B-VG Art.130 Abs1 Z1
B-VG Art.130 Abs1 Z3
B-VG Art.132 Abs3
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §14 Abs1
VwGVG §15
VwGVG §16 Abs1
VwGVG §24 Abs2
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §27
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5
VwGVG §31 Abs1
AVG 1950 §73 Abs1
B-VG Art.130 Abs1 Z1
B-VG Art.130 Abs1 Z3
B-VG Art.132 Abs3
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §14 Abs1
VwGVG §15
VwGVG §16 Abs1
VwGVG §24 Abs2
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §27
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5
VwGVG §31 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2017:W179.2131382.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. iur. Eduard Hartwig PAULUS als Einzelrichter über die Beschwerden XXXX , vertreten durch Dr. Edmund KITZLER und Mag. Martin WABRA, beide Rechtsanwälte in 3950 Gmünd, Stadtplatz 43, gegen die Bescheide der Austro Control Österreichische Gesellschaft für Zivilluftfahrt mbH
1.) vom XXXX , und 2.) vom XXXX , sowie 3.) wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch dieselbe, jeweils betreffend das Ausstellen eines Tauglichkeitszeugnisses der Klasse 1,
A)
zu Recht erkannt:
I. Der Bescheid vom XXXX , mit dem die belangte Behörde die erhobene Säumnisbeschwerde als unzulässig zurückweist, wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der Behörde – ersatzlos – aufgehoben.
II. Der Bescheid vom XXXX , mit dem die belangte Behörde die flugmedizinische Untauglichkeit des Beschwerdeführers feststellt, wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der Behörde aufgehoben.
beschlossen:
III. Das Verfahren wegen Verletzung der Entscheidungspflicht wird eingestellt.
B) Revision:
I. Die Revision ist hinsichtlich des Spruchpunktes A) I. nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
II. Die Revision ist hinsichtlich des Spruchpunktes A) II. nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
III. Die Revision ist hinsichtlich des Spruchpunktes A) III. nach Art 133 Abs 4 B-VG zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein XXXX was misslang.
2. Mit Antrag vom XXXX ersuchte der Beschwerdeführer beim XXXX um Ausstellung eines neuerlichen Tauglichkeitszeugnisses der Klasse 1 (Berufspilot).
3. Das genannte flugmedizinische Zentrum leitete diesen "Antrag" an die belangte Behörde weiter, wo dieser am XXXX einging. Bei der belangten Behörde wurde daraufhin ein umfangreiches Ermittlungsverfahren durchgeführt; so sind mehrere Befunde, Gutachten und Konsultationen aktenkundig.
4. Am XXXX langte bei der belangten Behörde eine Säumnisbeschwerde des anwaltlich vertretenen Beschwerdeführers nach Art 130 Abs 1 Z 3 B-VG iVm Art 132 Abs 3 B-VG wegen Verletzung der sechsmonatigen Entscheidungsfrist gemäß § 73 Absatz 1 AVG ein. Mit dieser beantragte der Beschwerdeführer, dass Bundesverwaltungsgericht möge in der Sache erkennen und dem Antrag auf Ausstellung eines flugmedizinischen Tauglichkeitszeugnisses der Klasse 1 stattgeben.
5. Mit dem erstangefochtenen Bescheid vom XXXX wies die belangte Behörde die erhobene Säumnisbeschwerde als unzulässig zurück.
Begründend führt sie zusammengefasst aus, die flugmedizinische Stelle habe gemäß MED.A.050 (a) iVm MED.B.055 (e) der Verordnung (EU) Nr 1178/2011 die Entscheidung über die flugmedizinischen Tauglichkeit an die belangte Behörde verwiesen. Die belangte Behörde sei somit von Amts wegen aufgrund eines gesetzlich normierten Zuständigkeitsüberganges am XXXX tätig geworden und nicht auf Antrag des Beschwerdeführers. Da eine Verwaltungsbehörde gemäß Art 130 Abs 1 Z 3 B-VG iVm Art 132 Abs 3 B-VG nur verpflichtet sei, "über einen an sie gerichteten Antrag" einer Partei innerhalb von sechs Monaten zu entscheiden, der an die flugmedizinischen Stelle gestellte Antrag jedoch 1.) nicht einem Antrag nach § 13 AVG gleichzuhalten sei, sowie 2.) der "Antrag" zudem an die flugmedizinischen Stelle und nicht an die belangte Behörde gestellt worden sei, liege keine Entscheidungspflicht der zuständigen Behörde vor.
6. In weiterer Folge verständigte die befasste Behörde den Beschwerdeführer vom Ergebnis der Beweisaufnahme hinsichtlich seiner Tauglichkeit. Zu dieser erstattete dessen Rechtsvertreter eine Stellungnahme.
7. Gegen den erstangefochtenen Bescheid vom XXXX wendet sich die Beschwerde vom XXXX , ficht diesen wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit an und beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge
a) eine mündliche Verhandlung durchführen, b) den Zurückweisungsbescheid als rechtswidrig aufheben sowie c) in der Sache selber erkennen und dem Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines flugmedizinischen Tauglichkeitszeugnisses der Klasse 1 stattgegeben.
8. Mit dem zweitangefochtenen Bescheid, XXXX stellte die belangte Behörde die flugmedizinische Untauglichkeit des Beschwerdeführers für die Klassen 1, 2 und LAPL fest. Abgefertigt wurde dieser an den Anwalt des Beschwerdeführers mit behördlichem Begleitschreiben vom
XXXX und diesem XXXX zugestellt.
9. Mit Schreiben ebenso vom XXXX legt die belangte Behörde (hiergerichtlich am selben Tage einlangend) den Verwaltungsakt, damit die Säumnisbeschwerde und zugleich mit dieser den nachgeholten (zweitangefochtenen) Bescheid, sowie den erstangefochtenen Bescheid samt dagegen erhobener Beschwerde vor.
10. Mit neuerlichem Schriftsatz legt die belangte Behörde hiergerichtlich einlangend am XXXX die Beschwerde gegen den zweitangefochtenen Bescheid vor. In dieser moniert der Beschwerdeführer ua die Unzuständigkeit der befassten Behörde auf Grund der erhobenen Säumnisbeschwerde. Zugleich bringt die Behörde eine Gegenschrift ein, in der sie auf eine Beschwerdevorentscheidung verzichtet.
11. Zur Gegenschrift erstattet der Beschwerdeführer eine Stellungnahme und nimmt in Folge beim Bundesverwaltungsgericht Akteneinsicht.
12. Mit E-Mail-Nachricht bittet der Beschwerdeführer um Information zum Verfahrensstand, welche das Gericht beantwortet.
13. Die belangte Behörde reicht auf hg Anfrage den Zustellnachweis des zweitangefochtenen Bescheides nach.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der entscheidungswesentliche Sachverhalt erschließt sich aus dem Verfahrensgang und der darin enthaltenen, nicht in Zweifel gezogenen Tatsachen.
2. Beweiswürdigung:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben mittels Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde – insbesondere in die Säumnisbeschwerde, in den erst- und zweitangefochtenen Bescheid samt der dagegen erhobenen zwei Beschwerden, in die behördliche Gegenschrift und die Replik des Beschwerdeführers.
Das festgestellte Ausfertigungsdatum und Zustelldatum des zweitangefochtenen Bescheides beruht auf der Aktenlage sowie dem durch die Behörde nachgereichten Zustellnachweis. Der Zustellnachweis deckt sich mit den Angaben der Beschwerde hinsichtlich des Zustellzeitpunkts.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zu Spruchpunkt A) I. Zurückweisungsbescheid
Die Beschwerde zum erstangefochtenen Bescheid vom XXXX wurde binnen aufrechter Rechtsmittelfrist erhoben und ist zulässig.
Eine Säumnisbeschwerde ist ausweislich § 8 VwGVG bei der belangten Behörde einzubringen (vgl VwGH 27. Mai 2015, Ra 2015/19/0075), was im vorliegenden Fall auch so erfolgte.
Das in § 16 VwGVG für die Säumnisbeschwerde geregelte Vorverfahren gesteht der säumigen Behörde zwei Handlungsoptionen zu, nämlich den Bescheid binnen drei Monate nachzuholen und das Säumnisbeschwerdeverfahren einzustellen, oder dem zuständigen Verwaltungsgericht die Säumnisbeschwerde unter Anschluss der Akten vorzulegen.
Die Zulässigkeit der Säumnisbeschwerde zu prüfen (oder gar über deren inhaltliche Richtigkeit abzusprechen) steht der Behörde demnach nicht offen. Vielmehr ist die Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung nach § 14 VwGVG ausdrücklich auf Bescheidbeschwerden nach Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG beschränkt. (So auch richtig Hengstschläger/Leeb, Verwaltungsverfahrensrecht, 5. Auflage, Rz 1094 aE; Winkler in Götzl/Gruber/Reisner/Winkler, Das neue Verfahren der Verwaltungsgerichte, § 16 Rz 1; oder Hauer, Gerichtsbarkeit des öffentlichen Rechts, 3. Auflage, RZ 257, der die Zurückweisung einer Säumnisbeschwerde ebenfalls unzweifelhaft der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts überantwortet, wie auch Schulev-Steindl, Die Säumnisbeschwerde an die Verwaltungsgerichte und Säumnisschutz im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, in Holoubek/Lang, Das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Bundesfinanzgericht, S 66.)
Der erstangefochtene Bescheid war somit gemäß § 28 Abs 1, Abs 2 u Abs 5 iVm § 16 Abs 1 VWGVG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde – ersatzlos – aufzuheben.
3.2. Zu Spruchpunkt A) III. Säumnisbeschwerde
In Folge ist das rechtliche Schicksal der erhobenen Säumnisbeschwerde zu beurteilen.
Wird der Bescheid erlassen, ist das Verfahren (zur Verletzung der Entscheidungspflicht) nach § 16 Abs 1 zweiter Satz VwGVG einzustellen.
Der Wortlaut beschränkt das Einstellen – ausdrücklich – nicht auf Verwaltungsbehörden, sodass bei reiner Wortinterpretation nicht ausgeschlossen ist, dass diese Vorgehensweise (das Einstellen des Säumnisbeschwerdeverfahrens) auch den Verwaltungsgerichten auferlegt werden sollte.
Die ErläutRV 2009 BlgNR 24. GP zur Säumnisbeschwerde (damals noch als § 15 VwGVG vorgesehen) erhellen den Telos nicht, lauten diese doch (ausschließlich) wortwörtlich: "Zu § 15: Im Verfahren über Säumnisbeschwerden soll der Behörde die Möglichkeit eröffnet werden, die unterbliebene Erlassung eines Bescheides nachzuholen."
Nach Thienel, Neuordnung der Verwaltungsgerichtbarkeit, Seite 36, stimmen die Voraussetzungen für die Säumnisbeschwerde NEU mit jenen des bisherigen Art 132 ALT B-VG (Säumnisbeschwerde an den VwGH) überein, sodass insofern Rechtsprechung und Literatur zu dieser Bestimmung auch für die Auslegung der Neuregelung herangezogen werden können.
Die angeführte Bestimmung des § 16 Abs 1 zweiter Satz VwGVG ist nahezu wortident mit § 36 Abs 2 dritter Satz VwGG, BGBl Nr 197/1985 idF BGBl I Nr 51/2012 (also jener Fassung des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 vor dem Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013). Überhaupt geht das Bundesverwaltungsgericht – wie angeführt – davon aus, dass das Verfahren betreffend Säumnisbeschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 3 B-VG iVm § 16 VwGVG dem Säumnisbeschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof in der Ausgestaltung vor der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle weitestgehend nachgebildet ist. Vor diesem Hintergrund erachtet das Bundesverwaltungsgericht die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu jenen – dem vorliegenden Fall insofern gleichzuhaltenden – Fallkonstellationen als maßgeblich, in denen eine säumige Behörde den Bescheid nicht innerhalb der gesetzten Nachfrist gemäß § 36 Abs 2 erster Satz VwGG (in der damaligen Fassung), sondern erst nach Ablauf derselben erließ.
Angesichts des – von der Rechtlage vor der am 01.09.1997 in Kraft getretenen Novellierung durch BGBl I Nr 88/1997 abweichenden – Wortlauts des § 36 Abs 2 dritter Satz VwGG, BGBl Nr 197/1985 idF BGBl I Nr 51/2012, ging der Verwaltungsgerichtshof dabei in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass das Verfahren über die Säumnisbeschwerde "auch bei Erlassung des versäumten Bescheides nach Ablauf der zu seiner Nachholung gesetzten Frist einzustellen" ist (VwGH 20.02.1998, 98/01/0002; vgl auch VwGH 19.03.2015, 2013/06/0150; 23.09.1998, 98/01/0277).
Insbesondere ist auf die genannte höchstgerichtliche Entscheidung vom 19.03.2015, 2013/06/0150, hinzuweisen, mit nachstehendem (auszugsweisem) Wortlaut:
"Das Säumnisbeschwerdeverfahren ist sowohl bei fristgerechter als auch bei verspäteter Bescheiderlassung seit der Novelle des VwGG mit Bundesgesetz vom 13. August 1997, BGBl. I Nr. 88/1997, gemäß § 36 Abs. 2 dritter Satz VwGG einzustellen. Stellt der Verwaltungsgerichtshof das Verfahren über die Säumnisbeschwerde gemäß § 36 Abs 2 dritter Satz VwGG wegen Nachholung des versäumten Bescheides ein und wird der nachgeholte Bescheid in der Folge wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde vom Verwaltungsgerichtshof aufgehoben, so ist die belangte Behörde (beziehungsweise ab 1. Jänner 2014 das Verwaltungsgericht des Landes) zur neuerlichen Entscheidung in der Verwaltungssache zuständig (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. September 1998, Zl. 98/01/0277).
Da der Beschwerdeführer die Unzuständigkeit der belangten Behörde als Beschwerdepunkt geltend machte, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben."
Zweck und Erledigungsanspruch des Rechtsbehelfes Säumnisbeschwerde, nämlich eine anfechtbare inhaltliche Entscheidung herbeizuführen, wurde im vorliegenden Fall mit (wenn auch verspäteter) Erlassung des Feststellungsbescheides entsprochen und sind diese somit hinfällig.
Dementsprechend konnte jener in Folge in Beschwer gezogen werden. Zu bedenken ist ferner, dass der Feststellungsbescheid unangefochten bleiben und damit in Rechtskraft erwachsen hätte können. In beiden Fällen (Anfechtung / keine Anfechtung) erlöschen durch das Erlassen einer bekämpfbaren Sachentscheidung jedenfalls der Erledigungsanspruch und das rechtliche Interesse am Fortführen des Säumnisbeschwerdeverfahrens.
Das (nunmehr vor dem Bundesverwaltungsgericht anhängige) Verfahren wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch die Austro Control Österreichische Gesellschaft für Zivilluftfahrt mbH ist daher gemäß § 31 Abs 1 iVm § 16 Abs 1 VwGVG mit Beschluss einzustellen.
3.3. Zu Spruchpunkt A) II. Feststellungsbescheid
Die Beschwerde zum zweitangefochtenen Bescheid vom XXXX wurde binnen aufrechter Rechtsmittelfrist erhoben und ist zulässig.
Die Säumnisbeschwerde ging bei der belangten Behörde am XXXX ein. Sohin endete die dreimonatige Frist des § 16 Abs 1 VWGVG (im Sinne von Erlassung und damit Zustellung) am XXXX .
Da der zweitangefochtene Bescheid als Ausfertigungsdatum den XXXX ausweist, wurde dieser dem Beschwerdeführer jedenfalls verspätet zugestellt und erlassen, selbst dann, wenn der Bescheid am selben Tage zugestellt worden wäre. Tatsächlich wurde dieser dem Anwalt des Beschwerdeführers jedoch erst am XXXX zugestellt.
Nach der früheren Judikatur zur bisherigen Säumnisbeschwerde konnte der VwGH einen verspätet erlassenen Bescheid dennoch inhaltlich in Behandlung nehmen, sofern der Beschwerdeführer (an den VwGH) die Unzuständigkeit – nicht – monierte (vgl zB VwGH 28.02.2011, 2010/17/0277).
Im vorliegenden Fall hat der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer die Unzuständigkeit der belangten Behörde jedoch explizit gerügt. (Davon abgesehen haben die Verwaltungsgerichte nach § 27 VWGV eine allfällige Unzuständigkeit der Behörde "von Amts wegen" wahrzunehmen.)
Das Bundesverwaltungsgericht hat somit den zweitangefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der erlassenden Behörde nach § 28 Abs 1, Abs 2 u Abs 5 iVm § 16 Abs 1 VWGVG aufzuheben. (Vgl jüngst VwGH 28.01.2016, Ra 2015/07/0140;
ebenso Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], § 27 VwGVG, K 4; Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte [2017], § 16 VwGVG, K 5;
Fischer/Pabel/Raschauer, Verwaltungsgerichtsbarkeit, [2014], Seite 421, Rz 87 aE.)
Die Austro Control Österreichische Gesellschaft für Zivilluftfahrt mbH ist nach Einstellung des Säumnisbeschwerdeverfahrens und Aufhebung des zweitangefochtenen Bescheides zur Entscheidung der Verwaltungssache (hier Erlassen eines Feststellungsbescheides über die flugmedizinische Tauglichkeit des Beschwerdeführers) wieder zuständig (Vgl VwGH 19.03.2015, 2013/06/0150; 23.09.1998, 98/01/0277).
3.4. Mündliche Verhandlung:
Bei diesem Ergebnis konnte vom Durchführen eine Beschwerdeverhandlung nach § 24 Abs 2 Z 1 u Z 2 iVm § 24 Abs 4 iVm § 16 Abs 1 VwGVG abgesehen werden.
Denn der entscheidungswesentliche Sachverhalt (zum Aufheben der beiden Bescheide und zum Einstellen des Säumnisbeschwerdeverfahrens) ist soweit bekannt, dass eine mündliche Beschwerdeverhandlung eine weitere Klärung dieser Rechtssachen nicht erkennen lässt.
Soweit § 24 Abs 2 Z 2 VwGVG hinsichtlich der Säumnisbeschwerde die Möglichkeit des Absehens von einer mündlichen Verhandlung für den Fall der Zurückweisung oder Abweisung derselben einräumt, muss dies umso mehr für die Einstellung des Säumnisbeschwerdeverfahrens nach § 16 Abs 1 VwGVG gelten.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
4. Zu B) Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Nach Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
4.1. Zu Spruchpunkt B) I. Zurückweisungsbescheid
Hier war die Rechtsfrage zu klären, ob die belangte Behörde über die Zulässigkeit einer bei ihr eingebrachten Säumnisbeschwerde absprechen darf, oder hiefür unzuständig und dies den Verwaltungsgerichten vorbehalten ist.
Ist die Rechtslage eindeutig, liegt keine die Zulässigkeit einer Revision begründende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor (VwGH 28.5.2014, Ro 2014/07/0053). Die Rechtslage zu diesem Spruchpunkt ist eindeutig. So enthält der "Abschnitt 2. Vorverfahren" des "2. Hauptstückes" des VwGVG keine Norm, die der belangten Behörde diese Kompetenz der Zulässigkeitsprüfung einer Säumnisbeschwerde überantworten würde. Vielmehr beschränkt § 14 leg cit die Beschwerdevorentscheidung – ausdrücklich – auf Beschwerden nach Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG, somit auf Bescheidbeschwerden. Wohingegen § 16 Abs 1 VWGVG der belangten Behörde bei einer Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht ausschließlich zwei Handlungsoptionen einräumt, nämlich den Bescheid nachzuholen und das Säumnisbeschwerdeverfahren einzustellen, oder dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen. Die Revision ist somit nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Auch sind keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage ersichtlich.
Die vorliegende Entscheidung folgt der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
Es war daher in diesem Punkt spruchgemäß zu entscheiden.
4.2. Zu Spruchpunkt B) II. Feststellungsbescheid
Vorliegend war die Rechtsfrage zu klären, ob das verspätete Nachholen eines Bescheides infolge einer Säumnisbeschwerde die Unzuständigkeit der erlassenden Behörde begründet, wenn der Beschwerdeführer diese Unzuständigkeit moniert.
Wie dargestellt stimmen nach Thienel, Neuordnung der Verwaltungsgerichtbarkeit, Seite 36, die Voraussetzungen für die aktuelle Säumnisbeschwerde an die Verwaltungsgerichte mit jenen des bisherigen Art 132 B-VG (Säumnisbeschwerde an den VwGH) überein, sodass insofern Rechtsprechung und Literatur zu dieser Bestimmung auch für die Auslegung der Neuregelung herangezogen werden können. Zudem ist die angeführte Bestimmung des § 16 Abs 1 zweiter Satz VwGVG nahezu wortident mit § 36 Abs 2 dritter Satz VwGG, BGBl Nr 197/1985 idF BGBl I Nr 51/2012 (also jener Fassung des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 vor dem Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013) und jener nachgebildet.
Dass in der beschriebenen Konstellation (Zuständigkeitsrüge) der verspätet erlassene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der Behörde jedenfalls aufzuheben ist, hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung zur bisherigen Säumnisbeschwerde ausgesprochen (vgl zB VwGH 28.02.2011, 2010/17/0277).
Auf Grund der erfolgten Zuständigkeitsrüge stellte sich die erweiterte Rechtsfrage nach den Auswirkungen der amtwegig wahrzunehmenden Zuständigkeit nach § 27 VwGVG auf eine verspätete Bescheidnachholung infolge einer Säumnisbeschwerde nicht mehr. Dennoch sei angemerkt, dass der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen hat, dass das Verwaltungsgericht jedenfalls eine vorliegende Unzuständigkeit der Behörde amtswegig aufzugreifen und den behördlich erlassenen Bescheid aufzuheben hat, widrigenfalls sie eine eigene verwaltungsgerichtliche Entscheidung in der Sache selbst mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belasten würde (vgl jüngst VwGH 28.01.2016, Ra 2015/07/0140).
Auf Grund der beschriebenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes liegt hier keine Rechtsfrage allgemeiner Bedeutung vor, vielmehr ist die Rechtslage geklärt.
Auch sind keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage ersichtlich.
Die vorliegende Entscheidung folgt der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Es war daher in diesem Punkt spruchgemäß zu entscheiden.
4.3. Zu Spruchpunkt B) III. Säumnisbeschwerde
Hier war die Rechtsfrage nach dem rechtlichen Schicksal der Säumnisbeschwerde im Fall des verwaltungsgerichtlichen Aufhebens des verspätet nachgeholten Sachbescheides infolge behördlicher Unzuständigkeit zu klären.
Dieser Frage kommt grundsätzliche Bedeutung zu:
Die vorliegende Entscheidung richtet sich – wie erläutert – betreffend die Einstellung des Säumnisbeschwerdeverfahrens nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum Instrument der Säumnisbeschwerde vor der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle, zumal auch der durch den Gesetzgeber gewählte Wortlaut in § 16 Abs 1 zweiter Satz VwGVG jenem des § 36 Abs 2 dritter Satz VwGG, BGBl Nr 197/1985 idF BGBl I Nr 51/2012, entspricht. Das Bundesverwaltungsgericht erachtet die Auslegung dieses Wortlauts dahingehend, dass ein Säumnisbeschwerdeverfahren auch bei verspäteter Nachholung des Bescheids einzustellen ist, als konsequent, ist doch die Säumnisbeschwer des Beschwerdeführers mit Erlassung des Bescheids weggefallen. Dieser Bescheid mag zwar von einer unzuständigen Behörde erlassen worden sein (und ist demgemäß – wie in der vorliegenden Rechtssache – im Falle einer zulässigen Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben), er ist allerdings dennoch der Rechtskraft zugänglich. Würde ein solcher Bescheid nicht angefochten werden, hätte er jene Verwaltungssache rechtskräftig erledigt, deren Erledigung der Beschwerdeführer im Wege der Säumnisbeschwerde herbeizuführen suchte; in dieser Konstellation drängt sich die Einstellung des Säumnisbeschwerdeverfahrens geradezu auf. Es erscheint dem Bundesverwaltungsgericht hingegen unlogisch und widerspreche wohl auch dem Wortlaut des § 16 Abs 1 zweiter Satz VwGVG in seiner – durch die zur früheren Rechtslage im Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 ergangenen Judikatur vorgenommenen – Auslegung, die Einstellung des Säumnisbeschwerdeverfahrens umgekehrt davon abhängig zu machen, ob der verspätet erlassene Bescheid rechtskräftig wird oder nicht.
Denkbar ist jedoch, dass der Verwaltungsgerichtshof trotz erkennbarer Nachbildung des Säumnisbeschwerdeverfahrens im derzeitigen verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzsystem nunmehr eine andere Auslegung des § 16 Abs 1 zweiter Satz VwGVG für geboten erachtet. So könnten sich neue Erwägungen daraus ergeben, dass – anders als nach der früheren Rechtslage betreffend den Verwaltungsgerichtshof – die Säumnisbeschwerde nicht beim Verwaltungsgericht, sondern bei der Behörde einzubringen ist und diese nicht erst durch einen gerichtlichen Auftrag zur Nachholung des Bescheides innerhalb von drei Monaten zuständig wird, sondern dies gesetzlich vorgesehen ist, noch bevor das Verwaltungsgericht mit der Säumnisbeschwerde überhaupt befasst wird. Dies ließe womöglich eine Auslegung des § 16 Abs 1 zweiter Satz VwGVG dahingehend zu, dass sich die Verpflichtung zur Einstellung des Säumnisbeschwerdeverfahrens lediglich an die den Bescheid nachholende Verwaltungsbehörde richtet und das Verwaltungsgericht im Falle der Vorlage einer Beschwerde gegen einen verspätet nachgeholten Bescheid das Verfahren nicht einzustellen, sondern nach Aufhebung des Bescheids wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit inhaltlich fortzusetzen hätte. Jedenfalls besteht zu dieser sich im Verfahren betreffend Säumnisbeschwerden nach Art 130 Abs 1 Z 3 B-VG iVm § 16 VwGVG stellenden Frage noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, weshalb die Revision schon deshalb zulässig ist.
Damit in engem Zusammenhang steht zudem die Frage, welche Konsequenzen mit der Einstellung des Säumnisbeschwerdeverfahrens nach Aufhebung des Bescheids wegen Unzuständigkeit verbunden sind:
Wie aufgezeigt, geht der Verwaltungsgerichtshof im System nach der vormaligen Rechtslage konsequenterweise davon aus, dass die Behörde zur Entscheidung der Verwaltungssache wieder zuständig ist und ihr zur Erlassung des Bescheids neuerlich die volle Entscheidungsfrist zur Verfügung steht (vgl VwGH 23.09.1998, 98/01/0277). Ob dies auch für das derzeitige Rechtsschutzsystem gilt, ist bislang nicht beantwortet.
Als vertretbare Auslegung wird in der Literatur bisweilen auch gesehen, dass nunmehr nach Aufhebung des nachgeholten Bescheids wegen Unzuständigkeit der Behörde das Säumnisbeschwerdeverfahren wieder bei der Behörde offen ist und infolge des bereits erfolgten Ablaufs der dreimonatigen Frist zur Nachholung des Bescheids die Säumnisbeschwerde samt Akten dem Verwaltungsgericht unverzüglich zur Entscheidung vorzulegen sind (Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte [2017], § 16 VwGVG, K 8). Diese auf den ersten Blick nachvollziehbare Auslegung unterstellt dem Gesetzgeber jedoch letztlich, Sinnloses normiert zu haben: Sie hätte nämlich zur Folge, dass nach Aufhebung des Bescheids und Einstellung des Säumnisbeschwerdeverfahrens das Verwaltungsgericht den Verfahrensakt der Behörde zu übermitteln hätte, welche diesen umgehend wieder dem Verwaltungsgericht retournieren müsste, das dann zur inhaltlichen Entscheidung über die Säumnisbeschwerde berufen wäre – bei diesem Ergebnis ginge aber wiederum die vorangegangene Einstellung des Säumnisbeschwerdeverfahrens ins Leere bzw wäre § 16 Abs 1 zweiter Satz VwGVG jeglichen nachvollziehbaren Gehalts beraubt.
Sofern die genannte Bestimmung also – in Fortführung der Judikatur zu § 36 Abs 2 dritter Satz VwGG, BGBl Nr 197/1985 idF BGBl I Nr 51/2012 – die Einstellung des Säumnisbeschwerdeverfahrens nach Aufhebung des Bescheids wegen Unzuständigkeit gebietet, scheint die dogmatisch zwingende Konsequenz (weiterhin) darin zu liegen, dass die Verwaltungsbehörde zur Entscheidung der Verwaltungssache wieder zuständig ist.
Dabei bleibt schließlich auch die Frage offen, welche Entscheidungsfrist der Behörde dann zur Verfügung steht. Diese Frage war für das Bundesverwaltungsgericht in der vorliegenden Beschwerdesache allerdings (noch) nicht zu beantworten. Folgt man allerdings der dargelegten Judikatur, bedeutete dies wohl mit Blick auf § 73 Abs 1 AVG, dass der Austro Control Österreichische Gesellschaft für Zivilluftfahrt mbH erneut sechs Monate zur Erledigung der Rechtssache zur Verfügung stünden. Die mit der vorliegenden Entscheidung vorgenommene Auslegung auf Basis der bestehenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes trägt also ein erhebliches rechtsschutzunfreundliches Potential in sich und könnte letztlich durch Einstellungs- und Kassationskaskaden das Instrument der Säumnisbeschwerde vollends ins Leere laufen lassen. Eine derartige Vorgehensweise durch eine Verwaltungsbehörde wäre zwar willkürlich und verbietet sich im Verwaltungsvollzug insoweit schon von selbst; dennoch stellt sich die Frage, ob der normativen Grundlage der Säumnisbeschwerde ein Inhalt unterstellt werden kann, der eine derartige Vorgehensweise überhaupt zulassen würde.
Aufgrund der aufgezeigten Problemstellungen liegen sohin Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung vor, deren Beantwortung durch den Verwaltungsgerichtshof geboten ist.
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