BVwG W156 1423345-2

BVwGW156 1423345-27.7.2014

AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs3
AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs3

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2014:W156.1423345.2.00

 

Spruch:

W156 1423345-2/15E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Alexandra KREBITZ als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA Afghanistan gegen den Bescheid des Bundesasylamtes Außenstelle Graz vom 31.01.2013, Zl. XXXX, beschlossen:

A) In Erledigung der Beschwerde wird der Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur neuerlichen Feststellung des Sachverhaltes und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang

Der BF reiste erstmals am 02.11.2011 über Ungarn illegal in das Bundesgebiet ein.

Am 02.11.2011 stellte er den ersten Asylantrag gestellt, wobei er angab, den Namen XXXX zu führen, aus Afghanistan zu stammen und am XXXX geboren zu sein.

Dieser Asylantrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 14.12.2011 gem. § 5 Abs. 1 AsylG 2005 zurückgewiesen und festgestellt, dass für die Prüfung des Antrages des BF auf internationalen Schutz gem. § 10 (1) der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates Ungarn zuständig ist. Gemäß § 10 Abs. 1 Ziff. 1 AsylG 2005 wurde der BF aus dem Österreichischen Bundesgebiet nach Ungarn ausgewiesen und am 04.01.2012 nach Ungarn überstellt.

Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 25.01.2012, Zl. XXXX, gem. §§ 5 und 10 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

Am 27.06.2012 stellte der BF in Österreich einen zweiten, den nunmehr verfahrensrelevanten Antrag auf internationalen Schutz.

Das Verfahren wurde gem. § 19(2) AsylG ohne Durchführung einer Ersteinvernahme zugelassen.

Nach Zulassung des Verfahrens wurde der BF am 15.11.2012 von dem zur Entscheidung berufenen Organwalter des Bundesasylamtes, in Folge belangte Behörde, einvernommen, wobei der BF zum Fluchtgrund im Wesentlichen vorbrachte, dass die Taliban ihn in der Nähe des Hauses seiner Familie mitnehmen wollten, weil er der älteste Sohn der Familie gewesen sei. Sie hätten gemeint, dass von jedem Haus ein Mitglied bei den Taliban sein müsse. Sein Vater habe das nicht gewollt und er habe ihnen gesagt: "Er ist mein älterer Sohn, ich kann ihn nicht zu euch schicken!" Einmal sei er (der BF) unterwegs gewesen, um mit seinen Freunden Cricket zu spielen. Auf dem Weg habe ihn ein Auto angehalten. Es seien vier bis fünf Leute ausgestiegen und hätten ihn betäubt. Sie hätten ihn dann in ein Gebirge gebracht, dieses Gebirge hieße XXXX. Er sei dort vier bis fünf Tage in einem Zimmer festgehalten worden. Dann habe er in der Nacht Schüsse gehört. Die Taliban hätten gegen andere gekämpft. In diesem Zimmer sei ein kleines Fenster gewesen. Als er gehört habe, dass die Taliban mit Kämpfen beschäftigt gewesen seien, sei er durch dieses Fenster geflüchtet. Als er aus diesem Fenster gesprungen sei, habe er sich sein Bein verletzt. Er sei bis nach XXXX gelaufen. Von dort habe er den Bus genommen und sei nach Hause gefahren. Dann hätten die Taliban seinen Vater und ihn immer bedroht. Sie hätten immer angerufen und Briefe geschickt. Sie hätten seinem Vater gesagt: "Wir werden deinen Sohn diesmal umbringen, weil er geflüchtet ist". Sein Leben sei dort in Gefahr gewesen. Dann habe er Geld von seinem Onkel und ein paar Freunden bekommen und sei ausgereist. Die Probleme mit den Taliban hätten im Juli 2011 begonnen.

Mit Bescheid vom 31.01.2013, Zl. XXXX, wies die belangte Behörde den Antrag auf internationalen Schutz ab und erkannte dem Beschwerdeführer den Status eines Asylberechtigten nicht zu (Spruchpunkt I.), erkannte ihm den Status eines subsidiär Schutzberechtigten nicht zu (Spruchpunkt II.) und wies den Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan aus.

Festgestellt wurde, dass der BF keine Beweismittel in Vorlage brachte und von der belangten Behörde die angeführten niederschriftlichen Einvernahmen zur Entscheidungsfindung herangezogen worden seien.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass seine Identität nicht feststehe. Er sei afghanischer Staatsangehöriger.

Das Vorbringen des BF zu den Fluchtgründen werde den Feststellungen nicht zu Grunde gelegt. Es könne nicht festgestellt werden, dass er zu befürchten hätte, in Afghanistan verfolgt zu werden. Das Vorbringen zum Fluchtgrund sei als nicht glaubhaft zu bezeichnen.

Eine Verfolgung in seinem Herkunftsstaat Afghanistan könnte ebenso wenig festgestellt werden wie eine Bedrohungssituation im Falle seiner Rückkehr.

Mit undatiertem Schreiben erhob der BF am 13.02.2013 Beschwerde. Diese wurde dem Asylgerichtshof an 19.02.2013 vorgelegt.

Mit Wirksamkeit 01.01.2014 wurde das nunmehr zur Behandlung der Beschwerde zuständige Bundesverwaltungsgericht (in der Folge: BVwG) eingerichtet und die Rechtssache am 25.02.2014 der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung zugewiesen.

Im Verfahren vor dem BVwG wurde das ungarische Amt für Einwanderung und Staatsbürger, Regionaldirektion für die Tiefebene Nord, Abteilung Flüchtlingswesen, im Wege der belangten Behörde um Übermittlung der Asylakten des dortigen Asylverfahrens betreffend den BF ersucht.

Mit Mail vom 22.04.2014 wurden diese an das BVwG übermittelt.

In seiner Einvernahme in den Amtsräumen der Regionaldirektion für die Nördliche Tiefebene in Nyírbátor, H-4300 Nyírbátor, Bocskai út 2-4, am 29 März 2012 um 15.00 Uhr, gab der BF zu seinen persönlichen Daten folgendes an:

"Familienname: XXXX

Vorname: XXXX

Geschlecht: männlich

Geburtsort und Datum : Pakistan, Provinz XXXX, XXXX, XXXX (richtigerweise XXXX)

Gegenwärtige Staatsbürgerschaft: pakistanisch

Frühere Staatsbürgerschaft: Keine/staatenlos

Vater: XXXX

Mutter: XXXX

Familienstand: ledig

Wohnadresse: - gegenwärtig: Bewachtes Quartier des Polizeipräsidiums für das Komitat Szabolcs-Szatmár-Bereg, H-4300 Nyírbátor, Bocskai út 2-4.

- in seiner Heimat: Pakistan, Provinz XXXX, Komitat XXXX, Bezirk XXXX, Stadt XXXX, Bezirk XXXX, Gebiet: XXXX, XXXX

Muttersprache/n: Urdu, Paschtu

Gesprochene Sprachen: wenig Englisch

Religion: sunnitischer Mohammedaner

Beruf: Glasermeister

Schulbildung: 10 Klassen (1.-4. Klasse Middle School XXXX, 5.-10. Klasse Government High School Nr. 2. XXXX)"

Zur Reiseroute und zum Fluchtgrund gab er folgendes an:

"Pakistan (August 2011) - Iran (2 Tage) - Türkei (6 Tage) - Griechenland (1,5 Monate, er hat nicht um Asyl angesucht) - Mazedonien (18 Tage) - Serbien (12 Tage in der Gegend von Subotica/Szabadka, er hat nicht um Asyl angesucht, hat keine Behörde getroffen) - Ungarn - Österreich - (er weiß nicht, wie lange er dort war) - Ungarn.

Zeitpunkte und zeitliche Dauer der Reise: Pakistan-August 2011, ich wollte bis Österreich kommen, weil ich dort Asyl beantragen wollte. Meine Reise bis Österreich hat 350.000,-- pakistanische Rupien und €

2.500,-- gekostet, ich habe mein Haus verkauft und mir auch noch Geld geliehen.

Frage: Dies ist Ihr zweites Anerkennungsansuchen. Sie haben das erste Ansuchen als afghanischer Staatsbürger eingereicht, dieses haben wir zurückgewiesen und unsere Entscheidung ist vom Gericht anerkannt worden. Sie werden ersucht zu erklären, warum Sie Ihr erstes Ansuchen als afghanischer Staatsbürger eingereicht haben, beziehungsweise warum Sie wieder ein Anerkennungsansuchen eingereicht haben?

Antwort: Im Zuge meiner Reise sagte jeder, mein Ansuchen würde abgewiesen werden und ich würde für vier Jahre eingesperrt werden, wenn ich mich nicht als Afghane bekenne. Das hat mich erschreckt, darum habe ich zuerst als Afghane um Asyl angesucht. Ich habe neuerlich um Asyl angesucht, weil ich in Pakistan Probleme habe.

Frage: Warum beantragen Sie Asyl? Welchen konkreten Grundes wegen haben Sie Ihre Heimat verlassen?

Antwort: Mein Vater war Regionalvertreter der XXXX an meinem Wohnort, in XXXX. An unserem Wohnort gab es Gas-, Wasser- und Stromprobleme. Über meinem Vater stand in der XXXX ein Mann namens XXXX, mein Vater hatte sich wegen der oben beschriebenen Probleme des Öfteren an ihn gewandt, und er versprach immerzu, er werde Maßnahmen treffen, doch schließlich geschah nie etwas.

Der Vertreter eines anderen, nahe gelegenen Bezirkes, XXXX, war XXXX, ein Mitglied der PPP. XXXX hatte schließlich meinen Vater aufgesucht und ihm vorgeschlagen, sämtliche Probleme der Menschen zu lösen, falls mein Vater und auch die Einwohner des Bezirkes bei den folgenden Wahlen ihre Stimme auf seinen Vorgesetzten bei der PPP abgeben würden. Mein Vater hatte ihm versprochen, mit den Menschen zu reden, und ihm eine Antwort zu erteilen. XXXX wollte außerdem, dass mein Vater das Angebot später auch schriftlich annehmen solle. Mein Vater sprach mit den Menschen und unterbreitete ihnen das Angebot, worauf diese sagten, sie würden dem ihre Stimme geben, der auch etwas für sie tue, sie haben das Angebot also angenommen. Mein Vater hatte daraufhin XXXX angerufen und ihm gesagt, der Plan könne beginnen, weil die Einwohner angenommen haben. Daraufhin begannen die Leute von der PPP, Transformatoren zu bauen, sie verlegten neue, größere Rohre für Wasser und Gas. Diese ganze Investition wurde im Mai 2011 getätigt. Als die Arbeiten begonnen wurden, rief XXXX meinen Vater zu sich und zog ihn zur Verantwortung, warum er sich an die PPP gewandt hätte. Mein Vater entgegnete, die Menschen hätten das so gewollt, woraufhin sein Chef sagte, wer ihr Freund sei, der sei ihr Freund, wer aber ihr Feind sei, dem würden sie es schon zeigen, also hat er meinem Vater gedroht. Eines Tages, als ich gerade bei einem Haus arbeitete, und nur mein Bruder, mein Vater und der Cousin meines Vaters in der Glaserwerkstatt waren, die sich an der Ecke unsrer Straße befand, begannen die Kriminellen von der XXXX, sie trugen rote Mützen, von der Straße her auf unser Geschäft zu schießen. Im Zuge dessen ist mein älterer Bruder gestorben (Treffer im Schädel und im Brustkorb), mein Vater wurde verwundet (Treffer an beiden Beinen), sein Cousin ist gestorben. Außerdem wurde noch ein Passant am Bein verletzt. Die Angreifer hatten unser Geschäft von einem Auto aus unter Feuer genommen. Das geschah am 25. Juni 2011. Dann wurde ich von zu Hause angerufen, ich erfuhr, was geschehen war und machte bei der Polizei die Anzeige, doch ist dort nichts geschehen, denn dort ist jeder Anführer von der ANP. Ich suchte XXXX von der PPP auf, mit dem ich zu XXXX ging, doch konnten wir ihn nicht persönlich treffen, weil er sich immer wieder verleugnen ließ. Dann wurde mein Vater von jemandem angerufen, der sagte ihm, du bist davongekommen, aber das nächste Mal kommst du nicht davon. An einem anderen Tag im Juli 2011 - ich war gerade auf der XXXX-Straße unterwegs - fuhr auf einmal ein Auto mit Bewaffneten an mir vorbei. Daraufhin lief ich in eine Gasse hinein und konnte fliehen. Danach verkaufte mein Vater alle unsere Habe, sie fuhren nach XXXX und mich schickte er nach Österreich. Ich bin deshalb nicht dort geblieben, weil ich mich in Gefahr befunden habe. Mein Vater ist lahm geworden, ihm tat man nichts zuleide, auch meinen jüngeren Geschwistern tat man nichts an. Seitdem erhält mein Onkel die Familie, sie leben im Verkehrsvereine, somit wurden sie seitdem nicht angegriffen. Meine Familie besteht zurzeit aus meinen Eltern, meinem jüngeren Bruder, meiner jüngeren und meiner älteren Schwester, meinen Bruder haben sie umgebracht. Übrigens gab es letzte Woche drei Explosionen in Peshawar. Die Sicherheitslage ist sehr schlecht, es gibt immer wieder Explosionen.

Frage: Gab es auch einen anderen Grund dafür, dass Sie Pakistan verlassen haben, beziehungsweise dafür, dass Sie gegenwärtig nicht dorthin zurückkehren wollen?

Antwort: Es gab keinen anderen Grund und es gibt auch jetzt keinen.

Landeskundliche Fragen zum Herkunftsland:

Frage: Geben Sie mir Gemeinden in der Gegend von XXXX beziehungsweise in der Gegend von XXXX an!

Antwort: Die Städte XXXX, XXXX, XXXX, XXXX; XXXX, XXXX, XXXX, XXXX, XXXX, XXXX, XXXX, XXXX, XXXX, XXXX. Bezirke: XXXX, XXXX, XXXX, XXXX, XXXX. Sehenswürdigkeiten: In der Stadt gibt es ein Krankenhaus:

XXXX, XXXX, XXXX. Wenn wir aus der Stadt Richtung XXXX fahren, da ist das berühmte XXXX.

Frage: Gibt es Flüsse oder Seen in der Gegend von XXXX?

Antwort: Flüsse gibt es keine in unsrer Gegend, nur Bäche.

Frage: Was würde mit Ihnen geschehen, wenn Sie nach Pakistan zurückkehren würden?

Antwort: Das würde mir schlecht bekommen, die mit den roten Mützen könnten mich in dem Moment töten, wenn ich den Flugplatz verlasse."

Mit Zahl XXXX stellte das Amt für Einwanderung und Staatsbürgerschaft das detaillierten Untersuchungsverfahrens des pakistanischen Staatsbürgers XXXX, Identifikationszahl: XXXX, ein und führte aus:

"Im Zuge des detaillierten Untersuchungsverfahrens auf Grund des Anerkennungsansuchens des XXXX (Geschlecht: männlich, geboren am XXXX in Pakistan, XXXX, Mutter: XXXX), Ausländische Wohnadresse:

Land: Pakistan, Provinz XXXX, Komitat XXXX, Bezirk XXXX, Stadt XXXX,

Bezirk XXXX, Gebiet: XXXX, XXXX-Straße, Aufenthaltsort in Ungarn:

Bewachtes Quartier des Polizeipräsidiums für das Komitat Szabolcs-Szatmár-Bereg, Postleitzahl: H-4300 Stadt: Nyírbátor,

Straße: Bocskai út Hausnummer: 2-4.

Pakistanischer Staatsbürger, alias: XXXX, (Geschlecht: männlich, geboren am XXXX in Afghanistan, XXXX, Mutter: XXXX), afghanischer Staatsbürger, hat das Amt für Einwanderung und Staatsbürgerschaft in seiner Funktion als Behörde für Flüchtlingswesen vorgehend den folgenden

Bescheid

erlassen: in Hinblick auf die Übergabe des Ansuchenden um Anerkennung wird das Verfahren zur detaillierten Untersuchung eingestellt.

Gegen diesen Bescheid kann kein Rechtsmittel eingelegt werden.

Der Ansucher um Anerkennung erhielt persönliche Kostenfreiheit.

BEGRÜNDUNG:

Der pakistanische Staatsbürger XXXX hat am 23. März 2012 ein erneutes Ansuchen um Anerkennung gestellt. Die Abteilung für Flüchtlingswesen der Regionalen Direktion der Tiefebene Nord des BÁH hat das Verfahren zum Flüchtlingswesen eingeleitet, sodann im Zuge der vorausgehenden Untersuchung seinen Bescheid vom 23. April 2012 unter der Zahl XXXX erlassen, in dem es das Ansuchen um Anerkennung zu einer detaillierten Untersuchung verwiesen hat. Die Abteilung für Flüchtlingswesen der Regionalen Direktion der Tiefebene Nord des BÁH hat in der Folge, am 25. April 2011 die Behörde für Flüchtlingswesen dahingehend informiert, dass der Genannte im Zuge des fremdenpolizeilichen Verfahrens am 11. April 2011 an Serbien übergeben wurde.

In Anbetracht des Obigen wurde das Verfahren zur detaillierten Untersuchung auf Grund des Gesetzes über das Asylrecht aus dem Jahr 2007, Nr. LXXX (im Weiteren: Met.) § 66. Absatz (2) Punkt a), § 52. Absatz (2) Punkt c) und § 54. eingestellt.

Auf Grund der Regierungsverordnung 180-2005 (IX.9.) über die Feststellung der persönlichen Kostenfreiheit § 4. Absatz (2) Punkt

d) hat die Behörde für Flüchtlingswesen auf Grund seiner Vermögenserklärung im Zuge der Anhörung dem Genannten die persönliche Kostenfreiheit zugesichert, auf Grund derer der Genannte in Hinblick auf Versorgung und Unterstützungen im Sinne der Regierungsverordnung 301/2007 (XI.9.) § 15. Absatz (1) Punkte a)-c) als bedürftig anzusehen ist.

Für den Antragssteller wurde im Zeitraum des Verfahrens kein humanitäres Aufenthaltserlaubnis ausgestellt, da er dazu auf Grund des Gesetzes aus 2007, LXXX., § 54. Punkt b) nicht berechtigt war."

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Anzuwendendes Recht:

Mit 01.01.2006 ist das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der geltenden Fassung) und ist auf die ab diesem Zeitpunkt gestellten Anträge auf internationalen Schutz, sohin auch auf den vorliegenden, anzuwenden.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 75 Abs. 19 AsylG sind alle mit Ablauf des 31.12.2013 beim Asylgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren ab 01.01.2014 vom BVwG nach Maßgabe des Abs. 20 zu Ende zu führen.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellungen des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen, in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

§ 1 BFA-Verfahrensgesetz-BFA-VG, BGBl I Nr. 87/2012 in der Fassung BGBl. I Nr. 144/2013, bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG 2005 und Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG bleiben unberührt.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 in der geltenden Fassung, entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA das BVwG.

§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmten für Beschwerdevorbringen und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.

Gemäß § 15 AsylG hat der Asylwerber am Verfahren nach diesem Bundesgesetz mitzuwirken und insbesondere ohne nötigen Aufschub seinen Antrag zu begründen und alle zur Begründung des Antrags auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte über Nachfrage wahrheitsgemäß darzulegen.

Gemäß § 18 AsylG hat die Behörde in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen darauf hinzuwirken, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben über die zur Begründung des Antrages geltend gemachten Umstände vervollständigt, die Bescheinigungsmittel für die Angaben bezeichnet oder die angebotenen Bescheinigungsmittel ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen. Erforderlichenfalls sind Bescheinigungsmittel auch von Amts wegen beizuschaffen.

Die gegenständliche - noch an den Asylgerichtshof gerichtete, zulässige und rechtzeitige - Beschwerde wurde am 13.02.2013 beim Bundesasylamt eingebracht und ist beim Asylgerichtshof am 19.02.2013 eingelangt. Da sie sich gegen einen Bescheid des Bundesasylamtes richtet, der vor dem 31.12.2013 erlassen wurde, ist der erkennende Einzelrichter des BVwG für die Entscheidung zuständig.

Weder im Bescheid der belangten Behörde vom 14.12.2011, Zl. XXXX, noch im Bescheid vom 31.01.2013, Zl XXXX, finden sich Feststellungen zur Herkunft und Identität des BF.

Im Hinblick auf die in ungarischen Verfahren gemachten detaillierten Angaben des BF zu seiner Staatsangehörigkeit und zu seinen Fluchtgründen kann somit die afghanische Staatsbürgerschaft nicht mehr als gesichert vorausgesetzt werden und wird im fortgesetzten Verfahren zu klären sein, welche Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführer nunmehr besitzt.

Es ist festzuhalten, dass die belangte Behörde in Bezug auf die Ermittlung der Sachlage bezüglich der Frage der Staatsangehörigkeit und Identität des BF nicht mit der ihr gebotenen Genauigkeit und Sorgfalt vorangegangen ist und die Sachlage nicht ausreichend erhoben hat.

Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts verstößt das Prozedere der belangten Behörde gegen die in § 18 Abs. 1 AsylG normierten Ermittlungspflichten. Die Asylbehörden haben in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen durch Fragestellung oder in anderer geeigneter Weise darauf hinzuwirken, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben über die zur Begründung des Antrages geltend gemachten Umstände vervollständigt, die Beweismittel für diese Angaben bezeichnet oder an angebotenen Beweismittel ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen. Erforderlichenfalls sind Beweismittel auch von Amts wegen beizuschaffen.

Diese Rechtsnorm, die eine Konkretisierung der aus § 37 AVG in Verbindung mit § 39 Abs. 2 leg. cit. hervorgehenden Verpflichtung der Verwaltungsbehörde, den maßgeblichen Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln und festzustellen, ist, hat die belangte Behörde in diesem Verfahren missachtet, zumal es ihr zuzumuten ist, die für das Asylverfahren in Ungarn relevanten Unterlagen anzufordern und allenfalls in ihre Entscheidung miteinzubeziehen.

Im gegenständlichen Fall sind die angefochtenen Bescheide der belangten Behörde und das diesem zugrunde liegende Verfahren im Ergebnis so mangelhaft, dass die Zurückverweisung der Angelegenheit an die belangte Behörde zur Erlassung eines neuen Bescheides unvermeidlich erscheint.

Die Vornahme der angeführten Feststellungen und Erhebungen durch das Bundesverwaltungsgericht selbst verbietet sich unter Berücksichtigung der oben dargestellten Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes und unter Effizienzgesichtspunkten, zumal diese grundsätzlich vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl durchzuführen sind.

Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde den dargestellten Mangel zu verbessern und in Wahrung des Grundsatzes des Parteiengehörs dem Beschwerdeführer die Ermittlungserkenntnisse zur Kenntnis zu bringen haben.

Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

In der rechtlichen Beurteilung wurde unter Bezugnahme auf die Judikatur des VwGH ausgeführt, dass im erstbehördlichen Verfahren notwendige Ermittlungen unterlassen wurden. Betreffend die Anwendbarkeit des § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG im gegenständlichen Fall liegt keine grundsätzliche Rechtsfrage vor, weil § 28 Abs. 3 2. Satz inhaltlich § 66 Abs. 2 AVG (mit Ausnahme des Wegfalls des Erfordernisses der Durchführung einer mündlichen Verhandlung) entspricht, sodass die Judikatur des VwGH betreffend die Zurückverweisung wegen mangelhafter Sachverhaltsermittlungen heranzuziehen ist. Im Übrigen trifft § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ein klare Regelung (im Sinne der Entscheidung des OGH vom 22.03.1992, 5Ob105/90), weshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

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