BVwG W106 2114255-1

BVwGW106 2114255-16.10.2015

B-VG Art.133 Abs4
SDG §10 Abs1 Z1
SDG §2 Abs2 Z1 lite
VwGVG §28 Abs2
B-VG Art.133 Abs4
SDG §10 Abs1 Z1
SDG §2 Abs2 Z1 lite
VwGVG §28 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2015:W106.2114255.1.00

 

Spruch:

W106 2114255-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Irene BICHLER über die Beschwerde des XXXX , vertreten durch Mag. Erwin DIRNBERGER, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Windmühlgasse 30, gegen den Bescheid der Präsidentin des Handelsgerichtes Wien vom 24.07.2015, Zl. Pers-9-B-609, betreffend Entziehung der Eigenschaft als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger gemäß § 10 SDG, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG in Verbindung mit §§ 10 Abs. 1 Z 1, 2 Abs. 2 Z 1 lit. e des Sachverständigen- und Dolmetschergesetzes - SDG bestätigt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

(06.10.2015)

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

I.1. Der Beschwerdeführer (BF) wurde am 26.06.2002 für das Fachgebiet 72,03 Kalkulation, Vergabe- und Verdingungswesen, Bauabwicklung und Bauabrechnung (sachliche Beschränkung: nur für Bauabwicklung, Gebäude und Facility Management) in die vom Präsidenten des Handelsgerichtes Wien geführte Liste als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger eingetragen. Die ursprünglich mit 31.12.2007 befristete Eintragung wurde auf Antrag bis 31.12.2017 verlängert.

I.2. Am 19.10.2010 stellte der BF für eine vom Bauträger und Verkäufer ( XXXX ) noch zu errichtende Dachgeschoßwohnung in XXXX - obwohl der Rohbau zu diesem Zeitpunkt nicht vollständig fertiggestellt war - eine Baufortschrittsmeldung mit folgendem Wortlaut aus:

"Gemäß Bauträgervertragsgesetz § 10 BTVG erlaube ich mir festzuhalten, dass nach Feststellung des Baufortschritts gemäß § 13 BTVG im Zuge der Besichtigung vom 19.10.2010 aus technischer Sicht der Status Fertigstellung Rohbau und Dach festgestellt wurde. Somit ist aus technischer Sicht der diesbezügliche Anteil des Kaufpreises freigegeben."

Im Sinne von § 10 BTVG war vereinbart, dass der Kaufpreis nach einem Ratenplan gezahlt werde, der unter anderem die Zahlung von 35% des Kaufpreises "nach Fertigstellung des Rohbaus und des Dachs" vorsah. Für den Fall der Strittigkeit des Baufortschrittes war als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger der BF vorgesehen, die Frage des Eintrittes der Zahlungsvoraussetzungen zu beurteilen.

Veranlasst durch die vom BF ausgestellte, falsche Baufortschrittsmeldung vom 19.10.2010 zahlte daher der Treuhänder, bei dem der Kaufpreis erlegt worden war, vereinbarungsgemäß die zweite Rate des Kaufpreises in der Höhe von € 103.775,-- an den Bauträger und Verkäufer.

I.3. In der Folge klagte die Käuferin den BF auf Zahlung von Schadenersatz in der Höhe von € 103.775,-- samt Anhang zu Handen des Treuhänders. Das Urteil des Erstgerichtes zu 20 Cg 17/11h wurde durch das Oberlandesgericht Wien mit Entscheidung vom 27.08.2013, 14 R 32/13y, dahingehend geändert, dass dem Klagebegehren zur Gänze stattgegeben wurde. Infolge der Entscheidung des OGH vom 30.05.2014, 4 Ob 3/14s, ist dieses Urteil in Rechtskraft erwachsen.

Der OGH hielt in seiner Entscheidung fest, dass der im Bauträgervertrag zu Gunsten der Klägerin vereinbarte Sicherungszweck der abschnittsweisen Zahlung des Kaufpreises durch ein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten des BF vereitelt worden sei, weil eine Zahlung vorzeitig vom Treuhandkonto abgerufen worden sei. In diesem Zusammenhang führte der OGH aus, dass bei der Erstattung der Baufortschrittsbestätigung allfällige nicht erbrachte Bauleistungen des zu bestätigenden Abschnittes nicht den bereits vorhandenen Leistungen des darauf folgenden Bauabschnittes gegenüberzustellen seien.

I.4. Der Disziplinarsenat des Hauptverbandes der Gerichtssachverständigen, Landesverband Wien, Niederösterreich und Burgenland, stellte nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 19.03.2015 im Erkenntnis vom selben Tag seitens des BF ein Disziplinarvergehen nach den Standesregeln des Hauptverbandes der Gerichtssachverständigen fest und schloss ihn gemäß seinen Statuten aus dem Verband aus.

I.5. Mit Schreiben vom 23.03.2015 regte der Präsident des Hauptverbandes der Gerichtssachverständigen, Landesverband Wien, Niederösterreich und Burgenland, die Präsidentin des Handelsgerichtes Wien an, dem BF seine Eigenschaft als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger zu entziehen.

Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens wurde dem BF mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Präsidentin des Handelsgerichtes Wien vom 24.07.2015, Pers-9-B-609, die Eigenschaft als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger entzogen.

In der Begründung führte die Präsidentin des Handelsgerichtes Wien nach Wiedergabe des bisherigen Verfahrensganges sowie der relevanten rechtlichen Bestimmungen Folgendes aus:

Im konkreten Fall habe der BF am 19.10.2010 eine objektiv unrichtige Baufortschrittsmeldung erstattet, die Voraussetzung für die Auszahlung eines beträchtlichen Geldbetrages von rund 100.000,-- EUR gewesen sei. Besonders schwer wiege, dass er ohne jede Einschränkung oder Anmerkung die Voraussetzungen für die "Fertigstellung Rohbau und Dach" festgestellt, den Kaufpreis freigegeben und damit den nach dem BTVG verfolgten und auch im Bauträgervertrag vereinbarten Sicherungszweck (abschnittsweise Zahlung des Kaufpreises) vereitelt habe. Dieses Vorgehen dokumentiere eine fehlende Achtung gesetzlicher wie vertraglicher Bestimmungen, die der BF nach eigenem Gutdünken und gegen den Wortlaut und Zweck unvertretbar ausgelegt habe. Dieser Interpretationsvorgang sei aus der Baufortschrittsmeldung nicht einmal ersichtlich gewesen, sodass diese auch irreführend gewesen sei.

Dass der BF diese Vorgehensweise, wie er ausgesagt habe, generell bis zum vorliegenden Fall so gehandhabt habe, habe möglicherweise den Verdacht entkräften sollen, er habe im konkreten Fall eine Gefälligkeitsbestätigung ausgestellt, könne aber nicht die Seriosität seiner Vorgehensweise darstellen und ein Argument für seine Vertrauenswürdigkeit liefern. Im Gegenteil, sie zeige, dass dem BF zumindest Problembewusstsein und Sorgfalt fehle.

Es könne sein, dass der BF mittlerweile erkannt habe, dass er einen Fehler begangen habe und diesen nicht mehr wiederholen werde. Ob dies wirklich der Fall sei, sei nicht objektiviert. In diesem Zusammenhang werde angemerkt, dass der BF nach der Aktenlage der Gerichtsverfahren nicht als Sachverständiger im eigenen Namen aufgetreten sei, sondern von Ing. Dkfm. XXXX zur Gutachtenserstellung zugezogen worden sei.

Angesichts des objektiv krassen Fehlverhaltens bei der hier zu beurteilenden Baufortschrittsmeldung sei das Vertrauen des Sachverständigen in seine Gesetzestreue, Sorgfalt und Korrektheit nicht wiederhergestellt. Daher sei ihm die Eigenschaft als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger zu ziehen.

I.6. Gegen diesen Bescheid erhob der BF durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde.

Im Wesentlichen stützte sich die Beschwerde darauf, dass es zum damaligen Zeitpunkt, als der BF die Baufortschrittsmeldung erstattet habe, in Übereinstimmung mit der in diesem Zusammenhang ersten ergangenen Entscheidung des OGH vom 29.05.2012, 9 Ob 50/11k, sehr wohl zulässig erschienen sei, den Wert von Bauleistungen darauf folgender Bauabschnitte den allfälligen fehlenden Bauleistungen des zu beurteilenden Bauabschnittes gegenüberzustellen. Nichts anderes habe der BF damals getan, genauso wie eine Vielzahl anderer Sachverständiger, die damals ebenfalls solche Gegenüberstellungen vorgenommen hätten.

Erst seit der Entscheidung des OGH vom 30.05.2014, 4 Ob 3/14s, sei klar, dass bei aufrechtem Bauträgervertrag die vom BF angewandte Vorgehensweise - und zwar Werte der gesamten bis zur Beurteilung erbrachten Bauleistungen dem Wert des vollständig erbrachten Bauabschnittes gegenüberzustellen und für den Fall, dass die erbrachten Bauleistungen werthaltiger als der zu beurteilende Baufortschritt gewesen seien, die Baufortschrittsmeldung zu erstatten - unrichtig und daher nicht zulässig sei.

Es sei nicht nachvollziehbar, warum eine Handlung des BF, welche aufgrund einer zwar ex post als unrichtig erkannten, jedoch wohl zum damaligen Zeitpunkt vertretbaren Rechtsauffassung beruhe, zu dessen Vertrauensunwürdigkeit und damit zum Entzug seiner Sachverständigenbefugnis führen solle.

Dass der Sachverständige für seine Handlungen, welche ex post als Fehler erkannt worden seien, gegenüber den Parteien (hier: der Käuferin) gemäß Bauträgervertrag und BTVG zu haften habe, stehe prinzipiell außer Zweifel und sei durch die in Entsprechung der Regelungen des Sachverständigen- und Dolmetschergesetzes bestehende Haftpflichtversicherung ohnehin sichergestellt.

Wenn die Erstbehörde nun meine, das Vorgehen des BF dokumentiere eine fehlende Achtung gesetzlicher und vertraglicher Bestimmungen, die der BF nach eigenem Gutdünken und gegen den Wortlaut und Zweck unvertretbar ausgelegt habe, so entferne sich die Erstbehörde von der Tatsache, dass diese Rechtsauslegung in den erläuternden Bemerkungen zum Bauträgervertragsgesetz und auch in der zitierten Entscheidung des OGH vom 29.05.2012, Zl. 9 Ob 50/11k, vertreten worden sei. Eine solche Rechtsauffassung als unvertretbar zu bezeichnen, sei daher unrichtig und nicht zulässig.

Der Vollständigkeit halber sei auch angemerkt, dass der BF Gerichtsgutachten in Zusammenarbeit mit dem Sachverständigen Dkfm. XXXX erstattet habe und dies auch den Gerichten offengelegt habe, wobei sich aufgrund einer internen Arbeitsaufteilung Dkfm. XXXX auf den wirtschaftlichen Teil der Gutachten konzentriert habe und der BF den bautechnischen Teil abgedeckt habe.

Im gegenständlichen Fall sei aufgrund der Tatsache, dass der BF seit seiner Eintragung in die Sachverständigenliste zu keiner wie immer gearteten Beschwerde Anlass geboten habe und überdies aufgrund der nunmehr klargestellten Rechtslage sehr wohl einen Fehler dieser Art nicht wiederholen werde, der Entzug der Sachverständigeneigenschaft nicht geboten, um das klaglose Funktionieren der Rechtspflege sicherzustellen.

Es wurden in der Beschwerde folgende Anträge gestellt:

Das Bundesverwaltungsgericht möge

1. eine mündliche Verhandlung durchführen

2. in der Sache selbst entscheiden und den angefochtenen Bescheid ersatzlos beheben und das Verfahren einstellen, in eventu

3. den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Erstbehörde zurückverweisen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die oben bereits dargelegten Sachverhaltsfeststellungen konnten unmittelbar auf Grund der Aktenlage sowie dem Beschwerdevorbringen getroffen werden.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG Abstand genommen werden, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde sowie dem Vorbringen im Vorlageantrag geklärt erscheint und eine mündliche Erörterung die weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010, S 389 entgegen.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat etwa in seiner Entscheidung vom 05.09.2002, Speil v. Austria, no. 42057/98, unter Hinweis auf seine Vorjudikatur das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung dann als mit der EMRK vereinbar erklärt, wenn besondere Umstände ein Absehen von einer solchen Verhandlung rechtfertigen. Solche besonderen Umstände erblickte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte darin, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht geeignet war, irgendeine Tatsachen- oder Rechtsfrage aufzuwerfen, die eine mündliche Verhandlung erforderlich machte (vgl. etwa VwGH 20.02.2014, 2013/07/0169; 18.02.2015, 2014/12/0005).

Eine solche Fallkonstellation liegt auch im Beschwerdefall vor.

2. Rechtliche Beurteilung und Beweiswürdigung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt mangels materienspezifischer Sonderregelung in den anzuwendenden Gesetzen eine Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Zu A)

Die relevanten Bestimmungen des Bundesgesetzes über die allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen und Dolmetscher (SDG), BGBl. Nr. 137/1975, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 190/2013, lauten auszugsweise wie folgt:

"Voraussetzungen für die Eintragung in die Liste der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen und Dolmetscher

§ 2. (1) Die allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen sind von den Präsidenten der Landesgerichte (§ 3) als Zertifizierungsstellen in die elektronische Liste der allgemein beeideten und gerichtlich zertifzierten Sachverständigen und Dolmetscher (Gerichtssachverständigen- und Gerichtsdolmetscherliste) einzutragen.

(2) Für die Eintragung in die Gerichtssachverständigen- und Gerichtsdolmetscherliste für ein bestimmtes Fachgebiet müssen folgende Voraussetzungen gegeben sein:

1. in der Person des Bewerbers

a) Sachkunde und Kenntnisse über die wichtigsten Vorschriften des Verfahrensrechts, über das Sachverständigenwesen, über die Befundaufnahme sowie über den Aufbau eines schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachtens,

b) zehnjährige, möglichst berufliche Tätigkeit in verantwortlicher Stellung auf dem bestimmten oder einem verwandten Fachgebiet unmittelbar vor der Eintragung; eine fünfjährige Tätigkeit solcher Art genügt, wenn der Bewerber als Berufsvorbildung ein entsprechendes Hochschulstudium oder Studium an einer berufsbildenden höheren Schule erfolgreich abgeschlossen hat,

c) volle Geschäftsfähigkeit,

d) körperliche und geistige Eignung,

e) Vertrauenswürdigkeit,

f) österreichische Staatsbürgerschaft oder die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats der Europäischen Union und der anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum sowie der Schweizerischen Eidgenossenschaft,

g) gewöhnlicher Aufenthalt oder Ort der beruflichen Tätigkeit im Sprengel des Landesgerichts, bei dessen Präsidenten der Bewerber die Eintragung beantragt, und

h) geordnete wirtschaftliche Verhältnisse,

i) der Abschluß einer Haftpflichtversicherung nach § 2a;

1a. die ausreichende Ausstattung mit der für eine Gutachtenserstattung im betreffenden Fachgebiet erforderlichen Ausrüstung;

2. der Bedarf an allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für das Fachgebiet des Bewerbers.

(...)

Entziehung der Eigenschaft

§ 10. (1) Die Eigenschaft als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger ist vom Präsidenten des Landesgerichts (§ 3) durch Bescheid zu entziehen,

1. wenn sich herausstellt, dass die Voraussetzungen für die Eintragung, mit Ausnahme der nach § 2 Abs. 2 Z 2, seinerzeit nicht gegeben gewesen oder später weggefallen sind,

2. wenn sich der Sachverständige wiederholt ungerechtfertigt weigert, zum Sachverständigen bestellt zu werden,

3. wenn er wiederholt die Aufnahme des Befundes oder die Erstattung des Gutachtens über Gebühr hinauszögert oder

4. wenn er beharrlich gegen das Verbot des § 3a Abs. 7 verstößt oder Inhalte öffentlich zugänglich macht, die geeignet sind, das Ansehen der Justiz zu schädigen.

(2) Ergibt sich in einem bestimmten Verfahren der Verdacht, daß einer der im Abs. 1 genannten Entziehungstatbestände gegeben ist, so hat das Gericht oder die staatsanwaltschaftliche Behörde hiervon dem zur Entziehung berufenen Präsidenten Mitteilung zu machen.

(3) Der § 9 Abs. 2 gilt für die Fälle der Entziehung sinngemäß.

(4) Im Entziehungsverfahren wegen Wegfalls der Voraussetzungen nach § 2 Abs. 2 Z 1 Buchstabe a und Z 1a kann der Präsident auch ein Gutachten der Kommission (§ 4a) oder eine Äußerung eines qualifizierten Mitglieds dieser Kommission einholen."

Im angefochtenen Bescheid wird die Entziehung der Eigenschaft als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger damit begründet, dass beim BF der Wegfall der Vertrauenswürdigkeit gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 2 Z 1 lit. e SDG eingetreten sei.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit ein strenger Maßstab anzulegen und es kommt in diesem Zusammenhang darauf an, ob jemand in einem solchen Maße vertrauenswürdig ist, wie es die rechtsuchende Bevölkerung von jemandem erwarten darf, der in die Sachverständigenliste eingetragen ist (vgl. unter anderem VwGH 03.07.2000, 98/10/0368, mit Verweis auf VwGH 23.03.1999, 96/19/1229, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Die Sachverhalte, über die der Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang zu entscheiden hatte, sind von der Schwere der Störung der Vertrauenswürdigkeit durchaus ähnlich gelagert als der gegenständliche Fall.

So sprach der Verwaltungsgerichtshof beispielsweise den jeweiligen Sachverständigen in folgenden Fällen ihre Vertrauenswürdigkeit ab:

Bei vorangegangenem Geschäftsverhältnis mit einer Prozesspartei (VwGH 20.01.1993, 92/01/0798), bei unberechtigter Verwendung eines fremden Siegels und der Erstellung eines Gutachtens über Fragen, die nicht zum Fachgebiet des Sachverständigen gehörten (VwGH 23.03.1999, 96/19/1229), im Fall der rechtskräftigen Verurteilung wegen fahrlässiger Krida (VwGH 06.07.1999, 99/10/0090), beim Hinwegsetzen über das Verbot, eigene oder in der Einflusssphäre des Sachverständigen stehende Automaten selbst zu begutachten (VwGH 03.07.2000, 98/10/0368).

Die Verfehlung des BF im gegenständlichen Fall, nämlich eine objektiv unrichtige Baufortschrittsmeldung zu erstatten und damit eine ungerechtfertigte Zahlung in der Höhe von € 103.775,-- an den Bauträger und Verkäufer auszulösen, weist eine ebenso schwere Störung der Vertrauenswürdigkeit auf wie die oben genannten Verfehlungen, sodass der Tatbestand des § 10 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 2 Z 1 lit. e SDG als erfüllt anzusehen ist.

Der Erstbehörde ist in ihrer Argumentation beizupflichten, dass sich der BF bei der Erstellung einer Baufortschrittsmeldung an die gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben zu halten hat. Alleine aus dem klaren Wortlaut des Ratenplanes im Sinne des § 10 BTVG, wonach "35 von Hundert [des Kaufpreises] nach Fertigstellung des Rohbaus und des Dachs" zu zahlen sind, ergibt sich, dass hier kein Interpretationsspielraum seitens des BF gegeben sein kann. Aufgabe des BF kann es hier nur sein, aufgrund seiner Fachkenntnis festzustellen, ob die Bauphase "Fertigstellung des Rohbaus und des Dachs" erreicht wurde, nicht aber, rechtliche Interpretationen anzustellen. Denn gerade aufgrund seiner sachverständigen Fachkenntnis wurde der BF als Schiedsrichter vertraglich vorgesehen, damit er beurteilen möge, ob die einzelnen Bauphasen abgeschlossen sind oder nicht, woraus deutlich wird, dass die rechtssuchende Bevölkerung auch darauf vertrauen können muss, dass er seine Fachkenntnis entsprechend einsetzt, um eben diese Fragen objektiv richtig zu beantworten.

Entgegen seiner Fachkenntnis stellte der BF eine objektiv unrichtige Baufortschrittsmeldung aus, die - wie die Erstbehörde schon festhielt - auch keinerlei Hinweise darauf enthält, dass hier eine wie auch immer geartete Aufrechnung mit etwaigen anderen Wertsteigerungen, die sich nicht auf die Bauphase "Fertigstellung des Rohbaus und des Dachs" bezogen hätten, stattgefunden habe, weshalb die Baufortschrittmeldung nicht nur objektiv falsch, sondern auch irreführend ist. Der ins Treffen geführte Interpretationsvorgang des BF ist aus der Baufortschrittsmeldung nicht einmal ersichtlich. Schon alleine deshalb vermag er auch nicht als Rechtfertigung dienen, sondern ist vielmehr Ausdruck dafür, dass der BF seiner Gutachtertätigkeit hier nicht mit der nötigen Sorgfalt und Rechtstreue nachging und es seiner Vorgehensweise - selbst wenn es sich im gegenständlichen Fall nicht um ein Gefälligkeitsschreiben seitens des BF handeln sollte - jedenfalls an Seriosität mangelt.

Die Beschwerde war daher abzuweisen und der angefochtene Bescheid zu bestätigen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe dazu die oben zitierte Judikatur); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

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