BVwG W196 1423016-2

BVwGW196 1423016-21.10.2015

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §75 Abs20
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
B-VG Art.133 Abs4
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §75 Abs20
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
B-VG Art.133 Abs4

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2015:W196.1423016.2.00

 

Spruch:

W196 1423016-2/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Ursula SAHLING als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , StA Georgien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 18.11.2011, Zl 1105-424, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 75 Abs 20 AsylG 2005 wird das Verfahren insoweit zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige von Georgien, reiste am 05.06.2011 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen ihrer Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 05.06.2011 gab die Beschwerdeführerin zu ihrer Reiseroute befragt an, am 30.05.2011 mit dem Zug nach BATUMI gereist zu sein. In SARFI habe sie am 01.06.2011 die Ladefläche eines LKWs bestiegen und sei mit diesem bis nach Österreich gefahren. Zumal die Beschwerdeführerin versteckt auf dem LKW gewesen sei, habe sie keine Wahrnehmungen zur Reise gemacht. Die Beschwerdeführerin habe ihren Herkunftsstaat illegal verlassen. Ihr georgischer Reisepass sei im Jahr 2009 abgelaufen. Diesen habe sie verlegt.

Die Beschwerdeführerin habe ein Nierenleiden und nehme das Medikament KORENITEK.

Zu ihrem Fluchtgrund befragt, schilderte die Beschwerdeführerin, dass sie als Sekretärin einer Organisation die afghanischen Veteranen betreut habe. Diese Organisation sei von der Regierung mit der Begründung geschlossen worden, dass diese Veteranen für Russland tätig gewesen seien. Die Beschwerdeführerin habe in der Folge keine andere Beschäftigung gefunden und habe sich aktiv bei der politischen Oppositionsbewegung Georgiens betätigt. Zuletzt - ab dem 30.01.2011 - sei sie Mitglied der "SACHALCHO-KREBA" (=Volksversammlung) gewesen, wo sie von Regierungsleuten bedroht und kategorisch gewarnt worden sei, an keinerlei Aktivitäten bei Demonstrationen teilzunehmen, da sie ansonsten mit Sanktionen zu rechnen habe. Viele Mitglieder der Oppositionsbewegung seien verhaftet worden. Ab dem 25.05.2011 seien bei einer Demonstration viele Personen umgebracht worden. Aus Furcht habe sie sich deshalb entschieden, ihre Heimat zu verlassen. Im Fall einer Rückkehr befürchte sie, festgenommen oder getötet zu werden.

Das Bundesasylamt führte in der Folge Dublin-Konsultationen mit Ungarn, die jedoch keine Zuständigkeit Ungarns ergeben haben.

Die Beschwerdeführerin wurde am 08.07.2011 vor der Erstaufnahmestelle West niederschriftlich einvernommen, wo sie eingangs zu ihrem Gesundheitszustand erklärte, dass sie an einer chronischen Nierenerkrankung leide. Sie nehme deswegen täglich Tabletten für den Blutdruck und zeitweise bekomme sie Medikamente für die Nieren. Die Beschwerdeführerin wisse seit Februar 2008 über diese Krankheit Bescheid. Sie habe sich bereits im Herkunftsstaat medizinisch behandeln lassen und hätten medizinische Kontrollen stattgefunden. Sie habe auch die notwendigen Medikamente erhalten. KORENITEK habe sie in Georgien verschrieben bekommen. Im Bundesgebiet habe sie KOMIPRE (phonetisch) erhalten. Bei der Untersuchung im Lager sei im Übrigen eine Zyste in ihrem Körper gefunden worden. Der Arzt habe Blut abgenommen und stehe eine Untersuchung im Krankenhaus an.

Die Beschwerdeführerin wurde aufgefordert, selbständig sämtliche medizinischen Unterlagen in Vorlage zu bringen.

Die Beschwerdeführerin gehöre der georgischen Volksgruppe an, sei orthodoxen Glaubens, geschieden und habe keine Kinder. Sie habe einen Bruder und eine Schwester. Sie habe sich bereits vor ungefähr 20 Jahren scheiden lassen. Ihr namentlich genannter geschiedener Ehemann halte sich in Russland auf. Die Beschwerdeführerin habe einen Freund namens XXXX , der in RUSTAVI wohne und mit dem die Beschwerdeführerin seit acht oder neun Jahren zusammen sei.

Die Beschwerdeführerin verneinte auf Nachfrage, identitätsbezeugende Dokumente vorlegen zu können. Ihren Personalausweis habe sie in Georgien.

Die Beschwerdeführerin erklärte im Jahr 2004 problemlos einen Reisepass ausgestellt bekommen zu haben, der jedoch im Jahr 2009 abgelaufen sei. Bei der Beantragung eines neuen Reisepasses hätte die Beschwerdeführerin ihren Geburtsort ändern müssen, weshalb sie letztlich von der Neuausstellung Abstand genommen habe. Die Beschwerdeführerin wisse nicht, wo sich ihr abgelaufener Reisepass befinde.

Auch der Personalausweis der Beschwerdeführerin sei problemlos im Jahr 2004 ausgestellt worden.

In Georgien habe die Beschwerdeführerin niemanden, weshalb es ihr auch nicht möglich sei, sich Dokumente aus dem Herkunftsstaat übermitteln zu lassen. Ihr Freund habe Georgien ebenfalls verlassen und der Beschwerdeführerin versprochen, alle Beweismittel und Dokumente mitzunehmen. Eine gemeinsame Ausreise sei deshalb gescheitert, da ihr Freund damals in Haft gewesen sei.

Auf Befragung bejahte die Beschwerdeführerin, ihren Lebensunterhalt bis zur Ausreise finanziert zu haben. Sie habe bis zur Schließung des Büros im Jahr 2005 gearbeitet. Auch danach habe sie als Händlerin Geld verdient.

Für die Ausreise habe sie ihre Wohnung verkauft. Die Beschwerdeführerin gab nach entsprechender Aufforderung, ihre Aufenthaltsorte im Verlauf ihres Lebens zu nennen, an, ab dem Jahr 1976 bis zur Ausreise in RUSTAVI gelebt zu haben.

Die Beschwerdeführerin verfüge über keine Angehörigen außerhalb ihres Herkunftsstaates. Im Herkunftsstaat würden sich Cousinen, Cousins, Tanten, Neffen, ihr Bruder und ihre Schwester - überwiegend in RUSTAVI - aufhalten. Die Angehörigen der Beschwerdeführerin hätten keine Probleme im Herkunftsstaat zu gewärtigen.

Zum Verlauf ihrer Ausreise ergänzte sie, RUSTAVI mit einem Linienbus verlassen zu haben und nach TIFLIS gereist zu sein. Von TIFLIS sei sie schließlich nach BATUMI mit dem Zug gereist, wo sich in SAFI eine große LKW-Haltestelle befinde, von wo sie - wie erwähnt - schlepperunterstützt nach Österreich gereist sei.

Zu ihrem Fluchtgrund befragt, schilderte die Beschwerdeführerin eingangs von ihrer letzten Beschäftigung ab dem Jahr 2003 bei dem Verein der Kriegsveteranen des Afghanistankrieges. Dieser Verein/Diese Organisation sei letztlich vom Präsidenten Saakaschwili im Jahr 2005 geschlossen worden, da die Kriegsveteranen nicht für Georgien, sondern für Russland gearbeitet hätten. Die Organisation habe Kontakt mit anderen Organisationen in Russland und der Ukraine gehabt und sei neutral gewesen. Sie habe für die Regierung jedoch nicht für die einzelnen Parteien gearbeitet. Neutral zu sein, sei jedoch nicht möglich gewesen. Die Mitglieder des Vereines seien schließlich entlassen worden und es sei keine Unterstützung der Veteranen und der Nachkommen gefallener Kämpfer mehr möglich gewesen. Bitten an Saakaschwili, die Organisation bestehen zu lassen, seien erfolglos geblieben.

Die Beschwerdeführerin habe sich in der Folge als Einzelkämpferin oppositionell betätigt, da sie keine Partei gefunden habe, die für sie akzeptabel gewesen sei. Sie sei Gegner der Regierung gewesen, habe an Meetings und Demonstrationen teilgenommen und viele negative Erfahrungen gemacht. Letztlich habe sie sich einer Vereinigung angeschlossen, die übersetzt Volksversammlung heiße. Deren Vorsitzender sei GAPRINDASCHWILI Nona. Ende Jänner 2011 sei ein Büro in RUSTAVI eröffnet worden. XXXX seien Vorsitzender und Stellvertreter dieses Büros. Diese Menschen hätten auch das Komitee der Verschworenen gegründet, wo vereinbart worden sei, für Georgien zu kämpfen und mit allen Mitteln das Land zu retten. Ihr Freund sei auch Mitglied.

Auf neuerliche Nachfrage nach dem Grund für das Verlassen ihres Herkunftsstaates, führte die Beschwerdeführerin BURDSCHADNADSE Nino an, die Leitern der Organisation "Politische Bewegung" gewesen sei und auch bei der Organisation Volksversammlung gewesen sei.

Nach der Gründung der Organisation in RUSTAVI sei begonnen worden, deren Mitglieder zu terrorisieren. Die Beschwerdeführerin habe sich immer beobachtet gefühlt. Seitens der Polizei habe es die Warnung gegeben, alle Tätigkeiten einzustellen, nachdem ab dem 21.05.2011 eine Welle von Kundgebungen geplant gewesen sei und die Regierung am 26.05.2011 einen großen Militäraufmarsch geplant habe. Da zu diesem Militäraufmarsch ausländische Gäste erwarten worden seien, hätte diesen gezeigt werden sollen, dass in Georgien nicht alles so laufe, wie es der Präsident behaupte. Vor der geplanten Demonstration am 21.05.2011 sei der Freund der Beschwerdeführerin verhaftet worden und eine Woche lang inhaftiert geblieben. Er sei in der Haft geschlagen worden. Auch die Beschwerdeführerin sei zur Polizei gebracht worden und seien sie und ihr Freund parallel befragt worden. Ihr Freund sei - wie gesagt - nach einer Woche, die Beschwerdeführerin selbst am selben Tag entlassen worden. Man habe sie einschüchtern wollen, geschlagen sei sie jedoch nicht worden.

Zu einem nicht näher in Erinnerung gebliebenen Datum seien diese Leute in ihre Wohnung gekommen. Einmal seien sie im Februar 2011 und zwei oder drei Mal im März 2011 bei ihr zuhause gewesen. Im April 2011 sei die Befragung gewesen, zuhause seien sie jedoch nicht mehr gewesen. Sie sei abgeholt, zur Polizeistation gebracht und befragt worden.

An den Meetings habe sie jedoch trotzdem - jedoch nur tagsüber - teilgenommen. In der Nacht seien lediglich die Männer dortgeblieben. In der Nacht vom 25. auf 26.05.2011 sei die Demonstration in der Nacht mit Schlagstöcken aufgelöst worden. Als die Beschwerdeführerin dies gehört habe, sei sie nach TIFLIS gefahren. Am dritten Tag hätten sie viele Mitglieder - darunter auch ihren Freund - verhaftet. In dieser Nacht seien viele Menschen getötet worden. Ein 23jähriger sei ebenfalls getötet worden und sei dessen Vater an einem Herzinfarkt gestorben, als dieser getötet worden sei.

Der Beschwerdeführerin wurden entsprechende Internetberichte vorgehalten, wonach lediglich zwei Polizisten an diesem Tag gestorben wären, was die Beschwerdeführerin nicht bestätigte. Dort seien viele Menschen gestorben. Sie sei nach RUSTAVI zurückgefahren. Sie habe gehört, dass viele Menschen getötet worden und viele verschwunden seien. Die Parteimitglieder von BURDSCHANADSE Nino hätten auf der Flucht die beiden Polizisten überfahren.

Nach persönlichen Gründen befragt, die die Beschwerdeführerin gezwungen hätten, den Herkunftsstaat zu verlassen, erklärte sie, dass ihr gedroht worden sei, sie mit Gas umzubringen oder sie zu inhaftieren. Aufgrund ihres Gesundheitszustandes wäre dies für sie lebensbedrohlich gewesen.

Die Beschwerdeführerin sei davon überzeugt, dass ihr im Falle einer Rückkehr Sanktionen drohen würden.

Befragt, weshalb sie und nicht Mitglieder in einer höheren Funktion bedroht werden würden, meinte die Beschwerdeführerin, dass die großen Persönlichkeiten selbstverständlich freigelassen worden seien. Für die Polizei sei es einfacher, kleine Leute zu verfolgen. Als die Polizei bei ihr in der Wohnung gewesen sei, sei ihr auch vorgeworfen worden, Kontakte zu Russland zu pflegen.

Am Ende der Einvernahme wurde die Beschwerdeführerin über die Zulässigkeit ihres Verfahrens informiert.

Am 05.09.2011 wurde die Beschwerdeführerin vor dem Bundesasylamt, Außenstelle Linz, niederschriftlich einvernommen. Zu ihrem Gesundheitszustand befragt, erklärte die Beschwerdeführerin, sich nicht in ärztlicher Behandlung oder sonst in Therapie zu befinden. Sie habe jedoch Nieren- und Leberzysten. In Georgien habe sie immer nur Schmerztabletten erhalten. Die Beschwerdeführerin habe bereits seit fünf Jahren Beschwerden und leide immer wieder an schmerzhaften Nierenkoliken. Aufgrund der Nierenzysten müsse sie jedoch nicht behandelt werden. Lediglich ihr hoher Blutdruck werde aktuell behandelt. Sie nehme Blutdruckmedikamente, die sie bereits in Georgien verwendet habe.

Zu ihren persönlichen Angaben ergänzte die Beschwerdeführerin, dass sich ihr Freund nach wie vor in RUSTAVI aufhalte und bald nach Österreich kommen werde. Er sei vom 21.05.2011 bis 28.05.2011 inhaftiert gewesen. Er sei am 29.05.2011 wieder verhaftet worden und die Beschwerdeführerin schließlich ausgereist. Die Beschwerdeführerin erklärte nach entsprechender Nachfrage, dass sie mit ihrem Freund vor zwei Tagen telefoniert habe. Es gehe ihm gut und bereite er sich auf die Ausreise aus Georgien vor.

Nach Dokumenten im Herkunftsstaat befragt, erklärte die Beschwerdeführerin, dass sie dort über Personalausweis, Schulzeugnisse, Geburtsurkunde, Heirats- und Scheidungsurkunde verfüge. Die Beschwerdeführerin habe im Februar 1977 geheiratet und sich im September/Oktober 2010 beim zuständigen Gericht in RUSTAVI scheiden lassen, wobei ihr nunmehr geschiedener Mann bei der Scheidung nicht anwesend gewesen sei.

Die Beschwerdeführerin erklärte auf Nachfrage, dass sie ihren Lebensunterhalt von 1986 bis 2005 als Sekretärin einer staatlichen Einrichtung in RUSTAVI verdient hat. Es habe sich um einen Verein gehandelt, der afghanische Veteranen unterstützt habe. Sie habe dort fast nichts verdient und auch von Lebensmittelspenden gelebt. Der Freund der Beschwerdeführerin habe bis zur Rosenrevolution im Jahr 2003 als Bodyguard für Regierungsmitglieder gearbeitet. Danach habe er als Wachdienstmitarbeiter in einem Restaurant gearbeitet, sei jedoch wieder gekündigt worden. Sie hätten schließlich gemeinsam ein kleines Handelsunternehmen aufgebaut und davon gelebt. Sie hätten einen Handel am Bahnhof betrieben und dort im Winter mit Lebensmittel gehandelt, die sie im Großhandel in TIFLIS gekauft hätten. Im Sommer hätten sie mit Textilien gehandelt. Sie hätten einen Stand in der Nähe des Bahnhofs gehabt, den sie jeden Tag geöffnet hätten. Dieser Tätigkeit sei die Beschwerdeführerin bis zum letzten Tag vor ihrer Ausreise nachgegangen.

Ihr Freund lebe nunmehr vermutlich von Ersparnissen und der Unterstützung seiner Mutter.

Zu ihren familiären Verhältnissen befragt, ergänzte sie zu ihren bisherigen Ausführungen, dass es sich bei ihrem Bruder eigentlich um ihren Halbbruder handle.

In der Folge schilderte die Beschwerdeführerin - nach zahlreichen Fragen durch die einvernehmende Referentin - über ihre Angehörigen im Herkunftsstaat.

Den Gedanken zur Ausreise habe die Beschwerdeführerin erstmals im Mai 2011 gefasst. Am 30.05.2011 habe sie ihren Herkunftsstaat schließlich tatsächlich verlassen.

Die Beschwerdeführerin habe im September 2010 ihre Eigentumswohnung verkauft, da sie Geld für eine Untersuchung benötigt habe. Der restliche Verkaufserlös befinde sich zum Teil noch auf der Bank. Seit September 2010 habe sie in einer Mietwohnung in RUSTAVI gelebt, an der sie bis zum letzten Tag vor ihrer Ausreise aufhältig gewesen sei.

Die Beschwerdeführerin sei im Herkunftsstaat nicht vorbestraft gewesen. Sie sei nicht inhaftiert, jedoch festgehalten und befragt worden. Danach sei sie wieder freigelassen worden. Sie habe im Herkunftsstaat Probleme mit den Behörden gehabt, gegen sie habe es jedoch keine staatlichen Fahndungsmaßnahmen gegeben.

Die Beschwerdeführerin sei seit 30.01.2011 aktives Mitglied der Partei "Demokratische Bewegung - Vereintes Georgien" unter der Führung von BURDSCHANADSE Nino.

Sonstige Probleme - Religion, Volksgruppe, Privatpersonen - habe die Beschwerdeführerin nicht zu gewärtigen gehabt. Sie habe auch an keinen bewaffneten oder gewalttätigen Auseinandersetzungen teilgenommen.

Konkret zu den Gründen für ihre Ausreise befragt, erklärte die Beschwerdeführerin, ihren Fluchtgrund bereits in der letzten Einvernahme geschildert zu haben. In Österreich gebe es im Unterschied zu Georgien Gesetze.

Nach Vorfällen in Georgien befragt, gab die Beschwerdeführerin an, dass man in Georgien keine Änderung herbeiführen könne. Mehr wolle sie gar nicht dazu sagen.

Auf neuerliche Nachfrage nach ihren Fluchtgründen durch die einvernehmende Referentin führte die Beschwerdeführerin ihre Parteimitgliedschaft an. Es handle sich um eine legale Partei, die sehr viele Mitglieder habe. Sie habe innerhalb dieser Partei keinerlei Funktion, sondern sei einfaches Mitglied. Ihr werde von den Behörden Teilnahme an nicht genehmigten Demonstrationen vorgeworfen. Ihre Probleme würden bestehen, seit sie an den Demonstrationen teilgenommen habe. An diesen habe sie am 07.11.2007, am 21.02.2008, am 09.04.2009 und am 21.05.2011 teilgenommen. Diese Demonstrationen seien behördlich nicht genehmigt gewesen. Wiederum auf Nachfrage teilte die Beschwerdeführerin mit, dass sie am 28.04.2011 von den Behörden zur Befragung einen Tag lang festgehalten worden sei. Die Beschwerdeführerin sei ohne weitere Konsequenzen freigelassen worden. Sie habe am nächsten Tag wieder ihren Verkaufsstand geöffnet.

Im Mai 2011 sei sie von der Polizei nicht befragt worden, sondern nur nach der Demonstration vom 09.04.2011.

Auf Vorhalt ihrer Ausführungen in der vorangegangen Niederschrift erklärte sie, dass sie im Mai lediglich von den Behörden aufgesucht worden sei und in ihrer Wohnung befragt worden sei. Sie sei insbesondere nicht zur Polizeidienststelle mitgenommen worden. Im Februar, im März und im April seien Leute zu ihr in die Wohnung gekommen. Im April sei sie auch mitgenommen worden.

Schließlich erklärte sie, dass sie am 28.04.2011 gemeinsam mit ihrem Freund aus der gemeinsamen Wohnung zur Polizei in RUSTAVI mitgenommen worden seien.

Weitere Gründe für das Verlassen ihres Herkunftsstaates gebe es nicht.

Im Falle einer Rückkehr befürchte sie, keine Ruhe zu haben.

Die Beschwerdeführerin habe im Herkunftsstaat keine familiären Beziehungen. Sie habe hier niemanden. Sie habe keine privaten Interessen im Bundesgebiet und sei hier in keinem Verein tätig. Sie lebe von der Grundversorgung und sei nicht berufstätig. Ab September werde sie einen Deutschkurs besuchen.

Sie würde in Österreich gerne arbeiten.

Zu den vorgehaltenen Länderfeststellungen erklärte sie, dass sie auf eine schriftliche Stellungnahme verzichte. Sie wolle gleich Stellung beziehen. Sie habe kein Interesse am Ländervorhalt, da sie die darin verbreiteten Lügen nicht aushalte.

Die Beschwerdeführerin erklärte sich zur Einholung medizinischer Informationen durch das Bundesasylamt bei den behandelnden Ärzten einverstanden.

Aus den vorgelegten medizinischen Unterlagen des Krankenhauses der Barmherzigen Schwestern Linz (Ambulanzbrief vom 27.07.2011 und Arztbrief vom 12.08.2011) geht hervor, dass die Beschwerdeführerin an einer polyzystischen Nierenerkrankung mit Niereninsuffizienz leide.

Aufgrund der vorgelegten medizinischen Unterlagen veranlasste die zuständige Referentin am 06.09.2011 die Erstellung eines Aktengutachtens anhand eines vorgegebenen Fragenkatalogs.

Laut medizinischer Befundinterpretation durch DDr. Ernst Rudolf, Arzt für Allgemeinmedizin, vom 11.10.2011 leide die Beschwerdeführerin an einer schweren körperlichen Erkrankung mit zunehmender Minderung der Nierenfunktion, die eine dauerhafte Behandlungsbedürftigkeit nach sich ziehe. Ohne medikamentöse Therapie werde sich die Nierenfunktion der Beschwerdeführerin vermutlich rascher verschlechtern, mit medikamentöser Therapie voraussichtlich weniger rasch.

Die Überstellung der Beschwerdeführerin im Sinne einer Reisetätigkeit sei gegeben und drohe unmittelbar keine Entwicklung eines lebensbedrohlichen Zustandsbildes.

Bei entsprechendem fachärztlich-internistischen Zugang, dem Zugang zu ihrer Medikation sowie zu einer Dialysemöglichkeit sei ein Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Herkunftsstaat möglich.

Zusammenfassend wurde im Gutachten ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin laut eigenen Angaben zur Behandlung nach Österreich gekommen sei. Sie leide an einer chronischen und fortschreitenden polycystischen Nierendegeneration unklarer Ursache, welche früher oder später dialysepflichtig werde. Auch wenn eine Reisefähigkeit bei derzeit noch gering ausgeprägter Symptomatik bzw. Krankheitsmanifestationen gegeben sei, benötige die Beschwerdeführerin im Ankunftsland fachärztliche Versorgung und gegebenenfalls eine Dialysemöglichkeit, um ein andernfalls lebensbedrohliches Nierenversagen zu kompensieren.

Bei unauffälligen Leberfunktionsparametern hätten die festgestellten Lebercysten derzeit keine therapeutische Konsequenz.

Der Beschwerdeführerin wurden am 19.10.2011 die zitierte medizinische Befundinterpretation sowie Länderfeststellungen der Staatendokumentation zur medizinischen Versorgung in Georgien vom 31.08.2011 zum Parteiengehör übermittelt, wobei sie mit Schreiben vom 27.10.2011 mitteilte, dass es ihr nicht möglich sei, auf den Inhalt der übermittelten Unterlagen einzugehen, da sie diese nicht verstehe und auch die Rechtsberater am Bundesasylamt Linz nicht in der Lage seien, den Inhalt der übermittelten Unterlagen zu übersetzen. Einen privaten Dolmetscher zu engagieren, sei ihr finanziell nicht möglich. Deshalb ersuchte die Beschwerdeführerin um Durchführung einer weiteren Einvernahme vor dem Bundesasylamt.

Die zuständige Referentin des Bundesasylamtes übermittelte in der Folge mit Faxeingabe vom 02.11.2011 einer Mitarbeiterin vom Verein Menschenrechte Österreich die der Beschwerdeführerin zum Parteiengehör übermittelten Unterlagen, mit dem Ersuchen eine Stellungnahme abzugeben.

Besagte Mitarbeiterin des Vereins Menschenrechte teilte mit Faxeingabe vom 16.11.2011 mit, mit der Beschwerdeführerin persönlich die übermittelten Unterlagen nach deren Übersetzung besprochen zu haben. Auch eine entsprechende Stellungnahme samt Vollmacht zur Einbringung der Stellungnahme durch den Verein Menschenrechte wurde übermittelt.

Der medizinischen Befundinterpretation vom 11.10.2011 wurde grundsätzlich zugestimmt, jedoch die Notwendigkeit einer professionellen medizinischen Versorgung hervorgehoben. Die Beschwerdeführerin müsse sich im Übrigen weiteren Kontrollterminen unterziehen.

Zur übermittelten Information der Staatendokumentation zur medizinischen Versorgung in Georgien wurde festgehalten, dass es zwar ein staatliches, ambulantes und kostenfreies Dialyse-Programm gebe, jedoch keine Zahlen angeführt seien, wieviele Menschen auf der Warteliste stehen würden.

Im Übrigen sei nur eine ambulante Behandlung kostenlos. Eine stationäre Aufnahme sei nur für sechs Tage kostenlos.

Abgesehen davon sei es so, dass es in den Regionen keine freien Plätze für Dialyse-Behandlungen gebe. In TIFLIS gebe es jedoch die Möglichkeit hiezu, was sich in Zukunft jedoch jederzeit ändern könnte.

Die Beschwerdeführerin zitiert im Übrigen zwei Quellen aus dem Internet zur medizinischen Versorgung in Georgien, wobei in den Berichten vom grundsätzlichen Vorhandensein medizinischer Versorgung berichtet werden, jedoch nur in privaten Einrichtungen Standards geboten werden würden, welche annähernd jenen in Mitteleuropa entsprechen würden.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 18.11.2011, Zl. 11 05.424-BAL, wies das Bundesasylamt den Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 ab und erkannte ihr den Status der Asylberechtigten nicht zu (Spruchpunkt I). Auch wurde ihr der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien gemäß § 8 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 nicht zuerkannt (Spruchpunkt II) und wurde sie gemäß § 10 Abs 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Georgien ausgewiesen (Spruchpunkt III).

Dem Bescheid wurden Länderfeststellungen zum Herkunftsstaat der Beschwerdeführerin und insbesondere auch spezifische Länderberichte zur medizinischen Versorgung in Georgien zu Grunde gelegt. Die Identität der Beschwerdeführerin wurde durch das Bundesasylamt nicht festgestellt. Die Beschwerdeführerin habe eine Verfolgung im Herkunftsstaat nicht glaubhaft darlegen können. So habe sie weder aufgrund ihrer Mitgliedschaft bei der Partei "Demokratische Bewegung - Vereintes Georgien" noch bei der Partei "Volksversammlung" eine Verfolgung im asylrelevanten Ausmaß darlegen können.

Die Partei, bei der die Beschwerdeführerin Mitglied gewesen sei, sei in Georgien nicht verboten. Es handle sich um eine legale Oppositionspartei, bei der die Beschwerdeführerin einfaches Mitglied gewesen sei.

Soweit die Beschwerdeführerin an nicht genehmigten Demonstrationen teilgenommen habe und deswegen von den georgischen Behörden befragt worden sei, verwies die belangte Behörde auf höchstgerichtliche Rechtsprechung, wonach im Zusammenhang mit der Teilnahme an verbotenen Demonstrationen stehende polizeilichen Maßnahmen ohne hinzu treten weiterer erschwerender Umstände keine Verfolgung iSd. GFK darstellen würden.

Solche Umstände habe die Beschwerdeführerin jedoch nicht darlegen könne. Sie sei einfacher Demonstrationsteilnehmer und insbesondere kein Organisator oder Funktionär dieser Demonstrationen gewesen. Sie habe sich auch nicht besonders hervorgetan und sei den Behörden auch nicht im Vergleich zur Masse der Protestierenden besonders aufgefallen und den Behörden auch nicht als für die Belange ihrer Partei in besonderem Maße eintretend bekannt geworden.

Die Beschwerdeführerin habe sich seit September 2010 in einer Mietwohnung in RUSTAVI aufgehalten und sei bis unmittelbar vor ihrer Ausreise als Händlerin am Markt tätig gewesen.

Ihre Anhaltung bzw. Befragung am 28.04.2011 habe auch keine weiteren Konsequenzen nach sich gezogen. Vielmehr sei sie unmittelbar nach ihrer Befragung wieder ihrer gewohnten Tätigkeit als Händlerin nachgegangen.

Die belangte Behörde kam demnach zum Schluss, dass die Beschwerdeführerin nicht darlegen habe können, aus asylrelevanten Gründen ihren Herkunftsstaat verlassen zu haben. Vielmehr sei erkennbar gewesen, dass die Beschwerdeführerin aufgrund der Aussicht auf eine bessere medizinische Behandlung in Österreich ihren Herkunftsstaat verlassen habe.

Die Rückkehrbefürchtungen der Beschwerdeführerin hätten sich auf vage Befürchtungen gestützt, die sich anhand der in das Verfahren eingeführten Länderinformationen zum Herkunftsstaat nicht bestätigt hätten.

Die Erkrankung der Beschwerdeführerin sei in Georgien behandelbar, weshalb diese einer Rückkehr nach Georgien im Lichte des Art 3 EMRK nicht entgegenstehe. Andere Umstände für die Erteilung subsidiären Schutzes hätten sich nicht ergeben. So würden sich zahlreiche Angehörige und auch der Freund der Beschwerdeführerin im Herkunftsstaat aufhalten. Auch habe die Beschwerdeführerin trotz ihrer Erkrankung im Herkunftsstaat einer Beschäftigung nachgehen können, was ihr auch bei einer Rückkehr nach Georgien wieder zumutbar wäre.

Auch die Ausweisung sei im Lichte des Art 8 EMRK notwendig und geboten gewesen.

Mit Verfahrensanordnung vom 18.11.2011 wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs 1 AsylG 2005 die ARGE-Rechtsberatung als Rechtsberatung im Beschwerdeverfahren vor dem Asylgerichtshof zur Seite gestellt.

Gegen den Bescheid vom 18.11.2011 erhob die Beschwerdeführerin am 02.12.2011 fristgerecht Beschwerde, in welcher dieser wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften zur Gänze angefochten wurde.

Die Beschwerdeführerin erklärte eingangs, dass ihr ein ausführliches Beratungsgespräch aufgrund eines kurzfristigen "Ausfalls" des bestellten Dolmetschers nicht innerhalb der Beschwerdefrist möglich gewesen sei und sie eine Beschwerdeergänzung ehestmöglich nachreichen werde.

Die Beschwerdeführerin erklärte zudem, dass ihr ein Ländervorhalt zu Georgien mit der Aufforderung zur Stellungnahme geschickt worden sei. Sie habe mithilfe einer betreuenden Organisation ein Schreiben verfasst, in dem Sie eine weitere Einvernahme beantragt habe, um ihr die Länderfeststellungen zu übersetzen und ihr Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Sie könne sich einen Dolmetscher nicht leisten und hätten ihr die Rechtsberater beim Bundesasylamt Linz mangels Dolmetscher nicht helfen können. Daraufhin sei bei der Beschwerdeführerin eine Rechtsberaterin vom Verein Menschenrechte erschienen, die persönliche Krankenhausbefunde der Beschwerdeführerin gehabt habe. Diese habe der Beschwerdeführerin erklärt, ihr helfen zu wollen. Die Beschwerdeführerin habe etwas unterschrieben. Im Nachhinein habe sie erst erfahren, dass besagte Rechtsberaterin für die Beschwerdeführerin eine Stellungnahme an das Bundesasylamt geschickt habe.

Diese Vorgangsweise sei rechtswidrig, da die der Beschwerdeführerin in einer weiteren Einvernahme die Länderfeststellungen übersetzt hätten werden müssen. Die Übergabe von Krankenakten und Krankendaten an eine der Beschwerdeführerin nicht bekannte Person sei rechtswidrig.

Die Beschwerdeführerin verwies betreffend ihre Erkrankung auf den vorgelegten Arztbefund sowie auf die vom Bundesasylamt veranlasste medizinische Befundinterpretation. Hervorgehoben wurde, dass die Beschwerdeführerin früher oder später dialysepflichtig werde und im Falle einer Rückkehr nach Georgien fachärztliche Versorgung und gegebenenfalls eine Dialyse-Möglichkeit benötige, um ein andernfalls lebensbedrohliches Nierenversagen zu kompensieren.

Die Beschwerdeführerin verwies im Übrigen auf die vom Bundesasylamt vorgehaltenen Länderberichte zur medizinischen Versorgung und insbesondere zur Dialyse.

Laut medizinischer Befundinterpretation benötige die Beschwerdeführerin im Fall einer Rücküberstellung in ihre Heimat eine fachärztliche Versorgung und gegebenenfalls eine Dialysemöglichkeit, da andernfalls ein lebensbedrohliches Nierenversagen eintreten könne.

Aus den Länderfeststellungen gehe hervor, dass für eine durchschnittlich georgische Staatsbürgerin - wie die Beschwerdeführerin - eine Dialysebehandlung nicht leistbar sei, weshalb ihr subsidiärer Schutz zu gewähren gewesen wäre.

Betreffend Fluchtgründe verwies sie einerseits auf eine Beschwerdeergänzung, meinte hiezu im Übrigen, dass die Beweiswürdigung des Bundesasylamt zu kurz greife und keine ausreichende Auseinandersetzung mit ihrem Fluchtvorbringen erfolgt sei.

Die Beschwerdeführerin verwies auf die Facebook-Seite ihres Freundes, auf der sich Informationen und Beweise befinden würden. Die Seite sei jedoch momentan gesperrt.

Am 20.12.2011 übermittelte die Beschwerdeführerin eine Beschwerdeergänzung, in der sie angab, dass ihre Anhaltung und Befragung am 28.04.2011 entgegen der belangten Behörde sehr wohl Konsequenzen nach sich gezogen habe. Sie sei danach ständig kontrolliert und schikaniert worden (d.h. Ausweiskontrollen und am Markt wurde ihr immer wieder der Verkaufsstand umgeworfen). Es sei ihr von der Polizei gedroht worden, große Probleme zu bekommen, wenn sie sich noch einmal mit Politik beschäftigen würde.

Bei der Anhaltung am 28.04.2011 sei auch ihr Freund zusammengeschlagen worden. Es sei der Beschwerdeführerin gesagt worden, dass es ihr wie ihrem Freund ergehen würde, wenn sie noch einmal bei einer Demonstration mitmache. Weiters sei ihr gesagt worden, dass sie für immer verschwinden würde, wenn sie bei der Demonstration zum Nationalfeiertag mitmachen würde.

Die Beschwerdeführerin sei auch an ihrer Wohnadresse ständig beobachtet worden.

Bei den Demonstrationen, an welchen die Beschwerdeführerin teilgenommen habe, sei es immer um den Präsidenten Saakaschwili gegangen und sei gefilmt und fotografiert worden, wenn die Demonstranten beim Regierungsgebäude vorbeigegangen seien.

Bei den Demonstrationen im Mai 2011 seien Spezialeinheiten des Präsidenten anwesend gewesen, die mit großer Gewalt gegen Demonstranten vorgegangen wären. Viele Menschen seien einfach geschlagen worden. Viele der Männer hätten wie unter Drogeneinfluss gewirkt, weil sie einen total irren Blick gehabt hätten und brutal gegen die Leute vorgegangen wären.

Viele Teilnehmer seien verhaftet worden und nicht wieder aufgetaucht.

Gleich nach der Flucht der Beschwerdeführerin sei mehrmals bei ihren Nachbarn nach der Beschwerdeführerin gefragt und gesucht worden. Auch bei ihrem Freund sei mehrmals nachgefragt und gesucht worden und dessen Wohnung sei ständig observiert worden. Es sei immer ein Auto mit zwei Personen vor der Türe gestanden.

In der Partei "Demokratische Bewegung - Vereintes Georgien" sei die Beschwerdeführerin für die Mitgliederwerbung zuständig gewesen. Es handle sich um eine Oppositionspartei in Georgien und der Vorsitzende BITZADZE Adri habe nach ihrem Wissen in Österreich um Asyl angesucht. Es würden Fotos existieren, auf welchen ihr Freund und der Vorsitzende abgebildet seien. Diese Fotos würden sich jedoch beim Freund der Beschwerdeführerin befinden. (OZ 2)

Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 04.12.2012 wurde die Beschwerde gemäß §§ 3 Abs 1, 8 Abs 1 Z 1 und 10 Abs 1 Z 2 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde kurz zusammengefasst ausgeführt, dass sich das Fluchtvorbringen der Beschwerdeführerin als nicht glaubwürdig erwiesen habe und daher nicht ableitbar sei, dass diese zum gegenwärtigen Zeitpunkt bzw in Zukunft in ihrem Herkunftsstaat konkrete Verfolgungsmaßnahmen von gewisser Intensität zu befürchten hätte. Auch sei es der Beschwerdeführerin nicht gelungen, darzulegen, dass sie im Falle der Abschiebung in eine "unmenschliche Lage" versetzt würde. Daher verstoße ihre allfällige Abschiebung nicht gegen Art 2, Art 3 EMRK oder gegen die Zusatzprotokolle zur EMRK Nr 6 und Nr 13 und auch nicht gegen Art 15 lit c StatusRL. Eine medizinische Versorgung für die Beschwerdeführerin im Bedarfsfall sei in Georgien zweifelsfrei gewährleistet und sei darauf hinzuweisen, dass sich für den Entscheidungszeitpunkt überhaupt kein lebensnotwendiger Behandlungsbedarf ergeben habe und das Eintreten eines solchen noch überhaupt nicht absehbar sei. Auch an der Überstellungsfähigkeit der Beschwerdeführerin nach Georgien hätten sich keine Zweifel ergeben. Anhaltspunkte dafür, dass dem Recht auf Privatleben der Beschwerdeführerin in Österreich im Verhältnis zu den legitimen öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung eine überwiegende und damit vorrangige Bedeutung zukommen würde, seien nicht hervorgekommen.

Dagegen wurde fristgereicht Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben und darin die Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten gemäß Art 1 Abs 1 B-VG sowie gemäß Art 2 und 3 EMRK behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Entscheidung beantragt. Der Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin habe sich seit ihrer Einreise sehr verschlechtert und habe ihr mittlerweile auch eine Niere entfernt werden müssen. Der Asylgerichtshof habe keinerlei Erhebungen dazu vorgenommen und sei die Beschwerdeführerin durch die Entscheidung völlig überrascht worden.

Die Tochter der Beschwerdeführerin stellte am 12.01.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz im österreichischen Bundesgebiet.

In dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 20.01.2015 wurde ausgesprochen, dass die Beschwerdeführerin durch die angefochtene Entscheidung in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander und auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß Art 47 Abs 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verletzt worden sei. Die Entscheidung des Asylgerichtshofes wurde aufgehoben. Begründend wurde im Wesentlichen festgehalten, dass es der Asylgerichtshof trotz aktenkundiger Hinweise auf die progrediente Nierenerkrankung der Beschwerdeführerin, die in die gutachterliche Prognose gemündet habe, dass die Beschwerdeführerin früher oder später dialysepflichtig werde, verabsäumt habe, sich - im Hinblick auf den mittlerweile verstrichenen Zeitraum von rund fünfzehn Monaten nach der erstinstanzlichen Befundung und Begutachtung - ein Bild über den aktuellen Leidenszustand der Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt seiner Entscheidung über die Beschwerde zu verschaffen. Es sei daher ungeprüft geblieben, ob der Beschwerdeführerin infolge ihres Gesundheitszustandes für den Fall der Ausweisung eine Verletzung in durch Art 3 EMRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten gedroht habe. Der Asylgerichtshof hätte eine mündliche Verhandlung durchzuführen gehabt.

Am 18.08.2015 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Beschwerdeverhandlung statt, im Zuge derer die Beschwerdeführerin zunächst ausführte, ihre Geburtsurkunde, die sie sich habe schicken lassen, bereits dem Anwalt der Volkshilfe gezeigt habe. Einen Reisepass und einen Personalausweis habe sie nie gehabt. Die Geburtsurkunde sei aus dem Jahr 2011. Die Frage, ob sie überhaupt keine alten Dokumente habe, verneinte die Beschwerdeführerin; diese Dokumente seien mit der Hand geschrieben. Sie habe auf Basis der Geburtsurkunde einen Reisepass ausstellen lassen wollen, habe aber ihren Geburtsort ändern müssen; warum wisse sie nicht. Nachgefragt, weshalb sie überhaupt einen neuen Reisepass benötige, brachte die Beschwerdeführerin vor, früher in der Türkei gearbeitet zu haben und wieder in die Türkei gehen und dort habe arbeiten wollen. Damit konfrontiert, dass es seltsam sei, wenn man ausreise und das Haus verkaufe, also nicht von heute auf morgen ausreise, jedoch überhaupt keine Dokumente mitnehme, noch dazu wenn man vorhabe, im Ausland zu bleiben, gab die Beschwerdeführerin an, das Haus nicht vor der Ausreise verkauft zu haben, sondern um Behandlungskosten zu decken. Sie habe eine Erbkrankheit; konkret habe sie Zysten in der Niere, das sei vererblich. Sie habe im Heimatland immer wieder Kontrollen gehabt. Als sie nach Österreich gekommen sei, habe sie aufgrund des Stresses Nierenschmerzen bekommen und sei ihr im September 2012 eine Niere entfernt worden. Nach drei Monaten sei sie zur Dialysepatientin geworden und sei ihr vergangenes Jahr im Oktober die Niere ersetzt worden. Sie nehme diesbezüglich Medikamente ein. Dazu aufgefordert zu erzählen, weshalb sie, außer wegen ihrer Krankheit, Georgien verlassen habe, gab sie an, dass die gesundheitlichen Probleme der Hauptgrund für sie seien. In Georgien könnten keine Transplantationen durchgeführt werden und sei daher auch keine Nachbehandlung möglich. Die Medikamente, die die Beschwerdeführerin derzeit einnehme, seien in Georgien nicht bekannt und würden Patienten mit ähnlichen Problemen nach Deutschland geschickt werden. Auf die Frage, wo sich ihr Lebensgefährte befinde, brachte sie vor, dass dieser immer noch in RUSTAVI sei. Damals, als sie ausgereist sei, habe dieser ebenfalls mitkommen wollen, sei dann jedoch an der Grenze zu Weißrussland festgenommen und abgeschoben worden. Er habe ein fünfjähriges Einreiseverbot bekommen. Ihre Rückkehr in das Heimatland würde den Tod bedeuten, zumal sie eine Pension in der Höhe von 170 Lari bekommen würde, was ungefähr 60 bis 70 Euro pro Monate seien. Damit könne sie nur den Arzt konsultieren, sich jedoch keine Medikamente leisten. Auf die Frage, was der Grund für die Ausreise gewesen sei, brachte die Zweitbeschwerdeführerin vor, dass sie damals politische Probleme gehabt habe, diese jedoch jetzt nicht mehr existieren würden. Zurzeit sei ihre Gesundheit das Problem. Bezüglich ihres Gesundheitszustandes brachte die Beschwerdeführerin vor, relativ gut Deutsch zu sprechen. Sie habe Deutschkurse besucht, habe jedoch keine Zeugnisse. Zusammen mit der heute anwesenden Vertrauensperson habe sie Veranstaltungen organisiert und in Flüchtlingsheimen als Dolmetscherin fungiert. Die Tochter der Beschwerdeführerin habe ihr in dieser schwierigen Zeit sehr geholfen.

Im Anschluss an die mündliche Beschwerdeverhandlung erfolgte eine Anfrage an die Staatendokumentation betreffend den Therapiemöglichkeiten nach Nierentransplantation.

Aus der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 15.09.2015 geht kurz zusammengefasst hervor, dass sowohl die postoperative ärztliche Betreuung als auch medikamentöse Therapie durch die nötigen Präparate in Georgien gewährleistet sind.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen

1. Feststellungen

Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige von Georgien. Ihre Identität steht nicht fest.

Die Beschwerdeführerin stellte am 05.06.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Vor ihrer Ausreise lebte die Beschwerdeführerin in Rustavi, Georgien.

Die Beschwerdeführerin hat keine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft gemacht.

Nicht festgestellt werden konnte, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Georgien eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder 13 zur Konvention bedeuten würde oder für die Beschwerdeführerin als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde.

Die Beschwerdeführerin leidet an einer polyzystischen Nierenerkrankung und nimmt derzeit Medikamente ein.

Sowohl eine postoperative ärztliche Betreuung als auch eine medikamentöse Therapie der Beschwerdeführerin sind im Herkunftsland möglich.

Es befinden sich zahlreiche Verwandte sowie der Lebensgefährte der Beschwerdeführerin nach wie vor im Herkunftsland.

Die Beschwerdeführerin verfügt über eine gesicherte Existenzgrundlage.

Die Tochter der Beschwerdeführerin stellte am 12.01.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz im österreichischen Bundesgebiet. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Erkenntnis vom heutigen Tag die zur Geschäftszahl W196 2007464 protokollierte Beschwerde der XXXX gegen den sie betreffenden abweisenden Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin verbrachte den Großteil ihres Lebens im Herkunftsstaat. Der familiäre und berufliche Lebensmittelpunkt der Beschwerdeführerin befand sich bis zur Ausreise im Jahr 2011 in Georgien.

Die Beschwerdeführerin ist strafgerichtlich unbescholten.

Es konnten keine Anhaltspunkte, welche für die Annahme einer hinreichenden Integration der Beschwerdeführerin in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht sprechen, festgestellt werden.

Zur Situation in Georgien wird festgestellt:

1. Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

Keine aktuellen Kurzinformationen vorhanden.

Politische Lage

In Georgien leben rund 4,94 Mio. Menschen (Juli 2014) auf 69.700 km² (CIA 7.2014).

Georgien (georgisch: Sakartwelo) ist eine demokratische Republik. Das politische System hat sich durch die Verfassungsreform 2013 von einer semi-präsidentiellen zu einer parlamentarischen Demokratie gewandelt, (AA 9.3.2015a, vgl. auch: WZ 21.10.2013).

Staatspräsident ist Giorgi Margwelaschwili (angelobt am 17.11.2013) (RFE/RL 17.11.2013). Regierungschef ist Premierminister Irakli Garibaschwili (seit 18.11.2013). Beide gehören der Partei "Georgischer Traum" an (RFE/RL 18.11.2013).

Georgien besitzt ein Einkammerparlament mit 150 Sitzen, das durch eine Kombination aus Verhältnis- und Mehrheitswahlrecht für vier Jahre gewählt wird. Die letzte Parlamentswahl fand am 1.10.2012, die letzte Präsidentschaftswahl am 27.10.2013 statt (IFES 9.3.2015a, IFES 9.3.2015b). Die Parlamentswahlen vom 1.10.2012 gewann das aus sechs Parteien bestehende Wahlbündnis "Georgischer Traum" mit klarer Mehrheit. Internationale Wahlbeobachter von OSZE, Europarat, NATO und Europäischem Parlament bewerteten die Wahlen als wichtigen Schritt hin zur Festigung der Demokratie, auch wenn einzelne Bereiche, wie z.B. die ungleiche Größe der Wahldistrikte, noch verbesserungsbedürftig seien. Die Wahlen seien kompetitiv verlaufen. Kritik fand das polarisierte Wahlumfeld mit harscher Rhetorik und vereinzelten Fällen von Gewalt sowie Fällen von Einschüchterung, überwiegend der Opposition (AA 9.3.2015b, vgl. auch OSCE 21.12.2012). Ursprünglich schafften nur zwei der angetretenen Listen den Sprung ins georgische Parlament: Das Parteienbündis "Bidzina Ivanishvili - Georgische Traum" mit 85 Mandaten und die vormalige Regierungspartei "Vereinte Nationale Bewegung" mit 65 Sitzen (CEC o. D.a.).

Bei der Präsidentschaftswahl im Oktober 2013 konnte sich der Kandidat von "Georgischer Traum", Georgi Margwelaschwili, mit klarer Mehrheit bereits im ersten Wahldurchgang gegen den Wunschkandidaten des amtierenden Präsidenten Michail Saakaschwili (Vereinte Nationale Bewegung), durchsetzen. Saakaschwili, zuletzt umstritten, durfte nach zwei Amtszeiten laut Verfassung nicht mehr zur Wahl antreten. Diese Wahl brachte den ersten demokratischen Machtwechsel an der georgischen Staatsspitze seit dem Zerfall der Sowjetunion. Der neue Präsident wird in der Ex-Sowjetrepublik künftig nur eine repräsentative Rolle spielen. Eine Verfassungsänderung überträgt die wichtigsten Machtbefugnisse auf das Amt des Regierungschefs (FAZ 27.10.2013).

Nach dem Ausscheiden der Partei "Freie Demokraten" des entlassenen Verteidigungsminister Alasania aus der Regierungskoalition "Georgischer Traum" Anfang November 2014 fehlten der Regierungskoalition einige Sitze auf die einfache Mehrheit im Parlament. Unmittelbar danach wechselten einige Abgeordnete anderer Fraktionen zum Georgischen Traum, was immer noch knapp nicht für die einfache Mehrheit reichte. Daraufhin traten 12 freie Abgeordnete, die vorher bereits immer mit der Regierung gestimmt hatten, formell dem Georgischen Traum bei, sodass diese nun mit 87 Sitzen über vier Sitze mehr verfügt, als vor der Krise. Die neu hinzugekommenen Abgeordneten bilden innerhalb der Regierungskoalition "Georgischer Traum" zwei gleich starke neue Koalitionsparteien. Somit umfasst die Regierungskoalition "Georgischer Traum" nunmehr sieben Koalitionsparteien. Von der Verfassungsmehrheit (113 Sitze) ist die Koalition aber weit entfernt. Die Freien Demokraten befinden sich nun in der Opposition und bilden neben der Partei "Vereinte Nationale Bewegung" von Ex-Präsident Michail Saakaschwili nunmehr die zweite Oppositionspartei. Die neue Sitzverteilung des georgischen Parlaments lautet somit: 87 Sitze für die Regierungskoalition "Georgischer Traum", 51 Sitze für die "Vereinte Nationale Bewegung", acht Sitze für die "Freien Demokraten" sowie vier unabhängige Mandatare (Civil.ge 10.11.2014).

Die Regierungspartei "Georgischer Traum" sicherte sich infolge eines überwältigenden Sieges bei den Gemeinderatswahlen im Sommer 2014 die Kontrolle über die lokalen Selbstverwaltungskörperschaften. Medien und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) berichteten, dass es im Vorwahlkampf angeblich Druck auf oppositionelle Kandidaten gab, ihre Kandidatur zurückzuziehen. Überdies sei es zu Störungen von Versammlungen der Opposition und zu etlichen Vorfällen von Gewalt gegen Wahlaktivisten gekommen. Obschon diese den Behörden bekannt waren, blieb eine amtliche Verfolgung aus. Laut der lokalen Wahlbeobachtungsgruppe ISFED wurden nach den Wahlen in der Hauptstadt Tiflis 155 städtische Angestellte entlassen oder hätten unter Druck gekündigt. Dies erweckte Befürchtungen, es sei aus politischen Motiven geschehen (HRW 29.1.2015).

Am 27. Juni 2014 unterzeichneten die EU und Georgien ein Assoziierungsabkommen. Das Abkommen soll Georgien in den Binnenmarkt integrieren, wobei die Prioritäten in der Zusammenarbeit in Bereichen wie Außen- und Sicherheitspolitik sowie Justiz und Sicherheit liegen. Russland sah sich hierdurch veranlasst, seinen Druck auf die Regierung in Tiflis zu erhöhen. Am 24. November 2014 unterzeichneten Russland und das abtrünnige georgische Gebiet Abchasien eine Vereinbarung über eine "strategische Partnerschaft", mit der Moskau seine militärische und wirtschaftliche Kontrolle in Abchasien erheblich ausweitete. Führende westliche Politiker, darunter die Außenbeauftragte der Europäischen Union Federica Mogherini, kritisierten diesen Schritt als Verletzung der Souveränität und territorialen Integrität Georgiens. Während die georgische Regierung die vermeintliche Reaktion Russlands auf das Assoziierungsabkommen als "weiteren Schritt zur Annexion" verurteilte, erachtete Georgiens Opposition die Vereinbarung als Beleg für das Scheitern der Bemühungen der Regierung, Russland etwas entgegenzusetzen (EP 5.12.2014).

Quellen:

2. Sicherheitslage

Die Lage in Georgien ist - mit Ausnahme der Konfliktgebiete Abchasien und Südossetien - insgesamt ruhig. Beide genannte Gebiete befinden sich nicht unter der Kontrolle der Regierung in Tiflis. In den Gebieten und an ihren Verwaltungsgrenzen sind russische Truppen stationiert (AA 9.3.2015).

Im Zuge der Auflösung der UdSSR erhöhten sich die Spannungen innerhalb Georgiens in den Gebieten Abchasien und Südossetien, als der autonome Status der Provinzen von georgischen Nationalisten in Frage gestellt wurde. Nach der georgischen Unabhängigkeit führten heftige Auseinandersetzungen mit der Zentralregierung 1992 zu Unabhängigkeitserklärungen Südossetiens und Abchasiens, die aber von der internationalen Gemeinschaft nicht anerkannt wurden. Der Konflikt um Südossetien wurde durch den Waffenstillstand von Sotschi 1992 vorübergehend befriedet; die OSZE erhielt ein Beobachtungsmandat. Seit 1994 galt ein insgesamt eingehaltener, im Moskauer Abkommen festgeschriebener Waffenstillstand, überwacht durch eine Beobachtergruppe der Vereinten Nationen (UNOMIG) in Zusammenarbeit mit einer GUS-Friedenstruppe. In Abchasien und Südossetien waren seither russische Truppen als sogenannte friedenserhaltende Kontingente präsent. Der Einfluss des nördlichen Nachbarlandes wuchs kontinuierlich, unter anderem durch Ausgabe russischer Pässe an die abchasische und südossetische Bevölkerung. Nach zahlreichen blutigen Zwischenfällen und Provokationen aller Seiten eskalierte der Konflikt um Südossetien am 7. August 2008 nach einem Vorstoß georgischer Truppen in die südossetische Hauptstadt Zchinwali zu einem georgisch-russischen Krieg, der nach fünf Tagen durch einen von der EU vermittelten Waffenstillstand beendet wurde. Am 26. August 2008 erkannte Russland Abchasien und Südossetien, einseitig und unter Verletzung des völkerrechtlichen Prinzips der territorialen Integrität Georgiens, als unabhängige Staaten an und schloss wenig später mit diesen Freundschaftsverträge ab, die auch die Stationierung russischer Truppen in den Gebieten vorsehen. Infolge des Krieges wurden nach Schätzungen internationaler Hilfsorganisationen bis zu 138.000 Personen vorübergehend zu Vertriebenen und Flüchtlingen. Etwa 30.000 Georgier aus Südossetien konnten bis heute nicht in ihre Heimat zurückkehren. Die zivile EU-Beobachtermission EUMM nahm Anfang Oktober 2008 in Georgien ihre Arbeit auf. Das OSZE-Mandat lief Ende 2008 aus, UNOMIG endete im Juni 2009. EUMM ist damit die einzige verbliebene internationale Präsenz zur Stabilisierung in Georgien (AA 9.3.2015).

Der Rat der Europäischen Union verlängerte im Dezember 2014 das Mandat der EU-Beobachtermission EUMM für weitere zwei Jahre, bis Dezember 2016. Im Einklang mit dem russisch-georgischen Sechs-Punkte-Programm vom August 2008 soll die EUMM auch weiterhin die Stabilisierung und Normalisierung der Lage vor Ort unterstützen (EU-Council 16.12.2014).

Ein wichtiges diplomatisches Instrument zur De-Eskalierung des Konflikts sind die sogenannten "Geneva International Discussions - GID" (Genfer Internationale Gespräche). Diese finden seit 2008 unter Beteiligung der involvierten Konfliktparteien unter dem gemeinsamen Vorsitz von Vertretern der Vereinten Nationen, der Europäischen Union und der OSZE statt. Aus den Genfer Gesprächen resultierte der "Incident Prevention and Response Mechanism (IPRM)" sowie die Involvierung der EUMM, sodass die lokalen Sicherheitsbehörden der Konfliktparteien vor Ort in Kontakt treten können bzw. ihnen die Möglichkeit zum Dialog eröffnet wird. In einer Stellungnahme vom November 2014 beklagten die drei Ko-Vorsitzenden (UNO, EU, OSZE) die zunehmende Einschränkung der Bewegungsfreiheit hinsichtlich der Passierbarkeit der "Administrative Boundary Lines". Überdies betonten diese die Notwendigkeit erneuter Bemühungen seitens der Konfliktparteien humanitäre Probleme anzugehen, insbesondere die Lage der intern Vertriebenen (IDPs), der Flüchtlinge sowie der vermissten Personen (OSCE 6.11.2014).

Die de facto-Machthaber in Abchasien und Südossetien erlauben lediglich dem Internationalen Roten Kreuz eingeschränkte Tätigkeit in der Region. Deshalb gibt es nur wenige Informationen über die Menschenrechtslage in Abchasien und Südossetien und es bleiben viele Missbrauchsvorwürfe bestehen (USDOS 27.2.2014).

Die Hohe Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte, Navi Pillay, bestätigte 2014 die prekäre Situation während eines Besuches in Georgien. Trotz wiederholter Bemühungen sei dem UNO-Hochkommissariat die Einreise nach Abchasien und Südossetien stets verwehrt worden. Während im begrenzten Ausmaß Übertritte von und nach Abchasien auch für einige UNO-Agenturen möglich seien, besonders in den Bezirk Gali, sei Südossetien zu einem der unerreichbarsten Orte der Erde geworden. Nur das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (ICRC) habe Zugang. Infolgedessen wisse man nur wenig, was innerhalb Südossetiens vorginge. Pillay besuchte auch das Dorf Khurwaleti an der administrativen Grenze, wo die örtliche Bevölkerung durch einen Stacheldrahtzaun, errichtet von den russischen Truppen, getrennt wurde, unter der gegebenen Situation leidet. Pillay versicherte an die russischen Behörden zu appellieren und sich um den Schutz der Menschenrechte zu kümmern (Civil.ge 22.5.2014, vgl. auch UN 21.5.2014).

Quellen:

2.1. Regionale Problemzone: Abchasien

Die Autonome Republik Abchasien in Nordwest-Georgien gehört völkerrechtlich zu Georgien, steht seit 1993 aber nicht mehr unter der Kontrolle der georgischen Regierung. Die Sicherheitslage in diesem Landesteil ist seitdem prekär. Es kommt zu Zwischenfällen, auch krimineller Natur. In einigen Teilen der Region liegen teils nicht gekennzeichnete Minenfelder. Abchasien ist für den internationalen Reiseverkehr gesperrt. Eine legale Ein- und Ausreise in bzw. aus dem Gebiet heraus ist gemäß dem georgischen "Gesetz über die besetzten Gebiete" über die russisch-georgische Grenze in Abchasien nicht möglich. Ein Zuwiderhandeln in diesem Fall, aber auch wirtschaftliche Aktivitäten, und der Erwerb von Immobilien in Abchasien können von den georgischen Behörden mit Haftstrafen bis zu fünf Jahren geahndet werden (AA 9.3.2015).

Abchasien erstreckt sich auf einer Fläche von rund 8.600 Quadratkilometern. Nach offiziellen Angaben beträgt die Einwohnerzahl 240.000. Beobachter vor Ort rechnen mit maximal 190.000 Einwohnern (NZZ 31.5.2014).

Das Rote Kreuz schätzt die Opferzahl der kriegerischen Auseinandersetzungen der neunziger Jahre auf 10.000 bis 15.000. Andere Quellen führen bis zu 30.000 Tote an. Von den 200.000 geflüchteten ethnischen Georgiern, sind zwischen 40.000 und 60.000 zurückgekehrt, insbesondere in die Region Gali. Laut einer Volkszählung aus dem Jahr 2011 machen Georgier rund 19% der Einwohner Abchasiens aus (FP 26.8.2014).

Viele Abchasen besitzen einen russischen Pass. Nur nach Russland und in die Türkei können sie ohne erheblichen administrativen Aufwand reisen. Die politische, wirtschaftliche und militärische Schutzmacht Russland begleicht laut westlichen NGOs bis zu drei Vierteln des abchasischen Haushalts (NZZ 31.5.2014).

Die Unabhängigkeit von Abchasien wird nur von Russland, Venezuela, Nicaragua und dem Pazifikstaat Nauru anerkannt, nachdem zwei andere pazifische Inselstaaten ihre vormalige Anerkennung zurückgezogen haben (RFE/RL 31.3.2014).

Moskau hat seit 2008 mindestens 465 Mio. US-Dollar in den Erhalt und Ausbau der militärischen Infrastruktur investiert. Laut russischer offizieller Stellen umfasst das in Abchasien stationierte Militär- und Sicherheitspersonal 5.000 Personen. Nach der "Verfassung" von 1999 ist Abchasien eine Präsidialrepublik. Nur ethnische Abchasen können Präsident werden. Die 35 Parlamentssitze werden für fünf Jahre gewählt. Jene über 200.000 ethnischen Georgier, welche im Zuge der Kriegshandlungen 1992-93 flüchteten, sind von den abchasischen Wahlen ausgeschlossen. Im März 2012 wurden "Parlamentswahlen" in Abchasien abgehalten. Die Wahlen markierten einen Wechsel hin zu unabhängigen Kandidaten, die 28 von 35 Parlamentssitzen errangen. Keine der Wahlen in der Separatistenrepublik wurde international anerkannt (FH 23.1.2014).

Nach Massenprotesten und einer deklarativen Absetzung durch das abchasische Parlament trat Ende Mai 2014 Alexander Ankwab als Präsident des Landes zurück. Kritiker warfen Ankwab zunehmend autoritäres Gebaren vor. Er hätte selbstherrlich über die Moskauer Subventionen verfügt und diese statt für die Realwirtschaft für Prestigeprojekte verwendet oder geradewegs in die eigene Tasche abgezweigt. Auch die Aussöhnung zwischen Abchasen und ethnischen Georgiern hätte er vernachlässigt. Kritik musste sich auch Russland gefallen lassen, das allerdings an Ankwab nicht festzuhalten schien. Teile der politischen Opposition forderten, dass das Verhältnis zu Russland neu definiert werden müsse. Denn die Abhängigkeit von Russland berge Gefahren (NZZ 1.6.2014).

Am 24.8.2014 gewann der Oppositionspolitiker und ehemalige KGB-Offizier Raul Chadschimba bereits im ersten Wahlgang die vorgezogenen Präsidentschaftswahl in Abchasien. Chadschimba war Anführer der Protestbewegung, die den amtierenden Präsidenten Alexander Ankwab drei Monate zuvor zu Fall brachte. Größte Herausforderung auch für Chadschimba bleibt die Verbesserung der sozialen und wirtschaftlichen Lage (NZZ 24.8.2014). Von den Präsidentschaftswahlen ausgeschlossen blieben schätzungsweise 22.000 ethnische Georgier, die nach Abchasien zurückkehrten. Ihnen wurde das Wahlrecht mit dem Argument entzogen, sie hätten ihre abchasischen Pässe illegal erworben (FP 26.8.2014).

Am 24. November 2014 unterzeichneten Russland und Abchasien in Sotschi ein Abkommen über "Verbündetenbeziehungen und strategische Partnerschaft". Dieses betrachtet künftig einen bewaffneten Angriff auf Abchasien als Angriff auf Russland und vice-versa. Weiters verpflichtet es Russland, sich für die internationale Anerkennung Abchasiens stark zu machen. Obgleich offiziell von gleichwertigen Beziehungen zweier souveräner Staaten gesprochen wird, gibt es in Abchasien kritische Stimmen, wonach Moskau damit zu viel Kontrolle über Abchasien zugestanden wurde. Anlässlich der Unterzeichnung sagte Russlands Präsident Putin eine Verdoppelung der Finanzhilfe für Suchumi zu (RFE/RL 24.11.2014).

2013 inhaftierten die abchasischen Behörden weiterhin viele Personen, die die "Grenze" illegal überquert haben sollen. Russische Grenzwächter entlang der Verwaltungsgrenze zwischen Abchasien und Georgien setzen normalerweise die Regeln der abchasischen Machthaber so um, dass sie Strafen kassieren und die Inhaftierten dann freilassen.

Es gab Berichte über willkürliche Verhaftungen von Georgiern in den abtrünnigen Gebieten. Ihnen wurden die Gründe für die Haft nicht mittgeteilt und sie wurden auch keinem Ankläger vorgeführt. Menschenrechtsgruppen zufolge inhaftieren die de facto-Machthaber willkürlich Georgier, um Gefangenenaustäusche mit Georgien zu verhandeln. Das abchasische Rechtssystem verbietet es Georgiern, die während oder nach dem Krieg 1992-93 geflohen sind, ihr Eigentum einzufordern, was einer Enteignung gleichkommt (USDOS 27.2.2014).

Quellen:

https://www.ecoi.net/local_link/270713/400796_de.html , Zugriff 5.2.2015

2.2. Regionale Problemzone: Südossetien

Südossetien hat ca. 70.000 Einwohner und ist eine hauptsächlich landwirtschaftlich geprägte Gegend, trotzdem müssen praktisch alle benötigten Nahrungsmittel importiert werden. Die offizielle Arbeitslosigkeit liegt bei 15% und es gibt im gesamten Gebiet kein einziges funktionierendes Industrieunternehmen. Die meisten Mitglieder der Intelligentsia und die jüngere Generation haben die Region Richtung Russland verlassen (RFE/RL 28.1.2014).

Die politische Legitimität nach innen ist schwach. Ungleichheit und Korruption sind gestiegen. Schätzungen besagen, dass seit 2008 27 Milliarden Rubel an Hilfsleistungen verschwunden sind. Die lokale Wirtschaft ist nicht im Stande Arbeitsplätze und eine angemessene Ausbildung bereitzustellen bzw. der Massenarmut Herr zu werden (OD 10.6.2014).

Das Gebiet Südossetien gehört völkerrechtlich zu Georgien, steht seit 1993 aber nicht mehr unter dem Einfluss der georgischen Regierung. Die Lage in Südossetien ist weiterhin prekär und unübersichtlich. Trotz der Bemühungen zur Umsetzung des Waffenstillstandes nach dem Krieg 2008 kommt es insbesondere in der Umgebung der Verwaltungsgrenzen von Südossetien noch zu bewaffneten Zwischenfällen. Es besteht in diesem Gebiet auch weiterhin eine erhöhte Gefahr durch Minen und nicht explodierte Munition, da es während des Krieges von Kampfhandlungen betroffen war. Südossetien ist für den internationalen Reiseverkehr gesperrt. Eine legale Ein- und Ausreise in bzw. aus dem Gebiet heraus (Roki-Tunnel) ist über die russisch-georgische Grenze nicht möglich (AA 9.3.2015).

Im Juni 2014 wurden Parlamentwahlen abgehalten, die von Georgien, der EU und den USA nicht anerkannt wurden. Gewinnerin war die prorussische Partei "Geeintes Ossetien" (Jedinaja Ossetija) mit 43% bzw. 20 der 34 Abgeordnetensitze. Nebst "Geeintes Ossetien", das sich für die Vereinigung mit Nordossetien einsetzt und nach dem Vorbild der Krim einen Anschluss an Russland anstrebt, haben noch die Partei "Einheit des Volkes" (Jedinstwo Naroda), die "Volkspartei" (Norodnaja Partija) und die Partei "Nykhas" die Sieben-Prozent-Hürde übersprungen (CN 9.6.2014, vgl. auch Standard 9.6.2014).

Der Entwurf zum strategischen Abkommens zwischen der Russischen Föderation und Südossetien löste Anfang 2015 kontroverse Diskussionen zwischen der südossetischen Regierung unter Präsident Leonid Tibilov und dem Parlament aus. Insbesondere der Vorsitzende der Mehrheitspartei "Geeintes Ossetien" und Parlamentssprecher Anatoli Bibilov warf der Regierung vor, die Möglichkeit eines Anschlusses Südossetiens an die Russische Föderation aus dem Vertragstext gestrichen zu haben. Bibilov forderte die Abhaltung eines Anschluss-Referendums (RFE/RL 23.1.2015).

2012 inhaftierten die südossetischen "Behörden" weiterhin viele Personen, die die "Grenze" illegal überquert haben sollen. Russische Grenzwächter übergaben diese regelmäßig an die de facto-Machthaber. Die meisten wurden binnen 5 Tagen entlassen, einige blieben aber wesentlich länger in Haft. Es gab Berichte über willkürliche Verhaftungen von Georgiern in den abtrünnigen Gebieten. Ihnen wurden die Gründe für die Haft nicht mittgeteilt und sie wurden auch keinem Ankläger vorgeführt. Menschenrechtsgruppen zufolge inhaftieren die de facto-Machthaber willkürlich Georgier um Gefangenenaustäusche mit Georgien zu verhandeln. Personen, die in Südossetien inhaftiert waren und später auf georgisches Territorium zurückkehrten, berichteten von Fällen von Misshandlungen und Missbrauch in südossetischen Haftanstalten. Diese beinhalteten Verbrennen mit Zigaretten und Schläge. Menschenrechtsbeobachter schätzen, dass die Hälfte der in Südossetien Inhaftierten irgendeine Form von Missbrauch erlebt. Angesichts des begrenzten Zugangs zu Südossetien sind derartige Berichte schwer zu überprüfen (USDOS 27.2.2014).

Laut dem südossetischen KGB-Grenzschutz gab es 2014 493 Fälle von illegalen Grenzübertritten. Unter den Festgenommenen seien 249 Bürger Südossetiens, 140 georgische, 75 russische sowie 29 Bürger anderer Staaten gewesen. In 228 Fällen wurden Bußgelder verhängt. 139 Bürger Georgiens wurden nach Zahlung einer Geldstrafe des Landes verwiesen (PEC 27.1.2015).

Quellen:

3. Rechtsschutz/Justizwesen

Georgien unternimmt Anstrengungen, sich bei der Rechtsreform und der Wahrung der Menschen- und Minderheitenrechte den Standards des Europarats anzupassen. 1996 wurde ein Verfassungsgericht eingerichtet, 1997 die Todesstrafe abgeschafft und 2007 die Abschaffung der Todesstrafe in der Verfassung verankert. In den Jahren seit der "Rosenrevolution" 2003/2004 hat Georgien anerkennenswerte Fortschritte bei der Polizeireform, dem erfolgreichen Kampf gegen die "Kleine Korruption" (Korruption im alltäglichen Umgang), der Reform der Steuergesetzgebung und der Verbesserung der Investitionsbedingungen erzielt. Im Rahmen der Justizreform wurde der Instanzenzug neu geregelt und eine radikale Verjüngung der Richterschaft durchgesetzt. Zweifel an der Unabhängigkeit der Justiz bleiben bestehen. Reformen im Justizbereich und Strafvollzug gehören zu den Prioritäten der im Oktober 2012 ins Amt gewählten neuen Regierung und zielen insbesondere auf die Entpolitisierung des Justizsektors, die Sicherstellung der Unabhängigkeit der Richter, des Gerichtswesens und der Strafverfolgungsbehörden sowie die Stärkung der Rechte von Opfern (AA 9.3.2015).

Verfassung und Gesetze garantieren eine unabhängige Justiz, aber die Einflussnahme von außen wie innen bleibt ein Problem. Verfassung und Gesetze garantieren einer Person, der aus Willkürakten, einschließlich Menschenrechtsverletzungen, Schaden entstanden ist, das Recht auf eine Zivilklage. Es gibt weiterhin Bedenken bezüglich der Qualität der Gerichtsurteile. Das Parlament verabschiedete Reformen, um die Unabhängigkeit der Justiz zu stärken. Dies gilt insbesondere für den Bereich der Verwaltungsjustiz. Der politische Machtwechsel im Zuge der Wahlen 2012 brachte eine Auswechslung der Staatsanwälte mit sich. Durch diesen Wechsel wurde die Aufsicht der Judikatur über die Exekutive strikter, besonders wenn es um Fälle geht, in die Beamte der vormaligen Saakashvili-Regierung involviert sind (USDOS 27.2.2014).

Nach dem Regierungswechsel 2012 nahm die Staatsanwaltschaft tausende Beschwerden entgegen, die sie in drei Kategorien unterteilte:

Verletzung von Eigentumsrechten, Folter und Misshandlungen sowie die missbräuchliche Anwendung von Prozessabsprachen. Daraufhin wurden Dutzende Fälle nach dem Strafgesetz initiiert, welche sich vor allem gegen ehemalige Offizielle richteten. Angesichts fehlender Bestimmungskriterien zur Verfolgung der Straffälle sowie des Eindrucks, dass überwiegend Beamte der vormaligen Regierungspartei "Vereinte Nationale Bewegung" betroffen waren, behauptete die Opposition, dass ihre Aktivisten aus politischen Gründen ins Visier genommen würden. Im Juli 2014 wurde Expräsident Micheil Saakaschwili für mehre Vergehen angeklagt, darunter Veruntreuung und Überschreitung der Amtsgewalt in mehreren Fällen. Über Saakaschwili, der im November 2013 in die USA emigrierte, wurde seitens des Gerichts die Untersuchungshaft in Abwesenheit verhängt. Georgien's internationale Partner, darunter die EU und die USA zeigten sich ob der Strafanzeigen gegen Saakaschwili besorgt. Sie drängten die Behörden, sich strikt an die Verfahrensvorschriften zu halten und zu gewährleisten, dass die Anklage frei von politischen Motiven ist (HRW 29.1.2015, vgl. auch UN-HRC 19.8.2014).

Im Mai 2013 wurde per Gesetzesänderung die Zusammensetzung des "Hohen Justizrates" neu bestimmt, einer Verfassungsinstitution, die das Justizsystem verwaltet. Die 15 Ratsmitglieder ernennen und entlassen unter anderem Richter und managen Reformen im Justizsystem. Der georgische Präsident verlor seine umfangreichen Rechte hinsichtlich der Ernennung der Mitglieder. Stattdessen werden acht Ratsmitglieder durch die Richterkonferenz, einer Selbstverwaltungskörperschaft aus neun Richtern, gewählt. Das Parlament wählt sechs Mitglieder, die jedoch nicht selbst Abgeordnete sein dürfen. Der Staatspräsident ernennt zwei Räte. Der Präsident des Obersten Gerichtshofes sitzt dem Gremium vor (zuvor war es der Staatspräsident gewesen). Dies wird als ein wesentlicher Schritt zur Befreiung des Hohen Justizrats von politischer Einflussnahme betrachtet (FH 12.6.2014, vgl. auch HCOJ 9.3.2015). Der Menschenrechtskommissar des Europarates Nils Muižnieks begrüßte 2014, dass der Hohe Justizrat damit gegenüber politischer Einflussnahme weniger verwundbar sei, empfahl aber weitere Verbesserungen in diesem Bereich (CoE-CommHR 12.5.2014).

Seit 2004 hat die Regierung die Ausgaben für die Justiz erhöht, was zu substantiellen Verbesserungen bei Gehältern, Infrastruktur und Personalausstattung führte. Trotz umgesetzter Reformen und einem Bekenntnis zum Modell der Europäischen Menschenrechtskonvention ist die Justiz bei Kriminalfällen weiterhin dem Einfluss der Staatsanwaltschaft und der Exekutive ausgesetzt, speziell wenn politische Interessen berührt werden. Waren früher Freisprüche in Kriminalfällen in Georgien sehr selten, was die große Lastigkeit der Justiz zugunsten der Staatsanwaltschaft demonstrierte, scheint sich eine Trendwende eingestellt zu haben. Seit 2013 gab es mehr Freisprüche in Fällen, die von der Staatsanwaltschaft eingeleitet wurden, als in früheren Jahren (FH 12.6.2014).

Der Menschenrechtskommissar des Europarates begrüßte 2014 die Reformen, welche auf die Liberalisierung der Strafjustiz, die Reduzierung der Anwendung der Untersuchungshaft und die Stärkung der Unabhängigkeit der Justiz abzielten. Allerdings seien weitere Anstrengungen nötig, das bestehende Ungleichgewicht zwischen Verteidigung und Strafverfolgungsbehörden anzugehen und hierbei die "Gleichheit der Waffen" in Gesetzgebung und Praxis zu stärken. Obgleich der Meinungsgleichklang zwischen Richtern und Staatsanwälten abgenommen habe, sei eine fortlaufende Wachsamkeit von Nöten, die Unabhängigkeit der Justiz zu wahren und zu stärken. Letztendlich sei auch die Effizienz und die Professionalität des Büros des Generalstaatsanwaltes als Schlüsselinstitution des Justizsystems zu stärken (CoE-CommHR 12.5.2014).

Transparency International Georgia (TIG) stellt aus seiner vierjährigen Beobachtung der Gerichte einige positive Entwicklungen fest: Die Erfolgsquote der Staatsanwaltschaft sank von 85% zu Beginn auf 53% am Ende der Beobachtungsperiode. Hinsichtlich der Offenheit und Transparenz von Prozessen gab es laut TIG merkbare Verbesserungen. Gerichtsverhandlungen dürfen nun akustisch und visuell aufgezeichnet und übertragen werden. Sie sind für die Medien zugänglich. Schlussendlich begännen Verhandlungen pünktlicher, d.h. zum tatsächlich angesetzten Termin. Nichtsdestoweniger wurden auch bedenkliche Trends ausgemacht, insbesondere wenn es sich um für die Öffentlichkeit wichtige Fälle handelte. Die Richter hätten hierbei nicht nur im Sinne der Staatsanwaltschaft entschieden, sondern auch die Verfahrensregeln zugunsten letzterer gebrochen. Am Beispiel des Stadtgerichtes von Tiflis zeigte sich auch, dass die Gerichte im Allgemeinen infolge einer zu geringen Anzahl an Richtern schwer das gestiegene Ausmaß an Fällen bewältigen können (TI-G 4.12.2014, vgl. auch OSCE 9.12.2014).

Im August 2014 äußerten sich die OSZE und der Europarat gemeinsam zur Strafprozessordnung in Georgien. Trotz Übereinstimmung mit internationalen Standards bestehe der Bedarf, einerseits das Risiko exzessiver Prozessabsprachen (plea-bargaining) sowie Ungleichgewichte bei den Verurteilungen zu reduzieren. Andererseits sollten die Rechte der Beschuldigten in der vorprozessualen Phase, während des Gerichtsprozesses sowie bei Prozessen in Abwesenheit gestärkt werden. Letztere sollten abgeschafft oder auf ein Minimum reduziert werden (OSCE/CoE 22.8.2014). Die Verwaltungshaft wurde 2014 von drei Monate auf 15 Tage verkürzt (HRW 29.1.2015).

Das System der Prozessabsprachen wurde insbesondere von der Hohen Kommissarin für Menschenrechte der Vereinten Nationen, Navi Pillay, kritisiert. Nebst der extrem hohen Zahl an Straffällen, die durch Prozessabsprachen gelöst werden, führe dieses System dazu, dass Unschuldige keine andere Option hätten außer der Bezahlung der seitens der Staatsanwaltschaft geforderten exorbitant hohen Strafen. Dies auch, weil die Richter in diesen Fällen nur minimal involviert seien. Den Betroffenen drohe von vornherein die Bestrafung, wenn deren Fall vor Gericht käme. Das System der Prozessabsprachen stelle somit eine Form der behördlich sanktionierten Erpressung dar, die dazu führe, dass Menschen ihr Heim oder ihr Geschäft verlören (UN 21.5.2014).

Der Sonderbeauftragte der Europäischen Union Thomas Hammarberg, verfasste im Sommer 2014 seinen abschließenden Bericht zur Justizreform in Georgien. Hammarberg stellte zwar eine Zunahme der Unabhängigkeit und Transparenz der Justiz sowie eine Verbesserung der Gerichtsurteile in ihrer Substanz fest, doch bliebe der Fortschritt im Gerichtswesen fragil. Deshalb gelte es die Regeln zur Richterernennung weiter zu verbessern. Die mangelnde Rechenschaftspflicht seitens der Staatsanwaltschaft bleibe ein Problem. Nach der Trennung des Büros der Staatsanwaltschaft vom Justizministerium mangle es an der Aufsicht über Leistungen der Staatsanwaltschaft, sodass die Beschädigung des Ansehens des gesamten Justizsystems drohe. Die Aufsicht über die Rechtsvollzugsorgane sei ein generelles Problem. Es bestünde in diesem Zusammenhang der Bedarf nach einem unabhängigen und effektiven Beschwerdesystem. Denn die gegenwärtige Beschwerdepraxis trüge zu Misstrauen in das System bei. Hinsichtlich der Beschwerden gegen den Staat wie beispielsweise im Falle von "unfreiwilliger" Verstaatlichung privater Immobilien (ca. 700 Fälle) oder Menschenrechtsverletzungen in der Vergangenheit sollte der Staat trotz finanzieller Bürden eine Strategie zur adäquaten Entschädigung aller Opfer schaffen (TH 9.7.2014).

Quellen:

4. Sicherheitsbehörden

Das georgische Innenministerium hat die primäre Verantwortung für die Polizei. Während die Sicherheitsbehörden generell als effektiv angesehen werden, gibt es Berichte über Fälle von Amtsmissbrauch, die straflos geblieben sind. Es gibt dokumentierte Fälle von übertriebener Gewaltanwendung. Das Büro des Ombudsmanns hat Fälle dokumentiert, bei denen die Anwendung von Polizeigewalt die erlaubte Grenze überschritt. Zudem leitete die Regierung Untersuchungen hinsichtlich Berichten von Polizeiübergriffen gegen Demonstranten ein. Während die Berichte über Folter in Gefängnissen 2013 markant zurückgingen, dokumentierten sowohl NGOs als auch der Ombudsmann etliche Fälle außerhalb des Strafvollzuges, in denen Polizisten Häftlinge misshandelten oder ihnen die Kontaktierung eines Anwalts verwehrten. NGOs, internationale Beobachter und der Ombudsmann kritisierten die Regierungen für die unzureichenden Untersuchungen bei angeblichen Fällen von übertriebener Anwendung von Polizeigewalt (USDOS 27.2.2014).

Trotz des Rückgangs von Folter und unmenschlicher Behandlung im Strafvollzug gäbe es laut der Georgischen Vereinigung Junger Juristen (GYLA - Georgian Young Lawyers' Association) weiterhin Probleme innerhalb des Systems. Wenn Insassen über angebliche Übergriffe durch das Gefängnispersonal berichteten, sei die Reaktion darauf sehr oft wirkungslos. 2014 wandten sich dutzende Personen an GYLA. Diese gaben an, die Polizei hätte sie physisch und verbal angegriffen. Überdies gäbe es Beweise, dass Waffen oder Drogen untergeschoben wurden, um bei den Betroffenen ein Geständnis der Straftat, die sie nicht begangen hatten, zu erzwingen (GYLA 10.12.2014).

Der Generalinspektionsdienst des Innenministeriums verhängte 2013 mehr Disziplinarstrafen (Rüge, Degradierung, Entlassung) gegen Sicherheitsbeamte als 2012. Während 2012 841 Strafen verhängt wurden, waren es 2013 1.686. 2013 wurden außerdem 18 (2012: 30) Beamte wegen verschiedener Verbrechen verhaftet. Das Büro des Generalstaatsanwalts führt alle Ermittlungen gegen Beamte wegen Folter- und Missbrauchsvorwürfen durch. Wenn jemand während einer Verhaftung Verletzungen erleidet, muss die Staatsanwaltschaft dies untersuchen. Sie muss allen Hinweisen auf polizeiliches Fehlverhalten nachgehen, auch anonym abgegebenen. Allerdings setzte das Büro des Generalstaatsanwalts in vielen Fällen seine Untersuchungen endlos fort, ohne zu einem Ergebnis zu kommen. Bei abgeschlossenen Fällen war oftmalig die Schlussfolgerung des Büros, dass die Polizeigewalt angemessen war oder ein Mangel an Beweisen herrschte, um gegen die Beamten strafrechtlich vorgehen zu können (USDOS 27.2.2014).

Anlässlich ihres Besuches in Georgien forderte die Hohe Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte, Navi Pillay, die Behörden dazu auf, einen unabhängigen Mechanismus zur Untersuchung von Anschuldigungen bezüglich Misshandlungen in Gefängnissen einzurichten. Im gleichen Sinne äußerte sich GYLA (Civil.ge 22.5.2014, vgl. auch GYLA 10.12.2014). Dies deckt sich mit der Empfehlung des Komitees für Menschenrechte der Vereinten Nationen vom August 2014. Dieses empfiehlt Georgien seine Pläne weiter zu verfolgen, ein unabhängiges und unparteiisches Organ einzurichten, welches die Anschuldigungen von Misshandlung, Folter und unmenschliche sowie entwürdigende Behandlung miteingeschlossen, durch die Polizei und andere Vollzugsbeamte untersucht (UN-HRC 19.8.2014).

NGOs berichten weiterhin, das die Polizei Durchsuchungen von Wohnungen ohne gerichtlichen Beschluss durchführe. Die Polizei erlange diesen erst im Nachhinein. Hierbei wüssten viele Bürger nicht, dass sie ein Recht auf Verschiebung der Durchsuchung um eine Stunde hätten, um eine dritte Partei als Zeuge herbeizurufen. Die georgische Polizeiakademie trainierte 2013 279 neue Polizisten. Menschenrechtstraining und die Rechtsgrundlage für Gewaltanwendung, Untersuchung von Hassverbrechen, Erkennen von Menschenhandel, Polizeiethik usw. waren Teil der Ausbildung. Spezielle Menschrechtstrainings in Kooperation mit internationalen Partnern wurden ebenfalls unternommen (USDOS 27.2.2014).

Quellen:

5. Folter und unmenschliche Behandlung

Verfassung und Gesetze verbieten derartige Praktiken. NGOs und internationale Beobachter berichteten, dass sich die Haftbedingungen verbessert, die Anzahl der Häftlinge deutlich abgenommen habe und es seit Ende 2012 zu weniger Fällen von Folter gekommen sei (USDOS 27.2.2014, vgl. auch UN 21.5.2014).

Als Folge der Veröffentlichung eines Gefängnis-Foltervideos im September 2012 setzten der Generalstaatsanwalt und das Justizministerium ihre Untersuchungen hinsichtlich der Misshandlung von Gefängnisinsassen fort. Die Staatsanwaltschaft schuf eine Spezialeinheit, um rund 2.000 diesbezügliche Bürgerbegehren zu behandeln. Die Staatsanwaltschaft erklärte, sie hätte durch ihre Untersuchungen festgestellt, dass es während der Saakaschwili-Regierung zu systematischen Folterungen und Misshandlungen in fast allen Gefängnissen des Landes gekommen sei. Als Reaktion auf die Foltervideos ließ die Regierung 46 Beamte des Strafvollzugs verhaften; 84 wurden entlassen und gegen 81 eine Untersuchung durchgeführt. Die 46 festgenommenen früheren Regierungsbeamten wurden u.a. wegen Folter, Erniedrigung und Misshandlung von Häftlingen sowie Vergewaltigung angeklagt. Hiervon verurteilte das Gericht bis Ende 2013 29 Personen. Zudem wurden noch 32 ehemalige Beamte des Innenministeriums wegen derselben Delikte angezeigt. Auf das Folter-Video reagierte auch der Ombudsmann, indem er ein System einführte, das es Vertretern der Zivilgesellschaft ermöglicht, Gefängnisse zu inspizieren. (USDOS 27.2.2014). Im Jänner 2014 wurden mehrere ehemalige Gefängnisbeamte zu neun Jahren Haft wegen Folter und sexuellen Missbrauchs, was durch Fahrlässigkeit zum Tode führte, sowie wegen Überschreitung der Amtsgewalt verurteilt (CoE-CommHR 12.5.2014).

Da viele der Anschuldigungen bezüglich der Misshandlung von Häftlingen sich auf die erste Zeit in Polizeigewahrsam beziehen, empfahl die Hohe Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte, Navi Pillay, eine rasche Anpassung des Gesetzes über die Zeugenbefragung, wodurch die Befragung fortan vor einem Richter geschähe anstatt in den der Öffentlichkeit unzugänglichen Polizeidienststellen oder im Büro des Staatsanwalts (UN 13.2.2015).

Das Komitee für Menschenrechte der Vereinten Nationen zeigte sich 2014 darüber besorgt, dass Beschuldigungen wegen Folter und unmenschlicher oder entwürdigender Behandlung nach Art.333 des Strafgesetzes (Überschreitung der Amtsgewalt) anstatt nach Artikel 1441 (Folter) und Artikel 1443 (unmenschliche oder entwürdigende Behandlung) verfolgt würden. Das Komitee empfiehlt nicht nur die Änderung dieser Rechtspraxis, sondern auch die Ausbildung von Spezialisten für die psychologische Rehabilitation von Folteropfern (UN-HRC 19.8.2014).

Quellen:

6. Korruption

Georgien hat die Zivil- und Strafrechtskonventionen über Korruption des Europarates sowie die UNO-Konvention gegen Korruption (UNCAC) ratifiziert. Die Regierung arbeitet daran, die Gesetzgebung auch forthin mit der UNO-Konvention zu harmonisieren. Georgiens Strafgesetzgebung sieht Straften wegen versuchter Korruption, aktiver und passiver Bestechung, Bestechung ausländischer Beamter, sowie Geldwäsche vor. Verurteilte werden hart bestraft. Georgien hat die OECD "Konvention über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr" aus dem Jahr 1999 bislang nicht unterzeichnet (BACP 2.2014a).

Basierend auf dem Gesetz über "Interessenskonflikt und Korruption im Öffentlichen Dienst" wurde der Anti-Korruptions-Rat errichtet. Dieser dient der Koordinierung der Anti-Korruptionsaktivitäten, der Aktualisierung und Kontrolle der Umsetzung der Ani-Korruptionsstrategie und des Aktionsplanes sowie der Kontrolle der Berichterstattung an internationale Organisationen. Überdies kann er Empfehlungen abgeben und Gesetzesinitiativen anregen. Dem Rat können neben Regierungsvertretern auch Mitglieder lokaler NGOs, Internationaler Organisationen sowie wissenschaftliche Experten angehören (IDFI 5.8.2014, vgl. auch CSB 1.7.2013).

Eine aggressive Umsetzung der Antikorruptionspolitik während der letzten vier Jahre hat die Korruption erfolgreich auf unteren Ebenen nahezu eliminiert, besonders im öffentlichen Dienst (FH 12.6.2014). Laut Umfrageergebnissen gaben weniger als vier Prozent an, im letzten Jahr (2013) Schmiergeld gezahlt zu haben, um eine öffentliche Dienstleistung in Anspruch nehmen zu können (USDOS 27.2.2014).

Transparancy International platzierte Georgien in seinem "Corruption Perceptions Index 2014" auf Rang 52 (wobei 100 "very clean" und 0 "highly corrupt" bedeutet) von 175 Ländern. Das ist eine Verschlechterung um drei Ränge verglichen mit 2013 (TI 2014).

Die Anti-Korruptions-Anstrengungen seitens der Regierung konzentrieren sich allerdings meistens auf die Korruption der unteren und mittleren, denn auf jene der höheren Ebene. Deshalb kämpft das Land immer noch mit Korruption und Veruntreuung an der Spitze (BACP 2.2014b).

Intransparenz bei den Besitzverhältnissen von Unternehmen und Medien verschleiert oft die Überlappungen von politischen und wirtschaftlichen Interessen. Der öffentliche Sektor bleibt allerdings verwundbar, was die politische Einflussnahme seitens der Regierung betrifft. - Im Zuge des Wahlsieges des Oppositionsbündnisses "Georgischer Traum" verließen 5.149 öffentlich Bedienstete ihren Arbeitsplatz. Davon kündigten 55% und 11% wurden entlassen. Angesichts der hohen Arbeitslosenrate kamen Zweifel auf, wonach Angestellte zur Kündigung gezwungen wurden. So wurden beispielsweise im Innenministerium 897 Personen entlassen, aber gleichzeitig 1.012 neu eingestellt. Seit März 2014 ist jedoch die Nötigung eines Belegschaftsmitgliedes zur Kündigung ein Straftatbestand, der mit bis zu zwei Jahren Gefängnis geahndet werden kann. Den Einstellungskriterien für öffentlich Bedienstete mangelt es weiterhin an Transparenz. Nach den Wahlen 2012 unterzogen sich lediglich vier Prozent der rund 6.500 neu Eingestellten einem kompetitiven Aufnahmeverfahren. Im Jänner 2014 führte etwa das Innenministerium eine zeitweilige Einstellungsregel ein, die die Ernennung oder Beförderung einer Person ohne professionelle Ausbildung oder adäquaten Test innerhalb des Ministeriums ermöglichte (FH 12.6.2014).

Im Verlaufe des Jahres 2013 wurden etliche ehemalige oder gegenwärtige Regierungsvertreter wegen Korruption angeklagt. Vano Merabischwili, Ex-Innenminister, Premierminister und Generalsekretär der Partei "Vereinte Nationale Bewegung" wurde wegen Wählerbestechung, Veruntreuung und Zweckentfremdung von Privateigentum festgenommen und angeklagt. Ebenso wurde der ehemalige Gesundheitsminister und Gouverneur von Kachetien, Zurab Tschiaberaschwili, wegen Verbindungen im Zusammenhang mit Wählerbestechung angeklagt (USDOS 27.2.2014).

Merabischwili wurde im Februar 2014 zu viereinhalb Jahren wegen der gewaltsamen Auflösung einer Demonstration im Mai 2011 in Tiflis verurteilt. Im gleichen Monat wurde er auch wegen Wählerbestechung und Verletzung von Eigentumsrechten in seiner Rolle als Regierungschef 2012 zu fünf Jahren verurteilt. Im Oktober 2014 wurde Merabischwili schlussendlich noch zu drei Jahren Gefängnis wegen Verschleierung in seiner Amtszeit als Innenminister im prominenten Mordfall Girgwliani aus dem Jahr 2006 verurteilt (Civil.ge 20.10.2014).

Quellen:

7. Nichtregierungsorganisationen (NGOs)

Heimische und internationale Menschenrechtsgruppen arbeiten in den meisten Fällen in Georgien ohne Einschränkung durch die Regierung. Sie untersuchen Menschenrechtsfälle und publizieren ihre Ergebnisse. Manche NGOs erfreuen sich einer engen Kooperation mit der Regierung, und Offizielle sind kooperativ und offen für deren Ansichten. Andere beschweren sich über ungenügenden Zugang zu Offiziellen und, dass ihre Ansichten ignoriert wurden oder gar über Fälle von Schikane (USDOS 27.2.2013).

Die neue georgische Regierung versprach die Zivilgesellschaft zu stärken, die in den Jahren nach der Rosenrevolution geschwächt worden war, da viele führende Aktivisten in die Saakaschwili Regierung wechselten. Im Verlauf der Jahre wurde die Finanzierung von Nicht-Regierungs-Organisationen (NGOs) vermehrt über den Staat abgewickelt. Dies führte zu einer starken finanziellen Abhängigkeit vieler Gruppen, als dass diese die Entscheidungsträger in Schlüsselfragen hätten gewinnen können. Die Regierung fokussierte sich darauf, die Macht zu zentralisieren. Der zivile Sektor fand sich im Entscheidungsfindungsprozess marginalisiert. Im Zuge der Parlamentswahlen von 2012 kam es zu einer Wiederbelebung der NGOs. Vertreter der Zivilgesellschaft wurden auch seitens der Regierung eingeladen, aktiv am Entwerfen des Gesetzes über die lokale Selbstverwaltung mitzuwirken, das im Dezember 2013 in Kraft trat (FH 12.6.2014).

Quellen:

8. Ombudsmann

Georgischer Ombudsmann ist zurzeit Utscha Nanuaschwili. Er ist seit Ende 2012 auf fünf Jahre vom georgischen Parlament gewählt. Er erfüllt gleichzeitig die Rolle als Nationaler Präventiver Mechanismus (NPM) im Sinne des Fakultativprotokolls zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe der Vereinten Nationen (PD 2014).

Der Ombudsmann wurde weiterhin von NGOs als die objektivste Menschenrechtsinstitution der Regierung betrachtet. Dieser hat ein Mandat, die Menschenrechte zu beobachten und Menschenrechtsverletzungen zu untersuchen. Er hat jedoch keine Kompetenz, Strafverfolgung oder andere rechtliche Aktionen anzustoßen. Er kann aber eine Vorgehensweise empfehlen, worauf die Regierung antworten muss. Das Büro des Ombudsmanns arbeitet generell ohne Einmischung der Regierung und wird als effektiv angesehen. Der Ombudsmann berichtet, dass die Regierung auf seine Anfragen und Empfehlungen oft nicht oder nur teilweise antwortet. Insbesondere komme das Innenministerium laut Ombudsmann nicht den Empfehlungen nach. Der Ombudsmann kann den Vollzugsbehörden unverbindliche Empfehlungen geben, bestimmte Menschenrechtsfälle zu untersuchen. Er muss einen Jahresbericht über die Menschenrechtssituation vorlegen und kann regelmäßige Berichte nach Gutdünken erstellen. Regierungsstellen müssen auf jegliches Informationsbegehren des Ombudsmanns binnen 10 Tagen antworten (USDOS 27.2.2014).

2014 konnte das Büro des Ombudsmannes eine personelle Verstärkung sowie seit April desselben Jahres die Errichtung einer analytischen Abteilung vermelden. Die Zahl der Anfragen stieg 2014 im Vergleich zu 2013 deutlich, besonders signifikant in den Regionalstellen (PD 16.12.2014).

In seinem Budgetbeschluss vom Dezember 2014 erhöhte das georgische Parlament die Mittel für die Ombudsmannstelle von 2,3 (2014) auf vier Millionen GEL (1,52 Millionen Euro) für das Jahr 2015 (Civil.ge 12.12.2014).

Quellen:

9. Wehrdienst

Gemäß dem Gesetz über den Wehrdienst müssen alle männlichen georgischen Bürger zwischen 18 und 27 Jahren, die für den Militärdienst registriert sind oder verpflichtet sind, sich zu registrieren, den Wehrdienst ableisten. Bestimmte Personengruppen werden vom Wehrdienst ausgenommen. Das Gesetz sieht auch Fälle von Aufschub des Dienstes vor (OSCE 16.4.2014).

Die Einberufung zum befristeten Wehrdienst erfolgt für 15 Monate. Eine weitere Fortsetzung des Militärdienstes nach Ableisten des obligatorischen Wehrdienstes ist durch den Wehrdienst auf Vertrag möglich. Für den befristeten Wehrdienst auf Vertrag sind in der Regel mindestens 3 Jahre vorgesehen. Die Wehrpflichtigen werden zweimal im Jahr - im Frühling und im Herbst - einberufen. Georgische Staatsbürger zwischen 18 und 27 Jahren, die militärisch registriert sind oder registriert werden sollen und kein Recht haben, die Einberufung zum Militärdienst zu verschieben oder vom Militärdienst befreit zu werden, unterliegen der Wehrpflicht. Die Militär-Registrierungskommission der Bürger entscheidet über die militärische Registrierung der Bürger und stellt seine Tauglichkeit für den Militärdienst fest. Der Bürger ist verpflichtet bezüglich der militärischen Registrierung in den entsprechenden Dienst der lokalen Selbstverwaltungsbehörde auf Vorladung des Vorsitzenden der Kommune, bzw. in Tiflis auf Vorladung des Vorsitzenden des Bezirks zu erscheinen, wo er seinen ständigen (mehr als 3 Monate) oder zeitweiligen Wohnort hat. Es ist nicht möglich, sich vom obligatorischen Wehrdienst freizukaufen. Zum Nachweis, dass eine Person den obligatorischen Wehrdienst abgeleistet hat, erhält diese die entsprechenden Dokumente; aufgrund dieser Dokumente wird die Person nach dem Wohnsitz bei dem entsprechenden Dienst der lokalen Selbstverwaltungsbehörde registriert. Die Zeit des Militärdienstes wird der gesamten Dienst- und/oder Arbeitszeit angerechnet. Die Reserve der Militärkräfte wird bei Mobilisierung, im Kriegs-, und/oder Ausnahmezustand, sowie bei anderen sicherheitsrelevanten Umständen zur Unterstützung der Militärkräfte gebildet.

Vom Militärdienst ausgenommen ist:

a) eine Person, die aufgrund ihres Gesundheitszustandes für den Militärdienst für untauglich erklärt wird;

b) eine Person, die den Militärdienst in anderen staatlichen Militärkräften geleistet hat;

c) eine Person, die wegen schweren oder besonders schweren Verbrechen des Strafrechtes verurteilt ist;

d) eine Person, die nicht-militärische, alternative Arbeit leistet;

e) Doktoratsstudenten;

f) eine Person, der ein wissenschaftlicher Grad verliehen wurde und die pädagogische oder wissenschaftliche Arbeit leistet;

g) Der einzige Sohn in einer Familie, von der mindestens ein Angehöriger in den Kämpfen für die territoriale Einheit Georgiens oder während des Militärdienstes gestorben ist.

Der Präsident Georgiens hat zudem das Recht, besonders begabte Männer vom Grundwehrdienst zu befreien (VB 25.2.2015).

Anfang 2012 wurde der Wehrdienst von 12 auf 15 Monate verlängert, um bereits im April 2013 wieder auf 12 Monate reduziert zu werden. Anlässlich der Gesetzesänderung meinte der Verteidigungsminister, dass Georgien beginnen sollte, die Wehrpflicht abzuschaffen, um Ende 2016 auf ein reines Berufsheer umzustellen (Civil.ge 5.4.2013).

Die Einberufung eines Wehrpflichtigen kann aus folgenden Gründen verschoben werden:

a) Wenn eine Person wegen ihres gesundheitlichen Zustands zeitweilig für den Wehrdienst für untauglich eingestuft wird - bis zu 1 Jahr;

b) Eine Person wird strafrechtlich verfolgt - bis Entscheidung der entsprechenden Behörde;

c) Eine Person, die Student der Hochschule oder Berufsschule ist oder am Militärlehrstuhl immatrikuliert ist - bis Inkrafttreten von lit. "c1" dieses Punktes;

c1) Eine Person, die Student der georgischen Hochschule oder anerkannten Hochschule eines fremden Landes ist - bis zum Studienabschluss, in jeder Stufe der Hochschulausbildung;

d) Eine Person hat zur Verschiebung des obligatorischen Militärdienstes die Gebühr bezahlt, die gemäß des georgischen Gesetzes "über Gebühr der Verschiebung des obligatorischen Militärdienstes" bestimmt ist;

e) Eine Person ist Schüler der allgemeinbildenden Anstalt - bis zum 20. Lebensjahr;

f) Eine Person sorgt für arbeitsunfähige Großmutter oder Großvater, die sie unterhält, wenn sie keinen gesetzlichen Pfleger haben, der sie pflegen kann;

g) Eine Person hat zwei oder mehr Kinder;

h) Eine Person unterhält ein arbeitsunfähiges Familienmitglied, das ständige Pflege benötigt und keinen anderen gesetzlichen Pfleger hat, der es betreuen kann;

i) Eine Person unterhält ein arbeitsunfähiges Familienmitglied, das ständige Pflege benötigt, man hat eine in anderer Familie wohnende Schwester, die das arbeitsunfähige Familienmitglied nicht betreuen kann;

j) Eine Person unterhält minderjährige oder/und elternlose Geschwister;

k) Eine Person ist Priester oder studiert in der geistlichen Lehranstalt;

l) Eine Person ist Einzelkind;

m) Eine Person arbeitet im Dorf als Lehrer oder Arzt;

n) Das Recht der Verschiebung der Einberufung wird aufgrund der Verordnung des Präsidenten von Georgien verliehen;

o) Eine Person hat ein Kind - für drei Jahre nach der Geburt des Kindes.

Wenn der Wehrpflichtige zum Einberufungstag gesetzlich als Kandidat der georgischen Parlamentsmitgliedschaft registriert ist, wird ihm die Einberufung zum Militärdienst bis Bestätigung der Wahlergebnisse verschoben. Im Falle der Auswahl ins Parlament wird er von der Militärpflicht befreit (VB 25.2.2015).

Quellen:

9.1. Wehrersatzdienst

Bürger können nicht-militärischen alternativen Arbeitsdienst in speziellen Arbeitsbereichen leisten (OSZE 13.4.2012).

Der alternative Dienst dauert für Personen, die eine Hochschulausbildung haben 18 Monate und für Personen, die keine Hochschulausbildung haben 24 Monate.

Der alternative Dienst wird bei jeder Einberufung von ca. 200-250 Personen genutzt (VB 25.2.2015).

Quellen:

9.2. Wehrdienstverweigerung / Desertion

Wenn der Wehrpflichtige sich weigert, den Militärdienst zu leisten, wird er mit einer Geldstrafe oder Freiheitsentzug bis drei Jahre bestraft. Desertion, also willkürliches Verlassen einer Militäreinheit oder anderen Ortes durch einen Militärdienstleistenden oder Reservedienstleistenden, mit dem Ziel der Vermeidung des Militär-, oder Reservedienstes, bzw. Nicht-Meldung zum Dienst mit demselben Ziel, wird mit Freiheitsentzug von drei bis sieben Jahren bestraft. Während eines Krieges oder Ausnahmezustandes wird Desertion mit einem Freiheitsentzug von zwei bis fünf Jahren bestraft (VB 25.2.2015).

Quellen:

10. Allgemeine Menschenrechtslage

Georgien hat seine Bindung an die Europäische Union durch die Ratifizierung des Assoziierungsabkommens, das eng an den Fortschritt im Bereich der Staatsführung und der Menschenrechte gebunden ist, vertieft. Im Bericht zur europäischen Nachbarschaftspolitik vom März 2014 merkt die EU an, dass Georgien zügig seine Reformen und Anpassungen in die Tat umsetze. Jedoch wurde auch die Notwendigkeit unterstrichen, die Unabhängigkeit der Gerichte zu gewährleisten, den Eindruck einer selektiven Justiz zu vermeiden sowie die Rechenschaftspflicht und demokratische Aufsicht über die Organe des Rechtsvollzuges zu erhöhen (HRW 29.1.2015).

Das parlamentarische Komitee für Menschenrechte und zivile Integration, die Menschenrechtsabteilung des Innenministeriums und der Menschenrechtsberater des nationalen Sicherheitsrats haben laut Mandat Missbrauchsvorwürfe zu untersuchen. Per Gesetz ist der Generalstaatsanwalt für den Schutz der Grund- und Menschenrechte zuständig. Die Menschenrechtsabteilung des Büros des Generalstaatsanwalts überwacht insgesamt die Strafverfolgung und die Einhaltung von nationalen und internationalen Menschenrechtsstandards. Die Menschenrechtsabteilung überwacht statistisch und analytisch die Tätigkeit der Staatsanwaltschaft und ist verantwortlich für die Prüfung von und Reaktion auf Menschenrechtsempfehlungen von nationalen und internationalen Menschenrechtsorganisationen (USDOS 27.2.2014).

Quellen:

11. Meinungs- und Pressefreiheit

Die Verfassung garantiert die Rede- und Pressefreiheit und verbietet die Zensur. Das Rundfunkgesetz besagt, dass sowohl öffentlich-rechtliche als auch private Sender eine pluralistische und nicht-diskriminierende Berichterstattung über alle relevanten Standpunkte in ihren Nachrichtenprogrammen gewähren sollten (OSCE 14.1.2014).

Laut "Reporter ohne Grenzen" rangiert Georgien im "World Press Freedom Index 2015" auf Platz 69 von 180 Ländern und verbesserte sich damit um 15 Ränge im Vergleich zu 2014. Die Transparenz hinsichtlich der Eigentumsstruktur im Medienbereich habe sich verbessert, obgleich die Medien politisch polarisiert und noch immer nicht sehr unabhängig seien (RWB 20.2.2015).

Generell besteht individuelle Meinungsfreiheit, was die öffentliche und private Kritik an der Regierung anlangt. Dennoch berichteten mehrere Beobachter, dass die Regierung die Meinungsfreiheit in ländlichen Regionen nicht zur Gänze schütze. Was die Zensur anbelangt, beschuldigten NGOs, unabhängige Analysten und Journalisten im Verlaufe des Jahres 2013 hochgestellte Regierungsvertreter sowie Oppositionspolitiker, Einfluss auf das Editorial und die Programmfestlegung auszuüben. Dies geschähe über die persönlichen Kontakte zu Nachrichtenmoderatoren und Medienchefs sowie durch Lenkung von Werbeaufträgen unter Nutzung von persönlichen Kontakten zu Geschäftsinhabern (UNDOS 27.2.2014).

Georgien hat eines der fortschrittlichsten Mediengesetze in der Region und ein breites Spektrum an Medien. Historisch war der politische Einfluss auf private Medien, insbesondere Rundfunksender, ein Hauptproblem, sodass diese entweder eine vehemente Pro- oder Anti-Regierungsposition einnahmen. Während der Präsidentschaftswahlen 2013 schien jedoch die Verknüpfung zwischen politischen Parteien bzw. Persönlichkeiten und Rundfunkanstalten nicht mehr offensichtlich. Das Parlament verabschiedete einen Zusatz zum Rundfunkgesetz, wodurch über die Wahlkampfzeit hinaus die Transparenz hinsichtlich der Werbeschaltungen erhöht wurde. Die sogenannte "Must Carry - Must Offer"- Gesetzgebung ist insbesondere bemerkenswert, da dadurch die Medienvielfalt und der Zugang zu alternativen Informationsquellen gesichert wird. Das Gesetz revidierte überdies die Leitungsstruktur der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt, wodurch der Regierungseinfluss gemindert wurde. Der Staatspräsident hat nicht mehr das Recht die Mitglieder des Aufsichtsrates zu bestimmen. Stattdessen nominieren Mehrheits- und Minderheitsfraktion im Parlament, der Ombudsmann sowie das Gesetzgebungsorgan der Autonomen Republik Adscharien die Vertreter des Gremiums (FH 12.6.2014, vgl. auch Civil.ge 3.5.2014).

Laut einer Studie im Auftrag des International Republican Institute vom Frühjahr 2013 war das Fernsehen die dominante Quelle für politische Informationen. 97% nannten das Fernsehen, 28% die Zeitungen, und nur 12% das Radio als Quelle. Einen markanten Zuwachs verzeichnete das Internet. Waren es 2010 lediglich 10%, die ihre Information über Politik daraus bezogen, waren es 2013 bereits 28% (IRI 5.2013). Das National Democratic Institute bestätigte in einer Studie vom August 2014 diesen Trend. Für 84% war das Fernsehen die Primär- und für weitere 12% die Sekundärquelle, gefolgt vom Internet, aus dem acht Prozent ihre Erstinformationen bezogen. Radio und Zeitungen waren als Primärquellen de facto irrelevant (NDI 8.2014).

Ende Jänner 2015 kritisierten zwanzig Medien- und Menschrechtsgruppen sowie mehr als ein Dutzend Medien die geplante Verschärfung des Strafrechts als Gefahr einer unangemessenen Einschränkung der Meinungsfreiheit und der Unterdrückung von Kritik. Gemäß dem Gesetzesentwurf des Innenministeriums wäre der öffentliche Aufruf zu Gewalt, mit dem Ziel Feindseligkeit oder Zwietracht zwischen religiösen, ethnischen, nationalen, sozialen und anderen Gruppen zu schüren, mit Haftstrafen von zwei bis fünf Jahren geahndet geworden. Die Kritiker äußerten in ihrer gemeinsamen Erklärung die Sorge, dass die Regierung mit der Gesetzesänderung nicht den Schutz diskriminierter Minderheiten zum Ziel hätte, sondern die Einschränkung der Meinungsfreiheit zugunsten der Stärkung des dominanten gesellschaftlichen und moralischen Diskurses. Überdies berge die vage Formulierung des Textes das Risiko des Missbrauchs in sich (Civil.ge 26.1.2015, vgl. auch TI-G 23.1.2015).

In einer Stellungnahme des Georgischen Patriarchen vom 17.Jänner 2015 wurde der Staat aufgefordert, "Grenzen der Meinungsfreiheit" zu setzen, um die Rechte der Gläubigen vor "Beleidigung der religiösen Gefühle" zu schützen (Civil.ge 18.1.2015).

Bereits Ende 2013 brachte das Innenministerium einen Gesetzesantrag ein, der die "Beleidigung religiöser Gefühle" als Ordnungswidrigkeit bestraft hätte. Der Vorschlag wurde infolge von Protesten jedoch fallen gelassen (EC 27.3.2014, vgl. auch Civil.ge 18.1.2015).

Quellen:

https://www.ecoi.net/local_link/270713/400796_de.html , Zugriff 24.2.2015

12. Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit / Opposition

Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit wurden 2013 generell eingehalten, so auch in der Stichwahl zum Staatspräsidenten (FH 23.1.2014).

Die Verfassung und die Gesetze gewähren im Allgemeinen die Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit. Allerdings setzt die Regierung das Versammlungsrecht nur selektiv um. Die Polizei hätte fallweise Teilnehmer friedlicher Demonstrationen willkürlich festgenommen oder es unterlassen, Teilnehmer friedlicher Versammlungen vor Gegendemonstranten zu schützen (USDOS 27.2.2014).

Quellen:

12.1. Versammlungsfreiheit

Verfassung und Gesetze garantieren Versammlungsfreiheit und die Behörden gewährten im Laufe des Jahres 2013 routinemäßig Genehmigungen für Versammlungen. Menschenrechtsorganisationen äußerten sich besorgt über manche gesetzliche Bestimmungen, u.a. dass politische Parteien und andere Organisationen Versammlungen auf öffentlichen Verkehrsflächen fünf Tage im Voraus genehmigen lassen müssen, was spontane Demonstrationen de facto ausschließt. Das Gesetz über Ordnungswidrigkeiten verbietet das absichtliche oder fahrlässige Blockieren von Straßen durch Demonstranten, was mit bis zu 90 Tagen Gefängnis bestraft werden kann. Durch Urteile des Verfassungsgerichtes von 2011 und 2012 wurden allerdings das Verbot von Demonstrationen durch eine Einzelperson oder durch Personen, die keine georgischen Staatsbürger sind, sowie das Verbot von Demonstrationen vor Gerichten, Behörden und Ministerien innerhalb des Radius von 20 Metern aufgehoben (USDOS 27.2.2014).

Ein Fall für das Versagen der Polizei war eine Demonstration am 17. Mai 2013 anlässlich des Internationalen Tages gegen Homophobie und Transphobie (IDAHO). Die Polizei schützte friedliche Teilnehmer in Tiflis nicht vor tausenden Gegendemonstranten, angeführt von orthodoxen Priestern, als diese zur Gewalt griffen. Die Polizei war gezwungen die Teilnehmer der IDAHO-Demonstration daraufhin zu evakuieren (USDOS 27.2.2014, vgl. auch RFE/RL 17.5.2013).

Quellen:

12.2. Vereinigungsfreiheit

In Georgien weist ein niedriges Niveau hinsichtlich der Mitgliedschaft in formellen Vereinigungen, NGOs oder Interessensgruppen auf. Weniger als fünf Prozent der Bevölkerung sind organisiert beziehungsweise engagieren sich in Vereinigungen (BS 2014).

Verfassung und Gesetze garantieren die Vereinigungsfreiheit. Allerdings gab es 2013 Anschuldigungen, dass Druck auf Oppositionelle und deren Unterstützer, Angestellte der lokalen und zentralen Selbstverwaltung, Lehrer und Gewerkschafter ausgeübt wurde, einschließlich der Überwachung und des tatsächlichen oder angedrohten Verlustes des Arbeitsplatzes (USDOS 27.2.2014).

Das adaptierte Arbeitsgesetz bedeutete zwar die Wiedereinführung des verbrieften Rechts, sich einer Gewerkschaft anschließen zu können, doch Verletzungen des Arbeitsgesetzes wären schlagend geblieben. Zudem hätte die Regierung die Wiedererrichtung einer Regierungsbehörde zwecks Durchsetzung von Gewerkschaftsrechten verweigert, wie es die Konventionen der Internationalen Arbeitsorganisation - ILO verlangten (SC 4.12.2014).

Laut IGB untersagt das Gesetz gewerkschaftsfeindliche Diskriminierung, enthält aber keinen angemessenen Schutz. Trotz Streikrechts bestünden gesetzliche Hindernisse für rechtmäßige Streiks, beispielsweise obligatorische Schieds- oder langwierige Schlichtungs- und Vermittlungsverfahren vor einem Streik. Im Falle eines Konfliktes im Zusammenhang mit den kollektiven Arbeitsbeziehungen tritt das Recht auf Streik oder Aussperrung 21 Kalendertage nach der schriftlichen Ankündigung gegenüber dem Minister in Kraft. Die Gerichte haben das Recht, einen Streik 30 Tage lang aufzuschieben oder auszusetzen, wenn er das Leben oder die Gesundheit der Menschen, die Umwelt, das Eigentum Dritter oder lebenswichtige Tätigkeiten gefährden werden (IGB 24.2.2015).

Quellen:

13. Haftbedingungen

NGOs und internationale Beobachter vermeldeten für 2013 eine Verbesserung der Haftbedingungen und weniger Fälle von Folter in Gefängnissen. Der Ombudsmann, internationale Organisationen und NGOs berichteten 2013, dass die Bedingungen in vielen Gefängnissen und Untersuchungsgefängnissen dennoch schlecht waren. Der Ombudsmann vermerkte, dass einige neue Einrichtungen den internationalen Standards entsprächen, während etliche alte Gefängnisse immer noch unmenschliche und sich verschlechternde Haftbedingungen böten. Das zuständige Ministerium erhöhte die Pro-Kopf-Ausgaben für den Gesundheitsbereich, die Mindestverpflegung für Häftlinge und verbesserte die medizinische Ausstattung und Versorgung in den Gefängnissen. Überdies würde mehr Geld zur Anstellung besser qualifizierten Personals ausgegeben. Das Ministerium schloss zudem die problematischen Haftanstalten Tiflis Nr.1 und Zugdidi Nr.4 (USDOS 27.2.2014).

Anfang Dezember 2013 waren 8.931 Personen in Haft, verglichen zu

19.249 im Jahr 2012. Dies bedeutete eine weitere drastische Reduktion der Häftlingszahlen. Dies ist u.a. darauf zurückzuführen, dass 190 Personen, die als politische Häftlinge galten, entlassen wurden und Tausenden die Haftstrafe verkürzt wurde oder sie vom Staatspräsidenten amnestiert wurden (USDOS 27.2.2014, vgl auch EC 27.3.2014 ).

Laut Thomas Hammarberg, Sonderbeauftragter der EU, wären die Haftbedingungen hinsichtlich der Raumgröße weiterhin hinter den internationalen Standards gelegen. Allerdings hätte sich die Sterberate signifikant reduziert (USDOS 27.2.2014).

Die Ombudsmannstelle berichtete unter Berufung auf das "Ministerium für Strafvollzug und Rechtshilfe", dass 2013 von 65.130 untersuchten Fällen 294 Häftlinge mit Tuberkulose infiziert waren. Vier Häftlinge starben. 2013 wurde im Rahmen des Aktionsplans ein neues Tuberkulosezentrum eröffnet (PD 2013).

In seinem Bericht über die Empfehlungen und Vorschläge, die der Ombudsmann im Verlaufe des Jahres 2014 den diversen staatlichen Institutionen unterbreitete, stellte dieser fest, dass die Mehrzahl von ausbleibenden Antworten das Büro der Staatsanwaltschaft betraf, nämlich in Fällen von Misshandlungen in Haftanstalten, fälschlicher Inhaftierung und ähnlichem (PD 23.1.2015).

Im August 2014 berichtete der Ombudsmann den Gesetzesgebern, dass 2013 kein einziger Fall von Folter im Strafvollzugssystem gemeldet wurde. Dennoch hätte es Fälle von Misshandlungen von Häftlingen gegeben, denen nicht angemessen nachgegangen wurde. Außerdem wären die Umstände, welche zum Tode etlicher Häftlinge geführt hätten, alarmierend (Civil.ge 2.8.2014).

In seiner Rolle als Nationaler Präventiver Mechanismus (NPM) im Sinne des Fakultativprotokolls zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe der UN äußerte der Ombudsmann Anfang 2015 Kritik an den Haftbedingungen von physisch oder psychisch behinderten Insassen in normalen Gefängnissen sowie in Zwangsanstalten für psychisch kranke Häftlinge. Zu beklagen sei insbesondere der Umstand, dass körperlich oder geistig Behinderte immer noch in normalen Gefängnissen untergebracht seien und den Bedürfnissen von behinderten Insassen in den Spezialanstalten nicht völlig entgegengekommen würde (PD 22.1.2015).

Während einer öffentlichen Diskussionsrunde unter Teilnahme der EU-Vertretung, der Staatsanwaltschaft sowie Regierungsvertretern und NGOs wurde seitens des Ombudsmanns vor allem die notwendige Installierung eines unabhängigen Untersuchungsmechanismus angesprochen. Der Leiter der Abteilung für Prävention und Beobachtung innerhalb der Ombudsmannstelle und die Vertreterin der Staatsanwaltschaft beklagten insbesondere das Fehlen von Audio- und Videomaterial aus den Überwachungskameras sowie umfassender medizinischer Aufzeichnungen, die nicht nur als Beweise, sondern auch zur Prävention von Misshandlungen dienen könnten (PD 31.1.2015).

Quellen:

14. Todesstrafe

1997 wurde die Todesstrafe abgeschafft und 2007 diese Abschaffung in der Verfassung verankert (AA 9.3.2015).

Quellen:

15. Religionsfreiheit

Verfassung und Gesetze schützen die Religionsfreiheit, und die Regierung respektierte diese in der Praxis. Die georgisch-orthodoxe Kirche wird von den Behörden weiterhin auf verschiedenen Gebieten bevorzugt, etwa in der Restitution von Eigentum oder im Steuerwesen. Die Trennung von Kirche und Staat ist nicht vollständig. Es gibt Berichte über gesellschaftliche Missbräuche oder Diskriminierung aufgrund der religiösen Zugehörigkeit, des Glaubens oder der Religionsausübung. Zu den berichteten Fällen zählen unter anderem Eingriffe in die Ausübung religiöser Riten und Berichte über physische Übergriffe, Schikanen und Vandalismus. Die Menschenrechtsabteilung in der Generalstaatsanwaltschaft ist für die Überwachung des Schutzes der Religionsfreiheit zuständig. Die Generalstaatsanwaltschaft verfolgt Menschenrechtsverletzungen darunter Verletzungen der Religionsfreiheit. Das Büro des Ombudsmannes überwacht Beschwerden über Einschränkungen der Religionsfreiheit (USDOS 28.7.2014).

Es gab Fälle von gewaltsamen Protesten, durch die Vertreter von religiösen Minderheiten von der Ausübung ihrer verfassungsmäßig verbrieften Rechte auf freie Meinungsäußerung und Religionsausübung abgehalten wurden. Schwerwiegende Vorfälle, bei denen zumeist Christen Moslems davon abhielten zu beten, gipfelten im August 2013 in der auf rechtlich fragwürdigen Entfernung eines Minarettes durch die Polizei. Das Minarett wurde durch Gemeinderatsbeschluss im November wiedererrichtet (EC 27.3.2014).

Nils Muižnieks, Menschenrechtskommissar des Europarats zeigte sich ebenfalls über die Zunahme von Intoleranz und Attacken gegen Mitglieder von religiösen Minderheiten, insbesondere Moslems, besorgt. Das mangelnde Vorgehen der Behörden könne bei den Tätern ein Gefühl der Straffreiheit hervorrufen (CoE-CommHR 12.5.2014).

Die Georgische Vereinigung Junger Juristen - GYLA sah auch 2014 die Rechte der Minderheiten verletzt, vor allem der muslimischen Minderheit (GYLA 10.12.2014).

2013 wurde durch eine Gesetzesänderung "Adschara TV", der Fernsehsender der mehrheitlich muslimischen Autonomen Republik Adscharien, als Zweigniederlassung der Georgischen Rundfunkanstalt eingegliedert. "Adschara TV" steht somit nicht mehr unter Aufsicht der Autonomen Republik Adscharien (FH 12.6.2014).

Quellen:

15.1. Religiöse Gruppen

84% der Bevölkerung sind orthodox, 10% Moslems und 4% Anhänger der Armenisch- Apostolischen Kirche. Es gibt einen starken Zusammenhang zwischen Ethnie, Religion und Heimatregion. Die meisten Georgier gehören der georgisch-orthodoxen Kirche an, einige - hauptsächlich ethnische Russen - gehören zu anderen orthodoxen Gruppen. Ethnische Aseris - meist Moslems - bilden eine Bevölkerungsmehrheit in der südöstlichen Region Kvemo-Kartli. Weitere Moslems sind die ethnisch georgischen Moslems in Adscharien und im Nordosten. Ethnische Armenier gehören meist zur armenisch-apostolischen Kirche und bilden eine Mehrheit in der südlichen Region Samtskhe-Javakheti. Katholiken, kurdische Yesiden, Griechisch-Orthodoxe und Juden machen weniger als 5% der Bevölkerung aus. Nichttraditionelle religiöse Gruppen wie Baptisten, Zeugen Jehovahs, Pfingstbewegung und Hare Krishnas nehmen in der Zahl zu, machen aber weniger als 1% der Bevölkerung aus (USDOS 28.7.2014, vgl. auch CIA 22.6.2014).

Quellen:

16. Ethnische Minderheiten

Gemäß Volkszählung 2002 sind 83,8% der Bevölkerung ethnische Georgier, 6,5% Aseri, 5,7% Armenier, 1,5% Russen, und 2,5% gehören anderen Volksgruppen an. 71% der Bevölkerung sprechen offiziell Georgisch, 9% Russisch, 7% Armenisch, 6% Aseri, und 7% sprechen eine andere Sprache. In Abchasien ist Abchasisch die Amtssprache. (CIA 26.2.2015).

Laut Ombudsmann blieb 2013 die Situation in Bezug auf die gesellschaftliche Integration und den Schutz der ethnischen Minderheiten fast unverändert. Die vollständige Teilhabe der ethnischen Minderheiten im politischen, kulturellen und sozialen Bereich sei weiterhin ungelöst. Das Thema der Entfremdung zwischen Mehrheit und Minderheiten und die Überwindung von negativen Stereotypen sei immer noch problematisch und gegenwärtig. Dies gälte auch für den Bildungsbereich. So sei etwa eine qualitätsvolle Übersetzung von Schulbüchern in die Minderheitensprachen nicht erreicht worden. Der bestehende Lehrermangel für Minderheitensprachen sei auf den Umstand zurückzuführen, dass die Universitäten kein solches Lehrpersonal ausbildeten. Hinsichtlich der bilingualen Erziehung bestünde landesweit das Problem, dass es an zweisprachigen Lehrern, Schulbüchern und Methoden des bilingualen Unterrichts fehle (PD 2013).

Im Dezember 2014 räumte auch ein Experte des Unterrichtsministeriums ein, dass nach vierjähriger Laufzeit aufgrund der angesprochenen Probleme das Programm des bilingualen Unterrichts in den 40 Minderheitenschulen reformiert gehörte. Das Ministerium plant abhängig von den finanziellen Mitteln, dass zwei Lehrer - einer für das Georgische und einer für die Minderheitensprache - gemeinsam unterrichten (CB 13.12.2014).

Im Hochschulbereich garantiert das Gesetz über Hochschulbildung größeren Minderheiten (Armenier, Aseri, Abchasen und Osseten) eine Quotenregelung sowie die Abhaltung des Aufnahmetest in der Minderheitensprache. Georgien ratifizierte 2005 die Rahmenkonvention des Europarates zum Schutze der Nationalen Minderheiten und demgemäß Bestimmungen, welche den Schutz und die Förderung des kulturellen Erbes der nationalen Minderheiten beinhalten. Der Ombudsmann begrüßte es, dass seit 2013 die Minderheitenprogramme der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt ihr Format verbessert hätten. Allerdings bestünde weiterhin ein Mangel an aktuellen Nachrichten in den Minderheitensprachen. Überdies würden die georgisch-sprachigen Medien selten Minderheitenthemen ansprechen, außer wenn es um Konflikte, Skandale und Kriminalität ginge. Als besonders schwierig betrachtete die Ombudsmannstelle die Lage der Roma und der kleinen Minderheiten. 1.500 bis 2.500 Roma lebten meistens in extremer Armut. Sie seien mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert, was die Bildung, den Schutz der Menschenrechte und der staatsbürgerlichen Integration anbelangt. Hinsichtlich der kleinen Minderheiten (Kurden, Tschetschenen, Dagestani, Assyrer, Griechen usw.) hätte es seitens der Behörden zwar stets Versprechungen gegeben, aber keine Umsetzung. Besonders was den Sprachunterricht sowohl für Kinder als auch deren Eltern anlangt, sei das zuständige Ministerium gefordert (PD 2013).

Das Gesetz erlaubt die Repatriierung der muslimischen Mes'cheten, einer nationalen Minderheit, die von Stalin 1944 deportiert worden war. Mehr als 5.800 Mes'cheten hatten bis Jänner 2010 um Repatriierung angesucht. Mehr als 150 kehrten in den letzten drei Jahren inoffiziell zurück. Der Ombudsmann kritisierte, dass 90% der Anträge aus formalen Gründen abgelehnt wurden. Bis Ende 2013 waren über 1.000 Anträge bewilligt worden. Die Repatriierung blieb jedoch aufgrund des langwierigen und komplizierten Prozesses aus (USDOS 27.2.2014).

Laut dem Befehlshaber der Geschäftsstelle Gori der EUMM leben Osseten und Georgier friedlich nebeneinander. Der seit Anfang 2009 in Georgien stationierte Befehlshaber gab an, dass ihm während seiner Amtszeit in seinem Zuständigkeitsbereich - zu diesem gehört auch Gori - keine Fälle von Auseinandersetzungen zwischen Georgiern und Osseten bzw. Gewaltakte gegen Osseten bekannt wurden. Abchasen und Georgier leben ungehindert in Zentralgeorgien nebeneinander. Es sind keinerlei Übergriffe, Schlechterstellungen oder Benachteiligungen bekannt bzw. werden weder von NGOs noch von den offiziellen Organisationen solche Fälle geschildert. Georgien (Zentralgeorgien) ist sehr bemüht Abchasen und Südosseten nicht zu benachteiligen (VB 31.1.2014).

Laut einer repräsentativen Umfrage im August 2014 im Auftrag des "Nation Democratic Institute" war der Schutz von Minderheitenrechten (Minderheiten aller Art) für die demokratische Entwicklung Georgiens für 63% "wichtig" oder "sehr wichtig" und nur für sechs Prozent "unwichtig" oder "überhaupt nicht wichtig". Für jene, die an erster Stelle die ethnischen Minderheiten nannten (22%), war deren Schutz zu 80% "wichtig" oder "sehr wichtig" (NDI 8.2015).

Quellen:

http://www.ecoi.net/local_link/270713/400796_de.html , Zugriff 26.2.2015

17. Frauen/Kinder

17.1. Frauen

Es gab mit 1. Oktober 2012 16 Frauen im 150-köpfigen georgischen Parlament, die doppelte Anzahl der im vorherigen Parlament vertretenen Frauen. Es gab drei Frauen im 19-köpfigen Kabinett und drei Frauen im 14-köpfigen Obersten Gerichtshof (USDOS 27.2.2014).

Der Ombudsmann nannte in seinem Jahresbericht für 2013 die geringe Teilhabe von Frauen am politischen Leben des Landes die wesentliche Herausforderung für die Gleichheit der Geschlechter. Im Parlament machte der Frauenanteil 11, in den Ministerkabinetten 21 und in der lokalen Selbstverwaltung 10% aus (PD 2013). Laut der Interparlamentarischen Union liegt Georgien mit Stand Jänner 2015 auf dem 107. Platz von 142 Ländern, was den Frauenanteil im Parlament betrifft (IPU 1.1.2015). Der Global-Gender-Gap-Index des World Economic Forums sieht Georgien 2014 beim "political empowerment" auf Platz 94 von 142 und bei der Gesamtlage der Frauen auf Platz 85 (WEF 2014).

Vergewaltigung ist illegal, aber Vergewaltigung in der Ehe wird im Gesetz nicht speziell erwähnt. Im Laufe des Jahres 2013 wurden in 57 Fällen von Vergewaltigung Untersuchungen eingeleitet, verglichen mit 81 im Jahr 2012. Beobachter meinen, viele Fälle würden nicht gemeldet, aus Angst vor sozialer Stigmatisierung und, weil die Polizei Berichten über Vergewaltigungen nicht immer nachgehe (USDOS 27.2.2014).

Besonders betroffen von häuslicher Gewalt sind, mit Ausnahme der Armenierinnen, die Frauen der ethnischen Minderheiten. Insbesondere bei den aserischen Frauen war der Prozentanteil bei allen Formen von Gewalt (physische, sexuelle und psychische) gegen Frauen doppelt so hoch wie im nationalen Durchschnitt (ECMI 26.2.2014).

Häusliche Gewalt ist ein Problem. NGOs sehen auch hier eine hohe Dunkelziffer. Laut Statistiken des Innenministeriums wurden während der ersten zehn Monate des Jahres 2013 399 Fälle von häuslicher Gewalt bei der Polizei angezeigt, verglichen mit 316 im Jahr zuvor. In den meisten dem Ombudsmann zur Kenntnis gebrachten Fälle, beschränkte sich die Reaktion der Polizei auf Verwarnungen und Initiierung von präventiver Supervision, was keinen tatsächlichen Schutz vor wiederholtem Missbrauch bietet (USDOS 27.2.2014).

Seit Mai 2012 ist häusliche Gewalt als Straftatbestand definiert. Das Gesetz erlaubt der Polizei Wegweisungen gegen verdächtige Personen innerhalb der Familie auszusprechen (MIA 2015). Die Gerichte verhängten in den ersten zehn Monaten des Jahres 2013 196 Schutzbefehle. Ein Gericht muss eine Wegweisung innerhalb von 24 Stunden genehmigen. Sie verbietet es Tätern sich dem Opfer für 6 Monate auf 100m zu nähern und gemeinsamen Besitz zu nutzen. Verlängerungen sind unbeschränkt möglich. Die erste Verletzung einer Wegweisung führt zu einer Geldbuße, eine weitere Verletzung ist jedoch nach dem Strafgesetzbuch strafbar. Allerdings berichteten NGOs, dass die Polizei Anzeigen wegen eines solchen zweiten Vergehens wegen der erhöhten strafrechtlichen Verantwortlichkeit eher vermeidet (USDOS 27.2.2014).

Das Statistische Amt verzeichnet für 2013 220 Fälle von häuslicher Gewalt gegen Frauen (20 gegen Männer). 2012 wurden noch 308 Fälle angeführt (GeoStat o.D.a.).

Das georgische Menschenrechtsnetzwerk "Human Rights House" zitiert offizielle Zahlen des Innenministeriums, wonach zwischen Jänner und Juni 2014 77 Fälle physischer und 122 Fälle psychischer Gewalt in Familien beobachtet worden seien. Die Dunkelzimmer sei jedoch wesentlich höher, weil neben den negativen Stereotypen und Stigmata, Informationsmangel und Misstrauen gegenüber den Vollzugsorganen betroffene Frauen veranlassten, die Polizei nicht um Hilfe zu bitten (HRHT 7.11.2014).

Lokale NGOs und die Regierung betreiben gemeinsam eine Hotline und Schutzeinrichtungen für misshandelte Frauen und ihre minderjährigen Kinder, wenn auch mit einer begrenzten Anzahl an Plätzen. Es gibt sowohl staatlich als auch von NGOs geführte Einrichtungen für Opfer häuslicher Gewalt. Alle arbeiten nach denselben standardisierten Vorschriften und bieten die gleichen Dienste an, darunter psychologische, medizinische und juristische Unterstützung. Laut Regierungsangaben wurden im Laufe des Jahres 492 Beratungen telefonisch oder persönlich durchgeführt. Die Schutzeinrichtungen beherbergten während des Jahres 2013 44 Frauen und 61 minderjährige Kinder.

Sexuelle Belästigung von Frauen am Arbeitsplatz ist ein Problem. Das Gesetz untersagt sexuelle Belästigung nicht explizit, und die Behörden untersuchten Beschwerden nur selten.

Das Gesetz sieht die Gleichstellung von Männern und Frauen vor, was aber in der Praxis nicht immer umgesetzt wird (USDOS 27.2.2014).

Eine Welle von Frauenmorden im Jahr 2014 (über 20 Opfer) rückte das Thema Gewalt gegen Frauen in die öffentliche Wahrnehmung. Das Büro des Premierministers reagierte mit der Gründung einer zwischenbehördlichen Arbeitsgruppe. Diese soll aus den Ministern für Inneres, Justiz, Bildung, Gesundheit, Wirtschaft und Haftanstalten sowie Vertretern der Zivilgesellschaft bestehen. Darüber hinaus plane die Regierung eine "Nationale Strategie der Gewaltprävention" vorzulegen. 2015 soll auf Initiative des Staatspräsidenten zum Jahr der Frau erklärt werden, um das öffentliche Bewusstsein für Frauenthemen zu schärfen (Civil.ge 21.10.2014).

Obwohl einige Beobachter kontinuierliche Verbesserungen des Zugangs von Frauen zum Arbeitsmarkt feststellten, blieben Frauen in erster Linie auf schlecht bezahlte und gering qualifizierte Positionen beschränkt, unabhängig von ihren beruflichen und akademischen Qualifikationen. Auch Gehälter für Frauen blieben hinter jenen der Männer zurück. Als Folge suchten viele Frauen eine Beschäftigung außerhalb des Landes (USDOS 27.2.2014).

2013 lag laut Georgischem Statistikamt das mittlere Netto-Einkommen der Frauen bei 585 GEL (rund 250 Euro), dass der Männer allerdings bei 920 GEL (rund 390 Euro) (GeoStat o.D.a.). Das World Economic Forum sah für 2014 eine noch größere Einkommensdrift zwischen Männern und Frauen, wodurch Georgien auf Platz 116 von 142 Staaten rangierte (WEF 2014).

Seit 2010 sieht das Gesetz zur Geschlechtergleichheit die Gleichbehandlung von Männern und Frauen in der Bewertung von Arbeit vor. Allerdings fehle laut Einschätzung des Europäischen Komitees für Soziale Rechte des Europarates eine ausdrückliche Garantie des Rechts auf "gleicher Lohn für gleiche Arbeit", weshalb die Rechtslage nicht im Einklang mit der Europäischen Sozialcharta stehe (CoE-ECSR 1.2015).

Quellen:

http://www.ecmi.de/uploads/tx_lfpubdb/Working_Paper_74.pdf , Zugriff 3.3.2015

17.2. Kinder

Nach den Statistiken von UNICEF wurden 97% der Kinder unter fünf Jahren bei Geburt registriert. Kinder von Roma werden in der Regel zu Hause geboren, jedoch oft nicht registriert. Seit amtliche Ausweise erforderlich sind, um medizinische Behandlung und andere öffentliche Dienstleistungen beanspruchen zu können, können sich fehlende Identifikationspapiere nachteilig auswirken. Die Qualität der Bildung schwankt stark zwischen städtischen und ländlichen Gebieten sowie zwischen Tiflis und den Regionen. Kindern von Nicht-Staatsbürgern fehlen oft die erforderlichen Unterlagen für die Anmeldung an einer Schule, was die Registrierung in einigen Fällen behindert. Nach Angaben des Ministeriums für Justiz, wurden in den ersten sechs Monaten des Jahres 2013 33 Fälle von Kindesmissbrauch verzeichnet. UNICEF bemängelte, dass die Reaktionen von Schulen, Polizei und Sozialarbeitern im Falle von Kindesmissbrauch, aufgrund der kulturellen Neigung sich nicht in Familienangelegenheiten einzumischen, oft unzureichend waren. Die Regierung setzte ihre Bemühungen fort, große Waisenhäuser durch Pflegefamilien zu ersetzen. UNICEF zufolge seien 40% der Heimkinder bei Familien untergebracht worden. Die Regierung setzte ihr Programm fort, Heimkindern und Kindern in Pflege den Zugang zu höherer Bildung durch Stipendien zu ermöglichen und Notprogramme für Pflegefamilien bereitzustellen (USDOS 27.2.2014).

Der Kinder-Aktionsplan (2012-2015) wird umgesetzt, die obligatorische Lizenzierung der Kinderbetreuungseinrichtungen und die Kinderbetreuungsstandards mit Unterstützung von UNICEF überarbeitet. Die Verringerung der Zahl der Kinder in den Heimen während der letzten fünf Jahre und die Erhöhung der Zahl der Pflegefamilien sind eine wichtige Errungenschaft für Georgien. Lücken in der staatlichen Identifizierung und ordnungsgemäßen Überwachung der Fälle von Kindesmissbrauch sind immer noch vorhanden, obwohl die EU ein Pilotprojekt in diesem Bereich unterstützt. Seit September 2012 profitieren alle Kinder bis zum Alter von fünf Jahren von einer staatlichen Krankenversicherung, die ihnen besseren Zugang zu Gesundheitsversorgung bieten soll (EC 20.3.2013).

Kinderarmut ist ein Problem in Georgien. 50.000 Kinder leben in extremer Armut (unter 2 Lari oder 0,85 Euro pro Tag). 225.000 Kinder leben unter der nationalen Armutsgrenze von 4,5 Lari (1,90 Euro) pro Tag. Obgleich seit 2013 die extreme Armut von Kindern von neun auf sechs Prozent gefallen ist, ist der Wert um die Hälfte höher als in der Gesamtbevölkerung. UNICEF begrüßte 2015 die Verlängerung des "Targeted Social Assistance"- Programms der Georgischen Regierung, durch welches u.a. die Kinderarmut reduziert werden soll (UNICEF 4.2.2015).

Quellen:

18. Homosexuelle

Die Verfassung sieht die grundlegende Gleichheit vor dem Gesetz und Antidiskriminierungsbestimmungen in einer Vielzahl von Gesetzen oder Verordnungen vor. Das Strafgesetzbuch macht Rasse, Religion, sexuelle Orientierung oder andere Vorurteile als Motive eines Täters zu einem erschwerenden Faktor für alle Straftaten in Georgien. Soziale Vorurteile gegenüber LGBT-Personen sind stark, und die georgisch-orthodoxe Kirche verurteilt gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen scharf. Aufgrund der umfangreichen gesellschaftlichen Stigmatisierung arbeiten wenige LGBT-Organisationen offen. Gemäß einer LGBT-NGO zögern Opfer von Diskriminierung und Gewalt, aus Angst vor der Offenlegung ihrer sexuellen Orientierung in der Familie und vor homophoben Reaktionen der Polizei, Vorfälle anzuzeigen,. Es existieren Berichte, wonach LGBT-Personen wegen ihrer sexuellen Orientierung keine Arbeit finden konnten oder entlassen wurden (USDOS 27.2.2014).

Am Internationalen Tag gegen Homophobie am 17. Mai kam es zu gewaltsamen Ausschreitungen gegen Homosexuellen-Aktivisten. Die Georgisch-Orthodoxe Kirche bezog auch gegen die Veranstaltung Stellung. Die Polizei musste die LGBT-Veranstaltung evakuieren. Es kam im Zusammenhang damit zu Anklagen gegen 4 Personen wegen Verletzung des Rechts auf Versammlungsfreiheit und Rowdytum. Einer der Angeklagten ist orthodoxer Priester. Die Anklage gegen ihn wurde fallen gelassen. Die anderen Verfahren dauern an. Gemäß einer LGBT-NGO kam es rund um die Ereignisse jenes Tages zu 34 Fällen von Gewalt und Einschüchterung gegen LGBT-Aktivisten (HRW 21.1.2014, vgl. PD 2013).

Im May 2014 wurde ein Antidiskriminierungsgesetz verabschiedet, dass den Schutz vor Diskriminierung aufgrund von Rasse, Geschlecht, sexueller Orientierung und Geschlechteridentität vorsieht. Kritisiert wurde allerdings der Mangel an effektiven Umsetzungsmechanismen, die auch das Verhängen von Geldstrafen gegen Täter beinhaltet (HRW 29.1.2015).

Widerstand kam vor allem von Seiten der Orthodoxen Kirche. Kirchenvertreter lehnten das Gesetz ab, da es den sexuellen Minderheiten "exzessive Rechte" gewähre. Überdies sei es problematisch homosexuelle im Schulbereich einzustellen, und damit Kinder zu Lehrern oder Schuldirektoren zu schicken, die diese Art von Lebensstil führen (Civil.ge 25.4.2014).

LGBT-Vertreter äußerten sich skeptisch zum neuen Gesetz. Dieses schütze nur vordergründig vor Diskriminierung in einem Land, in dem die Homophobie in allen Schichten der Gesellschaft tief verwurzelt sei. Die Haltung gegenüber der LGBT-Gemeinschart habe sich seit der Einführung des Gesetzes sogar verhärtet. Eine Studie der LGBT-Organisation "Identoba" zeige, dass 2013 88% der Befragten meinten, dass Homosexualität "niemals gerechtfertigt" sei. Der Sprecher von Indentoba meinte, dass der positive Effekt des Gesetzes in der öffentlichen Diskussion bestünde. Der einzige Weg sei es, die Menschen zu informieren und aufzuklären, um etwas zum Positiven zu ändern (IPS 8.9.2014).

Quellen:

19. Bewegungsfreiheit

Das Gesetz sieht Bewegungsfreiheit innerhalb des Landes, Auslandsreisen, Auswanderung und Rückkehr von Bürgern vor, aber die de facto-Behörden und die russische Besatzungsmacht in Abchasien und Südossetien beschränken diese Freiheit. Diese Beschränkungen betreffen vor allem die lokale Bevölkerung hinsichtlich der medizinischen Versorgung, der Bildung, des Pensionswesens und der Gottesdienste. Die georgische Regierung arbeitet mit UNHCR und anderen humanitären Organisationen bei der Bereitstellung von Schutz und Hilfe für Binnenvertriebene, Flüchtlinge, zurückkehrende Flüchtlinge, Asylsuchende, Staatenlose und andere Personen zusammen. Das Gesetz sieht Einschränkungen für Ausländer vor, die nach und aus Abchasien und Südossetien reisen wollen. Außerdem stellt es besondere Anforderungen an Personen, die in den besetzten Gebieten einer wirtschaftlichen Tätigkeit nachgehen wollen (USDOS 27.2.2014).

Eine legale Ein- und Ausreise über die russisch-georgische Grenze in die bzw. aus den Gebieten Abchasien und Südossetien, ist gemäß dem georgischen "Gesetz über die besetzten Gebiete" ist nicht möglich (AA 9.3.2015).

Quellen:

20. Binnenflüchtlinge (IDPs) und Flüchtlinge

UNHCR schätzt, dass mit Stand Juli 2014 insgesamt 257.022 Flüchtlinge (Internally Displaced Persons -IDPs) aus den Konflikten in den Jahren 1992-93 und 2008 im Laufe des Jahres im Land waren (UNHCR 7.2014).

Das "Internal Displacement Monitoring Centre"-IDMC schätzt die Zahl der IDPs auf 231.500 mit Stand 2014. Die Zahl sei seit 2013 leicht gestiegen, da Personen, die es verabsäumt hatte, sich 2013 zu registrieren nun wieder aufgenommen worden seien. Laut IDMC seien hingegen 45.000 Personen abzuziehen, die spontan nach Abchasien zurückgekehrt sind.

Die Regierung hingegen zählte mit Dezember 2014 262.704 IDPs (IDMC 11.2014).

Die meisten IDPs von 2008 erhielten den offiziellen IDP-Status gemäß nationalen Rechtsvorschriften. Allerdings erhielten ihn nicht alle, die behaupteten IDPs zu sein. Sie wurden offiziell als "IDP Statuswerber" bezeichnet, und umfassten Personen, die noch nie von georgischen Behörden registriert worden waren (etwa Personen, die nicht bei der Geburt registriert wurden oder aus Regionen vertrieben worden waren, die vor 2008 nicht unter der Kontrolle der georgischen Regierung waren), Personen, deren Flucht aus Südossetien nicht mit dem Konflikt in Zusammenhang stehend erachtet wurde, oder Personen, die ihren Aufenthalt in den besetzten Gebieten nicht nachweisen konnten. Im Juli 2013 wurde durch ein Urteil des Verfassungsgerichts der Personenkreis von IDPs erweitert. Überdies wurde durch das Urteil jenen Menschen, die in Regionen nahe der administrativen Grenze zurückkehrten, der IDP-Status verlängert und sie erhalten weiterhin Beihilfen. Das "Ministerium für IDPs aus den besetzten Gebieten, Flüchtlinge und Unterkünfte" förderte weiterhin die sozioökonomische Integration von Binnenvertriebenen und die Schaffung von Bedingungen für ihre Rückkehr in Sicherheit und Würde. Die Regierung unternahm im Laufe des Jahres Schritte, um Wohnungen oder finanzielle Zuwendungen für Binnenvertriebene der Konflikte in den 1990er Jahren und von 2008 bereitzustellen. Viele IDPs, vor allem jene aus den 1990er Jahren, leben dennoch weiterhin in minderwertigen oder verwahrlosten Gebäuden in Gebieten mit unzureichendem Zugang zu staatlichen Leistungen und wirtschaftlichen Chancen. Entgegen dem Abkommen zwischen Georgien, Russland und dem UNHCR aus dem Jahr 1994, erlaubten die abchasischen Behörden lediglich rund 45.000 IDPs die Rückkehr, nämlich in die grenznahen Regionen "Gali" und "Otschamitschire". Die Rückkehr in andere Regionen Abchasiens wurde von den Behörden verhindert. Personen, die ihr Eigentum in Abchasien reklamierten, wurden 2008 per Gesetz enteignet (USDOS 27.2.2014).

Quellen:

21. Grundversorgung/Wirtschaft

Georgiens Wirtschaftsaktivität schwächte sich 2013 ab, ein Trend, der nach den Parlamentswahlen im Oktober 2012 einsetzte. Die Verlangsamung des Wachstums wurde teilweise durch die politischen Spannungen verursacht, die eine Folge der Kohabitation zwischen Präsident und Premierminister war. Die privaten Investitionen sanken infolge der politisch induzierten Verunsicherung im Geschäftsbereich. Zudem senkte die Regierung ihre öffentlichen Ausgaben, was die einheimische Nachfrage minderte. Die Ausnahme blieb die boomende Bauwirtschaft (EC 20.3.2013).

Im vierten Quartal 2013 ließ die Überwindung der politischen Unsicherheit und die substantiell gewachsene Budgetexekution das Wachstum wieder ansteigen, sodass am Ende das Wachstum für 2013 3,2 Prozent ausmachte. Dazu trugen auch die vermehrten Regierungsausgaben, der steigende Konsum und die Investitionen bei (WB Frühling 2014). Laut Statistikamt wuchs die georgische Wirtschaft nach vorläufiger Schätzung 2014 um 4,7% (GeoStat 27.2.2015). Nach zwei Jahren der Deflation stiegen 2014 die Preise wieder um durchschnittlich 3,1% (GeoStat 2.2015).

Die georgische Wirtschaft weist noch erhebliche strukturelle Defizite auf: Die industrielle Produktion ist verhältnismäßig gering, der Industriesektor wenig entwickelt. Auch die Landwirtschaft ist trotz staatlicher Maßnahmen entwicklungsbedürftig, denn es fehlen moderne Ausstattung und Investitionen. Vorherrschende Wirtschaftsform ist die Subsistenzwirtschaft. Zunehmend an Bedeutung gewinnt in den letzten Jahren der Tourismussektor (ÖEZ 8.2014).

Trotz der beachtlichen wirtschaftlichen Entwicklung in den vergangenen Jahren leiden große Teile der georgischen Bevölkerung, insbesondere in den ländlichen Gebieten, unter Armut, Unterbeschäftigung und Arbeitslosigkeit. Mehr als die Hälfte aller Beschäftigten Georgiens ist in der Landwirtschaft tätig. Diese generiert jedoch nur neun Prozent des Bruttonationalprodukts (ÖEZ o. D.a).

2013 waren laut Sozialamt 9,7 der Bevölkerung Empfänger von Subsistenzzahlungen. 21,4 Prozent der Georgier und Georgierinnen lebten 2013 in relativer Armut, d.h., sie verfügten über weniger als 60 Prozent des Medianeinkommens (GeoStat o.D.a.A).

Seit ihrem Höhepunkt im Jahr 2009 sank die offizielle Arbeitslosenrate kontinuierlich von 16,9 auf 14,6 im Jahr 2013. In den urbanen Gebieten betrug sie 25,6 Prozent, während am Land nur 6,5 arbeitslos waren. Allerdings nimmt die Arbeitslosigkeit zu, je jünger die Menschen sind. Dramatisch sind die Werte für die drei untersten Alterskohorten: Bei der Altersgruppe der 15-19 Jährigen lag Arbeitslosenquote bei 43, bei den 20-24 Jährigen bei 33,8 und bei den 25-29 Jährigen bei 25,7 Prozent (GeoStat o.D.a.B).

Quellen:

21.1. Sozialbeihilfen

Das System der sozialen Sicherung in Georgien umfasst das Rentensystem und ein System zur Unterstützung von besonders schutzbedürftigen Familien und Personen. Die Unterstützung, die in Georgien unter dem Begriff der sozialen Sicherung geleistet wird, umfasst die gesetzliche Rente, Staatsentschädigungen und staatliche akademische Stipendien.

Gesetzliche Renten

Grundlagen für den Erhalt einer gesetzlichen Rente:

Laut dem georgischen Gesetz haben folgende Personen einen Anspruch auf den Bezug einer staatlichen Rente:

Die Rente kann man beantragen, wenn man anspruchsberechtigt wird oder seine Rechte auf eine Rente erneuert. Wenn mehr als ein Rentenanspruch besteht, so muss einer ausgewählt werden. Renten können in jeder Bank Georgiens ausbezahlt werden. Beantragen kann man die Rentenzahlungen in den Sozialämtern der Distrikte. Dazu werden ein Personalausweis und andere Dokumente benötigt.

Zum 1. September 2013 belief sich der monetäre Rentenanteil auf 150 GEL (ca. 63 Euro) im Monat.

Sozialhilfe

In der georgischen Gesetzgebung wird Sozialhilfe als jegliche Art finanzieller und nicht-finanzieller Unterstützung definiert, die sich an Personen mit besonderen Pflegebedürfnissen, arme Familien oder Obdachlose richtet.

Es gibt folgende Kategorien finanzieller Unterstützung:

Eine Familie hat Anspruch auf einen Unterhaltszuschuss, wenn sie in der Datenbank für sozial schwache Familien registriert ist. Der Zuschuss beträgt bis zu 60 GEL pro Person - für jedes weitere Familienmitglied kommen 48 GEL hinzu.

Reintegrationsbeihilfe wird den biologischen Familien bzw. dem Vormund von Personen gewährt, die besonderen Schutz benötigen und die statt in speziellen Einrichtungen in Familien untergebracht werden, wo sie die Möglichkeit haben in einem familiären Umfeld zu leben und die notwendige medizinische Betreuung erhalten. Der Zuschuss für ein gesundes Kind beträgt 90 GEL, für ein behindertes Kind 130 GEL.

Pflegebetreuungsbeihilfe erhalten Adoptiveltern als Gegenleistung für die Fürsorge und die Erziehung des adoptierten Kindes. Die Pflegebetreuungsbeihilfe für ein gesundes Kind beträgt 200 GEL und 300 GEL für ein behindertes Kind. Ist die Betreuungshilfe für ein nicht verwandtes Kind gedacht, dann beträgt sie 15 GEL am Tag bzw. im Falle einer vorliegenden Behinderung 20 GEL am Tag.

Eine weitere Form der Beihilfe stellt die Familienfürsorgebeihilfe dar, die gewährt wird, wenn ein Erwachsener aus einer speziellen Einrichtung in ein familiäres Umfeld geholt wird, um ihm in einem familiären Umfeld die notwendige Zuwendung zukommen zu lassen

Bedürftige Personen können soziale Beihilfe in Form von Sachleistungen in Anspruch nehmen. Für präventive und reintegrative Zwecke können auch Kinder und/oder ihre Familien die Leistungen erhalten, wenn die familiäre Situation der Grund für die Vernachlässigung der Kinder ist und ihnen Unterstützung gewährt werden muss, um in ihrer eigenen Familie leben zu können.

Das Sozialpaket ist eine monatliche Finanzleistung, deren Höhe, Anspruchsberechtigte, Vergaberichtlinien und Konditionen von der georgischen Regierung festgelegt werden.

Die georgischen Sozialleistungen umfassen den Unterhalt von spezialisierten Einrichtungen, in denen hilfsbedürftige Menschen auf Staatskosten oder mit Unterstützung vom Staat leben können. Familien, die unterhalb der Armutsgrenze leben, werden in diesen Einrichtungen auf Staatskosten versorgt.

Die Zahlung von Arbeitslosengeld wurde im Mai 2006 eingestellt. Als Folge der Abschaffung des Arbeitsgesetzes gibt es keine legale Basis mehr für die Zahlung einer solchen Beihilfe. Ein System privater Arbeitslosenversicherer ist noch nicht entwickelt worden. Daher erhalten Arbeitslose in Georgien keine Unterstützung (IOM 06.2014).

Das seit dem 6. Februar 2014 in Kraft getretene Gesetz über IDPs aus den besetzten Gebieten Georgiens gewährt den Vertriebenen ohne Unterschied 45 GEL monatlich, so deren Bruttoeinkommen 1.250 GEL nicht übersteigt. Zuvor wurde unterschieden, ob ein Interner Flüchtling privat (22 GEL pro Monat) oder staatlicherseits (28 GEL pro Monat) untergebracht wurde. Ungeklärt bleibt laut dem Büro des Ombudsmannes, wie sich die Kosten für Strom auswirken, die in der alten Regelung noch vom Staat bezahlt wurden, und das Einkommen eruiert bzw. definiert wird (PD 2013).

Familien, die unter der Armutsgrenze leben, können um Sozialhilfe ansuchen. Dafür muss der Vertreter der Familie zunächst ein Ansuchen für sich und alle übrigen Familienmitglieder stellen, um in das staatliche Register für besonders schutzbedürftige Familien aufgenommen zu werden. Danach besucht ein Vertreter des Sozialamtes die Familie Vorort, wobei in der "Familiendeklaration" der sozio-ökonomische Stand der Familie festgestellt wird. Mittels eines Punktevergabesystems wird die Bedürftigkeit festgestellt. Bis zu einem Wert von 57.000 Punkten besteht der Anspruch auf finanzielle Unterstützung wie folgt: 60 GEL für Alleinstehende; ab zwei Personen erhält das älteste Familienmitglied 60 GEL und alle anderen 48 GEL pro Monat. Ausschlussgründe sind insbesondere die Arbeitsaufnahme eines Familienmitgliedes, Gefängnishaft, Militärdienst oder ein Auslandsaufenthalt von mehr als drei Monaten. Die Sozialhilfe kann nicht gleichzeitig mit der staatlichen "Haushaltsunterstützung" oder der monatlichen Zahlung an Flüchtlinge bezogen werden. Eine neuerliche Verifizierung des Status steht an, wenn sich die Demographie der Familie ändert, die Arbeitsaufnahme oder sonstige legale Einkommen vorliegen bzw. der Verlust dieser, ein Wohnortswechsel erfolgt, der Behindertenstatus festgestellt wird, oder sonst Gründe vorliegen, welche die wirtschaftliche Lage der Familie verändert haben. Wenn mehr als ein Jahr nach der Registrierung verstrichen sind, so ist dies per se ein Grund für eine neuerliche Verifizierung des Status (SSA o.D.a.).

Das Büro des Ombudsmanns vermerkt in seinem Bericht für 2013, dass das Sozialamt überproportional hohe Punktewerte bei der Einschätzung der sozio-ökomischen Lage der ansuchenden Familien vergab. Dies hätte zu einer Überschreitung des Grenzwertes der Förderfähigkeit geführt. Eine Fallstudie hätte gezeigt, dass insbesondere Leistungsempfänger, die eine Alterspension als einzige Einkommensquelle angaben, Probleme bekamen. Der Ombudsmann kritisierte, dass bei der Bestandsaufnahme der wirtschaftlichen Situation diese zu sehr von der subjektiven Einschätzung des jeweiligen Beamten abhinge. Als gesondertes Problem wurde angeführt, dass Obdachlose keinen Anspruch auf Sozialhilfe stellen können, weil sie über keinen Wohnsitz verfügen (PD 2013).

Im Falle einer Schwangerschaft oder bei Adoption eines Kindes besteht das Recht auf 730 Tage Mutterschafts- und Pflegeurlaub, von denen 183 Tage bezahlt sind. Bei Komplikationen bei der Geburt oder der Geburt von Zwillingen werden 200 Tage bezahlt. Die Einteilung der Karenzzeit kann mit Beginn der Schwangerschaft frei gewählt werden. Angestellte, die ein Kind unter 12 Monaten adoptieren, können 550 Tage freinehmen, wovon 90 Tage bezahlt sind. Laut Gesetz darf das vom Sozialamt ausbezahlte Geld die Summe von 1.000 GEL nicht überschreiten. Der georgische Ombudsmann begrüßte die seit 1. Jänner 2014 in Kraft getretene Reform des Arbeitsrechts, weil die Dauer der Karenzzeit und die finanzielle Unterstützung erhöht wurden (PD 2013).

Quellen:

22. Medizinische Versorgung

Im Rahmen des Entwicklungsprogramms des klinischen Versorgungsnetzwerkes wird das georgische Krankenhaussystem betrieben. Zum heutigen Zeitpunkt gibt es 100 entweder neu eröffnete oder renovierte funktionierende Krankenhäuser in Tiflis und den umliegenden Regionen. 2011 wurden die medizinischen Einrichtungen, die zu 100% mit staatlichen Mitteln finanziert wurden, auf regionaler Ebene umorganisiert, so dass heute die von diesen medizinischen Einrichtungen angebotenen Leistungen in die neu errichteten medizinischen Einrichtungen integriert worden sind. Bis zu 40 solcher medizinischer Zentren mit integriertem ambulantem Pflegedienst, prästationären Diensten und weiteren klinischen Versorgungen existieren zurzeit in den verschiedenen Regionen des Landes. Laut der Resolution Nr. 92 der georgischen Regierung vom 15. März 2012 bezüglich der "Bewilligung des staatlichen Gesundheitsprogramms 2012", können georgische Staatsbürger Leistungen von folgenden staatlichen Programmen in Anspruch nehmen:

a) ambulante Leistungen:

a. a) psychiatrische ambulante Leistungen (decken Leistungen für Patienten mit verschiedenen Nosologien, die vom Hausarzt/Bezirksarzt oder einer stationären psychiatrischen Klinik überwiesen wurden, registrierte Patienten oder Patienten, die sich selbst in ambulante Behandlung begeben (nachdem die Diagnose bestätigt wurde), ab)

a. b) Psychosoziale Rehabilitation

a. c) Psychische Verfassung von Kindern

a. d) Psychiatrische Krisenintervention bei Erwachsenen

b) Stationäre Leistungen:

Die Serviceleistungen werden vollständig abgedeckt, ohne eine Zuzahlung seitens des Patienten, außer bei mentalen und Verhaltensstörungen, die durch Alkoholmißbrauch begründet sind. Solche Leistungen werden durch ein staatliches Programm mit 70% gedeckt. Eine Ausnahme stellt die Alkoholvergiftung (F10.0) dar, die vollständig abgedeckt wird.

Das Programm bietet folgende Leistungen, mit Ausnahme von Anti-Tuberkulose Medikamenten und Tuberkulose Diagnosetests, welche von Hilfsorganisationen angeboten werden:

a) Ambulante Leistungen:

b) Begleitung bei der epidemiologischen Überwachung und Tuberkulose Programmmanagement

c) Laborkontrolle, inklusive Bestätigung der Verdachtsfälle durch ein Labor und spezielle Untersuchungen von Patienten, die am Behandlungsprozess beteiligt sind

d) Stationäre Leistungen: Die Leistungen sind über dieses Programm vollständig abgedeckt und bedürfen keiner Zuzahlung des Patienten.

a) Freiwillige Beratung und HIV/AIDS-Test von Risikogruppen;

b) Ambulante Behandlung von Personen, die an HIV/AIDS erkrankt sind (ausgenommen antiretroviraler Medikamente, die von Hilfsorganisationen ausgegeben werden)

c) Stationäre Behandlung von Personen, die an HIV/AIDS erkrankt sind (ausgenommen antiretroviraler Medikamente, die von Hilfsorganisationen ausgegeben werden) Die Leistungen sind über dieses Programm vollständig abgedeckt und bedürfen keiner Zuzahlung des Patienten.

a) Untersuchungen der Brust, des Uterus, Kolorektaluntersuchungen und Untersuchungen zur Früherkennung von Prostatakrebs

b) Entwicklungsstörungen bei Kindern, Früherkennung und Untersuchung von Krankheiten

c) Diagnose und Überwachung von Epilepsie

Die Leistungen sind über dieses Programm vollständig abgedeckt und bedürfen keiner Zuzahlung des Patienten.

a) Die Bereitstellung von Impfungen zur Immunisierung und dem dazu benötigten Material (Spritzen und Sicherheitsbehältern)

b) Immunpräventive Impfbesuche, die gemäß dem nationalen Kalender abgehalten werden

c) Die Verteilung von Medikamenten gegen Tollwut

Die Leistungen sind über dieses Programm vollständig abgedeckt und bedürfen keiner Zuzahlung des Patienten.

a) Pränatale Überwachung

b) Die Behandlung von Risikoschwangeren, Gebärenden und Frauen im Wochenbett

c) Die Früherkennung von Gendefekten

d) Die Gewährleistung der Erkennung von Hepatitis B, HIV/AIDS und Syphilis, und der Schutz vor einer Übertragung von Hepatitis B von Mutter zu Kind

e) Die Untersuchung von Kindern und Neugeborenen auf Hypothyreose, Phenylketonurie Hyperphenylalaninämie und Mukoviszidose

f) Die Untersuchung des Hörvermögens von Neugeborenen

Die Leistungen dieses Programms sind vollständig abgedeckt und benötigen keine Zuzahlung durch den Patienten, ausgenommen davon ist die Behandlung von Risikoschwangeren, Gebärenden und Frauen im Wochenbett, bei der eine 25%ige finanzielle Beteiligung erforderlich ist.

a) Die Bereitstellung von Leistungen für Kinder, die an Diabetes leiden

b) Spezielle ambulante Behandlung, die eine Überwachung der Titrierdosis für Patienten mit Diabetes Typ 1 und Typ 2 durch einen Endokrinologen einschließt, aber auch relevante medizinische Schulungen der Teilnehmer des Programms bietet, Konsultation von Neuropathologen, Ophthalmologen, Kardiologen, Angiologen und Diätassistenten, basierend auf den endokrinologischen Empfehlungen und Labortests (in Übereinstimmung mit den geltenden Regularien).

c) Die Bereitstellung der spezifischen Medikamente für die Bevölkerung, die an Diabetes (Typ 1 und 2) leidet

Die Leistungen des Programmes sind vollständig abgedeckt und bedürfen keiner Zuzahlung durch den Patienten, außer bei der spezialisierten ambulanten Behandlung, bei der eine 30%-ige Zuzahlung durch insulinbedürftige Patienten und Patienten mit Diabetes insipidus vorgesehen ist. Eine 50%-ige Zuzahlung gilt für nicht-insulin-bedürftige Patienten mit Diabetes. Die Zuzahlungspflicht gilt nicht für Personen, die Leistungen auf Basis der Resolution N 218 der georgischen Regierung vom 9.12.2009 in Anspruch nehmen. Die Inanspruchnahme spezialisierter ambulanter Dienste kann einmal jährlich erfolgen.

a) Die Durchführung von Blutdialysen

b) Die Durchführung von Bauchfelldialysen

c) Die Bereitstellung und Verteilung von Materialien und Medikamenten, um eine Blutdialyse und Bauchfelldialyse durchführen zu können

d) Die Durchführung von Nierentransplantationsoperationen

e) Die Bereitstellung von Immunsuppressivmedikamenten für Transplantatempfänger

Die Leistungen, die von diesem Programm angeboten werden, sind vollständig abgedeckt und benötigen keine Zuzahlung durch den Patienten.

a) Eine ambulante palliative Betreuung von unheilbar Kranken, welche eine palliative Betreuung von unheilbar Kranken zu Hause durch mobile Teams in Tiflis, Kutaisi, Telavi, Zugdidi, Ozurgeti und Gori beinhaltet

b) Eine stationäre palliative Betreuung und symptomatische Behandlung von unheilbar Kranken (eingeschlossen derer, die an AIDS leiden)

c) Die Bereitstellung von analgetischen (narkotischen) Medikamenten für georgische Staatsbürger und Personen, die in Georgien leben

Die Leistungen werden vollständig vom Programm übernommen und benötigen keine Zuzahlung durch den Patienten, ausgenommen der stationären Betreuung von unheilbar Kranken und deren symptomatische Behandlung, bei denen eine Zuzahlung basierend auf dem Alter notwendig ist.

a) Ambulante Pflege von Kindern unter 18 Jahren mit seltener Erkrankung gemäß der Regularien

b) Stationäre Behandlung von Kindern unter 18 Jahren, die sich in einer dauerhaften Substitutionstherapie befinden bzw. wegen einer seltenen Erkrankung in Behandlung sind

c) Ambulante und stationäre Leistungen für Erwachsene und Kinder, die an Hämophilie und anderen vererbbaren Blutgerinnungsstörungen leiden.

d) Bereitstellung gesonderter Medikamente für Patienten mit selten Erkrankungen, wie Phenylketonurie, Zystische Fibrose, Agammaglubolinaemie nach Bruton, hormonellen Wachstumsstörungen.

Die Leistungen des Programmes werden vollständig übernommen und bedürfen

keiner Zuzahlung durch den Patienten.

a) Leistungen des Notfallkrankenwagens

b) Medizinischer Transport

Die Leistungen sind vollständig abgedeckt und benötigen keine Zuzahlung durch den Patienten.

Das Programm deckt die primäre Gesundheitsversorgung in Dörfern, die laut dem Umfang der Leistungen durch eine spezielle Resolution festgesetzt wurden, ab, es werden aber auch sowohl stationäre aber auch ambulante Leistungen von den medizinischen Einrichtungen, die speziell finanziert werden, angeboten.

a) Die stationäre Entgiftung und primäre Drogentherapie

b) Das Angebot von Substitutionstherapie und die Ausgabe von Substitutionsmedikamenten in Tiflis und den Regionen (Kakheti, Imereti, Guria, Samegrelo, Zemo Svaneti), wobei der Patient eine Zuzahlung in Höhe von 150 GEL pro Monat leisten muss. Dies gilt nicht für HIV-Patienten und Mitglieder von Familien, die in der vereinheitlichten Datenbank für sozial gefährdete Familien, deren Einschätzungsrate 70.000 Punkte nicht übersteigen darf, registriert sind.

Das Programm bietet folgende Leistungen für Personen ab 60 Jahren:

a) Behandlung in Krisensituationen (für die ersten 6 Monate)

b) Stationäre Behandlung von Krankheiten die in der speziellen offiziellen Resolution gelistet sind.

Der Patient muss eine 25%ige Zuzahlung leisten, die Kosten für eine Behandlung in Krisensituationen wird für die ersten 6 Tage vollständig vom staatlichen Programm übernommen.

Die Programmleistungen umfassen ambulante und stationäre Behandlungen von Kindern unter 18 Jahren mit onko-hämatologischem Befund; ausgenommen sind Leistungsempfänger, die unter die Resolution N 218 vom 9.12.2009 fallen.

Die Leistungen sind vollständig abgedeckt und bedürfen keiner Zuzahlung durch den

Patienten.

Leistungsempfänger sind georgische Staatsbürger und ausländische Staatsbürger, die ihren dauerhaften Aufenthalt in Georgien haben, sowie staatenlose Personen. Eine Ausnahme stellen die unter die Resolutionen N 218 und N 165 fallenden Personen dar. Die stationäre Behandlung von Infektionskrankheiten wird durch das Programm gedeckt.

Eine Zuzahlung im Rahmen des Programmes erfolgt nach folgendem Schema:

a) für Personen unter 18 Jahren beträgt die Zuzahlung 20% der tatsächlichen Kosten (80% werden vom Staat gedeckt).

b) Personen zwischen 18 und 60 Jahren zahlen 50% der tatsächlichen Kosten (50% werden vom Staat gedeckt).

c) Personen, die älter als 60 Jahre sind, übernehmen eine Zuzahlung in Höhe von 30% der tatsächlichen Kosten (70% werden vom Staat gedeckt).

a) Kardiologische chirurgische Behandlungen von Patienten mit angeborenen Herzerkrankungen (unabhängig vom Alter)

b) Kardiologische chirurgische Behandlungen von erworbenen Herzerkrankungen und Erkrankungen der Hauptarterien (für Personen ab 60 Jahren)

c) Koronare Angioplastie (Setzen von Stents) (für Personen ab 60 Jahren)

Die Behandlung von angeborenen Herzerkrankungen ist für Personen bis 18 Jahren vollständig abgedeckt; Personen über 18 Jahren ist eine Zuzahlung von 30% vorgeschrieben.

a) Die stationäre Behandlung von Kindern

b) Die Notfallbehandlung von Kindern

Bei einer stationären Komponente ist eine 20%ige Zuzahlung für den Patienten vorgesehen. Ausgenommen hiervon sind Krisensituationen und Neonatologie, welche vollständig abgedeckt werden und keinerlei Zuzahlung bedürfen. Auch bei der Notfallbehandlung von Kindern ist keine Zuzahlung erforderlich.

Medikamente: Alle Arten von Medikamenten sind in Georgien erhältlich, sowohl als Original als auch als Generikum. Es gibt mehrere große Apothekenketten wie GPC (www.gpc.ge ), PSP (www.psp.ge ), und AVERSI (www.aversi.ge ).

Krankenversicherung: Am 28.2.2013 ist das neue allgemeine staatliche Gesundheitsprogramm in Kraft getreten. Das Programm garantiert Krankenversicherung für alle unversicherten Einwohner von Georgien. Mitglieder der gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung sind daher nicht durch das Programm abgedeckt. Zum ersten Mal in der jüngeren Geschichte von Georgien sind daher sowohl georgische Staatsbürger, als auch Inhaber neutraler Identifikationsdokumente und -pässe sowie Staatenlose krankenversichert. Das Programm wird von der Sozialversicherungsagentur durchgeführt. Die Krankenversicherungsprogramme, die 2007 und 2012 begonnen haben und insgesamt ca. 2,1 Millionen Menschen abdecken, versichern sozial gefährdete und Menschen im Rentenalter, Kinder bis zum Alter von 5 Jahren, Schüler und Studenten, behinderte Kinder und Erwachsene mit schweren Behinderungen. Private Versicherungsprogramme implementieren die Programme.

Die Programmleistungen beinhalten:

a) ambulante Behandlungen

b) dringende ambulante oder stationäre Behandlung in Notfällen

Die Behandlung wird vollständig vom Staat gedeckt und bedarf keiner Zuzahlung durch den Patienten. Die Grenze für einen stationären Notfall liegt bei 15.000 GEL (IOM 06.2014).

Es gibt in Georgien zwölf Verwaltungseinheiten im Gesundheitsbereich. Die Hauptstadt Tiflis hat die am besten entwickelte Gesundheitsinfrastruktur mit allen Arten von medizinischen Einrichtungen wie zum Beispiel: Notfallkrankenhäuser, ambulante Einrichtungen und Polikliniken, allgemeine Krankenhäuser, gynäkologische Krankenhäuser, medizinische Forschungseinrichtungen, Zahnarztpraxen und Apotheken. In Batumi sind diese Einrichtungen ebenso alle vorhanden. Jede Stadt hat mindestens ein Krankenhaus und eine ambulante Einrichtung. Rückkehrer aus dem Ausland sind der georgischen Bevölkerung gleichgestellt, in Bezug auf Ausländer und Staatenlose wurde angemerkt, dass Notfallversorgung für alle Personen, selbst solche die nicht georgische Staatsbürger sind, kostenlos ist. Um sich privat zu versichern, ist keine Staatsbürgerschaft notwendig. Das Gesundheitssystem in Georgien hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Viele staatliche Institutionen wurden privatisiert. Heute sind die meisten Kliniken gut ausgerüstet und fast jede Krankheit kann behandelt werden. Auch komplizierte neurologische und kardiologische Operationen werden durchgeführt. Im Großen und Ganzen hat die medizinische Versorgung in Georgien in den letzten zwei bis drei Jahren große Fortschritte gemacht. Im Zuge der Reformen bekamen die staatlichen Krankenhäuser viel neues Equipment, wobei das Hauptaugenmerk auf Kinderkrankenhäuser und die Notfallmedizin gelegt wurde. In das Projekt "Programme of 100 Hospitals" wurde 2011 erstmalig auch die Psychiatrie und Institutionen im Bereich Drogensucht miteinbezogen. Der Regierung sind diese Bereiche momentan sehr wichtig. Im Falle von medizinischen Notfällen ist die Behandlung in den Notfallkrankenhäusern die ersten drei Tage kostenlos, danach muss der Aufenthalt nach Standardpreis bezahlt werden. Die Preise für medizinische Behandlungen sind mittlerweile standardisiert und es werden für alle Dienstleistungen Rechnungen ausgestellt. Weiters zahlt gegebenenfalls die Versicherung bzw. der Patient selbst mit Scheck. Zusätzliche Zahlungen um überhaupt behandelt zu werden gibt es nicht mehr. Das Problem der Korruption im Gesundheitswesen ist zwar noch evident, jedoch definitiv zurückgegangen und es gibt Fortschritte in der Transparenz. In den ländlichen Gebieten ist die Grundversorgung aufgrund vieler Programme, Projekte und Spender (z.B. EU, staatliche Programme) besser geworden. Dies betrifft die Infrastruktur und die Ausbildung des Personals. Medizinische Dienstleistungen sind in Tiflis teilweise 20-25% teurer als in den Regionen, auf Operationen treffe dies allerdings nicht zu. Weiters gibt es in den Regionen spezielle Programme, die es den Patienten erlauben, kostenlos Hausärzte zu konsultieren. Personen unter fünf Jahren und über 60 Jahren aus dem entsprechenden Distrikt erhalten zum Beispiel kostenlose Sprechstunden beim Hausarzt. Er wird für alle Probleme als erste Ansprechperson aufgesucht. Danach erfolgt, falls notwendig die Überweisung (BAA 04.2011).

Hepatitis: Hepatitis und die meisten Folgeerkrankungen können in Georgien behandelt werden. Die Kosten dafür sind vom Patienten selbst zu tragen. Lebertransplantationen können laut der im Zuge der FFM Georgien im April 2011 besuchten Privatklinik HEPA nicht durchgeführt werden, Patienten müssten hierzu entweder nach Aserbaidschan oder in die Türkei reisen.

Die Kosten und die Behandlungsdauer von Hepatitis hängen vom Genotyp ab. Sie betragen in der privaten Klinik HEPA:

* bei Genotyp 2 und 3 dauert die Behandlung 24 Wochen und kostet ca. 14 400 GEL (ca. 6 140 Euro)

* bei Genotyp 1 und 4 dauert die Behandlung 48 Wochen und kostet ca. 29 000 GEL (ca. 12 366 Euro)

Obwohl die Behandlung für einen durchschnittlichen georgischen Bürger nicht ohne weiteres erschwinglich ist, werden in der HEPA Klinik monatlich ca. 500 Patienten behandelt. Etwa 10% beenden die Behandlung aus Kostengründen früher. 10-15% der Patienten können sich die Behandlung selbst leisten, die restlichen Patienten müssen sich Unterstützung aus dem Freundes- und Familienkreis sichern: es werden Autos, Häuser, etc. verkauft, um dem Kranken die Behandlung zu ermöglichen. Eine weitere Möglichkeit für Hepatitis-Kranke ist einen nichtverzinsten Kredit bei der "Republik Bank" aufzunehmen. In der HEPA Klinik wird Hepatitis mittels einer wöchentlichen Injektion von Interferon behandelt. Zusätzlich müssen die Patienten Tabletten schlucken, die ihnen - im Gegensatz zum Interferon - von den Pharmafirmen kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Hepatitis-Tests und Behandlungen werden auch im Aids-Zentrum in Tiflis durchgeführt. Bis auf Lebertransplantationen können in Georgien alle Folgen von Hepatitis behandelt werden, so auch Leberzirrhosen. Die Kosten hierfür betragen 530 GEL (ca. 226 Euro) für Konsultation, Untersuchung und Behandlung. Wenn dabei keine Komplikationen auftreten liegen die Kosten bei 300 GEL (ca. 128 Euro). Davon bezahlt 60% der Staat - diese monetäre Unterstützung ist zeitlich nicht limitiert (BAA 06.2011).

2013 wurde auf Initiative der Weltgesundheitsorganisation - WHO eine Kampagne gegen Hepatitis gestartet. Die wesentlichen Herausforderungen in Georgien waren der mangelnde Zugang zur Behandlung von Hepatitis C infolge der hohen Behandlungskosten sowie der Bedarf eines Aufklärungsprogrammes, wie die Krankheit vermieden werden kann. NGOs appellierten an die Pharmafirmen die Preise zu senken und organisierten Treffen zwischen Patientengruppen, Gesundheitsexperten und Pharmafirmen. Die Kampagne wurde in den Massenmedien intensiv hervorgehoben (WHO 30.9.2013). Ab Juli 2014 war vorgesehen, dass Hepatitis-C-Patienten 60 Prozent weniger für die notwendige Medikation zu zahlen hätten (CoE/ECSR 26.12.2014).

Quellen:

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1422965667_georgia8-en.pdf , Zugriff 6.3.2015

23. Behandlung nach Rückkehr

Asylwerber, die von Österreich nach Georgien außer Landes gebracht werden, sind in Georgien keiner strafrechtlichen Verfolgung ausgesetzt, nur weil sie in Österreich um Asyl angesucht haben. (VB 3.2.2014)

Jüngst wurden verschiedene Projekte mit dem Ziel der Unterstützung der Reintegration zurückkehrender georgischer Migranten umgesetzt. Grundlegend für die Reintegration ist dabei die Anerkennung im Ausland erworbener Qualifikationen. Dafür ist das Nationale Zentrum für die Verbesserung der Ausbildungsqualität zuständig. Das Hauptziel ist die Reintegration des Heimkehrers in den georgischen Arbeitsmarkt. Zu diesem Zweck erhalten sie Training und Hilfe bei der Arbeitssuche (RSCAS 2013).

Die Migrationsstrategie der georgischen Regierung zielt u.a. auf die Unterstützung der Rückkehr georgischer Bürger und deren würdige Reintegration, also Umsetzung internationaler Abkommen und nationaler Gesetze in Bezug auf die Reintegration georgischer Bürger, Verbesserung der Kapazitäten zu deren Reintegration, Anerkennung von im Ausland erworbenen Qualifikationen (MPC 06.2013).

Um die Reintegration heimkehrender georgischer Migranten zu unterstützen, wurde mit EU-Unterstützung ein Mobilitätszentrum im Rahmen der Mobilitätspartnerschaft geschaffen. Das Zentrum hilft Rückkehrern durch einen persönlichen Reintegrationsplan, der auch einen Businessplan beinhaltet und wo nötig auch medizinische Hilfe und zeitweilige Unterbringung bietet. Die georgische Migrationsstrategie 2013-2015 wurde im März 2013, der dazugehörige Aktionsplan im Juni 2013 beschlossen, und mit Hilfe von EU-Experten im Kontext des Mobility Partnership Targeted Initiative-Projekts umgesetzt (EC 15.11.2013).

Im Bereich des Migrationsmanagements trat am 1.September 2014 das "Gesetz über den Rechtsstatus von Fremden und staatenlosen Personen" in Kraft. Eine Abteilung für Migration wurde am selben Tag innerhalb des Innenministeriums errichtet. Das Mobilitätszentrum setzte seine Aktivitäten innerhalb des EU-finanzierten Projekts; "Comprehensive Post-Arrival Reintegration Assistance Programme for Returned Migrants" fort. Nichtsdestoweniger wurden Vorkehrungen getroffen, damit das "Ministerium für IDPs" sukzessive das Management des Zentrums übernimmt. Die Errichtung einer temporären Unterkunft für illegale Migranten wurde im Sommer 2014 finalisiert (EC 29.10.2014).

Quellen:

2. Beweiswürdigung:

Die Identität der Beschwerdeführerin konnte mangels Vorlage eines identitätsbezeugenden Dokumentes mit Lichtbild nicht zweifelsfrei festgestellt werden. Die Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführerin ist angesichts ihrer Sprach- und Ortskenntnisse plausibel.

Das Datum der Antragstellungen und die Ausführungen zum bisherigen Verfahrensgang ergeben sich aus dem Akteninhalt.

Die Feststellungen zum Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin sowie zu sonstigen im Hinblick auf eine Ausweisung relevanten Aspekten ergeben sich aus dem Akteninhalt.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin leiten sich einerseits aus den vorgelegten medizinischen Befunden und Bestätigungen über Krankenhausaufenthalte, andererseits aus den diesbezüglich glaubwürdigen Angaben der Beschwerdeführerin im Verfahren, insbesondere in der mündlichen Beschwerdeverhandlung, ab.

Dass die Erkrankungen der Beschwerdeführerin in Georgien behandelbar sind und die von ihr benötigten Medikamente im Herkunftsstaat erhältlich sind, geht aus der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 15.09.2015 hervor. Demnach ist den in der Anfragebeantwortung zitierten Quellen zu entnehmen, dass sowohl die postoperative ärztliche Betreuung als auch die medikamentöse Therapie durch die nötigen Präparate gewährleistet sind.

Die strafgerichtliche Unbescholtenheit der Beschwerdeführerin ergibt sich aus der eingeholten Strafregisterauskunft.

Die Feststellungen zu Georgien beruhen auf einer Vielzahl unbedenklicher, seriöser und aktueller Quellen, deren Inhalt schlüssig und widerspruchsfrei ist. Die Beschwerdeführerin ist den Länderberichten in der mündlichen Beschwerdeverhandlung nicht entgegengetreten.

Die Feststellung, wonach die Beschwerdeführerin eine asylrelevante Verfolgung nicht glaubhaft machen konnte, beruht auf folgenden Erwägungen:

Was das Fluchtvorbringen der Beschwerdeführerin betrifft, so hat bereits die belangte Behörde völlig zu Recht ausgeführt, dass daraus nicht glaubhaft entnommen werden konnte, dass die Beschwerdeführerin aus den von ihr genannten Gründen ihren Herkunftsstaat verlassen hat.

So erklärte die Beschwerdeführerin quer durch das ganze Asylverfahren, ab Jänner 2011 bei der Partei "Demokratische Bewegung - Vereintes Georgien" Mitglied gewesen zu sein. Bereits zuvor habe sie sich oppositionell betätigt, wobei sie den Beginn ihrer oppositionellen Tätigkeit mit dem Verlust ihrer Beschäftigung im Jahr 2005 begründete.

Bereits die belangte Behörde legte anschaulich dar, dass die Beschwerdeführerin ihren Ausführungen nach nur einfaches Parteimitglied gewesen ist. So erklärte sie am 05.09.2011 auf ausdrückliche Befragung, dass sie innerhalb der Partei keinerlei Funktion gehabt habe und einfaches Mitglied gewesen sei. Die Partei habe sehr viele Mitglieder gehabt, sie wisse aber nicht wie viele, da sie keine Sekretärin gewesen sei. Zumal die Ausführungen betreffend ihre Mitgliedschaft unmissverständlich sind und sie auch in ihren weiteren Einvernahmen nicht dargelegt hat, eine hervorgehobene Position innegehabt zu haben, muss ihre Behauptung in der Beschwerde, wonach sie für die Mitliederwerbung zuständig gewesen sei, als unglaubwürdige Steigerung gewertet werden.

Bei der Partei der Beschwerdeführerin handelt es sich nach ihren Ausführungen um eine legale Oppositionspartei, die in Georgien nicht verboten ist, was sich auch mit den von der belangten Behörde eingeholten Informationen aus dem Internet deckt, mit welchen die Beschwerdeführerin in ihrer Einvernahme am 08.07.2011 konfrontiert wurde.

Laut ihren Ausführungen vor dem Bundesasylamt sei die Beschwerdeführerin mehrmals von der Polizei befragt worden, wobei diese Befragungen in Zusammenhang mit ihrer oppositionellen Betätigung bzw. ihren Demonstrationsteilnahmen erfolgt sein sollen. Weitere Konsequenzen hat sie nicht zu gewärtigen gehabt.

Die Beschwerdeführerin erklärte auch ausdrücklich, dass sie bis zum letzten Tag vor der Ausreise ihren Handel betrieben hat.

Unter diesen Gegebenheiten hat sich die belangte Behörde vollkommen zurecht auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gestützt, wonach in Zusammenhang mit der Teilnahme an verbotenen Demonstrationen stehende polizeiliche Maßnahmen nicht als Verfolgungshandlung im Sinne der in der GFK genannten Gründe anzusehen sind. Die Beschränkung des Versammlungsrechtes, des Rechtes auf Abhaltung von Demonstrationen wie auch überhaupt des Rechtes auf freie Meinungsäußerung können nicht als individuelle Verfolgung eines Asylwerbers gewertet werden. Behördliche Nachforschungen nach einem Asylwerber wegen seiner den Behörden bekanntgewordenen Teilnahme an Demonstrationen sind für sich allein nicht geeignet, Verfolgung bzw. begründete Furch vor einer solchen darzutun. (VwGH 19.06.1997, 95/20/0774).

Das Bundesasylamt hat dahingehend richtig erkannt, dass im konkreten Fall der Beschwerdeführerin weitere, erschwerende Umstände nicht gegeben sind. Die Beschwerdeführerin war lediglich einfache Demonstrationsteilnehmerin, insbesondere keine Organisatorin oder Funktionärin der Demonstrationen. Die Beschwerdeführer hat auch nicht darlegen können, politisch dermaßen engagiert gewesen zu sein bzw. sich derart hervorgetan zu haben, dass sie im Vergleich zur Masse der protestierenden Bevölkerung aufgefallen wäre und den Behörden ihres Herkunftsstaates als für die Belange der Partei "Demokratische Bewegung - Vereintes Georgien" in besonderem Maße eintretend bekannt geworden wäre.

Die Beschwerdeführerin hat vor der belangten Behörde ein sehr ausführliches Vorbringen erstattet, wobei dieses betreffend die wesentliche Frage, welcher individuellen Verfolgung die Beschwerdeführerin im Herkunftsstaat ausgesetzt gewesen sein soll, trotz intensiver Nachfrage auffallend oberflächlich und vage geblieben ist. Auch haben sich Ungereimtheiten in ihren Ausführungen betreffend die Ereignisse kurz vor ihrer Ausreise ergeben.

So schilderte sie am 05.09.2011, dass sie an nicht genehmigten Demonstrationen am 07.11.2007, am 21.02.2008, am 04.04.2009 und am 21.05.2011 teilgenommen habe. Am 28.04.2011 sei sie von den Behörden zur Befragung mitgenommen und einen Tag lang festgehalten worden. Auf ausdrückliche Nachfrage, verneinte sie, im Mai 2011 von der Polizei befragt worden zu sein. Vielmehr beharrte sie darauf, nur im April 2011, nach der Demonstration vom 09.04.2011 befragt worden zu sein. (AS 129)

In ihrer vorangegangenen Einvernahme hat die Beschwerdeführerin jedoch im Gegensatz dazu noch erklärt, dass sie im Mai 2011 (um den 21.05.2011) - wie ihr Freund - zur Polizei gebracht worden sei. Sie seien nebeneinander gesessen und parallel gefragt worden. Ihr Freund sei eine Woche lang festgehalten worden, die Beschwerdeführerin sei am gleichen Tag wieder freigelassen worden. (AS 73) Nach entsprechendem Vorhalt am 05.09.2011 meinte sie, dass sie nur in ihrer Wohnung befragt worden sei, sie jedoch von der Polizei nicht zur Polizeidienststelle mitgenommen worden sei. Sie sei am 28.04.2011 mit ihrem Freund gemeinsam aus der Wohnung zur Polizei in RUSTAVI mitgenommen worden. (AS 129)

Dass die Beschwerdeführerin offensichtlich tatsachenwidrig versucht, ihrem Vorbringen mehr Relevanz zu verleihen, wird auch deutlich, wenn sie am 08.07.2011 im Zusammenhang mit den Demonstrationen oberflächlich schildert, dass viele Menschen getötet worden seien, was mit den eingeholten und der Beschwerdeführerin entgegengehaltenen Internetrecherchen nicht übereinstimmt. Auch ihr Beschwerdevorbringen, wonach sie im Zuge ihrer Anhaltung vom 28.04.2011 massiv bedroht worden sei, an ihrer Wohnadresse ständig bedroht worden sei und sie von der Polizei danach ständig kontrolliert und schikaniert worden sei, ist eine offensichtliche tatsachenwidrige Steigerung ihres Vorbringens. Ein derartiges Vorbringen lässt sich aus ihren Ausführungen vor dem Bundesasylamt in keiner Weise ableiten. Vielmehr erklärte sie vor dem Bundesasylamt am 05.09.2011 unmissverständlich zur Zeit nach dem 28.04.2011 bis zur Ausreise befragt, es sei dann nichts mehr passiert. Sie sei freigelassen worden. Weitere Konsequenzen habe es nicht gegeben. Sie sei am nächsten Tag wieder zu ihrem Verkaufsstand gegangen, um ihre Waren zu verkaufen (AS 129).

Ebenso als bloße Schutzbehauptung sind demnach ihre Ausführungen zu werten, wonach gleich nach ihrer Flucht bei ihren Nachbarn nach der Beschwerdeführerin gefragt worden sei. Auch bei ihrem Freund sei mehrmals nachgefragt und gesucht worden und sei dessen Wohnung ständig observiert worden. Ein derartiges Vorbringen blieb während zwei ausführlichen Einvernahmen vor dem Bundesasylamt vollkommen unerwähnt und dies obwohl die Beschwerdeführerin mit ihrem Freund in Kontakt gestanden sein soll. Die Beschwerdeführerin erklärte in diesem Zusammenhang am 05.09.2011, vor zwei Tagen zuletzt mit ihrem Freund telefoniert zu haben.

Die ständige Nachfrage bzw. das Interesse an der Beschwerdeführerin nach ihrer Ausreise aus dem Herkunftsstaat ist letztlich auch mit ihrer dargelegten Position innerhalb ihrer Partei - einfaches Parteimitglied ohne Funktion - nicht plausibel.

Letztlich spricht auch die gewählte Form der Ausreise der Beschwerdeführerin mit dem Linienbus nach TIFLIS und mit dem Zug weiter nach BATUMI gegen die dargelegte Observierung der Beschwerdeführerin durch die Polizei.

Gegen eine Verfolgung der Beschwerdeführerin spricht schließlich auch, dass sich ihr Freund nach wie vor in Georgien - noch dazu in RUSTAVI - aufhält. So erklärte sie sowohl am 07.07.2011 als auch am 05.09.2011, dass sich dieser in RUSTAVI aufhalte. Diese Angaben hielt sie auch in der mündlichen Beschwerdeverhandlung aufrecht.

Die Beschwerdeführerin erklärte zwar quer durch das ganze Verfahren, dass ihr Freund vorhabe, aus dem Herkunftsstaat auszureisen, doch ist dies nach wie vor nicht erfolgt.

Zumal den Behörden im Herkunftsstaat die Beziehung der Beschwerdeführerin und ihres Freundes bekannt gewesen sein soll - diese sollen gemeinsam befragt worden sein und soll nach der Ausreise der Beschwerdeführerin bei ihrem Freund ständig nach der Beschwerdeführerin gefragt worden sein -, ist nicht nachvollziehbar, dass sich der Freund, der sich viel intensiver für dieselbe Partei wie die Beschwerdeführerin engagiert haben soll, nach wie vor im Herkunftsstaat aufhalten kann.

Weiteres Indiz gegen die behauptete Verfolgung ist schließlich, dass die Beschwerdeführerin keinerlei Beweismittel für ihr Vorbringen vorlegen konnte. Selbst ihre Identität ist nach wie vor ungeklärt. Dies ist der Beschwerdeführerin umso mehr vorzuwerfen, als sie bereits in der Einvernahme am 08.07.2011 erklärte, dass ihr Freund vorhabe, Georgien zu verlassen und dieser der Beschwerdeführerin versprochen habe, alle Beweismittel und Dokumente mitzunehmen (AS 69). Zumal die Beschwerdeführerin in der Einvernahme am 05.09.2011 erklärte, mit ihrem Freund in telefonischem Kontakt zu stehen, ist nicht nachvollziehbar, dass dieser der Beschwerdeführerin nach wie vor keine entsprechenden Dokumente übermittelt hat. Unter diesen Gegebenheiten erscheint es vollkommen konstruiert, wenn die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde (02.12.2011) meint, dass sich auf der Facebookseite ihres Freundes Informationen und Beweise zu ihrem Vorbringen finden würden, die Seite jedoch derzeit gesperrt sei, die Beschwerdeführerin den Grund hiefür recherchieren werde und diesen in einer Beschwerdeergänzung bekannt geben werde. Einerseits hätte die Beschwerdeführerin Monate Zeit gehabt entsprechende Beweise (auch aus Facebook) vorzulegen, andererseits ist sie in ihrer Beschwerdeergänzung überhaupt nicht mehr auf die Facebook Seite ihres Freundes eingegangen. Vielmehr erklärte sie in ihrer Beschwerdeergänzung, dass ein Foto existieren würde, auf dem ihr Freund und der Vorsitzende einer Oppositionspartei zu sehen seien, welches sich jedoch bei ihrem Freund befinde. Unabhängig von der Verfügbarkeit oder der Existenz eines derartigen Fotos ist daraus kein Hinweis auf die Person der Beschwerdeführerin ersichtlich. Aus der bloßen Existenz eines derartigen Fotos ist eine Verfolgungsgefahr für die Beschwerdeführerin überhaupt nicht erkennbar.

Im Herkunftsstaat - insbesondere in RUSTAVI - halten sich schließlich die nahen Angehörigen der Beschwerdeführerin unbehelligt auf und wäre bei einem tatsächlichen anhaltenden intensiven Interessen der georgischen Behörden an der Beschwerdeführerin wohl bei diesen nach der Beschwerdeführerin gesucht worden.

In der mündlichen Beschwerdeverhandlung führte die Beschwerdeführerin dazu aufgefordert zu erzählen, weshalb sie abgesehen von ihrer Krankheit, Georgien verlassen habe, aus, dass der Hauptgrund das gesundheitliche Problem gewesen sei, weil in Georgien keine Transplantation durchgeführt hätte werden können. Daher sei auch keine Nachbehandlung möglich. Auf erneute Nachfrage, weshalb sie ausgereist sei, gab sie dann an, dass die politischen Probleme, die sie damals gehabt habe, jetzt nicht mehr existieren würden. Zurzeit sei ihre Gesundheit das Problem.

Aus diesen Angaben ist klar ersichtlich, dass die Beschwerdeführerin offensichtlich selbst nicht davon ausgeht, im Heimatland aktuell asylrelevant verfolgt zu werden. Obwohl der Beschwerdeführerin im Zuge der mündlichen Beschwerdeverhandlung mehrmals die Möglichkeit dazu geboten wurde, konnte diese keine aktuelle nachvollziehbare Verfolgungssituation schildern, sondern verwies mehrmals auf ihre gesundheitlichen Probleme, die es ihr unmöglich machen würden, in ihren Herkunftsstaat zurückzukehren.

In einer Zusammenschau all dieser Umstände wird für die erkennende Richterin deutlich, dass die Beschwerdeführerin im Heimatland keiner zielgerichteten Verfolgung im asylrelevanten Ausmaß ausgesetzt war und eine derzeitige Gefährdung, wie von der Beschwerdeführerin im Zuge der mündlichen Beschwerdeverhandlung zugestanden, nicht gegeben ist.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Gemäß § 75 Abs 19 AsylG 2005 sind alle mit Ablauf des 31.12.2013 beim Asylgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren vom Bundesverwaltungsgericht zu Ende zu führen.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg cit). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Artikel 130 Abs 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG, BGBl I 2012/87 idgF bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Ad I.)

Gemäß § 3 Abs 1 AsylG hat die Behörde einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist die "begründete Furcht vor Verfolgung". Die begründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn objektiver Weise eine Person in der individuellen Situation des Asylwerbers Grund hat, eine Verfolgung zu fürchten. Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr. Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen muss. Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen stellen im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr dar, wobei hierfür dem Wesen nach einer Prognose zu erstellen ist. Besteht für den Asylwerber die Möglichkeit, in einem Gebiet seines Heimatstaates, in dem er keine Verfolgung zu befürchten hat, Aufenthalt zu nehmen, so liegt eine so genannte inländische Fluchtalternative vor, welche die Asylgewährung ausschließt (vgl. VwGH E 24.03.1999, Zl. 98/01/0352).

Wie im Rahmen der Beweiswürdigung umfassend dargestellt wurde, kommt dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach diese im Heimatland asylrelevant verfolgt worden sei, keine Glaubwürdigkeit zu. In der mündlichen Beschwerdeverhandlung räumte diese selbst ein, dass die politischen Probleme nun nicht mehr bestehen würden und sie aufgrund ihrer gesundheitlichen Probleme nicht zurückkehren könne. Insgesamt hat die Beschwerdeführerin somit keine konkret und gezielt gegen ihre Person gerichtete aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität, welche ihre Ursache in einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe hätte, glaubhaft gemacht.

Auch vor dem Hintergrund der Feststellungen zur Lage in Georgien kann nicht erkannt werden, dass der Beschwerdeführerin im Herkunftsstaat eine asylrelevante Verfolgung drohen würde.

Die Beschwerde war somit aus den dargelegten Gründen gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abzuweisen.

Gemäß § 8 Abs 1 AsylG 2005 hat die Behörde einem Fremden den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn er in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z1), wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK (Recht auf Leben), Art 3 EMRK (Verbot der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung) oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 (Abschaffung der Todesstrafe) zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung nach § 7 zu verbinden (Abs 2 leg cit). Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht (Abs 3 leg cit).

Unter "realer Gefahr" ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl VwGH 99/20/0573, 19.02.2004).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder nicht effektiv verhinderbaren Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (vgl VwGH 26.06.1997, Zl. 95/18/1293 und 17.07.1997, Zl. 97/18/0336).

Gemäß Art 2 EMRK wird das Recht jedes Menschen auf das Leben gesetzlich geschützt.

Gemäß Art 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

Für die Gewährung von Abschiebeschutz ist die maßgebliche Wahrscheinlichkeit des Eintritts der Verletzung der Menschenrechte gefordert. Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre, konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen genügen hingegen nicht.

Weder aus den Angaben der Beschwerdeführerin noch aus den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens ist im konkreten Fall ersichtlich, dass jene gemäß der Judikatur des EGMR geforderte Exzeptionalität der Umstände vorliegen würde, um die Außerlandesschaffung eines Fremden im Hinblick auf außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegende Gegebenheiten im Zielstaat im Widerspruch zu Art 3 EMRK erscheinen zu lassen (VwGH vom 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443).

Für Georgien kann nicht festgestellt werden, dass in diesem Herkunftsstaat eine dermaßen schlechte wirtschaftliche Lage bzw eine allgemeine Situation herrschen würde, die für sich genommen bereits die Zulässigkeit der Rückbringung in den Herkunftsstaat iSd § 8 Abs 1 AsylG 2005 als unrechtmäßig erscheinen ließe. Auch ist kein kennzeichnender Grad willkürlicher Gewalt aufgrund eines bewaffneten Konflikts gegeben, der ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass die Beschwerdeführerin bei einer Rückkehr allein durch ihre Anwesenheit tatsächlich Gefahr laufen würde, einer individuellen Bedrohung des Lebens ausgesetzt zu sein. Die Abschiebung der Beschwerdeführerin würde sie jedenfalls nicht in eine "unmenschliche Lage" wie etwa Hungertod, unzureichende oder gar keine medizinische Versorgung, massive Beeinträchtigung der Gesundheit oder gar Verlust des Lebens, versetzen.

Es ist auch nicht davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin nach ihrer Rückkehr nach Georgien in eine ausweglose Lebenssituation geraten könnte. Insbesondere gilt es zu bedenken, dass die Beschwerdeführerin bis zum Alter von 52 Jahren in Georgien aufhältig war, dort also den überwiegenden Teil ihres Lebens verbracht hat, sie die georgische und russische Sprache beherrscht und mit den dort herrschenden Gepflogenheiten vertraut ist. Sollte die Beschwerdeführerin nicht dazu in der Lage sein, das für sich zum Überleben Notwendige zu verdienen, so ist davon auszugehen, dass für sie die Möglichkeit bestünde, Unterstützung durch ihren nach wie vor in RUSTAVI aufhältigen Lebensgefährten oder durch andere im Heimatland lebende Verwandte zu erhalten. Auch ist davon auszugehen, dass die Tochter der Beschwerdeführerin, deren Beschwerde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom heutigen Tag als unbegründet abgewiesen wurde, diese unterstützen könnte. Andernfalls bestünde für die Beschwerdeführerin die Möglichkeit staatliche Sozialleistungen in Anspruch zu nehmen. Eine völlige Perspektivenlosigkeit für die Beschwerdeführerin kann somit nicht erkannt werden. Ziel des Refoulementschutzes ist es nicht, Menschen vor unangenehmen Lebenssituationen zu beschützen, sondern einzig und alleine Schutz vor exzeptionellen Lebenssituationen zu geben.

Was den Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin betrifft, so ist festzuhalten, dass diese an einer polyzystischen Nierenerkrankung leidet und daher im Oktober 2014 eine Nierentransplantation erforderlich war. Bei der Beschwerdeführerin besteht die Notwendigkeit von engmaschigen Kontrollen und die regelmäßige Einnahme von immunsuppressiven Medikamenten.

Es wurde eine Anfrage an die Staatendokumentation durchgeführt und gleichzeitig eine Liste mit sämtlichen von der Beschwerdeführerin benötigten Medikamenten übermittelt.

Aus der diesbezüglichen Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 15.09.2015 geht hervor, dass sowohl eine postoperative ärztliche Betreuung als auch eine medikamentöse Therapie der Beschwerdeführerin gewährleistet ist. Aus der von der Staatendokumentation im Zuge der Anfragebeantwortung übermittelten Medikamentenliste ergibt sich, dass sämtliche Medikamentenwirkstoffe der der Beschwerdeführerin verordneten Medikamente auch in Georgien verfügbar sind und somit eine weitere Nachbehandlung auch in ihrem Heimatland möglich ist.

Ganz generell ist der Vollständigkeit halber ergänzend auf die dem Erkenntnis zugrundeliegenden Länderinformationen zu verweisen, wonach es in Georgien ein staatliches Gesundheitsprogramm für georgische Staatsangehörige gibt, das ambulante sowie dringende ambulante oder stationäre Behandlung in Notfällen, deren Kosten vollständig vom Staat gedeckt werden, beinhaltet. Die Hauptstadt Tiflis hat die am besten entwickelte Gesundheitsinfrastruktur mit allen Arten von medizinischen Einrichtungen. Generell sind die meisten Kliniken in Georgien gut ausgerüstet und kann fast jede Krankheit behandelt werden.

Zusammenfassend ist also festzuhalten, dass die von der Beschwerdeführerin benötigte medizinische Versorgung auch in Georgien gewährleistet ist.

Die Beurteilungskriterien des VfGH und EGMR bei Vorliegen von Krankheiten im Zusammenhang mit Art 3 EMRK gestalten sich wie folgt:

Der EGMR hat in Bensaid v. Vereinigtes Königreich, 6.2.2001, der Abschiebung einer an Schizophrenie leidenden Person als zulässig erklärt. Der EGMR sprach dabei aus, dass bei der Prüfung von außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegender Gegebenheiten nur dann in der Außerlandesschaffung eine Verletzung des Art 3 EMRK liegen kann, wenn außergewöhnliche, exzeptionelle Umstände glaubhaft gemacht sind.

In Hukic v. Schweden, 27.9.2005, stellt der Gerichtshof fest, dass es betreffend das Down Syndrom Behandlungsmöglichkeiten in Bosnien-Herzegowina gebe. Dass diese nicht denselben Standard hätten als in Schweden und kostenintensiv seien, könne nicht als Verletzung von Art 3 EMRK angesehen werden. Das Down Syndrom könne auch von der Schwere her nicht mit dem Fall D. v. Vereinigtes Königreich verglichen werden. Betreffend eine mit AIDS infizierte Person sprach der Gerichtshof in Ndangova v. Schweden am 22.6.2004 aus, dass die Krankheit noch gar nicht ausgebrochen sei und damit mit dem Fall D.

v. Vereinigtes Königreich nicht zu vergleichen sei. Außerdem habe der Antragsteller familiäre Beziehungen im Heimatland, eine adäquate Behandlungsmöglichkeit sei gegeben. Dass diese mit erheblichen Kosten verbunden sei und dass es für den Betreffenden Schwierigkeiten geben werde, vom Land aus zur Behandlung zu gelangen und die Umstände schwieriger als in Schweden seien, führe nicht zu einer Verletzung von Art 2 oder 3 der Konvention.

Dem Umstand schließlich, dass die Zweitbeschwerdeführerin auch unter medizinischen Gesichtspunkten im Heimatland schwierigere Verhältnisse vorfinden würde als in Österreich, kommt unter dem Blickwinkel des Art 3 MRK keine entscheidende Bedeutung zu (vgl insbesondere das Urteil des EGMR vom 6.2.2001, Beschwerde Nr. 44599/98, Case of Bensaid v. The United Kingdom) (VwGH 07.10.2003, 2002/01/0379).

Das erkennende Gericht verweist in diesem Zusammenhang auch auf das Erkenntnis des VfGH v. 06.03.2008, Zl. B 2400/07-9, wo das Höchstgericht eine "hohe Schwelle" des Art 3 EMRK konstatiert, d.h. nur bei Vorliegen von außergewöhnlichen Umständen führt die Abschiebung zu einer Verletzung des Art 3 EMRK, etwa wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt wird unter qualvollen Umständen zu sterben.

In der Beschwerdesache AMEGNIGAN gg. Niederlande, 25.11.2004, Rs 25629/04, stellte der EGMR fest, dass in Togo eine grundsätzliche adäquate Behandlung der noch nicht ausgebrochenen AIDS-Erkrankung gegeben ist und erklärte die Abschiebung des Beschwerdeführers für zulässig.

In der Entscheidung RAMADAN & AHJREDINI gg. Niederlande vom 10.11.2005, Rs 35989/03 wurde die Abschiebung der Beschwerdeführer nach Mazedonien für zulässig erklärt, da Psychotherapie eine gängige Behandlungsform in Mazedonien ist und auch verschiedene therapeutische Medizin verfügbar ist, auch wenn sie nicht dem Standard in den Niederlanden entsprechen möge.

In der Beschwerdesache NDANGOYA gg. Schweden, 22.06.2004, Rs 17868/03, sprach der EGMR aus, dass in Tansania Behandlungsmöglichkeiten auch unter erheblichen Kosten für die in 1-2 Jahren ausbrechende AIDS-Erkrankung des Beschwerdeführers gegeben seien; es lagen auch familiäre Bezüge vor, weshalb die Abschiebung für zulässig erklärt wurde.

Dass sich der Gesundheitszustand durch die Abschiebung verschlechtert ("mentaler Stress" ist nicht entscheidend), ist vom Antragsteller konkret nachzuweisen, bloße Spekulationen über die Möglichkeit sind nicht ausreichend. In der Beschwerdesache OVDIENKO gg. Finnland vom 31.05.2005, Nr. 1383/04, wurde die Abschiebung des Beschwerdeführers, der seit 2002 in psychiatrischer Behandlung war und der selbstmordgefährdet ist, für zulässig erklärt; mentaler Stress durch eine Abschiebungsdrohung in die Ukraine ist kein ausreichendes "real risk".

Auch Abschiebungen psychisch kranker Personen nach mehreren Jahren des Aufenthalts im Aufenthaltsstaat können in Einzelfällen aus öffentlichen Interessen zulässig sein (vgl PARAMSOTHY gg. Niederlande, 10.11.2005, Rs 14492/05; mit diesem Judikat des EGMR wurde präzisiert, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach neunjährigem Aufenthalt in den Niederlanden, welcher unter posttraumatischem Stresssyndrom leidet und bereits einen Selbstmordversuch hinter sich hat, zulässig ist, da spezielle Programme für Behandlungen von traumatisierten Personen und verschiedene therapeutische Medizin in Sri Lanka verfügbar sind, auch wenn sie nicht den selben Standard haben sollten wie in den Niederlanden).

Die dargestellten Entscheidungen zeigen deutlich, dass bei Vorliegen von Erkrankungen im Allgemeinen nur solche relevant sind, die bekanntermaßen zu einem lebensbedrohlichen Zustand führen und grundsätzlich keine Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bestehen (Behandlungsmöglichkeiten beispielsweise für AIDS in Tansania sowie Togo, für Down-Syndrom in Bosnien-Herzegowina, für psychische Erkrankungen im Iran und in Russland bejaht).

Aus dieser Rechtsprechung ergeben sich folgende Judikaturlinien:

Zusammenfassend ist nochmals festzuhalten, dass sich aus den erwähnten Entscheidungen des EGMR ergibt, dass im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw in einem bestimmten Teil des Zielstaates gibt. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung von Art 3 EMRK.

Auf Grundlage der oben dargestellten Frage der Vereinbarkeit der Abschiebung Kranker in einen anderen Staat mit Art 3 EMRK ergangenen Rechtsprechung des EGMR und des damit einhergehenden Beurteilungsmaßstabes gelangt das Bundesverwaltungsgericht zu dem Schluss, dass der gegenständliche Fall nicht mit dem Fall D. v. the United Kingdom - in welchem die unmenschliche Behandlung nicht bloß darin zu sehen war, dass sich der Beschwerdeführer in den letzten Stadien einer tödlich verlaufenden Krankheit befand, sondern in den besonderen Umständen, mit denen der Beschwerdeführer im Fall der Abschiebung konfrontiert gewesen wäre, nämlich im Risiko eines Todes unter qualvollen Umständen ohne jegliche Aussicht auf medizinische Behandlung oder familiäre Begleitung - vergleichbar ist.

Unter Zugrundelegung der obigen Ausführungen, wonach die Erkrankung der Beschwerdeführerin auch im Herkunftsland behandelt werden kann, handelt es sich im Lichte der dargestellten Judikatur bei den Erkrankungen der Beschwerdeführerin jedenfalls nicht um dermaßen schwere, akut lebensbedrohliche und zudem im Herkunftsstaat nicht behandelbare Erkrankungen, die zu einer Überschreitung der hohen Eingriffsschwelle des Art 3 EMRK führen könnten. Dass die Behandlung in Georgien unter Umständen nicht dem österreichischen Niveau entspricht, vermag zur Gewährung des subsidiären Schutzes nicht auszureichen. Schlechtere Behandlungsmöglichkeiten und weniger günstige Verhältnisse im Herkunftsstaat als jene, die die Beschwerdeführerin in Österreich genießt, sind kein Abschiebehinderns.

Sonstige außergewöhnliche Umstände, die eine Abschiebung unzulässig machen könnten, sind im gegenständlichen Verfahren weder hervorgetreten, noch wurde ein derartiges Abschiebehindernis vorgebracht.

Es ergibt sich somit kein reales Risiko, dass es durch die Rückführung der Beschwerdeführerin nach Georgien zu einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe kommen würde.

Ad II.)

§ 75 Abs 20 AsylG lautet:

Bestätigt das Bundesverwaltungsgericht in den Fällen des Abs 18 und 19 in Bezug auf Anträge auf internationalen Schutz

1. den abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes,

2. jeden weiteren einer abweisenden Entscheidung folgenden zurückweisenden Bescheid gemäß § 68 Abs 1 AVG des Bundesasylamtes,

3. den zurückweisenden Bescheid gemäß § 4 des Bundesasylamtes,

4. jeden weiteren einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 4 folgenden zurückweisenden Bescheid gemäß § 68 Abs 1 AVG des Bundesasylamtes,

5. den Bescheid des Bundesasylamtes, mit dem der Status des Asylberechtigten gemäß § 7

aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten

kommt, oder

6. den Bescheid des Bundesasylamtes, mit dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 aberkannt wird,

so hat das Bundesverwaltungsgericht in jedem Verfahren zu entscheiden, ob in diesem Verfahren die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist oder das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt zurückverwiesen wird. Wird das Verfahren zurückverwiesen, so sind die Abwägungen des Bundesverwaltungsgerichtes hinsichtlich des Nichtvorliegens der dauerhaften Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung für das Bundesamt nicht bindend. In den Fällen der Z 5 und 6 darf kein Fall der §§ 8 Abs 3a oder 9 Abs 2 vorliegen.

§ 9 Abs 1 bis 3 BFA-VG lautet:

(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

Gemäß Art 8 Abs 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art 8 Abs 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig und in diesem Sinne auch verhältnismäßig ist.

Nach der Rechtsprechung des EGMR garantiert die Konvention Fremden kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (zB eine Ausweisungsentscheidung) aber in das Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in dem Gastland zugebracht oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl EGMR 8.3.2008, Nnyanzi v. The United Kingdom, Appl. 21.878/06; 4.10.2001, Fall Adam, Appl. 43.359/98, EuGRZ 2002, 582; 9.10.2003, Fall Slivenko, Appl. 48.321/99, EuGRZ 2006, 560; 16.6.2005, Fall Sisojeva, Appl. 60.654/00, EuGRZ 2006, 554).

Im Erkenntnis vom 26. Juni 2007, Zl. 2007/01/0479, hat der Verwaltungsgerichtshof - unter Hinweis auf das Erkenntnis des VfGH vom 17. März 2005, VfSlg. 17.516, und die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in Fremdensachen - darauf hingewiesen, dass auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen ist, zumal etwa das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (VwGH 17. 2. 2007. 2006/01/0216). Eine lange Dauer des Asylverfahrens macht für sich allein keinesfalls von vornherein eine Ausweisung unzulässig (VwGH 2010/22/0094).

Dem öffentlichen Interesse, eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragstellung im Inland aufhalten durften, zu verhindern, kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art 8 Abs 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (vgl VwGH 17. 12.2007, 2006/01/0216; siehe die weitere Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum hohen Stellenwert der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften: VwGH 26. 6. 2007, 2007/01/0479; VwGH 16. 1. 2007, 2006/18/0453; jeweils VwGH 8. 11. 2006, 2006/18/0336 bzw 2006/18/0316; VwGH 22. 6. 2006, 2006/21/0109; VwGH 20. 9. 2006, 2005/01/0699).

Bei der Beurteilung der Rechtskonformität von behördlichen Eingriffen ist nach ständiger Rechtsprechung des EGMR und VfGH auf die besonderen Umstände des Einzelfalls einzugehen. Die Verhältnismäßigkeit einer solchen Maßnahme ist (nur) dann gegeben, wenn ein gerechter Ausgleich zwischen den Interessen des Betroffenen auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens im Inland einerseits und dem staatlichen Interesse an der Wahrung der öffentlichen Ordnung andererseits gefunden wird. Der Ermessensspielraum der zuständigen Behörde und die damit verbundene Verpflichtung, allenfalls von einer Aufenthaltsbeendigung Abstand zu nehmen, variiert nach den Umständen des Einzelfalls. Dabei sind Beginn, Dauer und Rechtsmäßigkeit des Aufenthalts, wobei bezüglich der Dauer vom EGMR keine fixen zeitlichen Vorgaben gemacht werden, zu berücksichtigen; das Ausmaß der Integration im Aufenthaltsstaat, die sich in intensiven Bindungen zu Dritten, in der Selbsterhaltungsfähigkeit, Schul- und Berufsausbildung, in der Teilnahme am sozialen Leben und der tatsächlichen beruflichen Beschäftigung; Bindung zum Heimatstaat; die strafrechtliche Unbescholtenheit bzw bei strafrechtlichen Verurteilungen auch die Schwere der Delikte und die Perspektive einer Besserung/Resozialisierung des Betroffenen bzw die durch die Aufenthaltsbeendigung erzielbare Abwehr neuerlicher Tatbegehungen; Verstöße gegen das Einwanderungsrecht.

Nach Ansicht der erkennenden Richterin hat sich im vorliegenden Fall kein unzulässiger Eingriff in das Privat- oder Familienleben der Beschwerdeführerin ergeben.

Wie festgestellt, befindet sich die volljährige Tochter der Beschwerdeführerin ebenfalls im österreichischen Bundesgebiet. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom heutigen Tag wurde deren Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl gemäß §§ 3 Abs 1, 8 Abs 1, 10 Abs 1 Z 3, 55, 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und §§ 52, 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

Insofern liegt schon unter dem Gesichtspunkt, dass die Tochter der Beschwerdeführerin ebenfalls von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen betroffen ist, kein Eingriff in ihr Recht auf Achtung des Familienlebens vor.

Es bleibt also zu prüfen, ob mit der Abschiebung der Beschwerdeführerin ein unzulässiger Eingriff in ihr Privatleben erfolgt. Diesbezüglich ist festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin am 05.06.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte, wobei ihr Aufenthalt im Bundesgebiet die gesamte Dauer über auf die Stellung dieses Antrages gestützt war. Die bisherige Aufenthaltsdauer der Beschwerdeführerin in Österreich beträgt sohin vier Jahre und vier Monate.

Die Dauer des Aufenthaltes der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet wird dadurch relativiert, dass die Einreise illegal war und der Aufenthalt bloß aufgrund der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung als Asylwerberin rechtmäßig war. Dies musste der Beschwerdeführerin bewusst gewesen sein.

Die Beschwerdeführerin brachte im Zuge der mündlichen Verhandlung zwar vor, Deutschkurse besucht zu haben, legte diesbezüglich jedoch keine Bestätigungen vor. Darüber hinausgehende Kursbesuche, ein Studium oder die Tätigkeit in einem Verein haben sich im Verfahren nicht ergeben.

Die Beschwerdeführerin lebt derzeit von der Grundversorgung und ist nicht selbsterhaltungsfähig, sondern lebt von staatlichen Unterstützungsleistungen.

Es wird seitens der erkennenden Richterin nicht verkannt, dass die Beschwerdeführerin bereits Veranstaltungen organisiert hat und im Flüchtlingsheim als Dolmetscherin fungiert, alleine daraus kann jedoch noch nicht auf eine schützenswerte und dauernde Integration geschlossen werden. Ausgeprägte private Interessen hat die Beschwerdeführerin im Verfahren nicht dargetan.

Zusammenfassend sind zum Entscheidungszeitpunkt aus Sicht der erkennenden Richterin also keine Aspekte einer außergewöhnlichen, schützenswerten und dauernden Integration hervorgekommen, dass alleine aus diesem Grund die Rückkehrentscheidung für unzulässig zu erklären wäre.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wird daher diesfalls die Erlassung einer Rückkehrentscheidung nach der neuen Rechtslage neu zu prüfen haben. Die Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichtes hinsichtlich des Nichtvorliegens der dauerhaften Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung sind für das Bundesamt jedoch nicht bindend.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Nach Art 133 Abs 4 erster Satz B-VG idF BGBl I Nr 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall erweist sich die ordentliche Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG insofern als nicht zulässig, als der gegenständliche Fall ausschließlich tatsachenlastig ist, sodass dieser keinerlei Rechtsfragen - schon gar nicht von grundsätzlicher Bedeutung - aufwirft. Wie der rechtlichen Beurteilung unzweifelhaft zu entnehmen ist, weicht die gegenständliche Entscheidung, insbesondere zum Vorliegen einer asylrelevanten Verfolgung und zu Art 8 EMRK weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es zu irgendeinem Sachverhaltsaspekt des gegenständlichen Falles an einer Rechtsprechung und kann auch nicht davon gesprochen werden, dass die Rechtsprechung in Bezug auf den gegenständlichen Fall als uneinheitlich zu beurteilen wäre. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der im vorliegenden Fall zu lösenden Rechtsfragen vor.

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