BVergG §316 Abs1 Z3
BVergG §318 Abs1
BVergG §319
BVergG §320 Abs1
BVergG §325 Abs1
BVergG §325 Abs2
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
BVergG §19 Abs4
BVergG §316 Abs1 Z3
BVergG §318 Abs1
BVergG §319
BVergG §320 Abs1
BVergG §325 Abs1
BVergG §325 Abs2
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2015:W123.2017340.1.00
Spruch:
W123 2017340-1/11E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Michael ETLINGER als Vorsitzenden sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Friedrich RÖDLER als Mitglied der Auftraggeberseite und Mag. Hagen PLEILE als Mitglied der Auftragnehmerseite betreffend die Auftragsvergabe "Rahmenvereinbarung über die Lieferung von Sonden- und Trinknahrung inkl. Applikationsgerät" der Auftraggeber 1. Sozialversicherungsanstalt der Bauern (SVB), Ghegastraße 1, 1030 Wien, 2. Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau (VAEB), Linke Wienzeile 48-52, 1060 Wien, 3. Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (BVA), Josefstädter Straße 80, 1080 Wien, 4. Burgenländische Gebietskrankenkasse (BGKK), Esterhazyplatz 3, 7000 Eisenstadt, 5. Krankenfürsorgeanstalt der Bediensteten der Stadt Wien (KFA), Schlesingerplatz 5, 1080 Wien, alle vertreten durch die vergebende Stelle SVD Büromanagement GmbH, Dresdnerstraße 45, 1200 Wien, diese vertreten durch CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH, Gauermanngasse 2, 1010 Wien, eingeleitet über Antrag der 1. XXXX , vertreten durch RA Dr. Kathrin Hornbanger, Universitätsring 10, 1010 Wien (im Folgenden: Erstantragstellerin) vom 16.05.2013 sowie 2. XXXX , vertreten durch WOLF THEISS Rechtsanwälte Gmbh & Co KG, Schubertring 6, 1010 Wien (im Folgenden: Zweitantragstellerin) vom 17.05.2013, wie folgt erkannt:
A)
I.
Der Antrag der Erstantragstellerin, die Ausschreibung "Rahmenvereinbarung über die Lieferung von Sonden- und Trinknahrung inkl. Zubehör der Auftraggeber für nichtig zu erklären, wird gemäß § 325 Abs. 2 Z 2 BVergG 2006 abgewiesen.
II.
Der Antrag der Erstantragstellerin, den Auftraggebern aufzutragen, der Antragstellerin die entrichteten Pauschalgebühren für diesen Nachprüfungsantrag und für den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung binnen 14 Tagen zu Handen ihres Rechtsvertreters bei sonstiger Exekution zu bezahlen, wird gemäß § 319 BVergG abgewiesen.
III.
Der Antrag der Zweitantragstellerin, das Bundesvergabeamt möge die Ausschreibung insgesamt für nichtig erklären, wird gemäß § 325 Abs. 2 Z 2 BVergG 2006 abgewiesen.
IV.
Der Eventualantrag der Zweitantragstellerin, das Bundesvergabeamt möge die in Pkt. 1.3, 1.4.4 lit c), 1.4.5, 1.7, 1.10.2, 1.11.4, 1.17.3, 1.17.4, 2.3.6, 2.7.5, 3.2, 3.3.1, 3.3.2, 3.3.3, 3.3.6, Produktkatalog betreffend Mengenvordersatz "Jahresbedarf in Liter", Pos 3.6. Produktkatalog sowie Pos 4.1 Produktkatalog betreffend die Mengenangaben "Jahresbedarf in Stück", der Ausschreibung für nichtig erklären, wird gemäß § 325 Abs. 2 Z 2 BVergG 2006 abgewiesen.
V.
Der Antrag der Zweitantragstellerin, das Bundesvergabeamt möge den Auftraggebern auftragen, der Antragstellerin für den Nachprüfungsantrag sowie die für den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung entrichteten Pauschalgebühren binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu Handen ihres Rechtsvertreters zu ersetzen, wird gemäß § 319 BVergG abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid des BVA vom 09.08.2013, N/0040-BVA/11/20/2013-27, N/0043-BVA/11/2013-22, wurde die Ausschreibung "Rahmenvereinbarung über die Lieferung von Sonden- und Trinknahrung inkl. Applikationsgerät" für nichtig erklärt.
2. Mit Erkenntnis vom 15.12.2014, 2013/04/0119 hob der VwGH den Bescheid des BVA vom 09.08.2013, N/0040-BVA/11/20/2013-27, N/0043-BVA/11/2013-22, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf.
3. Mit Schreiben vom 03.06.2015 forderte das Bundesverwaltungsgericht die Auftraggeber auf, folgende Fragen (unter Vorlage entsprechender Bescheinigungen) zu beantworten:
1. Wurde die am 17.04.2013 im Supplement S des Amtsblattes der EU zu 2013/ S 075-125615 unter der Bezeichnung "Rahmenvereinbarung Lieferung von Sonden- und Trinknahrung inkl. Applikationsgerät" veröffentlichte Ausschreibung nach erfolgter Nichtigerklärung durch das BVA (Bescheid vom 09.08.2013, N/0040-BVA/11/2013-27 und N/0043-BVA/11/2013-22) widerrufen?
2. Für den Fall der Verneinung von Frage 1: In welcher Art und Weise wurde mit der am 17.04.2013 im Supplement S des Amtsblattes der EU zu 2013/ S 075-125615 unter der Bezeichnung "Rahmenvereinbarung Lieferung von Sonden- und Trinknahrung inkl. Applikationsgerät" veröffentlichte Ausschreibung nach erfolgter Nichtigerklärung durch das BVA (Bescheid vom 09.08.2013, N/0040-BVA/11/2013-27 und N/0043-BVA/11/2013-22) weiters verfahren?
3. Wurde den Spruchpunkten II. und V. des Bescheides des BVA vom 09.08.2013, N/0040-BVA/11/2013-27 und N/0043-BVA/11/2013-22, nämlich den Antragstellern Nutricia GmbH und Nestlè Österreich GmbH jeweils EURO 900,00 an Pauschalgebühren zu ersetzen, entsprochen?
4. Zum Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.06.2015 langte am 11.06.2015 die Stellungnahme der Auftraggeberinnen ein.
Zur Frage 1 wurde mitgeteilt, dass kein Widerruf erfolgt sei.
Zur Frage 2 wurde auf die Veröffentlichung am 27.09.2013, insbesondere auf die Information: "Das Bundesvergabeamt hat mit Bescheid vom 09.08.2013, GZ: N/0040-BVA/2013-27a und N/0043-BVA/11/2013-22a die Ausschreibung für nichtig erklärt.", hingewiesen.
Zur Frage 3 wurde mitgeteilt, dass den Spruchpunkten jeweils entsprochen worden und die Pauschalgebühr in Höhe von € 900,- an die Antragsteller ersetzt worden sei. In Folge gänzlicher Aufhebung des Bescheides hätten die Auftraggeber die jeweiligen Antragsteller am 10.06.2015 aufgefordert, die entrichtete Pauschalgebühr wieder rückzuüberweisen.
5. Am 15.06.2015 wurde den beiden Antragstellern gemäß § 45 Abs. 3 AVG Parteiengehör zur Stellungnahme der Auftraggeber vom 11.06.2015 eingeräumt.
6. Am 18.06.2015 erstattete die Zweitantragstellerin eine Stellungnahme und wies auf die Bekanntmachung vom 27.09.2013 hin, wonach das gegenständliche Vergabeverfahren "eingestellt" worden sei. Die gegenständliche Entscheidung der Auftraggeber sei als Widerruf des Vergabeverfahrens zu verstehen. Da die Entscheidung nicht bekämpft worden sei, sei sie bestandsfest. Aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts folgt eindeutig, dass die EU-weite Bekanntmachung der Auftraggeber über die Verfahrenseinstellung als Beendigung des Vergabeverfahrens zu qualifizieren sei. Auf Grund der Verfahrenseinstellung durch die Auftraggeber sei das Nachprüfungsverfahren nicht mehr fortzusetzen. Nach dem Widerruf des verfahrensgegenständlichen Vergabeverfahrens hätten die Auftraggeber neue Ausschreibungen betreffend denselben Leistungsinhalt veröffentlicht. Daraus folge klar, dass die Auftraggeber den Leistungsgegenstand neu beschafft hätten. Hingewiesen wurde auf die mangelnde Vergabeabsicht der Auftraggeber gemäß § 19 Abs. 4 BVergG. Zu den Pauschalgebühren wurde ausgeführt, dass die Auftraggeber die Rücküberweisung des Betrages von € 900,-
von der Zweitantragstellerin verlangen würden. Gemäß § 319 BVergG habe (nur) der Antragsteller Anspruch auf Gebührenersatz. Das Bundesverwaltungsgericht sei somit für das gegenständliche Begehren der Auftraggeber nicht zuständig.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
1. Die Auftraggeber veröffentlichen am 17.04.2013 EU-weit die Rahmenvereinbarung "Lieferung von Sonden- und Trinknahrung inkl. Applikationsgerät". Dieses Vergabeverfahren sollte in Form eines offenen Verfahrens in 10 Losen nach dem Bestbieterprinzip im Oberschwellenbereich abgewickelt werden.
2. Mit Bescheid des BVA vom 09.08.2013, N/0040-BVA/11/20/2013-27, N/0043-BVA/11/2013-22, wurde die Ausschreibung "Rahmenvereinbarung über die Lieferung von Sonden- und Trinknahrung inkl. Applikationsgerät" für nichtig erklärt.
3. Mit Erkenntnis vom 15.12.2014, 2013/04/0119 hob der VwGH den Bescheid des BVA vom 09.08.2013, N/0040-BVA/11/20/2013-27, N/0043-BVA/11/2013-22, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf.
4. Am 27.09.2013 veröffentlichten die Auftraggeber unter Benutzung eines Standardformulars ("Bekanntmachung über zusätzliche Informationen, Informationen über nicht abgeschlossene Verfahren oder Berichtigung"), Nummer L-536050-3925, zum Beschaffungsvorhaben "Lieferung von Sonden- und Trinknahrung inklusive Applikationsgerät und die Erbringung der damit in Zusammenhang stehenden Transport- und Schulungsdienstleistungen für mehrere Auftraggeber auf Basis einer Rahmenvereinbarung über den Zeitraum von drei Jahren" unter Punkt VI.2), "Informationen über nicht abgeschlossene Vergabeverfahren", nachfolgendes:
Das Vergabeverfahren wurde eingestellt.
Das Vergabeverfahren war erfolglos.
Der Auftrag wurde nicht vergeben.
Der Auftrag wird möglicherweise Gegenstand einer neuen Veröffentlichung sein.
5. Am 01.10.2013 veröffentlichten die Auftraggeber EU-weit das Vergabeverfahren "Rahmenvereinbarung Lieferung von Trinknahrung". Zur Anwendung sollte das Bestbieterprinzip gelangen. Das Vergabeverfahren war in insgesamt drei Lose unterteilt.
2. Beweiswürdigung:
Der Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus dem Verfahrensakt bzw. den Stellungnahmen der Parteien. Bei der Beweiswürdigung haben sich gegen die Echtheit und Richtigkeit der vorliegenden Unterlagen des Vergabeverfahrens keine Bedenken ergeben.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu den Spruchpunkten I., III. und IV.:
Mit Erkenntnis vom 18.05.2015, W114 2101509-1/27E, hat das Bundesverwaltungsgericht den Anträgen der Zweitantragstellerin in der Vorgängerausschreibung ("Rahmenvereinbarung über die Lieferung von Sonden- und Trinknahrung inkl. Applikationsgeräte und Zubehör") inhaltlich nicht stattgegeben. Das Erkenntnis lautet auszugsweise:
Gemäß § 325 Abs 1 BVergG hat das BVwG eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene gesondert anfechtbare Entscheidung eines Auftraggebers mit Erkenntnis für nichtig zu erklären, wenn
1. sie oder eine ihr vorangegangene nicht gesondert anfechtbare Entscheidung den
Antragsteller in dem von ihm nach § 322 Abs 1 Z 5 BVergG geltenden gemachten
Recht verletzt, und
2. die Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem
Einfluss ist.
Ob die verfahrensgegenständliche Ausschreibung die Antragstellerin in dem von ihr im einleitenden Schriftsatz geltend gemachten Rechten verletzt, wurde vom BVwG - nach Aufhebung des Bescheides des BVA vom 05.11.2012 durch das Erkenntnis des VwGH vom 21.01.2015, 2012/04/0154-8 - letztlich nicht geprüft. Diese Prüfung und eine Entscheidung darüber darf im konkreten Vergabekontrollverfahren vom Bundesverwaltungsgericht auch nicht erfolgen, da das verfahrensgegenständliche Vergabeverfahren von den Auftraggebern eingestellt wurde und damit der Abspruch über eine allfällige Rechtswidrigkeit für den Ausgang des beendeten Vergabeverfahrens nicht von wesentlichem Einfluss sein kann.
Dazu wird vom BVwG auf den Wortlaut des § 325 Abs. 1 hingewiesen, wonach eine Verletzung des geltend gemachten Rechts einer Entscheidung des AG allein nicht ausreicht. Die Rechtsverletzung muss auch innerhalb der Beschwerdepunkte auch für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss sein. Diese Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen. Daher ist vom Bundesverwaltungsgericht auch eine Prüfung der Relevanz für den Verfahrensausgang untersucht worden.
Hat eine Rechtswidrigkeit keine Auswirkungen auf den Ausgang des Vergabeverfahrens, ist ihre Nichtigerklärung ohne Nutzen für den Antragsteller und dient daher auch nicht dem subjektiven Rechtsschutz. (vgl. dazu Reisner in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, BVergG-Kommentar (2009) § 325 Rz 12).
Wie in der vor dem BVwG in der mündlichen Verhandlung am 07.05.2015 vom vorsitzenden Richter ausgeführt, musste sich der zur Entscheidung berufene Senat des BVwG zuerst mit der Frage beschäftigen, in welchem Verfahrensstadium sich das gegenständliche Vergabeverfahren befindet.
Diesbezüglich kommt der zur Entscheidung berufene Senat des BVwG zweifelsfrei zur Auffassung, dass das gegenständliche Vergabeverfahren von den Auftraggebern eingestellt wurde. Diese Einstellung erfolgte nicht durch den Ausspruch des BVA im aufgehobenen Bescheid vom 05.11.2012 sondern durch die Auftraggeber. Wie die Auftraggeber das Vergabeverfahren eingestellt haben, wird in der EU-weiten Bekanntmachung vom 17.04.2013 nicht weiter ausgeführt. Jedenfalls wurde das Einstellen des Vergabeverfahrens für alle am gegenständlichen Vergabeverfahren interessierte Bewerber öffentlichkeitswirksam und klar nach außen in Erscheinung tretend im gegenständlichen Vergabeverfahren von den Auftraggebern bekannt gemacht. Aus dem Wortlaut dieser Veröffentlichung kann kein anderer Schluss gezogen werden, als dass die veröffentlichenden Auftraggeber am 17.04.2013 die Erklärung abgegeben haben, dass das gegenständliche Vergabeverfahren eingestellt wurde. Eine andere Interpretation lässt der klare Wortlaut "Das Vergabeverfahren wurde eingestellt" auch nicht zu. Jeder, der diese unbekämpft gebliebene und mittlerweile auch bestandsfest gewordene Auftraggeberentscheidung wahrnimmt, muss davon ausgehen, dass das gegenständliche Vergabeverfahren nicht mehr fortgesetzt werden soll, sondern eingestellt wurde. Auch ein Auftraggeber muss sich an seine eigenen mangels Anfechtung bestandsfest gewordenen Festlegungen bzw. Entscheidungen in einem Vergabeverfahren halten. (vgl. dazu u.a. VwGH vom 07.11.2005, 2003/04/0135, VwGH vom 27.06.2007, 2005/04/0234, VwGH vom 01.10.2008, 2005/04/0204, VwGH vom 07.09.2009, 2007/04/0090, VwGH vom 20.05.2010, 2007/04/0072, VwGH vom 14. 04. 2011, 2008/04/0065, VwGH vom 12.06.2013, 2011/04/0169, VwGH vom 21.01.2014, 2011/04/0133, VwGH vom 17.06.2014, 2013/04/0029). Wie das gegenständliche Vergabeverfahren eingestellt wurde, kann dieser Mitteilung durch die Auftraggeber jedoch nicht entnommen werden.
..........
Der zur Entscheidung berufene Senat des BVwG gelangt unter Hinweis auf § 19 BVergG dabei zur Auffassung, dass eine gleichzeitige mehrfache Ausschreibung eines identen Leistungsgegenstandes bzw. eine gleichzeitige mehrfache Ausschreibung eines Leistungsgegenstandes mit Adaptierungen aufgrund zwischenzeitiger zusätzlicher Erkenntnisse mit den Grundsätzen des Vergabeverfahrens, insbesondere mit § 19 Abs. 4 BVergG nicht in Einklang zu bringen ist. Entscheidet ein Auftraggeber sich dafür einen bereits ausgeschriebenen und noch nicht vergebenen Leistungsgegenstand neuerlich auszuschreiben, führt dies dazu, dass er das frühere bislang nicht abgeschlossene Vergabeverfahren vorher zu beendet hat, was die Auftraggeber in der gegenständlichen Angelegenheit offensichtlich auch getan haben.
Die vom Bundesverwaltungsgericht getroffen Ausführungen zu § 325 BVergG bzw. zur Frage, in welchem Verfahrensstadium sich das gegenständliche Vergabeverfahren befindet ("Das Vergabeverfahren wurde eingestellt."), treffen auch auf das gegenständliche Vergabeverfahren zu. Der Senat folgt insoweit dem oben zitierten Erkenntnis.
Gemäß § 19 Abs. 4 BVergG sind Verfahren zur Vergabe von Aufträgen und Realisierungswettbewerbe nur dann durchzuführen, wenn die Absicht besteht, die Leistung auch tatsächlich zur Vergabe zu bringen
Der gegenständliche Sachverhalt unterscheidet sich von dem vom Bundesverwaltungsgericht im Erkenntnis vom 18.05.2015 zu beurteilenden insoweit, als die - nach Nichtigerklärung durch das BVA vom 09.08.2013, N/0040-BVA/11/20/2013-27, N/0043-BVA/11/2013-22 - am 01.10.2013 veröffentlichte Neuausschreibung "Rahmenvereinbarung Lieferung von Trinknahrung" einen anderen Inhalt als die gegenständliche Ausschreibung aufweist. Während im vorliegenden Vergabeverfahren die Auftraggeber die Rahmenvereinbarung "Lieferung von Sonden- und Trinknahrung inklusive Applikationsgerät" mit insgesamt 10 Losen ausgeschrieben haben, wurde die Folgeausschreibung auf eine "Rahmenvereinbarung Lieferung von Trinknahrung" mit nur mehr drei Losen reduziert. Abgesehen von der verringerten Losanzahl scheinen in der Nachfolgeausschreibung die Begriffe "Sondennahrung" und "Applikationsgerät" nicht mehr auf. Die Sondennahrung bzw. die Applikationsgeräte sollten also offenkundig nicht mehr Gegenstand der Beschaffung durch die Auftraggeber sein.
Nach Ansicht des Senates tritt durch die Nachfolgeausschreibung "Rahmenvereinbarung Lieferung von Trinknahrung" - im Vergleich zum Verfahren W114 2101509-1 - noch evidenter hervor, dass die Auftraggeber - nach Einleitung des Nachfolgevergabeverfahrens - an einem Vergabeverfahren mit dem Bezug "Lieferung von Sonden- und Trinknahrung inklusive Applikationsgerät" mit insgesamt 10 Losen kein Interesse mehr gehabt haben konnten (vgl. § 19 Abs. 4 BVergG). Daher ist auf allfällig vorgebrachte Rechtswidrigkeiten der gegenständlichen Ausschreibung mangels Wesentlichkeit iSd § 325 Abs. 1 Z 2 BVergG nicht mehr einzugehen.
Zu den Spruchpunkten II. und V.:
Das BVA hat mit Bescheid vom 09.08.2013, N/0040-BVA/11/20/2013-27, N/0043-BVA/11/2013-22, dem Antrag der Erstantragstellerin auf Nichtigerklärung der Ausschreibung stattgegeben. Die Erstantragstellerin hat somit mit ihrem Antrag obsiegt, weshalb ihr auch der Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren von EURO 900,00 gemäß § 319 BVergG zugesprochen wurde. Die Anträge der Zweitantragstellerin auf Nichtigerklärung der Ausschreibung bzw. auf Nichtigerklärung einzeln aufgezählter Bestimmungen in der Ausschreibung wurden nur deshalb zurückgewiesen, da bereits dem Antrag der Erstantragstellerin stattgegeben worden ist und folglich eine abermalige Nichtigerklärung der Ausschreibung nicht mehr in Betracht kommt. Hingegen wurde auch der Zweitantragstellerin der Ersatz der Pauschalgebühren von insgesamt EURO 900,00 gemäß § 319 BVergG zugesprochen.
Über Auskunftsersuchen des Bundesverwaltungsgerichts haben die Auftraggeber im Schriftsatz 11.06.2015 mitgeteilt, dass den Spruchpunkten II. und V. des Bescheids des BVA vom 09.08.2013, N/0040-BVA/11/20/2013-27, N/0043-BVA/11/2013-22, jeweils entsprochen wurde und die Pauschalgebühren in der Höhe von EURO 900,00 an die beiden Antragsteller ersetzt worden sind. Die Erstantragstellerin ist diesem Vorbringen in ihrer Stellungnahme vom 18.06.2015 nicht entgegengetreten. Die Zweitantragstellerin hat keine Stellungnahme zum Schriftsatz der Auftraggeber vom 11.06.2015 erstattet.
Daraus folgt: In Entsprechung des Bescheids des BVA vom 09.08.2013, N/0040-BVA/11/20/2013-27, N/0043-BVA/11/2013-22, fand der Pauschalgebührenersatz von den Auftraggebern an die Erst- und Zweitantragstellerin statt. Folglich waren die diesbezüglichen Antragsbegehren, die zum nochmaligen Ersatz der Pauschalgebühren führen würden, abzuweisen.
Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 316 Abs 1 Z 3 BVergG kann - soweit dem weder Art. 6 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, entgegenstehen - die Verhandlung ungeachtet eines Parteiantrages entfallen, wenn bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass dem verfahrenseinleitenden Antrag stattzugeben oder dass er abzuweisen ist.
Die Voraussetzungen für den Entfall einer mündlichen Verhandlung liegen im gegenständlichen Nachprüfungsverfahren vor. Sämtliche entscheidungsrelevanten Unterlagen ergaben sich aus den Schriftsätzen der Parteien sowie dem vorgelegten Vergabeakt. Das Parteiengehör gemäß § 45 Abs. 3 AVG wurde gewahrt. Abgesehen davon handelt es sich bei der vom Senat zu beurteilenden entscheidungsrelevanten Frage (Wesentlichkeit iSd § 325 Abs. 1 Z 2 BVergG) um eine reine Rechtsfrage.
Zu B) Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung von Rechtsfragen abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. In der gegenständlichen Entscheidung werden Fragen aufgeworfen, hinsichtlich deren Beantwortung eine Rechtsprechung des VwGH nicht vorliegt. Es stellt sich insbesondere die Frage nach der Wesentlichkeit für den Ausgang eines Vergabeverfahrens von allfälligen Vergaberechtswidrigkeiten in einer Ausschreibung, wenn das entsprechende Vergabeverfahren bereits eingestellt wurde.
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