BVwG W211 2180413-1

BVwGW211 2180413-11.8.2018

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2018:W211.2180413.1.00

 

Spruch:

W211 2180413-1/15E

 

W211 2180408-1/13E

 

W211 2180411-1/7E

 

W221 2180416-1/7E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a SIMMA als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1) XXXX , geboren am

XXXX , 2) XXXX , geboren am XXXX , 3) XXXX , geboren am XXXX und 4)

XXXX , geboren am XXXX , alle StA. Syrien, gegen die Spruchpunkte I. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX ,

1) Zl. XXXX , 2) Zl. XXXX , 3) Zl. XXXX und 4) Zl. XXXX nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

 

A)

 

Die Beschwerden gegen die Spruchpunkte I. der angefochtenen Bescheide werden als unbegründet abgewiesen.

 

B)

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang:

 

1. Die beschwerdeführenden Parteien 1) und 2) sind Staatsangehörige Syriens und die Eltern der minderjährigen beschwerdeführenden Parteien 3) - 4).

 

2. Die beschwerdeführenden Parteien stellten am XXXX 2016 Anträge auf internationalen Schutz in Österreich, und gaben die ersten beiden beschwerdeführenden Parteien bei ihrer Erstbefragung am XXXX 2016 zusammengefasst an, aus Aleppo zu stammen, kurdischer Abstammung und sunnitischen Glaubens zu sein, sowie Syrien gemeinsam illegal zu Fuß über die Grenze zur Türkei verlassen zu haben. Als Fluchtgrund wurde angegeben, dass in Syrien Krieg herrsche, die Kurden unterdrückt würden und sie Angst um das Leben ihrer Kinder hätten.

 

2. Bei ihrer Einvernahme durch die belangte Behörde am XXXX 2017 gab die beschwerdeführende Partei 1) an, mit ihrer Familie bis zur Ausreise aus Syrien am XXXX 2016 in Aleppo im Stadtteil XXXX gelebt zu haben. Sie habe sechs Jahre die Volkschule besucht und nach Abschluss der Grundschule zehn Jahre lang als Mechaniker bei einer Firma gearbeitet. Die beschwerdeführende Partei 2) sei Hausfrau gewesen. Die Eltern der beschwerdeführenden Partei 1), ein Bruder und eine Schwester sowie mehrere Tanten und Onkeln würden noch in Syrien, in der Stadt XXXX , leben. Ein weiterer Bruder, eine Cousine und ihr Schwager würden in Österreich leben. Zu ihren Fluchtgründen befragt gab die beschwerdeführende Partei 1) an, es herrsche Krieg und sie fürchte um das Leben ihrer Familie. 2013 habe sie vom islamischen Staat (IS) gehört. Den Wehrdienst in der syrischen Armee habe sie von 2001 bis 2003 abgeleistet. Einen Wiedereinberufungsbefehl habe sie nicht erhalten. Die beschwerdeführende Partei 1) gab weiter an, dass, wenn sie in Syrien geblieben wäre, sie gegen den IS kämpfen hätte müssen. Sie wolle jedoch nicht kämpfen. Es hätten viele Leute gekämpft und viele seien gestorben. Wenn sie nach Syrien zurückkehre, werde sie getötet.

 

Bei ihrer Einvernahme durch die belangte Behörde am selben Tag gab die beschwerdeführende Partei 2) an, zwölf Jahre in Syrien die Schule besucht zu haben. Dort würden noch ihre Eltern, eine Schwester und weitere Verwandte leben. In Österreich befänden sich ihr Bruder und ihr Schwager mit dessen Familie. Zu ihren Fluchtgründen befragt gab die beschwerdeführende Partei 2) an, in Syrien sei ihr Leben und das ihrer Familie in Gefahr gewesen. Die beschwerdeführenden Parteien 3) und 4) hätten die gleichen Fluchtgründe wie sie selbst.

 

3. Mit den angefochtenen Bescheiden wurden die Anträge der beschwerdeführenden Parteien bezüglich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.), ihnen gemäß § 8 Abs. 1 AsylG bzw. § 8 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 3 AsylG der Status von subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihnen eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG erteilt (Spruchpunkt III). Die Behörde stellte die syrische Staatsbürgerschaft und die kurdische Volksgruppenzugehörigkeit der beschwerdeführenden Parteien fest. Hinsichtlich der beschwerdeführenden Partei 1) wurde festgehalten, dass sie erst auf Nachfrage ihrer rechtlichen Vertretung am Ende der Einvernahme angegeben habe, dass, falls sie in Syrien geblieben wäre, sie zum Militärdienst eingezogen worden wäre und kämpfen hätte müssen. Einen Einberufungsbefehl habe sie aber nicht erhalten. Auch sei sie dezidiert befragt worden, ob sie aus Gründen der Rasse, Religion, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung im Heimatland verfolgt worden sei, was sie verneint und auf bloß die Folgen des Bürgerkrieges verwiesen habe. Diese allgemeinen, im Wesentlichen alle syrischen Bürger betreffenden Verhältnisse seien jedoch nicht geeignet, eine asylrelevante Verfolgung zu begründen. Auch hinsichtlich der beschwerdeführenden Partei 2) wurde festgehalten, dass ihren Ausführungen zu den Fluchtgründen keine asylrechtliche Relevanz zukomme.

 

4. Gegen die Spruchpunkte I. der Bescheide wurde rechtzeitig eine gemeinsame Beschwerde eingebracht, in der im Wesentlichen ausgeführt wurde, dass die syrische Regierung Männer zwinge sich der Armee anzuschließen. Die beschwerdeführende Partei 1) habe in diesem Zusammenhang geschildert, dass ihr Bruder gezwungen worden sei der Armee beizutreten, obwohl dieser blind sei. Da die beschwerdeführende Partei 1) nicht an diesem Krieg teilnehmen habe wollen, sei sie mit ihrer Familie aus Syrien geflüchtet. Die belangte Behörde habe es unterlassen auf das Vorbringen der beschwerdeführenden Parteien einzugehen. Das syrische Verteidigungsministerium habe aufgrund von Schwierigkeiten bei der Aushebung neuer Rekruten das Alter für die Einberufung auf 40 Jahre angehoben. Gegenständlich sei die beschwerdeführende Partei 1) 35 Jahre alt, gesund und erfülle somit die Voraussetzungen zur Einberufung in die Armee. Schließlich werde darauf hingewiesen, dass Kurden in Syrien vor dem Ausbruch des Bürgerkrieges als Bürger zweiter Klasse behandelt worden seien, ihnen nun jedoch dieselben Pflichten bezüglich des Militärdienstes auferlegt würden, wie der arabischen Bevölkerung.

 

5. Am XXXX 2018 führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit eines Dolmetschers für die kurdische Sprache und in Anwesenheit der beschwerdeführenden Parteien sowie ihrer Vertretung eine mündliche Verhandlung durch, bei der die beschwerdeführenden Parteien 1) und

2) im Detail zu ihren Fluchtgründen befragt wurde. Die belangte Behörde entschuldigte sich mit Schreiben vom XXXX 2018 für die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung. Die beschwerdeführende Partei 1) brachte ergänzend vor, als Kurden würden sie bzw. ihre Familie vom IS und der Al Nusra-Front bedroht. Die beschwerdeführende Partei 2) gab ergänzend an, dass die freie syrische Armee (FSA) von der beschwerdeführenden Partei 1) im Jahr 2013 verlangt habe, sich ihr anzuschließen. Auch habe sich die beschwerdeführende Partei 2) geweigert ein Kopftuch zu tragen, weswegen sie von Mitgliedern der FSA als "Teufelsanbeterin" bezeichnet worden sei. Weiter gaben die beschwerdeführenden Parteien an, in Österreich an mehreren Demonstrationen teilgenommen zu haben, als XXXX bombardiert worden sei.

 

6. Mit Schreiben vom XXXX 2018 wurde ein Arbeitsdienstvertrag der beschwerdeführenden Partei 1) vorgelegt.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

1.1. Zu den beschwerdeführenden Parteien:

 

1.1.1. Die beschwerdeführenden Parteien sind Staatsangehörige Syriens, die am XXXX 2016 Anträge auf internationalen Schutz in Österreich stellten.

 

Die beschwerdeführenden Parteien 1) und 2) sind verheiratet, die beschwerdeführenden Parteien 3) - 4) sind ihre minderjährigen Kinder.

 

1.1.2. Die beschwerdeführenden Parteien gehören der Volksgruppe der Kurden an und sind sunnitischen Glaubens. Sie stammen aus Aleppo und lebten dort im Bezirk XXXX .

 

Die beschwerdeführende Partei 1) besuchte in Syrien sechs Jahre die Volkschule und dann die Grundschule. Danach arbeitete sie zehn Jahre lang als Mechaniker bei einer Firma. Die beschwerdeführende Partei

2) besuchte in Syrien zwölf Jahre die Schule und war danach Hausfrau.

 

Die beschwerdeführende Partei 1) arbeitet in Österreich seit XXXX 2018 als XXXX .

 

Die Eltern, ein Bruder, eine Schwester und weitere Verwandte der beschwerdeführenden Partei 1) leben in der Nähe der Stadt XXXX . Ein Bruder der beschwerdeführenden Partei 1) lebt in Österreich.

 

Die Eltern, eine Schwester und weitere Verwandte der beschwerdeführenden Partei 2) leben ebenfalls in der Nähe der Stadt XXXX . Ein Bruder der beschwerdeführenden Partei 2) lebt in Österreich.

 

1.1.3. Die beschwerdeführenden Parteien sind strafrechtlich unbescholten und gesund.

 

1.2. Es wird festgestellt, dass sich das der Bezirk XXXX in Aleppo mittlerweile unter der Kontrolle des Regimes befindet.

 

Die beschwerdeführende Partei 1) leistete ihren verpflichtenden Wehrdienst als einfacher Soldat von 2001 bis 2003 ab. Eine Gefahr, als Reservist zum syrischen Militär eingezogen zu werden, kann nicht festgestellt werden.

 

Auch nicht festgestellt wird, dass die beschwerdeführende Partei 1) 2013 von Mitgliedern der FSA aufgefordert wurde, sich ihnen anzuschließen.

 

Damit wird eine Gefahr, durch das syrische Regime wegen Wehrdienst- oder Reservedienstverweigerung als oppositionell eingestuft, oder durch die FSA bedroht oder von diesen zwangsverpflichtet zu werden, nicht festgestellt.

 

Eine Bedrohung der beschwerdeführenden Partei 2) durch Mitglieder der FSA aufgrund ihrer Weigerung, ein Kopftuch zu tragen, wird nicht festgestellt.

 

Eine Gefährdungslage die beschwerdeführenden Parteien betreffend wegen ihrer Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Kurden durch islamistische Gruppierungen wie den IS bzw. die Al Nusra-Front wird nicht festgestellt.

 

Es wird schließlich auch nicht festgestellt, dass die beschwerdeführenden Parteien aufgrund der Teilnahme der beschwerdeführenden Parteien 1) und 2) an Demonstrationen in Österreich gegen die Besetzung der Stadt XXXX durch türkische Truppen einer Gefährdung in Syrien unterliegen würden.

 

Hinsichtlich der beschwerdeführenden Parteien 3) und 4) kann keine hier relevante Gefährdung in Syrien festgestellt werden.

 

1.3. Im Folgenden werden die wesentlichen Feststellungen aus den vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Länderberichten wiedergegeben:

 

a) Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Syrien, 25.01.2018:

 

Wehr- und Reservedienst und Rekrutierungen

 

Die syrischen Streitkräfte - Wehr- und Reservedienst

 

Seit Jahren versuchen immer mehr Männer die Rekrutierung zu vermeiden, indem sie beispielsweise das Land verlassen oder lokalen bewaffneten Gruppen beitreten, die das Regime unterstützen. Jenen, die den Militärdienst verweigern, oder auch ihren Familienangehörigen, können Konsequenzen drohen. Es ist schwer zu sagen, in welchem Ausmaß die Rekrutierung durch die syrische Armee in verschiedenen Gebieten Syriens, die unter der Kontrolle verschiedener Akteure stehen, tatsächlich durchgesetzt wird, und wie dies geschieht. In der syrischen Armee herrscht zunehmende Willkür und die Situation kann sich von einer Person zur anderen unterscheiden (FIS 23.8.2016).

 

Die Rekrutierung von männlichen Syrern findet nach wie unvermindert statt (DRC/DIS 8.2017). Für männliche syrischen Staatsbürger und Palästinenser, welche in Syrien leben, ist ein Wehrdienst von 18 oder 21 Monaten ab dem Alter von 18 Jahren verpflichtend, außerdem gibt es einen freiwilligen Militärdienst. Frauen können ebenfalls freiwillig einen Militärdienst ableisten (CIA 5.12.2017; vgl. FIS 23.8.2016; vgl. BFA 8.2017). Diejenigen männlichen palästinensischen Flüchtlinge, im Alter von 18 bis 42 Jahren, welche vor 1956 bei der General Administration for Palestine Arab Refugees (GAPAR) registriert waren, und deren Nachkommen müssen den verpflichtenden Wehrdienst bei der Palästinensischen Befreiungsarmee (PLA), einer Einheit der syrischen Streitkräfte, ableisten. Für diese Palästinenser gelten die gleichen Voraussetzungen für den Wehrdienst wie für Syrer (BFA 8.2017). [Informationen zu Palästinensern finden sich auch unter Abschnitt "15.1. Palästinensische Flüchtlinge"]

 

Laut Gesetz sind in Syrien junge Männer im Alter von 17 Jahren dazu aufgerufen, sich ihr Militärbuch abzuholen und sich einer medizinischen Untersuchung zu unterziehen. Im Alter von 18 Jahren wird man einberufen, um den Wehrdienst abzuleisten. Wenn bei der medizinischen Untersuchung ein gesundheitliches Problem festgestellt wird, wird man entweder vom Wehrdienst befreit, oder muss diesen durch Tätigkeiten, die nicht mit einer Teilnahme an einer Kampfausbildung bzw. -einsatz verbunden sind, ableisten. Wenn eine Person physisch tauglich ist, wird sie entsprechend ihrer schulischen bzw. beruflichen Ausbildung eingesetzt. "Rekrut" ist der niedrigste Rang, und die Rekruten müssen eine 45-tägige militärische Grundausbildung absolvieren. Männer mit niedrigem Bildungsstand werden häufig in der Infanterie eingesetzt, während Männer mit einer höheren Bildung oft in prestigeträchtigeren Positionen eingesetzt werden. Gebildetere Personen kommen damit auch mit höherer Wahrscheinlichkeit in Positionen, in denen sie über andere Personen Bericht erstatten oder diese bestrafen müssen (BFA 8.2017).

 

Normalerweise werden Einberufungsbefehle schriftlich mit der Post zugestellt, zur Zeit wird jedoch eher auf persönlichem Wege zum verpflichtenden Militärdienst rekrutiert, um ein Untertauchen der potentiellen Rekruten möglichst zu verhindern. Zu diesem Zweck werden Mitarbeiter des Rekrutierungsbüros zum Haus der Wehrpflichtigen geschickt. Wenn der Gesuchte zu Hause ist, wird er direkt mitgenommen. Wenn er nicht zu Hause ist, wird der Familie mitgeteilt, dass er sich bei der nächsten Kaserne zu melden habe. Es gibt immer wieder Razzien, wie zum Beispiel Anfang Mai 2017, als bei einem Fußballspiel in Tartus alle Männer beim Verlassen des Stadions versammelt und zum Dienst verpflichtet wurden. Einige Zeit zuvor gab es einen weiteren Vorfall, bei dem vor einem Einkaufszentrum in Damaskus alle wehrfähigen Männer eingesammelt und rekrutiert wurden. Auch ein "Herauspflücken" bei einem der zahlreichen Checkpoints ist weit verbreitet. Die Altersgrenze ist auf beiden Enden des Altersspektrums nur theoretisch und jeder Mann in einem im weitesten Sinne wehrfähigen Alter, kann rekrutiert werden (BFA 8.2017; vgl. FIS 23.8.2016; vgl. Syria Direct 7.12.2017). Berichten zufolge besteht aber auch für - teils relativ junge - Minderjährige die Gefahr, in Zusammenhang mit der Wehrpflicht an Checkpoints aufgehalten zu werden und dabei Repressalien ausgesetzt zu sein (UNHCR 30.11.2016). Wenn eine persönliche Benachrichtigung nicht möglich ist, können Männer, die das wehrfähige Alter erreichen, auch durch Durchsagen im staatlichen Fernsehen, Radio oder der Zeitung zum Wehrdienst aufgerufen werden (DIS 26.2.2015).

 

Die syrische Armee hat durch Todesfälle, Desertionen und Überlaufen zu den Rebellen einen schweren Mangel an Soldaten zu verzeichnen (FIS 23.8.2016; vgl. ISW 8.3.2017). Viele weigern sich, der Armee beizutreten. Die regulären Rekrutierungsmethoden werden in Syrien noch immer angewendet, weil das Regime zeigen will, dass sich nichts verändert hat, und das Land nicht in totaler Anarchie versinkt. Es gibt auch Männer im kampffähigen Alter, die frei in Syrien leben. Dem Regime liegt nicht daran, alle wehrtauglichen Personen in die Flucht zu treiben. Es werden nämlich auch künftig motivierte Kämpfer benötigt (FIS 23.8.2016).

 

Bei der Einreise nach Syrien über den Flughafen Damaskus oder andere Einreisepunkte in Gebiete, die vom syrischen Regime kontrolliert werden, wird bei Männern im wehrfähigen Alter überprüft, ob diese ihren Militärdienst bereits abgeleistet haben. Selbst wenn sie ihren Militärdienst bereits absolviert haben, kommt es vor, dass Männer im wehrfähigen Alter erneut zwangsrekrutiert werden (IRB 19.1.2016; vgl. Zeit 10.12.2017).

 

Im November 2017 beschloss das syrische Parlament eine Gesetzesnovelle der Artikel 74 und 97 des Militärdienstgesetzes. Die Novelle besagt, dass jene, die das Höchstalter für die Ableistung des Militärdienstes überschritten haben und den Militärdienst nicht abgeleistet haben, und auch nicht aus anderen gesetzlich vorgesehenen Gründen vom Wehrdienst befreit sind, eine Kompensationszahlung von 8.000 USD oder dem Äquivalent in SYP leisten müssen. Diese Zahlung muss innerhalb von drei Monaten nach Erreichen des Alterslimits geleistet werden. Wenn diese Zahlung nicht geleistet wird, ist die Folge eine einjährige Haftstrafe und die Zahlung von 200 USD für jedes Jahr, um welches sich die Zahlung verzögert, wobei der Betrag 2000 USD oder das Äquivalent in SYP nicht übersteigen soll. Jedes begonnene Jahr der Verzögerung wird als ganzes Jahr gerechnet. Außerdem kann basierend auf einem Beschluss des Finanzministers das bewegliche und unbewegliche Vermögen der Person, die sich weigert den Betrag zu bezahlen, konfisziert werden (SANA 8.11.2017; vgl. SLJ 10.11.2017; vgl. PAR 15.11.2017)

 

Zusatzinformationen zum Reservedienst

 

Gemäß Artikel 15 des Gesetzesdekrets Nr. 30 von 2007 bleibt ein syrischer Mann nach Beendigung des Pflichtwehrdienstes, und wenn er sich gegen einen Eintritt in den Militärdienst als Berufssoldat entscheidet, Reservist und kann bis zum Erreichen des 42. Lebensjahres in den aktiven Dienst einberufen werden. Vor dem Ausbruch des Konflikts bestand der Reservedienst im Allgemeinen nur aus mehreren Wochen oder Monaten Ausbildung zur Auffrischung der im Militär erforderlichen Fähigkeiten, und die Regierung berief Reservisten nur selten ein. Seit 2011 hat sich das jedoch geändert. Es liegen außerdem einzelne Berichte vor, denen zufolge die Altersgrenze für den Reservedienst erhöht wird, wenn die betreffende Person besondere Qualifikationen hat (das gilt z.B. für Ärzte, Panzerfahrer, Luftwaffenpersonal, Artilleriespezialisten und Ingenieure für Kampfausrüstung). Manche Personen werden zum Reservedienst einberufen, andere wiederum nicht, was von vielen verschiedenen Faktoren abhängt (BFA 8.2017). Bei der Einberufung von Reservisten ist das Alter weniger entscheidend als der Beruf oder die Ausbildung einer Person, sowie Rang und Position während des bereits abgeleisteten Militärdienstes oder die Einheit, in der gedient wurde (DIS 26.2.2015; vgl. DRC/DIS 8.2017). Es scheint, dass es schwieriger wird, einen Aufschub zu erlangen, je länger der Konflikt andauert (BFA 8.2017). Reservisten können je nach Gebiet und Fall auch im Alter von 50 bis 60 Jahren zum aktiven Dienst einberufen werden. Sie werden z.B. mittels Brief, den die Polizei persönlich zustellt, oder an Checkpoints rekrutiert (FIS 23.8.2016).

 

Das Militärbuch zeigt lediglich Informationen über den verpflichtenden Wehrdienst und nicht, ob eine Person Reservist ist oder nicht. Männer können ihren Dienst-/Reservedienststatus bei der Militärbehörde überprüfen. Die meisten würden dies jedoch nur auf informellem Weg tun, um zu vermeiden, sofort rekrutiert zu werden. Es ist sehr schwierig zu sagen, ob jemand tatsächlich zum Reservedienst einberufen wird (BFA 8.2017).

 

Wehrdienstverweigerung / Desertion

 

Besonders aus dem Jahr 2012 gibt es Berichte von desertierten syrischen Soldaten, welche gezwungen wurden, auf unbewaffnete Zivilisten und Protestierende, darunter Frauen und Kinder, zu schießen. Falls sie sich weigerten, wären sie Gefahr gelaufen, erschossen zu werden (AI 6.2012).

 

Wehrdienstverweigerer werden laut Gesetz in Friedenszeiten mit ein bis sechs Monaten Haft bestraft, die Wehrpflicht besteht dabei weiterhin fort. In Kriegszeiten wird Wehrdienstverweigerung laut Gesetz, je nach den Umständen, mit Gefängnisstrafen von bis zu 5 Jahren bestraft. Nach Verbüßen der Strafe muss der Wehrdienstverweigerer weiterhin den regulären Wehrdienst ableisten. Bei einer Wehrdienstverweigerung hat man die Möglichkeit sich zu verstecken und das Haus nicht mehr zu verlassen, das Land zu verlassen, sich durch Bestechung freizukaufen oder einer anderen Gruppierung beizutreten. Bezüglich Konsequenzen einer Wehrdienstverweigerung gehen die Meinungen der Quellen auseinander. Während die einen eine Foltergarantie und Todesurteil sehen, sagen andere, dass Verweigerer sofort eingezogen werden (BFA 8.2017). Die Konsequenzen hängen jedoch vom Profil und den Beziehungen der Person ab. Wenn es eine Verbindung zu einer oppositionellen Gruppe gibt, wären die Konsequenzen ernster (DIS 26.2.2015).

 

Wenn jemand den Wehrdienst verweigert und geflohen ist, gibt es die Möglichkeit seinen Status zu "regularisieren", wobei möglicherweise auch ein signifikanter Betrag zu entrichten ist (gerüchteweise bis zu 8.000 USD). Eine solche "Regularisierung" schützt allerdings nicht automatisch vor Repressalien oder einer zukünftigen Rekrutierung. Berichten zufolge betrachtet die Regierung Wehrdienstverweigerung nicht nur als eine strafrechtlich zu verfolgende Handlung, sondern auch als Ausdruck von politischem Dissens und mangelnder Bereitschaft, das Vaterland gegen "terroristische" Bedrohungen zu schützen (BFA 8.2017).

 

Desertion wird gemäß dem Militärstrafgesetz von 1950 in Friedenszeiten mit ein bis fünf Jahren Haft bestraft und kann in Kriegszeiten bis zu doppelt so lange Haftstrafen nach sich ziehen. Deserteure, die zusätzlich außer Landes geflohen sind (so genannte externe Desertion), unterliegen Artikel 101 des Militärstrafgesetzbuchs, der eine Strafe von fünf bis zehn Jahren Haft in Friedenszeiten und 15 Jahre Haft in Kriegszeiten vorschreibt. Desertion im Angesicht des Feindes ist mit lebenslanger Haftstrafe zu bestrafen. In schwerwiegenden Fällen wird die Todesstrafe verhängt (BFA 8.2017).

 

In vielen Fällen erwartet Deserteure der Tod. Möglicherweise werden sie inhaftiert, befragt und gefoltert, wobei die Behandlung eines Deserteurs auch davon abhängt wer er ist, welcher Konfession er angehört, wie wohlhabend er ist etc. Die große Sorge vieler ist hierbei auch, dass dies nicht nur den Tod des Deserteurs oder die Vergeltung gegen ihn, sondern auch Maßnahmen gegen seine Familie nach sich ziehen kann. Die gängige Vorgehensweise ist, Deserteure nicht zurück an die Front zu schicken, sondern sie zu töten. Berichten zufolge werden sie an Ort und Stelle erschossen. Theoretisch ist ein Militärgerichtsverfahren vorgesehen und Deserteure könnten auch inhaftiert und dann strafrechtlich verfolgt werden. Außergerichtliche Tötungen passieren dennoch (BFA 8.2017; vgl. FIS 23.8.2017). Für ‚desertierte', vormals bei der Armee arbeitende Zivilisten gelten dieselben Konsequenzen wie für einen Deserteur. Solche Personen werden als Verräter angesehen, weil sie über Informationen über die Armee verfügen (FIS 23.8.2016).

 

Im Gegensatz zum Beginn des Konfliktes haben sich mittlerweile die Gründe für Desertion geändert: Nun desertieren Soldaten, weil sie kampfmüde sind und dem andauernden Krieg entkommen wollen (BFA 8.2017).

 

Auch Familien von Deserteuren oder Wehrdienstverweigerern haben mit Konsequenzen zu rechnen. Eine Familie kann von der Regierung unter Druck gesetzt werden, wenn der Deserteur dadurch vielleicht gefunden werden kann. Familienmitglieder (auch weibliche) können festgenommen werden, um den Deserteur dazu zu bringen, sich zu stellen. Manchmal wird ein Bruder oder der Vater eines Deserteurs ersatzweise zur Armee rekrutiert (FIS 23.8.2016; vgl. BFA 8.2017).

 

In Gebieten, welche durch sogenannte Versöhnungsabkommen wieder unter die Kontrolle des Regimes gebracht wurden, werden häufig Vereinbarungen bzgl. Wehrdienst getroffen. Manche Vereinbarungen besagen, dass Männer nicht an die Front geschickt, sondern stattdessen bei der Polizei eingesetzt werden. Berichten zufolge wurden solche Zusagen von der Regierung aber bisweilen auch gebrochen, was jedoch schwer zu beweisen ist (BFA 8.2017).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Was die nicht-staatlichen Milizen in Syrien betrifft, so ist die Grenze zur Zwangsrekrutierung nicht klar definiert. Die Frage ist, ob man sich dem Druck durch die Milizen und die Gesellschaft entziehen kann. Zwangsrekrutierung per se durch Milizen in Syrien ist nicht dokumentiert, aber Nötigung und sozialer Druck, sich den Milizen anzuschließen, sind in von oppositionellen Gruppen gehaltenen Gebieten ein Problem. So herrscht z.B. in Idlib, wo es zahlreiche Gruppierungen gibt, großer Druck sich einer bewaffneten Gruppierung anzuschließen, wobei auch die Bezahlung eine Motivation darstellen kann (BFA 8.2017).

 

Oppositionsgruppen haben ihre eigenen Vorgehensweisen bei der Rekrutierung, und die Situation kann von der jeweils verantwortlichen Person bzw. Gruppierung abhängen (FIS 23.8.2016; vgl. DRC/DIS 8.2017). Die Informationslage zu den Rekrutierungspraktiken einer Gruppierung ist nicht immer eindeutig. Dies zeigen beispielsweise divergierende Aussagen mehrerer Experten zu Rekrutierungsmethoden der Gruppierung Jabhat al-Nusra (Nusra-Front). Laut einer Quelle wenden jihadistische Gruppierungen, wie Jabhat al-Nusra, Gewalt bei der Rekrutierung an und eine Weigerung, der Gruppe beizutreten, hieße, sich auf die Seite der Regierung zu stellen. Andere Quellen sind der Ansicht, dass eine Gruppe wie diese nur auf Rekruten zurückgreift, denen sie vertraut, die sie kennt und deren Familien sie kennt, oder auch, dass die Nusra-Front bei der Rekrutierung stark auf Propaganda setzt. Einer weiteren Quelle zufolge seien solche Berichte schwer zu bestätigen, auch aufgrund der Propaganda, die von der Gruppe selbst oder gegnerischen Gruppen verbreitet wird. Gruppen, die zur Freien Syrischen Armee (FSA) gehören, würden eher auf freiwilliger Basis rekrutieren, im Angesicht von Angriffen der Regierung hätten bewaffnete Gruppen, darunter auch die FSA, jedoch jeden gezwungen ihnen beizutreten (DRC/DIS 8.2017).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

Allgemeine Menschenrechtslage

 

Ein Charakteristikum des Bürgerkriegs in Syrien ist, dass in ganz Syrien bestimmte Personen aufgrund ihrer tatsächlichen oder wahrgenommenen bzw. zugeschriebenen politischen Meinung oder Zugehörigkeit direkt angegriffen werden oder ihnen auf andere Weise Schaden zugefügt wird. Diese Zuschreibung basiert oft nur auf den familiären Verbindungen der Person, ihrem religiösen oder ethnischen Hintergrund oder einfach auf ihrer Präsenz in oder Herkunft aus einem bestimmten Gebiet, das als "regierungsfreundlich" oder "regierungsfeindlich" gilt (UNHCR 11.2015).

 

Quellen:

 

 

Frauen

 

Außerhalb der Gebiete, die unter der Kontrolle des Regimes stehen, unterscheiden sich die Bedingungen für Frauen sehr stark voneinander. Von extremer Diskriminierung, sexueller Versklavung und erdrückenden Verhaltens- und Kleidungsvorschriften in Gebieten des IS, zu formaler Gleichberechtigung in den Gebieten unter der kurdischen Partei der Demokratischen Union (PYD), wo Regierungssitze immer von einer Frau und einem Mann besetzt sind und Frauen in der Politik und im Militärdienst gut vertreten sind (FH 1.2017).

 

Frauen in Syrien haben eine relativ lange Historie der Emanzipation und vor dem Konflikt war Syrien eines der vergleichsweise fortschrittlicheren Länder der Arabischen Welt in Bezug auf Frauenrechte. Die Situation von Frauen verschlechtert sich durch den andauernden Konflikt dramatisch, weil Frauen Opfer unterschiedlicher Gewalthandlungen der verschiedenen Konfliktparteien werden. Aufgrund der Kampfhandlungen (orig. shelling) zögern Familien, Frauen und Mädchen das Verlassen des Hauses zu erlauben. Sie nehmen diese aus der Schule, was zur Minderung der Rolle von Frauen und zu ihrer Isolation in der Gesellschaft führt (BFA 8.2017).

 

In oppositionellen Gebieten, welche von radikalislamistischen Gruppen kontrolliert werden (z.B. in Idlib oder umkämpften Gebieten östlich von Damaskus), sind Frauen besonders eingeschränkt. Es ist schwer für sie, für einfache Erledigungen das Haus zu verlassen. Außerdem ist es schwierig für sie zu arbeiten, weil sie unter Druck stehen, zu heiraten. Dies hängt jedoch von der Region ab (BFA 8.2017).

 

Extremistische Gruppierungen wie der sogenannte Islamische Staat (IS) oder Jabhat Fatah ash-Sham setzen Frauen in den von ihnen kontrollierten Gebieten diskriminierenden Beschränkungen aus. Solche Beschränkungen sind z.B. strikte Kleidervorschriften, Einschränkungen bei der Teilnahme am öffentlichen Leben, bei der Bewegungsfreiheit und beim Zugang zu Bildung und Arbeitsmarkt. In Gebieten, die der IS kontrolliert(e), wurde ein Dokument veröffentlicht, welches Frauen unter Androhung der Todesstrafe die Befolgung von 16 Punkten vorschreibt. Die Punkte waren unter anderem, das Haus nicht ohne einen männlichen nahen Verwandten (mahram) zu verlassen, weite Kleidung, ein Kopftuch und einen Gesichtsschleier zu tragen, Friseursalons zu schließen, in der Öffentlichkeit nicht auf Stühlen zu sitzen und keine männlichen Ärzte aufzusuchen (USDOS 3.3.2017; vgl. BFA 8.2017). In Raqqa gründete der IS die "al-Khansaa"-Brigade, welche hauptsächlich aus nicht-syrischen Frauen besteht und die Regeln des IS bei anderen Frauen durchsetzten soll (USDOS 3.3.2017). Familien werden auch gezwungen ihre Töchter an IS-Kämpfer zu verheiraten. Jabhat Fatah ash-Sham [Anm.: vormals Jabhat al-Nusra] ist Frauen gegenüber etwas weniger restriktiv, die Situation ist jedoch ähnlich. Generell wird die Lage junger unverheirateter Frauen in Syrien allgemein, im Speziellen jedoch in den von radikalislamistischen Gruppierungen kontrollierten Gebieten, als prekär bezeichnet (BFA 8.2017).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Rückkehr

 

Personen werden bei der Einreise nach Syrien über den internationalen Flughafen Damaskus oder andere Einreiseorte kontrolliert. Bei männlichen Personen im wehrfähigen Alter wird auch kontrolliert, ob diese ihren Militärdienst bereits abgeleistet haben (IRB 19.1.2016; vgl. Zeit 10.12.2017). Männer im wehrfähigen Alter sind bei der Einreise besonders gefährdet, Opfer von Misshandlungen durch das Sicherheitspersonal zu werden. Die Sicherheitsorgane haben am Flughafen freie Hand, und es gibt keine Schutzmechanismen, wenn eine Person verdächtigt und deswegen misshandelt wird. Es kann passieren, dass die Person sofort inhaftiert und dabei Opfer von Verschwindenlassen oder Folter wird. Oder der Person wird die Einreise nach Syrien erlaubt, sie muss sich jedoch zu einem anderen Zeitpunkt erneut melden und verschwindet dann. Eine Person kann auch Opfer von Misshandlungen werden, ohne dass es dafür einen bestimmten Grund gibt. Das System ist sehr unberechenbar (IRB 19.1.2016).

 

Quellen:

 

 

b) Kontrolllage Aleppo bzw. XXXX :

 

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Quelle: https://syria.liveuamap.com/ , 21.06.2018

 

2. Beweiswürdigung:

 

2.1. Die Feststellungen zur Identität der beschwerdeführenden Parteien und ihrer Staatsangehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben der beschwerdeführenden Parteien

1) und 2) sowie auf die im Verfahren vorgelegten Dokumente. Die Identität wurde auch bereits vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl festgestellt.

 

Das Datum der Antragstellung und die Ausführungen zum Verfahrensverlauf ergeben sich aus dem Akteninhalt.

 

2.2. Die Feststellungen zur Volksgruppenzugehörigkeit, zum Religionsbekenntnis, zur Herkunft, Schulbildung, und Berufstätigkeit in Syrien sowie zu den Familienangehörigen in Syrien und in Österreich ergeben sich teilweise bereits aus den Feststellungen der belangten Behörde und aus den in diesen Punkten nicht widerlegten Angaben der beschwerdeführenden Parteien 1) und 2) im Verfahren. Die Feststellung, dass die beschwerdeführenden Parteien 1) und 2) in Syrien standesamtlich geheiratet haben und die Eltern der beschwerdeführenden Parteien 3) und 4) sind, ergibt sich aus dem Akteninhalt (Kopie Familienbuch).

 

Die Feststellung, dass die beschwerdeführende Partei 1) in Österreich als XXXX arbeitet, beruht auf dem mit Schreiben vom XXXX 2018 vorgelegten Arbeitsdienstvertrag.

 

Die Feststellung zur Unbescholtenheit der beschwerdeführenden Parteien ergibt sich aus den Auszügen aus dem Strafregister vom XXXX 2017.

 

Die Feststellung zum Gesundheitszustand der beschwerdeführenden Parteien basiert auf den Angaben der beschwerdeführenden Parteien 1) und 2) im Laufe des Verfahrens.

 

2.3. Dass der Bezirk XXXX in Aleppo unter der Kontrolle der Regierung steht, ergibt sich aus einer Nachschau unter syria.liveuamap.com am Tag der Verhandlung, dem 21.06.2018, und wurde außerdem nicht bestritten. Eine kontrollierende Nachschau am 01.08.2018 kam zu keinem anderen Ergebnis.

 

Ein wesentliches Vorbringen der beschwerdeführenden Partei 1) und ihrer Vertretung ist die Gefahr einer Einberufung als Reservist in die syrische Armee. Dass die beschwerdeführende Partei 1) ihren Militärdienst als einfacher Soldat bereits abgeleistet hat und heute 36 Jahre alt ist, gab sie selbst so an und ergibt sich auch aus dem im Laufe des Verfahrens vorgelegten Militärbuch.

 

Weiter brachte sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht hierzu Folgendes vor:

 

"[...] R: Warum haben Sie Syrien verlassen? Erzählen Sie mir möglichst ausführlich darüber.

 

P1: Ein paar Kollegen und Freunde, die auch Mechaniker sind, wurden für den Reservemilitärdienst einberufen. Sie wollten mich auch haben. Meine Freunde sagten, dass die Shabiha Mechaniker erkennen und wissen, wer ist Mechaniker, und sie nehmen diese mit, damit sie Dienste ableisten. ZB. Löcher für Militärfahrzeuge eingraben, usw. Ich habe aufgepasst und ging nicht zu den Straßenkontrollen. In dieser Zeit hat sich auch die syrische Regierung aus unserem Stadtviertel in Aleppo zurückgezogen. Die kurdische YPG haben das Stadtviertel übernommen. Im Jahr 2016 hat es geheißen, dass die Regierung wieder zurückkommt und deswegen hatte ich Angst, dass sie mich für den Reservedienst mitnehmen. Deswegen habe ich dann Syrien verlassen. [...]"

 

Und:

 

"[...] R: Können Sie beschreiben, was Ihr Job beim Heer war?

 

P1: Ich bin mit diesen Baufahrzeugen gefahren und habe sie auch repariert. Wir haben damit Löcher ausgegraben. Auch für die Behörde haben wir an Gebäuden mitgebaut.

 

R: Sie haben bei der Behörde nie erwähnt, dass es eine konkrete Gefahr gegeben haben soll, dass Sie vom Militär eingezogen werden?

 

P1: Als wir nach Österreich kamen, sind wir gerade vor einem Krieg geflüchtet und unser Dolmetscher war Iraker, den wir nicht gut verstanden haben.

 

R: Dazu sage ich, das Interview beim BFA fand eineinhalb Jahre nach Ihrem Eintreffen in Österreich statt. Dass Sie die Dolmetscherin nicht verstanden haben, haben Sie auch nie gesagt.

 

P1: Ich habe schon gesagt, dass ich Angst vor dem Reservemilitärdienst habe und ich habe später mein Militärbuch auch vorgelegt.

 

R: Erklären Sie mir, wenn Sie als Mechaniker zum Militär gehen, was ist das Problem dabei, warum können Sie nicht als Mechaniker zum Militär gehen?

 

P1: Ich muss vorne Löcher ausgraben und dann kommen erst die Soldaten hinter mir. Das ist gefährlich, wenn ich vorne bin.

 

R erklärt und wiederholt die Frage.

 

P1: Im Krieg in Syrien werden die eigenen Menschen von dem syrischen Regime bekämpft. ZB. vorne steht auch der IS, und wenn ich dann Löcher graben muss, kann es sein, dass man auf mich schießt. Ich bin auch mit dem Militärdienst nicht einverstanden, weil die syrische Armee die eigene Zivilbevölkerung tötet.

 

RV: Sind Sie sicher, dass Sie nur als Mechaniker eingesetzt würden?

 

P1: Als Mechaniker, auch Waffen tragen, alles ist möglich.

 

RV: Sie könnten auch für Einsätze, wo auf Menschen geschossen würde, herangezogen werden?

 

P1: Ja und dadurch wird die zivile Bevölkerung sehr beschädigt werden. Während des Militärdienstes im Krieg muss man Waffen tragen, das tut man nicht freiwillig.

 

R: Haben Sie eine Einberufung bekommen, ist man dann schon konkret an Sie herangetreten?

 

P1: Ein Freund von mir wurde zum Militärdienst nach Daraa eingezogen und nach einer Woche flüchtete er von dort. Und er hat mir gesagt, dass ich aufpassen muss, weil die Leute werden einfach draußen festgenommen und zum Militärdienst mitgenommen. Sie haben diesen Freund damals an der Kreuzung XXXX im Nachbar-Stadtviertel festgenommen. [...]"

 

Aus den Länderberichten geht hervor, dass in Syrien Reservisten bis zum Erreichen des 42. Lebensjahres in den aktiven Dienst einberufen werden können, wobei einzelne Berichte vorliegen, denen zufolge die Altersgrenze für den Reservedienst erhöht wird, wenn die betreffende Person besondere Qualifikationen hat. Die beschwerdeführende Partei

1) befindet sich mit ihren 36 Jahren daher noch grundsätzlich im wehrfähigen Alter und ist Reservist. Die beschwerdeführende Partei hat vor ihrer Ausreise keinen Einberufungsbefehl als Reservist erhalten, sie verweigerte also bisher keinen Reserve-, Wehrdienst.

 

Weiter ergibt sich aus den relevanten Länderinformationen, dass dies mittels Brief, den die Polizei persönlich zustellt, oder an Checkpoints geschieht. Bei der Einberufung von Reservisten ist das Alter weniger entscheidend als der Beruf oder die Ausbildung einer Person, sowie Rang und Position während des bereits abgeleisteten Militärdienstes oder die Einheit, in der gedient wurde. Dem Regime liegt nicht daran, alle wehrtauglichen Personen in die Flucht zu treiben.

 

Abgesehen davon, dass die beschwerdeführende Partei 1) in der Erstbefragung eine dahingehende Bedrohung durch die syrische Regierung gänzlich unerwähnt ließ und überhaupt erst in der Beschwerdeverhandlung von konkreten diesbezüglichen Bedrohungen gesprochen hat, geht weder aus ihrem späteren Vorbringen, der Funktion der beschwerdeführenden Partei 1) oder ihrer Berufstätigkeit hervor, dass diese früher bei ihrem regulären Militärdienst eine besondere Fähigkeit erworben oder eine besondere Position eingenommen hat, noch lässt sich aus ihrer Berufstätigkeit als Mechaniker ableiten, dass sie heute über wesentliche Fähigkeiten verfügt, die sie für die abermalige Musterung besonders attraktiv macht. Auch gilt zu bedenken, dass ihr Wehrdienst bereits zeitlich lange zurückliegt und sie ein für einen aktiven Soldaten fortgeschrittenes Alter erreicht hat. Im Lichte der individuellen Eigenschaften der beschwerdeführenden Partei (Alter, Beruf, Rang und Funktion beim Militärdienst) sowie der Länderberichte, die eine entsprechend systematische und generelle Einberufung von Reservisten nicht dokumentieren, kann daher keine Feststellung zu einer drohenden Einberufung als Reservist getroffen werden.

 

In Bezug auf das Vorbringen in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, dass die beschwerdeführende Partei 1) von Mitgliedern der FSA aufgefordert worden sei, sich der Miliz anzuschließen, bzw. diese von ihr verlangt hätten, Maschinen zu reparieren und Waffen zu tragen, ist darauf hinzuweisen, dass die diesbezüglichen Ausführungen von der beschwerdeführenden Partei 2) stammen, die behauptete, dies habe sich 2013 während eines Aufenthalts in XXXX zugetragen (siehe Seite 9f des Verhandlungsprotokolls). Jedoch gilt zu bedenken, dass eine die beschwerdeführende Partei 1) betreffende Befürchtung, von der FSA zwangsrekrutiert zu werden, weder in der Erstbefragung, noch in der Einvernahme vor dem Bundesamt Erwähnung fand und somit wenig glaubhaft erscheint. Dieses Vorbringen muss daher als ein gesteigertes und als Schutzbehauptung gewertet werden. Eine versuchte Zwangsrekrutierung der beschwerdeführenden Partei 1) durch die FSA im Jahr 2013 wird daher nicht festgestellt.

 

Auch konnte von der beschwerdeführenden Partei 1) selbst eine Befürchtung, im Falle einer Rückkehr nach Syrien von der FSA zwangsrekrutiert oder bedroht zu werden, nicht bestätigt werden, da sie in der Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht angab, in Syrien gebe es eigentlich keine FSA mehr (siehe Seite 11 des Verhandlungsprotokolls). Diese Einschätzung der beschwerdeführenden Partei 1) spiegelt sich auch in der von der erkennenden Richterin ermittelten Kontrolllage hinsichtlich Aleppo bzw. dem Bezirk XXXX wieder, der unter der Kontrolle der syrischen Regierung steht. Insbesondere auch aus diesem Grund kann eine zukünftige Bedrohung der beschwerdeführenden Partei 1) durch die FSA zB im Zusammenhang mit einer Zwangsrekrutierung nicht angenommen werden.

 

In Bezug auf das Vorbringen, dass die beschwerdeführende Partei 2) wegen ihrer Weigerung ein Kopftuch zu tragen von Mitgliedern der FSA beschimpft und als "Teufelsanbeterin" bezeichnet worden sei, muss auf die geänderte Kontrollsituation in Aleppo hingewiesen werden, weshalb eine Gefährdung der beschwerdeführenden Parteien durch die FSA nicht festgestellt werden kann.

 

Zur einer in der Beschwerde und in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vorgebrachten Bedrohung durch islamistische Gruppierungen wie den IS bzw. die Al Nusra-Front wegen der Eigenschaft der beschwerdeführenden Parteien als Kurden ist zu sagen, dass diese diesbezüglich im Laufe des Verfahrens von keinen Repressalien berichteten, die eine gewisse Eingriffsschwere erreicht hätten. Außerdem kann auch diesbezüglich auf die geänderte Kontrollsituation in Aleppo verwiesen werden, wonach dieses unter der Kontrolle des syrischen Regimes steht. Eine Gefährdung der beschwerdeführenden Parteien wegen ihrer Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Kurden durch islamistische Gruppierungen wie den IS bzw. die Al Nusra-Front wird daher nicht festgestellt.

 

Wenn die beschwerdeführenden Parteien schließlich im Zuge der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht angaben, in Österreich an Demonstrationen gegen die Bombardierung der Stadt XXXX teilgenommen zu haben, geht zwar aus den Länderberichten hervor, dass die Überwachung von exilpolitischen Aktivitäten an Orten mit einer größeren syrischen Gemeinde durch die syrische Regierung stattfindet, jedoch hängt eine Gefährdung eines Rückkehrers im Falle von exilpolitischer Aktivität von den Aktivitäten selbst, dem Profil der Person und von zahlreichen anderen Faktoren ab. Gegenständlich gilt es zu bedenken, dass sich die Demonstrationen gegen die Bombardierung der Stadt durch türkische Einheiten und nicht gegen die syrische Regierung richtete. Es kann daher nicht angenommen werden, dass den beschwerdeführenden Parteien wegen ihrer Demonstrationsteilnahme bei einer Rückkehr nach Aleppo, das unter der Kontrolle der syrischen Regierung steht, durch diese eine oppositionelle Gesinnung unterstellt wird. Deshalb können auch keine entsprechenden Feststellungen getroffen werden.

 

Die erkennende Richterin übersieht die Länderinformationen zur Situation in Syrien nicht, die gerade eine willkürliche Unterstellung von oppositioneller Gesinnung durch das Regime wegen Familieneigenschaft, Herkunft, Religion etc. manifestieren und beschreiben, dass praktisch jede_r in der einen oder anderen Situation und/oder Region vom syrischen Regime bedroht sein kann. In Bezug auf die beschwerdeführenden Parteien ergaben sich jedoch im Verfahren keine Hinweise darauf, dass diese allgemeinen Berichte und die darauf fußenden Möglichkeiten einer asylrelevanten Behandlung im gegenständlichen Falle auf die konkrete Situation der beschwerdeführenden Parteien anzunehmen sind.

 

Zu den beschwerdeführenden Parteien 3) und 4) wurden keine hier zu untersuchenden Vorbringen hinsichtlich einer möglichen konkreten und diese selbst betreffenden Gefährdung in Syrien erstattet, noch ergeben sich solche aus den zur Verfügung stehenden Länderinformationen.

 

2.4. Das Bundesverwaltungsgericht stützt seine Beurteilung der gegenständlichen Beschwerden auf aktuelle Länderinformationen, die soweit wesentlich oben unter 1.3. wiedergegeben werden.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

3.1. Zu A)

 

Rechtsgrundlagen:

 

3.1.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

Flüchtling im Sinne der Bestimmung ist demnach, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

 

3.1.2. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist zentraler Aspekt der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat die wohlbegründete Furcht davor. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH, 05.08.2015, Ra 2015/18/0024 und auch VwGH, 12.11.2014, Ra 2014/20/0069). Für eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (vgl. VwGH, 26.02.1997, Zl. 95/01/0454), denn die Verfolgungsgefahr - Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung - bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse (vgl. VwGH, 18.04.1996, Zl. 95/20/0239), sondern erfordert eine Prognose. Relevant kann aber nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss vorliegen, wenn der Asylbescheid erlassen wird; auf diesen Zeitpunkt hat die Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH 19.10.2000, Zl. 98/20/0233). Besteht für den Asylwerber die Möglichkeit, in einem Gebiet seines Heimatstaates, in dem er keine Verfolgung zu befürchten hat, Aufenthalt zu nehmen, so liegt eine inländische Fluchtalternative vor, welche die Asylgewährung ausschließt.

 

3.1.3. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat zurechenbar sein (vgl. VwGH, 18.02.1999, Zl. 98/20/0468). Einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung kommt Asylrelevanz dann zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintanzuhalten. Auch eine auf keinem Konventionsgrund beruhende Verfolgung durch Private hat aber asylrelevanten Charakter, wenn der Heimatstaat des Betroffenen aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK genannten Gründen nicht bereit ist, Schutz zu gewähren (vgl. unter vielen anderen mwN VwGH, 20.05.2015, Ra 2015/20/0030 und 08.09.2015, Ra 2015/18/0010).

 

3.2. Anwendung der Rechtsgrundlagen auf die gegenständliche Beschwerde:

 

3.2.1. Der Annahme einer Verfolgungsgefahr durch das syrische Regime betreffend die beschwerdeführende Partei 1) wegen einer ihr auch nur unterstellten oppositionellen politischen Gesinnung wegen einer möglichen Verweigerung einer Einberufung als Reservist fehlt es auf Basis der Eigenschaften der beschwerdeführenden Partei 1) und der relevanten Länderberichte an der nötigen Wahrscheinlichkeit.

 

Eine Verfolgungsgefahr durch die FSA die beschwerdeführende Partei

1) betreffend wegen einer durch diese Gruppierung auch nur unterstellten oppositionellen politischen Gesinnung wegen einer Weigerung, sich der Miliz anzuschließen, wird ebenfalls aufgrund der getroffenen Feststellungen bereits nicht angenommen und ist durch die geänderte Kontrolllage in Aleppo außerdem jedenfalls nicht aktuell.

 

Aufgrund der Lageänderung kann in Bezug auf die beschwerdeführenden Partei 2) nicht von einer Gefährdung durch die FSA, zB wegen einer auch nur unterstellten oppositionellen politischen oder religiösen Gesinnung im Zusammenhang mit einer Weigerung, ein Kopftuch zu tragen, ausgegangen werden.

 

Genausowenig kann im Hinblick auf die geänderte Kontrolllage in Aleppo eine entsprechende Verfolgungsgefahr durch islamistische Gruppierungen wegen der Zugehörigkeit der beschwerdeführenden Parteien zur Volksgruppe der Kurden abgeleitet werden.

 

Eine ausreichend wahrscheinliche Verfolgungsgefahr der beschwerdeführenden Parteien wegen ihrer Teilnahme an Demonstrationen gegen die Bombardierung der Stadt XXXX durch türkische Truppen und einer ihnen deswegen vom Regime unterstellten oppositionellen politischen Gesinnung wird schließlich auch nicht angenommen.

 

Schließlich konnte auch keine aktuelle und ausreichend wahrscheinliche Verfolgungsgefahr hinsichtlich der beschwerdeführenden Parteien 3) und 4) festgestellt werden.

 

3.2.2. Die gegenständliche Einschätzung soll keineswegs das Ausmaß an Willkür, Menschenrechtsverletzungen und die Gefahrenpotentiale, der bzw. denen vom syrischen Regime als oppositionell angesehene Personen ausgesetzt sein können, banalisieren. In Bezug auf das allgemeine Sicherheitsrisiko wurde den beschwerdeführenden Parteien auch zu Recht subsidiärer Schutz gewährt. Dennoch fehlt es in ihren konkreten Umständen an Hinweisen auf eine persönliche, die beschwerdeführenden Parteien betreffende maßgeblich wahrscheinliche Verfolgungsgefahr, weshalb den Beschwerden gegen die Spruchpunkte I. der angefochtenen Bescheide nicht stattgegeben werden kann.

 

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei der erheblichen Rechtsfrage betreffend die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchpunkt A. wiedergegeben.

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