BVwG W145 2007394-1

BVwGW145 2007394-118.3.2015

AlVG §33
B-VG Art.133 Abs4
Notstandshilfeverordnung §2
VwGVG §28 Abs3 Satz2
AlVG §33
B-VG Art.133 Abs4
Notstandshilfeverordnung §2
VwGVG §28 Abs3 Satz2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2015:W145.2007394.1.00

 

Spruch:

W145 2007394-1/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Daniela als Vorsitzende und den fachkundigen Laienrichter XXXX und den fachkundigen Laienrichter XXXX als Beisitzer in der Beschwerdesache von XXXX, SV XXXX, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX vom 08.01.2014 (bestätigt durch Beschwerdevorentscheidung vom 31.03.2014, GZ. RAG/05661/2014) wegen Nichtgewährung der Notstandshilfe gemäß § 33 AlVG und § 2 Notstandshilfe-Verordnung (NH-VO) jeweils idgF in nicht öffentlicher Sitzung beschlossen:

A)

In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG idgF behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Arbeitsmarktservice 314-Korneuburg zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX (im Folgenden: AMS) vom 08.01.2014, GZ. XXXX, wurde dem Antrag vom 19.12.2013 von XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführerin) auf Gewährung der Notstandshilfe gemäß § 33 AlVG und § 2 NH-VO mangels Notlage keine Folge gegeben. Begründet wurde dies damit, dass das anrechenbare Einkommen des Gatten der Beschwerdeführerin trotz Berücksichtigung der gesetzlichen Freigrenzen den Anspruch der Beschwerdeführerin auf Notstandshilfe übersteige.

2. Gegen diesen Bescheid wurde von der Beschwerdeführerin am 16.01.2014 fristgerecht Beschwerde erhoben, in welcher sie insbesondere einwandte, dass sie einen Antrag auf Pensionsvorschuss, nicht auf Notstandshilfe, abgegeben habe, da ein Pensionsverfahren laufend sei. Darüber hinaus bestehe kein gemeinsamer Haushalt mit ihrem Ehegatten. Die Beschwerdeführerin habe kein Einkommen und könne ihre notwendigen Lebensbedürfnisse nicht befriedigen.

3. Mit Bescheid vom 31.03.2014, GZ. XXXX, hat das AMS als belangte Behörde eine Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 VwGVG iVm § 56 Abs. 2 AlVG erlassen, im Zuge derer die Beschwerde abgewiesen und entschieden wurde, dass dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Gewährung der Notstandshilfe als Pensionsvorschuss vom 19.12.2013 gemäß §§ 23 iVm 33 AlVG und § 2 NH-VO keine Folge gegeben wird. Begründend wurde ausgeführt, dass, zumal die Beschwerdeführerin bei den durchgeführten Erhebungen an den verschiedenen Adressen nirgends angetroffen worden sei, aufgrund der Angaben ihres Gatten und ihrer "Schwiegertochter" davon ausgegangen werde, dass die Beschwerdeführerin - da das Gegenteil nicht bewiesen werden habe können - mit einem ihrer Söhne an der Adresse XXXX wohne, auch wenn es als unüblich anzusehen sei, dass die Mutter mit einem 1985 geborenen Sohn in einer 36m² Wohnung zusammenlebe. Nach Prüfung der Sach- und Rechtslage sei die belangte Behörde zu der Ansicht gelangt, dass die Beschwerdeführerin nur deshalb den gemeinsamen Haushalt mit ihrem Ehegatten aufgegeben habe um der Anrechnung des Einkommens des Ehegatten auf die Notstandshilfe zu entgehen. Auch der Umstand, dass laut Verfahrensunterlagen noch immer keine Scheidung bzw. Unterhaltsklage eingebracht worden sei, spreche für die Rechtsansicht der belangten Behörde. In der Beschwerde gegen den nunmehrigen Ablehnungsbescheid vom 08.01.2014 habe die Beschwerdeführerin lediglich erklärt, dass kein gemeinsamer Haushalt vorliege; eine weitere Konkretisierung zu diesem Umstand sei nicht erfolgt, da der Ehemann der Beschwerdeführerin der Zeugenladung nicht gefolgt sei und sich das weitere Ermittlungsverfahren derart gestaltet habe, dass die Beschwerdeführerin weder an der Adresse ihres Gatten noch an der von ihr angeführten Adresse angetroffen worden sei und sie auch nicht bereit gewesen sei, mit dem AMS zu kommunizieren und zur Klärung des Sachverhalts beizutragen. Für die Beurteilung der Notlage aufgrund der Antragstellung vom 19.12.2013 sei daher das durchschnittliche Nettoeinkommen des Ehegatten der letzten drei Monate vor Geltendmachung der Anspruchsberechnung zugrunde zu legen. Ein Anspruch auf Notstandshilfe gemäß § 33 AlVG iVm § 2 NH-VO bestehe daher ab 19.12.2013 nicht. Zum Beschwerdevorbringen, wonach der Bescheid falsch sei, da die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Pensionsvorschuss und nicht auf Notstandshilfe gestellt habe, werde auf § 23 Abs. 1 AlVG verwiesen und ausgeführt, dass es sich bei einem Antrag auf Pensionsvorschuss um eine vorschussweise Gewährung von Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe handle.

4. Die Beschwerdeführerin stellte am 10.04.2014 einen Vorlageantrag, in welchem sie ausführte, dass es seit 2010 einen Pensionsantrag mit gerichtlich anhängigem Verfahren bis laufend 2014 gebe. Weiters bestehe kein gemeinsamer Haushalt und sei die Beschwerdeführerin nicht zum AMS vorgeladen worden. Bei der Stadtgemeinde Korneuburg liege zudem ein Antrag auf eine größere Wohnung.

5. Der Vorlageantrag und die Beschwerde wurden unter Anschluss der Akten des Verfahrens am 28.04.2014 gemäß § 15 Abs. 2 letzter Satz VwGVG dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts:

Mit der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde mit 01.01.2014 (Art. 151 Abs. 51 Z 6 B-VG) das Bundesverwaltungsgericht (Art. 129 B-VG) eingerichtet.

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat - vorliegend sohin das AMS.

§ 56 Abs. 2 AlVG normiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide des AMS.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Die entsprechende Anordnung einer Senatszuständigkeit enthält § 56 Abs. 2 AlVG, wonach das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle durch einen Senat entscheidet, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer.

Gemäß § 7 BVwGG bestehen die Senate aus einem Mitglied als Vorsitzendem und zwei weiteren Mitgliedern als Beisitzern. Ist in Materiengesetzen die Mitwirkung fachkundiger Laienrichter an der Rechtsprechung vorgesehen, sind diese anstelle der Mitglieder nach Maßgabe der Geschäftsverteilung als Beisitzer heranzuziehen.

In der gegenständlichen Rechtssache obliegt somit die Entscheidung des nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Senates.

2. Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht:

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3. Beschwerdegegenstand:

Gemäß § 14 VwGVG steht es der Behörde im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung). § 27 ist sinngemäß anzuwenden.

Gemäß § 15 Abs. 1 VwGVG kann jede Partei binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag). Die Beschwerdevorentscheidung tritt mangels einer gesetzlichen Regelung nicht außer Kraft, sondern wird zum Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (vgl. Dünser, ZUV 2013/1, 17; Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, § 15 VwGVG, K 2; Hauer, Verwaltungsgerichtsbarkeit, Rz. 178; jeweils unter Hinweis auf den diesbezüglich ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers, vgl. RV 2009 BlgNR 24. GP , 5). Gemäß zweiter Satz des § 15 Abs. 1 hat ein Vorlageantrag, der von einer anderen Partei als dem Beschwerdeführer gestellt wird, die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (§ 9 Abs. 1 Z 3) und ein Begehren (§ 9 Abs. 1 Z 4) zu enthalten. Im Umkehrschluss folgt aus dieser Vorschrift, dass der Beschwerdeführer einen Vorlageantrag nicht zu begründen hat, ihn aber begründen kann (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 8 zu § 15 VwGVG unter Hinweis auf AB 2112 BlgNR 24. GP 3). Damit ist im gegenständlichen Beschwerdefall der Prüfumfang auch mit dem Vorbringen im Vorlageantrag definiert.

4. Prüfungsumfang und Entscheidungsbefugnis des Bundesverwaltungsgerichts:

§ 27 VwGVG legt den Prüfungsumfang fest und beschränkt diesen insoweit, als das Verwaltungsgericht (bei Bescheidbeschwerden) prinzipiell (Ausnahme: Unzuständigkeit der Behörde) an das Beschwerdevorbringen gebunden ist (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 1 zu § 27 VwGVG). Konkret normiert die zitierte Bestimmung: "Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen."

Die zentrale Regelung zur Frage der Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte bildet § 28 VwGVG. Der vorliegend relevante Abs. 3 dieser Bestimmung lautet wie folgt:

"§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist."

§ 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG bildet die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, wenn "die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen" hat. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A)

Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26.06.2014, Zl. Ro 2014/03/0063 insbesondere dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat oder, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat oder, wenn die Verwaltungsbehörde Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden.

Im gegenständlichen Fall hat das AMS die geforderten Maßstäbe eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens aus folgenden Gründen missachtet:

Der erkennende Senat des Bundesverwaltungsgerichts konnte in dem angefochtenen Bescheid und in der Beschwerdevorentscheidung des AMS betreffend Nichtgewährung von Notstandshilfe keine ausreichende Ermittlungstätigkeit sowie beweiswürdigende Auseinandersetzung erkennen.

Das AMS hat sich im gegenständlichen Fall nicht ausreichend mit der maßgeblichen Situation der Beschwerdeführerin auseinandergesetzt und die notwendigen Ermittlungen des maßgeblichen Sachverhaltes unterlassen. Da die Wohn- und Lebenssituation der Beschwerdeführerin und ihres Ehegatten strittig war bzw. ist, wird das AMS neben dem Ehegatten weitere Personen, beispielsweise Verwandte, Nachbarn und Freunde der Beschwerdeführerin und ihres Ehegatten, eventuell auch ArbeitskollegInnen des Ehegatten sowie die im gegenständlichen Fall tätig gewordenen Erhebungsbeamten als Zeugen einzuvernehmen und der Beschwerdeführerin zu diesen Ermittlungsergebnissen rechtliches Gehör einzuräumen haben. Auch wird das AMS - was im gegenständlichen Verfahren bislang nicht erfolgt ist - die Beschwerdeführerin selbst einzuvernehmen haben.

Zu berücksichtigen ist, dass sich die Behörde insbesondere nur in Fällen, die nicht weiter strittig sind, mit einer formlosen Befragung (oder mit schriftlichen Stellungnahmen) als Beweismittel begnügen darf. In Fällen, in denen widersprechende Beweisergebnisse vorliegen und in denen der Glaubwürdigkeit von Personen für die Beweiswürdigung besondere Bedeutung zukommt, ist es laut VwGH im Interesse der Erforschung der materiellen Wahrheit erforderlich, die in Frage kommenden Personen förmlich als Zeugen bzw. als Parteien zu vernehmen (vgl. VwGH vom 11.12.2013, Zl. 2013/08/0164).

Demnach hat das AMS als belangte Behörde den maßgeblichen Sachverhalt zu ermitteln und zu vervollständigen, sodass dem Bundesverwaltungsgericht der komplette Sachverhalt vorliegt. Aufgrund der dargestellten Mängel sind die bisherigen ansatzweisen Ermittlungen des AMS zu ergänzen. Bei der Beurteilung der Frage des Vorliegens einer Lebensgemeinschaft wird die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zum Vorliegen einer solchen (vgl. aktuelle Entscheidung des VwGH vom 23.09.2014, Z. 2013/08/0249-5,) im gegenständlichen Fall zu berücksichtigten sein.

Zusammengefasst hat sohin das AMS gegenständlich die notwendigen Ermittlungen des Sachverhalts im Sinne von § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG unterlassen. Das AMS ist in Bezug auf die Ermittlung der Sachlage nicht mit der ihr gebotenen Genauigkeit und Sorgfalt vorgegangen, hat die Sachlage nicht ausreichend erhoben bzw. sich (in der Bescheidbegründung) nicht ausreichend mit den Angaben der Beschwerdeführerin auseinandergesetzt. Aufgrund des mangelhaften Ermittlungsverfahrens hat das AMS eine ganzheitliche Würdigung des Einzelfalles nicht vorgenommen. Die Vornahme der angeführten Feststellungen und Erhebungen durch das Bundesverwaltungsgericht ist auch aus Effizienzgesichtspunkten nicht angebracht, zumal diese grundsätzlich vom AMS durchzuführen sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat folglich den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde (AMS) zurückzuverweisen.

Der Umfang des notwendigerweise noch durchzuführenden und vom AMS unterlassenen Ermittlungsverfahrens lässt das Bundesverwaltungsgericht zum Ergebnis gelangen, dass dessen Nachholung durch das Bundesverwaltungsgericht ein Unterlaufen des Instanzenzuges bedeuten würde und daher im vorliegenden Fall nach § 28 Abs. 3 VwGVG vorzugehen ist. Dass die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Bundesverwaltungsgericht selbst mit einer erheblichen Kostenersparnis iSd § 28 Abs. 2 Z 2 VwGVG verbunden wäre, kann - angesichts des mit dem bundesverwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren als Mehrparteienverfahren verbundenen erhöhten administrativ-manipulativen Aufwandes - nicht gesagt werden.

Da der maßgebliche Sachverhalt im Fall der Beschwerdeführerin nicht feststeht, war in Gesamtbeurteilung der dargestellten Erwägungen und im Hinblick auf die (auch aktuelle) Judikatur des VwGH der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG zu beheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das AMS zurückzuverweisen.

Im fortgesetzten Verfahren wird das AMS die dargestellten Mängel zu verbessern und in Wahrung des Grundsatzes des Parteiengehörs der Beschwerdeführerin die Ermittlungsergebnisse zur Kenntnis zu bringen haben.

Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben, weil bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides zurückverweisen war.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

In der Beurteilung durch das Bundesverwaltungsgericht wurde ausgeführt, dass im behördlichen Verfahren notwendige Ermittlungen unterlassen wurden; so auch der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 13.10.2014, Zl. 2013/08/0292-7. Betreffend die Anwendbarkeit des § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG im gegenständlichen Fall liegt keine grundsätzliche Rechtsfrage vor, vielmehr orientiert sich der vorliegende Beschluss an der aktuellen Rechtsprechung (26.06.2014, Zl. Ro 2014/03/0063) des Verwaltungsgerichtshofes zur Anwendung des § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

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