BVwG W212 2107973-1

BVwGW212 2107973-119.6.2015

AsylG 2005 §5
B-VG Art.133 Abs4
FPG §61
AsylG 2005 §5
B-VG Art.133 Abs4
FPG §61

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2015:W212.2107973.1.00

 

Spruch:

W212 2107973-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Eva Singer über die Beschwerde von XXXX, StA: Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.05.2015, Zahl:

105472605-150295810, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 idgF und § 61 FPG idgF

als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Der Verfahrensgang vor der erstinstanzlichen Behörde ergibt sich aus dem erstinstanzlichen Verwaltungsakt.

1. Der Beschwerdeführer, ein männlicher Staatsangehöriger Syriens, brachte am 22.03.2015 den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz ein.

Eine EURODAC-Abfrage ergab, dass der Beschwerdeführer am 11.03.2015 in Bulgarien, nachdem er schon zuvor ebendort erkennungsdienstlich behandelt wurde, einen Asylantrag stellte, sowie auch in der Folge 18.03.2015 in Ungarn, einen weiteren Asylantrag stellte.

2. Im Rahmen seiner Erstbefragung am 23.03.2015 vor der Landespolizeidirektion XXXX, Abteilung Fremdenpolizei und Anhaltevollzug, gab der Beschwerdeführer an, ca. 8 Monate zuvor seine Heimat verlassen zu haben und über den Iran und die Türkei nach Bulgarien gelangt zu sein. Er wäre in Bulgarien von der Polizei aufgegriffen worden, ihm wären die Fingerabdrücke abgenommen worden und wäre er in Haft genommen worden. Nach ca. 2 Monaten wäre er aus dem Lager entlassen worden und sei dann nach Serbien weitergereist, wo er wieder zurückgeschickt worden wäre. Abermals sei er nach Serbien gelangt und hierauf nach Ungarn, wo ihm ebenfalls die Fingerabdrücke abgenommen worden wären und er 2 Nächte in einem Lager gewesen wäre. Danach sei er mit einem Zug nach Österreich gefahren.

In Bulgarien und Ungarn habe er jeweils um Asyl angesucht. Es habe ihm in beiden Ländern nicht gefallen, sein Reiseziel wäre Frankreich gewesen. Nunmehr möchte er aber hier bleiben.

Sein Heimatland habe er verlassen, da aufgrund der Taliban sein Leben in Gefahr wäre.

Beschwerden oder Krankheiten, die ihn an der Einvernahme hindern würden, habe er keine. Familienangehörige in Österreich oder einem EU-Staat habe er ebenso nicht.

3. Am 12.05.2015 richtete das Bundesamt unter genauer Wiedergabe der Angaben des Beschwerdeführers zu seiner Fluchtroute ein Wiederaufnahmeersuchen an die bulgarischen Behörden. Mit Schreiben vom 15.09.2015 stimmte Bulgarien dem Wiederaufnahmeersuchen gemäß Art. 18 Abs. 1 lit.b der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin-III-Verordnung) ausdrücklich zu.

4. Am 12.05.2015 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen und gab er dabei an, dass er gesund sei und keine Medikamente nehme. Als er in Bulgarien im Lager gewesen wäre, habe er einen Schlepper kennengelernt, mit dem es in der Folge zu Missverständnissen gekommen wäre und der ihn in Folge bedroht hätte, da er Geld von ihm gefordert hätte, das er jedoch nicht gehabt habe. Er habe die Angelegenheiten den Sicherheitsleuten im Lager erzählt, welche ihm geraten hätten, den Schlepper anzuzeigen. Dies habe er jedoch nicht gemacht, sondern sei weitergeflüchtet. Jedenfalls habe ihn ein anderer Schlepper dann in Ungarn auf dieses Erlebnis auch angesprochen und hätte die Hälfte des Geldes von ihm haben wollen. Er habe ihn hinhalten können und habe dann schon weiter nach Österreich flüchten können.

Wenn er nach Bulgarien zurückkehren müsse, hätte er Angst, den Schlepper irgendwo zu treffen und von ihm getötet zu werden. In Bulgarien wäre er ca. 2 1/2 Monate in einem geschlossenen Lager und ca. 4 Tage in einem offenen Lager untergebracht gewesen.

5. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde I. der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 idgF als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass gemäß Art. 18 Abs. 1 lit.b der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) Bulgarien zur Prüfung ihres Antrags zuständig ist, sowie II. die Außerlandesbringung der beschwerdeführenden Partei gemäß § 61 Abs. 1 FPG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Bulgarien angeordnet.

Die Sachverhaltsfeststellungen zur Lage in Bulgarien wurden im angefochtenen Bescheid im Wesentlichen folgendermaßen zusammengefasst (unkorrigiert):

1. Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

Keine aktuellen Kurzinformationen vorhanden.

2. Allgemeines zum Asylverfahren

Antragsteller

2013

Bulgarien

7.145

Die Daten werden auf die Endziffern 5 oder 0 auf- bzw. abgerundet.

(Eurostat 24.3.2014)

Erstinstanzliche Entscheidungen 2013

Gesamt

Flüchtlings-status

Subsidiärer Schutz

Humanitäre Gründen

NEGATIV

2.810

180

2.280

335

Die Daten werden auf die Endziffern 5 oder 0 auf- bzw. abgerundet.

(Eurostat 24.3.2014)

Antragsteller

1. Qu. 2014

Antragsteller

2. Qu. 2014

Bulgarien

2.030

1.510

Die Daten werden auf die Endziffern 5 oder 0 auf- bzw. abgerundet.

(Eurostat 8.7.2014; Eurostat 3.10.2014)

Erstinstanzliche Entscheidungen

Gesamt

Flüchtlings-status

Subsidiärer Schutz

Humanitäre Gründen

NEGATIV

1. Qu. 2014

2.865

1.495

1.295

70

2. Qu. 2014

310

175

35

100

Die Daten werden auf die Endziffern 5 oder 0 auf- bzw. abgerundet.

(Eurostat 8.7.2014; Eurostat 3.10.2014)

Bulgarien war Ende 2013, insbesondere aufgrund der Situation in Syrien, mit einem großen Zustrom von Asylwerbern konfrontiert, die für das Land eine erhebliche Belastung darstellten. (VB 24.10.2013)

Es gab zu diesem Thema eine Reihe von Berichten, vor allem von Seiten des UNHCR, der im vorläufig letzten vom April 2014 zahlreiche Verbesserungen im bulgarischen Asylverfahren und bei den Unterbringungsbedingungen attestierte. (UNHCR 04.2014)

Es gab eine Reihe von Verbesserungen und Beschleunigungen in den Asylverfahren, vor allem bei Syrern, welche die größte Asylwerber-Gruppe in Bulgarien darstellen. Durch diese Konzentration auf Syrer sollen jedoch Nicht-Syrer benachteiligt sein und ihre Verfahren entsprechend länger dauern. (BMB 2014 vgl. AIDA 18.4.2014)

Zuständig für das Asylverfahren ist die Staatliche Agentur für Flüchtlinge beim Ministerrat (State Agency for Refugees with the Council of Ministers, SAR). (SAR o.D.)

SAR hat angesichts der Überlastung in der 2. Hälfte des Jahres 2013 160 neue Mitarbeiter angeworben. Seit 24. Jänner 2014 gibt es eine funktionierende COI-Unit. (EASO 02.2014, vgl. UNHCR 04.2014)

Jeder Asylwerber, mit Ausnahme unbegleiteter Minderjähriger, durchläuft zuerst das sogenannte beschleunigte Verfahren, im Rahmen dessen innerhalb einer Frist von drei Tagen entschieden wird, ob ein Asylantrag offensichtlich unbegründet (z. B. Fluchtgrund rein wirtschaftlicher Natur) ist, oder ob ein ordentliches Verfahren eingeleitet wird. (BT 9.9.2011)

Entzieht sich ein Asylwerber in irgendeiner Weise dem Verfahren, wird dieses ausgesetzt ("ausgesetztes Verfahren"). Innerhalb einer 3-monatigen Frist kann der betreffende AW eine Wiederaufnahme des Verfahrens beantragen, wenn er eine akzeptable Erklärung für seine Absenz abgeben kann (z.B. Krankenbestätigung etc.). Sind die Erklärungen jedoch unglaubwürdig oder unwahr, wird das Verfahren nach Ablauf der 3 Monate beendet.

Von einem "abgesagten Verfahren" spricht man in zwei Fällen:

?) im beschleunigten Verfahren bei einem offensichtlich unbegründeten Antrag. Die Absage ist dann binnen 7 Tagen anfechtbar.

b) im allgemeinen Verfahren wird eine Absage erteilt, wenn der AW falsche Angaben macht. Die Absage ist dann binnen 14 Tagen anfechtbar. (VB 23.1.2014)

Beschwerdemöglichkeiten

Gegen negative Entscheidungen im ordentlichen inhaltlichen Asylverfahren ist binnen 14 Tagen inhaltliche Beschwerde vor dem regional zuständigen Verwaltungsgericht möglich. Gegen dessen Entscheidungen wiederum ist kassatorische Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof möglich. Beide Beschwerden haben aufschiebende Wirkung. Beschwerdeverfahren dauern in jeder der zwei Instanzen angeblich durchschnittlich 12 Monate. (AIDA 18.4.2014)

Kostenfreie Rechtshilfe

2013 wurde das nationale Gesetz über die Rechtshilfe geändert und verpflichtende staatlich finanzierte Rechtshilfe für AW in allen Phasen des Asylverfahrens eingeführt, wenn diese nicht bereits anderweitig gewährleistet ist. AW haben demnach ab Registrierung ihres Asylantrags das Recht die Bestellung eines Rechtsvertreters zu beantragen. Zuvor war staatliche Rechtshilfe nur in Beschwerdeverfahren vor einem Gericht verfügbar gewesen. In der Praxis hat die für staatliche Rechtshilfe zuständige Stelle (untersteht dem bulg. Justizministerium) keine Finanzmittel zur Verfügung, weswegen zusammen mit dem BHC ein EFF (Europäischer Flüchtlingsfonds)-Projekt eingereicht wurde. Die Rechtshilfe, die im Rahmen von EFF-Projekten gewährt wird, umfasst Rechtsberatung und -vertretung im erstinstanzlichen Verfahren bzw. bei Beschwerden und Übersetzungskosten. Solange Geldmittel zur Verfügung stehen, ist die Rechtshilfe für jeden AW wie oben geschildert im erstinstanzlichen Verfahren verfügbar. Das gilt auch für Folgeantragsteller. In Beschwerdeverfahren, wo auch zuvor bereits Rechtshilfe verfügbar war, geschieht die Finanzierung aus dem Staatshaushalt und wird immer gewährt, außer bei Folgeanträgen ohne neue Elemente. Es gibt lediglich Kritik an der Qualität der Rechtshilfe, die aber auch für Bulgaren nicht besser ist. (AIDA 18.4.2014)

Laut Auskunft der Staatlichen Flüchtlingsagentur erfolgt die verpflichtende staatlich finanzierte Rechtshilfe für Asylwerber in allen Phasen des Asylverfahrens nach dem EFF-Projekt und steht zur Verfügung (VB 29.8.2014b).

Es gibt auch NGOs, die Rechtshilfe anbieten, etwa das Bulgarian Helsinki Committee (BHC), das teilweise von UNHCR finanziert wird; die Legal Clinic for Refugees and Immigrants, das Center for Legal Aid-Voice in Bulgaria und die Foundation for Access to Rights (ECRE 7.2014).

Haft

Grundsätzlich ist die automatische Inhaftierung von Asylwerbern in Bulgarien verboten. Wer in der Haft einen Asylantrag stellt wird in der Regel entlassen. Im beschleunigten Verfahren ist die Inhaftierung des Antragstellers möglich. Rechtsmittel gegen eine Haftentscheidung ist generell binnen 14 Tagen möglich. Eine automatische richterliche Überprüfung der Haft ist nicht vorgesehen, dafür eine monatliche administrative Überprüfung. Haft von Personen unter 18 Jahren ist grundsätzlich verboten (EMN 2014).

Quellen:

3. Dublin-Rückkehrer

Bulgarien war Ende 2013, insbesondere aufgrund der Situation in Syrien, mit einem großen Zustrom von Asylwerbern konfrontiert, die für das Land eine erhebliche Belastung darstellten. (VB 24.10.2013)

Es gab zu diesem Thema eine Reihe von Berichten, vor allem von Seiten des UNHCR, in denen auch zu einem Moratorium von Dublin-Überstellungen nach Bulgarien aufgerufen wurde. (UNHCR 2.1.2014) Auch der Menschenrechtskommissar des Europarats, Nils Muižnieks, äußerte sich Ende 2013 dahingehend. (ECRE 20.12.2013) Im vorläufig letzten UNHCR-Bericht vom April 2014 wurden Bulgarien zahlreiche Verbesserungen im Asylverfahren und bei den Unterbringungsbedingungen attestiert. Eine generelle Suspendierung der Dublin-Überstellungen erscheint UNHCR daher nicht mehr gerechtfertigt. (UNHCR 04.2014) Eine Meinung, der sich die NGO Border Monitoring Bulgaria nicht anschließt. (BMB 2014) Auch ECRE (April 2014) und Amnesty International (März 2014) äußersten sich gegenteilig. (AIDA 18.4.2014) Ebenso Human Rights Watch. (HRW 04.2014) UNHCR gibt lediglich zu bedenken, dass bezüglich der Dublin-Überstellung bestimmter Gruppen (Vulnerable) weiterhin Gründe gegen eine Überstellung sprechen könnten. (UNHCR 04.2014)

Der Zugang zum Asylverfahren nach Dublin Rücküberstellung hängt vom Stand des Verfahrens in Bulgarien ab.

1. erstmaliges Stellen eines Asylantrags:

Bei der Aufnahme eines Drittstaatsangehörigen, der zum ersten Mal einen Asylantrag stellt, wird diese Person entsprechend registriert und es wird ein Verfahren zur Prüfung des Antrags eingeleitet. (VB 31.1.2012)

inhaltlich negativ entschiedenes Verfahren:

Wurde über das Vorbringen bereits inhaltlich abschließend negativ entschieden, kann der Rückkehrer einen Folgeantrag stellen. Tut er das nicht, kommt er in ein Abschiebezentrum. (UNHCR 04.2014) Ein Folgeantrag wird auf Vorliegen neuer Elemente geprüft. Liegen solche nicht vor, wird er als offensichtlich unbegründet abgelehnt. (UNHCR 2.1.2014)

2. inhaltlich nicht entschiedenes Verfahren:

* Wenn Personen nach BG rücküberstellt werden, zu deren Vorbringen es noch keine inhaltliche Entscheidung gibt, wird ihr Verfahren an der Stelle wieder eröffnet, an der es ausgesetzt wurde. (UNHCR 04.2014)

Sind zwischen Aussetzung des Verfahrens und Rückkehr des AW mehr als 3 Monate vergangen, ist das Verfahren inzwischen in Abwesenheit beendet worden. Hat noch kein Interview stattgefunden, wird dieses bei Rückkehr nachgeholt. Ohne Interview gibt es keine Entscheidung. (UNHCR 04.2014)

Zwischen 1.1. und 27.3.2014 wurden 11 AW und 2 subsidiär Schutzberechtigte als "take back"-Fälle nach BG überstellt (aus HU, SE, SUI). In einem Fall wurde der AW über die Entscheidung in Abwesenheit in seinem Verfahren informiert und zur Außerlandesbringung inhaftiert. Die anderen wurden offen untergebracht, ihre Verfahren wieder eröffnet und neue Ausweiskarten ausgegeben. (UNHCR 04.2014)

Dublin-Rückkehrer haben in Bulgarien kein Problem beim Zugang zum Asylverfahren. Lediglich im Falle, dass ihr erstinstanzliches Verfahren in Abwesenheit negativ entschieden und dies rechtskräftig wurde, werden sie bei Rückkehr in Abschiebehaft genommen. (AIDA 18.4.2014)

Folgeanträge sind jederzeit möglich und sie haben aufschiebende Wirkung. Auch ist die Zahl der Folgeanträge nicht begrenzt. Wenn keine neuen Elemente vorgebracht werden, werden sie im beschleunigten Verfahren üblicherweise binnen 3 Tagen als unzulässig abgelehnt. Gegen negative Entscheidungen zu Folgeanträgen ist Beschwerde möglich, welche ebenso automatisch aufschiebende Wirkung hat. Zugang zu Unterbringung erhalten Folgeantragsteller jedoch nicht mehr. Die Behörde hat angeblich die Möglichkeit Folgeantragsverfahren monatelang zu verzögern. In Verbindung mit dem fehlenden Recht auf Unterbringung soll das lt. NGOs AW davon abhalten Folgeanträge zu stellen. Priorisiert werden angeblich nur Folgeanträge von Syrern. (AIDA 18.4.2014)

Beschwerdemöglichkeiten

Die Entscheidungen der Staatlichen Agentur für Flüchtlinge beim Ministerrat im Dublin-Verfahren können binnen 7 Tagen beim Verwaltungsgericht Sofia-Stadt beeinsprucht werden. Gem. Gesetz fallen für Gerichtsverfahren keine Gebühren oder anderen Kosten an, mit Ausnahme der Kosten für Expertisen. Auch diese können Asylwerbern erlassen werden, wenn sie am Existenzminimum leben. (VB 6.2.2014)

Beschwerden im Dublin-Verfahren haben keine aufschiebende Wirkung, es sei denn, diese wird vom AW ausdrücklich beantragt. (AIDA 18.4.2014)

Jeder einzelne Verwaltungsakt, unterliegt der Gerichtskontrolle, egal ob ein Beschluss, mit welchem Rücküberstellung an den jeweiligen zuständigen Mitgliedsstaat genehmigt wird, ein Beschluss, mit welchem Asyl in der Republik Bulgarien abgelehnt wird, eine Anordnung zur Unterbringung in speziellen Heimen für illegale Einwanderer, eine Anordnung zur Ausweisung eines Drittstaatsangehörigen bis zur Grenze der Republik Bulgarien, eine Anordnung der Landesverweisung usw. (VB 31.1.2012)

Nach den oben geschilderten Änderungen am nationalen Gesetz über die Rechtshilfe, ist seit 2013 staatlich finanzierte rechtliche Vertretung auch für AW im Dublin-Verfahren möglich. Zusätzlich zur schon zuvor verfügbaren Rechtshilfe im Beschwerdeverfahren vor einem Gericht. In der Praxis bestehen auch hier die o.g.

Finanzierungsprobleme für die Rechtshilfe in erster Instanz. (AIDA 18.4.2014)

Unterbringung nach Rücküberstellung

Je nachdem, in welcher Phase sich das Asylverfahren in der Republik Bulgarien befindet, werden die Dublin-Rückkehrer unterschiedlich untergebracht. Bei noch laufendem Verfahren werden sie in einem offenen Registrierungs- und Aufnahmezentrum der Staatlichen Agentur für Flüchtlinge beim Ministerrat untergebracht. Wenn der Asylantrag bereits abgelehnt wurde, der jeweilige Beschluss rechtskräftig ist und die Abschiebung des jeweiligen Drittstaatsangehörigen aus dem Land bevorsteht, wird dieser in einem Zentrum zur temporären Unterbringung illegaler Fremder untergebracht, damit seine Abschiebung organisiert werden kann. In der Regel darf die Haftdauer 6 Monate nicht überschreiten, ausnahmsweise kann die Festnahme um weitere 12 Monate verlängert werden, jedoch darf die Gesamtdauer nicht mehr als 18 Monate betragen. Die Haftbefehle und die Befehle zur Verlängerung der Haftdauer unterliegen einer Gerichtskontrolle. In diesen Schubhaftzentren werden Familien und Vulnerable ebenfalls in speziellen, abgesonderten Räumlichkeiten untergebracht, welche ihrem Alter und ihren Bedürfnissen entsprechend ausgestattet sind. (VB 31.1.2012)

Quellen:

4. Non-Refoulement

Die Europäische Kommission hat am 1. April 2014 bestätigt, dass gegen Bulgarien ein Vertragsverletzungsverfahren wegen des möglichen Refoulements von syrischen Flüchtlingen an der bulgarisch-türkischen Grenze begonnen wurde. Der erste Schritt des Vertragsverletzungsverfahrens ist der "Letter of formal notice", in dem das Land um seine Einschätzung des Problems gebeten wird. (ECRE 4.4.2014) Es gibt Berichte über derartige "push-backs" an der genannten Grenze, die sich auf Aussagen von Migranten stützen. Die bulgarischen Behörden weisen derartige Vorwürfe in der Regel kategorisch zurück. (UNHCR 04.2014, vgl. BMB 2014 / HRW 04.2014)

Die Regierung gewährt einen gewissen Schutz vor Ausweisung oder Rückkehr von Flüchtlingen in Länder, wo ihr Leben oder ihre Freiheit aufgrund von Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder politischer Gesinnung bedroht wäre. UNHCR bestätigt, dass das Risiko für genuine Flüchtlinge, abgelehnt zu werden, gering ist, wenn auch Ausnahmefälle vorkommen. (USDOS 27.2.2014)

Quellen:

5. Versorgung

5.1. Unterbringung

AW in Bulgarien haben Anspruch auf Unterbringung und Versorgung während des gesamten Asylverfahrens. Das umfasst Unterkunft, Verpflegung, soziale Unterstützung, Krankenversorgung und psychologische Hilfe. In der Praxis werden bei Platzknappheit mittellose AW prioritär in den Unterbringungszentren versorgt. Spezielle Bedürfnisse und Obdachlosigkeitsrisiko (Vorhandensein von Mitteln, Beruf und potentielle Jobaussichten, Zahl der Familienmitglieder und etwaige Vulnerabilität) werden in jedem Fall berücksichtigt. Folgeantragsteller haben diese Rechte nicht, es sei denn, sie sind vulnerabel. Wenn AW bestätigen, dass sie über Mittel verfügen, können sie auch außerhalb eines Zentrums wohnen. Wird die Unterbringung in einem Zentrum verweigert, ist das vor Gericht binnen 7 Tagen anfechtbar. Dafür ist auch Rechtshilfe vorgesehen. (AIDA 18.4.2014)

Die materielle Versorgung der AW umfasst Unterbringung in Zentren und Sozialhilfe in Form eines monatlichen Handgeldes in Höhe von BGN 65,- (EUR 33,-) pro Person (auch Kinder). Die Höhe dieses Betrags wird von UNHCR als ungenügend kritisiert. Gibt es nach einem Jahr noch keine Entscheidung im Asylverfahren, hat der AW Zugang zum Arbeitsmarkt. Was die monatliche finanzielle Unterstützung betrifft, werden AW nicht schlechter behandelt als Bulgaren, nur verfügen sie in der Regel nicht über Ersparnisse, Besitz oder Familie im Lande, um sich zusätzlich abzusichern. (AIDA 18.4.2014, vgl. UNHCR 04.2014)

Mit Stand 6. Juni 2014 lebten 2.329 AW und Schutzberechtigte in den Zentren. 2.359 lebten unter externen Adressen. Wer außerhalb der Zentren lebt, bekommt das monatliche Handgeld (BGN 65,-) nicht mehr. Die Praxis, eine fixe externe Adresse vorzutäuschen, um außerhalb eines Zentrums leben zu können, soll außerdem immer noch verbreitet sein und zu einem Problem der Obdachlosigkeit unter AW und Schutzberechtigten beitragen, wobei jedoch keinerlei Zahlen hierzu vorhanden sind und sich die NGO BMB auch keinerlei Schätzung zutraut. (BMB 2014)

SAR führt verschiedene Unterbringungseinrichtungen für AW:

Registrierungs- und Empfangszentren (RRC) Sofia und Banja und Harmanli; das Transitzentrum (TC) Pastrogor. Das RRC Sofia besteht seinerseits aus den Zentren Kovacevtsi, Vrazhdebna und Voenna Rampa und verfügt zudem über das Integrationszentrum (IC) Ovcha Kupel (BMB 2014), das AW und Schutzberechtigten den Zugang zu Sprach- und Jobtraining und anderen Aktivitäten bietet, die für die Integration wichtig sind. (UNHCR 2013)

Die bulgarischen Behörden haben Anstrengungen zur Verbesserung der Unterbringungsbedingungen unternommen. Gebäude wurden renoviert und Möblierung sowie Verpflegung verbessert. Gewisse Unzulänglichkeiten sollen jedoch fortbestehen, wie überlastete elektrische und Abwasserleitungen, ungenügende medizinische Versorgung und Mangel an Übersetzern. NGOs klagen über einen Mangel an Sozialarbeitern. Bei Übersetzern sei angesichts der Überzahl an arabischen Antragstellern, eine gewisse Benachteiligung nicht-arabischsprachiger AW feststellbar, da man sich hauptsächlich auf die Bereitstellung von Arabisch-Übersetzern konzentriere. (BMB 2014)

Statistik der Staatlichen Agentur für Flüchtlinge zur Belegung der Unterbringungen; Stand: 28.8.2014; Auslastung bei 47%:

Aufnahmezentrum

Banja

Pastrogor

Sofia

Vrazhdebna

Voenna rampa

Harmanli

Kovacevtsi

Total

Kapazität

70

300

860

420

700

1900

350

4600

Unterge-brachte

Total

42

216

399

26

327

991

160

2161

% belegt

50%

73%

46%

6%

48%

52%

45%

47%

Syrer

17

133

243

14

311

955

19

1692

(VB 29.8.2014a)

In Busmantsi und Liubimets befinden sich die dem bulgarischen Innenministerium (Direktion für Migration) unterstehenden "Zentren für die vorübergehende Unterbringung von Fremden". Das sind geschlossene Schubhaftzentren. AW kommen mit diesen Zentren in der Regel nur in Kontakt, wenn sie beim illegalen Grenzübertritt betreten wurden und erst in der Haft einen Asylantrag stellten. Im Oktober 2013 wurde von der Direktion für Migration in Elhovo ein sogenanntes "Verteilungszentrum" eröffnet, in dem AW für max. 20 Tage untergebracht werden, bevor sie auf die Unterbringungszentren aufgeteilt werden können. Die Kapazität dieser 3 Haftzentren liegt bei insgesamt 1.000 Plätzen. (AIDA 18.4.2014)

In Busmantsi und Liubiments werden Familien und alleinstehende Frauen getrennt von den anderen Inhaftierten untergebracht. Innerhalb der Zentren ist in der Regel freie Bewegung erlaubt. Bildungsprogramme für Kinder oder Sprachunterricht sind nicht vorgesehen. Kostenlose Übersetzerleistungen werden angeboten. Tägliche Hofgänge sind vorgesehen, es gibt die Möglichkeit für religiöse Betätigung, TV und Sportgelegenheiten. In puncto medizinische Versorgung wird hauptsächlich ambulant und präventiv behandelt. Wenn nötig können Inhaftierte auch in Spitälern behandelt werden. Vulnerable werden je nach Einzelfall gesondert untergebracht, etwa im Krankenrevier (EMN 2014).

Quellen:

5.2. Medizinische Versorgung

AW haben in Theorie und Praxis Zugang zu derselben Krankenversorgung wie bulgarische Staatsbürger, sind aber auch den Unzulänglichkeiten des bulgarischen Gesundheitssystems aufgrund von Unterfinanzierung in gleichem Maße ausgesetzt. SAR ist verpflichtet, die Krankenversicherung der AW zu übernehmen. (AIDA 18.4.2014; vgl. VB 29.8.2014b)

Mit April des Jahres hat SAR in allen Zentren die medizinische Versorgung übernommen. Es gibt Berichte von Antragstellern über unzureichende medizinische Versorgung. Auch soll es, aufgrund der Tatsache, dass die bulgarische Krankenversicherung die Kosten für Medikamente nicht übernimmt, für AW nicht möglich sein von ihren BGN 65,- an monatlichem Handgeld (ca. Euro 33,-), Medikamente in Apotheken zu kaufen. (BMB 2014)

Im Hinblick auf Verbesserung und Erleichterung des Zugangs zu medizinischen Dienstleistungen wurden in allen Unterbringungszentren der Staatlichen Agentur für Flüchtlinge beim Ministerrat Sprechzimmer mit medizinischem Personal eröffnet. Es steht auch die Eröffnung einer Zahnarztpraxis bevor. Anfang Juni 2014 hatten 49,5% der in den Zentren der Staatlichen Agentur für Flüchtlinge untergebrachten Personen internationalen Schutz in Bulgarien erhalten. Unabhängig davon ob sie krankenversichert sind oder nicht, bekommen diese Personen kostenlose medizinische Untersuchung und Betreuung. Die restlichen Personen (50,5 %) sind im Status des Asylwerbers und sind ohnehin gesetzlich krankenversichert. Die Sozialarbeiter der Staatlichen Agentur für Flüchtlinge beim Ministerrat helfen über das BRK bei der Organisation und der Lieferung von kostenlosen Arzneimitteln für Bedürftige. (VB 13.6.2014)

Laut der Gesetzgebung der Republik Bulgarien haben Ausländer im Rahmen des Verfahrens zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz ein Recht auf Krankenversicherung, zugängliche medizinische Grundversorgung und unentgeltliche medizinische Versorgung unter den für bulgarische Staatsbürger geltenden Bestimmungen und Bedingungen, und zwar ab dem Zeitpunkt ihrer Registrierung als Schutzsuchende. Unter Berücksichtigung des besonderen Status dieser Personenkategorie sieht der Gesetzgeber vor, dass ihre Rechte als Krankenversicherte ab dem Datum der Eröffnung eines Asylverfahrens entstehen. Im Zuge des laufenden Asylverfahrens genießen Ausländer Rechte als Krankenversicherte im selben Umfang wie bulgarische Staatsbürger. Im Hinblick auf die Erhaltung der öffentlichen Gesundheit werden AW nach der Eröffnung eines Asylverfahrens einer medizinischen Untersuchung unterzogen. Im Falle einer Krankheit werden entsprechende Behandlungsmaßnahmen eingeleitet. Diese Maßnahmen sind für AW kostenlos und werden in den Unterbringungszentren durchgeführt. Nach Eröffnung eines Asylverfahrens und Erhalt einer Registrierungskarte haben AW das Recht, einen Arzt (Allgemeinarzt) und einen Zahnarzt auszuwählen.

Folgende Leistungen sind umfasst: Prophylaxe; ambulante und Krankenhausbehandlung; Rehabilitation; Versorgung in der Schwangerschaft; Entbindung und Mutterschaft; Abtreibungen aufgrund medizinischer Indikation und nach Vergewaltigung; zahnmedizinische und zahntechnische Behandlung; Verschreibung und Abgabe von zugelassenen Arzneimitteln; usw. Die Kosten werden von der Nationalen Krankenkasse getragen. Wer nicht krankenversichert ist, muss diese Leitungen selbst bezahlen. Immer gewährt wird medizinische Nothilfe. Die Nationale Krankenkasse übernimmt gänzlich oder teilweise die Kosten für Arzneimittel, medizinische Erzeugnisse und diätetische Lebensmittel für spezielle medizinische Zwecke, welche für die häusliche Krankenpflege pflichtversicherter Personen gedacht sind, und zwar für bestimmte Erkrankungen, die mit einer Verordnung des Gesundheitsministers festgelegt worden sind. Asylwerbern mit rechtskräftig negativ abgeschlossenem Asylverfahren, die sich in Schubhaft befinden, wird rund um die Uhr unentgeltliche medizinische Versorgung gewährleistet. Die Untersuchungen und die medizinische Betreuung erfolgen im Medizinischen Institut beim Innenministerium. (VB 24.6.2014)

Es gibt in Bulgarien 3 Zentren in denen AW eine psychologische bzw. psychiatrische Betreuung erhalten können. Es sind dies Sofia, Pastrogor und Harmanli (nur psychologische Behandlung). Es gibt eine enge Kooperation mit der NGO "Asset", welche auf die Betreuung von traumatisierten Personen spezialisiert ist. Für psychiatrische Behandlungen werden die AW von den Psychologen an einen Spezialisten überwiesen. Im Juni begann weiters eine Schulung für die Betreuer von Staatlicher Agentur für Flüchtlinge beim Ministerrat und bulgarischem Rotem Kreuz für den Umgang mit traumatisierten Personen, welche von der israelischen NGO "Isra AID" durchgeführt wird. (VB 13.6.2014)

Die Unterbringung vulnerabler Asylwerber - alleinstehende Frauen mit minderjährigen Kindern - erfolgt in speziellen, entsprechend den Bedürfnissen gestalteten Unterbringungsstellen. Im Registrierungs- und Aufnahmezentrum Harmanli steht ein separates Gebäude mit 180 Plätzen zur Verfügung, momentan ist dies nur zu 25% belegt. Eine andere Unterbringungsstelle wird im Registrierungs- und Aufnahmezentrum in Banja entstehen. Dort werden in Kürze 10 Häuser mit insgesamt 40 Plätzen fertiggestellt. Ältere Leute werden je nach Wunsch zusammen mit Angehörigen untergebracht. Momentan bekommen alle Asylwerber, untergebracht in den territorialen Unterbringungszentren der Staatlichen Agentur für Flüchtlinge beim Ministerrat zweimal am Tag kostenlose Nahrung, sowie unabhängig von ihrem Alter auch eine soziale Unterstützung von 65 BGN/Monat. SAR versorgt die Flüchtlinge zusammen mit dem Bulgarischen Roten Kreuz (BRK) mit Nahrungs- und Hygienepaketen. Seit Anfang des Jahres wurden in allen Unterbringungszentren Sozialarbeiter von der Staatlichen Agentur für Flüchtlinge und Sozialarbeiter und Mediatoren vom BRK angestellt. Im Gebäude für alleinstehende Mütter in Harmanli wurde auch ein Kinderzimmer eingerichtet, wo die Kinder täglich von ihren Eltern und/oder Freiwilligen vom BRK oder NGOs unterhalten und versorgt werden. In allen Zentren werden auch Bulgarisch-Sprachkurse für Kinder und Erwachsene durchgeführt, zu denen jeder Interessierte Zugang hat. (VB 13.6.2014)

Quellen:

5.3. Unterstützung durch NGOs

Eine Reihe von NGOs unterstützen Asylwerber, so etwa der Bulgarische Rat für Flüchtlinge und Migranten (Bulgarian Council on Refugees and Migrants, BCRM). Er arbeitet mit UNHCR zusammen und ist besonders auf den Gebieten Anwaltschaft, Lobbying und Spendensammlung für Asylwerber und der Vernetzung zwischen NGOs und staatlichen Institutionen aktiv. (BCRM o.D.)

Das Bulgarian Helsinki Committee hat sich dem Ziel verschrieben den Respekt vor den Menschenrechten zu fördern, Rechtsreformen in Bulgarien anzustoßen und betreibt unter anderem seit 1994 ein Refugees' and Migrants' Legal Protection Programme. Es wird von UNHCR unterstützt und kooperiert mit der Staatlichen Agentur für Flüchtlinge beim Ministerrat. Es bietet jährlich ca. 5.000 Menschen Rechtsberatung und -vertretung und hilft bei der Integration von Flüchtlingen in Bulgarien oder bei der Rückkehr in das Herkunftsland. Die rechtliche Beratung ist kostenlos und das Team des Bulgarian Helsinki Committee vertritt Asylwerber in Asylverfahren und vor Gericht und anderen Behörden. (BHC o.D.a /BHC o. D.b)

Der Refugee-Migrant Service (RMS) des Bulgarischen Roten Kreuzes (BRC) engagiert sich seit 1997 in der Flüchtlingshilfe, Integrationsförderung für Flüchtlinge, Toleranzvermittlung etc. Das BRC ist die größte NGO Bulgariens, die soziale Dienste und Hilfe für Flüchtlinge anbietet. Der RMS bietet finanzielle und andere Hilfe für anerkannte Flüchtlinge, Personen mit humanitärem Aufenthaltsrecht, Asylwerber, abgelehnte Asylwerber und andere Migranten und betreut jedes Jahr 1.500 bis 2.000 Personen. Seit 2005 bietet man Antragstellern an den Grenzen Verpflegung und Medikamente an. Die Hilfe für Asylwerber und anerkannte Flüchtlinge gehört zu den Hauptaktivitäten des BRC. Im bulgarischen Gesetz wird das BRC als Organisation genannt, die mit der Regierung bei Unterbringung, sozialer Anpassung und in allen Aspekten der Integration von Flüchtlingen in Bulgarien zusammenarbeitet. Der RMS arbeitet mit der Staatlichen Agentur für Flüchtlinge beim Ministerrat, dem UNHCR, IOM, der Grenzpolizei u.a. zusammen und unterhält Kontakte zu allen aktiven bulgarischen NGOs. (BRC o.D.) BRC unterstützt die Insassen der Registrierungs- und Empfangszentren mit Essenspaketen, Medikamenten und Handgeldern. (UNHCR 2013)

Die NGO Legal Clinic for Refugees and Immigrants stellt Asylwerbern kostenlose Rechtsberatung zur Verfügung. Es werden auch inhaftierte Flüchtlinge, Asylwerber und Immigranten betreut. Das Zentrum Busmanti wird wöchentlich besucht. Die Mitarbeiter verfassen Beschwerden u.a. Dokumente usw.

Momentan nimmt die NGO keine neuen Fälle mehr an, die kostenlose Beratung wird aber weiterhin angeboten. (lcrien o.D.)

Quellen:

6. Schutzberechtigte

Es gibt für Personen mit Schutzstatus keine finanzielle Hilfe oder Unterstützung bei der Wohnungssuche, weshalb einige, denen die Mittel fehlen sich selbständig unterzubringen, in den Unterbringungszentren für AW bleiben, was zu deren Überbelegung beiträgt. (UNHCR 7.2.2014, vgl. EASO 02.2014 / UNHCR 04.2014)

Mit Stand 6. Juni 2014 lebten 2.329 AW und Schutzberechtigte in den Zentren. 2.359 lebten unter externen Adressen. Schutzberechtigte haben grundsätzlich die Möglichkeit bis zu 6 Monate nach Statuszuerkennung im Unterbringungszentrum bleiben zu können. Wer außerhalb der Zentren lebt, bekommt die BGN 65,- monatliches Handgeld nicht mehr. Die Praxis, eine fixe externe Adresse vorzutäuschen, um außerhalb eines Zentrums leben zu können, soll immer noch verbreitet sein und zu einem Problem der Obdachlosigkeit unter AW und Schutzberechtigten beitragen, wobei jedoch keinerlei Zahlen hierzu vorhanden sind und sich die NGO BMB auch keinerlei Schätzung zutraut. (BMB 2014)

Fremde müssen sich binnen 14 Tagen ab der Zuerkennung eines Schutzstatus in der Gemeinde melden, in der sie zu leben gedenken, damit sie ins Melderegister aufgenommen werden können. Gemäß Gesetz haben sie die Möglichkeit für 6 Monate eine finanzielle Unterstützung für Wohnen zu erhalten. Ihr Aufenthalt im Zentrum kann entsprechend verlängert werden. Unterstützung durch das nationale Programm zur Flüchtlingsintegration (NPIR) kann binnen 2 Monaten ab Statuszuerkennung beantragt werden. Nach einem Interview wird ein individueller Integrationsplan erstellt und unterzeichnet. Die Teilnehmer verpflichten sich, Sprachtraining, Kurse zur kulturellen und sozialen Anpassung, sowie Jobtraining ein Jahr lang regelmäßig zu besuchen. Die Leistungen des NPIR sind sehr umfassend und detailliert festgelegt, die Plätze im NPIR sind jedoch auf 60 pro Jahr begrenzt und nur in Sofia verfügbar. 2011 waren von 194 Schutzberechtigten 83 im NPIR, 37 davon schlossen es ab. (UNHCR 2013)

Laut UNHCR ist momentan kein nationales Programm zur Flüchtlingsintegration (NPIR) operativ, ein neues Programm sei aber in Ausarbeitung und solle 2.000 Schutzberechtigte abdecken. Das Budget hierfür sei aber noch nicht beschlossen. (UNHCR 04.2014) SAR berichtet, dass im Rahmen des neuen nationalen Programms zur Flüchtlingsintegration (NPIR) für den Zeitraum 2014-2016,. Schutzberechtigte 1 Jahr lang an dem Programm teilnehmen und im Rahmen dessen für 6 Monate folgende Leistungen und Beihilfen beziehen können: Krankenversicherung, ein Stipendium von 8 BGN pro Tag für Bulgarisch-Sprachkurse und Job-Training; kostenlosen Transport, Unterstützung bei der Wohnungssuche und ein finanzieller Beitrag zur Monatsmiete. (VB 3.4.2014) Laut BMB gab es Anfang Juni 2014 noch immer kein funktionierendes NPIR und die diesbezüglich vorgestellte Strategie verfüge über keine gesicherte Finanzierung. (BMB 2014) Laut SAR wurde ein nationaler Plan zur Verwirklichung der Integrationsstrategie 2014 und eine Jahresfinanzberechnung für die zu treffenden Maßnahmen vorbereitet. Der Plan und die Finanzberechnung, seien jedoch nicht angenommen worden (VB 29.8.2014b). Mit ein Grund dafür dürften die Neuwahlen in Bulgarien im Oktober gewesen sein (vgl. AJ 19.8.2014).

Gemeindewohnungen zu erhalten ist für Personen mit einem Schutzstatus in BG aufgrund diskriminierender Bestimmungen oder geringer Kapazitäten in den meisten großen Städten angeblich nicht möglich. Obdachlose Personen mit einem Schutzstatus können in den Obdachlosenheimen untergebracht werden. Diese stellen aber keine Dauerlösungen dar. In einem dieser Zentren in Sofia existieren Zugangshindernisse wie das Erfordernis eines Unbescholtenheitszeugnisses. Obdachlose Fremde verlassen sich hauptsächlich auf Hilfe von Bekannten innerhalb der jeweiligen ethnischen Community. Der RMS des BRC bietet finanzielle Hilfe für das Anmieten von Unterkünften; Medizin und Essenspakete. Neben den NGOs, welche die Hauptunterstützer von obdachlosen Fremden sind, sind die Kirchen als Unterstützer zu nennen. Katholische Kirche und das Prelom Christian Center bieten soziale Hilfe. Wie die Sozialmediatoren des BRC, unterstützt Prelom die Fremden auch bei Problemen mit der Bürokratie. Generell werden die Maßnahmen des bulgarischen Staates von den Betroffenen positiv bewertet, stellenweise seien aber zusätzliche Anstrengungen nötig. (UNHCR 2013)

UNHCR berichtet, dass es in der Praxis zu einer Lücke in der medizinischen Versorgung nach der Anerkennung von AW als Schutzberechtigte kommen könne, die durch den Statuswechsel verursacht würde und bis zu 2 Monate betragen könne, während derer die Schutzberechtigten in den Datenbanken der nationalen Krankenversicherung als "nicht versichert" aufschienen. Zusätzlich müssen sie BGN 17,-- (EUR 8,7) monatlich an die Versicherung abführen, wie bulgarische Bürger auch. Die Krankenversicherung umfasst keine Medikamente und keine psychologische Betreuung. (UNHCR 7.2.2014 / UNHCR 04.2014) SAR bestätigt, dass Schutzberechtigte zu medizinischer Versorgung im selben Umfang wie bulgarische Staatsbürger berechtigt sind. Die Krankenversicherung decke einerseits Medikamente ab, die in den Listen der Krankenkasse als kostenlos geführt werden und andererseits solche, bei denen ein Selbstbehalt besteht. Auch wird bestätigt, dass Schutzberechtigte die Krankenversicherungsbeiträge selbst tragen müssen bzw. ein allfälliger Arbeitgeber. (VB 29.8.2014b).

Die Rechte und Pflichten von Ausländern, denen in der Republik Bulgarien Schutz gewährt worden ist, sind in der nationalen Gesetzgebung geregelt. Auf Grundlage des Art. 36 des Asyl- und Flüchtlingsgesetzes hat ein subsidiär Schutzberechtigter die Rechte und Pflichten eines Ausländers mit erteilter Daueraufenthaltsberechtigung in der Republik Bulgarien. Mit der Zuerkennung des Flüchtlingsstatus oder des subsidiären Schutzes erwerben Ausländer die gleichen Rechte wie bulgarische Staatsbürger in Bezug auf Arbeit und sie dürfen sich auch bei dem nach aktuellem Wohnsitz zuständigen Arbeitsamt arbeitslos melden. Gemäß Gesetz über die soziale Unterstützung und seiner Durchführungsverordnung haben Personen mit zuerkanntem Flüchtlingsstatus oder subsidiärem Schutz das Recht auf Sozialhilfe wie bulgarische Staatsbürger. Sozialhilfe bedeutet Unterstützung in Form von Geldhilfe und Sachleistungen und Sozialleistungen. Jegliche direkte oder indirekte Diskriminierung auf Grund des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der ethnischen Zugehörigkeit, der Staatsangehörigkeit, der politischen Gesinnungen, der Religion, einer Behinderung, des Alters, der sexuellen Orientierung, der familiären Situation oder der Herkunft, usw. ist unzulässig. Gemäß Gesetz über die Pflichtkrankenversicherung, ist die Krankenversicherung für Personen mit zuerkanntem Flüchtlingsstatus oder subsidiär Schutzberechtigte verbindlich und diese sind als eigene Krankenversicherungsgruppe einbezogen. (VB 4.9.2011)

Es existieren Berichte über Probleme beim Zugang zu Gesundheitsversorgung, diese dürften aber zu einem gewissen Grad Informations- und Verständigungsdefiziten geschuldet sein. Größere Probleme soll für AW und Schutzberechtigte der Kauf von Medikamenten bereiten, die selbst bezahlt werden müssen. Das bulgarische Rote Kreuz hilft hier zwar mit Kostenübernahmen, das scheint aber nicht automatisch der Fall zu sein. Familien mit kleinen Kindern werden demnach vorgereiht. (UNHCR 2013)

Es gibt Berichte, dass Schutzberechtigte, die weiter in den Zentren untergebracht waren, Probleme mit der medizinischen Behandlung im Zentrum gehabt hätten, weil diese ihre Krankversicherungsbeiträge selbst entrichten müssen und sich einen Hausarzt auszusuchen haben. Jeder Besuch bei diesem Hausarzt kostet BGN 2,- (ca Euro 1,-). Diese Umstände führen angeblich dazu, dass Schutzberechtigte "üblicherweise außerhalb des Gesundheitssystems" bleiben würden. (BMB 2014)

In Bezug auf die medizinische Betreuung von anerkannten Flüchtlingen und subsidiär Schutzberechtigten verhält es sich so, dass bei Nichtzahlung einer Rate der Pflichtkrankenversicherung (bei Arbeitslosen ist dies ein Fixbetrag von BGN 16,80 bzw. € 8,58 pro Monat), die Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigten nicht sofort ihre Rechte auf Krankenversicherung verlieren. Gemäß Gesetz ist das erst der Fall, wenn Personen, die verpflichtet sind eine Krankenversicherung zu zahlen, mehr als drei Monatsraten im Zeitraum von 36 Monaten nicht bezahlt haben. Personen, die ihre Krankenversicherung unterbrochen haben, sind verpflichtet medizinische Leistungen selbst zu bezahlen. Um ihre Rechte wiederherzustellen, müssen sie alle pflichtmäßigen Krankenversicherungsraten für die letzten 36 Monate bezahlt haben. Die Krankenversicherung gilt dann wieder ab dem Zahlungsdatum. Kosten für Personen bis zum 18. Lebensjahr werden vom Staat getragen. Dasselbe gilt auch für Lehrlinge über 18 Jahre bis zum Abitur sowie für reguläre Studenten bis zum 26. Lebensjahr und für Doktoranden, unabhängig vom Alter. Bei dringender Notwendigkeit haben anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte das Recht auf einmalige Sozialhilfe, wofür sie sich bei den Direktionen für Sozialhilfe beim Ministerium für die Arbeit und Sozialpolitik je nach Meldeadresse und ungeachtet des Krankenversicherungsstatus bewerben können. Im Hinblick auf Verbesserung und Erleichterung des Zugangs zu medizinischen Dienstleistungen wurden in allen Unterbringungszentren der Staatlichen Agentur für Flüchtlinge beim Ministerrat Sprechzimmer mit medizinischem Personal eröffnet. Es steht auch die Eröffnung einer Zahnarztpraxis bevor. Momentan haben 49,5% von den in den Zentren der Staatlichen Agentur für Flüchtlinge untergebrachten Personen internationalen Schutz in Bulgarien erhalten. Unabhängig davon ob sie krankenversichert sind oder nicht, bekommen diese Personen kostenlose medizinische Untersuchung und Betreuung. Die restlichen Personen (50,5 %) sind im Status des Asylwerbers und sind ohnehin gesetzlich krankenversichert. Die Sozialarbeiter der Staatlichen Agentur für Flüchtlinge beim Ministerrat helfen über das BRK bei der Organisation und der Lieferung von kostenlosen Arzneimitteln für Bedürftige. (VB 13.6.2014)

Die NGO Bulgarischer Rat für Flüchtlinge und Migranten (Bulgarian Council on Refugees and Migrants, BCRM) arbeitet u.a. auf dem Gebiet der Integration von Flüchtlingen. Sie arbeitet mit UNHCR zusammen und ist besonders auf den Gebieten Anwaltschaft, Lobbying und Spendensammlung für Asylwerber und der Vernetzung zwischen NGOs und staatlichen Institutionen aktiv. (BCRM o.D.)

Die NGO Bulgarian Helsinki Committee betreibt u.a. seit 1994 ein Programm zum Rechtsschutz für Flüchtlinge. Es wird von UNHCR unterstützt und kooperiert mit der Staatlichen Agentur für Flüchtlinge beim Ministerrat. Es bietet jährlich ca. 5.000 Menschen Rechtsberatung und -vertretung und hilft bei der Integration von Flüchtlingen in Bulgarien oder bei der Rückkehr in das Herkunftsland. Die rechtliche Beratung ist kostenlos und das Team des Bulgarian Helsinki Committee vertritt Asylwerber in Asylverfahren und vor Gericht und anderen Behörden. (BHC o.D.b)

Der Refugee-Migrant Service (RMS) des Bulgarischen Roten Kreuzes (BRC) engagiert sich seit 1997 in der Flüchtlingshilfe, Integrationsförderung für Flüchtlinge, Toleranzvermittlung etc. Das BRC ist die größte NGO Bulgariens, die soziale Dienste und Hilfe für Flüchtlinge anbietet. Der RMS bietet finanzielle und andere Hilfe für anerkannte Flüchtlinge, Personen mit humanitärem Aufenthaltsrecht, Asylwerber, abgelehnte Asylwerber und andere Migranten und betreut jedes Jahr 1.500 bis 2.000 Personen. Seit 2005 bietet man Antragstellern an den Grenzen Verpflegung und Medikamente an. Die Hilfe für Asylwerber und anerkannte Flüchtlinge gehört zu den Hauptaktivitäten des BRC. Im bulgarischen Gesetz wird das BRC als Organisation genannt, die mit der Regierung bei Unterbringung, sozialer Anpassung und in allen Aspekten der Integration von Flüchtlingen in Bulgarien zusammenarbeitet. Der RMS arbeitet mit der Staatlichen Agentur für Flüchtlinge beim Ministerrat, dem UNHCR, IOM, der Grenzpolizei u.a. zusammen und unterhält Kontakte zu allen aktiven bulgarischen NGOs. (BRC o.D.)

Die NGO Legal Clinic for Refugees and Immigrants stellt Flüchtlingen kostenlose Rechtsberatung zur Verfügung. Es werden auch inhaftierte Flüchtlinge, Asylwerber und Immigranten betreut. Momentan nimmt die NGO keine neuen Fälle mehr an, die kostenlose Beratung wird aber weiterhin angeboten. Kostenlose Rechtsberatung wird angeboten für Verwaltungsverfahren, Gerichtsverfahren usw. (lcrien o.D.)

Quellen:

7. Rechtsschutz/Justizwesen

Verfassung und Gesetze sehen eine unabhängige Justiz vor, aber Korruption, Ineffektivität und fehlende Verantwortlichkeit sind weiterhin allgegenwärtige Probleme. Das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Justiz ist aufgrund der Wahrnehmung von Einflussnahme und Ungleichheit in der Rechtsprechung extrem niedrig. Der Oberste Justizrat ernennt, diszipliniert und entlässt Richter und Staatsanwälte. Er untersucht angebliches richterliches Fehlverhalten und empfiehlt Maßnahmen. Seine disziplinären Entscheidungen werden als intransparent kritisiert. Mit Oktober 2013 waren 30 Disziplinarverfahren eröffnet worden. In 19 davon wurden Sanktionen ausgesprochen, davon drei Entlassungen. Arbeitsrückstand ist ein Problem bei größeren Kompetenzbereichen und lange Verzögerungen bei Strafverfahren sind üblich. Die Gesetze kennen die Unschuldsvermutung. Verfahren sind in der Regel öffentlich. Geschworenenprozesse gib es keine. Bei Fällen ernster Verbrechen entscheiden ein professioneller und zwei Laienrichter im Kollegium. Geht es um einen Strafrahmen von mehr als 15 Jahren Gefängnis, entscheiden zwei professionelle und drei Laienrichter im Kollegium. Geht es um einen Strafrahmen von mehr als 10 Jahren Gefängnis oder ist der Angeklagte ein Jugendlicher, Fremder oder geistig/körperlich Behinderter, ist ein Verteidiger Pflicht. Verurteilung in Abwesenheit ist möglich, es muss dann aber ein Verteidiger anwesend sein. Es gibt ein Recht auf Beschwerde, das weithin genutzt wird. Es gibt keine Berichte über politische Gefangene. Das Gesetz sieht eine unabhängige und unteilbare Zivilgerichtsbarkeit vor, aber auch hier kommt es zu langen Verzögerungen. Bulgarien unterliegt der Rechtsprechung des EGMR. Laut NGOs ist die Umsetzung der EGMR-Urteile oft mangelhaft (USDOS 27.2.2014).

Das Gerichtssystem umfasst den Verfassungsgerichtshof, den Obersten Gerichtshof, den Obersten Kassationsgerichtshof, den Obersten Verwaltungsgerichtshof, Berufungsgerichte, Militärgerichte und Bezirksgerichte. Der Oberste Justizrat, der Selbstverwaltungskörper der Justiz, ist wohl die meistkritisierte Institution des Justizsystems in Bulgarien. Die Hälfte seiner 25 für fünf Jahre ernannten Mitglieder werden vom Parlament bestellt, was politische Einflussnahme ermöglicht. Obwohl die bulgarische Justiz von Reformen im Zuge des EU-Beitritts profitierte, kam die Europäische Kommission 2012 zu dem Schluss, dass dies zu keinen praktischen Verbesserungen der Verantwortlichkeit geführt hat. Bulgarien wird daher von der Kommission im Rahmen des Cooperation and Verification Mechanism (CVM) streng überwacht. Im Juli 2013 entließ der Oberste Justizrat zum ersten Mal seit 1991 eines ihrer Mitglieder im Zusammenhang mit einem Skandal um Lauschangriffe auf Richter (FH 12.6.2014).

Quellen:

8. Allgemeine Menschenrechtslage

Die zivilen Behörden üben die effektive Kontrolle über die Sicherheitsbehörden aus. Sicherheitsbehörden verübten Fälle von Verstößen gegen die Menschenrechte, darunter übermäßige Gewaltanwendung, willkürliche Verhaftung, Drohung und Einschüchterung. Es gab 2013 auch Vorwürfe betreffend illegale Lauschangriffe. Die Marginalisierung der Roma ist eines der dringendsten Menschenrechtsprobleme des Landes. Problematisch ist auch die Tendenz der Medien zur Selbstzensur aufgrund von Druck aus Unternehmen und Politik. Die Korruption unterminiert weiterhin das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Justiz und andere Regierungsbehörden. Weitere Probleme sind überbelegte Gefängnisse und harte Haftbedingungen. Gewalt gegen Frauen und Kinder, zunehmender Antisemitismus im Internet und Diskriminierung sexueller Minderheiten. Die Regierung unternahm aber Schritte Beamte in Sicherheitsbehörden und anderswo, die sich Verfehlungen zuschulden kommen ließen, anzuklagen und zu bestrafen. Diese Bemühungen sind jedoch ungenügend und Straflosigkeit ist ein Problem (USDOS 27.2.2014).

Die Bürgerrechte werden von der Verfassung garantiert und von allen staatlichen Institutionen respektiert. Bulgarische Bürger werden durch Mechanismen und Institutionen geschützt, die es ermöglichen Verletzungen der Bürgerrechte anzuklagen, zu bestrafen und zu entschädigen. 2012 stellte der EGMR in 58 Fällen zumindest eine Verletzung der EMRK durch Bulgarien fest. Der bulgarische Ombudsmann hat die Möglichkeit bei der Verletzung von Bürgerrechten und -freiheiten zu intervenieren. Die Mehrheit der Beschwerden betrifft die Qualität öffentlicher Leistungen. Frauen haben zwar dieselben Rechte wie Männer, sind aber Diskriminierung bei der Bezahlung ausgesetzt. Der Nationale Rat für Gleichheit zwischen Frauen und Männern unter Leitung des Sozial- und Arbeitsministers ist als hauptsächlich beratendes Gremium für die Einhaltung der Rechte der Frau verantwortlich und fördert die Kooperation und Koordination zwischen NGOs und Regierungsinstitutionen. Die Kommission zum Schutz gegen Diskriminierung ist sehr aktiv. Die Zahl ihrer Fälle nimmt jedes Jahr zu und ethnische Diskriminierung ist ein wichtiger Teil ihrer Arbeit, vor allem strukturelle Diskriminierung. Die Kommission ist dabei immer wieder Anfeindungen nationalistischer Politiker ausgesetzt, die sie beschuldigen ein politisches Instrument der Partei der bulgarischen Türken zu sein (BS 2014).

Quellen:

9. Ethnische Minderheiten: Roma

Seit Generationen existieren unterschwellige Vorbehalte gegen die Roma-Minderheit (sowie gegen die autochthone türkisch-/muslimische Minderheit). Anders als letztere ist aber die Minderheit der Roma (ca. 5% der Bevölkerung) unzureichend in die Gesellschaft integriert. Mehrheitlich leben Roma in Bulgarien in schwierigen wirtschaftlich-sozialen Verhältnissen. Im Rahmen der europäischen Dekade zur Integration der Roma 2005-2015 soll ihre Situation wesentlich gebessert werden. Bestimmte Vorfälle wie der durch einen Roma-Angehörigen verursachte Tod eines ethnisch-bulgarischen Jugendlichen im Herbst 2011 Im Ort Katunitsa können zeitweilig zum Ausbruch ethnischer Spannungen führen, legen sich aber meist nach einiger Zeit und haben mitunter andere Ursachen (wie z.B. soziale Ungerechtigkeiten, die scheinbare Unantastbarkeit reicher Oligarchen, Unzufriedenheit mit der Effizienz der Verwaltung und der Ordnungsbehörden). Rechtsausgerichtete Parteien nutzen Vorfälle wie den in Katunitsa, um ihre nationalistischen und teilweise auch rassistischen Ziele zu propagieren (AA 3.2014b).

Die beiden großen Religionsgemeinschaften - die autokephale Orthodoxe Kirche und der Islam - gehen in toleranter Weise miteinander um. Die bulgarische muslimische Bevölkerungsgruppe ist mit über 750.000 Mitgliedern die größte autochthone muslimische Minderheit in der EU. Sie setzt sich im Wesentlichen aus bulgarisch sprachigen Pomaken und türkisch stämmigen Muslimen zusammen.

Gemäß Zensus 2011 leben offiziell 325.345 Roma in Bulgarien. Beobachter gehen aber davon aus, dass die Dunkelziffer deutlich höher liegt. Gesellschaftliche Diskriminierung und populäre Vorurteile gegen Roma und andere Minderheiten sind weiterhin ein Problem. Die Medien berichten über Roma oft in diskriminierender Weise und Sprache. Im April verließen Romani-NGOs den Nationalen Rat für ethnische und Integrationsfragen der bulgarischen Regierung, aus Protest gegen seine Ineffizienz und Unfähigkeit, die Integration der Roma voranzubringen. Sie forderten eine radikale Änderung der Vorgehensweise der Regierung und die Schaffung einer Exekutivagentur unter Beteiligung von Roma-Experten. Die Roma-NGO Amalipe äußerte sich besorgt, dass die Aufmerksamkeit der Regierung für die Integration der Roma seither stagnierte. Viele Roma leben weiterhin unter schlechten Bedingungen. Die Volkszählung von 2011 zeigte, dass 55,4% der Roma in überfüllten Stadtvierteln leben. NGOs schätzen, dass 50-70% ihrer Häuser illegal errichtet wurden, oft ohne ausreichende Wasserversorgung und Kanalisation. Viele Kommunen strengen weiterhin Gerichtsverfahren an, um illegal gebaute Häuser abreißen zu dürfen. Diskriminierung von Minderheiten am Arbeitsplatz ist nach wie vor ein Problem. Allgemeines Misstrauen der Öffentlichkeit, gepaart mit niedrigem Bildungsniveau, macht es für Roma schwierig Arbeit zu finden. Einer Umfrage der Regierung im Jahr 2013 zufolge wird die Arbeitslosenrate bei erwachsenen Roma auf 44,8% geschätzt und 68,1% der Roma sollen außerhalb des Sozialversicherungssystems stehen. Roma-Kinder besuchen de facto oft getrennte Schulen, wo sie schlechtere Bildung erhalten. NGO-Projekte zur Senkung der Abbruchquote bei Roma-Schülern führten meist dazu, dass weniger als 1% der Grundschüler abbrach. Roma über 10 Jahren in der Schule zu halten ist eine Herausforderung für die Regierung, die auch über keine wirksamen Programme zur Wiedereingliederung von Schülern nach einem Abbruch verfügt. Nach Angaben der Regierung haben 2013 14,8% der Roma ein Gymnasium abgeschlossen, 44,7% schlossen die Grundschule ab und 15,5% erreichten keinerlei Bildungsabschluss. Der Zugang von Roma zu medizinischer Versorgung ist weiterhin ein Problem und in einigen Fällen diskriminierend. Regierungserhebungen zufolge sind geschätzt 30% der Roma nicht bei einem Hausarzt angemeldet (das bedeutet sie haben keine Krankenversicherung) und 78,8% haben keinen Zugang zu einem Zahnarzt. Darüber hinaus ist die Qualität der medizinischen Versorgung, die Roma durch medizinisches Personal und Sozialarbeiter erfahren, gering. Das Nationale Netzwerk der Gesundheitsmediatoren als erfolgreiches Modell der Partnerschaft mit nationalen und lokalen Behörden für den Zugang von Roma zu Gesundheitsdienstleistungen, expandiert weiter. Mit Oktober 2013 gab es 130 Vollzeit-Gesundheitsmediatoren in 72 Gemeinden ernannt, die mit benachteiligten und Hochrisikogruppen arbeiten (USDOS 27.2.2014).

Im Januar 2012 äußerte sich der Unabhängige UN-Experte für Minderheiten besorgt darüber, dass Roma in zentralen Bereichen wie Bildung, Arbeit, Gesundheitsversorgung und Wohnen unverändert am unteren Ende der soziökonomischen Leiter verblieben. Nach wie vor waren Roma kaum vor rechtswidrigen Zwangsräumungen geschützt (AI 23.5.2013).

Bulgarien kennt drei große Minderheiten: türkischstämmige Bulgaren, ethnische Bulgaren muslimischen Glaubens (Pomaken) und Roma. Gemäß den Angaben der letzten Volksbefragung von 2011 gehören zu den Roma offiziell rund 325.000 Menschen, das sind ca. 5% der Bevölkerung. Da die Befragten aber ihre Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Roma häufig leugnen, muss diese Zahl in etwa auf zehn Prozent oder 700.000 Personen geschätzt werden. Anders als Türken und Pomaken leben die Roma über ganz Bulgarien verteilt, 55% in den Städten, 45% auf dem Land, jedoch fast immer in abgeschlossenen Siedlungen oder Stadtvierteln. Das Ghetto Stolipinovo in Plovdiv (350.000 Einwohner) zählt 45.000 Roma. Diese räumliche Segregation hat in den letzten 15 Jahren zugenommen. Alle Roma sind sesshaft. Die Siedlungsräume der Roma sind gekennzeichnet durch Verdichtung und prekäre Lebensbedingungen. Statistisch stehen jedem Bulgaren 23 Quadratmeter Wohnraum zur Verfügung, Roma haben hingegen nur zehn. Die Siedlungen und Ghettos besitzen in weiten Teilen kein Frisch- und Abwassersystem sowie keine Versorgung mit Elektrizität. 40% der Roma verfügen über keinen Frischwasseranschluss, 60% über keine Kanalisation. 80% besitzen kein Bad. Diese Lebensbedingungen korrespondieren mit mangelnder Schulbildung. Der Analphabetismus ist bei Frauen dreimal höher als bei Männern, insgesamt sind 19% der Erwachsenen Roma Analphabeten. Durch patriarchalische Strukturen bedingt, werden sehr häufig die Mädchen gezwungen, die Schule frühzeitig zu verlassen. Erfolg in der Schule variiert allerdings stark bei einzelnen Romagruppen (es gibt in Bulgarien drei Gruppen mit diversen Untergruppen) und in verschiedenen Regionen. Die Lebensbedingungen haben gesundheitliche Folgen. 10% der unter Zehnjährigen haben einen bedenklichen Gesundheitszustand. 13% der Roma sind gesundheitlich stark beeinträchtigt, die Lebenserwartung liegt deutlich unter dem Landesdurchschnitt. 33% der Männer und 40% der Frauen zwischen 45 und 60 Jahren sind arbeitsunfähig. Die Arbeitslosenquote ist extrem hoch, diejenigen, die arbeiten, sind zumeist im Niedriglohnsektor beschäftigt. So leben 90% der Roma mit Einkommen unter der nationalen Armutsgrenze. Die bulgarische Regierung versucht seit Jahren durch Integrationsmaßnahmen und Förderprogramme, unterstützt durch Finanzmittel der EU, die Integration zu verbessern. Ansatzpunkte sind die Bereiche Wohnumfeld, hygienische Verhältnisse, Gesundheit sowie Schule und Beruf. Die jüngste Maßnahmenplanung stammt aus dem Jahr 2012 und läuft acht Jahre. Sie setzt den auf zehn Jahre angesetzten Integrationsplan aus dem Jahr 2005 fort. Die Maßnahmen setzen an den richtigen Stellen an, sind aber, was Resultate angeht, eher erfolglos zu nennen. Als größtes Hindernis für eine erfolgreiche Integration dürfte sich die Ghettobildung mit ihren patriarchalisch-feudalen, sehr oft kriminellen Strukturen erweisen. Auch fehlt auf Seiten vieler Roma das Vertrauen in die Ernsthaftigkeit der Regierungsmaßnahmen. Diese prekären Lebensverhältnisse der Roma sind ursächlich für die Armutswanderung in andere europäische Länder (KAS 8.3.2013).

Quellen:

10. Grundversorgung/Wirtschaft

Nach ansehnlichen Wachstumsraten zwischen 2000 und 2008 - meistens über 6% - ging der weltweite Konjunktureinbruch 2009 auch an Bulgarien nicht spurlos vorüber (BIP: -5,5%). 2010 wurde die Wende geschafft: +0,2%; 2011: +1,8%, 2012: +0,8%; 2013: +0,9%. Das Bruttoinlandsprodukt Bulgariens beträgt rund 40 Mrd. €, das sind zum Vergleich 1,5% des deutschen BIP. Bulgarien ist das ärmste EU-Land mit rund 46% des EU-BIP pro Kopf (nach Kaufkraftstandards; nominal sind es nur rund 20%). Die öffentliche Infrastruktur, insbesondere im Verkehrs- und Gesundheitswesen, sowie bei Bildung und Forschung, ist unterdurchschnittlich entwickelt. Staatliche Unternehmen sind überschuldet (Bahn, Energiesektor, Krankenhäuser) und können nicht privatisiert werden. Das Land leidet zudem unter einem alarmierenden Bevölkerungsrückgang. Die Inflation lag im Jahresdurchschnitt 2011 bei 2,8%, stieg 2012 auf 4,2%, sank dann in der Folge gar auf negative Werte (-1,6% 2013). Die Arbeitslosenquote steigt seit 2010 und hat Ende 2013 13,1% erreicht. Oberste Priorität der Finanzpolitik war bislang ein weitgehend ausgeglichener Staatshaushalt. Soziale und konjunkturbelebende Maßnahmen sowie Bildungsinvestitionen sollen vor allem durch EU-Mittel finanziert werden. Wichtige Wirtschaftszweige sind Energieerzeugung, Nahrungsmittel und Getränke, Metallindustrie, Maschinenbau, Bergbau, Tourismus, Software-Entwicklung, Pharmaindustrie, Landwirtschaft. Bulgarien ist ein wichtiger Standort für Callcenter und technische Unterstützung per Internet (AA 3.2014 c).

Bulgarien wird unter den Ländern mit der höchsten relativen Armutsquote in der Europäischen Union geführt. Wie andere ex-kommunistische Ländern hat Bulgarien erhebliche institutionelle Veränderungen und eine nahezu konstante wirtschaftliche Umstrukturierung erlebt, wodurch viele wichtige wirtschaftliche und soziale Indikatoren in ständigem Fluss waren. Einkommensunterschiede sind für ein europäisches Land recht hoch. Ungleichheit ist strukturell verfestigt, speziell im Falle der Roma. Maßnahmen zur sozialen Inklusion stehen nicht ganz oben auf der Agenda der Regierung, sondern sind eher ein Reagieren auf Schwankungen der Wirtschaft, ohne ausreichende soziale Puffer für arme Haushalte. Sozialleistungen in Bulgarien sind ungenügend und oft von schlechter Qualität, weil chronisch unterfinanziert (BS 2014).

Es gibt in Bulgarien ein verpflichtendes Pensionsversicherungssystem in das Angestellte, Arbeitgeber und Selbständige bestimmte Beträge einzahlen, sowie ein System mit verpflichtenden individuellen Pensionsversicherungen. Der Staat deckt Defizite ab, sowie beitragslose Pensionen. Es gibt eine Invaliditätspension, sowie eine Hinterbliebenenrente. Des Weiteren sind im Rahmen der Sozialversicherung Leistungen für Mutterschaft und Krankheit, sowie für Arbeitsunfälle und Arbeitslosigkeit vorgesehen. Im Rahmen staatlicher Sozialhilfe gibt es einkommensabhängige Leistungen für Familien und Mutterschaft. Die Mindestalterspension liegt bei 150 Leva monatlich; für eine Teilpension gibt es 127,5 Leva; die einkommensabhängige Alterspension (Sozialpension) liegt bei 110 Leva. Die Mindestpension wird jährlich per Gesetz festgelegt. Die Mindestinvalidenrente liegt bei 85% der Mindestalterspension. Die Mindesthinterbliebenenpension liegt bei 50% der Mindestalterspension. Arbeitslosengeld beträgt mindestens 7,20 Leva am Tag; Arbeitslosengeld wird je nach Arbeitsjahren für vier bis 12 Monate ausbezahlt (SSA 9.2014).

Quellen:

11. Medizinische Versorgung

Das bulgarische Krankenversicherungssystem ist obligatorisch. Es bietet allen Bürgern und Einwohnern des Landes ungeachtet einer möglichen Erwerbstätigkeit einen Versicherungsschutz. Mit dem Gesetz zur Einführung der nationalen Krankenversicherung hat die bulgarische Regierung den nationalen Gesundheitsversicherungsfonds (National Health Insurance Fund, NHIF) eingeführt, der aus 28 regionalen Fonds besteht. Er schließt mit den Leistungserbringern Verträge ab und legt einmal jährlich in Absprache mit dem Gesundheitsministerium den Leistungskatalog fest. Der Versicherungsschutz der nationalen Krankenversicherung deckt die Akut- und die Notversorgung sowie Teile der Arzneimittelversorgung ab. Im ambulanten Sektor zählen Einzelpraxen, Gesundheitszentren und Polikliniken zu den Leistungsanbietern. Haus- beziehungsweise Familienärzte arbeiten meist freiberuflich, Fachärzte als Angestellte in Gesundheitszentren und Krankenhäusern. Für Facharztbesuche ist eine Überweisung des Familienarztes nötig. Allerdings dürfen Hausärzte nur eine begrenzte Anzahl an Patienten pro Monat zum Facharzt überweisen. Ist die Grenze überschritten, muss der Patient entweder warten, oder die Behandlung selbst bezahlen. Die stationäre Versorgung stellen die überwiegend staatlichen Allgemeinkrankenhäuser und spezialisierte Kliniken sicher. Ihre Anzahl ist - gemessen an der Einwohnerzahl - sehr hoch. Sowohl im Krankenhaus als auch beim Arztbesuch und bei Arzneimitteln fallen Zuzahlungen an. Die Selbstbeteiligung zählt zu den höchsten innerhalb der EU. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation müssen die Bulgaren knapp 50% aller Leistungen selbst bezahlen. Die Versorgung in Notfalleinrichtungen, die Krankenhäusern angegliedert sind, ist für alle kostenlos. Private Vollversicherer gibt es nicht. Etwa 16 Unternehmen bieten Zusatzversicherungen an (AOK o.D.).

Pflichtversicherte Personen haben das Recht auf Zugang zu einem Grundpaket an medizinischen Dienstleistungen, die vom Budget der Nationalen Krankenkasse (NZOK) gewährleistet werden:

* Medizinische und zahnmedizinische Dienstleistungen zur Vorbeugung von Krankheiten;

* Medizinische und zahnmedizinische Dienstleistungen zur frühen Erkennung von Krankheiten;

* Ambulante Behandlung und Krankenhausbehandlung zur Diagnose und Behandlung im Falle einer Erkrankung;

* Medizinische Rehabilitation;

* Ärztliche Soforthilfe;

* Medizinische Versorgung bei Schwangerschaft, Entbindung und Mutterschaft;

* Hebammendienste für alle Frauen, die nicht krankenversichert sind, in einem Umfang und gemäß den Bestimmungen, die mit einer Verordnung des Ministers für das Gesundheitswesen festgelegt worden sind;

* Abtreibungen aus medizinischer Indikation und nach Vergewaltigung;

* Zahnmedizinische und zahntechnische Behandlung;

* Verschreibung und Abgabe von zugelassenen Arzneimitteln, welche für die häusliche Krankenpflege auf dem Territorium des Landes bestimmt sind;

* Verschreibung und Abgabe von medizinischen Erzeugnissen und diätetischen Lebensmitteln für spezielle medizinische Zwecke;

* Medizinische Begutachtung der Erwerbsfähigkeit;

Transportdienstleistungen aus medizinischer Indikation.

Wer nicht krankenversichert ist, muss für diese Leistungen zur Gänze selbst bezahlen. Ungeachtet des Krankenversicherungsstatus werden jedoch medizinische Notversorgung und Hebammendienste kostenlos gewährt.

Alle medizinischen Dienstleistungen außerhalb des von der NZOK gewährleisteten Grundpakets, sind durch die Patienten zu bezahlen, und zwar zu Preisen, die von den jeweiligen medizinischen Einrichtungen festgelegt werden.

Die NZOK übernimmt die Bezahlung für einen gewissen Umfang an zahnärztlichen Leistungen pflichtversicherter Personen. Wer nicht krankenversichert ist, muss für diese Leistungen zur Gänze selbst bezahlen. Alles über das Grundpaket hinaus müssen auch pflichtversicherte Personen selbst tragen.

Pflichtversicherte Personen haben das Recht, einen Allgemeinarzt wie auch einen Zahnarzt auszuwählen. Je nach Einschätzung des ausgewählten Allgemeinarztes oder -zahnarztes können krankenversicherte Personen zur Beratung und Durchführung gemeinsamer Behandlung auch an einen Facharzt (z.B. an einen Neurologen, Chirurgen, Frauenarzt o.ä.) bzw. an einen Fachzahnarzt (einen Chirurgen, Kieferorthopäden o.ä.) verwiesen werden. Die Einweisung in ein Krankenhaus können alle Ärzte vornehmen.

Die NZOK übernimmt gänzlich oder teilweise die Kosten für Arzneimittel, medizinische Erzeugnisse und diätetische Lebensmittel für spezielle medizinische Zwecke, welche für die häusliche Krankenpflege pflichtversicherter Personen gedacht sind, und zwar für bestimmte Erkrankungen, die mit einer Verordnung des Gesundheitsministers festgelegt worden sind. Pflichtversicherte Personen, die unter chronischen Erkrankungen leiden, welche in der "Liste der Erkrankungen, bei denen dem chronisch Erkrankten ein Rezepturbuch ausgestellt wird" aufgeführt sind, sind zu einem "Rezepturbuch des chronisch Erkrankten" berechtigt, mit dem man verschriebene Arzneimittel gänzlich oder teilweise durch die NZOK übernommen werden. Die verschriebenen Medikamente dürfen nur in einer Apotheke ausgefolgt werden, die bei der NZOK unter Vertrag steht. Die NZOK übernimmt die Kosten für bis zu drei Arzneimittel, die zugunsten des chronisch Erkrankten zur Behandlung einer Erkrankung für ein und denselben Zeitraum verschrieben worden sind. Unversicherte Personen müssen alles selbst tragen (VB 24.6.2014).

Während der Wirtschaftskrise wurden die Gesundheitsleistungen schlechter. Das Gesundheitssystem gilt in der Öffentlichkeit als größtes Feld der Unzufriedenheit (BS 2014).

Der Gesundheitssektor gilt in Bulgarien als der korrupteste nach der Justiz und den politischen Parteien (FH 12.6.2014).

Quellen:

VB des BM.I in Bulgarien (24.6.2014): Bericht des VB, per E-Mail

Beweiswürdigend wurde in der Entscheidung des Bundesamtes hervorgehoben, dass der Beschwerdeführer nicht habe glaubhaft machen können, tatsächlich Gefahr zu laufen, in Bulgarien Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden oder dass ihm eine Verletzung seiner durch

Artikel 3 EMRK gewährleisteten Rechte dadurch drohen könnte. Ferner bestünden keine Hinweise dafür, dass er im Falle eines asylrelevanten Vorbringens oder eines Vorbringens, dem im Bereich des Refoulementschutzes Relevanz zukommen würde, nicht Asyl oder zumindest eine humanitäre Aufenthaltsberechtigung oder einen anderweitigen Schutz vor einer Abschiebung nach Afghanistan erhalten würde. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG treffe daher zu. Es habe sich auch kein zwingender Anlass für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts des Artikels 17 Abs. 1 der VO 604/2013 ergeben. Es seien keine schützenswerten familiären, noch sonst besondere private Anknüpfungspunkte in Österreich gegeben, sodass die Außerlandesbringung einen ungerechtfertigten Eingriff in das Grundrecht nach Artikel 8 EMRK darstellen würde. Außerdem leide er an keinen akut lebensbedrohlichen Krankheiten oder Beschwerden.

6. Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde, in welcher vorgebracht wird, dass der Beschwerdeführer menschenunwürdige Bedingungen, die er in Bulgarien im Rahmen seines Aufenthaltes erlebt habe, geschildert habe sowie auch UNHCR-Berichte über Bulgarien vom 02.01.2014 und 07.02.2014 seine Erzählungen belegen würden. Auch ein Bericht von ECRE vom 07.04.2014 bestätige, dass sich die angespannte Situation in Bulgarien trotz Verbesserungsversuchen nicht verändere. Es könne nicht mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass er in Bulgarien ein Asylverfahren nach europäischen Standards und eine ausreichende Versorgung erhalten würde. Außerdem würde die Polizei in Bulgarien keinen Asylwerber unterstützen und würde die Person, von der er in Bulgarien bedroht worden wäre, ihn wiederfinden und sogar auch töten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Afghanistans und volljährig.

Er reiste aus seinem Heimatland Afghanistan kommend über die Türkei, Bulgarien und Ungarn illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und brachte am 22.03.2015 den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz ein.

Laut Eurodac-Ergebnis brachte er am 11.03.2015 in Bulgarien sowie am 18.03.2015 in Ungarn jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz ein, nachdem er in beiden Ländern zuvor erkennungsdienstlich behandelt wurde. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete ein Wiederaufnahmeersuchen an Bulgarien und stimmte Bulgarien gemäß Art. 18 Abs. 1 lit.b der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 ausdrücklich zu.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer (etwa wegen seines Gesundheitszustandes oder wegen der dortigen Lage) im Falle einer Überstellung nach Bulgarien Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden. Es herrschen keine systemischen Mängel im Verfahren wegen internationalen Schutzes in Bulgarien.

Der Beschwerdeführer hat keine besonderen privaten oder familiären Bindungen in Österreich.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen zum Reiseweg des Beschwerdeführers, seinen Antragstellungen und erkennungsdienstlichen Behandlungen in Bulgarien und Ungarn sowie seinen persönlichen Verhältnissen ergeben sich im speziellen aus dem eigenen Vorbringen iZm der damit im Einklang stehenden Aktenlage. Die Feststellung zur Antragstellung in Bulgarien ergibt sich auch aus der ausdrücklichen Zustimmungserklärung Bulgarien.

Eine den Beschwerdeführer konkret treffende Bedrohungssituation in Bulgarien wurde nicht ausreichend substantiiert vorgebracht (siehe dazu die weiteren Ausführungen in Pkt 3.).

Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat ergibt sich aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, die auf alle entscheidungswesentlichen Fragen eingehen.

Hervorzuheben ist, dass jene in UNHCR-Berichten vom Jänner und Februar 2014 empfohlene Aussetzung von Rückführungen nach Bulgarien nicht mehr aktuell ist. Den Länderfeststellungen zufolge - insbesondere basierend auf dem jüngsten diesbezüglichen UNHCR-Bericht vom April 2014 - wird eine vormals ausgesprochene Anregung einer generellen Suspendierung von Dublin-Überstellungen nicht mehr aufrechterhalten. Allenfalls zu beachtende hinzutretende Risikoelemente betreffend unbegleitete Minderjährige oder besonders vulnerable Personen oder Personengruppen liegen beim Beschwerdeführer nicht vor. Weiters leidet dieser an keinen akut lebensbedrohlichen Krankheiten oder gesundheitlichen Beschwerden. Die vorliegende Entscheidung folgt auch der aktuellen Einschätzung von UNHCR, da dessen Expertisen als Garant des internationalen Flüchtlingsschutzes regelmäßig auch von den nationalen Höchstgerichten und dem EGMR bei deren Entscheidungen maßgeblich berücksichtigt werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Mit 1.1.2014 sind das Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl - Verfahrensgesetz (BFA-VG), und das Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I Nr. 87/2012 in Kraft getreten.

Das Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ist im vorliegenden Fall in der Fassung nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 144/2013 anzuwenden. Die maßgeblichen Bestimmungen lauten:

"§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

(2) Gemäß Abs. 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

...

§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

...

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

...

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idF BGBl. I Nr. 144/2013 lautet:

"§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist."

§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I Nr. 87/2012 lautet:

"§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4 a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

2. ...

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendendige Zeit aufzuschieben.

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird."

In den vorliegenden Fällen ist gemäß ihres Art. 49 (Inkrafttreten und Anwendbarkeit) die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) anzuwenden:

"Art. 49 Dublin III-VO

Inkrafttreten und Anwendbarkeit

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Die Verordnung ist auf Anträge auf internationalen Schutz anwendbar, die ab dem ersten Tag des sechsten Monats nach ihrem Inkrafttreten gestellt werden und gilt ab diesem Zeitpunkt - ungeachtet des Zeitpunkts der Antragstellung - für alle Gesuche um Aufnahme oder Wiederaufnahme von Antragstellern. Für einen Antrag auf internationalen Schutz, der vor diesem Datum eingereicht wird, erfolgt die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats nach den Kriterien der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 .

Die in dieser Verordnung enthaltenen Verweise auf die Verordnung (EU) Nr. 603/2013 , Richtlinie 2013/32/EU und Richtlinie 2013/33/EU gelten, bis zu ihrer jeweiligen Anwendbarkeit, als Verweise auf die Verordnung (EG) Nr. 2725/2000 , Richtlinie 2003/9/EG bzw. Richtlinie 2005/85/EG "

Da die Dublin III-VO am 29.6.2013 im Amtsblatt der EU veröffentlicht wurde, trat sie am 19.7.2013 in Kraft und gilt jedenfalls - wie in casu - für Anträge, die nach dem 1.1.2014 (- nach dem 1. Tag des 6. Monats nach ihrem Inkrafttreten) gestellt worden sind.

Die maßgeblichen Bestimmungen der Dublin-III-VO zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates lauten:

"KAPITEL II

ALLGEMEINE GRUNDSÄTZE UND SCHUTZGARANTIEN

Art. 3

Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.

Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.

Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

[ ... ]

KAPITEL III

KRITERIEN ZUR BESTIMMUNG DES ZUSTÄNDIGEN MITGLIEDSTAATS

Art. 7

Rangfolge der Kriterien

(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

(3) Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und6 (Anmerkung: gemeint wohl 16) genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist.

Art. 13

Einreise und/oder Aufenthalt

(1) Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 dieser Verordnung genannten Verzeichnissen, einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 festgestellt, dass ein Antragsteller aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Die Zuständigkeit endet zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts.

(2) Ist ein Mitgliedstaat nicht oder gemäß Absatz 1 dieses Artikels nicht länger zuständig und wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 genannten Verzeichnissen festgestellt, dass der Antragsteller - der illegal in die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten eingereist ist oder bei dem die Umstände der Einreise nicht festgestellt werden können - sich vor der Antragstellung während eines ununter-brochenen Zeitraums von mindestens fünf

Monaten in einem Mitgliedstaat aufgehalten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

Hat sich der Antragsteller für Zeiträume von mindestens fünf Monaten in verschiedenen Mitgliedstaaten aufgehalten, so ist der Mitgliedstaat, wo er sich zuletzt aufgehalten hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

Gemäß Art. 18 Abs. 1 ist der nach dieser Verordnung zuständige Mitgliedstaat verpflichtet:

a) einen Antragsteller, der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat, nach Maßgabe der Art. 21, 22 und 29 aufzunehmen;

b) einen Antragsteller, der während der Prüfung seines Antrages in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Art. 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

c) einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der seinen Antrag während der Antragsprüfung zurückgezogen und in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, nach Maßgabe der Art. 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

d) einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, dessen Antrag abgelehnt wurde und der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Art. 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen.

Gemäß Art. 18 Abs. 2 der Dublin-III-VO prüft der zuständige Mitgliedstaat in allen dem Anwendungsbereich des Abs. 1 Buchstaben a und b unterliegenden Fällen den gestellten Antrag auf internationalen Schutz oder schließt seine Prüfung ab.

Zur Frage der Unzuständigkeit Österreichs für die Durchführung des gegenständlichen Asylverfahrens pflichtet das Bundesverwaltungsgericht dem Bundesamt bei, dass sich aus dem festgestellten Sachverhalt die Zuständigkeit Bulgariens ergibt. Dies folgt aus der Einreise des Beschwerdeführers aus einem Drittstaat nach Bulgarien und jene dortige Asylantragstellung, wodurch Art. 18 Abs. 1 lit.b Dublin-III-Verordnung zur Anwendung gelangt und Bulgarien dem Wiederaufnahmeersuchen Österreichs auch ausdrücklich zugestimmt hat.

Die erste Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der getroffenen Unzuständigkeitsentscheidung ist somit gegeben und ist diese auch in keinerlei Weise im Verfahren beanstandet worden.

Das Bundesamt hat ferner von der Möglichkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO keinen Gebrauch gemacht. Es war daher noch zu prüfen, ob von diesem Selbsteintrittsrecht im gegenständlichen Verfahren ausnahmsweise zur Vermeidung einer Verletzung der EMRK zwingend Gebrauch zu machen gewesen wäre.

Der VfGH hat mit Erkenntnis vom 17.06.2005, Zl. B 336/05-11 festgehalten, die Mitgliedstaaten hätten kraft Unionsecht nicht nachzuprüfen, ob ein anderer Mitgliedstaat generell sicher sei, da eine entsprechende normative Vergewisserung durch die Verabschiedung der Dublin II-VO erfolgt sei, dabei aber gleichzeitig ebenso ausgeführt, dass eine Nachprüfung der grundrechtlichen Auswirkungen einer Überstellung im Einzelfall unionsrechtlich zulässig und bejahendenfalls das Selbsteintrittsrecht nach

Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO zwingend geboten sei.

Die Judikatur des VwGH zu den Determinanten dieser Nachprüfung lehnt sich richtigerwiese an die Rechtsprechung des EGMR an und lässt sich wie folgt zusammenfassen: Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben werden soll, genügt nicht, um die Abschiebung des Fremden in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen. Wenn keine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigende notorische Umstände grober Menschenrechtsverletzungen in Mitgliedstaaten der EU in Bezug auf Art. 3 EMRK vorliegen (VwGH 27.09.2005, Zl. 2005/01/0313), bedarf es zur Glaubhaftmachung der genannten Bedrohung oder Gefährdung konkreter auf den betreffenden Fremden bezogener Umstände, die gerade in seinem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung im Fall seiner Abschiebung als wahrscheinlich erscheinen lassen (VwGH 26.11.1999, Zl 96/21/0499, VwGH 09.05.2003, Zl. 98/18/0317; vgl. auch VwGH 16.07.2003, Zl. 20034/01/0059):"Davon abgesehen liegt es aber beim Asylwerber, besondere Gründe, die für die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, vorzubringen und glaubhaft zu machen. Dazu wird es erforderlich sein, dass der Asylwerber ein ausreichend konkretes Vorbringen erstattet, warum die Verbringung in den zuständigen Mitgliedstaat gerade für ihn eine reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes, insbesondere einer Verletzung von Art. 3 EMRK nach sich ziehen könnte, und er die Asylbehörden davon überzeugt, dass der behauptete Sachverhalt (zumindest) wahrscheinlich ist."

(VwGH 23.01.2007, Zl. 2006/01/0949.)

Die Vorlage allgemeiner Berichte ersetzt diese Erfordernis in der Regel nicht (vgl. VwGH 17.02.1998, Zl. 96/18/0379; EGMR Mamatkulov & Askarov v Türkei, Rs 46827, 46951/99, 71-77), eine geringe Anerkennungsquote, eine mögliche Festnahme im Falle einer Überstellung ebenso eine allfällige Unterschreitung des verfahrensrechtlichen Standards des Art. 13 EMRK sind für sich genommen nicht ausreichend, die Wahrscheinlichkeit einer hier relevanten Menschenrechtsverletzung darzutun. Relevant wären dagegen etwa das Vertreten von mit der GFK unvertretbaren rechtlichen Sonderpositionen in einem Mitgliedstaat oder das Vorliegen einer massiv rechtswidrigen Verfahrensgestaltung im individuellen Fall, wenn der Asylantrag im zuständigen Mitgliedstaat bereits abgewiesen wurde (Art. 16 Abs. 1 lit. e Dublin II-VO). Eine ausdrückliche Übernahmeerklärung des anderen Mitgliedstaates hat in die Abwägung einzufließen (VwGH 31.03.2005; Zl. 2002/20/0582, VGH 31.05.2005, Zl. 2005/20/0025, VwGH 25.04.2006, Zl. 2006/19/0673), ebenso andere Zusicherungen der europäischen Partnerstaaten Österreichs.

Mit der Frage, ab welchem Ausmaß von festgestellten Mängeln im Asylsystem des zuständigen Mitgliedstaates der Union ein Asylwerber von einem anderen Aufenthaltsstaat nicht mehr auf die Inanspruchnahme des Rechtsschutzes durch die innerstaatlichen Gerichte im zuständigen Mitgliedstaat und letztlich den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zur Wahrnehmung seiner Rechte verwiesen werden darf, sondern vielmehr vom Aufenthaltsstaat zwingend das Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-Verordnung (nunmehr Art. 17 Abs. 1 Dublin III-Verordnung) auszuüben ist, hat sich der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem Urteil vom 21.12.2011, C-411/10 und C-493/10 , N.S./Vereinigtes Königreich, (zu vergleichbaren Bestimmungen der Dublin II-VO) befasst und, ausgehend von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte in der Entscheidung vom 02.12.2008, 32733/08, K.R.S./Vereinigtes Königreich, sowie deren Präzisierung mit der Entscheidung des EGMR vom 21.01.2011, 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland, ausdrücklich ausgesprochen, dass nicht jede Verletzung eines Grundrechtes durch den zuständigen Mitgliedstaat, sondern erst systemische Mängel im Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat die Ausübung des Selbsteintrittsrechtes durch den Aufenthaltsstaat gebieten (Rn. 86). An dieser Stelle ist auch auf das damit in Einklang stehende Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 14.11.2013 in der Rechtssache C-4/11 , Bundesrepublik Deutschland/Kaveh Puid zu verweisen (Rn. 36, 37).

Somit ist unionsrechtlich zu prüfen, ob im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel im Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen für Asylbewerber vorherrschen, und - soweit damit noch notwendig und vereinbar - aus menschenrechtlichen Erwägungen, ob der Beschwerdeführer im Falle der Zurückweisung seines Antrages auf internationalen Schutz und seiner Außerlandesbringung nach Bulgarien gemäß §§ 5 AsylG und 61 FPG - unter Bezugnahme auf seine persönliche Situation - in seinen Rechten gemäß Art. 3 und/oder 8 EMRK verletzt werden würden, wobei der Maßstab des "real risk" anzulegen ist, wie ihn EGMR und VfGH auslegen.

Im Einzelnen war unter diesen Prämissen wie folgt zu erwägen:

Kritik am bulgarischen Asylwesen/der Situation in Bulgarien (Verletzung des Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRC):

Relevant wären im vorliegenden Zusammenhang schon bei einer Grobprüfung erkennbare grundsätzliche schwerwiegende Defizite im Asylverfahren des zuständigen Mitgliedstaates (also etwa:

grundsätzliche Ablehnung aller Asylanträge oder solcher bestimmter Staatsangehöriger oder Angehöriger bestimmter Ethnien; kein Schutz vor Verfolgung "Dritter", kein Rechtsmittelverfahren).

Anfang 2014 hat sich die Kritik am bulgarischen Asyl- und Aufnahmesystem gehäuft, was sich insbesondere durch den Bericht von UNHCR vom 02.01.2014 mit dem Titel "Bulgaria as a Country of Asylum" sowie dessen nachfolgende jeweils aktualisierte Lageberichte beziehungsweise "External Updates" vom 20.01.2014, 07.02.2014, 21.02.2014, 06.03.2014 und vom 21.03.2014 zur Situation für Flüchtlinge in Bulgarien zeigte. Vorrangig wurden Mängel hinsichtlich der Aufnahme von Asylwerbern (insbesondere käme es zu starken Verzögerungen in der Registrierung neuer Asylwerber), deren Versorgung (so sei die Deckung der existenziellen Grundbedürfnisse wie etwa Nahrung und eine medizinische Versorgung nicht ausreichend gesichert), der Unterbringungsmodalitäten, der inadäquaten Lebensbedingungen in vereinzelten Aufnahmezentren sowie hinsichtlich willkürlicher Verhaftungen verzeichnet. Ferner hat UNHCR zunächst auch eine Empfehlung an jene Staaten, welche die Dublin-Verordnung anwenden, ausgesprochen, Überstellungen von Asylwerbern nach Bulgarien bis zum 01.04.2014 auszusetzen. Bis zu diesem Zeitpunkt würde die Situation in Bulgarien seitens UNHCR neu überprüft und beurteilt werden.

Das Bundesverwaltungsgericht hat nunmehr - basierend einerseits auf dem "Stock taking report on the asylum situation in Bulgaria" des EASO vom Februar 2014 und dem jüngsten UNHCR-Bericht vom April 2014 (beide sind in den Länderfeststellungen des Bundesamtes enthalten und hat auch der Beschwerdeführer darauf ausdrücklich Bezug genommen) - erkannt, dass trotz verschiedenster noch bestehender Mängel, erhebliche Verbesserungen in Bezug auf die Registrierung von Asylsuchenden und die Bearbeitung ihrer Anträge auf internationalen Schutz sowie in Bezug auf die (Lebens‑) Bedingungen in den Aufnahmezentren eingetreten sind. Durch die vorwiegend von EASO geförderte Schulung des Personals der bulgarischen Asylbehörde (SAR) ist der Registrierungsprozess optimiert worden, sodass nunmehr eine Registrierung binnen 48 Stunden nach der Ankunft eines Asylwerbers in dem Aufnahmezentrum von Sofia, Banya, Harmanli oder im Transitzentrum Pastrogor stattfindet. Demnach gebe es auch keinen Rückstand beim Registrierungsprozess (siehe Seite 10 des UNHCR-Berichtes vom April 2014).

Dem letzten UNHCR-Bericht zufolge haben diese positiven Veränderungen in letzter Zeit dazu geführt, dass eine generelle Aussetzung von Überstellungen im Rahmen der Dublin Verordnung nach Bulgarien nicht mehr gerechtfertigt erscheine; nichtsdestotrotz könnten Gründe vorliegen, bei bestimmten (vulnerablen) Personen und Personengruppen von Überstellungen abzusehen. Das erkennende Gericht hat nicht übersehen, dass nach wie vor ein Verbesserungsbedarf in Bulgarien - vor allem hinsichtlich der Unterbringungssituation und der Situation von vulnerablen Personen (dies wird etwa Fälle von minderjährigen Kindern, Familien mit Kindern und schwer kranke Menschen betreffen) - besteht, jedoch folgt nach einer Einzelfallprüfung, dass der Beschwerdeführer keiner vulnerablen Gruppe zugehörig ist und - unter Berücksichtigung der bisherigen Erwägungen - als "Dublin Rückkehrer" Zugang zum Asylverfahren und einer ausreichenden Versorgung in Bulgarien haben wird (so etwa auch jüngst BVwG 19.01.2015; W168 2014058).

Auch allgemein liegen keine Informationen dahingehend vor, dass in Bulgarien keine positiven Asylentscheidungen ergingen und dass daraus unzulässige rechtliche Sonderpositionen im bulgarischen Verfahren abzuleiten wären. So zeigen etwa die öffentlich zugänglichen Zahlen von Eurostat vom 24.03.2014, dass im Jahr 2013 in Bulgarien 2.810 Entscheidungen über Anträge auf internationalen Schutz getroffen worden sind, wobei davon 2.460 positiv waren (konkret erhielten 180 Personen Flüchtlingsstatus und 2.280 Personen den Status von subsidiär Schutzberechtigten). Laut UNHCR erhielten zwischen 01.01.2014 und 31.03.2014 2.781 Personen einen Schutzstatus in Bulgarien (davon erhielten 1.494 Personen internationalen Schutz und 1.287 Personen subsidiären Schutz; siehe Punkt S. 17 des angeforderten Bescheides, beziehungsweise Seite 4 des UNHCR-Berichtes vom April 2014).

Ferner ist dem EASO "Stock taking report on the asylum situation in Bulgaria" vom Februar 2014 zufolge die Anerkennungsrate in Bulgarien gestiegen. So betrug die Anerkennungsrate im Jahr 2013 68 % und ist nunmehr im Jahr 2014 auf 93 % gestiegen (siehe Seite 8 des EASO Berichtes).

Zusammenfassend ist schließlich festzuhalten, dass die bulgarischen Behörden belegbare Anstrengungen zur Verbesserung des Asylverfahrens unternommen haben und sich die Bedingungen für Asylwerber zuletzt nachweisbar verbessert haben. Der Beschwerdeführer hat auch selbst ausgeführt, dass er zuerst in einem geschlossenen und dann in einem offenen Lager untergebracht gewesen wäre und hat er zur Versorgungslage keinerlei Kritik angebracht. Das der Standard der Unterbringungseinrichtungen möglicherweise nicht dem österreichischen Standard entspricht, ist unerheblich, solange grundlegende Versorgungsgarantien gewährleistet sind. Das dies in konkreto in Bulgarien der Fall ist, lässt sich aus den hiezu unzweifelhaften Länderfeststellungen entnehmen.

Im Falle der Rücküberstellung des Beschwerdeführers im Zuge des europäischen Zuständigkeitssystems der Dublin III-VO würde der Beschwerdeführer von den bulgarischen Behörden auch bereits als registrierter Asylwerber rückübernommen werden, sodass sich der Behördenkontakt und das weitere Procedere anders darstellen als nach einem Aufgriff nach einem illegalen Grenzübertritt und Aufenthalt.

Bezüglich des vom Beschwerdeführer angesprochenen Übergriffes durch eine private Person, nämlich durch einen Schlepper, mit dem er offensichtlich Verhandlungen bezüglich einer Schleppung nach Ungarn geführt hat, ist auszuführen, dass er die Möglichkeit hat, sich an die bulgarischen Behörden zu wenden, welchen Rat, seinen eigenen Ausführungen zu Folge, er auch bereits vom Sicherheitsdienst des Flüchtlingslagers bekommen hat. Es ist jedenfalls nicht davon auszugehen, dass Bulgarien an sich nicht in der Lage wäre, den Beschwerdeführer bei allfälligen gegen ihn gerichteten Rechtsverletzungen zu schützen und strafrechtliche Schritte einzuleiten.

Abschließend ist festzuhalten, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im angefochtenen Bescheid zur Situation von Asylwerbern generell und auch konkret zu Dublin-Rückkehrern, die kritische Berichtslage berücksichtigt und in eine gesamthafte Abwägung einfließen hat lassen. Es ist nochmals zu betonen, dass sich die Lage in Bulgarien verbessert hat und demgemäß UNHCR seit April 2014 eine generelle Suspendierung von Dublin-Überstellungen nach Bulgarien nicht gerechtfertigt erscheint. Vor diesem Hintergrund können "systemische Mängel" im Sinne von vergleichbar gravierenden Mängel, wie sie in Griechenland gegeben sind, in Bulgarien nicht erkannt werden.

Mögliche Verletzung des Art. 7 GRC bzw. 8 EMRK:

Im Verfahren sind keine relevanten familiären Bezüge in Österreich hervorgekommen, ebenso wenig - schon aufgrund der relativ kurzen Aufenthaltsdauer - schützenswerte Aspekte des Privatlebens wie beispielsweise eine bereits erfolgte außergewöhnliche Integration in Österreich etwa aufgrund sehr langer Verfahrensdauer (vgl. VfGH 26.02.2007, Zl 1802, 1803/06-11). Es handelt sich beim Beschwerdeführer sohin um eine volljährige, gesunde Person und sind keine Hinweise auf etwaige Vulnerabilitätsaspekte zu Tage getreten.

Das Bundesverwaltungsgericht gelangt daher insgesamt zu dem Ergebnis, dass im vorliegenden Fall keine Verletzung von Bestimmungen der GRC oder der EMRK zu befürchten ist. Daher bestand auch keine Veranlassung, von dem in Art. 17 Abs. 1 Dublin-Verordnung vorgesehenen Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen und eine inhaltliche Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz vorzunehmen.

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden. Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben, weil der entscheidungsrelevante Sachverhalt, so insbesondere zur Person der beschwerdeführenden Partei, zum Konsultationsverfahren, zum gesundheitlichen Zustand und den familiären und privaten Beziehungen der beschwerdeführenden Partei in Österreich wie auch betreffend der Situation des Asyl- und Aufnahmewesens im Zielland, wurde von der belangten Behörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben und weist die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit in Bezug auf den Entscheidungszeitpunkt des Bundesverwaltungsgerichtes auf. Schließlich wurde in der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender Sachverhalt behauptet, bzw. war dieses Vorbringen, hier in Bezug auf systemische Mängel in Bulgarien, unsubstantiiert (vgl. VwGH, 28.05.2014, Ra 2014/20/0017).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF

BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet ist.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten der angefochtenen Bescheide wiedergegeben.

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