BVwG W129 2160886-1

BVwGW129 2160886-115.1.2018

AVG §68 Abs2
BDG 1979 §15
BDG 1979 §15a
BDG 1979 §236d Abs2 Z3
B-VG Art.133 Abs4
DVG §13 Abs1
PG 1965 §53
VwGVG §28 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2018:W129.2160886.1.00

 

Spruch:

W129 2160886-1/5E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter DDr. Markus GERHOLD als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Bildung vom 28.03.2017, Zl. BMB-3200.XXXX/0001-III/4/2017, betreffend Aufhebung gemäß § 13 DVG sowie (neuerliche) Feststellung der beitragsgedeckten Gesamtdienstzeit, nach Durchführung einer Beschwerdeverhandlung zu Recht:

 

A)

 

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

 

B)

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang:

 

1.1. Mit Bescheid vom 16.02.1989 wurde die Beschwerdeführerin mit Wirksamkeit vom 01.04.1989 auf die Planstelle einer AHS-Professorin (Verwendungsgruppe L1) ernannt.

 

1.2. Mit Bescheid vom 28.10.1993 wurden der Beschwerdeführerin anlässlich der Aufnahme in ein öffentlich-rechtliches Bundesdienstverhältnis gemäß § 53 Pensionsgesetz 1965 (PG 1965) Ruhegenussvordienstzeiten angerechnet.

 

1.3. In weiterer Folge wurde mit Bescheid des Landesschulrates für Niederösterreich vom 10.05.2014, Zl. I/Pers.-3200.XXXX/107-2014, festgestellt, dass die beitragsgedeckte Gesamtdienstzeit zum 31.01.2014 39 Jahre und 17 Tage beträgt. In der tabellarischen Auflistung der für die Berechnung herangezogenen Zeiten befinden sich unter anderem auch Schul- und Studienzeiten.

 

1.4. Mit nunmehr angefochtenem Bescheid der Bundesministerin für Bildung vom 28.03.2017, Zl. BMB-3200.XXXX/0001-III/4/2017, wurde der genannte Bescheid des Landesschuldrates für Niederösterreich vom 10.05.2014 gem. § 13 Abs 1 DVG iVm § 68 Abs 2 AVG dahingehend abgeändert, dass festgestellt wurde, dass die beitragsgedeckte Gesamtdienstzeit zum 31.01.2014 (nur) 34 Jahre 11 Monate und 10 Tage betrage.

 

Zusammengefasst wurde dies damit begründet, dass die angerechneten Schul- und Studienzeiten zwar zur ruhegenußfähigen Gesamtdienstzeit, nicht aber zur beitragsgedeckten Gesamtdienstzeit zählten.

 

1.5. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde, welche am 05.05.2017 bei der belangten Behörde einlangte. Darin führt sie zusammengefasst und sinngemäß aus, dass sie auf die Richtigkeit des Bescheides des Landesschulrates für Niederösterreich vom 15.01.2014 vertraut habe und ihre Ruhestandsversetzung mit Ablauf des Jänner 2018 beantragt habe. Es sei nicht zutreffend, dass ihr die Unrichtigkeit des Bescheides nach objektiven Kriterien erkennbar gewesen wäre. In der Rechtsgrundlage des § 236d Abs 2 BDG 1979 seien auch bestimmte Vordienstzeit ohne Erwerbstätigkeit (zB Präsenzdienst , Zeiten der Kindererziehung oder Anspruch auf Wochengeld) gemeinsam mit Vordienstzeiten mit Erwerbstätigkeit angeführt. Es sei offensichtlich, dass der vorgesehene Feststellungsbescheid aufgrund der komplexen Rechtslage den Beamten Sicherheit geben solle, hingegen sei im gegenständlichen Beschwerdefall das Risiko auf die Beschwerdeführerin abgewälzt worden. Der Beamte sei in seinem Vertrauen darauf zu schützen, dass er den ungleich besseren Wissensstand der Dienstbehörde seinen Lebensplanungen zugrunde legen könne. Der Beschwerdeführerin sei die objektive Gutgläubigkeit zuzubilligen, sodass sie weder gewusst habe noch habe wissen müssen, dass im Erstbescheid eine Gesetzwidrigkeit inkludiert gewesen sei.

 

1.6. Am 15.11.2017 führte das Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Beschwerdeverhandlung durch, an welcher die Beschwerdeführerin und ihr rechtsfreundlicher Vertreter sowie ein Vertreter der belangten Behörde teilnahmen und in welcher die vorgebrachten Standpunkte eingehend erörtert wurden.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässige Beschwerde erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

Die Beschwerdeführerin steht seit dem 01.04.1989 in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.

 

Die Beschwerdeführerin weist insgesamt 34 Jahre, 11 Monate und 10 Tage an beitragsgedeckter Gesamtdienstzeit auf.

 

Bei den von der Beschwerdeführerin beanstandeten Zeiten (19.01.1974 – 25.05.1974 und 01.10.1974 – 03.07.1978) handelt es sich um Schul- und Studienzeiten, zu denen die Beschwerdeführerin einer Erwerbstätigkeit nicht nachgegangen ist.

 

2. Beweiswürdigung:

 

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akt in Verbindung mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin in der Beschwerde sowie in der Beschwerdeverhandlung und sind unstrittig.

 

Die Feststellungen hinsichtlich der Schul-, Studien- und Erwerbszeiten wurden im Ruhegenussvordienstzeitenanrechnungsbescheid und im gegenständlichen Bescheid zur Feststellung der beitragsgedeckten Gesamtdienstzeit von der Behörde getroffen und von der Beschwerdeführerin nicht in Zweifel gezogen. Somit gibt es keinen Grund, an den Feststellungen der belangten Behörde hinsichtlich der von der Beschwerdeführerin erworbenen Zeiten zu zweifeln. Die Beschwerdeführerin stützt sich ausschließlich auf die rechtliche Wertung ihrer Schul- und Studienzeiten, die sie sowohl als Ruhegenussvordienstzeiten als auch als beitragsgedeckte Gesamtdienstzeiten angerechnet erhalten möchte.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Materiengesetzen nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

 

3.2. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

 

Zu A)

 

3.3. § 68 AVG lautet:

 

"Abänderung und Behebung von Amts wegen

 

§ 68. (1) Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, sind, wenn die Behörde nicht den Anlaß zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

 

(2) Von Amts wegen können Bescheide, aus denen niemandem ein Recht erwachsen ist, sowohl von der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, als auch in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde aufgehoben oder abgeändert werden.

 

(3) bis (7) [ ]"

 

3.4. Die maßgeblichen Bestimmungen des Dienstrechtsverfahrensgesetz 1984 (DVG) lauten – auszugsweise – wie folgt:

 

"Anwendungsbereich

 

§ 1. (1) Auf das Verfahren in Angelegenheiten des öffentlich-rechtlichen Dienst-, Ruhe- oder Versorgungsverhältnisses (im folgenden "Dienstverhältnis" genannt) zum Bund, den Ländern, Gemeinden und Gemeindeverbänden ist das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG, BGBl. Nr. 51, mit den nachstehenden Abweichungen anzuwenden.

 

(2) bis (4) [ ]

 

Zu § 68 AVG

 

§ 13. (1) In Dienstrechtsangelegenheiten ist eine Aufhebung oder Abänderung von rechtskräftigen Bescheiden von Amts wegen auch dann zulässig, wenn die Partei wußte oder wissen mußte, daß der Bescheid gegen zwingende gesetzliche Vorschriften verstößt.

 

(2) Zur Aufhebung und Abänderung gemäß Abs. 1 und gemäß § 68 Abs. 2 AVG sowie zur Nichtigerklärung gemäß § 68 Abs. 4 AVG ist die oberste Dienstbehörde jenes Ressorts zuständig, dessen Personalstand der Bedienstete, auf den sich das Verfahren bezieht,

 

1. im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides im Sinne des § 68 AVG oder

 

2. im Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Dienststand oder Dienstverhältnis angehört hat. Hat eine nachgeordnete Dienstbehörde einen Bescheid erlassen und gehört der betreffende Bedienstete weiterhin dem Personalstand dieser nachgeordneten Dienstbehörde an, kann auch sie diesen Bescheid gemäß § 68 Abs. 2 AVG - ausgenommen in den Fällen des Abs. 1 - abändern oder aufheben.

 

(3) Zur Erlassung von Bescheiden gemäß Abs. 2 ist, soweit es sich um Angelegenheiten im Sinne des § 2 Abs. 6 zweiter Satz handelt, die Dienststelle zuständig, die über den Pensionsaufwand verfügt.

 

(4) bis (5) [ ]"

 

3.5. § 236d BDG 1979, BGBl. Nr. 333 - Abs. 2 Z 4 und 6 sowie 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 140/2011, Abs. 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 32/2015, Abs. 2 Z 2a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 164/2015, Abs. 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 64/2016, im Übrigen in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 111/2010 - lautet:

 

"Versetzung in den Ruhestand von nach 1953 geborenen Beamtinnen und Beamten mit langer beitragsgedeckter Gesamtdienstzeit

 

§ 236d. (1) Nach dem 31. Dezember 1953 geborene Beamtinnen und Beamte können durch schriftliche Erklärung, aus dem Dienststand ausscheiden zu wollen, ihre Versetzung in den Ruhestand frühestens mit Ablauf des Monats bewirken, in dem sie das 62. Lebensjahr vollenden, wenn sie zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der Versetzung in den Ruhestand eine beitragsgedeckte Gesamtdienstzeit von 42 Jahren aufweisen. § 15b Abs. 4 bis 6 ist sinngemäß mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Versetzung in den Ruhestand bereits mit Ablauf des Monats, der der Abgabe der Erklärung folgt, wirksam wird.

 

(2) Zur beitragsgedeckten Gesamtdienstzeit im Sinne des Abs. 1 zählen

 

1. die ruhegenussfähige Bundesdienstzeit, wobei Teilbeschäftigungszeiten immer voll zu zählen sind,

 

2. bedingt oder unbedingt als Ruhegenussvordienstzeiten angerechnete Zeiten einer Erwerbstätigkeit, für die ein Überweisungsbetrag nach § 308 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, nach § 172 des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes (GSVG), BGBl. Nr. 560/1978, oder nach § 164 des Bauern-Sozialversicherungsgesetzes (BSVG), BGBl. Nr. 559/1978, in Höhe von 7% der Berechnungsgrundlage nach § 308 Abs. 6 ASVG, § 172 Abs. 6 GSVG oder § 164 Abs. 6 BSVG zu leisten war oder ist oder für die die Beamtin oder der Beamte einen besonderen Pensionsbeitrag geleistet oder noch zu leisten hat,

 

2a. bei Beamtinnen und Beamten, auf die § 1 Abs. 14 PG 1965 anzuwenden ist: Zeiten einer Erwerbstätigkeit, für die ein Überweisungsbetrag nach § 308 ASVG, nach § 172 GSVG oder nach § 164 BSVG in Höhe von 7% der Berechnungsgrundlage nach § 308 Abs. 6 ASVG, § 172 Abs. 6 GSVG oder § 164 Abs. 6 BSVG zu leisten war oder ist, oder für die die Beamtin oder der Beamte einen besonderen Pensionsbeitrag geleistet oder noch zu leisten hat,

 

3. Zeiten des Präsenz- oder Zivildienstes bis zum Höchstausmaß von 30 Monaten,

 

4. Zeiten der Kindererziehung im Sinne der §§ 8 Abs. 1 Z 2 lit. g bzw. 227a ASVG, soweit sich diese Zeiten nicht mit Zeiten nach Z 1 bis 3 und 5 decken, bis zum Höchstausmaß von 60 Monaten; dieses Höchstausmaß verkürzt sich um beitragsfrei zur ruhegenussfähigen Bundesdienstzeit zählende Zeiten einer Karenz nach dem MSchG oder dem VKG oder entsprechenden Bestimmungen,

 

5. Zeiten mit Anspruch auf Wochengeld (§ 227 Abs. 1 Z 3 ASVG) sowie

 

6. nach Abs. 3 oder nach § 104 Abs. 1 in der am 30. Dezember 2010 geltenden Fassung des Pensionsgesetzes 1965 nachgekaufte Zeiten (ausgenommen Schul- und Studienzeiten sowie Zeiten vor der Vollendung des 18. Lebensjahres).

 

Eine doppelte Zählung ein und desselben Zeitraumes ist unzulässig.

 

(3) Auf Antrag der Beamtin oder des Beamten des Dienststandes ist für nach den jeweils anzuwendenden sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen erstattete Zeiten, die sich zeitlich mit beitragsfrei angerechneten Ruhegenussvordienstzeiten nach § 53 Abs. 2 lit. h oder i des Pensionsgesetzes 1965 decken, der seinerzeit empfangene Erstattungsbetrag als besonderer Pensionsbeitrag an den Bund zu leisten. Für Resttage ist ein Dreißigstel des auf einen Monat entfallenden Erstattungsbetrages zu entrichten. Der Erstattungsbetrag ist mit jenem auf drei Kommastellen gerundeten Faktor zu vervielfachen, um den sich das Gehalt der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V eines Beamten der Allgemeinen Verwaltung einschließlich einer allfälligen Teuerungszulage bzw. der Referenzbetrag gemäß § 3 Abs. 4 GehG seit dem Monat der Auszahlung des Erstattungsbetrages an die Beamtin oder den Beamten bis zum Datum des Antrages auf nachträgliche Entrichtung eines besonderen Pensionsbeitrages oder Erstattungsbetrages erhöht hat. Der Nachweis über die Anzahl der entfertigten Monate ist von der Beamtin oder vom Beamten zu erbringen und der Monat der Auszahlung des Erstattungsbetrages von ihr oder ihm glaubhaft zu machen. Als beitragsgedeckt werden dabei jene entfertigten Zeiten berücksichtigt, die als Ruhegenussvordienstzeit anzurechnen gewesen wären.

 

(4) Beamtinnen und Beamte des Dienststandes können eine bescheidmäßige Feststellung ihrer beitragsgedeckten Gesamtdienstzeit zu dem dem Einlangen des Antrags folgenden Monatsletzten beantragen. Dieses Antragsrecht wird mit Rechtskraft der Feststellung konsumiert.

 

(5) Von Beamtinnen oder Beamten des Geburtsjahrganges 1954 für den Nachkauf von Schul- und Studienzeiten gemäß § 236b Abs. 3 bis 5 in der vor der Kundmachung des Budgetbegleitgesetzes 2011, BGBl. I Nr. 111/2010, geltenden Fassung entrichtete besondere Pensionsbeiträge sind der Beamtin oder dem Beamten rückzuerstatten. Die zu erstattenden besonderen Pensionsbeiträge sind jeweils mit dem dem Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Zahlung entsprechenden Aufwertungsfaktor nach den §§ 108 Abs. 4 und 108c ASVG aufzuwerten."

 

3.6 Im angefochtenen Bescheid vom 28.03.2017 beruft sich die belangte Behörde auf § 13 Abs. 1 DVG, wonach eine Aufhebung oder Abänderung von rechtskräftigen Bescheiden von Amts wegen auch dann zulässig sei, wenn die Partei wusste oder wissen musste, dass der Bescheid gegen zwingende gesetzliche Vorschriften verstößt.

 

§ 13 DVG erweitert somit die Möglichkeit der Aufhebung bzw. Abänderung rechtskräftiger Bescheide und lässt sie im Gegensatz zu § 68 Abs. 2 AVG auch zuungunsten der Partei dann zu, wenn diese wusste oder wissen musste, dass der Bescheid gegen gesetzliche Vorschriften verstößt. Entscheidend ist, ob der Betroffene – Normkenntnis vorausgesetzt – bei entsprechender Sorgfalt erkennen konnte, dass der Bescheid zwingenden Rechtsvorschriften widerspricht. Soweit der Bereich des freien Ermessens reicht, ist ein Verstoß gegen zwingende Gesetzesvorschriften nicht möglich.

 

3.7. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes muss es sich bei "zwingenden gesetzlichen Vorschriften" um solche handeln, die der Behörde keinen Spielraum (Ermessen, unbestimmte Gesetzesbegriffe) geben, sondern eine ganz bestimmte Entscheidung verlangen. In Ansehung des "Kennenmüssens" des Verstoßes gegen solche Vorschriften kommt es nicht auf die subjektive Kenntnismöglichkeit des Betroffenen (eine Tatsachenfrage) an. Die Aufhebung ist vielmehr nach Maßgabe der Rechtsprechung dann "zwingend geboten", wenn die Partei wissen musste, dass der Bescheid gegen zwingende gesetzliche Vorschriften im vorher genannten Verständnis verstößt. Es ist also für die zweite Tatbestandsvoraussetzung des § 13 Abs. 1 DVG nicht auf die konkrete Kenntnis der Rechtsvorschriften abzustellen, sondern darauf, ob im Sinne einer objektiven Erkennbarkeit bei Kenntnis der Rechtsvorschriften der Widerspruch zum Bescheidinhalt erkennbar gewesen wäre. Die Partei muss danach die Rechtswidrigkeit des Bescheides dann nicht wissen (kennen), wenn sich diese nicht unmittelbar aus dem Bescheid ergibt oder wenn die in Betracht kommenden Rechtsvorschriften auch eine den Bescheid bejahende Auslegung denkgesetzlich zulassen (vgl. zum Ganzen etwa VwGH 21.01.2015, 2011/12/0103). Dabei ist auch auf die den Gesetzesmaterialien zu § 13 DVG entnehmbare Verpflichtung des Dienstgebers hinzuweisen, für das Bestehen eines gesetzmäßigen Zustandes zu sorgen, weshalb die Dienstbehörde nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet sein soll, offenbar rechtswidrige Bescheide jederzeit aufzuheben (vgl. zB VwGH 22.04.2009, 2008/12/0091).

 

3.8. Die belangte Behörde führt aus, dass der Bescheid des Landesschulrates für Niederösterreich vom 10.02.2014 rechtswidrig erlassen worden sei, da zugunsten der Beschwerdeführerin bestimmte Schul- und Studienzeiten bei der beitragsgedeckten Gesamtdienstzeit berücksichtigt worden seien, obwohl sie keine Zeiten einer Erwerbstätigkeit darstellen würden.

 

3.9. Schul- und Studienzeiten zählen gemäß der taxativen Aufzählung in § 236d Abs. 2 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 ausdrücklich nicht zur beitragsgedeckten Gesamtdienstzeit. Zwar hat die Beschwerdeführerin einen besonderen Pensionsbeitrag im Ausmaß von ATS 129.618,- für die Schul- und Studienzeiten geleistet; dennoch handelt es bei diesen Zeiten um Zeiten ohne Erwerbstätigkeit, sodass diese Zeiten trotz Anrechnung als Ruhegenussvordienstzeiten nicht als beitragsgedeckte Gesamtdienstzeit anzurechnen sind.

 

Hinsichtlich eventueller Nachteile durch Nichtberücksichtigung der Schul- und Studienzeiten im gegenständlichen Bescheid ist auf die Relevanz dieser Zeiten ausschließlich für den Pensionsantritt und nicht für die Pensionsbemessung zu verweisen:

 

"Die Bedeutung eines Bescheides über die beitragsgedeckte Gesamtdienstzeit iSd § 236d BDG 1979 erschöpft sich ausschließlich darin, den frühestmöglichen Zeitpunkt für eine vorzeitige Ruhestandsversetzung nach §§ 15 und 15a iVm § 236d BDG 1979 zu klären. Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob und in welchem Ausmaß Zeiten iSd § 236d Abs 2 Z 3 BDG 1979 nach § 53 PG 1965 anrechenbare Ruhegenussvordienstzeiten für die Bemessung des Ruhegenusses darstellen. Zu den vom Beschwerdeführer angesprochenen ‚negativen Auswirkungen‘ wird bemerkt, dass mit dem angefochtenen Bescheid über die beitragsgedeckte Gesamtdienstzeit im Sinn des § 236d BDG 1979 abgesprochen wurde und sich dessen Bedeutung ausschließlich darin erschöpft, den frühestmöglichen Zeitpunkt für eine vorzeitige Ruhestandsversetzung nach §§ 15 und 15a in Verbindung mit § 236d BDG 1979 zu klären. Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob und in welchem Ausmaß die in Rede stehenden Zeiten nach § 53 PG anrechenbare Ruhegenussvordienstzeiten für die Bemessung des Ruhegenusses darstellen. Diese Frage wurde bereits im Ruhegenussvordienstzeiten-Anrechnungsbescheid [ ] insofern beantwortet, als diese Zeiten in vollem Ausmaß unbedingt als Ruhegenussvordienstzeiten angerechnet wurden und damit zur Gänze ‚Pensionswirksamkeit‘ entfalten (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 29. Jänner 2014, 2013/12/0151, und vom 15. November 2007, 2005/12/0213, zur insoweit vergleichbaren Regelung des § 236b BDG 1979)." (Verwaltungsgerichtshof 22.06.2016, 2013/12/0250).

 

3.10. Die Beschwerdeführerin bestreitet auch nicht, dass der aufgehobene Bescheid vom 10.02.2014 zwingenden Rechtsvorschriften, nämlich dem § 236d BDG, widerspricht. Sie beruft sich lediglich darauf, dass es für sie objektiv nicht erkennbar gewesen sei, dass der Bescheid zwingenden Rechtsvorschriften widerspricht.

 

Nach der oben bereits dargestellten Rechtsprechung stellt die zweite Tatbestandsvoraussetzung des § 13 Abs. 1 DVG nicht auf die konkrete Kenntnis der Rechtsvorschriften ab, sondern darauf, ob im Sinne einer objektiven Erkennbarkeit bei Kenntnis der Rechtsvorschriften der Widerspruch zum Bescheidinhalt erkennbar gewesen wäre. Die Partei muss danach die Rechtswidrigkeit des Bescheides dann nicht wissen (kennen), wenn sich diese nicht unmittelbar aus dem Bescheid ergibt oder wenn die in Betracht kommenden Rechtsvorschriften auch eine den Bescheid bejahende Auslegung denkgesetzlich zulassen.

 

Bei Kenntnis der eindeutigen Rechtsvorschrift wäre jedoch wegen der oben aufgeführten Gründe objektiv erkennbar gewesen, dass der aufgehobene Bescheid nicht erlassen werden hätte dürfen, da der Gesetzgeber in § 236d Abs 2 BDG die Berücksichtigung von Schul- und Studienzeiten sogar ausdrücklich ausgeschlossen hat.

 

Die Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen.

 

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Der Wortlaut der angewandten Bestimmungen ist eindeutig.

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