BVwG W206 1412464-1

BVwGW206 1412464-128.5.2015

AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art.133 Abs4

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2015:W206.1412464.1.00

 

Spruch:

W206 1412464-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Alexandra SCHREFLER-KÖNIG über die Beschwerde von XXXX, Staatsangehöriger von Somalia, gegen Spruchpunkt I des Bescheides des Bundesasylamtes vom 10.3.2010, Zl. 07 07.857-BAT, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 27.5.2015, zu Recht erkannt.

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, idgF (Asylgesetz) als unbegründet a b g e w i e s e n.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1.1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Somalia, reiste am 23.8.2007 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 27.8.2007 den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der am Tag der Antragstellung gemäß §19 AsylG durchgeführten Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der nunmehrige Beschwerdeführer zu Protokoll, dass er in Jowhar geboren worden sei und sich als Landwirt verdingt habe. Er habe seine Heimat Anfang Juli 2007 verlassen. Zu seinen Fluchtgründen führte er aus, dass es in seiner Heimat keine Regierung und keinen Frieden gäbe und ihm kein vernünftiges Leben möglich wäre. Im Fall seiner Rückkehr befürchte er, von Mitgliedern eines anderen Clans getötet zu werden. Diverse seitens der belangten Behörde geführte Konsultationen mit verschiedenen europäischen Ländern im Rahmen der Dublin- VO verliefen schlussendlich ohne Ergebnis. Nachdem der Beschwerdeführer offenbar aus Österreich ausgereist war, wurde er im Rahmen der Dublin VO nach Österreich rücküberstellt. Vor dem Bundesasylamt begründete er diesen Schritte mit der Angst, wegen der bei ihm aufgefundenen SIM- Karte aus Griechenland ins Gefängnis zu kommen und nach Griechenland zurückgeschickt zu werden.

1.2. Am 3.11.2008 wurde der nunmehrige Beschwerdeführer niederschriftlich vor dem Bundesasylamt einvernommen. Dabei gab er zu seinen Fluchtgründen an, dass er dem Stamm der Reer Hamar bzw. einem näher bezeichneten Subclan angehöre und ihm deshalb kein normales Leben möglich war. Seine Familie hätte in seiner Heimatstadt eine große Landwirtschaft besessen, die sie nach dem Sturz der Regierung nicht mehr betreiben hätten dürfen. Eines Tages sei eine bewaffnete Gruppe gekommen und hätte die Herausgabe der Landwirtschaft verlangt. Sein Vater habe zwar einen Teil davon abgegeben, hätte sich aber bei einem islamischen Gericht darüber beschwert und hätte den Teil wieder zurückbekommen. Die Islamisten hätten aber den Bundesstaat verlassen und die bewaffnete Gruppe sei neuerlich vorstellig geworden. Infolge der Weigerung wären der Vater, der Bruder und die Schwester des Beschwerdeführers umgebracht. Letztgenannter habe aber die Grundstückspapiere in Händen gehabt und habe sich daraufhin umgehend zur Flucht entschlossen.

1.3. Am 19.1.2009 fand eine weitere niederschriftliche Einvernahme vor dem Bundesasylamt statt. Dabei führte er aus, dass die bewaffnete Gruppe aus Männern vom Clan der Abgaal bestanden hätte. Der Streit und die darauffolgende Ermordung seines Vaters und seiner Geschwister hätte sich am 31.12.2006 in der Wohnung der Familie zugetragen, wobei der Beschwerdeführer selbst nicht anwesend gewesen sei. Er sei von den Nachbarn seiner Eltern gewarnt worden und hätte flüchten können, ehe die vier Männer bei ihm zu Hause aufgetaucht seien. Seine Frau habe ihm berichtet, dass sie die Wohnung durchsucht hätten und, nachdem sie nichts gefunden hätten, seiner Frau mit einem Gewehr auf den Kopf geschlagen hätten. Der Beschwerdeführer hätte sich fortan in einem Dorf versteckt und sei nur zu den Nachtstunden bei seiner Familie gewesen. Als er eines Tages gegen 23 Uhr am Weg zu seiner Wohnung gewesen sei, sei er auf zwei der Männer getroffen, die ihn zum Fluss gebracht und nach der Besitzurkunde befragt hätten. Einer habe eine Waffe geladen und auf ihn gezielt, es habe sich aber kein Schuss gelöst. Der Beschwerdeführer sei in den Fluss gesprungen und habe auf diese Weise entkommen können. Der Streit um das Grundstück reiche bereits in die beginnenden neunziger Jahre zurück, nachdem sein Stamm klein wäre, sei es nicht möglich, sich zu verteidigen. An die aufgrund der Stammeszugehörigkeit bestehenden Probleme sei er gewöhnt, deshalb hätte er seine Heimat aber nicht verlassen. Die Besitzurkunde, die der Beschwerdeführer im Jahr 2006 von seinem Vater zur Aufbewahrung in seiner Wohnung erhalten habe, befinde sich nunmehr bei einem namentlich näher bezeichneten Freund des Vaters. Auf die Frage, warum er nicht in eine Gegend gezogen wäre, in der die Abgaal keinen Einfluss hätten, meinte der Beschwerdeführer, dass die Probleme auch in Mogadischu bestünden. Abschließend räumte der Genannte ein, mit einem gefälschten schwedischen Reisepass, den er vom Schlepper erhalten habe, gereist zu sein. Seine Reisetätigkeit innerhalb Europas (Schweden, Italien) begründete der Beschwerdeführer mit seiner Furcht vor einer Verhaftung.

1.4. Mit dem nunmehr in Spruchpunkt I angefochtenen Bescheid wies das Bundesasylamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab. Unter einem wurde dem Genannten mit dem Hinweis auf die prekäre Sicherheits- und Menschenrechtslage in Somalia der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt. Begründend führte die belangte Behörde im Zusammenhang mit der Abweisung des Asylantrages aus, dass sich die Angaben des Beschwerdeführers zu den Fluchtgründen als nicht glaubhaft erwiesen hätten. So habe er bei der Erstbefragung angegeben, im Fall seiner Rückkehr möglicherweise von Angehörigen eines anderen Stammes ermordet zu werden; darüberhinausgehende Angaben zu persönlichen Fluchtgründen habe er aber nicht getätigt. Hinsichtlich der später ins Treffen geführten Grundstücksprobleme sei es zu Widersprüchen gekommen. So habe er etwa ursprünglich behauptet, seine Mutter sei im Besitz der Urkunde. Demgegenüber brachte er später vor, dass ein Freund des Vaters heute das Dokument innehabe. Auch sei es nicht nachvollziehbar, dass er sich in den Nächten zu seiner Familie begeben habe, obwohl er damit rechnen musste, dass ihn die Männer vom Clan der Abgaal aufsuchen würden. Sofern tatsächlich eine Bedrohung aufgrund der Grundstücksstreitigkeiten gegeben gewesen sei, wäre eine solche lokal beschränkt gewesen. Dass der Beschwerdeführer darüberhinausgehende fluchtauslösende Erlebnisse gehabt hätte, könne nicht festgestellt werden.

1.5. Der Beschwerdeführer bekämpfte Spruchpunkt I. der Entscheidung des Bundesasylamts fristgerecht mittels Beschwerde. Die belangte Behörde habe es unterlassen, entsprechende Ermittlungen zur Frage der Minderheitenproblematik und der daraus resultierenden Grundstücksstreitigkeiten mit Angehörigen eines mächtigeren Clans zu tätigen. Die Aussagen bei der Erstbefragung stellten keinen Widerspruch zu den späteren Ausführungen dar, vielmehr müsse darauf hingewiesen werden, dass die Erstbefragung den Zweck habe, den Fluchtgrund nur kurz zu skizzieren. Insgesamt erweise sich das Ermittlungsverfahren mangelhaft und der Bescheid in Spruchpunkt I auch inhaltlich rechtswidrig.

1.6. Am XXXX brachte die Ehefrau des Beschwerdeführers ihren Sohn in Österreich zur Welt (XXXX), nachdem sie auf Basis eines Visums im Jahr 2011 ebenfalls nach Österreich eingereist war und hier einen Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes gestellt hat.

1.7. Die gegenständliche Beschwerdeangelegenheit wurde der nunmehr erkennenden Richterin mit Verfügung vom 14.1.2015 zugewiesen.

Am 27.5.2015 fand eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Somalia und lebt aufgrund einer befristeten Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter in Österreich.

Seine Frau und ein in Österreich geborener Sohn leben ebenfalls in Österreich.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer sein Herkunftsland aufgrund einer aktuellen Verfolgungsgefahr iSd GFK verlassen hat.

1.2.Zur Lage in Somalia

Allgemeines zur politischen Lage

Im Jahr 1988 brach in Somalia ein Bürgerkrieg aus, der im Jahr 1991 im Sturz von Diktator Siyad Barre resultierte. Danach folgten Kämpfe zwischen unterschiedlichen Clans, Interventionen der UN sowie mehrere Friedenskonferenzen (EASO 8.2014). Seit 1991 gibt es in Somalia keinen Zentralstaat mehr (BS 2014). Das Gebiet von Somalia ist de facto in drei unterschiedliche administrative Einheiten unterteilt: a) Somaliland, ein 1991 selbstausgerufener unabhängiger Staat, der von der internationalen Gemeinschaft nicht anerkannt wird; b) Puntland, ein 1998 selbstausgerufener autonomer Teilstaat Somalias; c) das Gebiet südlich von Puntland, das Süd-/Zentralsomalia genannt wird (EASO 8.2014).

Somalia ist offiziell in 18 Regionen (gobol) unterteilt. In Süd-/Zentralsomalia liegen Bakool, Benadir, Bay, Galgaduud, Gedo, Hiiraan, Middle Jubba (Jubba Dhexe), Lower Jubba (Jubba Hoose), Mudug, Middle Shabelle (Shabelle Dhexe) und Lower Shabelle (Shabelle Hoose). Somaliland und Puntland teilen sich die Regionen Awdal, Bari, Nugaal, Togdheer, Woqooyi Galbeed, Sanaag und Sool. Die Regionen wiederum sind administrativ in Bezirke unterteilt. Mogadischu besteht aus 16 Bezirken, die wiederum in die Teileinheiten waax, laan und tabella (ca. 50-250 Haushalte) unterteilt sind. Jeder Bezirk hat einen Bezirkskommissar (District Commissioner/DC). Nur wenige Straßen in der Stadt haben einen Namen, einige davon änderten sich im Zuge des Bürgerkrieges (EASO 8.2014).

Nominell verfügt Somalia heute über ein Zweikammern-Parlament: Das vom Volk gewählte House of the People und das von den Gliedstaaten beschickte Upper House. Bisher gibt es aber lediglich ersteres, und die Abgeordneten wurden nicht gewählt sondern von Ältesten nominiert. Das Upper House soll bis Ende 2015 eingerichtet werden. Danach sollen 2016 eine neue Verfassung in Kraft treten und womöglich Wahlen stattfinden (EASO 8.2014). EU, UN und IGAD bemängeln, dass Somalia im Zeitplan hinterher hinkt (UNNC 27.5.2014). Insgesamt mangelt es auch nach wie vor an wiederaufgebauten staatlichen Institutionen und an Verwaltungskapazitäten (BS 2014).

Seit 2012 gibt es eine politische Entwicklung, die den Beginn einer Befriedung und Stabilisierung sowie eines Wiederaufbaus staatlicher Strukturen markieren könnte. Am 1.8.2012 wurde in Mogadischu eine vorläufige Verfassung angenommen. Auf Grundlage dieser Verfassung trat am 16.9.2012 eine neue Regierung unter Führung von Präsident Hassan Sheikh Mahmud ihr Amt an. In seiner Regierungserklärung stellte der Präsident ein 'Sechs-Säulen-Programm' für seine Politik für die Zeit bis zu den für 2016 geplanten Wahlen und das Verfassungsreferendum vor. Er will Fortschritte in den Bereichen gute Regierungsführung, wirtschaftliche Entwicklung, gesellschaftliche Aussöhnung, Daseinsvorsorge durch den Staat, Aufbau internationaler Beziehungen und Bewahrung der Einheit und Integrität des Landes erzielen. Trotz der anhaltenden Kampfhandlungen versucht die Regierung, Schritt für Schritt die Aufgaben der Staatsleitung, Verwaltung und politischen Gestaltung wieder wahrzunehmen (AA 3.2014c).

Die Umsetzung des Regierungsprogramms wurde jedoch u.a. durch das Misstrauensvotum gegen den vorherigen Premierminister Shirdon und die Neubildung einer Regierung unter Premierminister Abdiweli Sheikh Ahmed verzögert (AA 3.2014c). Der Präsident, Angehörige der neuen Regierung, andere hohe Beamte und District Commissioners (DC) in Mogadischu gehören der Gruppe Damul Jadiid an, einer Fraktion der somalischen Muslimbrüder (EASO 8.2014). Im Laufe des Jahres 2014 kam es zu wachsenden Differenzen zwischen dem Präsidenten und Premierminister Abdiweli Ahmed (A 31.10.2014),

Politisch gibt es mehrere potentielle Sicherheitsrisiken für die Zukunft: Die innere Krise in der Staatsführung; eskalierende Konflikte zwischen Regionen; das Aufkommen neuer politischer und bewaffneter Gruppen; wechselnde Allianzen und personalisierte Politik; Unterbrechung bei der Bildung staatlicher Institutionen (EASO 8.2014).

Die Clanthematik bleibt ein zentrales Thema, Clans spalten nach wie vor Regierung und Sicherheitskräfte (LPI 2014). Gemäß Übergangsverfassung verfügt Somalia über eine Bundesregierung und Regierungen der Bundesstaaten. Doch der in der Verfassung vorgesehene Föderalismus ist eine Quelle für Spannungen zwischen der somalischen Regierung sowie bereits existierenden aber auch neu aufgestellten Gliedstaaten (EASO 8.2014). Mit dem international vermittelten Abkommen von Addis Abeba von Ende August 2013 konnte zwar ein Gliedstaat im Süden Somalias geschaffen werden (Jubbaland), der weitere Staatsaufbau kam jedoch erneut ins Stocken. Die Regierung hat zuletzt zugesagt, einen Fahrplan für die Zeit bis 2016 zu erstellen, in dem die wichtigsten Vorhaben zur Erreichung der selbst gesteckten Ziele benannt werden sollen (AA 3.2014c). Derweil haben bereits Konflikte um die Bildung von neuen Gliedstaaten begonnen. Für einen möglichen South-Western State gibt es mehrere Versionen: Bay, Bakool und Lower Shabelle (SW3); oder Bay, Bakool, Lower Shabelle, Gedo, Lower und Middle Jubba (SW6). Auch die Bildung eines eigenen Shabelle State steht zur Diskussion. Clan-Interessen spielen eine zentrale Rolle und es kam diesbezüglich auch schon zu Ausschreitungen (EASO 8.2014).

Dies spiegelt sich auch bei einem Abkommen zwischen somalischer Regierung und Puntland wieder, wonach die Region Mudug zwischen den beiden künftigen Gliedstaaten Puntland und Central Regions State aufgeteilt werden soll. Vertreter des Central Regions State reagierten empört auf die Abmachung (IRIN 21.10.2014). Vereinbarungen zur Formierung des Central Regions State wurden am 30.7.2014 bzw. am 6.8.2014 von den Vertretern der Ahlu Sunna wal Jamaa (ASWJ), der Verwaltung von Galmudug und der Verwaltung von Ximan & Xeeb unterzeichnet (UNSG 25.9.2014).

Sicherheitslage allgemein

Es gibt keine flächendeckende, effektive Staatsgewalt; auch die neue Regierung hat bislang über große Teile des Landes keine Kontrolle. Umfangreiche Gebiete werden von unterschiedlichen bewaffneten Gruppen beherrscht. Potentiell asylrechtlich relevante Tatsachen sind daher staatlichen Strukturen regelmäßig nicht eindeutig zuzuordnen, sondern resultieren häufig gerade aus deren Abwesenheit. Dabei muss nach den einzelnen Landesteilen differenziert werden (E 6.2013).

Quellen:

E - Organisation E (6.2013): Aus einem Somalia-Bericht eines europäischen Außenministeriums

Sicherheitslage in Süd-/Zentralsomalia

Insbesondere Süd-/Zentralsomalia leidet seit Ende der 1980er Jahre unter Bürgerkrieg und weitgehendem Staatszerfall (AA 3.2014c). Die Sicherheitslage bleibt volatil (UNSC 1.5.2014) vgl. UKFCO 10.4.2014) und hat sich seit Mai 2013 verschlechtert (EASO 8.2014). Die Zahl der Selbstmordattentate hat in den letzten Jahren zugenommen (AA 11.9.2014). Sowohl das österreichische Außenministerium (BMEIA 10.9.2014) als auch das deutsche Auswärtige Amt halten ihre Reisewarnungen für Somalia aufrecht (AA 11.9.2014).

Al Shabaab hat nach dem Verlust wichtiger Städte zunehmend auf Guerillakampf umgestellt. Folglich hat es einige sehr öffentlichkeitswirksame Attentate und Anschläge gegeben (UKFCO 10.4.2014). Mit dem Tod des Anführers der al Shabaab, Ahmed Godane, und dem Verlust der letzten Hafenstadt Baraawe ist die Gruppe zwar geschwächt, von einem Sieg über al Shabaab zu sprechen ist aber verfrüht (B 10.2014). Auch wenn al Shabaab weder die militärische Stärke noch den Willen hat, gegen die somalische Regierung und ihre Alliierten anzutreten, so stellen sie eine hinreichende Bedrohung für alle Versuche eines staatlichen Wiederaufbaus dar (BS 2014). Dabei bleiben die Möglichkeiten der föderalen, lokalen und regionalen Behörden, Terrorismus der al Shabaab zu unterbinden, eingeschränkt (USDOS 30.4.2014).

Mit Waffengewalt ausgetragene Streitigkeiten zwischen rivalisieren Clans oder Sub-Clans kommen hinzu (AA 3.2014c). Ein großes Waffenarsenal befindet sich in privatem Besitz und einige Gruppen fühlen sich von der Regierung nicht vertreten bzw. wollen von dieser nicht vertreten werden. Auch das ist ein Gefahrenpotential (B 10.2014). Weitere Spannungen zwischen lokalen Verwaltungen und der somalischen Regierung werden nicht ausgeschlossen (ÖB 10.2014). In den Regionen Puntland und Somaliland ist die Lage vergleichsweise stabiler, aber auch hier wirkt sich der Bürgerkrieg aus (AA 3.2014c).

Die UN haben für eigenes Personal folgende Einstufungen getroffen:

Gelb (medium risk) für Bari, Nugaal, Doolow, Dhobley und den Sicherheitsbereich in Mogadischu; Orange (high risk) für Mudug, Galguduud und die von AMISOM (African Union Mission in Somalia) besetzten Garnisonsstädte (Merka, Baidoa, Kismayo u.a.) sowie für Mogadischu; Rot (very high risk) für die restlichen Teile der Regionen Lower und Middle Jubba, Gedo, Bakool, Bay, Hiiraan, Lower und Middle Shabelle (A 9.10.2014).

Im August 2011 räumte al Shabaab Mogadischu. Im Jahr 2012 eroberten somalische Armee und AMISOM u.a. Afgooye, Baidoa, Kismayo, Merka und Wanla Weyne. Bei der Offensive "Operation Eagle" im März und April 2014 folgte die Einnahme von weiteren zehn Städten, u.a. Xudur, Waajid, Buulo Barde, Maxaas, Ceel Buur, Wabxo und Qoryooley (EASO 8.2014). Ende August begann die neue AMISOM-Offensive "Operation Indian Ocean" bei deren Verlauf weitere Städte in den Regionen Hiiraan, Lower und Middle Shabelle, Lower Jubba und Bakool eingenommen werden konnten (UNSC 30.9.2014), darunter Cadale und Rage Ceel (Middle Shabelle), Baraawe (Lower Shabelle) (A 17.10.2014), Jalalaqsi und Fiidow (Hiiraan), Kurtunwaarey, Buulo Mareer und Golweyn (Lower Shabelle) sowie Tayeeglow (Bakool) (A 5.9.2014). Überhaupt befinden sich die meisten Städte in Süd-/Zentralsomalia nunmehr unter Kontrolle der Regierung und ihrer Alliierten, viele ländliche Gebiete befinden sich nach wie vor unter Kontrolle der al Shabaab. Allerdings stellen viele dieser Städte "Inseln" im Gebiet der al Shabaab dar, und die Islamisten versuchen, die Versorgung mancher Städte durch Angriffe entlang der Einfallstraßen zu blockieren (EASO 8.2014). So leidet z.B. Buulo Barde (Hiiraan) seit März 2014 unter einer Blockade (UNOCHA 17.10.2014).

In weiten Teilen Süd-/Zentralsomalias finden Kampfhandlungen zwischen den somalischen Bürgerkriegsparteien statt (AA 11.9.2014). Die Sicherheitskräfte sind Angriffen durch al Shabaab und andere Elemente ausgesetzt. Die Straße von Mogadischu über Baidoa nach Luuq bleibt von al Shabaab bedroht. Vor allem zwischen Afgooye und Baidoa kommt es regelmäßig zu Zwischenfällen. Auch andere Straßen, die nach Afgooye führen, gelten als unsicher (EASO 8.2014).

Die Lage in Süd-/Zentralsomalia bleibt kritisch. Dies gilt auch für die Hauptstadt Mogadischu. In und um Mogadischu haben Zahl und Intensität der Anschläge zuletzt zugenommen (AA 11.9.2014). Vor allem außerhalb von Mogadischu ist die somalische Regierung auf AMISOM angewiesen, um ihren Einfluss erhalten zu können. Jedenfalls sind die Städte unter Kontrolle von AMISOM und somalischer Armee gegenüber einer Rückeroberung durch al Shabaab abgesichert (EASO 8.2014). Diese Garnisonsstädte liegen außerhalb der militärischen Reichweite der al Shabaab (D 18.6.2014). Allerdings verfügen weder AMISOM noch die somalische Armee über ausreichende Kapazitäten, um neu eroberte Gebiete adäquat abzusichern (UNHRC 4.9.2014).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (11.9.2014): Somalia - Reise- und Sicherheitshinweise - Reisewarnung, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/SomaliaSicherheit.html , Zugriff 11.9.2014

Sicherheitslage in Mogadischu

In Mogadischu gibt es mehrere Stützpunkte von AMISOM (Uganda, Burundi). Außerdem gibt es 2.000-3.000 somalische Polizisten, ca.

1.200 Mann Spezialeinheiten (Polizei und Alpha Group) und ca. 400 AMISOM-Polizisten (EASO 8.2014).

Die Sicherheitslage in Mogadischu hat sich seit Mitte 2012 wesentlich verbessert (BS 2014). Auch wenn die Stadt von Attentaten und manchmal von asymmetrischen Angriffen geplagt wird, ist Mogadischu sicherer geworden (UKHO 9.4.2014). Auch gegenüber dem Jahr 2013 ist die Lage nun besser (B 14.10.2014). Dies spiegelt sich im Straßenleben, in der Rückkehr zehntausender Menschen oder im Anstieg von Investitionen wider. Die Stadtbewohner - auch Frauen - können sich fast überall frei bewegen, es gibt keine Belästigungen an Checkpoints. Verantwortlich für die Verbesserung ist einerseits AMISOM, andererseits sind es auch die wachsenden Fähigkeiten der somalischen Sicherheitskräfte. Außerdem haben Clanmilizen keine Macht mehr - auch wenn es zu sporadischen Zwischenfällen kommt (EASO 8.2014). Es haben bei weitem mehr Menschen beschlossen, nach Mogadischu zurückzukehren, als beschlossen haben, die Stadt zu verlassen (UKUT 3.10.2014).

Allerdings gab es nach April 2013 Rückschläge bei der Sicherheitslage in Mogadischu. In manchen Bezirken der Stadt (Hodan, Wardhiigleey, Heliwaa, Yaqshiid) hat sich die Sicherheitslage - vor allem bei Nacht - verschlechtert. Es gab einen Anstieg bei Angriffen auf Sicherheitskräfte, bei gezielten Attentaten und sogar beim Mörserbeschuss (EASO 8.2014). Auch wenn al Shabaab keine Teile der Stadt mehr kontrolliert, so betreibt die Gruppe Guerillaaktivitäten, Sprengstoff-, Handgranaten- und Selbstmordanschläge (AI 23.10.2014). Die Gewalt richtet sich meist auf ausgewählte Ziele (EASO 8.2014). Die Zahl gezielter Attentate auf traditionelle Älteste, Zivilbeamte und Journalisten hat zugenommen (HRW 21.1.2014). Al Shabaab verübte außerdem prominente Angriffe auf den Präsidentenpalast (Februar 2014) und das somalische Parlament (Mai 2014) (EASO 8.2014).

Al Shabaab wählt Ziele in Mogadischu sorgfältig aus. Weder Zivilisten noch Rückkehrer aus der Diaspora werden spezifisch zum Ziel erkoren. Zivilisten tragen das Risiko, bei Anschlägen der al Shabaab auf ausgewählte Ziele als "Kollateralschaden" getötet zu werden (UKUT 3.10.2014; vgl. UKHO 9.4.2014) und sind nicht einer willkürlichen Tötungsstrategie der al Shabaab anzulasten (EASO 8.2014; vgl. UKUT 3.10.2014). Der EGMR hat festgestellt (KAB vs Schweden), dass trotz täglicher Verluste unter Zivilisten kein generelles Risiko gegeben ist. Auch das britische Tribunal stellt fest, dass für einen Zivilisten in Mogadischu nur aufgrund seiner Anwesenheit in der Stadt kein generelles Risiko erheblichen Schadens aufgrund willkürlicher Gewalt besteht (UKUT 3.10.2014; vgl. UKHO 9.4.2014).

Es gibt de facto keine Gebiete in Mogadischu, die als absolut sicher eingestuft werden können. Selbst die schwer bewachten Teile der Stadt waren von Anschlägen der al Shabaab betroffen. In den Bezirken Dayniile, Heliwaa und Yaqshiid agiert al Shabaab offen, es kommt zu sogenannten hit-and-run-Angriffen auf AMISOM und somalische Sicherheitskräfte. Bewohner dieser Bezirke, die tagsüber mit der Regierung zu tun haben, können in der Nacht Opfer von Racheaktionen der al Shabaab werden. Auch auf den Bakara-Markt ist al Shabaab zurückgekehrt (EASO 8.2014). Wenn ein Stadtbewohner Mogadischus besonders gefährdete Orte meidet - seien es die Gebiete, wo Sicherheitskräfte oder internationale Organisationen angesiedelt sind; seien es bekanntermaßen von Sicherheitskräften, Regierungsbeamten oder NGO-Mitarbeitern frequentierte Lokale; oder sei es etwa der Bakara-Markt - dann kann er sein persönliches Risiko reduzieren (UKUT 3.10.2014).

Quellen:

UKUT - UK Upper Tribunal Immigration and Asylum Chamber (3.10.2014):

UK Country Guidance Case. MOJ & Ors (Return to Mogadishu) (Rev 1) (CG) [2014] UKUT 442 (IAC),

http://www.bailii.org/uk/cases/UKUT/IAC/2014/ [2014]_UKUT_442_iac.html, Zugriff 22.10.2014

Al Shabaab

Die militärische Hauptmacht der al Shabaab befindet sich im Dreieck Baraawe-Jilib-Diinsoor sowie östlich von Buulo Barde. Einige hundert Kämpfer der al Shabaab befinden sich in Mudug und Galgaduud. Dies bedeutet aber nicht, dass die anderen Teile Süd-/Zentralsomalias frei von al Shabaab sind. Die Gruppe ist ca. fünf Kilometer außerhalb der größeren Städte präsent (EASO 8.2014).

Al Shabaab kontrolliert also noch immer Teile Süd-/Zentralsomalias (UNHRC 4.9.2014). Gleichzeitig hat sich die Art der Kampfführung weg von militärischen hin zu Guerilla- und terroristischen Aktivitäten verschoben. Aufgrund der gegebenen Mobilität kann die Gruppe auch mit den noch vorhandenen ca. 5.000 Kämpfern erfolgreich Friedensbemühungen sabotieren. Allerdings hat sich die Fähigkeit der al Shabaab, Territorium zu halten, reduziert. Auch die Bewegungsfreiheit der Gruppe ist eingeschränkt worden (EASO 8.2014).

Neben den Kernkräften kann al Shabaab für bestimmte Operationen auch auf Clans zurückgreifen. Daneben ist die Spezialeinheit der al Shabaab - der Amniyat - für verdeckte Präsenz in Städten und damit verbunden für Anschläge, Attentate und andere Operationen verantwortlich. Der Amniyat ist es auch, der selbst bei einem militärischen Sieg über al Shabaab noch auf längere Zeit eine Bedrohung darstellen könnte (EASO 8.2014).

Die militärischen Aktivitäten der al Shabaab konzentrieren sich in den vergangenen Monaten auf folgende Bereiche:

a) Lower Jubba: Störung der Versorgungswege nach Kenia

b) Bakool: Isolation von Wajid und Xudur; tw. wird der Kampf an die äthiopische Grenze herangetragen.

c) Bay und Lower Shabelle: Störung der Verbindung Luuq-Mogadischu, insbesondere Baidoa-Mogadischu (auch im Bereich des Afgooye-Korridors)

d) Lower Shabelle: tägliche Kampfhandlungen im Gebiet Qoryooley; Störung der Routen Mogadischu-Qoryooley und Mogadischu-Merka

Galgaduud und Hiiraan: offener Rückzugsraum; Isolierung der Städte Buulo Barde, Maxaas, Ceel Buur und Wabxo (TA 18.6.2014)

Scheinmilitärische, Guerilla- und terroristische Aktivitäten der al Shabaab konzentrieren sich in hohem Maße auf Lower Shabelle und Mogadischu. Für Mogadischu bedeutet dies: sog. hit-and-run-Angriffe;

Hinterhalte auf Sicherheitskräfte; gezielte Tötungen von Sicherheitskräften und Zivilisten; Autobomben- und Terroranschläge;

hinzu kommen Exekutionen von Zivilisten durch al Shabaab auf eigenem Gebiet. Als Grund für Hinrichtungen wird in den vergangenen Monaten in hohem Maße "Spionage" angeführt (TA 18.6.2014).

Anfang September 2014 wurde der Anführer der al Shabaab, Ahmed Godane, bei einem Luftangriff in der Nähe von Baraawe getötet. Al Shabaab gab Sheikh Ahmad Umar Abu Ubaidah als Nachfolger bekannt - ein prominenter Angehöriger des Amniyat (UNSC 30.9.2014). Schon vor dem Tod von Godane war al Shabaab hinsichtlich etwaiger Spionage sehr misstrauisch. Außerdem verfügt die Gruppe über ein Netz an Informanten. Dementsprechend besteht ein permanentes Risiko, von al Shabaab der Spionage oder der Kollaboration mit der Regierung verdächtigt zu werden - dies gilt auch für eigenes Personal (EASO 8.2014). Personen, die al Shabaab unbekannt sind, sind für die Gruppe verdächtig. Auch Personen, die sich außerhalb des Gebietes von al Shabaab aufgehalten haben, sind verdächtig (AI 23.10.2014). Eine Verurteilung hat drastische Konsequenzen (EASO 8.2014; AI 23.10.2014). Insgesamt sind aber alle Personen, die auf von al Shabaab kontrolliertem Gebiet leben, einem Risiko ausgesetzt, getötet, gefoltert oder auf misshandelt zu werden (AI 23.10.2014).

Quellen:

UNSC - UN Security Council (30.9.2014): Security Council Report, October 2014 Monthly Forecast - Somalia, http://www.securitycouncilreport.org/monthly-forecast/2014-10/somalia_15.php , Zugriff 30.10.2014

Sicherheitsbehörden

Insgesamt sind die somalischen Sicherheitskräfte trotz der zahlreichen Maßnahmen zum Wiederaufbau von Polizei und Armee nicht in der Lage, Sicherheit zu gewährleisten. Zur Bewältigung dieser Aufgabe muss sich die somalische Regierung auf AMISOM (African Union Mission in Somalia) verlassen (BS 2014). Die AMISOM ist eine regionale, friedensunterstützende Mission der Afrikanischen Union mit voller Unterstützung des UN-Sicherheitsrates. Die Polizeikomponente umfasst 515 Mann, die Militärkomponente 21.564 Soldaten. Als Truppensteller dienen vor allem Uganda, Burundi, Dschibuti, Kenia, Äthiopien und Sierra Leone. Die Disziplin von AMISOM hat sich drastisch verbessert, es gibt kaum Meldungen über Menschenrechtsvergehen durch AMISOM-Personal. Seit Mai 2014 gibt es in Mogadischu zusätzlich eine 410 Mann starke UN Guard Unit, die zum Schutz von UN-Einrichtungen und -Personal durch Uganda bereitgestellt worden ist (EASO 8.2014).

Die Zahl somalischer Polizisten in Süd-/Zentralsomalia wird mit

5.700 angegeben (UNSG 3.3.2014). Weitere 1.000 befinden sich bei AMISOM in Ausbildung (EASO 8.2014). Die Polizei untersteht teils regionalen Verwaltungen, teils dem Innenministerium. In mehreren Teilen Süd-/Zentralsomalias üben Armee und alliierte Milizen Polizeidienst aus (USDOS 27.2.2014).

In Mogadischu gibt es zwei separate Polizeikräfte: Jene der Regierung und jene der Regionalverwaltung. Bis zum Ende des Jahres 2013 konnte die Bundespolizei ihre Präsenz auf alle Bezirke der Stadt ausweiten (USDOS 27.2.2014). In Mogadischu gibt es 2.000-3.000 somalische Polizisten, ca. 1.200 Mann von Spezialeinheiten (Polizei und Alpha Group) und ca. 400 AMISOM-Polizisten. Letztere verüben normalen Polizeidienst (EASO 8.2014) und unterstützten die somalische Polizei mit Ausbildungsmaßnahmen - u.a. im Bereich Menschenrechte (USDOS 27.2.2014; vgl. EASO 8.2014). Ausbildung für die Polizei erfolgt auch durch UNDP (BS 2014), UNODC, IOM sowie bilateral durch Italien und die Türkei (ÖB 10.2014). Derweil unterstützt die United Nations Assistance Mission in Somalia (UNSOM) die Rekrutierung von weiteren 500 Polizisten (UNSG 25.9.2014).

Die Kontrolle der Polizei durch zivile Behörden bleibt ineffektiv. Auch die Polizei selbst ist ineffektiv. Straftaten bleiben meist ungestraft (USDOS 27.2.2014; vgl. EASO 8.2014). Außerdem beruhen Teile der Polizei auf Clanmilizen. Trotzdem wächst das Vertrauen der Bevölkerung in die Polizei - etwa in Mogadischu - und die Menschen können sich an die Polizei wenden (EASO 8.2014). Insgesamt bleibt aber der Zugang zu staatlichem Schutz ungewiss. Menschen suchen zwar die Unterstützung der Polizei, doch gibt es keine Garantie, dass ihnen geholfen wird (EASO 8.2014; vgl. LIDIS 3.2014).

AMISOM und nationale Sicherheitskräfte geben ihr Bestes, um die Gefahr durch al Shabaab in Mogadischu einzudämmen. Auch wenn die Arbeit der Polizei Defizite aufweist, so trägt sie doch ihren Teil bei (UKUT 3.10.2014). Aufgrund der anhaltend schlechten Sicherheitslage sowie mangels Kompetenz der staatlichen Sicherheitskräfte und Justiz muss dennoch der staatliche Schutz in der gesamten Region als schwach bis nicht gegeben gesehen werden (ÖB 10.2014).

Ende des Jahres 2013 umfasste die somalische Armee rund 20.000 Mann. Die Kontrolle der Armee durch das Verteidigungsministerium bleibt schwach, hat sich aber mit Unterstützung durch internationale Partner etwas verbessert. Dabei ist die Kontrolle über jene Kräfte, die im Großraum Mogadischu, im Raum bis Merka, Baidoa und Jowhar eingesetzt werden, stärker als jene über Kräfte in anderen Landesteilen. Dort wo sich AMISOM-Truppen befinden, operieren die Kräfte der Armee in Tandem mit diesen (USDOS 27.2.2014). Nicht alle Teile der somalischen Armee sind gleich loyal, Claninteressen, Interessen lokaler Milizen und ausbleibender Sold sind dafür verantwortlich. Andererseits ist es der Regierung gelungen, Angehörige von Milizen (z.B. Ahlu Sunna Wal Jamaa/ASWJ) zu integrieren. Insgesamt zählen aber nur 10.000-12.000 Soldaten zum Kern der somalischen Armee. Die restlichen Truppen stellen Milizen, die formell nicht integriert worden sind (z.B. in Hiiraan und Baidoa; auch Teile der ASWJ). Insgesamt gilt die Loyalität vieler Teile der Armee eher einem Clan, nur wenige Einheiten sind von der Clanstruktur entkoppelt (EASO 8.2014).

AU, EU, USA, Türkei und andere Staaten unterstützen die Armee finanziell, mit Waffenlieferungen und Ausbildung (EASO 8.2014). Alleine die EU hat mehr als 3.000 Soldaten ausgebildet (ÖB 10.2014). Das Ausbildungsprogramm der EU (EUTM/ European Union Training Mission) wird in Mogadischu fortgesetzt. Trotz aller Anstrengungen fehlt es der Armee immer noch an Erfahrung und Ausrüstung. Die Armee bleibt weiterhin zu schwach, um AMISOM ablösen zu können (EASO 8.2014). AMISOM und UNSOM haben für mehr als 5.500 Soldaten der somalischen Armee eine Ausbildung im Bereich Menschenrechte gewährleistet (UNSG 25.9.2014).

Die rechtzeitige Auszahlung des Soldes stellt nach wie vor ein Problem dar. Trotzdem konnte die Zahl der Desertionen drastisch reduziert werden (EASO 8.2014).

Die National Intelligence and Security Agency (NISA) ist auf die Bekämpfung des Terrorismus ausgerichtet und operiert bei Terroranschlägen in Mogadischu auch als schnelle Eingreiftruppe (USDOS 30.4.2014). Die NISA verfügt auch über eine ca. 600 Mann starke Spezialeinheit (Alpha Group/ Gaashaan), die vor allem bei größeren Sicherheitsoperationen in Mogadischu zum Einsatz kommt (EASO 8.2014).

Die Polizei in Puntland untersteht dem Innenministerium (USDOS 27.2.2014). Außerdem gibt es die ca. 1.000 Mann starke, gut ausgerüstete Puntland Maritim Police Force, die von den Vereinten Arabischen Emiraten unterstützt wird. Insgesamt funktionieren Polizei und Regierungsinstitutionen in den zentralen Teilen Puntlands einigermaßen gut, in den ländlicheren und eher abgelegenen Gebieten sorgen meist lokale Älteste für die Aufrechterhaltung der Ordnung (BS 2014).

Quellen:

USDOS - US Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2013 - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/270777/399508_de.html , Zugriff 26.8.2014

Menschenrechtslage

Die Menschenrechtslage in Somalia wird vom anhaltenden bewaffneten Konflikt dominiert. Zivilisten werden getötet, verwundet oder vertrieben; Täter finden sich auf allen Seiten des Konfliktes (UKFCO 10.4.2014). In den Monaten Mai und Juni 2014 wurden ca. 1.200 durch Waffen verursachte Verletzungen in Mogadischu, Kismayo, Mudug und Baidoa behandelt; 100 Tote wurden gemeldet (UNSG 25.9.2014).

Weitere Menschenrechtsverletzungen umfassen willkürliche Angriffe, sexuelle Gewalt und willkürliche Inhaftierungen (HRW 21.1.2014); die Einschränkung von Meinungs- und Pressefreiheit, Gewalt gegen Journalisten; Gewalt gegen und Diskriminierung von Frauen und Mädchen; lebensbedrohliche Haftbedingungen und willkürliche Verhaftungen; die Verweigerung fairer Verfahren; Korruption und Menschenhandel; die Delogierung von IDPs; Misshandlungen und Diskriminierung von Minderheiten-Clans. Zusätzlich kommt es zu Kämpfen zwischen Clans und Sub-Clans, meist im Streit um Wasser und andere Ressourcen. Diese führen ebenfalls zu Toten und Vertriebenen. Es kommt auch zu Rachemorden; nur wenige Fälle werden untersucht (USDOS 27.2.2014). Besorgniserregend bleiben die zahlreichen Berichte über sexuelle Gewalt, gezielte Tötungen von Journalisten und Gewalt gegen Kinder. Dabei bleibt die Straflosigkeit für Täter ein Problem, das der mangelnden Reichweite der Justiz und den schwachen Sicherheitsbehörden angelastet werden kann (UKFCO 10.4.2014). Viele Berichte über Menschenrechtsvergehen können aufgrund anhaltender militärischer Aktivitäten gar nicht erst überprüft werden (UNOCHA 19.9.2014).

Überall dort, wo AMISOM über eine permanente Präsenz verfügt, ist die Menschenrechtslage wesentlich besser als in den anderen Gebieten Süd-/Zentralsomalias (EASO 8.2014).

Im Zuge ihrer Auslegung der Scharia kommt es auf dem Gebiet der al Shabaab zur Verweigerung mehrerer bürgerlicher Freiheiten, z.B. von Meinungs-, Bewegungs-, Versammlungs- und Religionsfreiheit (EASO 8.2014; vgl. USDOS 27.2.2014). Die Bevölkerung in jenen Gebieten, die unter Kontrolle der al Shabaab stehen, sind willkürlicher Rechtsprechung und der massiven Einschränkung ihrer Grundrechte ausgesetzt (UKFCO 10.4.2014; vgl. HRW 21.1.2014).

Die Menschenrechtslage unter al Shabaab hat sich Stück für Stück verschlechtert (EASO 8.2014). Al Shabaab begeht Morde, lässt Personen verschwinden, begeht Vergewaltigungen und vollzieht unmenschliche und grausame Bestrafungen (USDOS 27.2.2014). Aus jenen Gebieten, über welche die Gruppe unumstrittene Kontrolle ausübt, kommen weniger Berichte über gezielter Gewalt gegen Zivilisten als aus umstrittenen Gebieten. Dort wo al Shabaab unter Zugzwang steht, kommt es zu einer höheren Anzahl an Verhaftungen, zu einem höheren Maß an Gewalt (EASO 8.2014) und zu einer höheren Zahl an Exekutionen - vor allem aufgrund von vorgeblicher Spionage (EASO 8.2014; vgl. HRW 21.1.2014). Al Shabaab hat seine Angriffe auf prominente zivile Ziele in Mogadischu verstärkt (HRW 21.1.2014).

Es kommt seitens al Shabaab zur Zwangsrekrutierung von Kindern und Erwachsenen und zum Einsatz von Kindersoldaten (USDOS 27.2.2014; vgl. HRW 21.1.2014).

Quellen:

Subjekte gezielter Attentate durch al Shabaab

Al Shabaab wechselt periodische die Gruppe der von gezielten Attentaten betroffenen Personen. Damit soll der Bevölkerung vermittelt werden, dass jeder, der die Regierung unterstützt, zum potentiellen Ziel werden kann. Sicherheitskräfte, Mitarbeiter humanitärer Organisationen; Zivilisten, die für die somalische Regierung arbeiten; Mitarbeiter von nationalen und internationalen NGOs oder von UN-Organisationen; und diplomatische Missionen sind einem Risiko ausgesetzt, Ziel von Angriffen oder Attentaten der al Shabaab zu werden.

Es kann aber auch Frauen treffen, die Essen an Soldaten verkaufen oder aber Verwandte von Regierungsangestellten. In Mogadischu sind ehemalige District Commissioners und ihre Mitarbeiter ebenfalls zu Zielen der al Shabaab geworden (EASO 8.2014). Außerdem können Journalisten, Älteste, Richter, Geschäftsleute und Akteure der Zivilgesellschaft zum Ziel der al Shabaab werden (UKHO 9.4.2014).

Dabei gibt es in Mogadischu keine Möglichkeit, zu entkommen. Wenn al Shabaab eine bestimmte Person ermorden will, dann wird die Gruppe das tun. Selbst in von der Regierung kontrollierten Gebieten kommen gezielte Attentate zunehmend vor. Die Täter bleiben oft unerkannt, doch wird in den meisten Fällen davon ausgegangen, dass al Shabaab für die Taten verantwortlich ist. Die Gruppe hat auch prominente Friedensaktivisten, Gemeindeführer sowie Clanälteste und deren Familienangehörige getötet. Auch Politiker, Abgeordnete und Justizangehörige sind einem hohen Risiko, zum Ziel eines Anschlages zu werden, ausgesetzt (EASO 8.2014).

Es besteht immer ein gewisses Risiko, als Spion der Regierung wahrgenommen zu werden. Manchmal wurden Menschen allein aufgrund der Tatsache beschuldigt, dass sie Soldaten der Regierungsarmee Früchte verkauft haben (LIDIS 3.2014; vgl. EASO 8.2014). In den Jahren 2013 und 2014 ist die Anzahl an Exekutionen von durch al Shabaab der Spionage Beschuldigten gestiegen (EASO 8.2014).

Quellen:

UKHO - UK Home Office (9.4.2014): Country Information and Guidance Somalia,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1397740536_somalia-14-4-2-v27.pdf , Zugriff

Grundversorgung/Wirtschaft

Auf dem Human Development Index rangiert Somalia auf den letzten fünf Plätzen (WB 7.4.2014). Somalia gehört damit zu den ärmsten Ländern der Erde. Der langjährige Bürgerkrieg sowie häufige Dürre- und Flutkatastrophen führen dazu, dass ein erheblicher Teil der Bevölkerung unter chronischem Mangel an ausreichender Versorgung mit Lebensmitteln, Trinkwasser und medizinischer Versorgung leidet. Bei den gängigen Indikatoren zur Messung der wirtschaftlichen Entwicklung liegt Somalia zumeist auf den letzten Plätzen:

Bruttosozialprodukt, Lebenserwartung, Müttersterblichkeit, Kindersterblichkeit. Das Land ist seit Jahrzehnten auf Nothilfemaßnahmen aus dem Ausland angewiesen und ist der größte Empfänger von Nahrungsmittelhilfe weltweit (AA 3.2014a).

In den Jahren 2010-2012 starben fast 260.000 Menschen aufgrund einer Hungersnot. (EASO 8.2014). Zu Anfang des Jahres 2014 war die Zahl an Personen, die nicht in der Lage waren, ohne Nahrungsmittelunterstützung zu überleben, auf 860.000 zurückgegangen. Weitere zwei Millionen Menschen befanden sich an der Grenze zur Nahrungsmittelunsicherheit (UNSC 28.2.2014). Die Versorgungslage ist aber anhaltend schlecht (ÖB 10.2014) und Mitte 2014 ist die Zahl der akut von Nahrungsmittelnot betroffenen Personen wieder auf über eine Million angestiegen. Schlechte Regenfälle haben zur Nahrungsmittelunsicherheit beigetragen. Stark betroffen sind die Regionen Bakool, Benadir, Bari, Galgaduud, Gedo, Hiiraan, Lower und Middle Shabelle, Middle Jubba, Nugaal und der Süden von Mudug. Rund 62 Prozent der Betroffenen sind IDPs. Rund 218.000 Kinder sind akut unterernährt, 43.800 davon befinden sich in unmittelbarer Lebensgefahr. Die Gesamtsituation ähnelt jener vor der großen Hungersnot und die Gefahr einer Wiederholung besteht (UNOCHA 19.9.2014). In der Region Gedo sind 70 Prozent der Bevölkerung von der Dürre betroffen. In den Bezirken Baardheere, Ceel Waaq, Doolow und Luuq müssen Teile der Bevölkerung durch Lastwägen mit Trinkwasser versorgt werden. Andererseits sind die Prognosen für die Deyr-Regenzeit (Oktober-Dezember) gut (UNOCHA 17.10.2014).

Die Unterstützung des World Food Programme erreichte Anfang 2014 pro Monat rund 800.000 Personen (UNSC 28.2.2014). Auf dem Gebiet der al Shabaab sind humanitäre Organisationen allerdings schweren Restriktionen ausgesetzt. Außerdem kommt es dort zu Übergriffen auf ihr Personal (EASO 8.2014). Außerdem ist der Transport humanitärer Güter von Straßensperren, Checkpoints und anhaltenden Feindseligkeiten entlang der Hauptstraßen eingeschränkt. Lebensnotwendige Fracht wird mittlerweile aber auch mit dem Flugzeug verteilt (UNOCHA 19.9.2014).

In durch AMISOM und die somalische Regierung neu eroberten Städten hat sich die Versorgungssituation nicht wesentlich verbessert, weil al Shabaab Versorgungsrouten bedroht oder sogar kontrolliert. Die humanitäre Lage in derart abgeschnittenen Städten kann sich weiter verschlechtern (EASO 8.2014; vgl. UNOCHA 24.4.2014; vgl. UNOCHA 21.3.2014). Besonders betroffen sind Xudur, Waajid und Buulo Barde (UNOCHA 19.9.2014).

Mit dem Zusammenbruch des Staates sind alle Sozialdienste - z.B. Gesundheitsversorgung, Arbeitssuche, Armutsbekämpfung - praktisch "privatisiert" worden. Das einzige soziale Sicherheitsnetz, das verblieben ist, sind die Familie und der Clan (BS 2014).

Entwicklungs- und humanitäre Hilfe sowie Geldflüsse aus der Diaspora sind Hauptpfeiler des BIP. Alleine die Überweisungen aus dem Ausland betragen 35 Prozent des BIP (WB 7.4.2014). Außerdem ist Somalia der größte Exporteur von Lebendvieh (hauptsächlich Kamele und Schafe) auf die arabische Halbinsel (AA 3.2014a). Die Viehwirtschaft bietet rund 60 Prozent der somalischen Arbeitsplätze und stellt 40 Prozent des BIP (WB 7.4.2014). Einzige weitere nennenswerte Exportgüter sind Bananen und Datteln. Der Export von Holzkohle ist vom UN-Sicherheitsrat mittlerweile untersagt worden (AA 3.2014a). Die EU ist nach wie vor einer der größten Geber. Seit Jahren stellt sie umfangreiche Mittel für den Wiederaufbau und die Förderung innersomalischer Versöhnungs- und Friedensbemühungen sowie für AMISOM bereit (AA 3.2014b).

Mogadischu selbst verfügt über internationale Anbindungen und eine große Zahl an Märkten. Es gibt einen florierenden Dienstleistungssektor (z.B. Wechselgeschäfte, Geldtransfers, Telekommunikation). Seit dem Jahr 2012 wurden die Wiederaufbauaktivitäten in der Stadt beschleunigt. Es gibt neue Hotels, Restaurants und Geschäfte; viele Rückkehrer haben in Mogadischu Betriebe eröffnet. Auch Straßenbeleuchtung und Müllentsorgung wurden reaktiviert (EASO 8.2014; vgl. BS 2014). Neben den Bauaktivitäten gibt es auch vermehrt Taxiunternehmen, Busunternehmen, Reinigungen, Elektronikhändler etc. und die damit verbundenen Arbeitsmöglichkeiten. Rückkehrer haben bei der Arbeitssuche in Mogadischu wahrscheinlich Vorteile, da sie eher gebildet sind und als einfallsreicher erachtet werden. Dies gilt noch mehr, wenn der Arbeitgeber selbst ein aus der Diaspora Zurückgekehrter ist (UKUT 3.10.2014).

Ein Hafenarbeiter in Kismayo verdiente im Jahr 2013 durchschnittlich 1-2 US-Dollar (50.000-100.000 SoSh) am Tag. Mehr als 43 Prozent aller Somali leben von weniger als einem US-Dollar pro Tag (EASO 8.2014).

In den Gebieten der al Shabaab hebt die Gruppe teils hohe Steuern (zakat) bei Bauern und Nomaden ein. Dies bedroht die Nahrungsmittelversorgung und lässt Menschen aus diesen Gebieten fliehen (EASO 8.2014).

In Puntland überleben mehr Mütter Schwangerschaft und Geburt, mehr Kinder gehen zur Schule, mehr Menschen haben Zugang zu Trinkwasser und medizinischer Versorgung. Der Handel über den Seehafen Bossaso und die wirtschaftliche Betätigung insgesamt haben einen spürbaren Aufschwung genommen, der jedoch bislang fast ausschließlich der dort lebenden Stadtbevölkerung zu Gute kommt (AA 3.2014a).

Nach einer schweren Umweltkatastrophe Ende des Jahres 2013 gelang es dem WFP und anderen UN-Agenturen den Betroffenen in Puntland Unterstützung zukommen zu lassen (UNSC 28.2.2014).

Quellen:

Medizinische Versorgung

Die Grundversorgung kann als schlecht bis kaum vorhanden bezeichnet werden, durchgehende Versorgung ist wohl nur in Mogadischu und den Flüchtlingslagern an der somalisch-kenianischen Grenze gesichert (ÖB 10.2014). Selbst im Vergleich zu den Standards in Subsahara-Afrika ist die medizinische Versorgung in Somalia schlecht. Die Lebenserwartung bei Geburt liegt bei 51 Jahren, 108 von 1.000 Kindern sterben vor dem ersten Geburtstag (WB 7.4.2014). Grundsätzlich muss im Bereich der Grundversorgung von einem negativen Trend ausgegangen werden. Die Einstellung aller Programme von Ärzte ohne Grenzen nach 22 Jahren ununterbrochener Aktivität in Somalia im Jahr 2013 bedeutete eine weitere Verschärfung der medizinischen Versorgungslage (ÖB 10.2014).

Im Jahr 2009 gab es ca. 625 Gesundheitsposten und 225 Mutter-Kind-Zentren in Somalia. Bei einer geschätzten Bevölkerung von neun Millionen kommt ein Gesundheitsposten auf 15.200 Menschen. Die vorhandenen Angebote entstammen dem privaten Sektor (WB 7.4.2014). Es gibt keinen gesetzlichen Rahmen für die Gesundheitsversorgung und keine Regulierung des Medikamentensektors. Viele Initiativen im Gesundheitsbereich gehen auf nationale und internationale NGOs sowie auf Rückkehrer aus der Diaspora zurück. Auch humanitäre Organisationen, wie etwa das Rote Kreuz, betreiben Spitäler und Mutter-Kind-Zentren. Zusätzlich betreibt AMISOM Spitäler und Kliniken in Middle und Lower Shabelle, in Belet Weyne, Kismayo und Baidoa. Geberländer - z.B. die Türkei - unterstützen die Rehabilitierung des Gesundheitssektors. Auf dem Gebiet der al Shabaab gibt es keine Krankenhäuser (EASO 8.2014).

In Somalia gibt es eine hohe Rate an geistigen Erkrankungen. Versorgung gibt es im Habeeb Spital in Mogadischu. Oft werden geistig Kranke aber auch angekettet oder sich selbst überlassen (EASO 8.2014).

Quellen:

WB - World Bank (7.4.2014): Somalia Overview, http://www.worldbank.org/en/country/somalia/overview , Zugriff 24.9.2014

(Ethnische) Minderheiten und Clanstruktur

Die somalische Bevölkerung ist nur auf den ersten Blick homogen. Tatsächlich bilden die Clans eine Art Sub-Ethnizität. Die Clans bilden auch die Grundlage der Identität eines Somali, jeder kennt normalerweise seine exakte Position im Clansystem. Dies gilt auch für die urbanisierte Bevölkerung. Wenn Somali ihre Herkunft beschreiben fangen sie meist bei sich selbst an und steigen dann die hierarchischen Ebenen des Systems bis zur Clanfamilie hinauf. Diese Aufzählung wird abtirsiimo oder abtirsiin genannt, und Kinder im Alter von acht oder neun Jahren können diese üblicherweise auswendig (EASO 8.2014).

Dabei gelten als Haupt-Clanfamilien die traditionell nomadischen Darod, Dir, Hawiye und Isaaq sowie die sesshaften Digil und Mirifle/Rahanweyn. Diese Clanfamilien unterteilen sich weiter in die Ebenen der Clans, Sub(sub)clans, Lineages und die aus gesellschaftlicher Sicht bei den nomadischen Clans wichtigste Ebene der Mag/Diya (Blutgeld/Kompensation) zahlenden Gruppe, die für Vergehen Einzelner gegen das traditionelle Gesetz (xeer) Verantwortung übernimmt. Diese Gruppe sorgt aber traditionell auch für die Unterstützung von Angehörigen in schwierigen (finanziellen) Situationen. Nur in Mogadischu ist das System soweit erodiert, dass nicht mehr die mag/diya-Gruppe für Unterstützung sorgt, sondern lediglich die Kernfamilie (EASO 8.2014).

Die Clans sind politische Akteure, die normalerweise über eigenes Territorium verfügen. Traditionelle Verträge (xeer) werden meist zwischen Mag/Diya zahlenden Gruppen abgeschlossen. Allerdings ist das Clansystem - wie erwähnt - keine exakte Wissenschaft, Koalitionen und Abgrenzungen - auch geographische - sind nur schwer zu erfassen oder gar nicht genau definiert (EASO 8.2014).

Das Clansystem ist dynamisch und komplex. Aufgrund des Bürgerkrieges und damit verbundener Wanderbewegungen aber auch aufgrund des Bevölkerungswachstums waren nach 1991 zunehmende Fluktuationen zu verzeichnen. Aufzeichnungen von Genealogien sind umstritten (EASO 8.2014).

* Die Darod unterteilen sich in die großen Gruppen Ogadeni (Äthiopien und Jubba-Regionen), Marehan (Süd-/Zentralsomalia) und Harti. Letztere sind eine Föderation aus Majerteen (Hauptclan in Puntland), Dulbahante und Warsangeli (Regionen Sool und Sanaag).

* Die Hawiye leben vor allem in Süd-/Zentralsomalia, die wichtigsten Subclans sind Abgaal und Habr Gedir.

* Die Dir finden sich im westlichen Somaliland und in einigen Gebieten Süd-/Zentralsomalias. Ihre Hauptclans sind Issa und Gadabursi (beide Somaliland) und Biyomaal (Südsomalia).

* Die Isaaq sind der Hauptclan Somalilands.

Die Digil und Mirifle/Rahanweyn leben in den fruchtbaren Tälern von Shabelle und Jubba und im Gebiet zwischen beiden Flüssen (v.a. Bay und Bakool) (EASO 8.2014).

Daneben finden sich in Somalia einige ethnische Minderheiten und ständische Berufskasten, die insgesamt zwischen 15 und 30 Prozent der Bevölkerung stellen (EASO 8.2014). Minderheitengruppen sind u.a. die Bantu (größte Gruppe), Benadiri, Reer Xamar, Bravanese, Swahili, Tumal, Yibir, Yaxar, Madhiban, Hawrarsame, Muse Dheryo, Faqayaqub und Gabooye (USDOS 27.2.2014). Minderheitenclans oder Berufskasten können mit großen Clans in eine Abhängigkeitsbeziehung (shegaat) treten und werden danach - in externen Belangen - als Teil des großen Clans erachtet. Langfristige Allianzen zwischen kleineren und größeren Clans werden gemäß dem traditionellen Recht (xeer) geschlossen. Beide Konstruktionen beinhalten auch den Schutz des kleineren Partners durch den größeren (EASO 8.2014).

Clanschutz bedeutet die Androhung von Gewalt im Falle einer Aggression gegen ein Mitglied durch einen Außenstehenden. Die Möglichkeit, diese Drohung aufrecht zu erhalten ist genauso essentiell wie die Möglichkeit, einem Racheakt durch gemeinschaftliche Zahlung von Kompensation (mag/diya) zu entgehen. Generell - aber nicht überall - funktioniert Clanschutz besser als der Schutz durch Staat oder Polizei. Dementsprechend wenden sich viele Menschen bei Gewaltverbrechen eher an den Clan als an die Polizei. Der Clanschutz kommt aber auf einer sehr niedrigen Ebene der Clan-Hierarchie zur Anwendung. Es reicht also z.B. in Mogadischu nicht, den Hawiye anzugehören, um Clanschutz zu erhalten. Die Zugehörigkeit zu einem dominanten Sub(sub)clan der Hawiye in Mogadischu ist relevanter (EASO 8.2014).

Inwiefern Clanschutz heute noch funktioniert ist umstritten. Faktoren wie AMISOM, die Restauration staatlicher Sicherheitsbehörden oder al Shabaab haben den Schutz erodiert. Andererseits hat der Rückzug von al Shabaab sowie der Mangel an staatlicher Verwaltung in den ländlichen Gebieten den Clanschutz verstärkt. Das Ausmaß an Clanschutz variiert also regional und ist im Laufe der Zeit Änderungen unterworfen. In Somaliland und Puntland, wo relative Stabilität herrscht, ist der Clanschutz weniger relevant als in Süd-/Zentralsomalia. In Mogadischu hingegen sind Älteste zwar noch bei der Konfliktvermittlung involviert, jedoch gibt es kein Risiko mehr, aufgrund der Clanzugehörigkeit einer Verfolgung ausgesetzt zu sein. Nicht mehr die Clans, sondern AMISOM, Armee und Polizei sind für die Sicherheit verantwortlich. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass Teile von Armee und Polizei nach wie vor großen Bezug zu ihren Herkunftsclans haben (EASO 8.2014).

Die linguistische Situation in Somalia ist relativ homogen. Neben der als Standard-Somali festgelegten nordöstlichen Varietät gibt es aber regionale Dialekte. Die Grenze nördlicher und südlicher Varietäten verläuft durch die Region Mudug. Die Unterscheidung zwischen diesen beiden Hauptvarietäten ist gut dokumentiert und kann generell mittels Sprachanalyse festgestellt werden. Auch feinere Unterscheidungen innerhalb der beiden Hauptvarietäten sind möglich (EASO 8.2014).

Somali selbst unterscheiden oftmals zwischen Maxaa-tiri, einer Sammlung regionaler Varietäten, die generell verstanden werden, und Maay-tiri, den regionalen Dialekten in den Regionen Bay, Bakool, Gedo, Middle Jubba und Lower Shabelle (EASO 8.2014).

Daneben gibt es bestimmte Minderheiten, die andere Sprachen sprechen: Swahili (Kibajuni, Chimwiini), Oromo (z.B. af-Garre) oder Mushunguli. Generell kann aufgrund der Dominanz der somalischen Sprache aber davon ausgegangen werden, dass auch Sprecher einer Minderheitensprache über Sprachkenntnisse in Somali verfügen (EASO 8.2014).

Quellen:

USDOS - US Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2013 - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/270777/399508_de.html , Zugriff 26.8.2014

Minderheiten und kleine Clan-Gruppen

Es gibt unterschiedliche Kategorien von Minderheiten: ethnische und religiöse sowie jene, die als Berufskasten bezeichnet werden. Ethnische und religiöse Minderheiten haben einen unterschiedlichen kulturellen und/oder sprachlichen Hintergrund als die Somali der großen Clans. Die Berufskasten haben den gleichen Hintergrund wie die Clans, praktizieren jedoch spezifische Berufe (EASO 8.2014).

Außerdem sind auch Angehörige von somalischen Clans dann als Minderheit zu qualifizieren, wenn sie in einem Gebiet leben, das mehrheitlich von einem anderen Clan bewohnt ist (EASO 8.2014).

Die Ashraf und die Sheikhal werden als religiöse Clans bezeichnet. Die Ashraf beziehen ihren religiösen Status aus der von ihnen angegebenen Abstammung von der Tochter des Propheten; die Sheikhal aus einem vererbten religiösen Status (EASO 8.2014).

Die Ashraf und die Sheikhal werden traditionell respektiert und von den Clans, bei welchen sie leben, geschützt. Die Sheikhal sind außerdem eng mit dem Clan der Hawiye/Hirab assoziiert und nehmen sogar einige Sitze der Hawiye im somalischen Parlament ein (EASO 8.2014). Ein Teil der Ashraf lebt als Teil der Benadiri in den Küstenstädten, ein Teil als Clan der Digil/Mirifle in den Flusstälern von Bay und Bakool (EASO 8.2014).

Die Berufskasten unterscheiden sich kulturell und linguistisch nicht von den Hauptclans, werden aber aufgrund von z.B. Berufen, die als unislamisch bezeichnet werden, als unrein erachtet. Sie werden unter den Oberbegriffen Waable, Sab, Midgaan oder Madhibaan zusammengefasst. Sie bilden die niedrigste Ebene der somalischen Gesellschaft; ihr Anteil wird auf rund ein Prozent der Gesamtbevölkerung geschätzt. Die Berufskasten sind in unterschiedliche Gruppen mit unterschiedlichen Namen in ganz Somalia zu finden. Klassische Berufe sind: Friseur, Schmied, Metallverarbeitung, Gerber, Schuster, Töpfer und Tischler; außerdem betätigen sich die Waable in der Jägerei, Viehzucht und Landwirtschaft sowie als Beschneiderinnen und als Hebammen. Im Zuge der Urbanisierung nach dem Zweiten Weltkrieg konnten die Waable in den Städten auch neue Arbeitszweige für sich erschließen (EASO 8.2014; vgl. ÖIF 12.2010).

Die wichtigsten Gruppen sind:

* Midgaan (Madhibaan, Gabooye; dieser Name wird tw. auch für alle Waable als Oberbegriff verwendet): Jäger, Gerber, Lederverarbeitung, Schuster und andere Berufe; Verbreitung: ganz Somalia (EASO 8.2014; vgl. ÖIF 12.2010)

* Tumaal: ursprünglich Schmiede, jetzt auch in anderen Berufen zu finden. Verbreitung: Nord- und Zentralsomalia sowie Städte im südlichen Somalia (EASO 8.2014; vgl. ÖIF 12.2010)

Yibir: Ihnen werden jüdischer Hintergrund und magische Kräfte nachgesagt. Verbreitung: Nord- und Zentralsomalia sowie Städte im südlichen Somalia (EASO 8.2014; vgl. ÖIF 12.2010)

Kleinere Gruppen der Waable sind die Galgale, Gaheyle, Yahhar, Jaaji, Musa Dheryo, Guuleed Hadde, Hawr Warsame, Habar Yaqub, Madgal und Warabeeye. Auch die Boni und Eyle werden manchmal den Waable zugerechnet. Einige der Berufskasten haben ein ähnliches Clansystem wie die somalischen Hauptclans (EASO 8.2014).

Quellen:

ÖIF - Österreichischer Integrationsfonds/BAA Staatendokumentation/Andreas Tiwald (12.2010): Die Parias Somalias:

Ständische Berufskasten als Basis sozialer Diskriminierung, http://www.integrationsfonds.at/fileadmin/Integrationsfond/5_wissen/L änderinfos/Länderinfo_n8_Somalia.pdf, Zugriff 4.11.2014

Ethnische Minderheiten

Ethnische Minderheiten entstammen v.a. den Bevölkerungen Ost- und Zentralafrikas sowie der arabischen Halbinsel. Einige Minderheiten sind mit somalischen Clans oder Sub-Clans assoziiert, manche werden sogar als Teil somalischer Clans erachtet (EASO 8.2014).

Die größte ethnische Minderheit stellen die Bantu (Jareer). Die Bantu leben traditionell als Bauern in und zwischen den fruchtbaren Flusstälern von Shabelle und Jubba. Gosha, Makane, Kabole, Shiidle, Reer Shabelle, Mushunguli und Gobaweyne sind Namen, die den unterschiedlichen Bantu-Gruppen zugeschrieben werden. Manche der Gosha wurden in den Clan der Digil/Mirifle assimiliert. Viele Bantu sprechen Somali (Maay-tiri), manche - etwa Gosha und Mushunguli - pflegen eigene Bantusprachen (EASO 8.2014).

Der Begriff Benadiri umfasst mehrere miteinander nicht verwandte Minderheiten in Küstenstädten wie Merka, Baraawe und Mogadischu. Sie sind ethnisch gemischt und haben neben Somali auch Araber, Inder, Perser oder Portugiesen als Vorfahren. Die großen Untergruppen der Benadiri sind die Reer Xamar, Shangaani, Reer Merka und Barawani. Teile der Barawani erachten sich als Angehörige der Digil/Mirifle Tunni. Die Benadiri sprechen Somali und eigene somalische Dialekte; die Barawani einen Suaheli-Dialekt namens Chimini. Aufgrund ihres Status' als Händler waren die Benadiri vor 1991 privilegiert, danach waren sie schutzlos dem Bürgerkrieg ausgeliefert. Viele flohen nach Kenia (EASO 8.2014).

Die Bajuni sind eine Fischerkultur der dem äußersten Süden Somalias vorgelagerten Bajuni-Inseln. Sie sprechen den Suaheli-Dialekt Kibajuni. Eine andere kleine ethnische Minderheit sind die Xamar Hindi (Abkommen indischer Händler) (EASO 8.2014).

Quellen:

EASO - European Asylum Support Office (8.2014): South and Central

Somalia: Country Overview,

http://www.ecoi.net/file_upload/90_1412334993_easo-2014-08-coi-report-somalia.pdf , Zugriff 14.10.2014

Aktuelle Situation

Minderheiten, denen es an bewaffneten Milizen mangelt, sind überproportional von Morden, Folter, Vergewaltigung, Entführung mit Lösegelderpressung sowie von Plünderung betroffen. Außerdem leben viele Minderheitenangehörige in tiefer Armut und leiden an zahlreichen Formen der Diskriminierung und Ausgrenzung (USDOS 27.2.2014). Angehörige von Minderheitenclans werden nicht systematisch verfolgt, wohl aber im täglichen Leben benachteiligt (ÖB 10.2014).

Einzelne Minderheiten leben unter schwierigen sozialen Bedingungen und sehen sich wirtschaftlich, politisch und sozial ausgegrenzt (ÖB 10.2014). Das Ausmaß an Diskriminierung hängt von der Minderheit ab:

Berufskasten sind generell stärkerer Diskriminierung ausgesetzt als ethnische Minderheiten. Allerdings gibt es signifikante Unterschiede. Gesellschaftliche Diskriminierung durch die Hauptclans kommt vor. So werden etwa die Bantu manchmal als adoon (Sklaven) bezeichnet (EASO 8.2014).

Für Berufskasten sind gesellschaftliche Interaktionen nur beschränkt möglich (EASO 8.2014). Sie leben meist in Ghetto-ähnlichen Vierteln oder Stadtteilen (EASO 8.2014; vgl. ÖIF). Mischehen - vor allem zwischen Berufskasten und den Hauptclans - sind traditionell beschränkt (USDOS 27.2.2014; vgl. EASO 8.2014). Dieses Tabu scheint aber in den vergangenen Jahren etwas aufgeweicht worden zu sein (EASO 8.2014). So kommen Beziehungen, die nicht den klassischen Strukturen entsprechen, häufiger vor. Ehen, in welchen die Frau einem Hauptclan angehört und der Ehemann einer Minderheit, sind aber sehr selten (C 18.6.2014).

Die vier größten Clans dominieren Verwaltung, Politik, und Gesellschaft. Dementsprechend sind die politischen Parteien, die lokalen Verwaltungen und auch das nationale Parlament um die verschiedenen Clans bzw. Sub-Clans organisiert (ÖB 10.2014). Auch wenn Minderheiten in Regierung und Parlament vertreten sind, bleibt ihre Stimme schwach und - meist - ungehört (EASO 8.2014). In den meisten Gebieten schließen die lokal dominierenden Clans Angehörige anderer Clans von der Partizipation an der Verwaltung aus, und es kommt zu Diskriminierung in den Bereichen Arbeit und Justiz sowie beim Zugang zu öffentlichen Diensten (USDOS 27.2.2014). Selbst in Arbeitsbereichen, die zuvor oft den Minderheiten zugeschrieben worden sind, werden heute Angehörige der Hauptclans bevorzugt (EASO 8.2014). Dabei gibt es regionale Unterschiede: Während etwa Mogadischu durch seine Durchmischung eher tolerant ist, gibt es z.B. in Puntland eine klare Trennung und in einigen Gebieten dürfen Angehörige von Minderheiten nicht in den Städten wohnen (B 14.10.2014).

Die Ashraf, die den Digil/Mirifle nahestehen, könnten aufgrund der Tatsache, dass sie einen von al Shabaab nicht anerkannten religiösen Status haben, zum Ziel der Islamisten werden. Insgesamt gibt es aber keine aktuellen Berichte über Menschenrechtsverletzungen gegen Sheikhal oder Ashraf (EASO 8.2014).

Den Benadiri wiederum ist es gelungen, Positionen in der Verwaltung zu besetzen. Außerdem sind die meisten in Mogadischu verbliebenen Benadiri-Kaufleute verhältnismäßig wohlhabend und können sich Schutz zukaufen (EASO 8.2014). Trotzdem gilt, dass sich die Benadiri lediglich durch die ökonomische Besserstellung von den anderen Minderheiten abheben. Sie verfügen zwar über ökonomische Macht, nicht aber über politische. So sind etwa alle District Commissioners in Mogadischu Angehörige der Mehrheitsclans (B 10.2014).

Andererseits gibt es in Mogadischu heute keine Clankämpfe oder -Konflikte mehr (UKHO 9.4.2014; vgl. UKUT 3.10.2014). Es gibt dort auch kein Risiko einer schweren Diskriminierung aufgrund der Clanzugehörigkeit. Da es in der Stadt keine Clanmilizen mehr gibt, ist der Clan heute weniger eine Schutzstruktur als vielmehr eine soziale Struktur. Minderheitenangehörige werden nicht mehr aufgrund ihrer Zugehörigkeit marginalisiert oder belästigt. Die Sicherheitslage für Angehörige kleiner, schwacher Clans oder ethnischer Minderheiten hat sich wesentlich verbessert. Auch die Andeutung von UNHCR, dass für eine Rückkehr nach Mogadischu die Anwesenheit der Kernfamilie relevant ist, weist auf die nunmehr geringe Bedeutung des Clans hin (UKUT 3.10.2014).

Manche Minderheiten haben von al Shabaab profitiert und die Gruppe unterstützt. Mit dem Machtverlust für al Shabaab kommt es auch zu Fällen, wo diese vorherige Unterstützung nun negative Auswirkungen hat (EASO 8.2014). So waren bzw. sind überproportional viele Angehörige von Minderheiten bei der Ausführung von Körperstrafen und Exekutionen sowie bei der Verübung gezielter Attentate beteiligt. Das Risiko von Racheaktionen besteht (B 10.2014). Bei al Shabaab gilt generell, dass jene Clans, die als gegen al Shabaab gerichtet erachtet werden, mit mehr Problemen zu rechnen haben - sei es z.B. eine höhere Besteuerung; ökonomische Isolierung; oder Plünderung (EASO 8.2014).

B - Experte B (10.2014): Dieser Experte ist in Mogadischu tätig.

Rückkehr

Für Reisende nach Somalia fehlt es im Falle einer (sei es gesundheitlichen, sei es kriminalitätsbedingten) Notlage weitgehend an funktionierenden staatlichen Stellen, die Hilfe leisten könnten (AA 11.9.2014).

Trotzdem ist die Rückkehr von somalischen Flüchtlingen nach Somalia im Berichtszeitraum eine Tatsache (ÖB 10.2014). Nach der Einnahme von Mogadischu und anderen Städten sind viele somalische Flüchtlinge aber auch IDPs permanent oder temporär in ihre Heimat zurückgekehrt. Viele der im Jahr 2013 nach Mogadischu zurückgekehrten gehören zu den wohlhabenderen Teilen der Gesellschaft und verfügen oft über einen Aufenthaltstitel in anderen Staaten, den sie im Notfall in Anspruch nehmen können (EASO 8.2014).

Al Shabaab könnte bei Rückkehrern aus dem Westen den Verdacht hegen, dass diese für die somalische Regierung oder deren Alliierte spionieren. Die Rückkehrer vermeiden es üblicherweise, in von der al Shabaab kontrollierte Gebiete zurückzukehren - selbst wenn dort ihr Clan beheimatet ist (EASO 8.2014). Rückkehrer aus der Diaspora können ein erhöhtes Risiko eines Attentates durch al Shabaab aufweisen, wenn sie sichtlich erkennbar sind (LIDIS 3.2014).

Der UNHCR geht davon aus, dass es in Mogadischu sehr schwer ist, ohne ein entsprechendes Unterstützungsnetzwerk zu überleben. Wenn der eigene Clan oder die Kernfamilie im Wohnbezirk nicht etabliert sind, werden sich Neuankömmlinge in einer prekären Situation wiederfinden (EASO 8.2014). Für den Lebenserhalt im wirtschaftlichen Sinne braucht es in erster Linie die Kernfamilie. Der größere Familienkreis wird den Lebenserhalt nur kurzfristig garantieren. Wenn eine Person nicht aus Mogadischu stammt, wird sie ausreichend Ressourcen benötigen, um sich dort niederzulassen. Bildung, erlernte Berufe und Kredite können ebenfalls eine Niederlassung bewerkstelligen. Außerdem gibt es lokale NGOs, die den Neuankömmlingen helfen können (EASO 8.2014; vgl. LIDIS 3.2014).

Mindestens 30.000 Personen sind im Jahr 2013 aus Kenia und Äthiopien kommend nach Somalia eingereist - viele davon aber nur temporär, z. B. zur Lageerkundung (EASO 8.2014). Im Rahmen eines Abkommens zwischen UNHCR, Kenia und Somalia plant UNHCR auch die Unterstützung von vorerst 10.000 Rückkehrern aus Kenia in die Bezirke Baidoa, Kismayo und Luuq (UNSG 3.3.2014). Bei allen Programmen geht es um freiwillige Rückkehr. Ausreichend gute Bedingungen für großangelegte Rückkehrprogramme sind gegenwärtig noch nicht gegeben (UNSG 2.12.2013; vgl. EASO 8.2014; ÖB 10.2014).

Zwangsrückführungen werden nur von sehr wenigen Ländern durchgeführt. Die meisten Betroffenen wurden aus Saudi Arabien deportiert (mehr als 34.000 Personen), das weder die Genfer Konvention ratifiziert hat, noch über ein Asylsystem verfügt. Einige Dutzend Personen wurden auch aus Kenia deportiert. IOM bietet den Ankömmlingen Unterstützung in Form von Repatriierung, medizinischer Betreuung, psycho-sozialer Unterstützung, Nahrung und Trinkwasser sowie Weitertransport an. Für gefährdete Personen gibt es auch Unterkunft und Schutz (EASO 8.2014).

Es ist bekannt, dass die Niederlande Zwangsrückführungen nach Somalia durchführen. Im Jahr 2013 betrug deren Anzahl weniger als fünf; ca. 50 freiwillige Rückkehrer wurden unterstützt (EASO 8.2014). Der UNHCR ruft dazu auf, von Zwangsrückführungen in jene Teile Süd-/Zentralsomalias Abstand zu nehmen, die von militärischen Aktivitäten und/oder anhaltender Vertreibung; von Fragilität und Unsicherheit nach kürzlich stattgefundenen militärischen Operationen; oder von anhaltender Kontrolle durch nicht-staatliche Gruppen betroffen sind (UNHCR 17.6.2014). Nach Somalia Rückgeführte sind nicht per se einem höheren Risiko ausgesetzt. Diese Feststellung wird durch fehlende negative Meldungen bezüglich der zahlreichen aus Saudi Arabien deportierten Personen unterstützt (UKUT 3.10.2014).

Quellen:

UNSG - UN Secretary-General (2.12.2013): Report of the Secretary-General on Somalia, S/2013/709, http://www.refworld.org/docid/52a058af4.html , Zugriff 7.10.2014

3. Rechtliche Beurteilung:

Mit 01.01.2014 sind das Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl-Verfahrensgesetz (BFA-VG) und das Fremdenpolizeigesetz 2005 idF BGBl. I Nr. 87/2012 in Kraft getreten.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht im Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung der nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichterin.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF geregelt.

Gemäß § 11 VwGVG sind, soweit in diesem und im vorangehenden Abschnitt nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren nach diesem Abschnitt jene Verfahrensvorschriften anzuwenden, die die Behörde in einem Verfahren anzuwenden hat, das der Beschwerde beim Verwaltungsgericht vorangeht.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984 und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in den dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gegenständlich sind die Verfahrensbestimmungen des BFA-VG, des VwGVG und jene im AsylG 2005 enthaltenen sowie die materiellen Bestimmungen des AsylG 2005 idgF samt jenen Normen, auf welche das AsylG 2005 verweist, anzuwenden.

§ 1 BFA-VG, BGBl I 2012/87 idF BGBL I 2013/144 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Gemäß §§ 16 Abs. 6 und 18 Abs. 7 BFA-VG sind die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anwendbar. Gemäß § 75 Abs. 19 AsylG sind alle mit Ablauf des 31.12.2013 beim Asylgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren ab 01.01.2014 vom Bundesverwaltungsgericht nach Maßgabe des Abs. 20 zu Ende zu führen.

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG, BGBl. I Nr. 68/2013 iVm § 24 Abs. 4 VwGVG kann eine mündliche Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Dies ist hier der Fall.

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art.1 Abschnitt A Z2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

Gemäß Abs. 3 leg.cit ist der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn

1. dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht oder

2. der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6) gesetzt hat.

Gemäß Abs. 5 ist die Entscheidung, mit der einem Fremden von Amts wegen oder auf Grund eines Antrags auf internationalen Schutz der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, mit der Feststellung zu verbinden, dass diesem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine solche liegt dann vor, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen (vgl. VwGH v. 09.03.1999, Zl. 98/01/0370). Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH v. 23.09.1998, Zl. 98/01/0224). Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen muss. Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen können im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr darstellen, wobei hierfür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist (vgl. zur der Asylentscheidung immanenten Prognose VwGH v. 09.03.1999, Zl. 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein, wobei Zurechenbarkeit nicht nur ein Verursachen bedeutet, sondern eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr bezeichnet. Besteht für den Asylwerber die Möglichkeit, in einem Gebiet seines Heimatstaates, in dem er keine Verfolgung zu befürchten hat, Aufenthalt zu nehmen, so liegt eine so genannte inländische Fluchtalternative vor, welche die Asylgewährung ausschließt (vgl. VwGH v. 24.03.1999, Zl. 98/01/0352).

Stellt ein Familienangehöriger (§ 2 Abs 1 Z 22 AsylG) eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§8 AsylG) zuerkannt worden ist oder eines Asylwerbers, einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser Antrag auf Gewährung desselben Schutzes (§34 Abs 1 AsylG).

Gemäß § 34 Abs 3 AsylG hat die Behörde aufgrund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn dieser

1. nicht straffällig geworden ist;

2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist;

3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurden, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist und

dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen.

Gemäß § 34 Abs 4 AsylG hat die Behörde Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid.

4. Beweiswürdigung:

Das Bundesasylamt hat den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten infolge mangelnder Glaubwürdigkeit abgewiesen. Tatsächlich haben sich bereits vor der Verwaltungsbehörde verschiedene Ungereimtheiten ergeben, wie sie auch im angefochtenen Bescheid dargelegt wurden.

So wurde dem Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht erneut Gelegenheit gegeben, sich eingehend zu seinen Fluchtgründen zu äußern. Dabei blieb der Genannte im Kern bei seinen bisherigen Angaben, seine Heimat aufgrund von ethnisch motivierten Grundstücksstreitigkeiten verlassen zu haben. Im Wesentlichen führte er aus, dass sein Vater und zwei seiner Geschwister Ende Dezember 2006 ermordet worden seien und danach er von den Angehörigen des Clans der Abgaal gesucht worden sei.

Angesichts des Umstands, dass der Beschwerdeführer einem Minderheitenstamm angehört, ist nicht ausgeschlossen, dass seine Familie über Jahre hindurch immer wieder aufgrund von Besitzfragen behelligt und attackiert wurde.

Eine damit im Zusammenhang stehende persönliche und unmittelbare Bedrohung des Beschwerdeführers aber konnte nicht festgestellt werden. Zunächst ist es, wie bereits von der belangten Behörde in diesem Punkte ausgeführt, nicht glaubhaft, dass sich der Beschwerdeführer zwar vor den Angreifern tagsüber versteckt hielt, seinen Angaben zufolge aber nahezu täglich in den Nachtstunden zu seiner Frau in die Heimatstadt zurückgekehrt wäre. Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer und seine Frau diesbezüglich stark divergierende Angaben tätigten, sodass nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Ausführungen den Tatsachen entsprechen. Während der Beschwerdeführer nämlich vorbrachte, die besagten Besuche grundsätzlich täglich erstattet zu haben, meinte seine Ehefrau über ausdrückliche Nachfrage, ihr Mann sei ca. einmal in der Woche in der Nacht gekommen.

Weiters ist anzumerken, dass der Beschwerdeführer hinsichtlich der gegen ihn gerichteten "Verfolgungshandlungen" trotz mehrfacher Gelegenheit, sich dazu im Detail zu äußern, oberflächlich antwortete und zudem beim Bundesasylamt von einem seine Frau betreffenden Vorfall berichtet hatte (über den er in der mündlichen Verhandlung aus eigenem nichts mehr sagte), über den diese während ihres gesamten Verfahrens nichts angegeben hatte. Erst in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht äußerte sie, quasi in einem Nebensatz, dass auch sie bedroht worden sei. Über Vorhalt, dass sie nach ihrer Einreise nach Österreich angegeben hatte, keine eigenen Fluchtgründe zu haben und wegen ihres Mannes, der den Status eines subsidiär Schutzberechtigten erlangt hätte, hier her gekommen zu sein, meinte sie lapidar, bei ihrer damaligen Einvernahme schwanger gewesen und von Untersuchungen im AKH gekommen zu sein.

Der Beschwerdeführer behauptete in der mündlichen Verhandlung weiters, dass er sich vor seiner Ausreise nach Mogadischu begeben und dort geschätzte zwei bis drei Monate unbehelligt gelebt habe. Auf die Frage, warum er denn dann nicht dort geblieben sei (und seine in Gefahr befindliche Familie nachgeholt hätte), verwies er darauf, dass auch in Mogadischu stärkere Stämme lebten. Es konnte aber nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner Stammeszugehörigkeit gezielt verfolgt worden ist; dies hat er - in Bezug auf seinen Aufenthalt in Mogadischu - auch selbst nicht behauptet.

Insgesamt ergab sich für das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung der mündlichen Verhandlung sowie auf Basis der früheren Angaben des Beschwerdeführers, dass dieser als Angehöriger der Volksgruppe der Reer Hamar zwar in seiner Heimatstadt Schwierigkeiten (wie andere Angehörige eines Minderheitenstammes auch) hatte. Dass er aber gezielt und konsequent Verfolgungshandlungen in der beschriebenen Art ausgesetzt war, kann aufgrund der oberflächlichen und zum Teil- wie aufgezeigt- auch widersprüchlichen bzw. nicht nachvollziehbaren Angaben nicht angenommen werden.

Zudem wäre es dem Beschwerdeführer offenbar möglich gewesen, sich allfälligen Problemen durch einen Ortswechsel (Mogadischu) zu entziehen. Dass sein Bruder nach wie vor in Somalia lebt und die Grundstücksstreitigkeiten zwischenzeitlich durch einen Verkauf an einen dem Stamm des Mehrheitsstammes der Abgaal zugehörigen Freund (!) des verstorbenen Vaters beigelegt worden sind, zeigt auch, dass eine hypothetisch früher bestandene Verfolgungsgefahr nicht mehr aktuell ist. Gegen eine überstürzte, aus einer akuten Notsituation heraus erfolgte Flucht spricht für das Bundesverwaltungsgericht zudem auch der Umstand, dass der Beschwerdeführer ein fixes Zielland, nämlich Schweden, vor Augen hatte und nach seiner Asylantragstellung in Österreich innerhalb Europas einfach weiterreiste.

Eine Zusammenschau mit den Ausführungen der Ehefrau des Beschwerdeführers zeigt, dass diese in einigen Detailfragen nicht übereinstimmten, so dass das Bundesverwaltungsgericht davon ausgeht, dass der Beschwerdeführer in Europa angesichts der insgesamt schwierigen sozialen und menschenrechtlichen Lage in seiner Heimat ein "besseres" Leben erhoffte und nach Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten, seine Frau zum Zwecke der "Familienzusammenführung" nachkommen ließ. Er hat der allgemeinen Realität entsprechende ethnische Probleme als Rahmen einer ansonsten schrittweise gesteigerten Fluchtgeschichte gewählt, ohne dass er selbst persönlichen Angriffen der beschriebenen Art (Besitzstreitigkeiten) und Intensität ausgesetzt war.

Zu B) Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte