BVwG W105 2137029-2

BVwGW105 2137029-213.2.2018

AsylG 2005 §5
B-VG Art.133 Abs4
FPG §61

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2018:W105.2137029.2.00

 

Spruch:

W105 2137029-2/8E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Harald BENDA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX alias XXXX, XXXX geb., StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für

Fremdenwesen und Asyl vom 24.05.2017, Zahl: 1102851507-160102393, zu

Recht erkannt:

 

A) Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als

unbegründet abgewiesen.

 

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

BEGRÜNDUNG:

 

I. Verfahrensgang:

 

1. Der nunmehrige Beschwerdeführer reiste erstmals am 17.02.2016 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein, bezeichnete sich mit dem Nationale XXXX, XXXX geb., StA. Afghanistan. Einer im Akt befindlichen Einreiseverweigerung der Bundesrepublik Deutschland vom 18.01.2016 ist ersichtlich, dass der Antragsteller unter dem Nationale XXXX, XXXX geb., StA. Afghanistan, in Erscheinung getreten ist. Der Antragsteller wurde am 11.01.2016 in Griechenland erkennungsdienstlich behandelt. Mehreren seitens griechischer Behörden ausgestellter Dokumente ist ersichtlich, dass der Antragsteller in Griechenland ebenfalls unter dem Nationale XXXX, XXXX geb., StA. Afghanistan, in Erscheinung getreten war.

 

Auf Grund mehrere Indikatoren (erhoben nach dem vier-Augen-Prinzip) bestehender Zweifel an der angegebenen Minderjährigkeit des Antragstellers, wurde in ein Altersfeststellungsverfahren eingetreten.

 

2. Das BFA richtete am 05.04.2016 auf Art. 13 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) gestütztes Aufnahmegesuch an Kroatien. Mit Schreiben vom 18.06.2016 informierte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die kroatischen Behörden über den eingetretenen Fristablauf infolge Nichtbeantwortung des Aufnahmeersuchens unter Hinweis auf Art. 22 Abs. 7 der Dublin-III-VO mit 26.06.2016.

 

Mit Gutachten der medizinischen Universität Wien vom 10.06.2016 wurde dem Antragsteller bezogen auf den Zeitpunkt der Antragstellung Volljährigkeit attestiert. Mit Schreiben vom 11.07.2016 informierte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die kroatischen Behörden über die festgestellte Volljährigkeit des Antragstellers.

 

Mit Schriftsatz vom 30.06.2016 erstattete die gesetzliche Vertretung des Antragstellers eine Stellungnahme zum erfolgten Altersgutachten.

 

Am 14.09.2016 wurde der Antragsteller vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen, bezog er such auf Befragen darauf, eine Hautkrankheit gehabt zu haben und habe er nunmehr ein Medikament bekommen. Des Weiteren habe er psychische Probleme. Das Bestehen verwandtschaftlicher Bindungen in Österreich verneinte der Antragsteller. Der Antragsteller wurde sodann nach seinem Aufenthalt in Kroatien befragt und gab er darüber an, keine Informationen zu haben; viele Flüchtlinge seien unterwegs gewesen und sei er mit diesen zusammen gewesen. Er könne sich nicht erinnern. Weiterhin gab der Antragsteller an, dass er bereits gesagt habe, nicht in Kroatien gewesen zu sein und habe er keinerlei Informationen über Kroatien. Auf weiteres Befragen gab der Antragsteller an, dass in einigen Ländern die Polizei gewaltsam gewesen sei und wisse er jedoch nicht in welchen Ländern. Österreich sei sein Zielland gewesen, er wolle nun hier bleiben. Nach Kroatien wolle er jedenfalls nicht zurückkehren.

 

3. Das BFA wies sodann den Antrag auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten mit Bescheid vom 25.09.2016 gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurück und sprach aus, dass Kroatien gemäß Art. 13 Abs. 1 iVm Art. 22 Abs. 7 Dublin III-VO zur Prüfung des Antrages zuständig sei. Gleichzeitig wurde die Außerlandesbringung des BF gemäß § 61 Abs. 1 FPG idgF angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG seine Abschiebung nach Kroatien zulässig sei.

 

4. Im Rahmen der eingebrachten fristgerechten Beschwerde wurde einerseits die Qualifizierung des Antragstellers als volljährig gerügt sowie andererseits auf die vormalig herrschende besondere Situation auf der sogenannten "Balkanroute" verwiesen sowie insbesondere darauf, dass hinsichtlich Kroatiens keine illegale Einreise bestanden habe.

 

Eine umfassend vorbereitete und für den 30.11.2016 anberaumte Überstellung des Antragstellers nach Kroatien wurde am 30.11.2016 storniert.

 

5. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.11.2016 wurde der Beschwerde gemäß § 17 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt und wurde dies den kroatischen Behörden umgehend mitgeteilt.

 

Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 12.01.2017, W243 2137029-1/6E, wurde der Beschwerde gemäß § 21 Absatz 3 zweiter Satz BFA-VG stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben. Einerseits wurde hierin festgehalten, dass aus Sicht des erkennenden Gerichts keine Mangelhaftigkeit des Verfahrens darin erblickt werden kann, dass der Beschwerdeführer als volljährig beurteilt worden sei und wurde diesbezüglich auf die standardisierte, multifaktorielle Befunderhebung sowie fachärztliche Befundung verwiesen. Unter einem wurde auf die vormalig aktuelle Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sowie auf pendentes Vorabentscheidungsverfahren, auslöst durch den Obersten Gerichtshof der Republik Slowenien, verwiesen.

 

In Ergänzung zu den bestehenden Einvernahmen vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wurde mit Schreiben vom 25.04.2017 dem Antragsteller ein aktuelles Länderinformationsblatt zur Situation in Kroatien übermittelt.

 

6. Am 08.05.2017 fand eine neuerliche niederschriftliche Einvernahme des Antragstellers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl statt, bei welcher der Antragsteller auf Befragen angab, gesund zu sein und keinerlei Medikamente zu benötigen. Zur Reiseroute erklärte der Antragsteller nunmehr sich von Afghanistan über den Iran und die Türkei nach Griechenland und sodann weiter nach Mazedonien begeben zu haben und kenne er die weiteren Länder seiner Durchreise nicht. Der Antragsteller wurde sodann darauf hingewiesen, dass er im Rahmen der Erstbefragung in Weiteren konkretisierend angegeben hat, sich über Mazedonien, Serbien, Kroatien und Slowenien nach Österreich begeben zu haben, woraufhin er antwortete, dass er das gleiche angegeben habe wie heute und wisse er nicht, was der Dolmetscher damals aufgeschrieben hätte. Auf konkretisierende Nachfrage gab der Antragsteller an, er habe sich von Athen nach Mazedonien mit dem Bus begeben und seien sie dort in einem Zug eingestiegen und eine sehr lange Strecke gefahren. Bekräftigt er ein "umsteigen in einen anderen Zug", er habe sich gemeinsam mit vielen anderen Flüchtlingen im Zug befunden und wisse er über die genauen Grenzkontrolle nichts bzw. nicht gewusst, in welchen Ländern er sich befunden habe. Insbesondere gab der Antragsteller zu Protokoll, er wisse nicht, wie er die serbisch-kroatische Grenze überquert habe. Auf Vorhalt der geführten Konsultation mit Kroatien und der geplanten Überstellung seiner Person nach Kroatien gab der Antragsteller an, er sei nie dort gewesen und habe in Kroatien auch keinen Asylantrag gestellt.

 

7. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.05.2017 wurde der Antrag auf internationalen Schutz vom 20.01.2016 abermals - ohne in die Sache einzutreten - gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen sowie festgestellt, dass für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz gemäß Artikel 13 Absatz 1 iVm 22 Absatz 7 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates Kroatien zuständig sei. Gleichzeitig wurde gemäß § 61 Absatz 1 Z 1 FPG gegen den Antragsteller die Außerlandesbringung angeordnet, demzufolge gemäß § 61 Absatz 2 FPG dessen Abschiebung nach Kroatien zulässig sei.

 

Es folgte in den angefochtenen Bescheiden die rechtliche Beurteilung zu den beiden jeweiligen Spruchpunkten. Die Anträge auf internationalen Schutz seien zurückzuweisen, weil Art. 13 Abs. 1 ivm. Art. 22 Abs. 7 Dublin III-VO formell erfüllt (und implizit sohin Kroatien für die Prüfung des Antrages zuständig) sei. Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, die die Gefahr einer Verletzung der GRC oder der EMRK im Falle einer Überstellung der BF ernstlich für möglich erscheinen lassen, sei im Verfahren nicht hervorgekommen. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG treffe daher zu und es habe sich kein Anlass für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO ergeben. Weiters lägen keine humanitären Gründe gem. Art. 16 und 17 Abs. 2 leg.cit. vor.

 

Ausdrücklich festgestellt wurde, dass sich der Antragsteller über Griechenland, Mazedonien und Serbien nach Kroatien und Slowenien nach Österreich begeben habe. Gemäß der vorliegenden Schriftstücke sowie der Schilderung des Reiseweges, sei ein Aufnahmeersuchen gemäß § 13 Absatz 1 der Dublin III-VO Kroatien gerichtet worden und sei Kroatien nunmehr durch Verfristung für seinen Antrag zuständig.

 

8. Zur Situation in Kroatien wurde wie folgt festgestellt:

 

Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

 

KI vom 24.11.2016, Versorgung und Unterbringung (relevant für Abschnitt 6.1/Unterbringung, 6.4/ Medizinische Versorgung)

 

Unterbringung

 

Mit Stand 22.11.2016 waren im Aufnahmezentrum in Zagreb (dabei handelt es sich um das ehemalige Hotel Piron; Maximalkapazität: 600 Betten, 177 Zimmer) 427 Personen, im Aufnahmezentrum in Kutina (Maximalkapazität: 100 Betten, 20 Zimmer) 86 Personen untergebracht. Beide Zentren sind vollkommen und jeden Tag mit elektrischer Energie und Trinkwasser (sowie Warmwasser) versorgt. In der Einrichtung in Zagreb hat jedes Zimmer seinen eigenen Sanitärraum und in jedem Schlafraum werden höchstens vier Personen untergebracht. Das ehemalige Hotel Piron besitzt auch ein Restaurant, die Mahlzeiten werden jedoch in der Polizeiakademie zubereitet. Das Aufnahmezentrum in Kutina verfügt über ein Restaurant, eine eigene Küche, wo das Essen vorbereitet wird, aber auch über eine Teeküche. Die Asylwerber erhalten drei Mahlzeiten. Das Mittag- und Abendessen wird in Form von gekochten Mahlzeiten serviert. Jede Mahlzeit wird mit Bedacht auf religiöse und kulturelle Lebensgewohnheiten der Antragsteller zubereitet, auch ihr Gesundheitszustand und ihr Alter werden in Betracht gezogen (VB 22.11.2016).

 

Für die Bewohner werden Waschpulver, Reinigungsmittel und Waschmaschinen zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus werden im Aufnahmezentrum in Zagreb die Bettwäsche und Handtücher alle 14 Tage oder anlassbezogen bei Verunreinigung gewechselt und gewaschen (VB 22.11.2016). Für die Sauberkeit des Hotelobjekts sind Reinigungskräfte zuständig, die jeden Tag alle gemeinsam genutzten Räumlichkeiten putzen, wie auch jene Zimmer, die ihre vorherigen Bewohner verlassen haben. Gemäß Hausverordnung des Aufnahmezentrums in Zagreb sind die Asylwerber selbst für ihre persönliche Hygiene und Sauberkeit der Zimmer zuständig und haben für die anderen Räumlichkeiten Sorge zu tragen (MIA 16.11.2016).

 

In den Unterbringungszentren sind täglich sowohl internationale (UNICEF, IOM, Save the Children) als auch nationale (Rotes Kreuz Kroatien, Kroatisches Zentrum für Rechtsangelegenheiten, Zentrum für Friedensstudien, Rehabilitationszentrum für Stress und Trauma, Verein für psychologische Hilfe) Organisationen anwesend und unterstützen die Asylwerber im alltäglichen Leben. So findet zum Beispiel regelmäßig ein "Awareness-Training" von IOM statt, da zahlreiche Personen weder mit der Verwendung von Waschmaschinen noch von Reinigungsmaterial vertraut sind. Das Rote Kreuz Kroatien führt einmal wöchentlich eine Versammlung für alle Bewohner des Zentrums in Zagreb durch, um Auskünfte zu erteilen, Beschwerden zu behandeln und auf die Sorgen der Bewohner einzugehen (VB 22.11.2016).

 

Die tägliche Präsenz von internationalen und nationalen Organisationen garantiert die Einhaltung der Grundversorgung und Betreuung der anwesenden Personen im Hotel Porin (VB 22.11.2016). Laut dem kroatischen Innenministerium erfüllt das Aufnahmezentrum für Asylwerber in Zagreb die EU-Richtlinien, in einigen Aspekten sind die Standards sogar höher (MIA 16.11.2016).

 

Derzeit laufen Verhandlungen für die Errichtung zwei weiterer Einrichtungen (Aufnahmezentren, keine Anhaltezentren, aber solche, wo Maßnahmen zur Verhinderung der Ausreise gesetzt werden - wie Meldepflicht etc.): Cepin (Kapazität von 200-400 Personen), Petrinje (Kapazität von 50 Personen) im Neugebäude der Spezialpolizei (VB 22.11.2016).

 

Medizinische Versorgung

 

Bei der Ankunft von Personen ins Aufnahmezentrum in Zagreb findet eine sofortige medizinische Untersuchung statt. So ansteckende Krankheiten - vor allem Hautkrankheiten - festgestellt werden, kommen betroffene Personen für ca. fünf Tage in eine Isolationseinheit eines Krankenhauses und werden bis zum Abklingen der Krankheit behandelt. Deren Räume werden vom Roten Kreuz geräumt und desinfisziert. In beiden Aufnahmezentren ist jeweils eine medizinische Ambulanz organisiert, in welcher jeden Tag von Montag bis Freitag 13.30 bis 15.30 und bei Bedarf auch länger eine medizinische Versorgung der Bewohner durchgeführt wird. Die Ambulanz ist auch mit notwendigen Medikamenten, Untersuchungsmöglichkeiten etc. ausgestattet. Beseht die Notwendigkeit eines Facharztes, wird eine Überweisung an einen solchen durchgeführt. An Wochenenden wird die Versorgung in Notfällen durch Verschaffung in Krankenhäuser geregelt. Die private Wachdienst erhielt dazu die entsprechenden Anweisungen (VB 22.11.2016).

 

Quellen:

 

 

 

Anmerkungen:

 

Die o.a. Informationen wurden vom VB in Zagreb durch direkte Kontaktaufnahme bei IOM, beim Roten Kreuz, bei Medecins du Monde Belgique und beim Aufnahmezentrum im Hotel Porin eingeholt.

 

KI vom 10.11.2016, Aktuelle Unterbringungszahlen (relevant für Abschnitt 3/Dublin-Rückkehrer, Abschnitt 6/Versorgung und Abschnitt 7/Schutzberechtigte)

 

Am 27.10.2016 erfolgte ein Besuch der Erstaufnahmestelle "Hotel Porin" in Zagreb durch den VB des BM.I und eine Besprechung mit dem vor Ort verantwortlichen Personal des kroatischen Innenministeriums. Dabei wurden auch Daten betreffend die Kapazitäten der kroatischen Zentren genannt. "Hotel Porin" befindet sich im Besitz der Staatlichen Kroatischen Eisenbahnen und wird vom Innenministerium angemietet. Die Kapazität liegt bei ca. 600 Plätzen. Für gefährdete Gruppen und Familien gibt es das Zentrum in Kutina (südöstlich von Zagreb) mit einer Kapazität von ca. 100 Plätzen. Am 27.10.2016 waren in beiden Zentren gesamt noch ca. 120 Plätze frei. Es wurde erklärt, dass neue Kapazitäten geschaffen werden, wenn mit den bestehenden kein Auslangen mehr gefunden werden sollte (VB 9.11.2016).

 

Dublin-Rückkehrer nach Kroatien haben bei Rückkehr Zugang zum Verfahren. In der Regel werden Neuanträge eingebracht (VB 9.11.2016).

 

Wenn ein Antragsteller Asyl erhalten hat, erfolgt eine Unterbringung auf dem privaten Wohnungsmarkt oder in im Staatseigentum stehenden Wohnungen. Aus dem Budget des Sozialministeriums gibt es derzeit HRK 800,- pro Monat (ca. EUR 107,-) an Unterstützung (VB 9.11.2016).

 

Quellen:

 

 

Allgemeines zum Asylverfahren

 

Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (AIDA 12.2015; für weitere Informationen siehe dieselbe Quelle).

 

Quellen:

 

 

Dublin-Rückkehrer

 

Personen, die unter der Dublin-VO nach Kroatien zurückkehren, haben prinzipiell vollen Zugang zum kroatischen Asylsystem. Wenn ein Rückkehrer Kroatien vor dem Ende seines ursprünglichen Verfahrens verlassen hat und das Verfahren daher suspendiert wurde, muss er, wenn er dies wünscht, bei Rückkehr neuerlich einen Asylantrag stellen (AIDA 12.2015).

 

Quellen:

 

 

Non-Refoulement

 

Gemäß Art. 6 des Asylgesetzes ist es verboten einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in ein Land zurück- bzw. abzuschieben, in dem sein Leben oder seine Freiheit aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung bedroht wäre, oder in dem er Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung ausgesetzt sein könnte, oder das den Betreffenden in ein anderes Land schicken könnte, wo ihm selbiges drohen würde. Eine Ausnahme kann nur gelten, wenn der Betreffende eine Gefahr für die nationale Sicherheit oder Ordnung darstellt, oder wenn er wegen eines ernsten Verbrechens rechtskräftig verurteilt wurde (Act 2.7.2015, Art. 6).

 

Laut Gesetz ist ein sicherer Drittstaat einer, in welchem ein Antragsteller sicher ist vor Verfolgung oder dem Risiko einen ernsten Schaden zu erleiden; welcher das Non-Refoulement-Prinzip beachtet und welcher effektiven Zugang zum Asylverfahren gewährt (AIDA 12.2015).

 

Kroatien respektiert das Non-Refoulement-Prinzip. Wenn Inhaftierte aber freiwillig in ihr Herkunftsland ausreisen wollen, wird dem Wunsch entsprochen, auch wenn das Land unsicher ist (z.B. Irak) (FRA 6. 2016).

 

Quellen:

 

 

 

 

Versorgung

 

Asylwerber in Kroatien haben das Recht auf materielle Versorgung während des Asylverfahrens. Dieses Recht umfasst Unterbringung, Verpflegung, Kleidung und finanzielle Unterstützung. Nur Folgeantragsteller sehen sich Einschränkungen gegenüber. Die monatliche finanzielle Unterstützung betrug Ende August 2015 100 Kuna (EUR 13,30) für eine Person. Gibt es abhängige Familienmitglieder, steigt der Betrag. Trotzdem ist die Unterstützung sehr gering bemessen. Asylwerber (AW) deren Verfahren nach 9 Monaten noch nicht entschieden ist, haben das Recht zu arbeiten. Meist werden die Verfahren aber früher abgeschlossen. Der faktische Zugang zum Arbeitsmarkt für AW wird durch die Sprachbarriere und hohe Arbeitslosigkeit behindert. Zugang zu Jobtraining haben AW nicht, sie können aber innerhalb der Unterbringungszentren mitarbeiten und werden in Form zusätzlicher Bedarfsartikel entlohnt (AIDA 12.2015).

 

Quellen:

 

 

Unterbringung

 

Gemäß Asylgesetz haben Asylwerber während des Asylverfahrens das Recht auf Unterbringung in Unterbringungszentren für Asylwerber.(AW)

Auf Antrag können sie auf eigene Kosten auch außerhalb eines Zentrums wohnen. Kroatien verfügt über 2 offene Unterbringungszentren für AW, in Zagreb und in Kutina, mit zusammen 700 Plätzen. Beide Zentren werden vom kroatischen Innenministerium geführt, wobei Kutina primär der Unterbringung vulnerabler AW dient. Familien werden grundsätzlich zusammen untergebracht. Das kroatische Rote Kreuz bietet in den Zentren Risikogruppen unter den AW präventiv Informationen bezüglich potentieller Ausbeutung, sexueller Gewalt und anderen Gefahren (AIDA 12.2015).

 

In den beiden Zentren Untergebrachte erhalten 3 Mahlzeiten am Tag (in Kutina gibt es darüber hinaus Kochbereiche). Wenn nötig (Kinder, Schwangere, religiöse Gründe) gibt es spezielle Kost. Die Zimmer fassen max. 4 Personen (Zagreb) bzw. 2 Personen (Kutina). Die Zentren können generell bis 22.00 Uhr frei verlassen werden. Mehrtägige Abwesenheit bedarf einer Genehmigung durch die Leitung der Unterkunft. Sozialarbeiter des kroatischen Roten Kreuzes sind immer werktags in den Zentren anwesend und bieten soziale Beratung und Unterstützung. Sie stellen auch Bedarfsartikel wie Kleidung, Schuhe, Hygieneartikel und Lebensmittel zur Verfügung. Auch organisiert werden Sprachtrainings, kreative Workshops, Sport- und Freizeitaktivitäten, usw. (AIDA 12.2015).

 

Die europäische Grundrechtsagentur äußert sich über die Unterbringung und Betreuung, nicht zuletzt durch viele NGOs, im Zentrum in Zagreb zufrieden (FRA 6.2016). Wenn ein Zentrum unerlaubt für mehr als 24 Stunden verlassen oder die Hausordnung wiederholt verletzt wird, kann die materielle Versorgung reduziert oder gestrichen werden, die medizinische Versorgung ist davon aber nicht betroffen (AIDA 12.2015).

 

Zudem verfügt Kroatien über ein geschlossenes (Schubhaft‑) Zentrum (Center for Foreigners) in Ježevo mit 96 Plätzen für die Inhaftierung illegaler Migranten. Gegebenenfalls bleiben auch AW, die ihren Antrag in Haft gestellt haben für einige Zeit dort, bevor sie in ein offenes Zentrum verlegt werden. Es wird versucht Vulnerable und Familien alternativ zur Haft unterzubringen, besonders im Zentrum in Zagreb, in dem es dafür einen eigenen Bereich gibt (AIDA 12.2015; vgl. FRA 6.2016).

 

Quelle:

 

 

 

Transitzentren/Migration

 

Seit Schließung der sogenannten "Balkanroute" gab es keine organisierten Migrationsbewegungen nach Kroatien mehr. Laut Daten des kroatischen Innenministeriums waren Ende Mai 2016 170 Personen im Unterbringungszentrum für Asylwerber in Zagreb untergebracht (davon 40 Dublin-Rückkehrer), 55 in Kutina und 95 im Schubhaftzentrum Ježevo. Ca. 200 von den o.g. waren Asylantragsteller, 20% der ASt. waren minderjährig (FRA 6.2016).

 

Mit Stand 16.8.2016 waren ca. 345 Fremde in Kroatien untergebracht. Am 11.8.2016 wurde im Grenzbereich zu Serbien das Transit-Anhaltezentrum Tovarnik fertiggestellt. Es hat eine Kapazität von 70-80 Plätzen und dient der medizinischen und psychologischen Betreuung von Personen, welche nach illegalem Grenzübertritt angehalten wurden, sowie der Identitätsklärung, dem Abschiebeverfahren und der Kooperation mit anderen Dienststellen. Das Zentrum Slavonski Brod wurde vollständig abgebaut. Damit ist Tovarnik das einzige verbleibende Transitzentrum (VB 12.8.2016 und 16.8.2016).

 

Quelle:

 

 

 

 

Medizinische Versorgung

 

Asylwerber haben das Recht auf medizinische Notversorgung und notwendige medizinische Behandlung von Krankheiten und psychischen Störungen. Besonders Schwangere und Wöchnerinnen und deren Kinder werden speziell betreut. In den Unterbringungszentren in Zagreb und Kutina ist eine Krankenschwester dauernd anwesend. In Kutina ist auch ein Arzt dauernd anwesend, in Zagreb dreimal wöchentlich. Es gibt Beschwerden über Verständigungsschwierigkeiten mit dem medizinischen Personal, da von der öffentlichen Hand keine Übersetzungskosten für medizinische Belange übernommen werden (AIDA 12.2015; vgl. FRA 6.2016).

 

Die NGO Center for Peace Studies bietet im Zentrum in Zagreb, in Ergänzung des Angebots des Roten Kreuzes, an 2 Tagen pro Woche auch psycho-soziale Unterstützung und Sprachtraining. Die NGO Centre for Children, Youth and Family (Modus) bietet kostenlose Beratung und Psychotherapie für Asylwerber (AW) und anerkannte Flüchtlinge durch 8 ausgebildete Berater/Psychotherapeuten und 8 Übersetzer (Russisch, Türkisch, Französisch, Arabisch, Farsi, Hindi und Paschtu). Die NGO Croatian Law Centre betreibt das Projekt "Protection of Victims of Torture among Vulnerable Groups of Migrants", das -finanziert vom UN Voluntary Fund for Victims of Torture- Rechtshilfe, psychosoziale Unterstützung und psychologische Beratung für AW und anerkannte Flüchtlinge bietet. (AIDA 12.2015).

 

Irreguläre Migranten haben wie AW Anspruch auf medizinische Notversorgung. NGOs und private Helfer unterstützen Fälle von nicht-dringenden medizinischen Behandlungen (FRA 6.2016).

 

Quellen:

 

 

 

Schutzberechtigte

 

Fremde, denen Asyl oder subsidiärer Schutz gewährt wurde, haben u.a. das Recht auf Aufenthalt in der Republik Kroatien; Unterbringung für max. 2 Jahre ab Statuszuerkennung; freien Zugang zum Arbeitsmarkt ohne weitere Arbeitsbewilligung; Krankenversorgung; Ausbildung; soziale Unterstützung wie kroatische Staatsbürger; Unterstützung bei der Integration in die kroatische Gesellschaft; usw. Fremde mit temporärem Schutzstatus (eine spezielle Schutzform im Zusammenhang mit außergewöhnlichen Ereignissen), haben das Recht auf Aufenthalt in Kroatien; Grundversorgung und Unterbringung; Krankenversorgung;

primäre und sekundäre Schulbildung; Arbeit; Familienzusammenführung;

usw. (MUP o.D., vgl. Act 2.7.2015, Art. 64 ff. und Art. 83 ff.).

 

Am 13.6.2016 hat die Arbeitsgruppe Integration den Entwurf für den Aktionsplan für die Integration von Personen mit internationalem Schutz 2016-2018 abgeschlossen. Ziel des Aktionsplans ist eine Liste von Aktivitäten, die kontinuierlich von allen zuständigen staatlichen Behörden und Einrichtungen auf lokaler und regionaler Ebene umgesetzt werden sollen, darunter Zugang zu Wohnung, sozialer Wohlfahrt, Bildung und Beschäftigung. Zum Entwurf gehören auch bewusstseinsbildende Maßnahmen bei Öffentlichkeit und Beamten. Kroatisch-Sprachkurse sind für Personen mit internationalem Schutz nicht mehr verfügbar. UNHCR hat sich beim Minister für Wissenschaft, Bildung und Sport für die Wiederaufnahme der Kurse eingesetzt, was bislang aber noch nicht geschehen ist (UNHCR 20.6.2016).

 

Quellen:

 

 

 

 

Im Rahmen der Beweiswürdigung wurde zentral durchgeführte Untersuchungsmethodik zur Bestimmung des Lebensalters des Antragstellers und somit die errechnete Volljährigkeit zum Antragszeitpunkt verwiesen. Im Weiteren wurde festgehalten, dass Dublin-Rückkehrer in Kroatien prinzipiell vollen Zugang zum kroatischen Asylsystem haben sowie wurden Feststellungen getroffen hinsichtlich Unterbringung, medizinische Basisversorgung, Bildung, psychologische Beratung und Hilfe bei der Arbeitssuche. Über die genaue Vorgangsweise wurde des Weiteren ausführlich berichtet.

 

9. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben und beantragt, das Verfahren bis zur Entscheidung über das Vorabentscheidungsersuchen an den EUGH, Zl. C-490/16 auszusetzen und wegen Gefahr in Verzug die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 17 Absatz 1 BFA-VG zuzuerkennen. In diesem Zusammenhang wurde auf den mit der Aufhebung verbundenen Auftrag des BVwG verwiesen. Bei richtiger Rechtsanwendung hätte die Behörde nunmehr das Verfahren aussetzen müssen.

 

10. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 14.06.2017, W105 2137029-1/2Z, wurde der Beschwerde gemäß § 17 BVA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

Der Antragsteller ist Staatsangehöriger von Afghanistan; weder dessen Identität noch ein genaues Geburtsdatum konnte mit hinlänglicher Gewissheit festgestellt werden. Festzustellen ist, dass der Antragsteller bei Antrag volljährig war.

 

Am 05.04.2016 richtete das BFA ein auf Art. 13 Abs. 1 Dublin III-Verordnung gestütztes Aufnahmeersuchen an Kroatien. Auf Grund der Verfristung trat die Zuständigkeit Kroatiens zur Durchführung des Verfahrens ein.

 

Es wird festgestellt, dass die Einreise der Beschwerdeführer nach Kroatien "während des Flüchtlingsstroms" nicht legal war und daher die Regelungen der Dublin III-VO vollumfänglich Anwendung finden.

 

Besondere, in der Person der Beschwerdeführer gelegene Gründe, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in Kroatien sprechen, liegen nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den Feststellungen der angefochtenen Bescheide zur Lage im Mitgliedstaat an und stellt fest, dass die vorliegenden Länderfeststellungen zu Kroatien ausreichend aktuell sind.

 

Keiner der Beschwerdeführer leidet aktuell an einer tödlichen oder akut lebensbedrohlichen Erkrankung und besteht bei keinem der Beschwerdeführer der akute Bedarf stationärer spitalsärztlicher Behandlung. Medizinische Befunde wurden keine vorgelegt.

 

Die Beschwerdeführer stehen mit keinen sonstigen Bezugspersonen im österreichischen Bundesgebiet in engem familiärem Kontakt bzw. bestehen keine gegenseitigen Abhängigkeiten zu Bezugspersonen in Österreich.

 

2. Beweiswürdigung:

 

Die Feststellungen zum Reiseweg der Beschwerdeführer ergeben sich aus der vorliegenden Aktenlage.

 

Die Feststellung zur Volljährigkeit des Antragstellers ergibt sich zentral aus dem Ergeblnis des vorliegenden, in sich schlüssigen Gutachtens der medizinischen Universität Wien, wonach nach multifaktorieller Untersuchungsmethodik, die allgemeinem Standard entspricht, ein maßgeblich wahrscheinliches Mindestalter zum Antragszeitpunkt festgelegt wurde und war auf Basis des umfassenden Gutachtens der Expertise dergestalt zu folgen, dass dem Antragsteller jedenfalls Volljährigkeit zumessbar ist und wurden gegenläufige Beweiswertuntersuchungsergebnisse wurden im Verfahren nicht aufgezeigt.

 

Die Feststellung hinsichtlich des Aufnahmeersuchens seitens der österreichischen Dublin-Behörde und dem Übergang der Zuständigkeit auf Kroatien durch Verschweigung beruht auf den - im Verwaltungsakten dokumentierten - durchgeführten Konsultationsverfahren.

 

Dass das seinerzeitige Einreisen "während des Flüchtlingsstroms" nicht legal war und die Regelungen der Dublin III-VO daher vollumfänglich Anwendung finden, ergibt sich aus den Entscheidungen des EuGH vom 26.07.2017, C-646/16 (Jafari) zum Vorabentscheidungsersuchen des VwGH und C-490/16 zum slowenischen Vorabentscheidungsersuchen (vgl. insb. EuGH 26.07.2017, C-646/16 , Rz 80 bis 84 und 89 bis 92).

 

Der Beschwerdeführer wies auf Missstände im zuständigen Mitgliedstaat hin. Eine den Beschwerdeführer konkret treffende ernsthafte Bedrohungssituation in Kroatien wurde nicht ausreichend substantiiert vorgebracht (siehe dazu die weiteren Ausführungen unten).

 

Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultiert aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen der angefochtenen Bescheide, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Das BFA hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in Kroatien auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf Rückkehrer nach der Dublin-VO) samt dem jeweiligen Rechtsschutz im Rechtsmittelweg getroffen. Zum Zeitpunkt der nunmehrigen Entscheidung konnten auch keine wesentlichen Veränderungen im Bereich des Asylwesens in Kroatien, insbesondere eine Verschlechterung für Asylwerber, festgestellt werden.

 

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand ergeben sich ebenfalls aus der Aktenlage. Diesbezüglich wurde kein Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu tangieren.

 

Die festgestellten, persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers ergeben sich aus den eigenen Angaben und der damit im Einklang stehenden Aktenlage.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

 

Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetes 2005 (AsylG 2005) idgF lauten:

 

"§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

 

...

 

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

 

...

 

§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

 

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

 

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

 

...

 

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt."

 

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF lautet:

 

"§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

 

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

 

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

 

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

 

4. der Grad der Integration,

 

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

 

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

 

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

 

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

 

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist."

 

§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lautet:

 

"§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

 

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

 

2. ...

 

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

 

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

 

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird."

 

Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (Dublin III-Verordnung) lauten:

 

"Art. 3 Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

 

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

 

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.

 

Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.

 

Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

 

(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

 

Art. 7 Rangfolge der Kriterien

 

(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

 

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

 

(3) Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und 6 (Anmerkung: gemeint wohl 16) genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist.

 

Art. 13 Einreise und/oder Aufenthalt

 

(1) Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 dieser Verordnung genannten Verzeichnissen, einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 festgestellt, dass ein Antragsteller aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Die Zuständigkeit endet zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts.

 

(2) Ist ein Mitgliedstaat nicht oder gemäß Absatz 1 dieses Artikels nicht länger zuständig und wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 genannten Verzeichnissen festgestellt, dass der Antragsteller - der illegal in die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten eingereist ist oder bei dem die Umstände der Einreise nicht festgestellt werden können - sich vor der Antragstellung während eines ununterbrochenen Zeitraums von mindestens fünf Monaten in einem Mitgliedstaat aufgehalten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

 

Hat sich der Antragsteller für Zeiträume von mindestens fünf Monaten in verschiedenen Mitgliedstaaten aufgehalten, so ist der Mitgliedstaat, wo er sich zuletzt aufgehalten hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

 

Art. 16 Abhängige Personen

 

(1) Ist ein Antragsteller wegen Schwangerschaft, eines neugeborenen Kindes, schwerer Krankheit, ernsthafter Behinderung oder hohen Alters auf die Unterstützung seines Kindes, eines seiner Geschwister oder eines Elternteils, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, angewiesen oder ist sein Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, auf die Unterstützung des Antragstellers angewiesen, so entscheiden die Mitgliedstaaten in der Regel, den Antragsteller und dieses Kind, dieses seiner Geschwister oder Elternteil nicht zu trennen bzw. sie zusammenzuführen, sofern die familiäre Bindung bereits im Herkunftsland bestanden hat, das Kind, eines seiner Geschwister oder der Elternteil in der Lage ist, die abhängige Person zu unterstützen und die betroffenen Personen ihren Wunsch schriftlich kundgetan haben.

 

(2) Hält sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil im Sinne des Absatzes 1 rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat als der Antragsteller auf, so ist der Mitgliedstaat, in dem sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil rechtmäßig aufhält, zuständiger Mitgliedstaat, sofern der Gesundheitszustand des Antragstellers diesen nicht längerfristig daran hindert, in diesen Mitgliedstaat zu reisen. In diesem Fall, ist der Mitgliedstaat, in dem sich der Antragsteller aufhält, zuständiger Mitgliedstaat. Dieser Mitgliedstaat kann nicht zum Gegenstand der Verpflichtung gemacht werden, das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil in sein Hoheitsgebiet zu verbringen.

 

(3) Der Kommission wird die Befugnis übertragen gemäß Artikel 45 in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung des Abhängigkeitsverhältnisses zu berücksichtigen sind, in Bezug auf die Kriterien zur Feststellung des Bestehens einer nachgewiesenen familiären Bindung, in Bezug auf die Kriterien zur Beurteilung der Fähigkeit der betreffenden Person zur Sorge für die abhängige Person und in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung einer längerfristigen Reiseunfähigkeit zu berücksichtigen sind, delegierte Rechtsakte zu erlassen.

 

(4) Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten einheitliche Bedingungen für Konsultationen und den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten fest. Diese Durchführungsrechtsakte werden nach dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

 

Art. 17 Ermessensklauseln

 

(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist.

 

Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat, der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde.

 

Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.

 

(2) Der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist und der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder der zuständige Mitgliedstaat kann, bevor eine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, jederzeit einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen, aus humanitären Gründen, die sich insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext ergeben, um Personen jeder verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen, auch wenn der andere Mitgliedstaat nach den Kriterien in den Artikeln 8 bis 11 und 16 nicht zuständig ist. Die betroffenen Personen müssen dem schriftlich zustimmen.

 

Das Aufnahmegesuch umfasst alle Unterlagen, über die der ersuchende Mitgliedstaat verfügt, um dem ersuchten Mitgliedstaat die Beurteilung des Falles zu ermöglichen.

 

Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt alle erforderlichen Überprüfungen vor, um zu prüfen, dass die angeführten humanitären Gründe vorliegen, und antwortet dem ersuchenden Mitgliedstaat über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet wurde, innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Gesuchs. Eine Ablehnung des Gesuchs ist zu begründen.

 

Gibt der ersuchte Mitgliedstaat dem Gesuch statt, so wird ihm die Zuständigkeit für die Antragsprüfung übertragen.

 

Artikel 18 Pflichten des zuständigen Mitgliedstaats

 

(1) Der nach dieser Verordnung zuständige Mitgliedstaat ist verpflichtet:

 

a) einen Antragsteller, der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat, nach Maßgabe der Artikel 21, 22 und 29 aufzunehmen;

 

b) einen Antragsteller, der während der Prüfung seines Antrags in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

 

c) einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der seinen Antrag während der Antragsprüfung zurückgezogen und in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

 

d) einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, dessen Antrag abgelehnt wurde und der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen.

 

(2) Der zuständige Mitgliedstaat prüft in allen dem Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstaben a und b unterliegenden Fällen den gestellten Antrag auf internationalen Schutz oder schließt seine Prüfung ab.

 

Hat der zuständige Mitgliedstaat in den in den Anwendungsbereich von Absatz 1 Buchstabe c fallenden Fällen die Prüfung nicht fortgeführt, nachdem der Antragsteller den Antrag zurückgezogen hat, bevor eine Entscheidung in der Sache in erster Instanz ergangen ist, stellt dieser Mitgliedstaat sicher, dass der Antragsteller berechtigt ist, zu beantragen, dass die Prüfung seines Antrags abgeschlossen wird, oder einen neuen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, der nicht als Folgeantrag im Sinne der Richtlinie 2013/32/EU behandelt wird.

 

In diesen Fällen gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass die Prüfung des Antrags abgeschlossen wird. In den in den Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstabe d fallenden Fällen, in denen der Antrag nur in erster Instanz abgelehnt worden ist, stellt der zuständige Mitgliedstaat sicher, dass die betreffende Person die Möglichkeit hat oder hatte, einen wirksamen Rechtsbehelf gemäß Artikel 46 der Richtlinie 2013/32/EU einzulegen."

 

Art. 21 Dublin-III-VO lautet auszugsweise:

 

"(1) Hält der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, einen anderen Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags für zuständig, so kann er so bald wie möglich, auf jeden Fall aber innerhalb von drei Monaten nach Antragstellung im Sinne von Artikel 20 Absatz 2, diesen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen.

 

Abweichend von Unterabsatz 1 wird im Fall einer Eurodac-Treffermeldung im Zusammenhang mit Daten gemäß Artikel 14 der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 dieses Gesuch innerhalb von zwei Monaten nach Erhalt der Treffermeldung gemäß Artikel 15 Absatz 2 jener Verordnung gestellt.

 

Wird das Gesuch um Aufnahme eines Antragstellers nicht innerhalb der in Unterabsätzen 1 und 2 niedergelegten Frist unterbreitet, so ist der Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für die Prüfung des Antrags zuständig.

 

(2) Der ersuchende Mitgliedstaat kann in Fällen, in denen der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, nachdem die Einreise oder der Verbleib verweigert wurde, der Betreffende wegen illegalen Aufenthalts festgenommen wurde oder eine Abschiebungsanordnung zugestellt oder vollstreckt wurde, eine dringende Antwort anfordern.

 

In dem Gesuch werden die Gründe genannt, die eine dringende Antwort rechtfertigen, und es wird angegeben, innerhalb welcher Frist eine Antwort erwartet wird. Diese Frist beträgt mindestens eine Woche.

 

..."

 

Art. 22 Dublin-III-VO lautet auszugsweise:

 

"(1) Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt die erforderlichen Überprüfungen vor und entscheidet über das Gesuch um Aufnahme eines Antragstellers innerhalb von zwei Monaten, nach Erhalt des Gesuchs.

 

...

 

(6) Beruft sich der ersuchende Mitgliedstaat auf das Dringlichkeitsverfahren gemäß Artikel 21 Absatz 2, so unternimmt der ersuchte Mitgliedstaat alle Anstrengungen, um die vorgegebene Frist einzuhalten. In Ausnahmefällen, in denen nachgewiesen werden kann, dass die Prüfung eines Gesuchs um Aufnahme eines Antragstellers besonders kompliziert ist, kann der ersuchte Mitgliedstaat seine Antwort nach Ablauf der vorgegebenen Frist erteilen, auf jeden Fall ist die Antwort jedoch innerhalb eines Monats zu erteilen. In derartigen Fällen muss der ersuchte Mitgliedstaat seine Entscheidung, die Antwort zu einem späteren Zeitpunkt zu erteilen, dem ersuchenden Mitgliedstaat innerhalb der ursprünglich gesetzten Frist mitteilen.

 

(7) Wird innerhalb der Frist von zwei Monaten gemäß Absatz 1 bzw. der Frist von einem Monat gemäß Absatz 6 keine Antwort erteilt, ist davon auszugehen, dass dem Aufnahmegesuch stattgegeben wird, was die Verpflichtung nach sich zieht, die Person aufzunehmen und angemessene Vorkehrungen für die Ankunft zu treffen."

 

§ 29 Abs. 2 Dublin-III-VO lautet:

 

"Wird die Überstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgeführt, ist der zuständige Mitgliedstaat nicht mehr zur Aufnahme oder Wiederaufnahme der betreffenden Person verpflichtet und die Zuständigkeit geht auf den ersuchenden Mitgliedstaat über. Diese Frist kann höchstens auf ein Jahr verlängert werden, wenn die Überstellung aufgrund der Inhaftierung der betreffenden Person nicht erfolgen konnte, oder höchstens auf achtzehn Monate, wenn die betreffende Person flüchtig ist"

 

Zur Frage der Unzuständigkeit Österreichs für die Durchführung des gegenständlichen Verfahrens pflichtet das Bundesverwaltungsgericht der Verwaltungsbehörde bei, dass sich aus dem festgestellten Sachverhalt die Zuständigkeit Kroatiens ergibt. Es war hierbei eine Auseinandersetzung mit der Frage erforderlich, auf welcher Bestimmung die Zuständigkeit des ersuchten Mitgliedstaates beruht (VfGH 27.06.2012, U 462/12). Dies jedoch, sofern maßgeblich, unter Berücksichtigung der Urteile des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 07.06.2016 in der Rechtssache C-63/15 , Mehrdad Ghezelbash/Niederlande und in der Rechtssache vom 07.06.2016 C-155/15, Karim/Schweden.

 

In materieller Hinsicht ist die Zuständigkeit Kroatiens zur Prüfung des Asylantrags des Beschwerdeführers jedenfalls in Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO begründet, da die Beschwerdeführer - ohne Einreisetitel und somit illegal - über einen Drittstaat nach Kroatien in das Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten eingereist sind und - nachdem die kroatischen Behörden das Aufnahmeersuchen des BFA nicht fristgerecht beantwortet haben - auf Art. 22 Abs. 7 der Dublin III-VO beruht.

 

Der EuGH hat jüngst am 26.07.2017 in den Rechtssachen C-646/16 (Jafari) und C-490/16 klargestellt, dass die Einreise nach Kroatien "während des Flüchtlingsstroms" nicht legal war und daher die Regelungen der Dublin III-VO vollumfänglich Anwendung finden. Art. 12 Dublin III-VO sei in Verbindung mit Art. 2 Buchst. m Dublin III-VO dahin auszulegen, dass kein "Visum" im Sinne von Art. 12 Dublin III-VO vorliegt, wenn die Behörden eines Mitgliedstaats in einer Situation, in der sie mit der Ankunft einer außergewöhnlich hohen Zahl von Drittstaatsangehörigen konfrontiert sind, die durch diesen Mitgliedstaat durchreisen möchten, um in einem anderen Mitgliedstaat internationalen Schutz zu beantragen, die Einreise der Drittstaatsangehörigen dulden, obwohl sie die im erstgenannten Mitgliedstaat grundsätzlich geforderten Einreisevoraussetzungen nicht erfüllen. Zu Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO führt der EuGH weiters aus, dass ein Drittstaatsangehöriger, dessen Einreise von den Behörden eines Mitgliedstaats in einer Situation geduldet wird, in der sie mit der Ankunft einer außergewöhnlich hohen Zahl von Drittstaatsangehörigen konfrontiert sind, die durch diesen Mitgliedstaat, dessen grundsätzlich geforderte Einreisevoraussetzungen sie nicht erfüllen, durchreisen möchten, um in einem anderen Mitgliedstaat internationalen Schutz zu beantragen, die Grenze des erstgenannten Mitgliedstaats im Sinne von Art. 13 Abs. 1 "illegal überschritten" habe (vgl. insb. EuGH 26.07.2017, C-646/16 , Rz 80 bis 84 und 89 bis 92). Die Einreise des Beschwerdeführers, die im Zuge des Flüchtlingsstroms Anfang 2016 von Serbien über Kroatien und Slowenien erfolgte, ist daher als illegale Einreise im Sinne des Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO anzusehen.

 

Die im ersten Rechtsgang geäußerten bezughabenden Bedenken - die auch zur Behebung der ursprünglich durch das Bundesverwaltungsgericht ergangenen Entscheidungen geführt haben und letztlich in der weiteren Behebung durch das Bundesverwaltungsgericht mündeten - wurden sohin einer rechtlichen Klärung zugeführt.

 

Eine Zuständigkeit Griechenlands (die zudem schon wegen der dort herrschenden systemischen Mängel nicht effektuierbar wäre) scheitert daran, dass dort kein Antrag auf internationalen Schutz gestellt und danach das Gebiet der EU wieder verlassen wurde. Nach Art. 19 Abs. 2 der Dublin III-VO erlischt die Zuständigkeit eines Mitgliedstaats, wenn der Antragsteller dessen Hoheitsgebiet für mindestens drei Monate verlassen hat. Diese Regelung gilt aber nur, wenn ein Asylantrag gestellt wurde. Es ist ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass die Zuständigkeit eines Mitgliedstaats zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz nach Art. 13 Abs. 1 erlischt, wenn der Fremde das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten wieder verlässt, ohne einen Asylantrag zu stellen (vgl. dazu u. a W125 2122299 vom 17.03.2016, W105 2124435 vom 14.04.2016, W205 2122427 vom 24.03.2016).

 

Gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO kann der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, wenn das Asylverfahren im als zuständig bestimmten Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweist, die Prüfung der in Kapitel III der VO vorgesehenen Kriterien fortsetzen, um festzustellen, ob ein anderen Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 23.06.2016, Ra 2016/20/0069-8, festgehalten, dass diese Bestimmung nur so verstanden werden kann, dass die Fortsetzung der Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann, sämtliche in diesem Kapitel festgelegten Kriterien zu erfassen hat. Aus diesem Grund wurde in der oben zitierten Entscheidung die Zuständigkeit Kroatiens in einem gleich gelagerten Fall vom Verwaltungsgerichtshof bejaht.

 

Der EuGH hat in seiner Entscheidung vom 07.06.2016 in der Rechtssache C-63/15 ; Mehrdad Ghezelbash/Niederlande betont, dass die Kontrolle der richtigen Anwendung der Zuständigkeitskriterien in dem Rahmen vorzunehmen ist, der durch Art. 22 Abs. 4 und 5 vorgegeben ist. Diese Bestimmung sieht vor, dass das Beweiserfordernis nicht über das für die ordnungsgemäße Anwendung der Verordnung erforderliche Maß hinausgehen sollte und in Ermangelung förmlicher Beweismittel der ersuchte Mitgliedstaat seine Zuständigkeit anerkennt, wenn die Indizien kohärent, nachprüfbar und hinreichend detailliert sind, um seine Zuständigkeit zu begründen. Im vorliegenden Fall hat Kroatien der Aufnahme der Beschwerdeführer - wenn auch nur stillschweigend - zugestimmt, sah also die Indizien für ausreichend an, um seine Zuständigkeit zu begründen. Zudem erfolgte die Überstellung der Beschwerdeführer binnen der gem. Art. 29 Abs. 2 der Dublin III-VO dafür vorgesehenen Frist.

 

Auch aus Art. 16 (abhängige Personen) und Art. 17 Abs. 2 Dublin-III-VO (humanitäre Klausel) ergibt sich keine Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung der Anträge der Beschwerdeführer (siehe diesbezüglich die Ausführungen unter "Mögliche Verletzung von Art. 7 GRC bzw. Art. 8 EMRK").

 

Nach der Rechtsprechung des VfGH (zB 17.06.2005, B 336/05;

15.10.2004, G 237/03) und des VwGH (zB 23.01.2007, 2006/01/0949;

25.04.2006, 2006/19/0673) ist aus innerstaatlichen verfassungsrechtlichen Gründen das Selbsteintrittsrecht zwingend auszuüben, sollte die innerstaatliche Überprüfung der Auswirkungen einer Überstellung ergeben, dass Grundrechte des betreffenden Asylwerbers bedroht wären.

 

Das BFA hat von der Möglichkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO keinen Gebrauch gemacht. Es war daher zu prüfen, ob von diesem im gegenständlichen Verfahren ausnahmsweise zur Vermeidung einer Verletzung der EMRK oder der GRC zwingend Gebrauch zu machen gewesen wäre.

 

Mögliche Verletzung von Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK:

 

Gemäß Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK darf niemand Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

 

Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben werden soll, genügt nicht, um die Abschiebung des Fremden in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen. Wenn keine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigende notorische Umstände grober Menschenrechtsverletzungen in Mitgliedstaaten der EU in Bezug auf Art. 3 EMRK vorliegen (VwGH 27.09.2005, Zl. 2005/01/0313), bedarf es zur Glaubhaftmachung der genannten Bedrohung oder Gefährdung konkreter auf den betreffenden Fremden bezogener Umstände, die gerade in seinem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung im Fall seiner Abschiebung als wahrscheinlich erscheinen lassen (VwGH 26.11.1999, Zl 96/21/0499, VwGH 09.05.2003, Zl. 98/18/0317; vgl. auch VwGH 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059): "Davon abgesehen liegt es aber beim Asylwerber, besondere Gründe, die für die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, vorzubringen und glaubhaft zu machen. Dazu wird es erforderlich sein, dass der Asylwerber ein ausreichend konkretes Vorbringen erstattet, warum die Verbringung in den zuständigen Mitgliedstaat gerade für ihn die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes, insbesondere einer Verletzung von Art. 3 EMRK, nach sich ziehen könnte, und er die Asylbehörden davon überzeugt, dass der behauptete Sachverhalt (zumindest) wahrscheinlich ist." (VwGH 23.01.2007, Zl. 2006/01/0949).

 

Die Vorlage allgemeiner Berichte ersetzt dieses Erfordernis in der Regel nicht (vgl. VwGH 17.02.1998, Zl. 96/18/0379; EGMR Mamatkulov & Askarov v Türkei, Rs 46827, 46951/99, 71-77), eine geringe Anerkennungsquote, eine mögliche Festnahme im Falle einer Überstellung ebenso eine allfällige Unterschreitung des verfahrensrechtlichen Standards des Art. 13 EMRK sind für sich genommen nicht ausreichend, die Wahrscheinlichkeit einer hier relevanten Menschenrechtsverletzung darzutun. Relevant wäre dagegen etwa das Vertreten von mit der GFK unvertretbaren rechtlichen Sonderpositionen in einem Mitgliedstaat oder das Vorliegen einer massiv rechtswidrigen Verfahrensgestaltung im individuellen Fall, wenn der Asylantrag im zuständigen Mitgliedstaat bereits abgewiesen wurde (Art. 16 Abs. 1 lit e Dublin II VO). Eine ausdrückliche Übernahmeerklärung des anderen Mitgliedstaates hat in die Abwägung einzufließen (VwGH 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582, VwGH 31.05.2005, Zl. 2005/20/0025, VwGH 25.04.2006, Zl. 2006/19/0673), ebenso andere Zusicherungen der europäischen Partnerstaaten Österreichs.

 

Mit der Frage, ab welchem Ausmaß von festgestellten Mängeln im Asylsystem des zuständigen Mitgliedstaates der Union ein Asylwerber von einem anderen Aufenthaltsstaat nicht mehr auf die Inanspruchnahme des Rechtsschutzes durch die innerstaatlichen Gerichte im zuständigen Mitgliedstaat und letztlich den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zur Wahrnehmung seiner Rechte verwiesen werden darf, sondern vielmehr vom Aufenthaltsstaat zwingend das Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-Verordnung (nunmehr Art. 17 Abs. 1 Dublin III-Verordnung) auszuüben ist, hat sich der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem Urteil vom 21.12.2011, C-411/10 und C-493/10 , N.S./Vereinigtes Königreich, (zu vergleichbaren Bestimmungen der Dublin II-VO) befasst und, ausgehend von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte in der Entscheidung vom 02.12.2008, 32733/08, K.R.S./Vereinigtes Königreich, sowie deren Präzisierung mit der Entscheidung des EGMR vom 21.01.2011, 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland, ausdrücklich ausgesprochen, dass nicht jede Verletzung eines Grundrechtes durch den zuständigen Mitgliedstaat, sondern erst systemische Mängel im Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat die Ausübung des Selbsteintrittsrechtes durch den Aufenthaltsstaat gebieten (Rn. 86). An dieser Stelle ist auch auf das damit in Einklang stehende Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 14.11.2013 in der Rechtssache C-4/11 , Bundesrepublik Deutschland/Kaveh Puid zu verweisen (Rn. 36, 37).

 

Somit ist zum einen unionsrechtlich (im Hinblick auf die Urteile des EuGH vom 10.12.2013, C-394/12 , Shamso Abdullahi/Österreich, sowie jeweils vom 07.06.2016, C-63/15 , Gezelbash, und C-155/15 , Karim) zu prüfen, ob im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel im Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen für Asylbewerber vorherrschen, und zum anderen, ob der Beschwerdeführer im Falle der Zurückweisung seines Antrages auf internationalen Schutz und seiner Außerlandesbringung nach Kroatien gemäß §§ 5 AsylG und 61 FPG - unter Bezugnahme auf seine persönliche Situation - in seinen Rechten gemäß Art. 3 und/oder 8 EMRK verletzt werden würde, wobei der Maßstab des "real risk" anzulegen ist.

 

Weder aus Stellungnahmen des UNHCR noch aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte ergeben sich irgendwelche Hinweise darauf, dass etwa Kroatien bei der Vollziehung der Dublin-Verordnung die Verpflichtungen nach der GFK, der EMRK oder nach dem Unionsrecht missachten oder unvertretbare rechtliche Sonderpositionen vertreten würde. Nicht zuletzt ist es vor dem Hintergrund der unionsrechtlichen Vorgaben in Gestalt der Aufnahmerichtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 gänzlich unwahrscheinlich, dass in Kroatien Asylwerber infolge der Verweigerung staatlicher Unterstützung in eine Notlage geraten könnten. In den Art. 17ff der Aufnahmerichtlinie ist die Pflicht der Mitgliedstaaten statuiert, für ausreichende materielle Aufnahmebedingungen und eine medizinische Versorgung von kranken Asylwerbern zu sorgen. Es bestehen gegenwärtig keine Anzeichen dafür, dass etwa Kroatien den diesbezüglichen Verpflichtungen nicht nachkäme.

 

Wie im angefochtenen Bescheid ausführlich und unter Heranziehung zahlreicher Berichte dargelegt wurde, ist in Kroatien insbesondere auch die Versorgung der Asylwerber gewährleistet. Nach den Länderberichten zu Kroatien kann keinesfalls mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass ein Asylwerber im Fall einer Überstellung in diesen Mitgliedstaat konkret Gefahr liefe, dort einer gegen das Folterverbot des Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung unterworfen zu werden. Aus den von der Verwaltungsbehörde getroffenen Feststellungen zum kroatischen Asylverfahren ergibt sich eindeutig, dass Asylwerbern dort ein rechtsstaatliches Asylverfahren offen steht, in welchem die Voraussetzungen der Asylgewährung und des Rückschiebungsschutzes im Einklang mit den internationalen Verpflichtungen, insbesondere der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK, definiert sind. Dublin-Rückkehrer haben in Kroatien prinzipiell den vollen Zugang zum kroatischen Asylsystem. Gegen Entscheidungen der Asylbehörde ist eine Beschwerde vor dem Verwaltungsgericht möglich, dieser Beschwerde kommt aufschiebende Wirkung zu. Nach dem kroatischen Asylgesetz gibt es keine Definition eines Folgeantrags, es sind also in Kroatien unbegrenzt (Folge‑)Anträge möglich und mit der Folgeantragstellung sind keine reduzierten Rechte verbunden. Asylwerber haben während des gesamten Asylverfahrens einschließlich der Beschwerdephase das Recht auf Unterbringung in Unterbringungszentren für Asylwerber und diese Unterbringungszentren bieten Unterkunft, medizinische Basisversorgung, Bildung, psychologische Beratung und Hilfe bei der Arbeitssuche.

 

Eine Verschlechterung der Lage für Asylwerber in Kroatien seit der Erlassung der angefochtenen Bescheide, etwa hinsichtlich fehlender Unterbringungskapazitäten, wurde nicht konkret dargelegt und ist auch nicht ersichtlich. Nach den Feststellungen der angefochtenen Bescheide verfügt Kroatien über zwei Unterbringungszentren für Asylwerber in Zagreb bzw. Kutina mit zusammen rund 700 Plätzen. Laut jüngeren Statistiken (AIDA, Country Report Croatia, Update 2016, S. 56) wurden in Kroatien etwa mit Stand 29.11.2016 insgesamt 632 Asylwerber untergebracht. Im Vergleich dazu befanden sich in Österreich beispielweise zum Stichtag 01.07.2017 rund 71.000 Asylwerber in der Grundversorgung.

 

Ein konkretes und detailliertes Vorbringen, das die Annahme rechtfertigen würde, Kroatien würde im Hinblick auf bestimmte Asylwerber unvertretbare rechtliche Sonderpositionen einnehmen, wurde nicht erstattet. Insgesamt gesehen herrschen somit im Mitgliedstaat Kroatien nach dem gegenwärtigen Informationsstand keineswegs derartige systemische Mängel im Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen, die mit der Situation in Griechenland vergleichbar wären.

 

Der Beschwerdeführer stellte in Kroatien noch gar keinen Antrag auf internationalen Schutz, sondern hielt sich dort nur kurz auf und konnten somit auch noch nicht damit rechnen, adäquat untergebracht und versorgt zu werden. Für die Annahme, dass er nach der Überstellung nicht entsprechend versorgt werden könnten, ergeben sich aus den Länderberichten und aus dem Beschwerdevorbringen keine Anhaltspunkte.

 

Jedenfalls hat der Beschwerdeführer die Möglichkeit, etwaige konkret drohende oder eingetretene Verletzungen in seinen Rechten, etwa durch eine unmenschliche Behandlung im Sinn des Art. 3 EMRK, bei den zuständigen Behörden in Kroatien und letztlich beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, insbesondere auch durch Beantragung einer vorläufigen Maßnahme gemäß Art. 39 EGMR-VerfO, geltend zu machen.

 

Der Beschwerdeführer gab zudem an, dass Österreich sein Zielland gewesen sei, weshalb er hier bleiben wolle. Die Vorgehensweise des Beschwerdeführers, sich ein Land seiner Wahl für die Führung seines Asylverfahrens auszusuchen, widerspricht aber eindeutig der Dublin-VO. Das Grundprinzip der Dublin-VO ist jenes, dass den Drittstaatsangehörigen in einem der Mitgliedstaaten das Recht auf ein faires, rechtsstaatliches Asylverfahren zukommt, jedoch nur ein Recht auf ein Verfahren in einem Mitgliedstaat, dessen Zuständigkeit sich primär nicht aufgrund des Wunsches des Asylwerbers, sondern aufgrund der in der Verordnung festgesetzten hierarchisch geordneten Zuständigkeitskriterien ergibt. Im Vordergrund steht für die Vertragsstaaten, dass Asylsuchenden nach einem Asylverfahren die Möglichkeit des Durchlaufens eines weiteren Asylverfahrens in einem anderen Mitgliedsstaat verwehrt werden soll.

 

Zusammengefasst konnte der Beschwerdeführer somit keine besonderen Gründe, die für eine reale Gefahr einer Verletzung des Art. 3 ERC bzw. Art. 3 EMRK in Kroatien sprechen, glaubhaft machen, weshalb die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 Asylgesetz 2005, wonach ein Asylwerber in einem Dublin-Staat Schutz vor Verfolgung findet, greift.

 

Zur medizinischen Tangente ist auf die aktuelle Judikatur des EGMR respektive des VfGH zu verweisen, aus der sich keinerlei Anspruch auf eine medizinische Versorgungsleistung in einem bestimmten vom Asylwerber nach subjektiven Kriterien gewillkürten Mitgliedsland ableiten lässt - dies auch nicht im Falle qualitativer Unterschiede der konkret standardmäßig angewandten Heilmethoden, finanzieller Unterschiede oder erschwerter Zugangsbedingungen, wobei der konkrete Schweregrad der Erkrankung selbst im Falle lebensbedrohlicher Ausmaße oder Suizidalität ohne Hinzutreten exzeptioneller Faktoren irrelevant ist.

 

Mögliche Verletzung von Art. 7 GRC bzw. Art. 8 EMRK:

 

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in Ausübung dieses Rechts ist gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Zu den in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 8 EMRK entwickelten Grundsätzen zählt unter anderem auch, dass das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens, das Vorhandensein einer "Familie" voraussetzt. Ein Recht auf Familienleben gem. Art. 8 EMRK kann sich nicht nur in Bezug auf die Kernfamilie ergeben, sondern auch auf andere verwandtschaftliche Verhältnisse (wie bspw. zwischen erwachsenen Geschwistern), insofern bestimmte Voraussetzungen einer hinreichend stark ausgeprägten Nahebeziehung erfüllt sind. Diese Voraussetzungen sind u.a. gegenseitige finanzielle Abhängigkeit, ein gemeinsamer Wohnsitz sowie sonstige Abhängigkeit wie beispielsweise gegenseitige Pflege.

 

Gegenständlich ergaben sich keine Hinweise auf eine bereits erfolgte außergewöhnliche Integration des Beschwerdeführers in Österreich, etwa aufgrund sehr langer Verfahrensdauer (vgl. VfGH 26.02.2007, B 1802/06).

 

Gemessen an der Judikatur des EGMR und der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes ist dieser Zeitraum als kein ausreichend langer zu qualifizieren. Aus der Rechtsprechung des VwGH ergibt sich, dass etwa ab einem zehnjährigen Aufenthalt im Regelfall die privaten Interessen am Verbleib im Bundesgebiet die öffentlichen Interessen überwiegen können (09.05.2003, 2002/18/0293). Gleiches gilt für einen siebenjährigen Aufenthalt, wenn eine berufliche und soziale Verfestigung vorliegt (05.07.2005, 2004/21/0124).

 

Die privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet haben nur sehr geringes Gewicht und treten fallbezogen gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des VwGH ein hoher Stellenwert zukommt, in den Hintergrund.

 

Das Bundesverwaltungsgericht gelangt daher insgesamt zu dem Ergebnis, dass im vorliegenden Fall keine Verletzung von Bestimmungen der GRC oder der EMRK zu befürchten ist. Daher bestand auch keine Veranlassung, von dem in Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO vorgesehenen Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen und eine inhaltliche Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz vorzunehmen.

 

Nach § 21 Abs. 6a und 7 BFA-VG idgF konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben (siehe auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28.05.2014, Zlen. Ra 2014/20/0017 und 0018, wobei die dort genannten Kriterien für die Auslegung des § 21 Abs. 7 BFA-VG gegenständlich erfüllt sind). Es ergab sich sohin auch kein Hinweis auf die Notwendigkeit, den maßgeblichen Sachverhalt mit den Beschwerdeführern zu erörtern (vgl. VwGH 23.01.2003, 2002/20/0533, VwGH 01.04.2004, 2001/20/0291). Ebenso konnte von einer Einvernahme des Verlobten der Drittbeschwerdeführerin abgesehen werden.

 

Eine gesonderte Erwägung bezüglich einer allfälligen Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 17 BFA-VG konnte angesichts der erfolgten Sachentscheidung entfallen.

 

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

Im vorliegenden Fall liegen die tragenden Elemente der Entscheidung allein in der Bewertung der Asyl- und Aufnahmesituation im Mitgliedsstaat, die auf den umfassenden und aktuellen Feststellungen der Behörde über die Lage im Vertragsstaat beruht, sowie in der Bewertung der Intensität des Privat- und Familienlebens der Beschwerdeführer und demgemäß in Tatbestandsfragen.

 

Hinsichtlich der Einordnung des Sachverhaltes konnte sich das Bundesverwaltungsgericht insbesondere auf die Rechtsprechung der Höchstgerichte und des EGMR bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den rechtlichen Erwägungen wiedergegeben.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte