BVwG G309 2119125-1

BVwGG309 2119125-111.2.2016

AuslBG §18 Abs12
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2
AuslBG §18 Abs12
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2016:G309.2119125.1.00

 

Spruch:

G309 2119125-1/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Ing. Mag. SANDRIESSER als Vorsitzenden, sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Josef EBERHARD und Thomas WIEDNER als Beisitzer, über die Beschwerde der XXXX (Arbeitgeberin), in XXXX etabliert, sowie der XXXX (Auftraggeberin), vertreten durch XXXX, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX vom XXXX, GZ: XXXX, betreffend Ablehnung der Ausstellung einer EU-Entsendebestätigung und Untersagung der Entsendung des XXXX, Staatsangehörigkeit Republik Kosovo, beschlossen:

A)

In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Arbeitsmarktservice Feldbach z u r ü c k v e r w i e s e n.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Die Firma XXXX, etabliert (im Folgenden: BF), meldete am 31.08.2015 der Zentralen Koordinationsstelle des Bundesministeriums für Finanzen für die Kontrolle illegaler Beschäftigung (ZKO) die Entsendung des XXXX, Staatsangehörigkeit der Republik Kosovo (im Folgenden: Mitbeteiligter) für die berufliche Tätigkeit als Maurer im Zeitraum vom 01.09.2015 bis 21.12.2015 gemäß § 7b AVRAG und § 18 Abs. 12 AuslBG an. Als inländische Auftraggeberin wurde die XXXX, angeführt. Dem Antrag waren ein Subunternehmervertrag sowie ein Werkvertrag vom 07.08.2015 angeschlossen.

2. Mit Bescheid vom 02.09.2015 wurde der Antrag auf Bestätigung der EU-Entsendung für den Mitbeteiligten für die berufliche Tätigkeit als Maurer gemäß § 18 Abs. 12 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) abgelehnt, und die Entsendung untersagt.

Das Arbeitsmarktservice XXXX (im Folgenden: belangte Behörde) stützte sich in seiner Begründung auf § 18 Abs. 12 1. Satz AuslBG und führte dazu aus, dass im vorliegenden Fall eine dokumentierte Vertragskette zwischen dem österreichischen Auftraggeber, XXXX und XXXX, vorliege. Den vorgelegten Verträgen entsprechend, sei dem wirtschaftlichen Gehalt nach von Arbeitskräfteüberlassung im Sinne "u.g." Gesetzespassage auszugehen, bei dem vom Auftragnehmer lediglich Arbeitskräfte zu Quadratmeterarbeitsleistungsentgelt dem tatsächlichen Bauausführer überlassen (entliehen) würden. Arbeitskräfteüberlassung sei durch die "o.g." Gesetzespassage und die ständige Judikatur des VwGH nicht abgedeckt. Eine Bewilligung könne nur bei Vorliegen eines echten Werkvertrages erfolgen.

Nach Zitieren des § 4 Abs. 1 und 2 AÜG stellte die Behörde fest, dass keine Abgrenzung im Sinne der Ziffern 1 und 2 aus den vorgelegten Verträgen ersichtlich sei. Die Voraussetzungen im Sinne des § 18 Abs. 12 AuslBG würden daher nicht vorliegen.

3. Dagegen erhob die rechtsfreundliche Vertretung mit Schriftsatz vom 18.09.2015, bei der belangten Behörde eingelangt am 21.09.2015, Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

In der Beschwerde wurde ausgeführt, dass die Ablehnung mit der Behauptung erfolgt sei, dass keine Entsendung, sondern eine Arbeitskräfteüberlassung vorliege. Es sei nämlich der im Bescheid zitierte § 4 AÜG anzuwenden, der unter anderem bestimme, dass auch dann eine Arbeitskräfteüberlassung vorliege, wenn die Arbeitskräfte ihre Arbeitsleistung im Betrieb des Werkbestellers in Erfüllung von Werkverträgen erbringen, aber kein von den Produkten, Dienstleistungen und Zwischenergebnissen des Werkbestellers abweichendes, unterscheidbares und dem Werkunternehmer zurechenbares Werk hergestellt werde oder an dessen Herstellung mitgewirkt werde oder die Arbeit nicht vorwiegend mit Material und Werkzeug des Werkunternehmers geleistet würde, die Arbeitnehmer organisatorisch im Betreib des Werbestellers eingegliedert seien und dessen Dienst und Fachaufsicht unterstehen und der Werkunternehmer nicht für den Erfolg der Werkleistung hafte.

Aus der Begründung der belangten Behörde gehe nicht hervor, ob diese Voraussetzungen erfüllt seien oder nicht. Es werde lediglich der Gesetzestext zitiert. Feststellungen, welche Vereinbarungen und tatsächlichen Arbeiten durchgeführt werden, fehlen völlig. Es werde nur eine Vertragskette zwischen der Beschwerdeführerin und einem Unternehmen aus Slowenien festgestellt. Nicht einmal der Inhalt dieser Verträge sei aus der Begründung zu entnehmen. Ohne Feststellungen, ohne Beweiswürdigung könne ein solcher Antrag nicht überprüft werden. Schon aufgrund dieser formellen Mängel sei der Bescheid rechtlich unhaltbar. Dazu komme noch, dass in Wahrheit keine Arbeitskräfteüberlassung vorliege, dies hätte sich leicht dann ergeben, wenn man ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt hätte. Tatsächlich liege nämlich keine Arbeitskräfteüberlassung vor, sondern ein klarer Werkvertrag für ein eigenes Werk. Der slowenischen Auftragnehmerin sei nämlich der Auftrag erteilt worden, alle Ziegelmauerwerke auf der Baustelle zu errichten. Seitens der XXXX seien nur Betonierungsarbeiten durchgeführt worden. Es liege daher ein eigenes Werk vor, das leicht von der Tätigkeit der XXXX getrennt werden könne. Material und Werkzeug werde vom Werkvertragsnehmer beigestellt. Dieses Unternehmen hafte auch für den Erfolg und sei daher gewährleistungspflichtig. Der Werkvertragsnehmer habe eine eigene Organisationsstruktur, eine Kooperation auf der Baustelle erfolge durch den Polier. Da somit keine Arbeitskräfteüberlassung vorliege, erweise sich der bekämpfte Bescheid als rechtswidrig. Als Beweis wurde angeführt: "vorgelegte Urkunden; XXXX, Finanzleiter; XXXX, Polier; XXXX, Polier; XXXX, Bauleiter; alle pA der XXXX, als Zeugen; und die Einvernahme des Geschäftsführers, XXXX, ebenfalls pA XXXX sowie XXXX. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht wolle in Stattgebung dieser Beschwerde den bekämpften Bescheid dahingehend abändern, dass der Antrag auf Ausstellung einer EU-Entsendebewilligung für den betroffenen Dienstnehmer bewilligt werde.

4. Der gegenständliche Akt wurde samt Beschwerde und maßgeblichen Verwaltungsakten von der belangten Behörde am 05.01.2016 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Beweiswürdigung:

1.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des AMS und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

2. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

2.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 20f Abs. 1 AuslBG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 14 VwGVG steht es der Behörde frei, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung).

Die Frist zur Erlassung der Beschwerdevorentscheidung beträgt gemäß § 20f Abs. 3 AuslBG zehn Wochen.

Gemäß § 15 VwGVG kann jede Partei binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag).

Die Behörde hat im Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 Z 4 B-VG dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahren gemäß § 14 Abs. 3 VwGVG vorzulegen.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid aufgrund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG) zu überprüfen.

Gemäß § 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG hat die Beschwerde die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, und das Begehren zu enthalten.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Das Verwaltungsgericht hat gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z 1) oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (Z 2).

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

2.2. Zu Spruchteil A): Zur Zurückverweisung:

2.2.1. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG (Anmerkung: sog. Bescheidbeschwerden) dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z 1) oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (Z 2).

Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 leg cit. nicht vorliegen, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Das Modell der Aufhebung des Bescheids und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG. Gemäß dieser Bestimmung kann die Berufungsbehörde, sofern der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen. Wie oben ausgeführt, ist aufgrund von § 17 VwGVG die subsidiäre Anwendung von § 66 Abs. 2 AVG durch die Verwaltungsgerichte ausgeschlossen.

Im Gegensatz zu § 66 Abs. 2 AVG setzt § 28 Abs. 3 VwGVG die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung nicht mehr voraus. Dennoch ist die Judikatur des Verwaltungsgerichthofes (im Folgenden: VwGH) zu § 66 Abs. 2 AVG auch für das Verwaltungsgericht maßgebend, wenn es gilt zu beurteilen, ob die Behörde die notwendigen Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat.

Im Erkenntnis vom 21.11.2002, Zl. 2000/20/0084, hat der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung vertreten, dass bei der Ausübung des Ermessens nach § 66 Abs. 2 und 3 AVG auch die Bedeutung und Funktion der Rechtmittelbehörde ins Kalkül zu ziehen sei und die Einräumung eines Instanzenzuges nicht "zur bloßen Formsache degradiert" werden dürfe. Der Umstand dass es die Vorinstanz ablehnt, auf das Vorbringen sachgerecht einzugehen und brauchbare Ermittlungsergebnisse zu erarbeiten, rechtfertige nicht, dass sich

der Rechtsweg "einem erstinstanzlichen Verfahren ... nähert", in dem

eine ernsthafte Prüfung des Antrages erst bei der zweiten und letzten Instanz beginnt und auch endet.

Eine Zurückweisung der Sache gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt daher insbesondere dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (vgl. VwGH 26.06.2014, Zl. Ro 2014/03/0063).

In seiner Funktion als unabhängige und unparteiische Rechtsschutzinstanz erachtet das Bundesverwaltungsgericht diese Rechtsprechung auch unverändert auf das von ihm zu führende Beschwerdeverfahren für übertragbar und sinngemäß anwendbar.

2.2.2. Die Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.1996 regelt die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen (Entsenderichtlinie).

Gemäß Art. 2 Abs. 1 der Entsenderichtlinie gilt als entsandter Arbeitnehmer jener Arbeitnehmer, der während eines begrenzten Zeitraums seine Arbeitsleistung im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates als demjenigen erbringt, in dessen Hoheitsgebiet er normalerweise arbeitet.

Gemäß Art. 12 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit gilt als betriebsentsandter Arbeitnehmer "eine Person, die in einem Mitgliedstaat für Rechnung eines Arbeitgebers, der gewöhnlich dort tätig ist, eine Beschäftigung ausübt und die von diesem Arbeitgeber in einen anderen Mitgliedstaat entsandt wird, um dort eine Arbeit für dessen Rechnung auszuführen, [...]".

Gemäß Art. 14 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.09.2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit beziehen sich bei der Anwendung von Art. 12 Abs. 1 der Grundverordnung (VO 883/2004 ) die Worte "der gewöhnlich dort tätig ist" auf einen Arbeitgeber, der gewöhnlich andere nennenswerte Tätigkeiten als reine interne Verwaltungstätigkeiten auf dem Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats, in dem das Unternehmen niedergelassen ist, ausübt, unter Berücksichtigung aller Kriterien, die die Tätigkeit des betreffenden Unternehmens kennzeichnen; die maßgebenden Kriterien müssen auf die Besonderheiten eines jeden Arbeitgebers und die Eigenart der ausgeübten Tätigkeiten abgestimmt sein.

Die Verwaltungskommission für die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit hat am 12.06.2009 den Beschluss Nr. A2 zur Auslegung des Art. 12 der Verordnung (EG)

Nr. 883/2004 hinsichtlich der auf entsandte Arbeitnehmer sowie auf Selbständige, die vorübergehend eine Tätigkeit in einem anderen als dem zuständigen Mitgliedstaat ausüben, anzuwendenden Rechtsvorschriften gefasst (2010/C 106/02). In ihrem diesbezüglichen Erwägungsgrund (5) führt die Verwaltungskommission aus, dass "als zweite ausschlaggebende Voraussetzung für die Anwendung des Artikels 12 Absatz 1 dieser Verordnung [...] eine Bindung zwischen dem Arbeitgeber und dem Mitgliedstaat, in dem er niedergelassen ist, bestehen [muss]. Die Möglichkeit der Entsendung muss daher auf Unternehmen beschränkt sein, die ihre Tätigkeit normalerweise im Gebiet des Mitgliedstaats ausüben, dessen Rechtsvorschriften der entsandte Arbeitnehmer weiterhin unterliegt. Es wird davon ausgegangen, dass dies nur für die Unternehmen gilt, die gewöhnlich nennenswerte Tätigkeiten im Mitgliedstaat ihres Sitzes verrichten."

Unter der Nummer 1 dieses Beschlusses wird ausgeführt, dass erforderlichenfalls oder im Zweifelsfall zur Feststellung, ob ein Arbeitgeber gewöhnlich eine nennenswerte Tätigkeit im Gebiet des Mitgliedstaats verrichtet, in dem er niedergelassen ist, "dabei u.a. der Ort, an dem das Unternehmen seinen Sitz und seine Verwaltung hat, die Zahl der im Mitgliedstaat seiner Betriebsstätte bzw. in dem anderen Mitgliedstaat in der Verwaltung Beschäftigten, der Ort, an dem die entsandten Arbeitnehmer eingestellt werden, der Ort, an dem der Großteil der Verträge mit den Kunden geschlossen wird, das Recht, dem die Verträge unterliegen, die das Unternehmen mit seinen Arbeitnehmern bzw. mit seinen Kunden schließt, der während eines hinreichend charakteristischen Zeitraums im jeweiligen Mitgliedstaat erzielte Umsatz sowie die Zahl der im entsendenden Staat geschlossenen Verträge" zu berücksichtigen sind, wobei diese Aufstellung nicht erschöpfend ist, da die Auswahl der Kriterien vom jeweiligen Einzelfall abhängt, und auch die Art der Tätigkeit, die das Unternehmen im Staat der Niederlassung ausübt, zu berücksichtigen ist. Unter Nummer 3 lit. c hat die Verwaltungskommission zudem beschlossen, dass, wenn die Entsendung eines Arbeitnehmers abgelaufen ist, eine weitere Entsendung für denselben Arbeitnehmer, dieselben Unternehmen und denselben Mitgliedstaat erst nach Ablauf von mindestens zwei Monaten nach Ende des vorangehenden Entsendezeitraums zugelassen werden kann, wobei unter besonderen Gegebenheiten allerdings von diesem Grundsatz abgewichen werden kann.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in seinem Urteil vom 09.08.1994 in der Rechtssache C-43/09 Vander Elst u.a. ausgeführt, dass die Arbeitnehmer, die von einem in einem Mitgliedstaat ansässigen Unternehmen beschäftigt und vorübergehend zur Erbringung einer Dienstleistung in einen anderen Mitgliedstaat entsandt werden, keinen Zutritt zum Arbeitsmarkt dieses zweiten Staates verlangen, da sie nach Erfüllung ihrer Aufgabe in ihr Herkunfts- oder Wohnland zurückkehren (ebendort, Rz 21). Im Urteil C-168/04 Kommission/Österreich vom 21.09.2006 hat der EuGH festgehalten, dass ein Mitgliedstaat kontrollieren darf, ob ein Unternehmen, das in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist und von dort Arbeitnehmer aus einem Drittstaat entsendet, den freien Dienstleistungsverkehr nicht zu einem anderen Zweck als dem der Erbringung der betreffenden Dienstleistung nutzt, beispielsweise dazu, sein Personal kommen zu lassen, um Arbeitnehmer zu vermitteln oder Dritten zu überlassen (ebendort, Rz 56).

Gemäß § 18 Abs. 1 AuslBG bedürfen Ausländer, die von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt werden, soweit im Folgenden nicht anderes bestimmt ist, einer Beschäftigungsbewilligung. Dauern diese Arbeiten nicht länger als sechs Monate, bedürfen Ausländer einer Entsendebewilligung, welche längstens für die Dauer von vier Monaten erteilt werden darf.

Gemäß § 18 Abs. 12 AuslBG ist für Ausländer, die von einem Unternehmen mit Betriebssitz in einem anderen Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes zur Erbringung einer vorübergehenden Arbeitsleistung nach Österreich entsandt werden, keine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erforderlich, wenn

1. sie ordnungsgemäß zu einer Beschäftigung im Staat des Betriebssitzes über die Dauer der Entsendung nach Österreich hinaus zugelassen und beim entsendenden Unternehmen rechtmäßig beschäftigt sind und

2. die österreichischen Lohn- und Arbeitsbedingungen gemäß § 7b Abs. 1 Z 1 bis 3 und Abs. 2 des Arbeitsvertragsrechts Anpassungsgesetzes (AVRAG), BGBl Nr 459/1993, sowie die sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen eingehalten werden.

Die Zentrale Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz des Bundesministeriums für Finanzen hat die Meldung über die Beschäftigung betriebsentsandter Ausländer gemäß § 7b Abs. 3 und 4 AVRAG unverzüglich der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zu übermitteln.

Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice hat binnen zwei Wochen ab Einlangen der Meldung dem Unternehmen und dem Auftraggeber, der die Arbeitsleistungen in Anspruch nimmt, das Vorliegen der Voraussetzungen zu bestätigen (EU-Entsendebestätigung) oder bei Nichtvorliegen die Entsendung zu untersagen. Unbeschadet der Meldepflicht gemäß § 7b Abs. 3 und 4 AVRAG darf die Beschäftigung bei Vorliegen der Voraussetzungen auch ohne EU-Entsendebestätigung begonnen werden.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 18 Abs. 12 AuslBG ist Voraussetzung für die Erlangung einer EU-Entsendebestätigung, dass die Ausländer zur Erbringung einer vorübergehenden Arbeitsleistung in Erfüllung eines dem Unternehmen mit Betriebssitz in einem anderen Mitgliedstaat des EWR erteilten Auftrages entsandt werden. Dies entspricht der Entsendung iSd Art. 1 Abs. 3 lit. a der Richtlinie 96/71/EG (VwGH 19.03.2014,

Zl. 2013/09/0159).

Weiters führt der Verwaltungsgerichtshof aus, dass eine Untersagung der Entsendung dann in Betracht kommt, wenn die angezeigte Beschäftigung der Sache nach sich gar nicht als Entsendung (iSd Art. 1 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 96/71 und § 18 Abs. 12 AuslBG), sondern als eine andere Form der Beschäftigung erweist (VwGH 06.11.2012, 2012/09/0130; 19.03.2014, 2013/09/0159).

Der Verwaltungsgerichtshof hat schließlich noch ausgesprochen, dass im Verfahren betreffend Bestätigung von EU-Entsendungen die zentrale Frage ist, "ob das entsendende Unternehmen einen von einer reinen Arbeitskräfteüberlassung zu unterscheidenden "vorübergehenden Ortswechsel von Arbeitnehmern" (dem entspricht die in § 18 Abs. 12 AuslBG enthaltene Wortfolge: "Erbringung einer vorübergehenden Arbeitsleistung") vornimmt, um eine Dienstleistung im Aufnahmemitgliedstaat zu verrichten [...]" (VwGH 06.11.2012, 2012/09/0130).

Wesentliche Bestimmungen aus dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz (AÜG), BGBl 196/1988 idgF lauten:

"§ 1. (1) Dieses Bundesgesetz gilt für die Beschäftigung von Arbeitskräften, die zur Arbeitsleistung an Dritte überlassen werden.

§ 1. (5) Dieses Bundesgesetz gilt unbeschadet des auf das Arbeitsverhältnis sonst anzuwendenden Rechts auch für aus der Europäischen Union (EU), dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) oder aus Drittstaaten überlassene Arbeitskräfte. Die Überlassung von Arbeitskräften aus der Schweiz ist wie die Überlassung aus dem EWR zu behandeln.

§ 3. (1) Überlassung von Arbeitskräften ist die Zurverfügungstellung von Arbeitskräften zur Arbeitsleistung an Dritte.

(2) Überlasser ist, wer Arbeitskräfte zur Arbeitsleistung an Dritte vertraglich verpflichtet.

(3) Beschäftiger ist, wer Arbeitskräfte eines Überlassers zur Arbeitsleistung für betriebseigene Aufgaben einsetzt.

(4) Arbeitskräfte sind Arbeitnehmer und arbeitnehmerähnliche Personen. Arbeitnehmerähnlich sind Personen, die, ohne in einem Arbeitsverhältnis zu stehen, im Auftrag und für Rechnung bestimmter Personen Arbeit leisten und wirtschaftlich unselbständig sind.

§ 4. (1) Für die Beurteilung, ob eine Überlassung von Arbeitskräften vorliegt, ist der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

(2) Arbeitskräfteüberlassung liegt insbesondere auch vor, wenn die Arbeitskräfte ihre Arbeitsleistung im Betrieb des Werkbestellers in Erfüllung von Werkverträgen erbringen, aber

1. kein von den Produkten, Dienstleistungen und Zwischenergebnissen des Werkbestellers abweichendes, unterscheidbares und dem Werkunternehmer zurechenbares Werk herstellen oder an dessen Herstellung mitwirken oder

2. die Arbeit nicht vorwiegend mit Material und Werkzeug des Werkunternehmers leisten oder

3. organisatorisch in den Betrieb des Werkbestellers eingegliedert sind und dessen Dienst- und Fachaufsicht unterstehen oder

4. der Werkunternehmer nicht für den Erfolg der Werkleistung haftet."

Die Erläuterungen in der Regierungsvorlage zum Arbeitskräfteüberlassungsgesetz (AÜG) sehen zu § 4 folgendes vor (BGBl. Nr. 196/1988, RV 450 AB 511 S. 17):

"Abs. 2 befasst sich speziell mit dem Werkvertrag, der erfahrungsgemäß am häufigsten zur Umgehung der bei der Arbeitskräfteüberlassung zu beachtenden Regeln Verwendung findet. Sofern ein für den Werkvertrag typisches Merkmal nicht vorhanden ist (Z 1, 2 und 4) oder ein für den Werkvertrag völlig untypisches Merkmal (Z 3) gegeben ist, wird das Vorliegen des Tatbestandes der Arbeitskräfteüberlassung angenommen. Auch wenn für die Klassifizierung als Werkvertrag an sich bereits die Kombination einzelner für den Werkvertrag typischer Sachverhaltselemente ausreichend sein mag, muss zur Abgrenzung von der Arbeitskräfteüberlassung die Erfüllung sämtlicher im Regelfall zutreffenden Merkmale (einschließlich des Fehlens bestimmter, auf eine Arbeitskräfteüberlassung hinweisenden Sachverhaltselemente) verlangt werden, um der Erfahrung Rechnung zu tragen, dass häufig die Überlassung von Arbeitskräften den eigentlichen Zweck des Werkvertrages bildet.

Z 1 stellt darauf ab, dass von den Erfüllungsgehilfen des Werkunternehmers ein völlig eigenständiges Werk erbracht wird oder diese an der Herstellung eines Werkes mitwirken, das sich von allen im Bestellerbetrieb gewöhnlich erbrachten Leistungen deutlich abhebt. Eine Einbindung in die üblichen Arbeitsgänge des Bestellerbetriebes unter dem Deckmantel der Erfüllung eines Werkvertrages soll ausgeschlossen werden. Die Rückführbarkeit des Arbeitsergebnisses auf den Werkunternehmer als dessen Leistung verlangt vor allem die ihm hinsichtlich der Werkentstehung zukommende Dispositionsgewalt.

Zur Erreichung dieses Zieles tragen auch die Z 2 und 3 bei. Aber nicht jede Benutzung von Geräten soll die Einstufung als Überlassung zur Folge haben, sondern nur jene, die bei Würdigung aller Umstände des konkreten Falles das Vorliegen des Tatbestandes der Überlassung von Arbeitskräften erhärtet.

Eine ergänzende Verwendung von Material oder Werkzeug des Werkbestellers, die in der Praxis aus Zweckmäßigkeitsgründen oft unvermeidlich ist, wird zugestanden. Dasselbe gilt für Weisungen des Werkbestellers, mit denen im Regelfall zu rechnen ist, zum Beispiel die Zuweisung von Räumlichkeiten, die Einschärfung besonderer Rücksichtnahme auf bestehende Einrichtungen, die Warnung vor Gefahrenquellen, schließlich auch die vertraglich vereinbarte Spezifikation, wie etwa die Mitteilung von Wünschen hinsichtlich der farbigen Gestaltung, die Auswahl unter mehreren möglichen Varianten (etwa welche Fliesen, Tapeten, Furniere Verwendung finden sollen) usw. Die zur Erstellung des Werkes erforderlichen fachlichen, organisatorischen und zeitlichen Dispositionen müssen jedoch beim Werkunternehmer verbleiben.

Durch das in Z 4 genannte Erfordernis der Haftung des Werkunternehmers für den Erfolg der Werkleistung soll klargestellt werden, dass der Werkunternehmer die Gefahr für das von ihm beigestellte Material und für das Werk bis zur Übernahme trägt."

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für das Vorliegen von Arbeitskräfteüberlassung nicht entscheidend, ob und welche Rechtsbeziehung zwischen dem Beschäftiger (Auftraggeber) und der Arbeitskraft, aber auch zwischen dem Beschäftiger und dem Überlasser bestehen (vgl. VwGH vom 23.05.2012, Zl. 2009/11/0250). Maßgeblich für die Beurteilung, ob eine Arbeitskräfteüberlassung vorliegt oder nicht, ist - unabhängig von der zivilrechtlichen Form, in die das Arbeitsverhältnis gekleidet ist - die Beurteilung sämtlicher für und wider ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis im konkreten Fall sprechender Umstände, die nicht isoliert voneinander gesehen werden dürfen, sondern in einer Gesamtbetrachtung nach Zahl, Stärke und Gewicht zu bewerten sind (vgl. VwGH vom 22.01.2002, Zl. 2000/09/0147, mwN).

Es kann Arbeitskräfteüberlassung im Sinn von § 4 Abs. 2 AÜG insbesondere auch vorliegen, wenn keine organisatorische Eingliederung der Arbeitskräfte in den Betrieb des Werkbestellers besteht, stellt doch dieses Tatbestandsmerkmal (im Sinn der Z 3 leg. cit.) nur eines von vier möglichen Merkmalen der Beschäftigung überlassener Arbeitskräfte dar (vgl. VwGH vom 17.07.1997, Zl. 95/09/0218, vom 18.03.1998, Zl. 96/09/0131, und vom 22.10.1996, Zl. 94/08/0178). Selbst im Fall zivilrechtlich als Werkvertrag einzustufender Vereinbarungen (und einer ihnen entsprechenden Vertragsabwicklung) zwischen Unternehmer und "Subunternehmer" liegt danach eine Arbeitskräfteüberlassung vor, wenn eine der Ziffern des § 4 Abs. 2 AÜG anwendbar ist. Einer Gesamtbeurteilung des Sachverhalts im Sinn des § 4 Abs. 1 AÜG bedarf es nur dann, wenn durch den Tatbestand keine der vier Ziffern des § 4 Abs. 2 AÜG (in Verbindung mit dem Einleitungssatz dieser Bestimmung) zur Gänze erfüllt ist (vgl. VwGH 10.03.1998, Zl. 95/08/0345, sowie zum Ganzen VwGH vom 3.10.2013, Zl. 2013/09/0042).

Nach der Judikatur des VwGH ist für die Abgrenzung zwischen Werkverträgen, deren Erfüllung iSd § 4 Abs. 2 AÜG im Wege der Arbeitskräfteüberlassung stattfindet und solchen, bei denen dies nicht der Fall ist, ist eine Gesamtbetrachtung der Unterscheidungsmerkmale notwendig (Hinweis E 17.11.1994, 94/09/0223). [GRS wie 94/09/0097 E 21. März 1995 RS 2] Zudem hat der VwGH festgehalten: Bei Erfüllung auch nur eines der in § 4 Abs. 2 Z. 1 bis 4 AÜG genannten Tatbestandsmerkmale liegt jedenfalls dem wirtschaftlichen Gehalt nach Arbeitskräfteüberlassung im Sinne des § 3 Abs. 1 AÜG durch den Werkunternehmer als Überlasser im Sinne des § 3 Abs. 2 AÜG (der insofern die überlassenen Arbeitskräfte mittelbar zur Arbeitsleistung an den Beschäftiger verpflichtet) an den Werkbesteller als Beschäftiger im Sinn des § 3 Abs. 3 AÜG vor. (GRS wie 2005/09/0068 E 4. September 2006 RS 1). (beide: VwGH 19.05.2014, Ro 2014/09/0026)

Der VwGH hat in verschiedenen Entscheidungen betreffend die Betätigung von Ausländern auf Baustellen ausgesprochen, dass die Baustelle zum Betrieb des Beschäftigers gehört (vergleiche beispielsweise: "Die Arbeiten wurden auf einer Baustelle des Beschuldigten, sohin in der betrieblichen Sphäre (= im Betrieb) des Beschuldigten durchgeführt." (VwGH 23.05.2002, 2002/09/0011).

Nach § 4 Abs. 2 AÜG liegt Arbeitskräfteüberlassung insbesondere auch vor, wenn die Arbeitskräfte ihre Arbeitsleistung im Betrieb des Werkbestellers in Erfüllung von Werkverträgen erbringen und eine der vier Ziffern der Bestimmung zur Gänze erfüllt ist. Dann bedarf es keiner Gesamtbeurteilung des Sachverhalts iSd § 4 Abs. 1 AÜG (vgl. VwGH vom 29.04.2011, Zlen. 2010/09/0161 bis 0163).

2.2.3. Das von der belangten Behörde durchgeführte Ermittlungsverfahren erweist sich in wesentlichen Punkten als mangelhaft:

Die Begründung des Bescheides beschränkt sich - unter Bezugnahme auf § 4 AÜG - darauf zu argumentieren, dass nach den vorgelegten Verträgen dem wirtschaftlichen Gehalt nach von Arbeitskräfteüberlassung auszugehen sei, bei der vom Auftragnehmer lediglich Arbeitskräfte zu Quadratmeterarbeitsleistungsentgelt dem tatsächlichen Bauausführer überlassen werden. Die Voraussetzungen nach § 4 AÜG iVm § 18 Abs. 12 AuslBG würden daher nicht vorliegen.

Eine Begründung, von welchen festgestellten Fakten (nach Beweiswürdigung) dies abgeleitet werde, ist nicht enthalten. Es fehlen im Bescheid daher wesentliche Feststellungen zur Beurteilung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 18 Abs. 12 AuslBG und des § 4

AÜG.

Um als Begründung des Bescheides zu gelten müssen die Ausführungen aber im Bescheid selbst enthalten sein (vgl. die Erfordernisse nach § 60 AVG) und jedenfalls in Sachverhaltsfragen ausführlicher sein. Die Aufnahme der Entscheidungsgründe in die zugestellte behördliche Erledigung ist auch deshalb erforderlich, um die wesentliche Begründung des Bescheides auch der antragstellenden Partei zugänglich zu machen.

Es ist darauf hinzuweisen, dass die Anwendung der Norm des § 4 AÜG voraussetzt, dass der von der Behörde angenommene wahre wirtschaftliche Sachverhalt im Bescheid festgestellt wird und die Gründe für diese Feststellung dargelegt werden; in diesem Zusammenhang wird auf die Ausführungen zur inhaltsgleichen Bestimmung des § 539a ASVG verwiesen (Müller in SV-Komm § 539a ASVG RZ 18, 33).

2.2.4. Aus Sicht des Gerichts verstößt das Vorgehen der belangten Behörde im konkreten Fall somit gegen die aus § 37 iVm. § 39 Abs. 2 AVG hervorgehenden Verpflichtung der Verwaltungsbehörde, den maßgebenden Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln und festzustellen.

Im gegenständlichen Fall ist der angefochtene Bescheid des AMS und das diesem zugrunde liegende Verfahren aufgrund der Unterlassung der notwendigen Ermittlungen zu wesentlichen Punkten als mangelhaft zu bewerten. Weder erweist sich der Sachverhalt in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt, noch wurden jegliche Ermittlungen unternommen, aus denen sich zweifelsfrei ergibt, dass im gegenständlichen Fall die Voraussetzungen für eine Arbeitskräfteüberlassung vorliegen. Im Gegenteil ist das Verfahren vor dem AMS mit den oben dargestellten Mängeln behaftet. Weit reichende Erhebungen, welche grundsätzlich von der belangten Behörde durchzuführen sind, wären demnach durch das Bundesverwaltungsgericht zu tätigen. In Anbetracht des Umfanges der noch ausstehenden Ermittlungen würde deren Nachholung durch das erkennende Gericht ein Unterlaufen der vorgesehenen Konzeption des Bundesverwaltungsgerichtes als gerichtliche Rechtsmittelinstanz bedeuten. Besondere Gesichtspunkte, die aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichts gegen eine Kassation des angefochtenen Bescheides sprechen würden, sind im vorliegenden Fall nicht erkennbar.

2.2.5. Aus den dargelegten Gründen war daher spruchgemäß der angefochtene Bescheid des AMS gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG zu beheben und die gegenständliche Rechtssache an dieses zur neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen. Das AMS wird in dem neuerlich zu führenden Verfahren hinreichende Ermittlungsschritte zu setzen, zur Beurteilung des Sachverhaltes ergänzende Stellungnahmen oder Dokumente einfordern, bei Notwendigkeit Zeugen einvernehmen, die vorgelegten Unterlagen prüfen und die Beweismittel einer freien Beweiswürdigung zu unterziehen haben.

3. Entfall der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Im gegenständlichen Verfahren konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben, da das Bundesverwaltungsgericht die Voraussetzungen des § 24 Abs. 2 Z 1 Halbsatz VwGVG als gegeben erachtet, zumal bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit der Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

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