B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2
AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2015:W149.1404662.1.00
Spruch:
W149 1404662-1/14E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Dr. Rita-Maria KIRSCHBAUM als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Somalia, gegen den Bescheid des Bundesasylamts vom 10.02.2009, Zl. 08 10.086-BAS, beschlossen:
A) Der bekämpfte Bescheid wird behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 122/2013, (VwGVG) zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
B) Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG, BGBl Nr. 1/1930 idF BGBl I Nr. 52/2012, (B-VG) nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
I. Verfahrensgang
1. Verfahren vor dem Bundesasylamt
Die damals noch minderjährige Beschwerdeführerin reiste zu einem unbekannten Zeitpunkt illegal in Österreich ein und stellte am 15.10.2008 vor der Polizeiinspektion Traiskirchen, EASt, einen Antrag auf internationalen Schutz.
Am selben Tag wurde die Beschwerdeführerin von der genannten Polizeidienststelle unter Beteiligung eines Dolmetschers für die Sprache Somalisch und in Anwesenheit eines Rechtsberaters als ihres gesetzlichen Vertreters ersteinvernommen.
Am 21.10.2008 wurde die Beschwerdeführerin vom Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle Ost, unter Beteiligung eines Dolmetschers in der Sprache Somalisch niederschriftlich einvernommen.
Am 13.01.2009 wurde die Beschwerdeführerin erneut vom Bundesasylamt, Außenstelle Salzburg, unter Beteiligung eines Dolmetschers in der Sprache Somalisch niederschriftlich einvernommen. Im Zuge der Einvernahme wurden der Beschwerdeführerin Länderberichte zur Lage in Somalia zur Kenntnis gebracht.
2. Angefochtener Bescheid
Mit Datum vom 10.02.2009 erließ das Bundesasylamt den Bescheid, FZ. 08 10.086-BAS, Beschwerdeführerin durch Hinterlegung beim Postamt zugestellt am 12.02.2009 (im Folgenden: angefochtener Bescheid).
Mit diesem Bescheid wurde der Antrag der mittlerweile volljährigen Beschwerdeführerin auf Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Ziff. 13 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 "idgF" abgewiesen (Spruchpunkt I.). Weiters wurde der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat der Beschwerdeführerin gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Ziff. 13 leg. cit. abgewiesen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 10 Abs. 1 Ziff. 2 leg. cit. wurde die Beschwerdeführerin aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Somalia ausgewiesen (Spruchpunkt III.).
Zur Begründung führte das Bundesasylamt im Wesentlichen an, dass der Beschwerdeführerin im Herkunftsstaat Somalia keine Verfolgung drohe. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin im Hinblick auf eine in Somalia stattgefundene Vergewaltigung sei nicht belegt und daher unglaubwürdig und die Ermordung ihres Onkels stehe in keinem ursächlichen Zusammenhang mit dem Fluchtvorbringen der Beschwerdeführerin (Spruchpunkt I.).
Ebenso bestünden keine stichhaltigen Gründe für die Annahme, dass die Beschwerdeführerin bei einer Rückkehr nach Somalia Gefahr liefe, dort einer unmenschlichen Behandlung, Strafe oder gar der Todesstrafe ausgesetzt zu sein. Es lägen auch keine Hinweise auf Erkrankungen vor. Die Beschwerdeführerin könne im Herkunftsstaat die Hilfe ihres familiären Umfelds in Anspruch nehmen (Spruchpunkt II.).
Eine Ausweisung aus Österreich sei, da kein Recht auf internationalen Schutz bestehe, gesetzlich indiziert und verletze auch nicht die Rechte der Beschwerdeführerin aus Art. 8 EMRK. Es liege nämlich kein Familienleben zu in Österreich dauernd aufenthaltsberechtigten Personen vor und ein Eingriff in das Privatleben der Beschwerdeführerin sei - so ein solches überhaupt vorliege - gerechtfertigt (Spruchpunkt III.).
Zur politischen Lage in Somalia hat sich das Bundesasylamt im angefochtenen Bescheid auf Länderinformation aus den Jahren 2007 und 2008 gestützt.
3. Beschwerde und gerichtliches Verfahren
Mit Fax vom 24.02.2009 legte die Beschwerdeführerin Beschwerde durch ihre Rechtsvertretung gegen diesen Bescheid beim Bundesamt ein.
Zur Begründung der Beschwerde führte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen an, das Bundesasylamt sei zu Unrecht von der Unglaubwürdigkeit seiner Aussagen und der Schutzfähigkeit des Herkunftsstaates ausgegangen. Das Bundesasylamt habe auch Ermittlungsfehler begangen und sich insbesondere mit der Situation von Frauen in Somalia nicht ausreichend auseinandergesetzt. Außerdem hätte die Einvernahme durch eine Person weiblichen Geschlechts geschehen müssen. Es würden schließlich Fehler in Bezug auf das Parteiengehör vorliegen.
Unter einem beantragte die Beschwerdeführerin die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unter Beiziehung einer Richterin und Dolmetscherin.
Die Beschwerde langte am 25.02.2009 beim damals zuständigen Asylgerichtshof ein.
Das Verfahren wurde am 17.01.2011 mangels bekannten Aufenthaltsortes der Beschwerdeführerin vom Asylgerichtshof eingestellt.
Nachdem die Beschwerdeführerin am 06.04.2012 im Rahmen der Dublin II-VO aus den Niederlanden nach Österreich rücküberstellt worden war, setzte der Asylgerichtshof das Verfahren am 20.04.2012 fort.
In der Folge wurde das Verfahren der Beschwerdeführerin am 26.07.2012 neuerlich mangels Auffindbarkeit eingestellt und am 03.08.2012 fortgesetzt.
Am 12.12.2012 stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Beigebung eines Rechtsberaters, welcher ihr mit Verfahrensanordnung vom 18.12.2012, GZ. A7 404.662-1/2009/11Z, zur Seite gestellt wurde.
Gemäß § 75 Abs. 19 AsylG 2005 sind alle mit Ablauf des 31.12.2013 beim Asylgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren vom Bundesverwaltungsgericht zu Ende zu führen. Seit 01.01.2014 ist somit das Bundesverwaltungsgericht für das Verfahren der Beschwerdeführerin zuständig.
Die Organisation des Bundesverwaltungsgerichts ist im Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 (BVwGG) geregelt.
Gemäß § 6 BVwGG und § 2 VwGVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels einzelgesetzlicher Regelungen liegt für das gegenständliche Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht damit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gegen Bescheide einer Behörde wegen Rechtswidrigkeit (Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG) die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. 1991/51, idF BGBl I Nr. 33/2013, (AVG) mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, welche die Behörde in dem Verfahren vor dem dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hatte oder anzuwenden gehabt hätte.
Verfahrensrechtliche Bestimmungen der genannten Art finden sich vor allem im Bundesgesetz über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, BGBl. Nr. 87/2012 idF BGBl. I Nr. 144/2013,
(BFA-VG).
Im vorliegenden Fall konnte die Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen, weil bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der mit der Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben war.
II. Entscheidungsrelevantes Parteivorbringen
1.1. Parteivorbringen
Zur Person hat die Beschwerdeführerin erklärt, sie heiße XXXX , geboren XXXX . Sie sei Staatsangehörige von Somalia, unverheiratet und gehöre der Volksgruppe der Marehan an. Sie stamme aus Mogadishu, sei jedoch in einem näher bezeichneten Ort im Süden Somalias aufgewachsen, von wo aus sie ungefähr 1999 nach Mogadishu zurückgekehrt sei. Ihre Eltern seien verstorben. In Somalia würden noch ihre Großeltern und ihre drei Geschwister in Mogadishu leben.
Sie habe fünf Jahre eine Schule besucht und einmal einige Monate als Haushaltshilfe gearbeitet.
Sie sei bis auf einen gelegentlichen Hautausschlag, gegen den sie eine Salbe verwende, gesund und nehme keine Medikamente ein.
Zum Fluchtgrund hat die Beschwerdeführerin ausgesagt, sie befürchte, in Somalia vergewaltigt und getötet zu werden. Außerdem sei die Volksgruppe der Marehan vor dem Krieg an der Macht gewesen und werde nun verfolgt. Ihr Vater sei als Angehöriger der damaligen Regierung getötet worden. Die Familie schütze sich, indem sie ihre Clanzugehörigkeit verberge. Der die Familie bisher versorgende Onkel sei 2007 ebenfalls getötet worden.
III. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Anwendbares Recht
Nach § 75 Abs. 1 erster Satz AsylG 2005 ist dieses Gesetz auf alle Verfahren anzuwenden, die - wie im vorliegenden Fall - am 31.12.2005 noch nicht anhängig waren.
2. Zulässigkeit der Beschwerde
Die Beschwerde wurde gemäß § 22 Abs. 12 AsylG 2005 fristgerecht beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eingereicht und es bestehen auch sonst keine Gründe gegen die Zulässigkeit der Beschwerde.
3. Behebung des angefochtenen Bescheides und Zurückverweisung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl - Spruchpunkt A
3.1. Rechtlicher Rahmen
Gemäß Art. 130 Abs. 4 B-VG und § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG (außer in Verwaltungsstrafsachen) in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der Sachverhalt feststeht oder wenn die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat. Diese Vorgangsweise setzt voraus, dass die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht nicht im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 3 Abs. 2 BFA-Verfahrensgesetz und § 3 Abs. 1 Z 2 BFA-Einrichtungsgesetz, jeweils BGBl. I 87/2012, ist das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ab 1.1.2014 für die Vollziehung des AsylG 2005 zuständig. Die Zurückverweisung hat daher an diese Behörde zu erfolgen.
Der Verwaltungsgerichtshof betonte in seiner langjährigen Rechtsprechung zur Anwendung der hier maßgeblichen Vorgängerbestimmung des § 66 Abs. 2 AVG in Asylsachen, dass es der Funktion des Unabhängigen Bundesasylsenates als gerichtsähnliche und unabhängige "oberste Berufungsbehörde" und besonderen Garanten eines fairen Asylverfahrens im Rahmen eines zweiinstanzlichen Verfahrens widerspreche, wenn die Erstbehörde, die den gesamten für die Entscheidung über den Asylantrag relevanten Sachverhalt zu ermitteln und den Asylwerber persönlich einzuvernehmen hat, ein Ermittlungsverfahren in erster Instanz unterlässt und somit nahezu das gesamte Verfahren vor die Berufungsbehörde verlagert würde, sodass die Einrichtung von zwei Entscheidungsinstanzen zur bloßen Formsache würde. Derartiges wäre etwa der Fall, wenn die Erstbehörde ablehnte, auf das Vorbringen des Asylwerbers sachgerecht einzugehen und brauchbare Ermittlungsergebnisse in Bezug auf die Verhältnisse im Herkunftsstaat in das Verfahren einzuführen, wodurch die Berufungsinstanz, die folglich erstmals den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ermittelt und beurteilt, ihre umfassende Kontrollbefugnis nicht wahrnehmen kann. Dies spreche auch bei Bedachtnahme auf eine mögliche Verlängerung des Gesamtverfahrens dafür, nach § 66 Abs. 2 AVG vorzugehen (vgl. VwGH 21.11.2002, 2000/20/0084; 21.11.2002, 2002/20/0315; ähnlich auch VwGH 30.9.2004, 2001/20/0135).
Der Bestimmung des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG, die sich von jener des § 66 Abs. 2 AVG letztlich nur geringfügig unterscheidet, wohnt im Kern der gleiche Regelungsgehalt inne, nämlich dass eine umfassende Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts im verwaltungsbehördlichen Verfahren und nicht erst im Rechtsmittelverfahren, das primär der Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsverfahrens dient, stattzufinden hat. In Übereinstimmung mit der oben dargestellten Judikatur bekräftigte der Verwaltungsgerichtshof auch zuletzt in seinem Erk. vom 26.6.2014, Ro 2014/03/0063-4, die Zielsetzung des § 28 VwGVG, wonach Verwaltungsgerichte regelmäßig in der Sache selbst zu entscheiden haben, betonte aber gleichzeitig, dass eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen insbesondere dann in Betracht komme, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gelte, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden.
Das Bundesverwaltungsgericht sieht keinen Grund anzunehmen, dass sich die dargestellte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht auf die (mit Inkrafttreten der B-VG-Novelle BGBl. I 51/2012 sowie des BVwGG geänderte) neue Rechtslage übertragen ließe, zumal keiner Erörterung bedarf, dass die mit der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 etablierten Verwaltungsgerichte erster Instanz nicht an die Stelle der Verwaltungsbehörde treten und deren Aufgaben übernehmen sollen, sondern die Kontrolle der Verwaltung (in Unterordnung unter dem Verwaltungsgerichtshof) sicherzustellen haben. Es liegt daher weiterhin nicht im Sinne des Gesetzes, wenn das Verwaltungsgericht erstmals den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ermittelt und beurteilt, sodass es seine umfassende Kontrollbefugnis nicht wahrnehmen kann. Eine ernsthafte Prüfung des Antrages soll nicht erst beim Verwaltungsgericht beginnen und - bis auf die eingeschränkte Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts - zugleich enden.
3.2. Behebung des angefochtenen Bescheides und Zurückverweisung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl
Der angefochtene Bescheid ist gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zu beheben und an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur weiteren Sachverhaltsermittlung zurückzuverweisen, da sich der Sachverhalt in Verbindung mit der Beschwerde als nicht geklärt erweist. Die bisherigen Ermittlungsergebnisse des Bundesasylamtes vermögen dessen Schlussfolgerung, die Beschwerdeführerin sei in Somalia keiner asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt gewesen und würde im Falle einer Rückkehr auch keiner solchen ausgesetzt sein, nicht zur tragen. Selbiges gilt für die allgemeine, uU menschenrechtswidrige Situation, welche die Beschwerdeführerin bei einer Rückkehr zu erwarten hätte.
Dadurch konnte das Bundesasylamt das Recht der Beschwerdeführerin auf Gewährung von Asyl oder subsidiärem Schutz rechtlich nicht hinreichend beurteilen.
Sämtliche diesbezüglichen Erhebungen, welche grundsätzlich vom Bundesasylamt durchzuführen gewesen wären, müssten demnach erstmals durch das Bundesverwaltungsgericht erfolgen. Im vorliegenden Fall verbietet sich unter Berücksichtigung der unter 0 dargestellten Ausführungen und aus Effizienzgesichtspunkten jedoch in Anbetracht des Umfangs und Inhalts der mangelhaften Sachverhaltsermittlungen eine Entscheidung in der Sache selbst. Dass die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Bundesverwaltungsgericht selbst mit einer erheblichen Kostenersparnis iSd § 28 Abs. 2 Z 2 VwGVG verbunden wäre, kann - angesichts des mit dem bundesverwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren als Mehrparteienverfahren verbundenen erhöhten administrativ-manipulativen Aufwandes - nicht gesagt werden.
Die Behörde unterließ es nämlich vollständig, Sachverhaltsermittlungen in Bezug auf eine etwaige Gefährdung der Beschwerdeführerin durch die Zugehörigkeit zu ihrem Clan sowie zu weiblicher Genitalverstümmelung (FGM) und anderen frauen-spezifischen Gefährdungen, insbesondere solchen als alleinstehende junge Frau, die aus dem Ausland zurückkehrt, zu unternehmen, was jedoch im Hinblick auf eine etwaige Gewährung von Asyl oder subsidiärem Schutz (§§ 3, 8 Abs. 1 AsylG) entscheidungsrelevant wäre.
Es finden sich nämlich im angefochtenen Bescheid weder Länderfeststellungen zur Lage der Marehan in Somalia noch zur Praxis der weiblichen Genitalverstümmelung und zum diesbezüglichen Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin. Obwohl im angefochtenen Bescheid einige ausgewählte Feststellungen allgemeiner Art enthalten waren, können diese aufgrund ihrer in Bezug auf die Lage von alleinstehenden Frauen in Somalia aufgrund der diesbezüglichen Oberflächlichkeit keinesfalls einschlägige erweiterte Sachverhaltsfeststellungen allgemeiner und spezieller Art zu der tatsächlichen Situation, welcher die Beschwerdeführerin als Frau und möglicherweise Angehörige der Marehan im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat ausgesetzt wären, ersetzen.
Was nämlich, erstens, die von der Beschwerdeführerin behauptete Verfolgung wegen ihrer Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Marehan anbelangt, hat das Bundesasylamt keinerlei Feststellungen zu diesem Themenkreis getroffen, obwohl die Beschwerdeführerin ausdrücklich vorgebracht hat, die Marehan seien im Zuge des Bürgerkriegs in Somalia zur Zielscheibe geworden und ihre Familie müsse aus Sicherheitsgründen ihren ethnischen Hintergrund verbergen (AS 79). Das Bundesasylamt hat sich lediglich darauf berufen, dass die Beschwerdeführerin nach ihren eigenen Angaben der behaupteten Bedrohung ihres Clans "dahingehend erfolgreich [habe] entgegentreten können, dass sie es vermieden [habe], ihre Volksgruppenzugehörigkeit öffentlich preiszugeben" (vgl. AS 119, S. 18 des angefochtenen Bescheids). Mit der Situation der Angehörigen dieser Volksgruppe und insbesondere mit deren Rolle im somalischen Bürgerkrieg und daraus eventuell resultierenden Gefährdungen hat sich die Behörde an keiner Stelle durch Ermittlung entsprechender Beweismittel und deren Würdigung befasst.
Hinsichtlich, zweitens, der Situation von Frauen in Somalia finden sich zwar (insgesamt kurz gehaltene) allgemeine Informationen, die deren Lage aus menschenrechtlicher Sicht als prekär beschreiben (AS 115, S. 16 des angefochtenen Bescheids). Weibliche Genitalverstümmelung wird lediglich beiläufig in einem einzigen Satz als existierend erwähnt (AS 107, S. 12 des angefochtenen Bescheids). Weder hat sich das Bundesasylamt in irgendeiner Weise mit durch entsprechende Sachverhaltsermittlungen zu diesem Themenkreis allgemein noch mit der Frage, ob die Beschwerdeführerin etwa bereits Opfer von Genitalverstümmelung war oder ob ihr diese in absehbarer Zeit droht, auseinandergesetzt. Das Bundesverwaltungsgericht weist darauf hin, dass es angesichts der Einvernahme durch männliche Personen und in Anwesenheit männlicher Dolmetscher nachvollziehbar ist, dass die Beschwerdeführerin diesen Themenkreis von sich aus nicht angesprochen hat.
Hinsichtlich, drittens, der Situation, welcher die Beschwerdeführerin bei einer Rückkehr zu erwarten hätte, gilt Entsprechendes: Das Bundesasylamt hat zwar einige Feststellungen zur allgemeinen, insbesondere auch nicht nach dem Geschlecht differenzierten, "Rückkehrern" getroffen. Obwohl es jedoch auf S. 15 des angefochtenen Bescheids (AS 113) selbst darauf hinweist, dass eine Rückkehr an Orte, an denen kein tragfähiges soziales Netz (Clan, Familie) besteht, äußerst schwierig ist, hat es sich an keiner Stelle mit der Situation in der Herkunftsregion der Beschwerdeführerin und der Lage von (alleinstehenden) Frauen befasst. Die Behörde geht vielmehr ohne entsprechende Erhebungen davon aus, dass eine Rückkehr der Beschwerdeführerin nach Somalia (irgendwohin) ohne weiteres möglich ist. Die Feststellungen betreffend die Rückkehrsituation beschränken sich im Wesentlichen auf die Beschreibung von Einreisemodalitäten und die verfügbaren Flugverbindungen (AS 113, S. 15 des angefochtenen Bescheids).
Es werden daher zu den hier entscheidungsrelevanten Punkten vom Bundesamt geeignete weitere Erhebungen zu veranlassen sein.
Dabei scheint es zielführend, Erhebungen betreffend den Clan der Marehan sowie zur Situation von (alleinstehenden) Frauen und insbesondere zur Praxis der weiblichen Genitalverstümmelung und zum diesbezüglichen Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin anzustellen. Weiters erscheint es notwendig, die Situation im Herkunftsort der Beschwerdeführerin insbesondere hinsichtlich etwaiger Bedrohungen für Angehörige ihres Clans und des Vorhandenseins eines sozialen Netzes sowie die zu erwartende Situation der Beschwerdeführerin (als alleinstehende Frau) bei einer Rückkehr in ihre Heimatregion bzw. nach Mogadishu zu erheben.
Ergänzend wird daran erinnert, dass jedenfalls sämtliche dem neuen Bescheid neben dem Parteivorbringen zugrunde zu legende Beweismittel der Beschwerdeführerin in angemessener Form zur Stellungnahme vorzuhalten sind.
Ohne die solcherart bezeichneten Erhebungen kann aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht von Entscheidungsreife gesprochen werden.
4. Unzulässigkeit der Revision - Spruchpunkt B
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Eine Revision gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil der vorliegende Fall - insbesondere hinsichtlich der Frage der Zulässigkeit der Zurückverweisung - keinerlei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft: Die Regelung des § 28 Abs. 3 VwGVG erweist sich - vor dem Hintergrund des gegenständlichen Falles - als klar und eindeutig. Wie oben erwähnt ist auch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 66 Abs. 2 AVG im vorliegenden Fall übertragbar bzw. liegt mittlerweile das Erk. vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063-4, vor. Somit weicht die gegenständliche Entscheidung weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (insbesondere wegen der allenfalls bloß ansatzweise getätigten Ermittlungen in den entscheidenden Punkten) noch mangelt es an einer derartigen Rechtsprechung; sie ist auch nicht uneinheitlich. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage liegen nicht vor.
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