BVwG G305 2013155-2

BVwGG305 2013155-228.9.2016

ASVG §101
ASVG §203 Abs1
ASVG §410
B-VG Art.133 Abs4
ASVG §101
ASVG §203 Abs1
ASVG §410
B-VG Art.133 Abs4

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2016:G305.2013155.2.00

 

Spruch:

G305 2013155-2/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Ernst MAIER, MAS als Einzelrichter über die gegen den Bescheid der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt, XXXX, vom XXXX, AZ.: XXXX, gerichtete Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, vertreten durch XXXX, vom XXXX zu Recht erkannt:

A)

Die gegen Spruchpunkt 1.) des Bescheides gerichtete Beschwerde wird als unbegründet a b g e w i e s e n.

Überdies wird f e s t g e s t e l l t, dass der Bescheid hinsichtlich Spruchpunkt 2.) in Rechtskraft erwachsen ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Erstverfahren:

1.1. Mit Bescheid vom XXXX, Unfall-Nr.: G XXXX, erkannte die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, Landesstelle XXXX (in der Folge: belangte Behörde oder kurz: AUVA) den am XXXX im Betrieb der Firma MXXXX GmbH erlittenen Unfall des Beschwerdeführers (in der Folge so oder kurz: BF), wodurch dieser eine Prellung des rechten Augapfels mit Verrenkung der Linse und eine Rissquetschwunde ober der rechten Augenbraue erlitten hatte, als Arbeitsunfall an und stellte gemäß § 179 Abs. 1 ASVG als Bemessungsgrundlage den Betrag von XXXX fest. Überdies stellte die belangte Behörde eine Minderung der Erwerbsfähigkeit ab dem XXXX bzw. ab dem XXXX mit jeweils 25 % fest und sprach dem BF ab dem XXXX eine Versehrtenrente in Höhe von XXXX monatlich und ab dem XXXX eine solche in Höhe von XXXX zu.

In der Begründung des Bescheides heißt es im Wesentlichen zusammengefasst, dass für die Entschädigung die Herabsetzung des Sehvermögens des rechten Auges als Verletzungsfolge des Arbeitsunfalles maßgebend sei. Die Versehrtenrente werde als vorläufige Rente festgesetzt, da die Entwicklung der Unfallfolgen noch nicht abschließend beurteilt werden könne.

1.2. Mit Bescheid vom XXXX, Unfall-Nr.: G XXXX, sprach die AUVA aus, dass der BF für die Folgen des Arbeitsunfalles vom 28.07.2005 eine vorläufige Versehrtenrente in Höhe von 25 v.H. der Vollrente erhalte. An Stelle dieser Versehrtenrente werde gemäß § 209 Abs. 1 ASVG ab dem XXXX eine Dauerrente in Höhe von 25 v.H. der Vollrente festgestellt und betrage die Dauerrente monatlich XXXX.

1.3. Mit Eingaben vom XXXX und vom XXXX brachte der BF der belangten Behörde mehrere Arztbefunde zur Vorlage.

1.4. In einer an die chefärztliche Station gerichteten Anfrage vom XXXX führte die belangte Behörde zunächst aus, dass sich der BF vom XXXX bis XXXX im Krankenstand und in Behandlung des Klinikums XXXX sowie von Herrn XXXX befunden hätte und erging die Anfrage, ob diese Krankenstände und Behandlungen überwiegend auf den Unfall vom XXXX zurückzuführen seien und ob von einer Verschlimmerung der Unfallfolgen auszugehen sei.

1.5. In seiner chefärztlichen Stellungnahme vom XXXX führte der Chefarzt aus, dass die angeführten Krankenstände und Behandlungen überwiegend auf den Unfall vom XXXX zurückzuführen seien und von einer Verschlimmerung der Unfallfolgen auszugehen sei, weshalb eine neuerliche Begutachtung veranlasst werden möge.

1.6. Auf Grund des Antrages des BF vom XXXX auf Erhöhung der Versehrtenrente sprach die AUVA mit Bescheid vom XXXX, AZ.: XXXX aus, dass der BF für die Zeit der neuerlichen unfallbedingten Erwerbsunfähigkeit (sohin vom XXXX bis XXXX) Anspruch auf folgende Leistungen habe:

Ab-Datum

XXXX

XXXX

XXXX

XXXX

M.d.E.

100

100

100

100

Versehrtenrente

XXXX

XXXX

XXXX

XXXX

Zusatzrente

XXXX

XXXX

XXXX

XXXX

abz. Ruhensbetrag

XXXX

XXXX

XXXX

XXXX

Rentenbetrag (netto)

XXXX

XXXX

XXXX

XXXX

     

Ab-Datum

XXXX

XXXX

M.d.E.

100

100

Versehrtenrente

XXXX

XXXX

Zusatzrente

XXXX

XXXX

abz. Ruhensbetrag

XXXX

XXXX

Rentenbetrag (netto)

XXXX

XXXX

   

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen zusammengefasst aus, dass bei einer wesentlichen Veränderung der Verhältnisse, die für die Feststellung einer Rente maßgebend waren, der Unfallversicherungsträger auf Antrag oder von Amts wegen die Rente neu festzustellen habe. In den für die Festsetzung der bisherigen Versehrtenrente maßgebend gewesenen Verhältnissen sei eine völlige Erwerbsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit für die Zeit der Wiedererkrankung an Unfallfolgen von XXXX bis XXXX eingetreten. Die für eine Erhöhung der Versehrtenrente ab dem XXXX notwendigen Voraussetzungen lägen nicht vor.

1.7. Mit Bescheid vom XXXX erkannte die belangte Behörde den Anspruch auf Invaliditätspension im Zeitraum XXXX bis XXXX an.

1.8. Mit einem weiteren, zum XXXX erlassenen Bescheid sprach die belangte Behörde aus, dass die Invaliditätspension ab XXXX XXXX monatlich betrage.

1.9. Mit Schreiben vom XXXX wurde der BF für den XXXX zu einer (weiteren) fachärztlichen Untersuchung vorgeladen und in diesem Zusammenhang aufgefordert, in seinem Besitz befindliche Befunde und Röntgenbilder zur Untersuchung mitzubringen.

1.10. Auf Grund des Antrages des BF erstellte der Facharzt für Innere Medizin und Arzt für Allgemeinmedizin, XXXX, ein ärztliches Gesamtgutachten, in dem dieser zusammengefasst feststellte, dass im Vergleich zum Vorgutachten XXXX eine Befundverschlechterung objektiviert werden konnte. Dabei stehe im Vordergrund der Beschwerden ein depressiver Verstimmungszustand, der trotz Therapie einen Krankheitswert erreiche. Die Beschwerden und Funktionseinschränkungen des Bewegungs- und Stützapparates seien nur mäßig ausgeprägt und auf degenerative Veränderungen zurückzuführen. Dem BF seien am allgemeinen Arbeitsmarkt Erwerbsarbeiten befristet für 24 Monate nicht zumutbar.

1.11. Mit Bescheid vom XXXX, AZ.: XXXX, wies die belangte Behörde den Antrag des BF auf Erhöhung der Dauerrente von 25 Prozent der Vollrente wegen des Arbeitsunfalls vom XXXX ab und führte begründend im Wesentlichen kurz zusammengefasst aus, dass im Zustand der Unfallfolgen keine wesentliche Änderung eingetreten sei. Die depressive Störung sei auf ein unfallunabhängiges Krankheitsgeschehen zurückzuführen.

1.12. Gegen diesen, dem BF durch persönliche Ausfolgung am XXXX direkt zugestellten Bescheid brachte dieser am XXXX Klage gegen die belangte Behörde beim Landesgericht XXXX als Arbeits- und Sozialgericht ein und führte darin begründend aus, dass er am XXXX einen schweren Arbeitsunfall erlitten habe, bei dem sein rechtes Auge verletzt wurde. Dieses habe nunmehr völlig entnommen werden müssen. Entgegen dem Bescheidvorbringen seien die eingetretenen Depressionen sehr wohl unfallkausal.

1.13. Mit Urteil vom XXXX, XXXX, wies das Landesgericht XXXX als Arbeits- und Sozialgericht die wider die belangte Behörde erhobene Klage des BF ab und führte begründend im Kern aus, dass die unfallkausale Minderung der Erwerbsfähigkeit aus dem Unfall vom XXXX ab dem XXXX aus augenfachärztlicher Sicht 30 von 100 betrage. Dagegen betrage die unfallkausale Minderung der Erwerbsfähigkeit aus neurologisch-psychiatrischer Sicht, bezogen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt 0 v.H..

1.14. Am XXXX brachte der BF einen Antrag bei der belangten Behörde ein, mit dem er gestützt auf die Bestimmung des § 101 ASVG begehrte, ihm die wegen eines wesentlichen Irrtums über den Sachverhalt bzw. eines offenkundigen Versehens zu Unrecht zu niedrig bemessene Geldleistung mit Wirkung vom "Tag der Auswirkung des Irrtums oder des Versehens, das ist der XXXX, den gesetzlichen Zustand herzustellen" und ihm rückwirkend und pro futuro eine Dauerrente in Höhe von 30 % der Vollrente zu gewähren. In eventu beantragte er die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 67 AVG, das zur Festsetzung der vorläufigen bzw. Dauerrente für den Antragsteller im Jahr XXXX führte.

Begründend führte er im Wesentlichen zusammengefasst aus, dass mit Urteil des Landesgerichtes XXXX zur XXXX festgestellt worden sei, dass "bereits nach dem Arbeitsunfall eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 % bestanden habe." Bei der Festsetzung der Rente mit 25 v.H. habe damals eine Fehleinschätzung vorgelegen und hätte bereits damals die Minderung der Erwerbsfähigkeit mit 30 v.H. festgestellt werden müssen.

1.15. Mit Bescheid vom XXXX, AZ.: XXXX, sprach die belangte Behörde aus, dass dem BF die bis XXXX befristet zuerkannte Invaliditätspension bis XXXX weitergewährt werde.

1.16. Mit Bescheid vom XXXX, AZ: XXXX, wies die belangte Behörde den Antrag des BF vom XXXX auf rückwirkende Herstellung des gesetzlichen Zustandes ab und führte begründend aus, dass dem BF für die Folgen des Arbeitsunfalles vom XXXX mit den rechtskräftigen Bescheiden vom XXXX und XXXX eine vorläufige Versehrtenrente bzw. eine Dauerrente entsprechend einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 25 v.H. zuerkannt worden sei. Auf Grund der Erhebungen und Befundungen liege bei der Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit kein wesentlicher Irrtum über den Sachverhalt oder ein offenkundiges Versehen vor.

1.17. Gegen diesen, dem BF am XXXX durch persönliche Ausfolgung direkt zugestellten Bescheid erhob dieser am XXXX einen mit dem Antrag verbundenen Einspruch, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und seinem Antrag auf rückwirkende Herstellung des gesetzlichen Zustandes Folge zu geben, an den Landeshauptmann von XXXX als damals zuständiger Rechtsmittelbehörde.

1.18. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX, Zl. XXXX, wurde der angefochtene Bescheid vom XXXX, Zl. XXXX, gemäß § 28 Abs. 5 VwGVG iVm. § 101 ASVG aufgehoben.

In der Begründung des Bescheides heißt es im Kern, dass der angefochtene Bescheid vom XXXX mangels Entscheidungsbefugnis der belangten Behörde aufzuheben gewesen sei, da er auf Grund des rechtskräftigen Urteils des Landesgerichtes XXXX als Arbeits- und Sozialgericht bzw. mit der Erhebung der Klage außer Kraft getreten sei.

2. Zweitverfahren:

2.1. Mit Schriftsatz vom XXXX begehrte der BF wiederholt die Aufhebung der beiden Bescheide vom XXXX und vom XXXX und ihm rückwirkend ab XXXX eine 30%ige Dauerrente gemäß § 209 Abs. 1 ASVG zuzuerkennen. Für den Fall der Ab- oder Zurückweisung dieses Antrages begehrte er gemäß § 69 AVG die Wiederaufnahme des Verfahrens, da mit dem Gutachten XXXX ein Beweismittel zur Verfügung stehe, das zu einer anderen Beurteilung des den beiden Bescheiden aus XXXX und XXXX zu Grunde liegenden Sachverhaltes und zur Gewährung einer 30%igen Versehrtenrente geführt hätte.

2.2. Mit Schreiben vom XXXX verständigte die belangte Behörde den BF vom Ergebnis der von ihr durchgeführten Beweisaufnahme und gab ihm die Möglichkeit, innerhalb von vier Wochen ab Zustellung der Verständigung eine schriftliche Stellungnahme abzugeben.

2.3. Mit Schriftsatz vom XXXX führte der BF aus, dass er das Vorbringen im Antrag vom XXXX vollinhaltlich aufrecht halte. Für die rückwirkende Zuerkennung einer Dauerrente in Höhe von 30 v.H. der Vollrente sei der ordentliche Rechtsweg nicht zulässig, was im Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX ausdrücklich festgehalten worden sei. Der ursprüngliche Bescheid vom XXXX und vom XXXX sei auch nie im Rechtsweg angefochten worden. Daher sei die belangte Behörde jedenfalls zur Entscheidung über den Antrag zuständig. Es sei nur der Bescheid vom XXXX angefochten worden, nicht aber die beiden Bescheide aus XXXX und XXXX. Diese seien nunmehr unrichtig, da der Sachverständige XXXX in dessen Gutachten ausgeführt habe, dass dem Antragsteller rückwirkend mit XXXX eine 30%ige Dauerrente zuzuerkennen gewesen wäre.

2.4. Mit Bescheid vom XXXX sprach die belangte Behörde aus, dass die Anträge vom XXXX und vom XXXX auf rückwirkende Herstellung des gesetzlichen Zustandes (Spruchpunkt 1.) und der Eventualantrag vom XXXX auf Wiederaufnahme des Verfahrens abgelehnt werden (Spruchpunkt 2.).

In der Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen zusammengefasst aus, dass dem BF für die Folgen des Arbeitsunfalles vom XXXX mit den rechtskräftigen Bescheiden vom XXXX und vom XXXX eine vorläufige Versehrtenrente bzw. eine Dauerrente entsprechend einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 25 v.H. zuerkannt worden sei. Bei der Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit liege kein wesentlicher Irrtum über den Sachverhalt oder ein offenkundiges Versehen vor. Zu Spruchpunkt 2.) führte die belangte Behörde begründend aus, dass ein mit Bescheid abgeschlossenes Verfahren, gegen das ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig sei, dann wiederaufzunehmen sei, wenn neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anderslautenden Bescheid herbeigeführt hätten. Der Antrag auf Wiederaufnahme sei binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen habe. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides könne der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Weder seien neue Tatsachen oder Beweismittel im Zuge des durchgeführten Sozialgerichtsverfahrens, Zl. XXXX, hervorgekommen, noch sei innerhalb des geforderten Zeitrahmens ein entsprechender Antrag gestellt worden.

2.5. Gegen diesen, dem BF im Wege seiner ausgewiesenen Rechtsvertretung am XXXX zugestellten Bescheid erhob dieser die zum XXXX eingebrachte - rechtzeitige - Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, die er auf die Beschwerdegründe "inhaltliche Rechtswidrigkeit" und "Verletzung der Verfahrensvorschriften" stützte und mit dem Antrag verband, den angefochtenen Bescheid zu beheben und dem Antrag des BF vom XXXX und vom XXXX auf rückwirkende Herstellung des gesetzlichen Zustandes (rückwirkende Gewährung einer Dauerrente ausgehend von 30% Minderung der Erwerbsfähigkeit) Folge zu geben. Überdies erklärte er, dass Spruchpunkt 2.) des Bescheides wegen Ablaufs der Dreijahresfrist für die Wiederaufnahme jedenfalls abgelaufen ist.

In der Begründung der Beschwerde führte der BF im Wesentlichen kurz zusammengefasst aus, dass schon das Landesgericht XXXX im Urteil vom XXXX davon ausgegangen sei, dass bereits zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides vom XXXX die Dauerrente von 25 v.H. der Vollrente unrichtig bemessen worden sei. Im Urteil werde weiter ausgeführt, dass das Restsehvermögen von Handbewegungen vor dem rechten Auge funktionell einer Erblindung beim Kläger gleichzuhalten wäre. Schon damals habe aus augenfachärztlicher Sicht die Minderung der Erwerbsfähigkeit 30 v.H. betragen. Der Bescheid vom XXXX gründe auf einem Gutachten, in dem der dortige Sachverständige die Erkenntnis seines Faches außer Acht gelassen habe und einen konkreten Leidenszustand unbeachtet gelassen habe. Bereits bei der Begutachtung, die diesem Bescheid zu Grunde lag, hätten als Folge des Arbeitsunfalles vom XXXX die Ablatio am rechten Auge und die Aphakie vorgelegen und hätte aus augenfachärztlicher Sicht schon damals eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 v.H. bestanden.

2.6. Am XXXX legte die belangte Behörde die gegen den Bescheid vom XXXX gerichtete Beschwerde des BF und die Bezug habenden Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht vor. Hier wurde die Beschwerdesache der Gerichtsabteilung G305 zur Erledigung zugeteilt.

Im dazu ergangenen, zum XXXX datierten Vorlagebericht begehrte die belangte Behörde die Abweisung der Beschwerde und führte im Wesentlichen zusammengefasst aus, dass weder im arbeitsgerichtlichen Verfahren zur Zl. XXXX neue Tatsachen oder Beweismittel hervorgekommen wären, noch innerhalb des geforderten Zeitrahmens ein entsprechender Antrag gestellt worden sei, sodass der Eventualantrag des BF auf Wiederaufnahme des Verfahrens abgelehnt worden sei. Mit Bescheid vom XXXX sei der Unfall des BF vom XXXX als Arbeitsunfall anerkannt worden und ihm ab dem XXXX eine 25%ige vorläufige Versehrtenrente zuerkannt worden. Diesem Bescheid sei das Gutachten des XXXX zu Grunde gelegt worden. Mit rechtskräftigem Bescheid vom XXXX sei ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalles vom XXXX ab dem XXXX eine 25%ige Dauerrente zuerkannt worden. Grundlage für diesen Bescheid sei das augenfachärztliche Gutachten XXXX vom XXXX gewesen, der die Minderung der Erwerbsfähigkeit ebenfalls mit 25 v.H. bemessen habe. Mit Bescheid vom XXXX sei der Antrag des BF auf Erhöhung der 25%igen Dauerrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalles vom XXXX abgewiesen worden, da die depressive Störung des BF auf ein unfallunabhängiges Krankheitsgeschehen zurückzuführen sei. Das Landesgericht XXXX als Arbeits- und Sozialgericht habe seine Entscheidung auf die eingeholten Gutachten des XXXX und des XXXX gestützt. Im klagsabweisenden Urteil habe das Landesgericht XXXX ausgeführt, dass der BF ab dem XXXX eine Dauerrente im Ausmaß von 25 v. H. der Vollrente bezogen habe. Der Bescheid habe der Sach- und Rechtslage entsprochen. Die Dauerrente sei wegen der im XXXX vorgelegenen Einschränkungen richtig mit 25 v.H. bemessen worden. Im XXXX habe dem BF der rechte Augapfel entfernt werden müssen und sei er somit vollständig blind. Der Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit sei dadurch um 5 v.H. geändert worden und liege keine wesentliche Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 183 Abs. 1 ASVG vor. Es entspreche überdies gesicherter verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung (VwGH 2012/08/0047), dass andere Einschätzungen der Minderung der Erwerbsfähigkeit eines Versicherten als Folge eines Arbeitsunfalls keinen Grund zur Herstellung des gesetzlichen Zustandes gemäß § 101 ASVG darstellen könnten. Für die Anwendung des § 69 AVG sei auf Grund des oben dargelegten Sachverhalts keine Anwendung gegeben.

2.7. Mit hg. Schreiben vom XXXX wurde der BF unter gleichzeitiger Übermittlung des Vorlageberichtes der belangten Behörde vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt und wurde ihm die Gelegenheit gegeben, sich im Rahmen des Parteiengehörs binnen zwei Wochen ab Zustellung (XXXX) zu äußern.

Die ihm eingeräumte Frist zur Äußerung ließ der BF reaktionslos verstreichen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Im Zuge eines Arbeitsunfalles vom XXXX erlitt der Beschwerdeführer eine Prellung des rechten Augapfels. Dabei kam es zu einer Luxation der Augenlinse und zu einer Netzhautablösung rechts. Trotz mehrerer Operationen konnte das Sehvermögen des rechten Auges nicht wiederhergestellt werden. Die Sehschärfe des rechten Auges erstreckte sich seit dem Arbeitsunfall über Jahre hindurch lediglich auf die Fähigkeit, Handbewegungen vor dem Auge wahrnehmen zu können. Aus augenfachärztlicher Sicht wurde die durch das Restsehvermögen bewirkte Minderung der Erwerbsfähigkeit des BF mit 25 v.H. eingeschätzt (Erstes Rentengutachten des Facharztes für Augenheilkunde und Optometrie, XXXX, vom XXXX).

1.2. Mit rechtskräftigem Bescheid vom XXXX, Unfall-Nr.: XXXX, sprach die belangte Behörde aus, dass der Unfall, den der BF am XXXX im Betrieb der Firma MXXXX GmbH als Gussputzer erlitten hatte, wodurch er eine Prellung des rechten Augapfels mit Verrenkung der Linse sowie eine Rissquetschwunde ober der rechten Augenbraue erlitten hatte, als Arbeitsunfall anerkannt wird und stellte den Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit des BF mit 25 v.H. fest.

1.3. Nach einer am XXXX durchgeführten augenärztlichen Untersuchung des BF stellte der Facharzt für Augenheilkunde und Optometrie, XXXX, in dem zum XXXX erstellten Sachverständigengutachten beim BF als Folge des Arbeitsunfalles vom XXXX eine Ablatio (Netzhautablösung) am rechten Auge und eine Aphakie fest. Weiter stellte er fest, dass sich die Sehleistung am rechten Auge auf die Fähigkeit, Handbewegungen vor dem Auge wahrnehmen zu können, erstreckt. Die durch das Restsehvermögen bewirkte Minderung der Erwerbsfähigkeit des BF schätzte der Sachverständige ebenfalls mit 25 v.H. ein (Augenärztliches Dauerrentengutachten des Facharztes Augenheilkunde und Optometrie, XXXX vom XXXX).

1.4. Mit dem ebenfalls in Rechtskraft erwachsenen Bescheid vom XXXX, Unfall-Nr.: XXXX, erkannte die belangte Behörde dem BF wegen der Folgen des Arbeitsunfalles beginnend mit XXXX eine Dauerrente in Höhe von 25 v.H. der Vollrente zu.

Maßgeblich für die Umwandlung der als Folge des Arbeitsunfalles vom XXXX gewährten vorläufigen Versehrtenrente in eine Dauerrente war die (dauerhafte) Herabsetzung des Sehvermögens des rechten Auges.

1.5. Über Jahre hindurch blieb das Sehvermögen beim rechten Auge auf die Fähigkeit beschränkt, lediglich vor dem Auge ausgeführte Handbewegungen wahrnehmen zu können. Auf Grund einer sekundären Drucksteigerung und chronischer Beschwerden und der Aussichtslosigkeit weiterer operativer Maßnahmen kam es beim BF am XXXX zu einer operativen Entfernung des rechten Augapfels. Seitdem besteht beim rechten Auge des BF, für das eine Prothese angefertigt wurde, keine Lichtempfindung mehr, sodass es als vollkommen blind anzusehen ist.

Beim linken Auge des BF besteht ein uneingeschränktes Sehvermögen.

1.6. Auf Grund des auf die Gewährung einer Invaliditätspension gerichteten Antrages des BF vom XXXX führte der Facharzt für Innere Medizin und Arzt für Allgemeinmedizin, XXXX, über Veranlassung der belangten Behörde eine Untersuchung des BF am XXXX - sohin vor dem operativen Eingriff am rechten Auge des BF am XXXX - durch. In dem über diese Untersuchung des BF erstellten Sachverständigengutachten vom XXXX stellte der genannte Sachverständige beim BF zusammengefasst eine wiederkehrende depressive Störung unter Therapie (im Zeitpunkt der Untersuchung bestand eine schwere Episode), eine Blindheit des rechten Auges (seit dem Arbeitsunfall XXXX), ein normales Sehvermögen links und ein Lendenwirbelsyndrom ohne Wurzelzeichen (mäßige Funktionseinschränkung) fest, die er als "Hauptursachen der Minderung der Erwerbsfähigkeit" bezeichnete. Darüber hinaus stellte er weitere Leiden, wie einen labilen Bluthochdruck ohne Therapie bei ausgeglichenem Herz-Kreislauf-System, ein Engpasssyndrom des Handmittelnervs beidseits (ohne Funktionseinschränkung), einen chronischen Nikotinkonsum ohne Atembeschwerden, einen beginnenden Knochenschwund unter Therapie, sowie eine kombinierte Blutfett- und eine Harnsäureerhöhung fest.

Im Vergleich zum Vorgutachten XXXX objektivierte der Sachverständige eine Befundverschlechterung, wobei er im Vordergrund der Beschwerden einen depressiven Verstimmungszustand, "der trotz Therapie derzeit Krankheitswert erreicht" sah.

1.7. Mit Bescheid vom XXXX, AZ: XXXX, wies die belangte Behörde den Antrag des BF vom XXXX auf Erhöhung der Dauerrente von 25 v.H. der Vollrente als Folge des Arbeitsunfalles vom XXXX ab und führte begründend aus, dass im Zustand der Unfallfolgen keine wesentlichen Änderungen eingetreten seien, da die depressive Störung auf ein unfallunabhängiges Krankheitsgeschehen zurückzuführen sei.

Gegen diesen Bescheid erhob der BF am XXXX Klage an das Landesgericht XXXX als Arbeits- und Sozialgericht und begehrte darin die Fällung eines Urteils wider die belangte Behörde, diese schuldig zu erkennen, "der klagenden Partei die gesetzlichen Leistungen aus der Unfallversicherung im gesetzlichen Ausmaß für die Folgen des Unfalles vom XXXX binnen 14 Tagen, bei sonstiger Exekution zu gewähren, indem die Dauerrente ab XXXX auf 100 % der Vollrente erhöht wird, [...]" und sie weiters zum Prozesskostenersatz zu verpflichten.

In dem zu XXXX vor dem Landesgericht XXXX als Arbeits- und Sozialgericht geführten Verfahren holte das Gericht ein Sachverständigengutachten des Facharztes für Augenheilkunde und Optometrie, XXXX, ein, im Rahmen dessen der Sachverständige beim rechten Auge des BF einen Zustand nach massiver Prellung des rechten Augapfels mit Luxation der Augenlinse und traumatischer Netzhautablösung, sowie einen Zustand nach mehrfachen Operationen der Netzhautablösung rechts und eine Entfernung der luxierten Augenlinse bzw. einen Zustand nach Entfernung des rechten Augapfels (Enukleation) feststellte. Die unfallkausale Minderung der Erwerbsfähigkeit aus dem Unfall vom XXXX bewertete der Sachverständige beginnend mit XXXX mit 30 v.H. (SV-Gutachten des Facharztes für Augenheilkunde und Optometrie, XXXX, vom XXXX, Befund, S. 4).

In einem vom Landesgericht XXXX als Arbeits- und Sozialgericht zu XXXX eingeholten neurologisch-psychiatrischen Sachverständigengutachten stellte der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, XXXX, im Wesentlichen kurz zusammengefasst fest, dass beim BF fachspezifisch in erster Linie Augenschmerzen, Kopfschmerzen und Depressionen als Beschwerden bestehen. In neurologischer Hinsicht findet sich ein altersentsprechender Befund. Aus psychiatrischer Sicht besteht eine dysthyme Verstimmung mit Grübeltendenz und Nervosität sowie eine leichtgradige Depression mit Fixierung auf das Unfallgeschehen. Aus neurologisch-psychiatrischer Sicht bewertete er die unfallkausale Minderung der Erwerbsfähigkeit des BF bezogen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt beginnend mit XXXX mit 0 v.H. (SV-Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie, XXXX vom XXXX).

Mit Urteil vom XXXX, XXXX, wies das Landesgericht XXXX als Arbeits- und Sozialgericht das Klagebegehren des BF, die belangte Behörde schuldig zu erkennen, dem BF und Kläger für die Folgen des Arbeitsunfalles vom XXXX eine Dauerrente im Ausmaß von mehr als 25% der Vollrente zu gewähren, ab.

1.8. Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom XXXX, AZ.:

XXXX, lehnte die belangte Behörde die Anträge des BF vom XXXX und vom XXXX auf rückwirkende Herstellung des gesetzlichen Zustandes ab (Spruchpunkt 1.) und lehnte den Eventualantrag vom XXXX auf Wiederaufnahme des Verfahrens ab (Spruchpunkt 2.).

2. Beweiswürdigung:

Der oben dargestellte Verfahrensgang und der festgestellte Sachverhalt ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde, aus der ebenfalls nicht in Zweifel gezogenen Abschrift des Gerichtsaktes zur Zl. XXXX des Landesgerichtes XXXX als Arbeits- und Sozialgericht und den weiteren, im Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes einliegenden, nicht in Zweifel gezogenen und daher als als unbedenklich qualifizierten Urkunden.

Die zur jeweiligen Einschätzung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit des BF getroffenen Feststellungen gründen auf den in den Feststellungen angegebenen, weder von der belangten Behörde noch vom BF in Zweifel gezogenen fachärztlichen Sachverständigengutachten aus den Fachgebieten für Augenheilkunde und Optometrie, sowie Neurologie und Psychiatrie.

Da die Sachverständigengutachten von keiner der Verfahrensparteien qualifiziert in Zweifel gezogen wurden, können sie dem Erkenntnis im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu Grunde gelegt werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 355 ASVG sind alle nicht gemäß § 354 ASVG als Leistungssachen geltenden Angelegenheiten, für die nach § 352 ASVG die Bestimmungen dieses Teiles gelten, Verwaltungssachen.

Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet gemäß § 6 BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen eine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Beschwerdegegenständlich ist gemäß § 414 iVm § 410 ASVG die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes durch Einzelrichter normiert.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht waren, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 27 VwGVG legt den Prüfungsumfang fest und beschränkt diesen insoweit, als das Verwaltungsgericht bei Bescheidbeschwerden grundsätzlich an das Beschwerdevorbringen gebunden ist (Ausnahme: Unzuständigkeit der Behörde) (siehe dazu Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 1 zu § 27 VwGVG).

Konkret normiert die zitierte Bestimmung: "Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen."

Die zentrale Regelung zur Frage der Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte bildet § 28 VwGVG.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Dagegen erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen gemäß § 31 Abs. 1 leg. cit. durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG (Bescheidbeschwerden) dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z 1), oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen ist, oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

3.2. Zu Spruchteil A):

3.2.1. Mit dem angefochtenen Bescheid vom XXXX, AZ.: hatte die belangte Behörde in dessen Spruchpunkt 1.) die auf die rückwirkende Herstellung des gesetzlichen Zustandes gerichteten Anträge des BF vom XXXX und vom XXXX abgelehnt. Im Spruchpunkt 2.) dieses Bescheides wurde auch der auf die Wiederaufnahme des Verfahrens gerichtete Eventualantrag des BF vom XXXX abgelehnt.

Mit seiner gegen diesen Bescheid gerichteten Bescheidbeschwerde vom XXXX verband der BF den Antrag, seinen auf die rückwirkende Herstellung des gesetzlichen Zustandes gerichteten Anträgen vom XXXX und vom XXXX ausgehend von 30 v.H. der Minderung der Erwerbsfähigkeit Folge zu geben. Darüber hinaus erklärte er, dass Spruchpunkt 2.) des Bescheides unangefochten bleibe.

Auf Grund der eindeutigen Erklärungen des BF ist davon auszugehen, dass der angefochtene Bescheid vom XXXX hinsichtlich Spruchpunkt 2.) unbekämpft bleiben sollte und daher in Rechtskraft erwachsen ist. In Beschwerde gezogen wurde lediglich Spruchpunkt 1.) des genannten Bescheides. Strittig ist daher nur, ob die Voraussetzungen für die rückwirkende Herstellung des gesetzlichen Zustandes bei Geldleistungen gegeben sind.

3.2.2. Gemäß § 203 Abs. 1 ASVG besteht Anspruch auf Versehrtenrente, wenn die Erwerbsfähigkeit des Versehrten durch die Folgen eines Arbeitsunfalles oder eine Berufskrankheit über drei Monate nach dem Eintritt des Versicherungsfalles hinaus um mindestens 20 v.H. vermindert ist; die Versehrtenrente gebührt für die Dauer der Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 20 v.H.

Ergibt sich nachträglich, dass eine Geldleistung bescheidmäßig infolge eines wesentlichen Irrtums über den Sachverhalt oder eines offenkundigen Versehens zu Unrecht abgelehnt, entzogen, eingestellt, zu niedrig bemessen oder zum Ruhen gebracht wurde, so ist gemäß § 101 ASVG mit Wirkung vom Tag der Auswirkung des Irrtums oder Versehens der gesetzliche Zustand herzustellen.

Die zitierte Bestimmung bezieht sich ausschließlich auf bescheidmäßig ausgesprochene Anordnungen in Bezug auf eine Geldleistung, somit nicht auf eine Sachleistung bzw. eine bloße Feststellung gerichtete Anordnungen (Atria in Sonntag, ASVG 6. Aufl., Rz. 3 zu § 101).

Ein auf die rückwirkende Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes gerichteter Antrag setzt einen "wesentlichen Irrtum über den Sachverhalt" und oder ein "offenkundiges Versehen" voraus (siehe dazu Atria, a.a.O. Rz. 2 und 4ff. zu § 101).

Die Herstellung des gesetzlichen Zustandes im Sinne des § 101 ASVG wurde von der Rechtsprechung grundsätzlich immer den Leistungssachen zugeordnet, es sei denn, dass der Antrag für unzulässig erklärt wurde, weil die Leistung auf dem Urteil eines Gerichtes beruhte oder der Bescheid nach Klagserhebung außer Kraft getreten ist und deshalb auch nach Rückziehung der Klage der Bescheid nicht mehr dem Rechtsbestand angehört.

Es hindert die Einordnung des § 101 in den Abschnitt des Ersten Teiles des ASVG nicht, die in dieser Bestimmung geregelte Herstellung des gesetzlichen Zustandes den Verwaltungssachen zuzuordnen.

Ein Irrtum über den Sachverhalt liegt vor, wenn der Sozialversicherungsträger Sachverhaltselemente angenommen hat, die mit der Wirklichkeit zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung nicht übereinstimmten. Die Voraussetzungen des § 101 ASVG sind aber auch dann erfüllt, wenn der für die rechtliche Beurteilung maßgebliche Sachverhalt im seinerzeitigen Verfahren nicht ermittelt worden ist. Auch in Tatfragen, deren Beantwortung einem Sachverständigen überlassen bleiben muss, kann ein Irrtum vorliegen, etwa wenn der Sachverständige bei Erstellung von Befund und Gutachten eine gesicherte Erkenntnis seines Faches bzw. die Regeln seiner Wissenschaft nicht beachtet hat. Der Irrtum ist dann als wesentlich im Sinn des § 101 ASVG anzusehen, wenn er für die rechtliche Beurteilung des den Gegenstand des Verwaltungsverfahrens bildenden Leistungsanspruches Bedeutung erlangt (VwGH vom 28.03.2012, Zl. 2012/08/0047 und vom 04.05.1999, Zl. 97/08/0061).

Ist das Ergebnis des Verfahrens, wie gegenständlich, von medizinischen Fragen und damit von Sachverständigengutachten abhängig, dann kann in der Außerachtlassung einer gesicherten Erkenntnis des Faches ein offenkundiges Versehen liegen. Ein wesentlicher Sachverhaltsirrtum liegt dann nicht vor, wenn sich bloß die medizinische Einschätzung etwa auf Grund neuerer medizinischer Erkenntnisse geändert hat (VwGH vom 28.03.2012, Zl. 2012/08/0047).

Ein Versehen hingegen bedeutet mangelnde Sorgfalt, die sich einerseits auf die Ermittlung des Sachverhaltes, andererseits auf die rechtliche Beurteilung beziehen, also auch einen Rechtsirrtum bedeuten kann. Ein offenkundiges Versehen liegt aber nur dann vor, wenn eine klare und eindeutige gesetzliche Bestimmung unrichtig ausgelegt wurde und dies redlicher Weise nicht bestritten werden kann (vgl. VwGH vom 22.10.1996, Zl. 96/08/0057 und vom 27.07.2001, Zl. 2001/08/0041; ferner Teschner/Widlar, Allgemeines Sozialversicherungsrecht, Anm. 4 zu § 101).

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs ist im Verfahren nach § 101 ASVG nur bindend auszusprechen, dass ein Irrtum oder ein Versehen vorliegt und dass sich Irrtum oder dieses Versehen zum Nachteil des Versicherten ausgewirkt hat. In welchem Umfang eine allfällige Erhöhung einzutreten hat, bleibt dem neuen Leistungsbescheid vorbehalten (VwGH vom 29.03.2006, Zl. 2005/08/0034).

Die Herstellung des gesetzlichen Zustandes hat der Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich dann den Verwaltungssachen zugeordnet, wenn der Versicherungsträger die Anwendung des § 101 ASVG mit der Begründung abgelehnt hat, dass der strittige Anspruch mit dem Urteil eines Gerichtes zuerkannt wurde und die Zuständigkeit der Behörde verneint wurde (VwSlg. 8918/A = ZAS 1977, 64).

3.2.3. Im hier zu beurteilenden Fall rügte der BF den Umstand, dass in der Begründung des Urteils des Landesgerichtes XXXX vom XXXX ausgeführt werde, dass bereits zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides vom XXXX die ihm zuerkannte Dauerrente von 25 v.H. der Vollrente unrichtig bemessen worden sei. Auch werde im Urteil ausgeführt, dass das Restsehvermögen von Handbewegungen vor dem rechten Auge einer Erblindung beim Kläger gleichzuhalten wäre, weshalb schon damals aus augenfachärztlicher Sicht die Minderung der Erwerbsfähigkeit 30 v.H. betragen hätte.

In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass das Landesgericht XXXX als Arbeits- und Sozialgericht das Urteil zur Zl. XXXX vom XXXX aus augenfachärztlicher Sicht auf das SV-Gutachten des Facharztes für Augenheilkunde und Optometrie, XXXX, vom XXXX und aus neurologisch-psychiatrischer Sicht auf das SV-Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie, XXXX, vom XXXX gestützt hat.

Während das zuletzt genannte SV-Gutachten vom BF nicht in Zweifel gezogen wurde, unterstellt der BF in Anbetracht der von XXXXgezogenen Schlussfolgerungen, dass die "unfallkausale Minderung der Erwerbsfähigkeit der klagenden Partei aus dem Unfall vom 28.07.2015 [...] ab 17.08.2011 augenärztlicherseits 30%" betrage, dass diese Minderung der Erwerbsfähigkeit bereits für die Zeit der Erlassung des Bescheides vom XXXX gelte. Das ergibt sich aus dem Sachverständigengutachten XXXX jedoch nicht. Die Erhöhung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit verortet der Sachverständige mit dem Zeitpunkt des operativen Eingriffs am XXXX, bei dem beim BF eine Enukleation durchgeführt wurde, wodurch die vollständige Erblindung des rechten Auges eintrat. Damit steht dieses Sachverständigengutachten auch nicht im Widerspruch zu den Sachverständigengutachten, die den Bescheiden der belangten Behörde vom XXXX und vom XXXX zu Grunde gelegt wurden.

Im gegenständlichen Beschwerdefall beruft sich der BF weiters auf eine angeblich vom Landesgericht XXXX als Arbeits- und Sozialgericht getroffene Feststellung, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit bereits mit dem Bescheid vom XXXX unrichtig bemessen worden sei. Dabei übersieht der BF, dass der augenfachärztliche Sachverständige XXXX, dessen SV-Gutachten dem angesprochenen Urteil zu Grunde liegt, die unfallkausale Minderung der Erwerbsfähigkeit aus dem Unfall vom XXXX erst ab dem XXXX mit 30 v.H. einschätzt (siehe dazu das SV-Gutachten vom XXXX, S. 4).

Der BF übersieht weiter, dass die Bestimmung des § 101 ASVG nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs keine Handhabe dafür bietet, jede Fehleinschätzung im Tatsachenbereich im Nachhinein neuerlich aufzurollen (vgl. VwGH vom 28.03.2012, Zl. 2012/08/0047; vom 27.07.2001, Zl. 2001/08/0040; vom 18.02.2004, Zl. 2002/08/0096 und vom 18.03.1997, Zl. 96/08/0079).

Mit seiner Beschwerde vermag der BF daher nicht mit Erfolg aufzuzeigen, dass die belangte Behörde bei der Erlassung der Bescheide vom XXXX, Unfall-Nr. XXXX (diesem liegt das erste augenärztliche Rentengutachten des XXXX zu Grunde) und vom XXXX, Unfall-Nr. XXXX (diesem liegt das augenärztliche Dauerrentengutachten des XXXX vom XXXX zu Grunde), die beide bei einer damals noch vorhanden gewesenen Restsehfähigkeit des BF (die auch er in der Beschwerdeschrift ausdrücklich anerkennt) jeweils von einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von jeweils 25 v.H. ausgegangen waren, einem wesentlichen Irrtum unterlegen wäre. Der vollständige Verlust der Sehfähigkeit trat erst im August 2011 - sohin mit der Enukleation des rechten Augapfels - ein.

Wenn der BF in der Beschwerdeschrift das bei der Erlassung der Bescheide vom XXXX und vom XXXX noch vorhanden gewesene Restsehvermögen einer Erblindung gleichzuhalten versucht und in diesem Zusammenhang darstellt, dass der Sachverständige bei der Erstellung von Befund und Gutachten eine gesicherte Kenntnis seines Faches bzw. die Regeln seiner Wissenschaft nicht beachtet habe, vermochte er auch diesbezüglich keine relevanten Fehler in der Gutachtenserstellung durch die ärztlichen Sachverständigen XXXX und XXXX aufzuzeigen.

3.2.4. Entgegen der weiteren Rüge des BF in der Beschwerdeschrift, dass ihm "keinerlei Parteiengehör zu den in der Begründung genannten ‚Erhebungen und Befundungen' gewährt" worden sei, ist ihm entgegen zu halten, dass der Verwaltungsakt sehr wohl erkennen lässt, dass ihm ein Parteiengehör gewährt wurde.

3.2.5. Aus den angeführten Gründen war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.3. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 3 hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. Gemäß Abs. 4 kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Gemäß Abs. 5 kann das Verwaltungsgericht von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Der für diesen Fall maßgebliche Sachverhalt konnte als durch die Aktenlage hinreichend geklärt erachtet werden. In der Beschwerde wurden keine noch zu klärenden Tatsachenfragen in konkreter und substantiierter Weise aufgeworfen und war gegenständlich auch keine komplexe Rechtsfrage zu lösen (VwGH 31.07.2007, GZ 2005/05/0080). Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier auch Art 6 Abs. 1 EMRK und Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; vielmehr ist es so, dass die vom BF aufgeworfenen Rechtsfragen durch den Verwaltungsgerichtshof mehrfach eindeutig in der zitierten Richtung beantwortet wurden; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

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