BVwG W144 2185472-1

BVwGW144 2185472-17.3.2018

AsylG 2005 §5
B-VG Art.133 Abs4
FPG §61

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2018:W144.2185472.1.00

 

Spruch:

W144 2185472-1/3E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Huber als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, XXXX geb., StA. Sri Lanka, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.01.2018, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

 

A) Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als

unbegründet abgewiesen.

 

Der Antrag auf Kostenersatz wird zurückwiesen.

 

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang

 

Der Beschwerdeführer (BF) gibt an, XXXX zu heißen, am XXXX in XXXX geboren und Staatsangehöriger von Sri Lanka zu sein. Im Dezember 2016 hat er - eigenen Angaben zufolge - sein Heimatland verlassen und sich über Indien und Marokko im Juni 2017 nach Spanien begeben. Nach einem dortigen Aufenthalt bis 23.09.2017 begab er sich nach Frankreich, um letztlich über ihm unbekannte Länder ins Bundesgebiet einzureisen, wo er am 15.11.2017 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

 

Zur Person des BF liegt eine EURODAC-Treffermeldung vom 07.09.2017 für Spanien wegen dortiger erkennungsdienstlicher Behandlung vor.

 

Der Beschwerde liegt folgendes Verwaltungsverfahren zugrunde:

 

Im Verlauf seiner Erstbefragung durch die LPD Wien vom 15.11.2017 gab der BF neben seinen Angaben zum Reiseweg im Wesentlichen an, dass sich seine Eltern und sein Bruder in Österreich befänden und er zu ihnen gelangen wollte. Er habe in keinem anderen Land um Asyl angesucht, er wolle nur bei seiner Familie sein und sich hier ein Leben aufbauen.

 

Das BFA richtete sodann am 17.11.2017 unter Hinweis auf den Reiseweg des BF ein auf Art. 13 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) gestütztes Aufnahmeersuchen an Spanien. Spanien stimmte mit Schreiben vom 27.11.2017 diesem Aufnahmeersuchen ausdrücklich zu.

 

Im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vom 13.12.2017 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl machte der BF im Wesentlichen geltend, dass seine bisherigen Angaben der Wahrheit entsprechen würden. Er habe sich einer Rechtsberatung unterzogen und fühle sich psychisch und physisch in der Lage die Einvernahme durchzuführen. Derzeit wohne er in einem Flüchtlingslager. Als er jünger gewesen sei, bis zum Alter von acht oder neun Jahren habe er mit seinen Eltern im gemeinsamen Haushalt gelebt. Sein Vater sei ausgereist, als er (der BF) ca. acht Jahre alt gewesen sei, seine Mutter und sein Bruder seien vor 1 1/2 Jahren ausgereist. Er unterstütze seine Eltern, wenn diese gesundheitliche Probleme hätten. So habe sein Vater bereits zweimal einen Herzinfarkt gehabt, seine Mutter habe Rücken-und Nackenbeschwerden und gehe zur Physiotherapie. Zudem würden seine Mutter und auch sein Bruder unter Asthma leiden. Seine Familienangehörigen seien in Österreich alle subsidiär schutzberechtigt. Er sehe seine Eltern jeden Samstag und Sonntag und werde von diesen wöchentlich mit € 50,- finanziell unterstützt. Er wolle hier bleiben, weil seine Eltern hier seien; wenn er nach Spanien reisen würde, wäre er alleine, er hätte dort niemanden. Er leide auch an Asthma, er sei derzeit aber nicht in ärztlicher Behandlung und er nehme keine Medikamente. Wenn er gefragt werde, wie die Situation in Spanien gewesen sei, gebe er an, dass er dort 17 Tage lang im Gefängnis gewesen sei, danach sei er von einem Schlepper in einem Zimmer eingesperrt worden. Konkret sei er nach der Entlassung aus dem Gefängnis von einer Hilfsorganisation versorgt worden, in der Folge habe er den Schlepper getroffen. Im Gefängnis sei er deshalb gewesen, weil er illegal mit einem Boot eingereist und festgenommen worden sei. Ergänzend wolle er vorbringen, dass er als Erstgeborener die Pflicht habe, sich um seine älter werdenden Eltern zu kümmern.

 

Das BFA wies sodann den Antrag auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten mit Bescheid vom 05.01.2018 gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurück und sprach aus, dass Spanien gemäß 13 Abs. 1 Dublin III-VO zur Prüfung des Antrags zuständig sei. Gleichzeitig wurde die Außerlandesbringung des BF gemäß § 61 Abs. 1 FPG idgF angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG seine Abschiebung nach Spanien zulässig sei.

 

Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die Sachverhaltsfeststellungen sowie die Beweiswürdigung zur Lage im Mitgliedstaat wurden im angefochtenen Bescheid im Wesentlichen folgendermaßen zusammengefasst (unkorrigiert):

 

"Zum Mitgliedstaat Spanien werden folgende Feststellungen getroffen:

 

1. Allgemeines zum Asylverfahren

 

 

 

Antragsteller 2015

Spanien

14.780

  

 

Die Daten werden auf die Endziffern 5 oder 0 auf- bzw. abgerundet.

 

(Eurostat 26.11.2015; vgl. Eurostat 10.2.2016; Eurostat 30.5.2016)

 

 

Erstinstanzliche Entscheidungen

Gesamt

Flüchtlings-status

Subsidiärer Schutz

Humanitäre Gründe

NEGATIV

1. Qu. 2015

590

65

60

-

470

2. Qu. 2015

750

70

225

-

455

3. Qu. 2015

820

35

180

-

605

4. Qu. 2015

1.015

45

335

-

635

      

 

Die Daten werden auf die Endziffern 5 oder 0 auf- bzw. abgerundet.

 

(Eurostat 18.9.2015a; Eurostat 18.9.2015b; Eurostat 10.12.2015; Eurostat 3.3.2016)

 

Spanien verfügt über ein rechtsstaatliches Asylsystem mit administrativen und gerichtlichen Beschwerdemöglichkeiten. In erster Instanz ist das Oficina de Asilo y Refugio (OAR) zuständig für die Bearbeitung von Asylanträgen. Es untersteht dem Innenministerium:

 

Bild kann nicht dargestellt werden

 

(AIDA 4.2016; für ausführliche Informationen siehe dieselbe Quelle).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

2. Dublin-Rückkehrer

 

Die materiellen Versorgungsbedingungen sind für alle AW dieselben, egal in welcher Art von Verfahren sie sich befinden (AIDA 4.2016).

 

Quellen:

 

 

3. Non-Refoulement

 

Die Aufhebung internationalen Schutzes hat unmittelbar die Anwendung fremdenrechtlicher Bestimmungen zur Folge. Trotzdem darf keine Ausweisung in ein Land erfolgen, in welchem Leben oder Freiheit der Person gefährdet ist oder in dem sie Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe ausgesetzt wäre (OAR o.D.b).

 

An der Grenze von Marokko zu den spanischen Exklaven Ceuta und Melilla soll es Berichten zufolge zu push backs und Refoulement nach Marokko gekommen sein (vgl. auch USDOS 13.4.2016). Migranten sehen sich großen Hürden bei der Ausreise aus Marokko und dem Zugang zu den Ende 2014 dort eingerichteten asylum points an der spanischen Grenze gegenüber. UNHCR ist in den Enklaven vertreten. Im März 2015 wurde die gesetzliche Möglichkeit geschaffen, illegal eingereiste Drittstaatsangehörige an der Grenze direkt zurückzuweisen. Dieser Schritt wurde als Verstoß gegen internationale rechtliche Verpflichtungen zum Schutz von Flüchtlingen kritisiert AIDA 4.2016; vgl. ECRE 3.4.2015).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

4. Versorgung

 

Asylwerber, die über keine finanziellen Mittel verfügen, haben das Recht auf Unterbringung und Versorgung zur Deckung ihrer grundlegenden Bedürfnisse. Die materiellen Bedingungen sind für alle AW dieselben, egal in welcher Art von Verfahren sie sich befinden. Dieses System hat integralen Charakter und unterstützt einen Nutznießer von der Antragstellung bis zum Abschluss des Integrationsprozesses. Die Versorgung geschieht in mehreren Phasen, bei jeweils abnehmender Unterstützungsintensität, um in der letzten Phase Selbständigkeit und soziale Integration zu erreichen. Im September 2015 wurde das Versorgungssystem aufgestockt und die Zugänglichkeit für alle AW verbessert. Die materiellen Aufnahmebedingungen für Asylwerber in Spanien umfassen in der 1. Versorgungsphase, welche 6 Monate dauert, ein Taschengeld - 2015 betrug dieses €51,60 im Monat, plus €19,06 für jeden abhängigen Minderjährigen. Zusätzlich zu diesem Taschengeld werden andere der persönlichen Ausgaben für Grundbedürfnisse, Gegenstände des persönlichen Gebrauchs, Transport, Kleidung, pädagogische Aktivitäten, Ausbildung in sozialen und kulturellen Fähigkeiten, Lernen der Landessprache, Ausbildung, Freizeit, Kinderbetreuung, sowie Beihilfen zur Förderung der Autonomie der AW ebenfalls abgedeckt. In der 2. Phase der Versorgung, erhalten Asylwerber kein Taschengeld mehr und werden in Wohnungen und Privathäusern untergebracht (AIDA 4.2016).

 

Spanien verfügt über 4 Unterbringungszentren mit 1.656 Plätzen, davon 426 in kollektiven Zentren (Centros de acogida de refugiados, CAR) und 1.230 in NGO-geführten (aber dennoch staatlich finanzierten) Zentren bzw. privater Unterbringung. Bei der Unterbringung werden vorhandene Kapazitäten und das Profil des AW berücksichtigt, mit besonderem Augenmerk auf Vulnerable. Ein Dekret vom September 2015 hat die Möglichkeit geschaffen AW bei Platzmangel für bis zu 30 Tage in Hotels oder Herbergen unterzubringen. Die meisten dieser Unterbringungsplätze dienen der Versorgung in der 1. Phase. Die maximale Unterbringungsdauer liegt bei 18 Monaten, was auch für abgelehnte ASt. gilt. Vulnerable können bis zu 2 Jahre lang in der Unterbringung bleiben (AIDA 4.2016).

 

Darüber hinaus gibt es noch 2 Spezialzentren in den Exklaven Ceuta und Melilla (Centros de estancia temporal para inmigrantes, CETI) mit 512 bzw. 480 Plätzen. Die CETI sind für die Unterbringung illegal auf spanisches Territorium gelangter Antragsteller gedacht, bevor sie auf das Festland gebracht und dort weiter versorgt werden. Die CETI sind gelegentlich überfüllt, was zu herabgesetzten Unterbringungsbedingungen führt. Ein Mangel an Übersetzern und Psychologen in beiden Zentren wird kritisiert (AIDA 4.2016).

 

UMA werden nicht in herkömmlichen Zentren untergebracht. Die NGO La Merced Migraciones sorgt für deren spezialisierte Unterbringung (AIDA 4.2016).

 

AW dürfen ab Zulassung zum Verfahren in Spanien arbeiten. Die Zentren veranstalten Sprach- und Jobtrainings und NGOs haben das Ariadna-Netzwerk zur Arbeitsmarktintegration von AW und Schutzberechtigten gegründet. Trotzdem sehen sich Migranten Hürden beim Zugang zum Arbeitsmarkt gegenüber, vor allem wegen der Sprachbarriere (AIDA 4.2016).

 

In Spanien werden AW nicht inhaftiert. Personen, die ihren Antrag aber aus der Haft herausstellen, bleiben inhaftiert, bis über dessen Zulassung entscheiden ist. In diesem Fall wird das beschleunigte Verfahren angewendet. Spanien verfügt über 7 Centros de Internamiento de Extranjeros (CIE) mit 2.572 Plätzen. Meist werden dort illegal Aufhältige vor Abschiebung inhaftiert. Die maximale Haftdauer liegt bei 60 Tagen, die durchschnittliche Haftdauer bei 23 Tagen. Es gibt eine richterliche Aufsicht über die Haft (AIDA 4.2016).

 

Asylwerber, die über keine finanziellen Mittel verfügen, haben das Recht auf Sozialleistungen und Hilfe durch die verschiedenen Unterbringungsprogramme. Diese Hilfen können unter bestimmten Voraussetzungen reduziert oder aberkannt werden (OAR o.D.d).

 

Quellen:

 

 

 

4.1. Medizinische Versorgung

 

AW haben rechtlich vollen Zugang zu öffentlicher medizinischer Versorgung in Spanien wie spanische Staatsbürger, darunter auch zu psychologischer Betreuung für Opfer von Folter, Misshandlung und anderer Traumatisierung. Es gibt eine Kooperation der NGO Accem mit der Firma Arbeyal, welche gemeinsam das Hevia Accem-Arbeyal Zentrum für Behinderung und mentale Gesundheit betreiben und das sich auch um AW mit psychischen Problemen und deren Integration kümmert (AIDA 4.2016; vgl. OAR o.D.e).

 

Alle Psychologen, die in den staatlichen Unterbringungszentren und für die wesentlichsten NGOs arbeiten (Spanische Rotes Kreuz, CEAR und Accem), erhielten Schulungen gemäß dem Istanbul-Protokoll. Alle AW haben Zugang zu allgemeiner und spezialisierter medizinischer Hilfe, die kostenlos durch den Staat gewährleistet wird. Spezialisierte Mitarbeiter von Unterbringungszentren und NGOs überwachen die psychische und physische Gesundheit der Antragsteller. Das spanische Arbeits- und Sozialministerium finanziert eigene Programme spezialisierter NGOs für die Unterstützung von Folteropfern, die ihnen zur Betreuung übergeben wurden (UNCAT 5.5.2014).

 

Quellen:

 

 

 

 

D) Beweiswürdigung

 

Die von der Behörde getroffenen Feststellungen beruhen auf folgenden Erwägungen:

 

[ ... ]

 

 

Die in den Feststellungen zu Spanien angeführten Inhalte stammen aus einer Vielzahl von unbedenklichen und aktuellen Quellen von angesehenen staatlichen und nichtstaatlichen Organisationen, welche durch die Staatendokumentation des Bundesamtes zusammengestellt wurden. In diesem Zusammenhang sei auf den Inhalt des §5 BFA-G betreffend die Ausführungen zur Staatendokumentation verwiesen, insbesondere auf den Passus, wonach die gesammelten Tatsachen länderspezifisch zusammenzufassen, nach objektiven Kriterien wissenschaftlich aufzuarbeiten und in allgemeiner Form zu dokumentieren sind, einschließlich den vorgegebenen Aktualisierungsverpflichtungen.

 

Hinweise darauf, dass die vorstehend angeführten Vorgaben des §5 BFA-G bei den dem gegenständlichen Verfahren zugrunde gelegten Feststellungen zu Spanien nicht beachtet worden wären, haben sich im Verfahren nicht ergeben.

 

Soweit sich das Bundesamt im gegenständlichen Bescheid auf Quellen älteren Datums bezieht, wird angeführt, dass diese -aufgrund der sich nicht geänderten Verhältnisse in Spanien- nach wie vor als aktuell bezeichnet werden können.

 

[ ... ]

 

In der Einvernahme am 13.12.2017 gaben Sie zu Protokoll, dass Ihre Eltern immer älter werden und sie Ihre Hilfe benötigen würden. Weiters führten Sie an, dass Ihr Bruder und auch Ihre Mutter Probleme mit Asthma hätten. Sie gaben auch an, dass Sie auch selbst Probleme mit Asthma hätten. Sie haben keine Befunde in Vorlage gebracht.

 

Ihr Vater, Ihre Mutter und auch Ihr Bruder sind in Österreich subsidiär schutzberechtigt. Sie brachten vor, dass Sie mit Ihren angeführten Verwandten nicht im gemeinsamen Haushalt leben würden und dass Sie diese jeden Samstag und Sonntag sehen würden. Sie gaben an, dass Sie von Ihren Eltern in der Woche € 50,- pro Woche bekommen würden.

 

Aus Ihren Aussagen im Verfahren kann man ableiten, dass keine unbedingte finanzielle Abhängigkeit zu Ihren Eltern besteht. Sie befinden sich seit Ihrer Einreise nach Österreich in Grundversorgung.

 

Zu Spanien befragt gaben Sie an, dass Sie in Spanien 17 Tage im Gefängnis gewesen wären.

 

Zu dem diesbezüglichen Vorbringen Ihres Gefängnisaufenthaltes in Spanien ist anzumerken, dass nicht angenommen werden kann, dass Sie unrechtmäßig in Spanien inhaftiert wurden.

 

Befragt, was gegen eine Außerlandesbringung nach Spanien sprechen würde, gaben Sie lediglich an, dass Ihre Eltern in Österreich leben würden und Sie hier bleiben wollen würden. Sie gaben hierzu an, dass Ihre Eltern immer älter werden würden und diese Ihre Hilfe benötigen würden.

 

Es bestehen keine von Amts wegen aufzugreifenden Anhaltspunkte dafür, dass Sie, sollten Sie in Spanien ein asylrelevantes Vorbringen oder aber ein Vorbringen tätigen, welchem zwar nicht hinsichtlich einer Asylgewährung, so doch aber jedenfalls im Bereich des Refoulement-Schutzes Relevanz zukommen würde, und Sie ein solches Bedrohungsszenario glaubhaft machen würden, Sie sohin also vor den spanischen Asyl - und Fremdenbehörden glaubhaft machen würden, dass Ihre Freiheit oder Ihr Leben in Ihrem Heimatstaat aus oben genannten Gründen bedroht wäre und Sie daher im Falle einer Verbringung in Ihrem Herkunftsstaat mit maßgeblichen Eingriffen in Ihre, in diesem Sinne relevanten Rechtsgüter, tatsächlich rechnen müssten, nicht bereits in erster Instanz Asyl oder zumindest eine humanitäre Aufenthaltsberechtigung oder anderweitigen Schutz vor einer Abschiebung in den Heimatstaat erhalten würden. Auch gibt es keine vom Amts wegen aufzugreifenden Anhaltspunkte dafür, dass Spanien etwa rechtliche Sonderpositionen vertreten würde, nach denen auch bei Zugrundelegung Ihrer Behauptungen - sofern Ihnen im Herkunftsstaat eine Bedrohung der im Asyl - und Refoulementbereich relevanter Rechtsgüter tatsächlich droht - eine Schutzverweigerung zu erwarten wäre.

 

Die Länderinformationen wurden Ihnen im Rahmen der Einvernahme ausgefolgt. Sie hatten dazu Zeit innerhalb einer Woche eine schriftliche Stellungnahme abzugeben. Eine Stellungnahme ist bei der Behörde nicht eingelangt.

 

Weiters sei noch anzumerken, dass Sie keine Befunde bezüglich der Asthmaerkrankungen von sich und Ihrer Mutter innerhalb der gewährten Frist eingebracht haben.

 

Der Vollständigkeit halber wird zudem auf folgendes hingewiesen:

 

Neben der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des europäischen Parlaments und des Rates sind für Spanien folgende Richtlinien beachtlich:

 

 

 

 

Gegen Spanien hat die Europäische Kommission kein Vertragsverletzungsverfahren gemäß Art. 226 des EG-Vertrages wegen Missachtung der Status-, Verfahrens- oder Aufnahmerichtlinie eingeleitet.

 

Insofern ergibt sich aus diesem Umstand -ebenso wie aus dem sonstigen Amtswissen- kein Hinweis, dass Spanien die vorstehend angeführten Richtlinien nicht in ausreichendem Maß umgesetzt hätte oder deren Anwendung nicht in ausreichendem Umfang gewährleisten würde. Unter diesen Gesichtspunkten und unter Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen ergibt sich in Ihrem Fall kein Hinweis auf eine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohende Verletzung Ihrer durch die vorstehend angeführten Richtlinien gewährleisteten Rechte in Spanien im Falle Ihrer Überstellung in dieses Land.

 

[ ... ]

 

Unter Beachtung des Aspektes, dass sich die Mitgliedstaaten der Europäischen Union untereinander im Sinne einer normativen Vergewisserung (VfGH 17.06.2005, B 336/05) als sichere Staaten für AsylwerberInnen ansehen, was jedenfalls insbesondere auch beinhaltet, dass Art. 3 EMRK gewährleistete Rechte eines Antragstellers in einem Mitgliedsstaat nicht verletzt werden und mangels sonstigem Hinweis darauf, dass dies speziell in Ihrem Fall in Spanien nicht gegeben sein könnte, haben sich im Verfahren weder Anhaltspunkte für die Notwendigkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts, noch für die Notwendigkeit weiterer Ermittlungen durch das Bundesamt zur allgemeinen und zu Ihrer besonderen Lage in Spanien ergeben.

 

Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass sich Spanien mit Schreiben vom 27.11.2017 ausdrücklich bereit erklärt hat, Sie im Rahmen der Verpflichtungen aus der Dublin Verordnung zur Prüfung Ihres Asylantrages zu übernehmen und es kann daher nicht erkannt werden, dass Ihnen der Zugang zum Asylverfahren in Spanien verweigert werde. Eine Schutzverweigerung in Spanien kann daher auch nicht erwartet werden."

 

Es folgte im angefochtenen Bescheid die rechtliche Beurteilung zu den beiden Spruchpunkten. Der Antrag auf internationalen Schutz sei zurückzuweisen, weil Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO formell erfüllt (und implizit sohin Spanien für die Prüfung des Antrages zuständig) sei. Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, die die Gefahr einer Verletzung der GRC oder der EMRK im Falle einer Überstellung des BF ernstlich für möglich erscheinen lassen, sei im Verfahren nicht hervorgekommen. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG habe nicht erschüttert werden können und es habe sich kein Anlass für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO ergeben. Es lägen mangels eines unter diese Bestimmungen fallenden humanitären Aspekts und mangels bestehender und für die angeführten Bestimmungen beachtlicher Abhängigkeiten keine humanitären Gründe für die Zusammenführung von Verwandten gem. der Art. 16 bzw. 17 Abs. 2 leg.cit. vor und stelle seine Ausweisung mangels eines schützenswerten Familienlebens mit seiner Familie und wegen seiner bloß kurzen Aufenthaltsdauer keinen ungerechtfertigten Eingriff in sein Grundrecht nach Art. 8 EMRK dar.

 

Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde, in welcher der BF im Wesentlichen geltend machte, dass das mit Spanien geführte Konsultationsverfahren mangelhaft bzw. aktenwidrig gewesen sei, da Spanien gegenüber nur erwähnt worden sei, dass sich der Vater des BF in Österreich aufhalte, nicht jedoch, dass auch dessen Mutter und sein minderjähriger Bruder im Bundesgebiet als subsidiär Schutzberechtigte leben würden. Im Hinblick auf das Familienleben des BF zur seiner Familie komme es nicht darauf an, ob eine hinreichend stark ausgeprägte Nahebeziehung bestünde, sondern es käme darauf an, ob jede Verbindung gelöst worden sei. Insofern verletze die angefochtene Entscheidung sein Recht gemäß Art. 8 EMRK. In seinem Kulturkreis sei ein besonders ausgeprägtes Familienleben vorherrschend. Er habe die Pflicht als Erstgeborener für das Wohlergehen der Eltern im fortgeschrittenen Alter zu sorgen. Die belangte Behörde habe diesbezüglich auch den relevanten Sachverhalt nicht hinreichend ermittelt.

 

Im Übrigen begehrte der BF den Ersatz der ihm entstandenen Verfahrenskosten gem. § 35 VwGVG.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

Festgestellt wird zunächst der dargelegte Verfahrensgang.

 

Besondere, in der Person des Antragstellers gelegene Gründe, welche für eine reale Gefahr sprechen, dass Spanien ihm notwendigen Schutz versagen würde, liegen nicht vor.

 

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Lage im Mitgliedstaat an.

 

Der BF ist im Wesentlichen gesund, er leidet jedoch an Asthma, hat sich diesbezüglich jedoch nicht in ärztliche Behandlung begeben und er nimmt diesbezüglich auch keine Medikamente. Insbesondere hat er keine tödlichen oder akut lebensbedrohlichen Erkrankungen geltend gemacht.

 

Der BF hat im Bundesgebiet subsidiär schutzberechtigte Familienangehörige, konkret Eltern und einen Bruder. Der Vater des BF hat sein Heimatland und damit seine Familie bereits verlassen als der BF 8 oder 9 Jahre alt war; seine Mutter und sein Bruder haben Sri Lanka etwa im Juni 2016 verlassen. Der in Grundversorgung befindliche BF lebt im Bundesgebiet mit seiner Familie nicht im gemeinsamen Haushalt, er besucht diese jeden Samstag und Sonntag. Der BF wird von seinen Eltern finanziell mit € 50,-- pro Woche unterstützt.

 

2. Beweiswürdigung:

 

Die Feststellungen zum Verfahrensgang und zu seinem Reiseweg ergeben sich aus dem Akt des BFA.

 

Die Feststellungen zur gesundheitlichen und familiären Situation des BF ergeben sich aus seinem Vorbringen.

 

Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultiert aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen.

 

Das Bundesamt hat im angefochtenen Bescheid neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in Spanien auch Feststellungen zur spanischen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf "Dublin-Rückkehrer") samt dem dortigen jeweiligen Rechtsschutz im Rechtsmittelwege getroffen. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Erwägungen zur Beweiswürdigung an.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

Das Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ist im vorliegenden Fall in der Fassung nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 144/2013 anzuwenden. Die maßgeblichen Bestimmungen lauten:

 

"§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

 

(2) Gemäß Abs. 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

 

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

 

§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

 

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

 

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

 

...

 

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

 

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-VG idF BGBl. I Nr. 144/2013 lautet:

 

"§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

 

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

 

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

 

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

 

4. der Grad der Integration,

 

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

 

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

 

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

 

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

 

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist."

 

§ 61 FPG 2005 idF BGBl. I Nr. 87/2012 lautet:

 

"§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

 

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

 

2. ...

 

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

 

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

 

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird."

 

Die maßgeblichen Bestimmungen der Dublin III-VO zur Ermittlung des zuständigen Mitgliedstaates lauten:

 

"KAPITEL II

 

ALLGEMEINE GRUNDSÄTZE UND SCHUTZGARANTIEN

 

Art. 3

 

Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

 

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

 

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.

 

Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.

 

Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

 

(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

 

KAPITEL III

 

KRITERIEN ZUR BESTIMMUNG DES ZUSTÄNDIGEN MITGLIEDSTAATS

 

Art. 7

 

Rangfolge der Kriterien

 

(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

 

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

 

(3) Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und 6 (Anmerkung: gemeint wohl 16) genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist.

 

Art. 12

 

Ausstellung von Aufenthaltstiteln oder Visa

 

(1) Besitzt der Antragsteller einen gültigen Aufenthaltstitel, so ist der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel ausgestellt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

 

(2) Besitzt der Antragsteller ein gültiges Visum, so ist der Mitgliedstaat, der das Visum erteilt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, es sei denn, dass das Visum im Auftrag eines anderen Mitgliedstaats im Rahmen einer Vertretungsvereinbarung gemäß Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft ( 1 ) erteilt wurde. In diesem Fall ist der vertretene Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

 

(3) Besitzt der Antragsteller mehrere gültige Aufenthaltstitel oder Visa verschiedener Mitgliedstaaten, so sind die Mitgliedstaaten für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz in folgender Reihenfolge zuständig:

 

a) der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder bei gleicher Gültigkeitsdauer der Mitgliedstaat, der den zuletzt ablaufenden Aufenthaltstitel erteilt hat;

 

b) der Mitgliedstaat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat, wenn es sich um gleichartige Visa handelt;

 

c) bei nicht gleichartigen Visa der Mitgliedstaat, der das Visum mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder bei gleicher Gültigkeitsdauer der Mitgliedstaat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat.

 

(4) Besitzt der Antragsteller nur einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die weniger als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit weniger als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund deren er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, so sind die Absätze 1, 2 und 3 anwendbar, solange der Antragsteller das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht verlassen hat.

 

Besitzt der Antragsteller einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die mehr als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit mehr als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund deren er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, und hat er die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten nicht verlassen, so ist der Mitgliedstaat zuständig, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird.

 

(5) Der Umstand, dass der Aufenthaltstitel oder das Visum aufgrund einer falschen oder missbräuchlich verwendeten Identität oder nach Vorlage von gefälschten, falschen oder ungültigen Dokumenten erteilt wurde, hindert nicht daran, dem Mitgliedstaat, der den Titel oder das Visum erteilt hat, die Zuständigkeit zuzuweisen. Der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel oder das Visum ausgestellt hat, ist nicht zuständig, wenn nachgewiesen werden kann, dass nach Ausstellung des Titels oder des Visums eine betrügerische Handlung vorgenommen wurde.

 

Art. 13

 

Einreise und/oder Aufenthalt

 

(1) Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 dieser Verordnung genannten Verzeichnissen, einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 festgestellt, dass ein Antragsteller aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Die Zuständigkeit endet zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts.

 

(2) Ist ein Mitgliedstaat nicht oder gemäß Absatz 1 dieses Artikels nicht länger zuständig und wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 genannten Verzeichnissen festgestellt, dass der Antragsteller - der illegal in die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten eingereist ist oder bei dem die Umstände der Einreise nicht festgestellt werden können - sich vor der Antragstellung während eines ununterbrochenen Zeitraums von mindestens fünf Monaten in einem Mitgliedstaat aufgehalten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

 

Hat sich der Antragsteller für Zeiträume von mindestens fünf Monaten in verschiedenen Mitgliedstaaten aufgehalten, so ist der Mitgliedstaat, wo er sich zuletzt aufgehalten hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

 

KAPITEL IV

 

ABHÄNGIGE PERSONEN UND ERMESSENSKLAUSELN

 

Artikel 16

 

Abhängige Personen

 

(1) Ist ein Antragsteller wegen Schwangerschaft, eines neugeborenen Kindes, schwerer Krankheit, ernsthafter Behinderung oder hohen Alters auf die Unterstützung seines Kindes, eines seiner Geschwister oder eines Elternteils, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, angewiesen oder ist sein Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, auf die Unterstützung des

 

Antragstellers angewiesen, so entscheiden die Mitgliedstaaten in der Regel, den Antragsteller und dieses Kind, dieses seiner Geschwister oder Elternteil nicht zu trennen bzw. sie zusammenzuführen, sofern die familiäre Bindung bereits im Herkunftsland bestanden hat, das Kind, eines seiner Geschwister oder der Elternteil in der Lage ist, die abhängige Person zu unterstützen und die betroffenen Personen ihren Wunsch schriftlich kundgetan haben.

 

(2) Hält sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil im Sinne des Absatzes 1 rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat als der Antragsteller auf, so ist der Mitgliedstaat, in dem sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil rechtmäßig aufhält, zuständiger Mitgliedstaat, sofern der Gesundheitszustand des Antragstellers diesen nicht längerfristig daran hindert, in diesen Mitgliedstaat zu reisen. In diesem Fall, ist der Mitgliedstaat, in dem sich der Antragsteller aufhält, zuständiger Mitgliedstaat. Dieser Mitgliedstaat kann nicht zum Gegenstand der Verpflichtung gemacht werden, d s Kind, eines

 

seiner Geschwister oder ein Elternteil in sein Hoheitsgebiet zu verbringen.

 

(3) Der Kommission wird die Befugnis übertragen gemäß Artikel 45 in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung des Abhängigkeitsverhältnisses zu berücksichtigen sind, in Bezug auf die Kriterien zur Feststellung des Bestehens einer nachgewiesenen familiären Bindung, in Bezug auf die Kriterien zur Beurteilung der Fähigkeit der betreffenden Person zur Sorge für die abhängige Person und in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung einer längerfristigen Reiseunfähigkeit zu berücksichtigen sind, delegierte Rechtsakte zu erlassen.

 

(4) Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten einheitliche Bedingungen für Konsultationen und den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten fest. Diese

 

Durchführungsrechtsakte werden nach dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

 

Art. 17

 

Ermessensklauseln

 

(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist.

 

Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat, der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde.

 

Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.

 

(2) Der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist und der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder der zuständige Mitgliedstaat kann, bevor eine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, jederzeit einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen, aus humanitären Gründen, die sich insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext ergeben, um Personen jeder verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen, auch wenn der andere Mitgliedstaat nach den Kriterien in den Artikeln 8 bis 11 und 16 nicht zuständig ist. Die betroffenen Personen müssen dem schriftlich zustimmen.

 

Das Aufnahmegesuch umfasst alle Unterlagen, über die der ersuchende Mitgliedstaat verfügt, um dem ersuchten Mitgliedstaat die Beurteilung des Falles zu ermöglichen.

 

Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt alle erforderlichen Überprüfungen vor, um zu prüfen, dass die angeführten humanitären Gründe vorliegen, und antwortet dem ersuchenden Mitgliedstaat über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet wurde, innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Gesuchs. Eine Ablehnung des Gesuchs ist zu begründen.

 

Gibt der ersuchte Mitgliedstaat dem Gesuch statt, so wird ihm die Zuständigkeit für die Antragsprüfung übertragen.

 

KAPITEL V

 

PFLICHTEN DES ZUSTÄNDIGEN MITGLIEDSTAATS

 

Artikel 18

 

Pflichten des zuständigen Mitgliedstaats

 

(1) Der nach dieser Verordnung zuständige Mitgliedstaat ist verpflichtet:

 

a) einen Antragsteller, der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat, nach Maßgabe der Artikel 21, 22 und 29 aufzunehmen;

 

b) einen Antragsteller, der während der Prüfung seines Antrags in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

 

c) einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der seinen Antrag während der Antragsprüfung zurückgezogen und in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

 

d) einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, dessen Antrag abgelehnt wurde und der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen.

 

(2) Der zuständige Mitgliedstaat prüft in allen dem Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstaben a und b unterliegenden Fällen den gestellten Antrag auf internationalen Schutz oder schließt seine Prüfung ab.

 

Hat der zuständige Mitgliedstaat in den in den Anwendungsbereich von Absatz 1 Buchstabe c fallenden Fällen die Prüfung nicht fortgeführt, nachdem der Antragsteller den Antrag zurückgezogen hat, bevor eine Entscheidung in der Sache in erster Instanz ergangen ist, stellt dieser Mitgliedstaat sicher, dass der Antragsteller berechtigt ist, zu beantragen, dass die Prüfung seines Antrags abgeschlossen wird, oder einen neuen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, der nicht als Folgeantrag im Sinne der Richtlinie 2013/32/EU behandelt wird. In diesen Fällen gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass die Prüfung des Antrags abgeschlossen wird.

 

In den in den Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstabe d fallenden Fällen, in denen der Antrag nur in erster Instanz abgelehnt worden ist, stellt der zuständige Mitgliedstaat sicher, dass die betreffende Person die Möglichkeit hat oder hatte, einen wirksamen Rechtsbehelf gemäß Artikel 46 der Richtlinie 2013/32/EU einzulegen.

 

KAPITEL VI

 

AUFNAHME- UND WIEDERAUFNAHMEVERFAHREN

 

Art. 20

 

Einleitung des Verfahrens

 

(1) Das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats wird eingeleitet, sobald in einem Mitgliedstaat erstmals ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird.

 

(2) Ein Antrag auf internationalen Schutz gilt als gestellt, wenn den zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedstaats ein vom Antragsteller eingereichtes Formblatt oder ein behördliches Protokoll zugegangen ist. Bei einem nicht in schriftlicher Form gestellten Antrag sollte die Frist zwischen der Abgabe der Willenserklärung und der Erstellung eines Protokolls so kurz wie möglich sein.

 

(3) Für die Zwecke dieser Verordnung ist die Situation eines mit dem Antragsteller einreisenden Minderjährigen, der der Definition des Familienangehörigen entspricht, untrennbar mit der Situation seines Familienangehörigen verbunden und fällt in die Zuständigkeit des Mitgliedstaats, der für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz dieses Familienangehörigen zuständig ist, auch wenn der Minderjährige selbst kein Antragsteller ist, sofern dies dem Wohl des Minderjährigen dient. Ebenso wird bei Kindern verfahren, die nach der Ankunft des Antragstellers im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten geboren werden, ohne dass ein neues Zuständigkeitsverfahren für diese eingeleitet werden muss.

 

(4) Stellt ein Antragsteller bei den zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats einen Antrag auf internationalen Schutz, während er sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, obliegt die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats dem Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet sich der Antragsteller aufhält. Dieser Mitgliedstaat wird unverzüglich von dem mit dem Antrag befassten Mitgliedstaat unterrichtet und gilt dann für die Zwecke dieser Verordnung als der Mitgliedstaat, bei dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde.

 

Der Antragsteller wird schriftlich von dieser Änderung des die Zuständigkeit prüfenden Mitgliedstaats und dem Zeitpunkt, zu dem sie erfolgt ist, unterrichtet.

 

(5) Der Mitgliedstaat, bei dem der erste Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, ist gehalten, einen Antragsteller, der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen

 

Mitgliedstaats aufhält oder dort einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, nachdem er seinen ersten Antrag noch während des Verfahrens zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zurückgezogen hat, nach den Bestimmungen der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen, um das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zum Abschluss zu bringen.

 

Diese Pflicht erlischt, wenn der Mitgliedstaat, der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats abschließen soll, nachweisen kann, dass der Antragsteller zwischenzeitlich das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten für mindestens drei Monate verlassen oder in einem anderen Mitgliedstaat einen Aufenthaltstitel erhalten hat.

 

Ein nach einem solchen Abwesenheitszeitraum gestellter Antrag im Sinne von Unterabsatz 2 gilt als neuer Antrag, der ein neues Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats auslöst.

 

Art. 21

 

Aufnahmegesuch

 

(1) Hält der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, einen anderen Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags für zuständig, so kann er so bald wie möglich, auf jeden Fall aber innerhalb von drei Monaten nach Antragstellung im Sinne von Artikel 20 Absatz 2, diesen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen.

 

Abweichend von Unterabsatz 1 wird im Fall einer Eurodac-Treffermeldung im Zusammenhang mit Daten gemäß Artikel 14 der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 dieses Gesuch innerhalb von zwei Monaten nach Erhalt der Treffermeldung gemäß Artikel 15 Absatz 2 jener Verordnung gestellt. Wird das Gesuch um Aufnahme eines Antragstellers nicht innerhalb der in Unterabsätzen 1 und 2 niedergelegten Frist unterbreitet, so ist der Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für die Prüfung des Antrags zuständig.

 

(2) Der ersuchende Mitgliedstaat kann in Fällen, in denen der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, nachdem die Einreise oder der Verbleib verweigert wurde, der Betreffende wegen illegalen Aufenthalts festgenommen wurde oder eine Abschiebungsanordnung zugestellt oder vollstreckt wurde, eine dringende Antwort anfordern. In dem Gesuch werden die Gründe genannt, die eine dringende Antwort rechtfertigen, und es wird angegeben, innerhalb welcher Frist eine Antwort erwartet wird. Diese Frist beträgt mindestens eine Woche.

 

(3) In den Fällen im Sinne der Unterabsätze 1 und 2 ist für das Gesuch um Aufnahme durch einen anderen Mitgliedstaat ein Formblatt zu verwenden, das Beweismittel oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 genannten Verzeichnissen und/oder sachdienliche Angaben aus der Erklärung des Antragstellers enthalten muss, anhand deren die Behörden des ersuchten Mitgliedstaats prüfen können, ob ihr Staat gemäß den in dieser Verordnung definierten Kriterien zuständig ist. Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten einheitliche Bedingungen für die Erstellung und Übermittlung von Aufnahmegesuchen fest. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

 

Art. 22

 

Antwort auf ein Aufnahmegesuch

 

(1) Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt die erforderlichen Überprüfungen vor und entscheidet über das Gesuch um Aufnahme eines Antragstellers innerhalb von zwei Monaten, nach Erhalt des Gesuchs.

 

(2) In dem Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats werden Beweismittel und Indizien verwendet.

 

(3) Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten die Erstellung und regelmäßige Überprüfung zweier Verzeichnisse, in denen die sachdienlichen Beweismittel und Indizien gemäß den in den Buchstaben a und b dieses Artikels festgelegten Kriterien aufgeführt sind, fest. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

 

a) Beweismittel:

 

i) Hierunter fallen förmliche Beweismittel, die insoweit über die Zuständigkeit nach dieser Verordnung entscheiden, als sie nicht durch Gegenbeweise widerlegt werden;

 

ii) Die Mitgliedstaaten stellen dem in Artikel 44 vorgesehenen Ausschuss nach Maßgabe der im Verzeichnis der förmlichen Beweismittel festgelegten Klassifizierung Muster der verschiedenen Arten der von ihren Verwaltungen verwendeten Dokumente zur Verfügung;

 

b) Indizien:

 

i) Hierunter fallen einzelne Anhaltspunkte, die, obwohl sie anfechtbar sind, in einigen Fällen nach der ihnen zugebilligten Beweiskraft ausreichen können;

 

ii) Ihre Beweiskraft hinsichtlich der Zuständigkeit für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz wird von Fall zu Fall bewertet.

 

(4) Das Beweiserfordernis sollte nicht über das für die ordnungsgemäße Anwendung dieser Verordnung erforderliche Maß hinausgehen.

 

(5) Liegen keine förmlichen Beweismittel vor, erkennt der ersuchte Mitgliedstaat seine Zuständigkeit an, wenn die Indizien kohärent, nachprüfbar und hinreichend detailliert sind, um die Zuständigkeit zu begründen.

 

(6) Beruft sich der ersuchende Mitgliedstaat auf das Dringlichkeitsverfahren gemäß Artikel 21 Absatz 2, so unternimmt der ersuchte Mitgliedstaat alle Anstrengungen, um die vorgegebene Frist einzuhalten. In Ausnahmefällen, in denen nachgewiesen werden kann, dass die Prüfung eines Gesuchs um Aufnahme eines Antragstellers besonders kompliziert ist, kann der ersuchte Mitgliedstaat seine Antwort nach Ablauf der vorgegebenen Frist erteilen, auf jeden Fall ist die Antwort jedoch innerhalb eines Monats zu erteilen. In derartigen Fällen muss der ersuchte Mitgliedstaat seine Entscheidung, die Antwort zu einem späteren Zeitpunkt zu erteilen, dem ersuchenden Mitgliedstaat innerhalb der ursprünglich gesetzten Frist mitteilen.

 

(7) Wird innerhalb der Frist von zwei Monaten gemäß Absatz 1 bzw. der Frist von einem Monat gemäß Absatz 6 keine Antwort erteilt, ist davon auszugehen, dass dem Aufnahmegesuch stattgegeben wird, was die Verpflichtung nach sich zieht, die Person aufzunehmen und angemessene Vorkehrungen für die Ankunft zu treffen."

 

Zu A)

 

1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides (Zurückweisung des Antrags auf internationalen Schutz):

 

Zunächst ist festzuhalten, dass der BF aufgrund seiner Volljährigkeit nicht unter den Familienbegriff der Dublin III-VO (Art. 2 lit. g) fällt, sodass die Zuständigkeitsnormen einerseits Art. 8 und andererseits Art. 9 bis 11 leg.cit. keine Anwendung finden.

 

In materieller Hinsicht ist die Zuständigkeit Spaniens zur Prüfung des Asylantrags des BF aufgrund seiner Einreise von Marokko in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nach Spanien im Juni 2017 jedenfalls in Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO begründet.

 

Der Beschwerdeeinwand, dass der angefochtene Bescheid an Rechtswidrigkeit leide, weil das Konsultationsverfahren mit Spanien mangelhaft gewesen sei, ist nicht berechtigt. Das BFA hat, wenngleich es im Rahmen der Konsultationen nur den Vater des BF als Verwandten im Bundesgebiet angegeben hat, Spanien jedenfalls einen familiären Bezug des BF zu Österreich mitgeteilt, wobei der Status seiner Verwandten eine untergeordnete Rolle spielt, da der Antrag des volljährigen BF ohnehin nicht mehr im Familienverfahren gem. § 34 AsylG zu prüfen ist, und selbst unter Nennung der anderen beiden Familienmitglieder keine andere Zuständigkeitsnorm als Art 13 Dublin III-VO gegeben wäre. Angesichts dessen kann eine relevante Mangelhaftigkeit des Konsultationsverfahrens nicht erkannt werden.

 

Auch aus Art. 16 (abhängige Personen) und 17 Abs. 2 (humanitäre Klausel) Dublin III-VO ergibt sich mangels besonderer Abhängigkeiten und humanitärer Gründe im Bundesgebiet keine österreichische Zuständigkeit zur Prüfung des Antrages des BF. Im Hinblick auf Art. 16 leg.cit. ist nicht ersichtlich, dass die Eltern oder der Bruder des BF (bzw. vice versa) auf ihn im Bundesgebiet unabdingbar angewiesen wären. Der Vater des BF konnte seit etwa 12 Jahren ohne seine Unterstützung auskommen, seine Mutter seit jedenfalls 1 1/2 Jahren und hat sie ihr Heimatland ohne den BF verlassen, was ebenfalls eine ausreichende Selbstständigkeit indiziert. Zudem haben die Eltern noch ihren 2. Sohn XXXX im gemeinsamen Haushalt, sodass nicht ersichtlich, dass diese wegen Hilfsbedürftigkeit gerade auf den BF angewiesen wären, zumal der BF seine Eltern nur am Wochenende besucht.

 

Es wird nicht verkannt, dass für den BF und seine Familie ein Verbleib des BF im Bundesgebiet subjektiv wünschenswert wäre, doch bewegt sich das BFA, wenn es in casu keine ausreichenden humanitären Gründe für einen Selbsteintritt für gegeben erachtet hat, innerhalb des ihm eingeräumten Ermessensspielraums, sodass das BVwG die angefochtene Entscheidung diesbezüglich nicht zu beanstanden hat.

 

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB 17.06.2005, B 336/05; 15.10.2004, G 237/03) und des Verwaltungsgerichtshofes (zB 23.01.2007, 2006/01/0949; 25.04.2006, 2006/19/0673) ist aus innerstaatlichen verfassungsrechtlichen Gründen das Selbsteintrittsrecht zwingend auszuüben, sollte die innerstaatliche Überprüfung der Auswirkungen einer Überstellung ergeben, dass Grundrechte des betreffenden Asylwerbers bedroht wären.

 

Das BFA hat von der Möglichkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO keinen Gebrauch gemacht. Es war daher zu prüfen, ob von diesem Selbsteintrittsrecht im gegenständlichen Verfahren ausnahmsweise zur Vermeidung einer Verletzung der EMRK zwingend Gebrauch zu machen gewesen wäre:

 

Die bloße Möglichkeit einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben werden soll, genügt nicht, um die Abschiebung des Fremden in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen. Wenn keine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigenden notorischen Umstände grober Menschenrechtsverletzungen in Mitgliedstaaten der EU in Bezug auf Art. 3 EMRK vorliegen (VwGH 27.09.2005, 2005/01/0313), bedarf es zur Glaubhaftmachung der genannten Bedrohung oder Gefährdung konkreter, auf den betreffenden Fremden bezogener Umstände, die gerade in seinem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung im Fall seiner Abschiebung als wahrscheinlich erscheinen lassen (VwGH 26.11.1999, 96/21/0499; 09.05.2003, 98/18/0317; vgl. auch 16.07.2003, 2003/01/0059). "Davon abgesehen liegt es aber beim Asylwerber, besondere Gründe, die für die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, vorzubringen und glaubhaft zu machen. Dazu wird es erforderlich sein, dass der Asylwerber ein ausreichend konkretes Vorbringen erstattet, warum die Verbringung in den zuständigen Mitgliedstaat gerade für ihn die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes, insbesondere einer Verletzung von Art. 3 EMRK, nach sich ziehen könnte, und er die Asylbehörden davon überzeugt, dass der behauptete Sachverhalt (zumindest) wahrscheinlich ist." (VwGH 23.01.2007, 2006/01/0949).

 

Die Vorlage allgemeiner Berichte ersetzt dieses Erfordernis in der Regel nicht (vgl. VwGH 17.02.1998, 96/18/0379; EGMR 04.02.2005, 46827/99 und 46951/99, Mamatkulov und Askarov/Türkei Rz 71-77), eine geringe Anerkennungsquote, eine mögliche Festnahme im Falle einer Überstellung, ebenso eine allfällige Unterschreitung des verfahrensrechtlichen Standards des Art. 13 EMRK, sind für sich genommen nicht ausreichend, die Wahrscheinlichkeit einer hier relevanten Menschenrechtsverletzung darzutun. Relevant wäre dagegen etwa das Vertreten von mit der GFK unvertretbaren rechtlichen Sonderpositionen in einem Mitgliedstaat oder das Vorliegen einer massiv rechtswidrigen Verfahrensgestaltung im individuellen Fall, wenn der Asylantrag im zuständigen Mitgliedstaat bereits abgewiesen wurde. Eine ausdrückliche Übernahmeerklärung des anderen Mitgliedstaates hat in die Abwägung einzufließen (VwGH 31.03.2005, 2002/20/0582; 31.05.2005, 2005/20/0025; 25.04.2006, 2006/19/0673), ebenso weitere Zusicherungen der europäischen Partnerstaaten Österreichs (zur Bedeutung solcher Sachverhalte Filzwieser/Sprung, Dublin II-Verordnung³, K13 zu Art. 19).

 

Der EuGH sprach in seinem Urteil vom 10.12.2013, C-394/12 , Shamso Abdullahi/Österreich Rz 60, aus, dass in einem Fall, in dem ein Mitgliedstaat der Aufnahme eines Asylbewerbers nach Maßgabe des in Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO festgelegten Kriteriums zugestimmt hat, der Asylbewerber der Heranziehung dieses Kriteriums nur damit entgegentreten kann, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRC ausgesetzt zu werden.

 

Zudem hat der EuGH in seinem Urteil vom 07.06.2016, C-63/15 ,

Gezelbash (Große Kammer), festgestellt, dass Art. 27 Abs. 1 Dublin

III-VO im Licht des 19. Erwägungsgrundes dieser Verordnung dahin

auszulegen ist, dass [ ... ] ein Asylbewerber im Rahmen eines

Rechtsbehelfs gegen eine Entscheidung über seine Überstellung die

fehlerhafte Anwendung eines in Kapitel III dieser Verordnung

festgelegten Zuständigkeitskriteriums [ ... ] geltend machen kann.

 

Damit im Einklang steht das Urteil des EuGH ebenfalls vom 07.06.2016, C-155/15 , Karim (Große Kammer), wonach ein Asylbewerber im Rahmen eines Rechtsbehelfs gegen eine Entscheidung über seine Überstellung einen Verstoß gegen die Regelung des Art. 19 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung geltend machen kann.

 

Mit der Frage, ab welchem Ausmaß von festgestellten Mängeln im Asylsystem des zuständigen Mitgliedstaates der Union ein Asylwerber von einem anderen Aufenthaltsstaat nicht mehr auf die Inanspruchnahme des Rechtsschutzes durch die innerstaatlichen Gerichte im zuständigen Mitgliedstaat und letztlich den EGMR zur Wahrnehmung seiner Rechte verwiesen werden darf, sondern vielmehr vom Aufenthaltsstaat zwingend das Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO auszuüben ist, hat sich der EuGH in seinem Urteil vom 21.12.2011, C-411/10 und C-493/10 , N.S. ua/Vereinigtes Königreich, befasst und - ausgehend von der Rechtsprechung des EGMR in der Entscheidung vom 02.12.2008, 32733/08, K.R.S./Vereinigtes Königreich, sowie deren Präzisierung mit der Entscheidung vom 21.01.2011 (GK), 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland - ausdrücklich ausgesprochen, dass nicht jede Verletzung eines Grundrechtes durch den zuständigen Mitgliedstaat, sondern erst systemische Mängel im Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat die Ausübung des Selbsteintrittsrechtes durch den Aufenthaltsstaat gebieten.

 

Somit ist zum einen unionsrechtlich (im Hinblick auf die Urteile des EuGH vom 10.12.2013, C-394/12 , Shamso Abdullahi/Österreich, sowie jeweils vom 07.06.2016, C-63/15 , Gezelbash, und C-155/15 , Karim) zu prüfen, ob im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel im Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen für Asylbewerber vorherrschen, und zum anderen aus verfassungsrechtlichen Erwägungen, ob der Beschwerdeführer im Falle der Zurückweisung seines Antrages auf internationalen Schutz und seiner Außerlandesbringung nach Spanien gemäß §§ 5 AsylG und 61 FPG - unter Bezugnahme auf seine persönliche Situation - in seinen Rechten gemäß Art. 3 und/oder 8 EMRK verletzt werden würden, wobei der Maßstab des "real risk" anzulegen ist.

 

Der angefochtene Bescheid enthält - wie oben ausgeführt - ausführliche Feststellungen zum spanischen Asylwesen. Diese Feststellungen basieren auf einer aktuellen Zusammenstellung der Staatendokumentation des BFA, zu den einzelnen Passagen sind jeweils detaillierte Quellenangaben angeführt. Die belangte Behörde behandelt in ihrem Bescheid etwa Rechtschutz- und Beschwerdemöglichkeiten gegen Entscheidungen der ersten Instanz, die Situation von sogenannten "Dublin-Rückkehrern", das Non-Refoulmentgebot sowie die Versorgung, einschließlich der medizinischen Versorgung, und Unterbringung von Asylwerbern in Spanien.

 

Schon vor dem Hintergrund der zitierten erstinstanzlichen Erwägungen kann nicht erkannt werden, dass im Hinblick auf Asylwerber, die von Österreich im Rahmen der Dublin III-VO nach Spanien rücküberstellt werden, aufgrund der dortigen Rechtslage und/oder Vollzugspraxis systematische Verletzungen von Rechten gemäß der EMRK erfolgen würden, oder dass diesbezüglich eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit im Sinne eines "real risk" für den Einzelnen bestehen würde.

 

Hiezu ist festzuhalten, dass auch kein konkretes Vorbringen erstattet wurde, das geeignet wäre anzunehmen, dass der rechtliche und faktische Standard der spanischen Asylverfahren eine Verletzung fundamentaler Menschenrechte erkennen ließe. Relevant wären im vorliegenden Zusammenhang schon bei einer Grobprüfung erkennbare grundsätzliche schwerwiegende Defizite im Asylverfahren des zuständigen Mitgliedstaates (also etwa: grundsätzliche Ablehnung aller Asylanträge oder solcher bestimmter Staatsangehöriger oder Angehöriger bestimmter Ethnien; kein Schutz vor Verfolgung "Dritter", kein Rechtsmittelverfahren). Solche Mängel (die bei einem Mitgliedstaat der Europäischen Union nicht vorausgesetzt werden können, sondern zunächst einmal mit einer aktuellen individualisierten Darlegung des Beschwerdeführers plausibel zu machen sind, dies im Sinne der Regelung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005) sind schon auf Basis der Feststellungen des Bundesamtes nicht erkennbar und auch nicht substantiiert vorgebracht worden.

 

Systemische Mängel im spanischen Asylverfahren sind somit nicht erkennbar und wurden auch nicht nachvollziehbar dargelegt.

 

Im Hinblick auf Art. 8 EMRK wird, um doppelte Ausführungen zu vermeiden, auf nachstehende, unter Punkt 2. ausgeführte, Erwägungen, wonach kein schützenswertes Privat- oder Familienleben des Beschwerdeführers erkannt werden kann, verwiesen.

 

Das BFA hat daher zu Recht keinen Gebrauch vom Selbsteintrittsrecht nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO gemacht. Spruchpunkt I der erstinstanzlichen Entscheidung war sohin bei Übernahme der Beweisergebnisse der Erstbehörde mit obiger näherer Begründung zu bestätigen.

 

2. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides (Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG und einer möglichen Verletzung von Art. 7 GRC bzw. Art. 8 EMRK):

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG (iVm § 61 Abs. 1 FPG) ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

 

Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in Ausübung dieses Rechts ist gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK nur statthaft, soweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Der BF hat im Bundesgebiet seine Eltern und seinen Bruder, mit denen er nicht im gemeinsamen Haushalt wohnt. Mit dem Vater liegt bereits seit etwa 12 Jahre kein gemeinsamer Haushalt mehr vor, nachdem der Vater sein Heimatland verlassen hat; der vormals gemeinsame Haushalt mit seiner Mutter und seinem Bruder in Sri Lanka wurde bereits vor 1 1/2 Jahren mit dem Wegzug seiner Verwandte aufgelöst. Damit (Wegzug und beträchtliche Zeitspanne) sind die familiären Bindungen, die ein Familienleben zwischen Eltern und erwachsenen Kindern im Sinne des Art. 8 EMRK ausmachen, in casu zweifellos untergegangen. Umstände, dass eine enge Nahebeziehung seit Einreise des BF wieder neu begründet wäre, sind demgegenüber nicht vorhanden, zumal - nach der Schilderung des BF hinsichtlich seines Kontaktes zu seinen Verwandten - seine Bindung zu seiner Familie nicht über ein gewöhnliches Maß an Nahebeziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern hinausgeht. Damit führt der BF im Bundesgebiet kein ein Familienleben mit seinen Verwandten im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK.

 

Der Vollständigkeit halber ist zu ergänzen, dass selbst für den Fall, wenn man das Bestehen eines solche Familienlebens annehmen würde, sich ein Eingriff in dieses Familienleben bei einer Interessensabwägung gem. des 2. Absatzes des Art. 8 leg.cit als zulässig erweisen würde:

 

Zunächst wäre dabei festzuhalten, dass der BF sein Familienleben im Bundesgebiet zu einem Zeitpunkt neu begründet hätte, zudem er erst wenige Wochen lang im Bundesgebiet aufhältig war und zu dem ihm sein unsicherer Aufenthaltsstatus bewusst war bzw. bewusst gewesen sein musste, sodass er nicht mit der Fortsetzung seines Familienlebens im Bundesgebiet hätte rechnen dürfen. Die Dauer des im Bundesgebiet seit Mitte November 2017 neu begründeten Familienlebens wäre weiters als noch nicht lange zu qualifizieren, was die Intensität des Familienlebens als bloß gering erscheinen ließe, sodass insgesamt betrachtet in casu die öffentlichen Interessen am geordneten Vollzug der Dublin III-VO die privaten Interessen des BF überwiegen würden.

 

Der durch die normierte Ausweisung des BF aus dem Bundesgebiet erfolgende Eingriff in sein Privatleben ist ebenfalls durch ein Überwiegen des öffentlichen Interesses im Vergleich zu seinem Privatinteresse am Verbleib im Bundesgebiet gedeckt:

 

Der nunmehriger Aufenthalt des BF in Österreich in der Dauer von etwa 3 Monaten war nur ein vorläufig berechtigter und ist dieser Aufenthalt, gemessen an der Judikatur des EGMR und der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts, als kein ausreichend langer Zeitraum zu qualifizieren. Aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist erkennbar, dass etwa ab einem zehnjährigen Aufenthalt im Bundesgebiet im Regelfall die privaten Interessen am Verbleib gegenüber den öffentlichen Interessen überwiegen können (09.05.2003, 2002/18/0293). Gleiches gilt etwa für einen siebenjährigen Aufenthalt, wenn eine berufliche und soziale Verfestigung vorliegt (05.07.2005, 2004/21/0124). Der Antragsteller musste sich weiters seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein. Sonstige Integrationsaspekte liegen demgegenüber nicht vor, sodass bei einer abwägenden Gesamtbetrachtung der mit der Ausweisung verbundene Eingriff in das Privatleben des BF nicht nur zulässig, sondern im Hinblick auf die geringe zeitliche Komponente, die sehr schwer zu Lasten des BF wiegt, geradezu geboten ist. Die Verwaltungsbehörde hat daher eine korrekte Interessensabwägung im Sinne der Rechtsprechung vorgenommen.

 

Gemäß § 21 Abs. 6a BFA-VG konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

Eine gesonderte Erwägung bezüglich einer allfälligen Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 17 BFA-VG konnte angesichts des Spruchinhaltes entfallen.

 

Das Kostenersatzbegehren war mangels gesetzlicher Grundlage - § 35 VwGVG normiert den Kostenersatz bei Maßnahmenbeschwerden - als unzulässig zurückzuweisen. Da dem BF im Asylverfahren für ein etwaiges Beschwerdeverfahren Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt werden, kann auch keine - wie der BF vermeint - "Diskriminierung" erblickt werden. Zudem wäre der BF in casu die unterlegene Partei, sodass ein Kostenersatz nicht in Betracht käme.

 

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 Satz 1 B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

 

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Die Entscheidung liegt allein in der Bewertung der Asyl- und Aufnahmesituation im Mitgliedsstaat, welche bereits durch umfassende und im Detail bzw. in der fachlichen Substanz unwidersprochen gebliebene Feststellungen festgehalten wurde und demgemäß in einer Tatbestandsfrage.

 

Hinsichtlich der Einordnung des Sachverhaltes konnte sich das Bundesverwaltungsgericht sowohl auf umfangreiche Judikatur des EGMR sowie auf eine ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten der angefochtenen Bescheide wiedergegeben.

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