BVergG §12 Abs3
BVergG §19 Abs1
BVergG §2 Z16 lita
BVergG §2 Z8
BVergG §292 Abs1
BVergG §3 Abs1 Z2
BVergG §312 Abs2 Z2
BVergG §312 Abs3
BVergG §316 Abs1 Z1
BVergG §316 Abs1 Z2
BVergG §318
BVergG §319
BVergG §331 Abs1 Z5
BVergG §331 Abs4
BVergG §332
BVergG §333
BVergG §334
BVergG §5
BVergG §78
BVergG §96 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
BVergG §12 Abs1 Z2
BVergG §12 Abs3
BVergG §19 Abs1
BVergG §2 Z16 lita
BVergG §2 Z8
BVergG §292 Abs1
BVergG §3 Abs1 Z2
BVergG §312 Abs2 Z2
BVergG §312 Abs3
BVergG §316 Abs1 Z1
BVergG §316 Abs1 Z2
BVergG §318
BVergG §319
BVergG §331 Abs1 Z5
BVergG §331 Abs4
BVergG §332
BVergG §333
BVergG §334
BVergG §5
BVergG §78
BVergG §96 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2014:W187.2009108.1.00
Spruch:
W187 2009108-1/19E
Beschluss
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Hubert REISNER als Vorsitzender und den fachkundigen Laienrichter DI Dr. Heinz STIEFELMEYER als Beisitzer der Auftraggeberseite und die fachkundige Laienrichterin Mag. Corinna GREGER als Beisitzerin der Auftragnehmerseite über den Antrag der AAAA, vertreten durch Estermann Pock Rechtsanwälte GmbH, XXXX, die Feststellungsanträge in dem Vergabeverfahren "A23 GEN HSI - Vorlastschüttung / A23 GEN Hochstraße Inzersdorf - Vorlastschüttung" der Auftraggeberin Autobahnen- und Schnellstraßen- Finanzierungs- Aktiengesellschaft, XXXX, vertreten durch die ASFINAG Bau Management GmbH, XXXX, vom 11. August 2014, zu beschlossen:
A)
1. Der Antrag der AAAA, auf "auf Feststellung, dass die Widerrufserklärung wegen eines Verstoßes gegen das BVergG, die hierzu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Unionsrecht rechtswidrig war", wird gemäß § 331 Abs 4 BVergG zurückgewiesen.
2. Der Antrag der AAAA, auf "(vorsichtshalber) auf Feststellung, dass die Zuschlagsentscheidung zu Gunsten der BBBB rechtswidrig war", wird gemäß § 312 Abs 3 und 4 BVergG zurückgewiesen.
3. Der Antrag der AAAA, auf "(vorsichtshalber) auf Feststellung, dass die Erklärung des Widerrufs vom Auftraggeber durch einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen andere Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes, die hierzu ergangenen Verordnungen oder gegen unmittelbar anwendbares Unionsrecht verursacht wurde", wird gemäß § 312 Abs 3 und 4 BVergG zurückgewiesen.
B)
Den Anträgen der AAAA "auf Ersatz der von uns für den Nachprüfungsantrag samt Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung entrichteten Pauschalgebühren durch den Ausspruch, dass der Auftraggeber schuldig ist, die von uns entrichteten Pauschalgebühren in der gesetzlichen Höhe binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen", wird gemäß § 319 BVergG stattgegeben.
Die Autobahnen- und Schnellstraßen- Finanzierungs-Aktiengesellschaft ist verpflichtet, der AAAA die entrichteten Pauschalgebühren in der Höhe von € 9.000 binnen 14 Tagen ab Zustellung dieses Beschlusses zu Handen ihrer Rechtsvertretung zu ersetzen.
C)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
Verfahrensgang
Am 23. November 2012 beantragte die AAAA, vertreten durch Estermann Pock Rechtsanwälte GmbH, XXXX, die Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung, den Ersatz der von ihr entrichteten Pauschalgebühren, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die Erlassung einer einstweiligen Verfügung in dem Vergabeverfahren "A23 GEN HSI - Vorlastschüttung / A23 GEN Hochstraße Inzersdorf - Vorlastschüttung" der Auftraggeberin Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs- Aktiengesellschaft, XXXX, vertreten durch die ASFINAG Bau Management GmbH, XXXX.
Am 30. November 2012 erließ das Bundesvergabeamt zur Zahl N/0108-BVA/02/2012-EV7 eine einstweilige Verfügung, mit der es der Auftraggeberin die Zuschlagserteilung für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens untersagte.
Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung wies das Bundesvergabeamt mit Bescheid vom 24. Jänner 2013, Zahl N/0108-BVA/02/2012-22, die Anträge auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung und auf Ersatz der Pauschalgebühr ab.
Über Beschwerde der Antragstellerin hob der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 17. Juni 2014, Zahl 2013/04/0033-7, den Bescheid des Bundesvergabeamtes vom 24. Jänner 2013, Zahl N/0108-BVA/02/2012-22, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes auf.
Am 7. August 2014 stellte die AAAA, vertreten durch Estermann Pock Rechtsanwälte GmbH, XXXX, die Anträge
"3.1. auf Weiterführung des Nachprüfungsverfahrens als Feststellungsverfahren,
3.2. auf Feststellung, dass die Widerrufserklärung wegen eines Verstoßes gegen das BVergG, die hierzu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Unionsrecht rechtswidrig war,
3.3. (vorsichtshalber) auf Feststellung, dass die Zuschlagsentscheidung zu Gunsten der BBBB rechtswidrig war,
3.4. (vorsichtshalber) auf Feststellung, dass die Erklärung des Widerrufs vom Auftrag-geber durch einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen andere Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes, die hierzu ergangenen Verordnungen oder gegen unmittelbar anwendbares Unionsrecht verursacht wurde,
3.5. auf Ersatz der von uns für den Nachprüfungsantrag samt Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung entrichteten Pauschalgebühren durch den Ausspruch, dass der Auftraggeber schuldig ist, die von uns entrichteten Pauschalgebühren in der gesetzlichen Höhe binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen,
3.6. auf Akteneinsicht gemäß § 17 AVG in alle vom Auftraggeber vorzulegenden Bestandteile des Vergabeverfahrens und
3.7. auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung."
Begründend führt die Antragstellerin nach Darstellung des Nachprüfungsverfahrens an, dass die Auftraggeberin während des laufenden Beschwerdeverfahrens mit Schreiben vom 29. Mai 2013 widerrufen habe. Die Widerrufsgründe seien einerseits Einsparungsmöglichkeiten von 45 % durch eine Umplanung und andererseits die Unsicherheit durch die Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof. Der Widerruf sei rechtswidrig, weil keine sachlichen oder zwingenden Widerrufsgründe vorlägen. Die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen sei kein tauglicher Widerrufsgrund. Die Anerkennung eines solchen Widerrufsgrunds ließe die entgegen dem Willen des Gesetzgebers die in § 331 Abs 4 BVergG beschriebenen Fortsetzungsanträge ins Leere laufen. Änderungen der Planung seien bei Bauvorhaben normal, da die endgültige Ausführungsplanung erst nach Vertragsabschluss fixiert werde und die ÖNORM B 2110 dies auch berücksichtige. Die Auftraggeberin müsse die Planungsfehler und deren Auswirkungen nachzuweisen haben, die Einsparungen von 45 % erlaubten, ohne auf Funktionalität oder Qualität der Leistung zu verzichten. Die Auftraggeberin hätte gemäß § 78 Abs 9 BVergG entsprechend fachlich geeignete Personen einsetzen und gemäß § 96 Abs 1 BVergG eine vollständige Leistungsbeschreibung erstellen müssen. Die Leistungsbeschreibung wäre gemäß § 78 Abs 4 BVergG auch so abzufassen gewesen, dass sie in derselben Fassung auch für den Leistungsvertrag verwendet werden könne. All diese Vorschriften hätte der Auftraggeber verletzt, wenn der Widerruf tatsächlich auf Grund eines Planungsfehlers und damit einhergehender wesentlicher Änderung der Leistungsbeschreibung gerechtfertigt wäre. Der Widerruf - soweit dieser überhaupt berechtigt sei - wäre somit vom Auftraggeber durch einen vorangehenden qualifizierten Rechtsverstoß gegen das BVergG verursacht, sodass die Antragstellerin diesfalls unabhängig vom Vorliegen eines Feststellungsbescheides Schadenersatzansprüche geltend machen könnte. Für das als Feststellungsverfahren fortzuführende Verfahren seinen gemäß § 345 Abs 17 Z 2 BVergG die Bestimmungen des BVergG idF BGBl I 51/2012 maßgeblich. Gemäß § 331 Abs 4 BVergG sei ein Nachprüfungsverfahren dann als Feststellungsverfahren weiterzuführen, wenn ein Bescheid des Bundesvergabeamtes über den Antrag auf Nichtigerklärung einer Auftraggeberentscheidung vom Verwaltungsgerichtshof aufgehoben worden und vor der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes das Vergabeverfahren widerrufen worden sei. Das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs sei der Antragstellerin am 26. Juni 2014 zugestellt worden, sodass der vorliegende Antrag gemäß § 332 Abs 2 iVm § 331 Abs 4 letzter Satz BVergG rechtzeitig sei. Im Hinblick auf die widersprechenden Gesetzesmaterialien hält die Antragstellerin vorsichtshalber fest, dass ihr Interesse am Vertragsabschluss bereits durch die Abgabe eines umfassenden Angebots und die Einbringung des verfahrenseinleitenden Nachprüfungsantrags nachgewiesen habe. Durch die rechtswidrige Zuschlagsentscheidung und nunmehr den Widerruf des Vergabeverfahrens sei ihr ein Schaden entstanden und zwar durch die Frustration der Kosten für die Teilnahme am Vergabeverfahren, die bisherigen Kosten des Nachprüfungsverfahrens, entgangenen Gewinn und Verlust eines Referenzprojektes für künftige Vergabeverfahren. Sie werde in unseren Rechten auf Fortführung des Vergabeverfahrens ohne Widerruf, auf Angebotsprüfung nach den vergaberechtlichen Vorgaben, insbesondere Prüfung der Eignung der präsumtiven Zuschlagsempfängerin, auf Ausschluss der präsumtiven Zuschlagsempfängerin vom Vergabeverfahren und Ausscheiden des Angebotes der präsumtiven Zuschlagsempfängerin, auf Zuschlagsentscheidung und auf Erteilung des Zuschlags zu unseren Gunsten und darauf, dass eine Zuschlagserteilung rechtens nur mehr an uns in Betracht kommt und auf Durchführung eines Vergabeverfahrens nach den vergaberechtlichen Vorschriften und Grundsätzen verletzt. Zur Zulässigkeit der unter Punkt 3 begehrten Feststellungen werde im Übrigen ausgeführt, dass mit Blick auf die gesetzlich ausdrücklich normierten Zuständigkeiten des Bundesverwaltungsgerichts im nunmehr als Feststellungsverfahren fortzusetzenden Verfahren hauptsächlich die Feststellung in Betracht komme, dass die Widerrufserklärung rechtswidrig gewesen sei, sodass zunächst diese Feststellung begehrt werde. Nach gesicherter Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sei die Erlassung eines Feststellungsbescheides aber darüber hinausgehend auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung zulässig, wenn sie "für eine Partei ein notwendiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverteidigung ist und insofern im Interesse einer Partei liegt" (VfGH 21. 6. 2001, B 2037/99). Vorsichtshalber werde daher weiters die Feststellung dahingehend beantragt, dass die Zuschlagsentscheidung rechtswidrig gewesen. Diese Feststellung sei aus folgenden Gründen ein notwendiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverfolgung und liege insofern in unserem berechtigten Interesse: Die Zulässigkeit einer Schadenersatzklage hänge grundsätzlich vom Vorliegen eines Feststellungs-Erkenntnisses des Verwaltungsgerichts ab. Mit dem ursprünglichen Nachprüfungsantrag sei die rechtswidrige Zuschlagsentscheidung angefochten worden. Das nun vorliegende Erkenntnis des VwGH zeige, dass unser Nachprüfungsantrag zu Unrecht abgewiesen worden und die Zuschlagsentscheidung tatsächlich rechtswidrig gewesen sei. Auf Grund des zwischenzeitig erfolgten Widerrufs wäre im vorliegenden Feststellungsverfahren aber nun primär eine andere Rechtswidrigkeit, nämlich die Rechtswidrigkeit des Widerrufs zu beurteilen. Sollte das BVwG zum Schluss kommen, dass der Widerruf berechtigt und nicht durch einen vorangehenden Rechtsverstoß verursacht gewesen sei, hätte dies zur Folge, dass der Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Widerrufs abgewiesen würde. In weiterer Folge wäre es der Antragstellerin mangels einer Feststellung des Verwaltungsgerichts nur erschwert oder gar nicht mehr möglich, Schadenersatzansprüche geltend zu machen, obwohl die Zuschlagsentscheidung offenkundig rechtswidrig gewesen und der Antragstellerin bereits daraus ein Schaden entstanden sei. Somit sei die begehrte Feststellung der rechtswidrigen Zuschlagsentscheidung ein notwendiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverfolgung und die Antragstellerin hätte daran ein berechtigtes Interesse. Dies gelte sinngemäß auch für die begehrte Feststellung dahingehend, dass der Widerruf durch einen vorangehenden Rechtsverstoß gegen Vergaberechtsvorschriften verursacht sei. Gemäß § 341 Abs 3 BVergG sei eine solche Verursachung nämlich Voraussetzung dafür, Schadenersatzansprüche auch ohne vorangehende Feststellung des Verwaltungsgerichts geltend zu machen. Die Zulässigkeit einer Schadenersatzklage ohne vorangehende Feststellung hänge also wiederum davon ab, dass dem Auftraggeber ein vorangehender Rechtsverstoß gegen Vergabevorschriften anzulasten sei. Nach dem Konzept des Gesetzgebers seien Vergaberechtsverstöße aber von den Verwaltungsgerichten zu beurteilen und die Zivilgerichte an diese Beurteilung gebunden. Insofern hätte die Antragstellerin auch ein berechtigtes Interesse daran, dass vom Bundesverwaltungsgericht eine Feststellung dahingehend getroffen werde, ob der Widerruf durch einen vorangehenden Rechtsverstoß gegen Vergabevorschriften verursacht sei; zumindest dann, wenn das Bundesverwaltungsgericht den Widerruf selbst als rechtskonform ansehen sollte. Zum Antrag auf Ersatz der Pauschalgebühren werde außerdem angemerkt, dass diesem unabhängig davon stattzugeben sei, ob die beantragten Feststellungen getroffen würden. Ausgehend vom nunmehr vorliegenden VwGH-Erkenntnis sei der von der Antragstellerin ursprünglich eingebrachte Nichtigerklärungsantrag berechtigt gewesen und dieser sei vom Bundesvergabeamt zu Unrecht abgewiesen worden. Hätte das Bundesvergabeamt dem Nichtigerklärungsantrag richtiger Weise stattgegeben, wäre der Antragstellerin bereits dabei auch der Ersatz der Pauschalgebühren zuzusprechen gewesen. Sollte das Bundesverwaltungsgericht nunmehr im Feststellungsverfahren den Widerruf als rechtmäßig beurteilen, die weiteren Feststellungen mangels ausdrücklicher gesetzlicher Regelung als unzulässig betrachten, hätte dies zur Folge, dass sämtliche Anträge auf Feststellung ab- oder zurückgewiesen würden. Wenn das Bundesverwaltungsgericht diese Ab- oder Zurückweisung der beantragten Feststellungen zugleich auch noch zum Anlass nehmen würde, um den Antrag auf Ersatz der Pauschalgebühren abzuweisen, wären die Antragstellerin auf Grund einer unrichtigen und vom VwGH aufgehobenen Entscheidung des Bundesvergabeamtes um ihren berechtigten Anspruch auf Er-satz der Pauschalgebühren gebracht. Ein derart unbilliges Ergebnis wäre zweifellos dadurch zu vermeiden, dass entweder die bereits durch den VwGH erfolgte Aufhebung der ursprünglichen BVA-Entscheidung als teilweises Obsiegen oder die mit dem Widerruf einhergehende implizite Aufhebung der Zuschlagsentscheidung als teilweise Klaglosstellung betrachtet werde.
Am 29. August 2014 nahm die Auftraggeberin zu dem Nachprüfungsantrag Stellung. Darin führte sie nach Darstellung des Sachverhalts im Wesentlichen aus, dass sie am 13. Mai 2013 sowohl der Antragstellerin als auch den übrigen Bietern die Widerrufsentscheidung bekannt gegeben habe. Durch die Widerrufsentscheidung habe die Auftraggeberin die dem ursprünglichen Nachprüfungsverfahren zugrundeliegende Zuschlagsentscheidung zurückgenommen. Die Widerrufsentscheidung sei unbekämpft geblieben. Mit der Erklärung des Widerrufs vom 29. Mai 2013 sei das Vergabeverfahren wirksam beendet worden. Das gegenständliche Projekt sei neu ausgeschrieben worden. Der Leistungsumfang sei im Erd- und Betonbau um die Hälfte gekürzt worden, da aus technischen und wirtschaftlichen Gründen die Planung im Bereich Sterngasse bis Draschepark von einer Kombination von Dämmen und Brücken auf eine durchgehende Brückenlösung umgestellt worden sei. Mit dieser Änderung sei die Notwendigkeit entfallen, in diesen Bereichen eine Vorlastschüttung und die dazugehörigen Stützmauern zu errichten. Diese Bereiche könnten nun mit der Hauptbaumaßnahme komplett neu errichtet werden. Die Antragstellerin hätte die Möglichkeit gehabt, die Widerrufsentscheidung zu bekämpfen. Die Widerrufsentscheidung könne mehr als ein Jahr später nicht mehr revidiert werden. Die Auftraggeberin habe die im ursprünglichen Nachprüfungsverfahren angefochtene Zuschlagsentscheidung durch den Widerruf zurückgenommen. Die Antragstellerin sei nun nicht mehr dadurch beschwert. Schon aus diesem Grund sei der Antrag auf Weiterführung des Nachprüfungsverfahrens unzulässig. Eine Zuschlagserteilung auf Grundlage dieser Zuschlagsentscheidung sei nun nicht mehr möglich. Daher sei auch eine Weiterführung gemäß § 331 Abs 4 BVergG nicht mehr möglich. Das Interesse am Vertragsabschluss könne verloren gehen, wenn die Antragstellerin keine ausreichenden Schritte unternommen habe, um die Beendigung des Verfahrens zu verhindern. Da die Antragstellerin die Widerrufsentscheidung nicht bekämpft habe, fehle ihr das Interesse am Vertragsabschluss. Die Zuschlagsentscheidung sei zurückgenommen worden und könne nicht mehr Kausal für einen Schaden sein. Das Feststellungsbegehren sei punkto Rechtswidrigkeit der Zuschlagsentscheidung unzulässig, da keine Zuständigkeit des BVwG in § 312 Abs 3 und 4 BVergG dafür vorgesehen sei. Der Widerruf sei nicht Gegenstand des ursprünglichen Nachprüfungsverfahrens und könne daher nicht gemäß § 331 Abs 4 BVergG weitergeführt werden. Die Antragstellerin habe kein rechtliches Interesse an dieser Feststellung, weil sie die Widerrufsentscheidung mit einem Nachprüfungsantrag hätte bekämpfen können. Die Feststellung, dass der Widerruf durch einen qualifizierten Rechtsverstoß der Auftraggeberin verursacht worden sei, sei unzulässig, weil es in §§ 312 Abs 4 und 4 sowie § 331 Abs 1, 2 und 4 BVergG nicht genannt sei. Der Widerruf sei rechtmäßig gewesen. Es habe sich um sachliche Gründe gehandelt. Durch die Evaluierung der Planung sei der Ausschreibungsgegenstand massiv verändert und reduziert worden. Dies stelle einen zwingenden und sachlichen Widerrufsgrund dar. Auch der zweite Widerrufsgrund sei ein berechtigter und sachlicher Widerrufsgrund. Die Auftraggeberin beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge sämtliche Anträge der Antragstellerin zurück-, in eventu abweisen. Weiters stellte die Auftraggeberin Anträge auf Ausnahme von der Akteneinsicht.
Am 5. September 2014 nahm die Antragstellerin erneut Stellung. Darin führte sie im Wesentlichen aus, dass der Fortführungsantrag und dessen Zulässigkeitsvoraussetzungen von anderen Feststellungsanträgen und deren Zulässigkeitsvoraussetzungen zu unterscheiden sei. Für den Fortführungsantrag seien die Zulässigkeitsvoraussetzungen allein in § 331 Abs 4 BVergG definiert. Demnach sei ein Fortführungsantrag insbesondere dann zulässig, wenn ein Bescheid des Bundesvergabeamtes (nunmehr Bundesverwaltungsgericht) über den Antrag auf Nichtigerklärung einer Auftraggeberentscheidung vom Verwaltungsgerichtshof aufgehoben werde und vor der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes das Vergabeverfahren widerrufen worden sei. Bezüglich der Antragsfrist verweise § 331 Abs 4 letzter Satz BVergG auf § 332 Abs 2 BVergG mit der Maßgabe, dass die Zeit des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht einzurechnen sei. Weitere Zulässigkeitsvoraussetzungen seien gesetzlich nicht vorgesehen; insbesondere gebe es keine Verweise auf § 331 Abs 1 (Interesse/Schaden), § 332 Abs 5 (Geltendmachung in Nachprüfungsverfahren) und § 332 Abs 6 BVergG (Gebühren). Anderslautende Gesetzesmaterialien seien contra legem und somit unbeachtlich. Der Fortsetzungsantrag sei in der Frist des § 331 Abs 4 BVergG eingebracht und damit fristgerecht. § 332 Abs 5 BVergG beziehe sich ausdrücklich auf einen Antrag gemäß § 331 Abs 1 BVergG. Die Bekämpfung der Widerrufsentscheidung hätte nur eine Zuschlagsentscheidung an die BBBB ermöglicht und nur diese begünstigt. Das Bundesvergabeamt hätte aufgrund der verfahrensgegenständlichen, aufgehobenen Entscheidung den Antrag auf Nichtigerklärung der Widerrufsentscheidung mangels Interesses am Vertragsabschluss zurückweisen müssen. Die Zulässigkeit des Fortsetzungsantrags gemäß § 331 Abs 4 BVergG setze den Schaden gemäß § 331 Abs 1 BVergG nicht voraus. Der Widerruf stelle die Antragstellerin nicht klaglos. Er bringe die Antragstellerin in gleicher Weise wie die angefochtene Zuschlagsentscheidung um den Auftrag. Nach dem Wortlaut von § 331 Abs 4 BVergG sei jede Auftraggeberentscheidung umfasst, gleichgültig ob die ursprünglich angefochtene Entscheidung noch existiere. Es ist in keiner Weise ein bestimmter Zusammenhang zwischen dieser ursprünglich angefochtenen Entscheidung und der Art der Verfahrensbeendigung (Zuschlag oder Widerruf) gefordert. Aus der von der Auftraggeberin zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur Unzulässigkeit einer Bescheidbeschwerde bei nachträglichem Wegfall der zuvor bekämpften Auftraggeberentscheidung, könne die Auftraggeberin nichts gewinnen. Beschwerdeverfahren unterlägen anderen Zulässigkeitsvoraussetzungen als Nachprüfungs- oder Feststellungsverfahren. Der Verwaltungsgerichtshof habe der Beschwerde stattgegeben, obwohl der Auftraggeber während des Beschwerdeverfahrens den Widerruf erklärt habe und damit nach eigener Darlegung die ursprünglich angefochtene Entscheidung weggefallen sei. Die angesprochene VwGH-Rechtsprechung betreffe jene Fälle, bei denen der Beschwerdeführer auch durch Aufhebung des Erkenntnisses der Nachprüfungsbehörde auf Grund nachfolgender Auftraggeberentscheidungen "keinen objektiven Nutzen hätte" und die Beschwerde insofern "gegenstandslos" geworden ist. Eine solche Konstellation sei bei dem vorliegenden Fortführungsantrag schon allein deshalb nicht gegeben, weil sich dieser nicht auf die Nichtigerklärung einer weggefallenen Auftraggeberentscheidung richte; nur dann könnte argumentiert werden, dass dieser Antrag "keinen objektiven Nutzen hätte". Vielmehr richte sich der Fortführungsantrag auf entsprechende Feststellungen, die alles andere als "gegenstandlos" seien. Der objektive Nutzen bestehe vor allem darin, eine Feststellung zu erlangen, die die gesetzliche Voraussetzung für nachfolgende Schadenersatzprozesse sei. Schließlich übersehe die Auftraggeberin, dass der Verwaltungsgerichtshof gerade in Fällen, bei denen die ursprünglich angefochtene Entscheidung durch nachfolgende Auftraggeberentscheidungen beseitig worden sei, das Rechtsschutzbedürfnis der Beschwerdeführer mittlerweile schon allein im Hinblick auf den Ausspruch über den Pauschalgebührenersatz bejahe (vgl zB VwGH 21.1.2014, 2011/04/0133). Selbst wenn man die Zulässigkeitsvoraussetzungen des Beschwerdeverfahrens auf das hier vorliegende Feststellungsverfahren übertragen wollte, wäre die Zulässigkeit allein im Hinblick auf den beantragten aber im Erstbescheid abgelehnten Pauschalgebührenersatz zu bejahen. Die Begründung für die Zulässigkeit des Widerrufs sei ungenügend.
Am 16. September 2014 nahm die Auftraggeberin erneut Stellung. Darin führte sie im Wesentlichen aus, dass für Feststellungsanträge gemäß § 331 Abs 4 BVergG dieselben Voraussetzungen wie für Feststellungsanträge gemäß § 331 Abs 1 BVergG gälten. Die Fortsetzung eines Nachprüfungsverfahrens sei nur auf Antrag des Unternehmers zulässig, der den ursprünglichen Nachprüfungsantrag gestellt habe. Die Antragslegitimation hänge daher von der vorherigen Stellung eines Nachprüfungsantrags ab. Daher dürfe auch in einem fortgesetzten Verfahren die Antragslegitimation nicht verloren gehen. Daher sei auch bei Fortsetzungsanträgen gemäß § 331 Abs 4 BVergG das Interesse am Vertragsabschluss und der drohende oder eingetretene Schaden Voraussetzung für die Antragslegitimation. Der Antragstellerin komme keine Antragslegitimation zu. Es handle sich bei den Feststellungsanträgen betreffend die Widerrufsentscheidung gerade nicht um Anträge zur Fortsetzung des ursprünglichen Nachprüfungsverfahrens, weil dieses die Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung und nicht der Widerrufsentscheidung zum Gegenstand gehabt habe. Es müsse sich um dieselben Rechtsverstöße handeln. Bei Beendigung des Vergabeverfahrens während eines anhängigen VwGH-Verfahrens könnten Feststellungsanträge nur nach § 331 Abs 4 BVergG und nicht nach § 331 Abs 1 BVergG gestellt werden. Die Ansicht, dass jede Entscheidung des Auftraggebers, auch nicht von der Antragstellerin bekämpfte Entscheidungen mit einem Antrag gemäß § 331 Abs 4 BVergG geltend gemacht werden könnte, gehe weit über das Wort "weiterführen" hinaus. Es handle sich um sachliche Widerrufsgründe. Zur Abstimmung mit der ÖBB und zur Sicherung des Bestands der A23 seien im ausgeschriebenen Projekt umfangreiche Sicherungsmaßnahmen notwendig gewesen. Im Februar 2013 hätten der Brückenausschuss, der Prüfstatiker und die örtliche Bauaufsicht Bedenken in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht gegen die geplante Lösung im Bereich zwischen Sterngasse und Draschepark sowie die Lösung im Bereich Pfarrgasse (Stützmauer/ÖBB) angemeldet. Es sei beschlossen worden, die Variante "Brücke" zu untersuchen. Die Variante "Brücke" habe sich als vorteilhafter erwiesen und es sei beschlossen worden, diese umzusetzen. Daher seien die Leistungen im Beton- und Erdbau um die Hälfte zu kürzen gewesen. Dies stelle einen zwingenden und sachlichen Widerrufsgrund dar.
Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen
Feststellungen (Sachverhalt)
Die Autobahnen- und Schnellstraßen-, Finanzierungs-Aktiengesellschaft (ASFINAG), XXXX, schrieb unter der Bezeichnung "A23 GEN HSI - Vorlastschüttung / A23 GEN Hochstraße Inzersdorf - Vorlastschüttung" einen Bauauftrag im Oberschwellenbereich aus. Die Bekanntmachung erfolgte am 8. Mai 2012 im Lieferanzeiger zur Wiener Zeitung unter L-507278-257 und europaweit am 10. Mai 2012 im Supplement zum Amtsblatt der europäischen Gemeinschaften unter 2012/S 89-146123. Der Zuschlag soll in einem offenen Verfahren nach dem Bestbieterprinzip mit den Zuschlagskriterien Preis und Verlängerung der Gewährleistungsfrist erteilt werden. Die Ausschreibung wurde insgesamt viermal berichtigt. Am 16. November 2012 gab die Auftraggeberin die Zuschlagsentscheidung zu Gunsten der BBBB bekannt.
(Unterlagen des Vergabeverfahrens)
Die Antragstellerin beantragte beim Bundesvergabeamt die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung und den Ersatz der Pauschalgebühr. Das Bundesvergabeamt erließ am 30. November 2013 zur Zahl N/0108-BVA/02/2012-EV7 die beantragte einstweilige Verfügung und wies die Anträge auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung und Ersatz der Pauschalgebühr mit Bescheid vom 24. Jänner 2013, N/0108-BVA/02/2012-22, ab. (Verfahrensakt des Bundesvergabeamtes zu N/0108-BVA/02/2012)
Die Auftraggeberin gab die Widerrufsentscheidung am 13. Mai 2013 allen Bietern bekannt. Sie erklärte den Widerruf am 29. Mai 2013. (Unterlagen des Vergabeverfahrens)
Mit Erkenntnis vom 17. Juni 2014, 2013/04/0033-7, hob der Verwaltungsgerichtshof den Bescheid des Bundesvergabeamtes vom 24. Jänner 2013, N/0108-BVA/02/2012-22, auf. (gegenständlicher Verfahrensakt)
Die Antragstellerin bezahlte Pauschalgebühren in der Höhe von €
9.000 (Verfahrensakt N/0108-BVA/02/2012 des Bundesvergabeamtes)
Beweiswürdigung
Dieser Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus den jeweils in Klammern genannten Quellen. Diese sind Veröffentlichungen und die Unterlagen des Vergabeverfahrens, sowie Auskünfte, die nur die Auftraggeberin erteilen kann. Soweit Schriftstücke von der Antragstellerin vorgelegt wurden, spricht der Anschein für ihre Echtheit. Aussagen in der mündlichen Verhandlung wurden nur so weit herangezogen, als sie unbestritten blieben. Die herangezogenen Beweismittel sind daher echt. Ihre inhaltliche Richtigkeit steht außer Zweifel. Widersprüche traten nicht auf.
Rechtliche Beurteilung
Anzuwendendes Recht
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 292 Abs 1 BVergG entscheidet das Bundeverwaltungsgericht in den Angelegenheiten des § 291 BVergG, soweit es sich nicht um die Entscheidung über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung handelt, in Senaten. Dabei handelt es sich um Entscheidungen über Anträge wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens des öffentlichen Auftraggebers in den Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens, soweit es sich um Auftraggeber handelt, die gemäß Art 14b Abs 2 Z 1 B-VG in den Vollziehungsbereich des Bundes fallen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor. Der Senat besteht gemäß § 292 Abs 2 BVergG aus einem Mitglied als Vorsitzendem und zwei fachkundigen Laienrichtern als Beisitzern. Von den fachkundigen Laienrichtern muss jeweils einer aus dem Kreis der Auftraggeber und der andere dem kreis der Auftragnehmer angehören.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß § 1 VwGVG durch dieses geregelt. Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft. Zu diesen Bestimmungen zählt der 4. Teil des BVergG, der die Bestimmungen über den Rechtsschutz vor dem Bundesverwaltungsgericht enthält.
Gemäß § 345 Abs 17 Z 1 BVergG treten die Einfügung der Einträge zu § 87a, § 99a, § 241a, § 247a und die Neufassung des Eintrages vor § 245 im Inhaltsverzeichnis, § 11 erster Satz, § 19 Abs 7, § 41 Abs 1, § 41a Abs 1, § 87a samt Überschrift, § 99a samt Überschrift, § 141 Abs 1, § 142 Abs 1, § 145 Abs 2, § 177 Abs 1, § 187 Abs 7, § 201 Abs 1, § 201a Abs 1, § 241a samt Überschrift, die Bezeichnung und Überschrift nach § 244, § 247a samt Überschrift, § 248 Abs 12, § 280 Abs 1, § 304, § 323 Abs 1, § 344 Abs 2, § 351 Z 20 und die Einfügungen in Anhang VII mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft.
Gemäß § 345 Abs 17 Z 2 BVergG sind die im Zeitpunkt des Inkrafttretens gemäß § 345 Abs 17 Z 1 BVergG bereits eingeleiteten Vergabeverfahren nach der bisherigen Rechtslage zu Ende zu führen. Die im Zeitpunkt des Inkrafttretens gemäß § 345 Abs 17 Z 1 BVergG beim Bundesvergabeamt anhängigen Verfahren sind vom Bundesvergabeamt nach der bisherigen Rechtslage fortzuführen. Hinsichtlich der Vergabeverfahren, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens gemäß § 345 Abs 17 Z 1 BVergG bereits beendet sind, richtet sich die Durchführung von Feststellungsverfahren nach der bisherigen Rechtslage.
Gemäß § 345 Abs 17 Z 3 BVergG treten die Einfügung des Eintrages zu § 80a und die Anfügung des Eintrages zu Anhang XX im Inhaltsverzeichnis, die Neufassung der Einträge zum 4. Teil samt Überschriften im Inhaltsverzeichnis, § 2 Z 41, § 80a samt Überschrift, der 4. Teil samt Überschrift, § 341 Abs 2 Schlussteil, § 341 Abs 4, § 342, § 349 Abs 1 Z 6, § 349 Abs 2 erster Satz, § 351 Z 21 und Anhang XX samt Überschrift mit 1. Jänner 2014 in Kraft.
Gemäß § 2 Z 16 lit a sublit aa BVergG ist eine Entscheidung jede Festlegung eines Auftraggebers im Vergabeverfahren. Gesondert anfechtbar sind im offenen Verfahren, nach außen in Erscheinung tretende Entscheidungen, nämlich die Ausschreibung; sonstige Festlegungen während der Angebotsfrist; das Ausscheiden eines Angebotes; die Widerrufsentscheidung; die Zuschlagsentscheidung.
Nach § 311 BVergG sind die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme seiner §§ 1 bis 5 und seines IV. Teils im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht sinngemäß anzuwenden, soweit nicht das BVergG und das VwGVG anderes bestimmen.
Gemäß § 19 Abs 1 BVergG sind Vergabeverfahren nach einem in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Verfahren, unter Beachtung der unionsrechtlichen Grundfreiheiten sowie des Diskriminierungsverbotes entsprechend den Grundsätzen des freien und lauteren Wettbewerbes und der Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter durchzuführen. Die Vergabe hat an befugte, leistungsfähige und zuverlässige Unternehmer zu angemessenen Preisen zu erfolgen.
Gemäß § 312 Abs 2 Z 2 BVergG ist das Bundesverwaltungsgericht bis zur Zuschlagserteilung bzw bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens zum Zwecke der Beseitigung von Verstößen gegen dieses Bundesgesetz und die hierzu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Unionsrecht zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen des Auftraggebers im Rahmen der vom Antragsteller geltend gemachten Beschwerdepunkte zuständig.
Gemäß § 312 Abs 3 BVergG ist das Bundesverwaltungsgericht nach Zuschlagserteilung zuständig
1. im Rahmen der vom Antragsteller geltend gemachten Beschwerdepunkte zur Feststellung, ob wegen eines Verstoßes gegen dieses Bundesgesetz, die hierzu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Unionsrecht der Zuschlag nicht gemäß den Angaben in der Ausschreibung dem Angebot mit dem niedrigsten Preis oder dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt wurde;
2. in einem Verfahren gemäß Z 1, 4 und 5 auf Antrag des Auftraggebers zur Feststellung, ob der Antragsteller auch bei Einhaltung der entsprechenden Bestimmungen keine echte Chance auf Erteilung des Zuschlages gehabt hätte;
3. zur Feststellung, ob ein Vergabeverfahren rechtswidriger Weise ohne vorherige Bekanntmachung bzw. ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb durchgeführt wurde;
4. zur Feststellung, ob der Zuschlag rechtswidriger Weise ohne Mitteilung der Zuschlagsentscheidung gemäß den §§ 131 bzw. 272 erteilt wurde;
5. zur Feststellung, ob der Zuschlag bei der Vergabe einer Leistung auf Grund einer Rahmenvereinbarung oder eines dynamischen Beschaffungssystems wegen eines Verstoßes gegen § 152 Abs 4 bis 6, § 158 Abs 2 bis 5 oder § 290 Abs 2 bis 5 rechtswidrig war;
6. in einem Verfahren gemäß den Z 3 bis 5 zur Nichtigerklärung oder Aufhebung des Vertrages;
7. in einem Verfahren gemäß den Z 3 bis 5 zur Verhängung von Sanktionen gemäß § 334 Abs 7.
Gemäß § 312 Abs 4 BVergG Nach Erklärung des Widerrufs eines Vergabeverfahrens ist das Bundesverwaltungsgericht zuständig
1. im Rahmen der vom Antragsteller geltend gemachten Beschwerdepunkte zur Feststellung, ob der Widerruf wegen eines Verstoßes gegen dieses Bundesgesetz, die hierzu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Unionsrecht rechtswidrig war;
2. in einem Verfahren gemäß Z 1 auf Antrag des Auftraggebers zur Feststellung, ob der Antragsteller auch bei Einhaltung der entsprechenden Bestimmungen keine echte Chance auf Erteilung des Zuschlages gehabt hätte;
3. zur Feststellung, ob der Widerruf rechtswidriger Weise ohne Mitteilung oder Bekanntmachung der Widerrufsentscheidung gemäß den §§ 140 bzw 279 erklärt wurde;
4. in einem Verfahren gemäß Z 1 und 3 zur Unwirksamerklärung des Widerrufs gemäß § 335.
Soweit dem weder Art 6 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl 210/1958, noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl Nr C 83 vom 30. 3. 2010 S 389, entgegenstehen, kann gemäß § 316 Abs 1 BVergG die Verhandlung ungeachtet eines Parteiantrages entfallen, wenn
1. der verfahrenseinleitende Antrag zurückzuweisen ist, oder
2. das Bundesverwaltungsgericht einen sonstigen verfahrensrechtlichen Beschluss zu erlassen hat, oder
3. bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass dem verfahrenseinleitenden Antrag stattzugeben oder dass er abzuweisen ist.
Gemäß § 319 Abs 1 BVergG hat der vor dem Bundesverwaltungsgericht wenn auch nur teilweise obsiegende Antragsteller Anspruch auf Ersatz seiner gemäß § 318 BVergG entrichteten Gebühren durch den Auftraggeber. Der Antragsteller hat ferner Anspruch auf Ersatz seiner gemäß § 318 BVergG entrichteten Gebühren, wenn er während des anhängigen Verfahrens klaglos gestellt wird.
Gemäß § 319 Abs 2 BVergG besteht ein Anspruch auf Ersatz der Gebühren für einen Antrag auf einstweilige Verfügung nur dann, wenn dem Nachprüfungsantrag (Hauptantrag) stattgegeben wird und dem Antrag auf einstweilige Verfügung stattgegeben wurde oder der Antrag auf einstweilige Verfügung nur wegen einer Interessenabwägung abgewiesen wurde.
Gemäß § 331 Abs 1 BVergG kann ein Unternehmer, der ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes unterliegenden Vertrages hatte, sofern ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht, die Feststellung beantragen, dass
1. der Zuschlag wegen eines Verstoßes gegen dieses Bundesgesetz, die hierzu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Unionsrecht nicht gemäß den Angaben in der Ausschreibung dem Angebot mit dem niedrigsten Preis oder dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt wurde, oder
2. die Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung bzw. ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb wegen eines Verstoßes gegen dieses Bundesgesetz, die hierzu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Unionsrecht rechtswidrig war, oder
3. die Zuschlagserteilung ohne Mitteilung der Zuschlagsentscheidung gemäß den §§ 131 bzw 272 wegen eines Verstoßes gegen dieses Bundesgesetz, die hierzu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Unionsrecht rechtswidrig war, oder
4. der Zuschlag bei der Vergabe einer Leistung auf Grund einer Rahmenvereinbarung oder eines dynamischen Beschaffungssystems wegen eines Verstoßes gegen § 152 Abs 4 bis 6, § 158 Abs 2 bis 5 oder § 290 Abs 2 bis 5 rechtswidrig war, oder
5. die Erklärung des Widerrufs eines Vergabeverfahrens wegen eines Verstoßes gegen dieses Bundesgesetz, die hierzu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Unionsrecht rechtswidrig war.
Der Antragsteller kann in einem Antrag mehrere Feststellungen gemäß § 312 Abs 3 Z 1 bis 4 beantragen. Bei einem Antrag auf Feststellung gemäß Z 1 und 3 bis 5 kann der Auftraggeber die Feststellung beantragen, dass der Antragsteller auch bei Einhaltung der entsprechenden Bestimmungen keine echte Chance auf Erteilung des Zuschlages gehabt hätte. Bei einem Antrag auf Feststellung gemäß Z 2 bis 4 kann der Auftraggeber beantragen, von der Nichtigerklärung des Vertrages abzusehen oder den Vertrag frühestens mit dem Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes aufzuheben.
Wird während eines anhängigen Nachprüfungsverfahrens der Zuschlag erteilt oder das Vergabeverfahren widerrufen, ist gemäß § 331 Abs 4 BVergG das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht auf Antrag des Unternehmers, der den Nachprüfungsantrag gestellt hat, als Feststellungsverfahren weiterzuführen. Dies gilt auch, wenn
1. ein Beschluss oder Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes über den Antrag auf Nichtigerklärung einer Auftraggeberentscheidung vom Verfassungsgerichtshof oder vom Verwaltungsgerichtshof aufgehoben wurde und vor der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes oder des Verwaltungsgerichtshofes der Zuschlag erteilt oder das Vergabeverfahren widerrufen worden ist, oder
2. eine Wiederaufnahme des Verfahrens oder Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Bezug auf ein Nachprüfungsverfahren bewilligt oder verfügt wurde und vor der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes, des Verfassungsgerichtshofes oder des Verwaltungsgerichtshofes der Zuschlag erteilt oder das Vergabeverfahren widerrufen worden ist.
Bis zur Stellung eines Antrages gemäß dem ersten Satz ruht das Verfahren; wird bis zum Ablauf der Frist nach § 332 Abs 2 kein Antrag im Sinne dieses Absatzes gestellt, ist das Verfahren formlos einzustellen. § 332 Abs 2 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Zeit eines Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof oder vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht einzurechnen ist.
Gemäß § 332 Abs 1 BVergG hat ein Antrag gemäß § 331 Abs 1, 2 oder 4 BVergG jedenfalls zu enthalten:
1. die genaue Bezeichnung des betreffenden Vergabeverfahrens,
2. die genaue Bezeichnung des Auftraggebers und des Antragstellers einschließlich deren Faxnummer oder elektronischer Adresse,
3. soweit dies zumutbar ist, die genaue Bezeichnung des allfälligen Zuschlagsempfängers,
4. die Darstellung des maßgeblichen Sachverhaltes einschließlich des Interesses am Vertragsabschluss,
5. Angaben über den behaupteten drohenden oder eingetretenen Schaden für den Antragsteller,
6. die bestimmte Bezeichnung des Rechts, in dem sich der Antragsteller als verletzt erachtet,
7. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,
8. ein bestimmtes Begehren und
9. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob der Antrag rechtzeitig eingebracht wurde.
Gemäß § 332 Abs 2 BVergG sind Anträge gemäß § 331 Abs 1 Z 1 und 5 sowie Abs 4 BVergG binnen sechs Wochen ab dem Zeitpunkt einzubringen, in dem der Antragsteller vom Zuschlag bzw vom Widerruf Kenntnis erlangt hat oder Kenntnis hätte erlangen können, längstens jedoch innerhalb eines Zeitraumes von sechs Monaten, nachdem der Zuschlag erteilt oder das Vergabeverfahren widerrufen wurde.
Gemäß § 332 Abs 3 BVergG sind Anträge gemäß § 331 Abs 1 Z 2 bis 4 BVergG binnen sechs Monaten ab dem auf die Zuschlagserteilung folgenden Tag einzubringen.
Gemäß § 332 Abs 5 BVergG ein Antrag auf Feststellung gemäß § 331 Abs 1 BVergG ist unzulässig, sofern der behauptete Verstoß im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens gemäß den §§ 320 ff BVergG hätte geltend gemacht werden können.
Gemäß § 333 Abs 1 BVergG sind Parteien eines Feststellungsverfahrens nach § 312 Abs 3 und 4 BVergG der Antragsteller, der Auftraggeber und ein allfälliger Zuschlagsempfänger.
Gemäß § 334 Abs 1 BVergG hat das Bundesverwaltungsgericht eine Feststellung gemäß § 312 Abs 3 Z 1 und 5 und Abs 4 Z 1 und 3 BVergG nur dann zu treffen, wenn die Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss war.
Gemäß § 341 Abs 3 BVergG ist abweichend von § 341 Abs 2 BVergG eine Schadenersatzklage zulässig, wenn die Erklärung des Widerrufs eines Vergabeverfahrens zulässig war, aber vom Auftraggeber durch einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen andere Bestimmungen dieses Bundesgesetz, die hierzu ergangenen Verordnungen oder gegen unmittelbar anwendbares Unionsrecht verursacht wurde. Eine derartige Schadenersatzklage ist unzulässig, sofern die behauptete Verursachung der Erklärung des Widerrufs in einem Verstoß besteht, der im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens gemäß den §§ 320 ff BVergG geltend gemacht hätte werden können.
Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Allgemeines
Anzuwendendes Recht
Gemäß § 345 Abs 17 Z 1 BVergG traten inhaltliche Änderungen des BVergG durch das BGBl I 128/2013 mit dem der Kundmachung folgenden Tag, dem in Kraft. Gemäß § 345 Abs 17 Z 2 erster Satz BVergG sind zu diesem Zeitpunkt eingeleitete Vergabeverfahren nach der bisherigen Rechtslage zu führen. Damit gilt für das Vergabeverfahren das BVergG idF BGBl I 51/2012.
Gemäß § 345 Abs 17 Z 3 BVergG trat insbesondere der 4. Teil idF BGBl I 128/2013 mit 1. Jänner 2014 in Kraft. Der 4. Teil des BVergG enthält die Regelungen des Nachprüfungsverfahrens.
Übergangsvorschriften sind nicht enthalten, sodass auch Feststellungsverfahren nach der Rechtslage des BVergG idF BGBl I 128/2013 zu führen sind.
Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts
Auftraggeber im Sinne des § 2 Z 8 BVergG ist die Autobahnen- und Schnellstraßen-, Finanzierungs- Aktiengesellschaft (ASFINAG). Sie ist öffentliche Auftraggeberin gemäß § 3 Abs 1 Z 2 BVergG (st Rspr zB BVwG 26. 3. 2014, W187 2001000-1/30E). Bei der gegenständlichen Ausschreibung handelt es sich gemäß § 5 BVergG um einen Bauauftrag. Der geschätzte Auftragswert liegt jedenfalls über dem relevanten Schwellenwert des § 12 Abs 1 Z 2 BVergG, sodass gemäß § 12 Abs 3 BVergG ein Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich vorliegt.
Der gegenständliche Beschaffungsvorgang liegt somit im sachlichen und persönlichen Geltungsbereich und damit im Vollanwendungsbereich des BVergG. Die allgemeine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Überprüfung des Vergabeverfahrens und zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren entsprechend § 312 Abs 2 BVergG iVm Art 14b Abs 2 Z 1 lit d B-VG ist sohin gegeben.
Da darüber hinaus laut Stellungnahme des Auftraggebers das Vergabeverfahren nicht widerrufen und der Zuschlag noch nicht erteilt wurde, ist das Bundesverwaltungsgericht damit gemäß § 312 Abs 2 BVergG zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen des Auftraggebers und zur Erlassung einstweiliger Verfügungen zuständig.
Voraussetzungen für einen Feststellungsantrag gemäß § 331 Abs 4 BVergG
Die Antragstellerin begehrt die Fortsetzung gemäß § 331 Abs 4 BVergG des vom Bundesvergabeamt zu N/0108-BVA/02/2012 geführten Nachprüfungsverfahren nach Aufhebung des Bescheids durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Juni 2014, 2013/04/0033-7. Das ursprüngliche Nachprüfungsverfahren ist dabei auf gesonderten Antrag als Feststellungsverfahren zu Ende zu führen (VwGH 11. 10. 2007, 2006/04/0119).
Voraussetzung für die Fortsetzung eines Nachprüfungsverfahrens als Feststellungsverfahren gemäß § 331 Abs 4 BVergG ist ein ursprünglich zulässiger Nachprüfungsantrag (BVA 1. 7. 2011, N/0025-BVA/14/2011-19). Dieser zulässige Nachprüfungsantrag liegt zweifellos vor. Er richtet sich im Wesentlichen auf die Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung im gegenständlichen Vergabeverfahren.
Einen Feststellungsantrag gemäß § 331 Abs 4 BVergG kann nur der Unternehmer stellen, der den ursprünglichen Nachprüfungsantrag gestellt hat (VwGH 22. 6. 2011, 2011/04/0007; 8. 11. 2012, 2012/04/0097). Auch diese Voraussetzung ist erfüllt, da die Antragstellerin im gegenständlichen Feststellungsverfahren ident mit der Antragstellerin im ursprünglichen, fortzusetzenden Nachprüfungsverfahren ist.
Ein Fortsetzungsantrag muss den Formvorschriften des § 332 Abs 1 BVergG genügen (VwGH 12. 5. 2011, 2011/04/0043; 11. 12. 2013, 2012/04/0133, 0134; BVA 27. 9. 2012, F/0005-BVA/02/2012-28; Reisner in Heid/Preslmayr, Handbuch Vergaberecht³ [2010] Rz 2085 und 2086). Damit muss er auch Interesse am Vertragsabschluss und Schaden behaupten.
Auch für einen Feststellungsantrag gemäß § 331 Abs 4 BVergG sind das Interesse am Vertragsabschluss und der drohende oder eingetretene Schaden Antragsvoraussetzungen (VwGH 12. 5. 2011, 2011/04/0043; 11. 12. 2013, 2012/04/0133, 0134).
Der Inhalt eines Fortsetzungsantrags muss eine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts gemäß § 312 Abs 3 bis 5 BVergG treffen (VwGH 25. 9. 2012, 2008/04/0045). Andere als im Gesetz vorgesehene Feststellungen kann das Bundesverwaltungsgericht nicht treffen (VwGH 14. 3. 2012, 2008/04/0228). So müssen sich die begehrten Feststellungen im Rahmen des § 312 Abs 3 bis 5 BVergG und damit in den Grenzen des § 331 Abs 1 BVergG halten. § 312 BVergG enthält keine "Generalklausel", die es ermöglicht, jedweden Verstoß gegen das BVergG feststellen zu lassen (VwGH 14. 3. 2012, 2008/04/0228). Alle anderen Feststellungen wären nach den allgemeinen Grundsätzen nur unter der Voraussetzung der Notwendigkeit zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung zulässig. Diese Voraussetzungen werden weiter unten im Detail behandelt.
Ein Feststellungsantrag muss innerhalb der Frist des § 332 Abs 2 BVergG gestellt werden. Er ist auch während der gesamten Dauer des Verfahrens vor dem Verwaltungs- oder vor dem Verfassungsgerichtshof zulässig (VwGH 22. 11. 2011, 2011/04/0143). Die Antragstellerin stellte den Feststellungsantrag am letzten Tag der Frist gemäß § 332 Abs 2 BVergG und damit rechtzeitig.
Zu A) 1. - Feststellung der Rechtswidrigkeit der Widerrufserklärung
Die Antragstellerin stellt den Antrag "auf Feststellung, dass die Widerrufserklärung wegen eines Verstoßes gegen das BVergG, die hierzu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Unionsrecht rechtswidrig war". Dies entspricht vom Wortlaut einem Feststellungsantrag gemäß § 331 Abs 1 Z 5 BVergG. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts für solche Feststellungen findet sich in § 312 Abs 4 Z 1 BVergG.
Die von der Auftraggeberin mitgeteilte Widerrufsentscheidung wurde nicht zum Gegenstand eines Nachprüfungsverfahrens gemacht und ist daher bestandsfest (VwGH 1. 10. 2008, 2004/04/0237, VwSlg 17.541 A). Der daraufhin erklärte Widerruf entspricht den formalen Voraussetzungen.
Gegenstand des fortzusetzenden Nachprüfungsverfahrens ist die Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung. Der Widerruf des Vergabeverfahrens war nicht Gegenstand dieses Verfahrens und auch nicht Gegenstand des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof. Ein Nachprüfungsverfahren ist über die angefochtene Entscheidung des Auftraggebers definiert. Die angefochtene Entscheidung ist "Sache" des Nachprüfungsverfahrens (VwGH 27. 6. 2007, 2005/04/0111, VwSlg 17.227 A). Damit war die - von der Antragstellerin durch den Widerruf des Vergabeverfahrens zurückgenommene - Zuschlagsentscheidung Ausschließlich Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens.
Wie sich aus § 331 Abs 4 BVergG ergibt, ist das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht weiterzuführen. Die Widerrufserklärung und der Widerruf des Vergabeverfahrens waren jedoch nicht Gegenstand des weiterzuführenden Verfahrens. Verfahrensgegenstand im Nachprüfungsverfahren sind Entscheidungen eines Auftraggebers (VwGH 13. 11. 2013, 2012/04/0022). Eine Erweiterung des Verfahrensgegenstandes auf andere Entscheidungen des Auftraggebers im Rahmen der Fortsetzung gemäß § 331 Abs 4 BVergG kann dem Gesetzeswortlaut nicht entnommen werden, zumal diese Bestimmungen die in § 312 Abs 3 bis 5 BVergG abschließend geregelten Zuständigkeiten des Bundesverwaltungsgerichts nicht erweitert. Die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Widerrufsentscheidung und des Widerrufs können daher nicht zum Gegenstand des Feststellungsverfahrens in Fortsetzung des Verfahrens zur Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung gemacht werden.
Wenn die Antragstellerin vorbringt, dass ein Antrag auf Nichtigerklärung der Widerrufsentscheidung nur eine Zuschlagserteilung an die BBBB ermöglicht hätte, ist ihr zu entgegnen, dass die Auftraggeberin ungeachtet des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheids die Leistungsfähigkeit zu diesem späteren Zeitpunkt wohl erneut hätte prüfen müssen, da sich die wirtschaftliche Lage des Unternehmens gegenüber dem Zeitpunkt der Erlassung dieses Bescheids drastisch verschlechtert hatte. Diese Informationen waren auch öffentlich zugänglich (siehe zB format.at vom 17. Mai 2013, "BBBB Konkurs kann ‚nicht ausgeschlossen' werden").
Zu A) 2. - Feststellung der Rechtswidrigkeit der Zuschlagsentscheidung
Die Antragstellerin stellte den Antrag "(vorsichtshalber) auf Feststellung, dass die Zuschlagsentscheidung zu Gunsten der BBBB rechtswidrig war". Diese Feststellung findet sich weder in den Zuständigkeiten des Bundesverwaltungsgerichts gemäß § 312 Abs 3 bis 5 BVergG noch ist sie als mögliche von einem Unternehmer zu beantragende Feststellung in § 331 Abs 1 BVergG genannt. Daher entbehrt sie einer gesetzlichen Grundlage.
Auch die Notwendigkeit zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung ist nicht erkennbar. Nach Widerruf des Vergabeverfahrens kommt der Antragstellerin nur mehr die Möglichkeit der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen zu, zumal die Antragstellerin eine - unbekämpft gebliebene - Widerrufsentscheidung bekannt gegeben und die Stillhaltefrist abgewartet hat. Daher kann die Antragstellerin - wie unten näher ausgeführt - genau diese Rechtswidrigkeit ohne vorherige Feststellung des Bundesverwaltungsgerichts im Rahmen der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen aufgreifen.
Zu A) 3. - Feststellung der Verursachung des Widerrufs durch einen hinlänglich qualifizierten Verstoß der Auftraggeberin
Die Antragstellerin stellt den Antrag "(vorsichtshalber) auf Feststellung, dass die Erklärung des Widerrufs vom Auftraggeber durch einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen andere Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes, die hierzu ergangenen Verordnungen oder gegen unmittelbar anwendbares Unionsrecht verursacht wurde". Damit umschreibt sie die Tatbestandsvoraussetzung von § 341 Abs 3 BVergG. § 341 Abs 3 BVergG normiert allerdings jene Bestimmung, die eine Schadenersatzklage ohne vorherige Feststellung des Bundesverwaltungsgerichts ermöglicht. Damit ist es der Auftraggeberin auch ohne eine derartige Feststellung möglich, bei Schadenersatz geltend zu machen (VwGH 27. 1. 2010, 2008/04/0153).
Die Nichtigerklärung dieser Feststellung hat sie beantragt, weshalb auch die Voraussetzung für eine Klage gemäß § 341 Abs 3 zweiter Satz BVergG erfüllt ist. Eine solche Feststellung ist daher - ungeachtet der Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts - nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nötig. Das Gericht hat im Fall einer Klage die vergaberechtlichen Voraussetzungen für den dem Widerruf vorausgehenden hinlänglich qualifizierten Verstoß der Auftraggeberin selbständig zu klären.
Gesetzlich ist auch das Bundesverwaltungsgericht nicht zuständig, eine solche Feststellung zu treffen. § 312 Abs 3 bis 5 BVergG normieren die Zuständigkeiten des Bundesverwaltungsgerichts für Feststellungen abschließend. Die begehrte Feststellung ist darin nicht vorgesehen. Auch aus § 331 Abs 4 BVergG kann eine solche Feststellungskompetenz nach Widerruf des Vergabeverfahrens nicht abgeleitet werden. Daher kann die Feststellung der im ursprünglichen Nachprüfungsantrag geltend gemachten Rechtswidrigkeiten nicht begehrt werden. Verwiesen sei auf die oben dargestellte Rechtsschutzmöglichkeit, die auch ohne eine solche Feststellung besteht (VwGH 11. 12. 2013, 2012/04/0133, 0134).
Entfall der mündlichen Verhandlung
Die gegenständliche Entscheidung ist rein verfahrensrechtlich. Die Anträge, die das gegenständliche Verfahren eingeleitet haben, werden in den Spruchpunkten A) 1. bis 3. wegen Unzulässigkeit zurückgewiesen. Gemäß § 316 Abs 1 Z 1 BVergG kann eine mündliche Verhandlung entfallen, wenn die verfahrenseinleitenden Anträge zurückgewiesen werden. Da es sich um ei Prozesshindernis handelt, kommen die Verfahrensgarantien des Art 6 EMRK und wohl auch des Art 47 GRC nicht zur Anwendung (VwGH 1. 7. 2010, 2009/04/0256, 0284; BVA 19. 1. 2007, N/0001-BVA/10/2007-21; Reisner in Schramm/?Aicher/?Fruhmann [Hrsg], BVergG² [2009] § 316 Rz 14 f). Demnach kann die mündliche Verhandlung entfallen, da alle Anträge zurückgewiesen werden.
Gemäß § 316 Abs 1 Z 2 BVergG kann eine mündliche Verhandlung entfallen, wenn eine rein verfahrensrechtliche Entscheidung zu fällen ist, die außerhalb des Anwendungsbereichs von At 6 EMRK und wohl auch Art 47 GRC liegt (BVA 22. 3. 2011, N/0017-BVA/05/2011-24; Reisner in Schramm/?Aicher/?Fruhmann [Hrsg], BVergG² [2009] § 316 Rz 18). Beim Ersatz der Pauschalgebühr handelt es sich um eine solche verfahrensrechtliche Entscheidung, weshalb auch in diesem Punkt die mündliche Verhandlung entfallen kann.
Zu Spruchpunkt B) - Ersatz der Pauschalgebühr
Die Antragstellerin hat die Pauschalgebühr in der zum Zeitpunkt der Einbringung des Nachprüfungsantrags gesetzlich geschuldeten Höhe tatsächlich bezahlt. Für Anträge gemäß § 331 Abs 4 BVergG fallen keine Pauschalgebühren an. Das Bundesvergabeamt erließ die beantragte einstweilige Verfügung. Die abweisende Entscheidung des Bundesvergabeamtes hob der Verwaltungsgerichtshof auf. Damit ist nicht gesagt, dass der Nachprüfungsantrag erfolgreich gewesen wäre, sondern lediglich über den Antrag auf Ersatz der Pauschalgebühr neu zu entscheiden. Da die Auftraggeberin durch den Widerruf des Vergabeverfahrens die angefochtene Zuschlagsentscheidung von sich aus zurückgenommen hat, hat die Antragstellerin materiell obsiegt. Die Auftraggeberin ist daher verpflichtet, der Antragsteller die bezahlte Pauschalgebühr im gesetzlich geschuldeten Ausmaß zu ersetzen.
Zu Spruchpunkt C) - Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die einschlägige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist in der Begründung der Entscheidung zitiert. Sie ist einheitlich und widerspruchsfrei.
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