat gleich nach seiner Einreise im Zuge einer Wohnrechtsvereinbarung ein unbefristetes Wohnrecht bei der Familie seines Cousins erhalten.
Der BF selbst war ein Monat lang im Juni, Juli 2015, ansonsten jedoch nicht im Bundesgebiet erwerbstätig. Das dem BF bereits zum Zeitpunkt seiner Einreise am 23.09.2014 zugesicherte unbefristete Dienstverhältnis im Gastgewerbe kam bislang nicht zustande, mangels Beschäftigungsbewilligung auch nicht ein ihm laut Beschwerde im ersten fremdenrechtlichen Verfahren in Aussicht gestelltes sechsmonatiges Dienstverhältnis. Im Dezember 2016 wurde dem BF für den Fall des Erhalts einer Beschäftigungsbewilligung im Rahmen eines "Arbeitsvorvertrages" eine 20-Stunden-Beschäftigung als Küchengehilfe zugesichert.
Die Zusicherung seines Cousins, den BF bis zu dessen Selbsterhaltungsfähigkeit finanziell zu unterstützen und zwischenzeitig für die Unterkunft und alle Kosten des BF aufzukommen, wurde im November 2017 notariell beglaubigt.
Als hinreichend gesichert gilt der Lebensunterhalt nur dann, wenn feste und zugleich auch regelmäßige Einkünfte nachgewiesen werden können. Darunter fallen der Erwerb, ein Einkommen, gesetzliche Unterhaltsansprüche oder auch Versicherungsleistungen, die sich in der Höhe der Richtsätze des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) bewegen.
Es gelten die allgemeinen Richtsätze mit Stand 2018 nach § 293 ASVG. Eine einzelne Person muss demnach über 909,42 Euro verfügen, während Ehepartner beziehungsweise eingetragene Partner in einem gemeinsam geführten Haushalt über wenigstens 1363,52 Euro verfügen sollten. Für jedes Kind erfolgt eine Anrechnung von 140,32 Euro.
Der Cousin des BF und seine Ehegattin haben im Oktober 2018 beide Einkommensnachweise nachgereicht und übersteigen mit ihren Einkommen jedenfalls die für einen gemeinsam geführten Haushalt nach ASVG geforderte Mindesteinkommenshöhe zuzüglich Anrechnung von jeweils 140,32 Euro für ihren mit ihnen in gemeinsamem Haushalt wohnenden Sohn und für den mit ihnen in gemeinsamem Haushalt wohnenden Pflegekind - dem BF.
Rückblickend auf die letzten drei Jahre ist festzuhalten, dass der Cousin des BF seit Juli 2015 - abgesehen von einer zweimonatigen Unterbrechung zwischen Dezember 2015 und Februar 2016 - durchgehend im Bundesgebiet erwerbstätig war und seine Ehegattin seit September 2014 immer wieder - mitunter auch kurzfristig und geringfügig - beschäftigt war und nunmehr seit September 2018 in einem laufenden Arbeitsverhältnis steht. Ihr gemeinsamer Sohn lebt mit ihnen in gemeinsamem Haushalt und geht seit Oktober 2017 einer Arbeiterlehre nach. Der BF selbst ist ebenso arbeitsfähig und arbeitswillig, ist im Bundesgebiet bereits von Juni 2015 bis Juli 2015 einer Beschäftigung nachgegangen und hat bereits Einstellungszusagen für den Fall des Erhalts einer Beschäftigungsbewilligung erhalten.
Die Pflegeeltern des BF, von denen seine "Pflegemutter" - die Ehegattin seines Cousins - nunmehr im Besitz einer unbefristet ausgestellten Anmeldebescheinigung als Arbeitnehmerin ist und sein "Pflegevater" - der Cousin des BF - bereits im März 2013 einen auf seine unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte Ehegattin gestützten Aufenthaltstitel erworben hat und seit März 2018 im Besitz einer bis März 2028 gültigen Daueraufenthaltskarte ist, sind daher mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit imstande, mit ihren nachgewiesenen Einkommen nicht nur für ihren und denjenigen ihres 18-jährigen Sohnes, sondern auch für den Lebensunterhalt ihres Pflegekindes - des BF - aufzukommen.
Die Tatsache, dass gegen die Ehegattin des Cousins des BF wegen ausständiger Mietzinszahlungen im Juni 2016 eine Räumungsklage eingebracht und diese daraufhin im Jänner 2017 von ihrer Wohnung delogiert wurde, liegt bereits eine Zeit lang zurück und ist nicht mehr berücksichtigungswürdig, gab es doch nach der Mietzins- und Räumungsklage der Wohnungsgenossenschaft von Juni 2016 nachweislich keine weiteren Probleme wegen ausständiger Mietzinszahlungen und war die Ehegattin seines Cousins auch danach imstande, weiteren Beschäftigungen nachzugehen und steht sie auch derzeit seit September 2018 in einem laufenden Beschäftigungsverhältnis.
Es kann daher davon ausgegangen werden, dass dem nunmehr 23-jährigen BF von seinen Pflegeeltern, - iSv § 52 Abs. 1 Z. 2 NAG "tatsächlich Unterhalt gewährt" werden kann.
Da der BF nach § 55 Abs. 3 iVm § 52 Abs. 1 Z. 2 NAG unionsrechtlich aufenthaltsberechtigt ist, wird der gegenständlich angefochtene Bescheid mit der gegen den BF erlassenen Ausweisung ersatzlos beheben.
3.3. Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm 24 Abs. 4 VwGVG eine mündliche Verhandlung unterbleiben (VwGH vom 17.11.2016, Zl. Ra 2016/21/0316-7, mwN).
Zu Spruchteil B): Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Es fehlt an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob Pflegekinder, die mit einem EWR-Bürger oder dessen Ehegatten verwandt sind - dies jedoch nicht in direkter absteigender Linie iSv § 52 Abs. 1 Z. 2 NAG - leiblichen Kindern gleichgestellt sind und bei einem faktisch bestehenden Pflegschaftsverhältnis mit einer zu leiblichen Eltern vergleichbaren emotionalen Bindung und der Übernahme von Betreuungsleistungen durch ihre Pflegeeltern, wenn wegen zerrütteter familiärer Verhältnisse keine Bindung des Pflegekindes zu seinen leiblichen Eltern mehr besteht, wie Adoptiv- und Stiefkinder auch unter die Bestimmung von § 2 Abs. 1 Z. 9 NAG fallen.
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