Normen
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art139 Abs1 Z2
StGG Art2
Örtlicher Entwicklungskonzeptteil Nr 1 Änderung Nr 1.20 des Gemeinderats der Gemeinde Hinterstoder vom 27.11.2019
Flächenwidmungsteil Nr 5 Änderung Nr 5.65 des Gemeinderats der Gemeinde Hinterstoder vom 27.11.2019
Bebauungsplan Nr 24 "Peham Villa" des Gemeinderats der Gemeinde Hinterstoder vom 04.05.2021
Oö BauO 1994 §31
Oö RaumOG 1994 §2, §18, §21, §23, §31, §33, §36
Oö GemeindeO 1990 §54
ZPO §272, §292
VfGG §7 Abs1, §35
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2023:V73.2023
Spruch:
I. 1. Der Örtliche Entwicklungskonzeptteil Nr 1 Änderung Nr 1.20, beschlossen vom Gemeinderat der Gemeinde Hinterstoder am 27. November 2019, aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 15. Mai 2020 und kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 28. Mai bis zum 12. Juni 2020,
2. der Flächenwidmungsteil Nr 5 Änderung Nr 5.65, beschlossen vom Gemeinderat der Gemeinde Hinterstoder am 27. November 2019, aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 15. Mai 2020 und kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 28. Mai bis zum 12. Juni 2020, und
3. der Bebauungsplan Nr 24 "Peham Villa", beschlossen vom Gemeinderat der Gemeinde Hinterstoder am 4. Mai 2021, aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 27. Mai 2021 und kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 2. bis zum 17. Juni 2021,
werden als gesetzwidrig aufgehoben.
II. Die Oberösterreichische Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Landesgesetzblatt für Oberösterreich verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Anlassverfahren, Prüfungsbeschluss und Vorverfahren
1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zur Zahl E3500/2022 eine auf Art144 B‑VG gestützte Beschwerde anhängig, der folgender Sachverhalt zugrunde liegt:
1.1. 2007 erwarb die – im Alleineigentum der Gemeinde Hinterstoder stehende – *** GmbH das Grundstück Nr 441/2, EZ 175, KG Hinterstoder, vom Land Oberösterreich, das darauf zuvor ein Landeserholungsheim ("Villa Peham") betrieben hatte. Zu diesem Zeitpunkt war der nordwestliche Teil der Liegenschaft als "Sondergebiet des Baulandes – Tourismusgebiet" gewidmet, wohingegen der südöstliche Teil der Liegenschaft als Grünland gewidmet war.
Nachdem 2015 das erwähnte Gebäude abgebrannt war, beabsichtigte die beteiligte Partei, die Liegenschaft zu erwerben und für touristische Zwecke zu nutzen, weshalb sie beim Gemeinderat der Gemeinde Hinterstoder die Umwidmung der als Grünland gewidmeten Fläche in "Sondergebiet des Baulandes – Tourismusgebiet" anregte.
Der Gemeinderat entsprach dieser Anregung durch die Änderung Nr 1.20 des Örtlichen Entwicklungskonzeptteiles Nr 1 sowie die Änderung Nr 5.65 des Flächenwidmungsteiles Nr 5 des Flächenwidmungsplanes. Der vom 28. Mai bis zum 12. Juni 2020 an der Amtstafel angeschlagenen Kundmachung ist zu entnehmen, dass die Änderungen vom Gemeinderat am 27. November 2019 beschlossen und mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 15. Mai 2020 aufsichtsbehördlich genehmigt wurden.
Mit Kaufvertrag vom 27. März 2020 erwarb die beteiligte Partei sodann die Liegenschaft von der *** GmbH.
Ebenfalls über Anregung der beteiligten Partei beschloss der Gemeinderat der Gemeinde Hinterstoder in seiner Sitzung vom 4. Mai 2021 für die betroffene Fläche den Bebauungsplan Nr 24 "Peham Villa", der mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 27. Mai 2021 aufsichtsbehördlich genehmigt und mit Kundmachung vom 2. bis zum 17. Juni 2021 verlautbart wurde.
1.2. Mit Bescheid vom 11. Oktober 2021 erteilte der Bürgermeister der Gemeinde Hinterstoder der beteiligten Partei sodann die Bauplatzbewilligung für die gegenständliche Liegenschaft (Spruchpunkt I.) sowie die Baubewilligung zur Errichtung eines Campingplatzes (Spruchpunkt II.).
1.3. Der Beschwerdeführer im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof zu E3500/2022 erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich, das diese mit Erkenntnis vom 15. November 2022 abwies.
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich führt darin aus, dass der Beschwerdeführer Nachbar im Sinne der Oö. BauO 1994 sei, weshalb ihm hinsichtlich der Einhaltung des Flächenwidmungsplanes nur dann ein Rechtsanspruch zukomme, wenn die Widmung auch dem Interesse des Nachbarn diene, also etwa Immissionsschutz gewähre. Das sei hier aber nicht der Fall. Abgesehen davon sei das Bauvorhaben ohnedies widmungskonform.
2. Bei der Behandlung der gegen diese Entscheidung gerichteten Beschwerde sind im Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit des Örtlichen Entwicklungskonzeptteiles Nr 1 Änderung Nr 1.20 sowie des Flächenwidmungsteiles Nr 5 Änderung Nr 5.65 und des Bebauungsplanes Nr 24 "Peham Villa" entstanden. Der Verfassungsgerichtshof hat daher am 28. Juni 2023 beschlossen, die drei genannten Verordnungen von Amts wegen auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfen.
Der Verfassungsgerichtshof legte seine Bedenken, die ihn zur Einleitung der Verordnungsprüfungsverfahren bestimmt haben, in seinem Prüfungsbeschluss wie folgt dar:
"3. Der Verfassungsgerichtshof hegt gegen den in Prüfung gezogenen Örtlichen Entwicklungskonzeptteil Nr 1 Änderung Nr 1.20 und den Flächenwidmungsteil Nr 5 Änderung Nr 5.65 das Bedenken, dass diese Verordnungen wegen Verletzung der in §§33 und 36 Oö. ROG 1994 enthaltenen verfahrensrechtlichen Vorgaben nicht rechtmäßig zustande gekommen sind und die darin getroffenen Festlegungen auch sonst nicht den Vorgaben des Oö. ROG 1994 entsprechen:
3.1. Gemäß §36 Abs2 Z1 Oö. ROG 1994 können Flächenwidmungspläne geändert werden, wenn öffentliche Interessen dafür sprechen, die nach diesem Landesgesetz bei der Erlassung von solchen Plänen zu berücksichtigen sind, insbesondere Interessen einer ökologischen Energienutzung. Für das Verfahren gelten gemäß §36 Abs4 leg cit die Bestimmungen des §33 Abs2 bis 12 leg cit
3.1.1. Nach §33 Abs3 erster Satz Oö. ROG 1994 ist hinsichtlich der beabsichtigten Änderung vor der Beschlussfassung durch den Gemeinderat die öffentliche Einsicht in den Plan beim Gemeindeamt zu ermöglichen. Dabei ist gemäß dem vierten Satz der leg cit auf die Möglichkeit zur öffentlichen Einsicht und der Einbringung von Anregungen oder Einwendungen während der vierwöchigen Einsichtsfrist an der Amtstafel und auf der Internetseite der Gemeinde hinzuweisen. Ein Verstoß gegen diese Verpflichtung ist ein erheblicher Verfahrensmangel (VfGH 15.3.2022, V317/2021, mwN), zumal Verletzungen der Bestimmungen über die Auflage des Planentwurfs und ihre öffentlichen Kundmachung nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl VfSlg 8463/1978, 9150/1981, 10.208/1984, 12.785/1991, 15.300/1998) zur Gesetzwidrigkeit der Flächenwidmungsplanänderung führen, wenn dadurch die Unterrichtung der betroffenen Gemeindebürger über die beabsichtigten Planungsmaßnahmen beeinträchtigt wird.
3.1.2. Der Gemeinderat der Gemeinde Hinterstoder wies mit Kundmachung vom 30. September 2020 in folgender Weise auf die beabsichtigte Änderung des Flächenwidmungsplanes hin: 'Gemäß §33 Abs1 OÖ. ROG 1994, LGBl.Nr 114/1993 i.d.g.F. wird diese Flächenwidmungsplanänderung öffentlich kundgemacht. Während der Kundmachungsfrist kann in den Entwurf während der Amtsstunden Jedermann Einsicht nehmen.' Abgesehen davon, dass in der Kundmachung – offenbar irrtümlich – §33 Abs1 Oö. ROG 1994 und nicht Abs3 leg cit genannt wurde, fehlte darin der gesetzlich geforderte Hinweis auf die Möglichkeit der Einbringung von Anregungen oder Einwendungen. Es besteht daher das Bedenken, dass damit die Allgemeinheit nicht ordnungsgemäß über die Möglichkeit zur Einbringung von Anregungen oder Einwendungen informiert wurde. Zwar ist eine solche Veröffentlichung des Flächenwidmungsplanes gemäß §36 Abs4 iVm §33 Abs3 und 4 Oö. ROG 1994 nicht erforderlich, wenn die von der Planänderung Betroffenen vor der Beschlussfassung nachweislich verständigt oder angehört werden. Für den Verfassungsgerichtshof ist allerdings vorläufig nicht erkennbar, ob alle Betroffenen von der Beschlussfassung verständigt wurden (vgl VfGH 15.3.2022, V317/2021).
3.2. Überdies ist beim Verfassungsgerichtshof das Bedenken entstanden, dass es keinen sachlichen Grund für die durch den Örtlichen Entwicklungskonzeptteil Nr 1 Änderung Nr 1.20 sowie den Flächenwidmungsteil Nr 5 Änderung Nr 5.65 bewirkte Erweiterung der im Bereich der ehemaligen 'Villa Peham' bestehenden Widmung als 'Sondergebiet des Baulandes – Tourismusgebiet' gibt.
3.2.1. Der Gleichheitsgrundsatz bindet auch den Verordnungsgeber (vgl zu Verordnungen VfSlg 17.960/2006, 19.033/2010). Er setzt ihm insofern inhaltliche Schranken, als er verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen (vgl etwa VfSlg 14.039/1995, 16.407/2001). Der Umstand alleine, dass die Erlassung eines Raumordnungsplanes im Hinblick auf ein konkretes Vorhaben erfolgt, der Planinhalt also nicht abstrakt, sondern unter Berücksichtigung bestehender Bauvorhaben erstellt wird, ist zwar nicht per se gesetzwidrig (vgl VfSlg 13.825/1994, 14.757/1997); es müssen aber dabei die gesetzlichen Vorgaben erfüllt werden (VfSlg 19.710/2012) und die Erlassung des Raumordnungsplanes muss sachlich gerechtfertigt im Sinne von Art7 B‑VG und Art2 StGG sein (VfSlg 13.825/1994, 15.939/2000).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zum Raumplanungsrecht (vgl etwa VfSlg 8280/1978, 10.711/1985, 12.926/1991, 19.890/2014) kommt den gesetzlichen Planungszielen besondere Bedeutung zu (vgl etwa VfSlg 16.032/2000, 17.015/2003). Auf den Raumordnungsgesetzen beruhende Vollzugsakte haben sich daher an diesen Planungszielen auszurichten (Leitl‑Staudinger, Überörtliche und örtliche Raumplanung, in: Hauer/Nußbaumer [Hrsg.], Österreichisches Raum- und Fachplanungsrecht, 2006, 95 [110]; ebenso VfGH 24.6.2021, V18/2019; 30.11.2021, V600/2021; 15.3.2023, V300/2021).
3.2.2. Der Verfassungsgerichtshof geht auf Grundlage der vorliegenden Akten vorläufig davon aus, dass es sich bei der 'Villa Peham' um einen historisch bedingten Siedlungssplitter handelt, für dessen Erweiterung keine sachlichen Gründe im Sinne von Art7 B‑VG und Art2 StGG bestehen dürften. Insbesondere vermag es den Verfassungsgerichtshof vorerst nicht zu überzeugen, dass der Abriss der 'Villa Peham' – deren vormalige Nutzung als Landeserholungsheim in einem denkmalgeschützten Gebäude offenbar der Grund für die bestehende Widmung als 'Sondergebiet des Baulandes – Tourismusgebiet' zu sein scheint – eine ausreichende Rechtfertigung für die Erweiterung des bestehenden Siedlungssplitters gibt. Das im Örtlichen Entwicklungskonzept festgelegte Ziel der Weiterentwicklung und Qualitätsverbesserung bestehender Institutionen des Tourismus (S 82, 'Tourismus' Nr 1d), auf das im Schreiben des Ortsplaners vom 22. September 2019 hingewiesen wird, vermag an dieser Einschätzung nach dem vorläufigen Dafürhalten des Verfassungsgerichtshofes nichts zu ändern. Sowohl die Raumordnungsziele der 'Vermeidung von Zersiedelung' (§2 Abs1 Z7 Oö. ROG 1994) und des umfassenden Schutzes der Umwelt vor schädlichen Einwirkungen (§2 Abs1 Z1 Oö. ROG 1994) als auch die Festlegungen des Örtlichen Entwicklungskonzeptes der Gemeinde Hinterstoder lassen die Umwidmung gesetzwidrig erscheinen. Dem Örtlichen Entwicklungskonzept lässt sich insoweit unter anderem entnehmen, dass Siedlungssplitter zu vermeiden und Rückwidmungen zur Sicherung der Landschaft fortzusetzen seien (S 83 f, 'Raumordnung‑Naturraum', Nr 2b und 2d). Ebenso vorgesehen ist 'eine gänzliche Freihaltung der Landschaft links der Steyr von neuer Bebauung, beginnend nach der Bebauung im Ortskern bis Talschluss' (S 83, 'Raumordnung‑Naturraum', Nr 2c), also gerade in jenem Gebiet, in dem sich die gegenständliche Liegenschaft befindet.
Es kann im Übrigen an dieser Stelle dahingestellt bleiben, ob der Untergang der 'Villa Peham' allenfalls eine Rückwidmung der – bereits vor der gegenständlichen Änderung des Flächenwidmungsplanes – bestehenden Widmung als 'Sondergebiet des Baulandes – Tourismusgebiet' in Grünland indizieren könnte.
3.3. Gemäß §36 Abs6 Oö. ROG 1994 ist die Änderung des Flächenwidmungsplanes durch den Gemeinderat zu begründen, wobei der Begründung oder den Planungsunterlagen überdies die erforderliche Grundlagenforschung und Interessenabwägung zu entnehmen sein muss. Die Begründung muss sich insbesondere mit den öffentlichen Interessen im Sinne von §36 Abs2 Z1 Oö. ROG 1994 und den in Z2 leg cit angesprochenen Planungszielen auseinandersetzen (VfGH 15.3.2023, V300/2021 ua). Darüber hinaus muss die erforderliche Grundlagenforschung aus dem Verordnungsakt ebenso erkennbar sein wie die gebotene Interessenabwägung (zur Erkennbarkeit der Entscheidungsgrundlagen siehe etwa VfGH 19.9.2022, V48/2021; 29.9.2021, V462/2020).
3.3.1. Dem Protokoll zum Beschluss des Gemeinderates vom 27. November 2019 lässt sich entnehmen, dass Äußerungen verschiedener Stellen vorlägen, wobei eine dieser Stellungnahmen auszugsweise wiedergegeben wird. Nach Aufzählung einiger weiterer Punkte schließt das Protokoll mit dem Vermerk: 'Da die Stellungnahmen bereits am 25.11.2019 eingehend im Ausschuss für örtliche und regionale Raumplanung behandelt wurden, gibt es keine weiteren offenen Fragen mehr.' In weiterer Folge stellte der Vorsitzende den Antrag an den Gemeinderat, 'die Flächenwidmungsplanänderung Nr 5.65 (Beilage 6) zu beschließen und die eingegangenen Stellungnahmen zur Kenntnis zu nehmen'. Dieser Antrag wurde einstimmig angenommen. Dem vorgelegten Verordnungsakt ist aber weder die verwiesene 'Beilage 6' noch ein Protokoll der Ausschusssitzung vom 25. November 2019 zu entnehmen.
3.3.2. Vor diesem Hintergrund ist beim Verfassungsgerichtshof das Bedenken entstanden, dass der Gemeinderat von Hinterstoder seiner Pflicht zur Begründung der Änderung des Flächenwidmungsplanes nicht nachgekommen ist, zumal der Gemeinderat die vorgeschlagene Änderung ohne weitergehende Auseinandersetzung beschlossen zu haben scheint.
3.3.3. In diesem Zusammenhang ist zudem das Bedenken entstanden, dass die erforderliche Grundlagenforschung fehlt.
3.3.3.1. Im Verordnungsakt findet sich eine Stellungnahme des Ortsplaners vom 22. September 2019. Diese enthält eine Beschreibung des von der geplanten Umwidmung betroffenen Areals sowie Angaben zur früheren Nutzung. Aktuell werde die Liegenschaft 'Villa Peham' wegen eines Brandes im Hauptgebäude nicht mehr genutzt. Dieser Brand ermögliche allerdings eine 'völlige Neukonzeptierung des gesamten Areals für touristische Zwecke'. Es solle die widmungsgemäße Nutzung des Areals erweitert bzw ermöglicht werden; insbesondere solle ein neuer Tourismusbetrieb entstehen. Die Umwidmung entspreche dem Örtlichen Entwicklungskonzept, zumal dieses unter 'Punkt 1d Probleme – Ziele – Maßnahmen die Weiterentwicklung bestehender Institutionen und deren Qualitätsverbesserung definiert'. Nach der Beschlussfassung holte der Gemeinderat eine weitere Stellungnahme des Ortsplaners ein. Diese wurde am 15. Jänner 2020 erstattet, wobei dem Gemeinderat vom Ortsplaner unter einem ein undatiertes 'Tourismuskonzept für das Campingresort Hinterstoder' übermittelt wurde. Die Stellungnahme enthält nähere Ausführungen zur Entwicklung der Nächtigungszahlen auf Campingplätzen sowie zu den Interessen von Campinggästen, woraus geschlossen wird, dass der Standort 'Villa Peham' für die Anforderungen der Gästegruppe ideal sei und die Schaffung eines Campingplatzes daher im Interesse der Gemeinde liege. Zusätzlich solle ein Restaurantbetrieb entstehen, der Druck von den übrigen, oft überlasteten Betrieben nehme. Erneut wird auf 'Punkt 1d Probleme – Ziele – Maßnahmen' des geltenden Örtlichen Entwicklungskonzeptteiles verwiesen.
3.3.3.2. Die erforderliche Grundlagenforschung muss gemäß §36 Abs6 Oö. ROG 1994 entweder der Begründung über die Änderung des Flächenwidmungsplanes oder den Planungsunterlagen zu entnehmen sein, wobei dieser Vorgabe nur dann entsprochen wird, wenn die dafür erforderlichen Erhebungen vor dem Beschluss über die Änderungen erfolgt sind, dieser also vorausgegangen sind (vgl VfSlg 15.933/2000, 17.571/2005; VfGH 12.3.2019, E3294/2018). Nur so ist sichergestellt, dass der Gemeinderat über die für seine Entscheidung nötigen Informationen verfügt (vgl zur Unzulässigkeit einer nachträglichen Beschlussfassung über die Ziele der örtlichen Raumordnung VfSlg 12.401/1990). Es scheint daher diesen Vorgaben nicht zu entsprechen, wenn für die Grundlagenforschung notwendige Erhebungen erst nach der Beschlussfassung über die Änderung des Flächenwidmungsplanes eingeholt werden.
3.3.3.3. Der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig davon aus, dass die ergänzende Stellungnahme des Ortsplaners vom 15. Jänner 2020 ebenso Teil der erforderlichen Grundlagenforschung ist wie das Konzept über die touristische Nutzung der gegenständlichen Liegenschaft.
3.3.4. Überdies ist beim Verfassungsgerichtshof das Bedenken entstanden, dass die in §36 Abs6 Oö. ROG 1994 geforderte Interessenabwägung nicht aus den vorliegenden Akten hervorgeht.
Dem Schreiben des Ortsplaners vom 22. September 2019 ist lediglich zu entnehmen, dass die Umwidmung dem Maßnahmenkatalog des Örtlichen Entwicklungskonzeptes insoweit entspreche, als in diesem die Weiterentwicklung bestehender Institutionen und deren Qualitätsverbesserung zum Ziel erhoben wird (S 82, 'Tourismus' Nr 1d). Der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig davon aus, dass allein in diesem Verweis auf das Örtliche Entwicklungskonzept keine Interessenabwägung im Sinne des Gesetzes erblickt werden kann. Dies umso mehr, als es sich bei der gegenständlichen Liegenschaft um einen von land- und forstwirtschaftlich genutzten Flächen umgebenen Siedlungssplitter handelt, weshalb bereits die Lage der gegenständlichen Liegenschaft eine Auseinandersetzung mit den Auswirkungen der Erweiterung der Sonderwidmung auf die Umwelt zu indizieren scheint (vgl §2 Abs1 Z1 Oö. ROG 1994 zum Raumordnungsziel des umfassenden Schutzes der Umwelt vor schädlichen Einwirkungen). Hinzu kommt, dass das im Zeitpunkt der Beschlussfassung des Gemeinderates geltende Örtliche Entwicklungskonzept der Gemeinde Hinterstoder in seinem Maßnahmenkatalog zur Sicherung des Naturraumes 'eine gänzliche Freihaltung der Landschaft links der Steyr von neuer Bebauung, beginnend nach der Bebauung im Ortskern bis Talschluss' (S 83, 'Raumordnung-Naturraum', Nr 2c) vorsieht, mithin gerade in jenem Gebiet, in dem sich die gegenständliche Liegenschaft befindet. Zudem geht der Verfassungsgerichtshof vorläufig davon aus, dass die Situierung der Widmung als Siedlungssplitter dazu Anlass geben könnte, sich mit dem Raumordnungsziel der 'Vermeidung von Zersiedelung' (§2 Abs1 Z7 Oö. ROG 1994) zu beschäftigen, wobei sich dieses Ziel auch im Maßnahmenkatalog des Örtlichen Entwicklungskonzeptes der Gemeinde Hinterstoder wiederfindet (S 83, 'Raumordnung‑Naturraum', Nr 2b; ferner S 84, Nr 2d, wonach Rückwidmungen zur Sicherung der Landschaft fortzusetzen seien).
3.4. Jede Kundmachung einer Verordnung hat auf einem Beschluss des zuständigen Organs zu beruhen (so bereits VfSlg 102/1922; ferner VfSlg 7177/1973, 7451/1974), wobei der Beschluss in der Kundmachung weder ergänzt noch sonst verändert werden darf (dazu VfSlg 13.910/1994; 18.648/2008).
Ob dessen ist beim Verfassungsgerichtshof das Bedenken entstanden, dass der am 28. Mai 2020 erfolgten Kundmachung des Örtlichen Entwicklungskonzeptteiles Nr 1.20 gar kein Gemeinderatsbeschluss zugrunde liegt. Diese Kundmachung beruft sich hinsichtlich der Änderung des Örtlichen Entwicklungskonzeptteiles auf denselben Gemeinderatsbeschluss vom 27. November 2019 wie hinsichtlich der Änderung des Flächenwidmungsteiles. Aus dem Protokoll zu besagter Gemeinderatssitzung ergibt sich aber lediglich ein Beschluss zur Änderung des Flächenwidmungsteiles, nicht aber des Örtlichen Entwicklungskonzeptteiles. Da der relevante Tagesordnungspunkt mit 'Flächenwidmungsplanänderung Nr 5.65 und Änderung ÖEK Nr 1.20 – Peham Villa' übertitelt ist, besteht auch keine Veranlassung, davon auszugehen, dass die Änderung des Örtlichen Entwicklungskonzeptteiles unter einem anderen Tagesordnungspunkt beschlossen wurde. Es erscheint zwar angesichts des Verweises auf die – dem Verordnungsakt nicht angeschlossene – Beilage 6 denkbar, dass es sich hiebei um ein Vergreifen im Wortlaut handelt, zumal sich der Beschluss über die Einleitung des Änderungsverfahrens vom 28. Mai 2019 auf die 'Flächenwidmungsplan‑Änderung Nr 5.65 sowie die Änderung des OEK's (Beilage 4)' bezog, mithin also die beiden Änderungen in einer Beilage zusammengefasst waren. Ebenso ist denkbar, dass es sich um ein Versehen bei der Protokollierung der Beschlussfassung handelt. Ob dem so ist, wird das gegenständliche Verordnungsprüfungsverfahren erweisen.
3.5. Der Entwicklungskonzeptteil des Flächenwidmungsplanes (§18 Abs1 Z2 Oö. ROG 1994) ist gemäß §18 Abs2 Oö. ROG 1994 Grundlage des Flächenwidmungsteiles des Flächenwidmungsplanes (§18 Abs1 Z1 Oö. ROG 1994), wobei der Flächenwidmungsteil die Widmungen in Übereinstimmung mit den Zielen und Festlegungen des örtlichen Entwicklungskonzeptes vorzunehmen hat (§18 Abs5 Oö. ROG 1994). Sollte sich daher eines der obigen Bedenken gegen den Örtlichen Entwicklungskonzeptteil (3.4, ferner 3.3.2., 3.3.3. und 3.3.4.) als zutreffend erweisen, so besteht ferner das Bedenken, dass die Änderung Nr 5.65 des Flächenwidmungsteiles Nr 5 keine Grundlage im für ihn maßgeblichen Örtlichen Entwicklungskonzeptteil findet und auch aus diesem Grund aufzuheben ist (vgl VfSlg 19.948/2015).
4. Bebauungspläne dürfen dem Flächenwidmungsplan nicht widersprechen (§31 Abs1 Oö. ROG 1994). Das Bestehen eines Flächenwidmungsplanes ist daher Voraussetzung für die Erlassung eines Bebauungsplanes, um dessen Übereinstimmung mit dem Flächenwidmungsplan beurteilen zu können (vgl VfSlg 5912/1969, 17.743/2005, 18.250/2007, 19.007/2010, 19.948/2015, 20.222/2017). Zudem ist das örtliche Entwicklungskonzept Grundlage der Bebauungsplanung (§18 Abs2 Oö. ROG 1994).
Angesichts der unter 3. dargelegten Bedenken gegen die das verfahrensgegenständliche Grundstück betreffende Änderung Nr 1.20 des Örtlichen Entwicklungskonzeptteiles Nr 1 sowie die Änderung Nr 5.65 des Flächenwidmungsteiles Nr 5 besteht das Bedenken, dass der Bebauungsplan Nr 24 'Peham Villa' mangels eines ihn stützenden Flächenwidmungsplanes gesetzwidrig sein dürfte (VfSlg 20.222/2017). Dies betrifft den Bebauungsplan in seiner Gesamtheit."
3. Der Gemeinderat der Gemeinde Hinterstoder erstattete mit Schriftsatz vom 6. September 2023 eine Äußerung, in der er den im Prüfungsbeschluss genannten Bedenken entgegentritt und beantragt, dass der Verfassungsgerichtshof aussprechen wolle, dass die geprüften Verordnungen gesetzmäßig seien:
3.1. Entgegen den Bedenken des Verfassungsgerichtshofes habe der Gemeinderat die beabsichtigte Änderung des Flächenwidmungsplanes ordnungsgemäß kundgemacht. Soweit der Verfassungsgerichtshof in der Kundmachung vom 30. September 2019 über die Änderungsabsichten einen Hinweis auf die Möglichkeit zur öffentlichen Einsicht sowie zur Einbringung von Anregungen oder Einwendungen im Planauflageverfahren gemäß §33 Abs3 Oö. ROG 1994 vermisse, sei auf §36 Abs4 leg cit zu verweisen. Nach dieser Bestimmung sei ein Planauflageverfahren dann nicht erforderlich, wenn alle von der Planänderung Betroffenen nachweislich verständigt oder angehört worden seien. Dazu zählten die von der Planänderung betroffenen Grundstückseigentümer sowie die Nachbarn im Sinne der Oö. BauO 1994, mithin also gemäß §31 Abs1 Z2 Oö. BauO 1994 die (Mit‑)Eigentümer der Grundstücke in einem Umkreis von 50 Metern um das von der Planänderung erfasste Grundstück Nr 441/2, EZ 175, KG Hinterstoder. Wie sich aus dem Grundbuch ergebe, kämen als Nachbarn daher nur die Gemeinde Hinterstoder, die *** GmbH und der Beschwerdeführer des Anlassverfahrens E3500/2022 in Frage, die allesamt mit Schreiben vom 30. September 2019 nachweislich von der Planänderung verständigt und zur Abgabe einer Stellungnahme aufgefordert worden seien. Ein Hinweis gemäß §33 Abs3 Oö. ROG 1994 sei daher bei der öffentlichen Kundmachung der beabsichtigten Flächenwidmungsplanänderung nicht erforderlich gewesen.
3.2. Soweit der Verfassungsgerichtshof das Bedenken habe, wonach der Änderung des Örtlichen Entwicklungskonzeptes Nr 1.20 kein Gemeinderatsbeschluss zugrunde liege, sei ihm Folgendes entgegenzuhalten: Zwar sei anlässlich der Gemeinderatssitzung vom 27. November 2019 tatsächlich zum Tagesordnungspunkt 3 lite lediglich der Beschluss der Änderung des Flächenwidmungsplanteiles protokolliert worden. Hier liege aber – wie vom Verfassungsgerichtshof vermutet – ein Protokollierungsfehler vor. Der Protokollführer habe nämlich irrtümlich nicht protokolliert, dass auch der Beschluss über die Änderung des Örtlichen Entwicklungskonzeptes Nr 1.20 beantragt und in der Folge einstimmig gefasst worden sei. Dies ergebe sich insbesondere aus der Beilage 6 zum Gemeinderatsprotokoll, wo diese Änderung abgebildet sei und vom Bürgermeister mit Unterschrift bestätigt worden sei, dass auch diese Änderung unter dem Tagesordnungspunkt 3 lite beschlossen worden sei. Zum Beweis werde auf die eidesstattlichen Erklärungen des Amtsleiters sowie des Bürgermeisters verwiesen.
3.3. Das Bedenken des Verfassungsgerichtshofes, wonach die Umwidmung unter Verweis auf diverse Raumordnungsziele sowie Festlegungen des Örtlichen Entwicklungskonzeptes sachlich nicht begründet gewesen sei, beruhe auf der Annahme, dass es sich bei der Villa Peham um einen Siedlungssplitter handle. Dies möge historisch einmal der Fall gewesen sein, entspreche aber nicht mehr den örtlichen Gegebenheiten. Vielmehr finde die Erweiterung nicht mehr fernab von Bebauung statt, sondern sei die Villa Peham am Rande einer am rechten Ufer der Steyr situierten Wohnsiedlung gelegen. Am linken Ufer der Steyr wiederum bestehe ein Parkplatz. Durch die Erweiterung der Widmung komme es daher zu einem Zusammenwachsen mit dem Siedlungsgebiet, wobei die vormals als Grünland gewidmete Fläche ohnedies von den Gästen der Villa Peham genutzt worden sei. Folglich bestünde auch kein Widerspruch zu den Festlegungen des Örtlichen Entwicklungskonzeptteiles:
Das Örtliche Entwicklungskonzept Nr 1 nenne zwar im Abschnitt 10 "Probleme – Ziele Maßnahmen" unter Punkt 2b das Ziel, keine neuen Siedlungssplitter zu genehmigen; das sei hier aber auch nicht der Fall gewesen. Eine Arrondierung – hier offenbar gemeint im Sinne von Rückwidmung durch Einbeziehung in das umliegende Grünland – komme im Übrigen schon deshalb nicht in Frage, weil im Tourismusort Hinterstoder nicht genügend Baulandflächen für eine Tourismusnutzung vorhanden seien, weshalb auch Maßnahme 2d, wonach zur Sicherung der Landschaft Rückwidmungen fortzusetzen seien, nicht verletzt sei. Die Maßnahme 2c wiederum, die die bewusste Freihaltung bestimmter Gebiet von Besiedelung und anderer Bebauung, insbesondere die gänzliche Freihaltung der Landschaft links der Steyr von neuer Bebauung zwischen Ortskern und Talschluss, zum Schutz von Frei- und Erholungsflächen vorsehe, könne zwar – isoliert betrachtet – den Eindruck erwecken, dass linksufrig der Steyr vom Ort taleinwärts eine gänzliche Freihaltung der Landschaft von neuer Bebauung erfolgen solle. Tatsächlich sei damit aber nicht gemeint gewesen, dass keine Bebauung zulässig sein solle, vielmehr hätten lediglich bestimmte Landschaften besonders geschützt werden sollen. Anders wäre nämlich nicht erklärlich, dass die Maßnahme 3j zur Erhaltung landwirtschaftlicher Flächen in bestimmten Gebieten keine Ausweisung von zusätzlichem Bauland vorsehe. Dort seien auch zwei Gebiete linksseitig der Steyr genannt, nicht aber das Gebiet um die Villa Peham, wobei der Verordnungsgeber die Villa Peham wohl deshalb nicht eigens erwähnt habe, weil dort im Zeitpunkt der Beschlussfassung des Örtlichen Entwicklungskonzeptes bereits eine Bebauung bestanden habe.
Andere Passagen des Örtlichen Entwicklungskonzeptteiles – insbesondere die vom Ortsplaner erwähnte Maßnahme 1d "Qualitätsverbesserung bestehender Institutionen des Tourismus" – bildeten demgegenüber eine sachliche Grundlage für die Umwidmung: Die Gemeinde Hinterstoder sei stark vom Tourismus abhängig, was schon daraus ersichtlich sei, dass dem Tourismus im Örtlichen Entwicklungskonzeptteil breiter Raum gewidmet sei. Insbesondere werde die Weiterentwicklung des Tourismus als Problem erkannt und festgehalten (Maßnahme 1b), dass derzeit noch nicht vorhandene oder abschätzbare Trends eine Chance zur Umsetzung erhalten müssten. Der gegenständliche Campingplatz belege den seit einigen Jahren bestehenden Trend eines naturnäheren Tourismus. In der Maßnahme 1d werde auch die Errichtung neuer Anlagen genannt, wobei das gegenständliche Projekt zudem einer Qualitätsverbesserung im Sinne eines naturnahen Tourismus diene. Überdies sprächen die Ziele der Schaffung neuer Arbeitsplätze, insbesondere für die Jugend, für die Umwidmung (Maßnahmen 4a und 4c).
Die vom Verfassungsgerichtshof angesprochenen Ziele des Örtlichen Entwicklungskonzeptteiles seien daher nicht einschlägig gewesen, wohingegen zahlreiche andere Maßnahmen für die Umwidmung gesprochen hätten.
Im Übrigen seien auch die Raumordnungsziele des §2 Abs1 Z1 (Schutz der Umwelt vor schädlichen Einwirkungen) und Z7 Oö. ROG 1994 (Vermeidung von Zersiedelung) nicht verletzt: Durch die Umwidmung sei nur ein schon bislang touristisch genutzter Teil eines Gartens einer Widmung zugeführt worden. Zudem hätte ein Abgehen von der Widmung keine Verringerung der Zersiedelung zur Folge gehabt, wobei wie dargelegt ohnedies kein Siedlungssplitter vorliege. Der Schutz der Umwelt wiederum sei nicht gefährdet gewesen, was aus den Stellungnahmen der beigezogenen Sachverständigen hervorgehe. Andererseits sprächen für die Umwidmung die Raumordnungsziele der Sicherung entsprechender räumlicher Entwicklungsmöglichkeiten, insbesondere unter Berücksichtigung der Bevölkerungsentwicklung (§2 Abs1 Z1 Oö. ROG 1994), der Sicherung oder Verbesserung der räumlichen Voraussetzungen für eine leistungsfähige Wirtschaft (§2 Abs1 Z4 Oö. ROG 1994) und der Schaffung und Erhaltung von Freiflächen für Erholung und Tourismus (§2 Abs1 Z9 Oö. ROG 1994).
3.4. Zu den Bedenken des Verfassungsgerichtshofes bezüglich des Fehlens einer ausreichenden Grundlagenforschung legte der Gemeinderat ergänzend mehrere Urkunden vor, insbesondere die vom Verfassungsgerichtshof vermisste "Beilage 6", bei der es sich um den Entwurf der Flächenwidmungsplanänderung handle, sowie das Protokoll der Sitzung des Gemeinderatsausschusses für örtliche und regionale Raumplanung, Naturraumentwicklung und Integrationsangelegenheiten vom 25. November 2019. Aus §36 Abs6 Oö. ROG 1994 folge, dass den Planungsunterlagen lediglich die erforderliche Grundlagenforschung und Interessenabwägung zu entnehmen sein müsse, weshalb es keiner zusätzlich zur Planänderung beschlossenen Begründung bedürfe (Verweis auf VfSlg 16.141/2001 sowie 16.199/2001). Dem Gemeinderatsbeschluss sei eine Erhebung des Ortsplaners vorausgegangen, in der dieser dargelegt habe, warum die Umwidmung erfolgen solle. Die Umwidmung diene der Neukonzeptierung des gesamten Areals für touristische Zwecke, wobei die widmungsgemäße Nutzung des Areals erweitert bzw ermöglicht werden solle. Aus dem Protokoll der Ausschusssitzung vom 25. November 2019 sei ersichtlich, dass sich der Ausschuss mit den eingeholten Stellungnahmen beschäftigt habe, auch wenn dies im Protokoll nur in Grundzügen wiedergegeben werde, zumal die Verhandlungsschrift bloß als Beschlussprotokoll zu führen sei. Dem Beschluss des Gemeinderates seien die mit Schreiben des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung vom 30. Oktober 2019 übermittelten raumordnungsfachlichen Stellungnahmen sowie die Stellungnahme der Wirtschaftskammer Oberösterreich vom 13. November 2019 zugrunde gelegen, in der betont werde, dass der touristische Masterplan für die Tourismusregion "Pyhrn‑Priel" die Schaffung zusätzlicher Bettenkapazitäten vorsehe. Folglich seien dem Gemeinderat bereits vor Beschlussfassung umfassende Grundlagen für die Änderung vorgelegen.
4. Die Oberösterreichische Landesregierung erstattete mit Schriftsatz vom 5. September 2023 eine Äußerung, in der den im Prüfungsbeschluss genannten Bedenken entgegentreten und beantragt wird, die in Prüfung gezogenen Verordnungsbestimmungen nicht als gesetzwidrig aufzuheben:
4.1. Da die von der Planänderung Betroffenen nachweislich verständigt worden seien, sei gemäß §36 Abs4 Oö. ROG 1994 die Durchführung eines Planauflageverfahrens nach §33 Abs3 und 4 leg cit nicht erforderlich gewesen.
4.2. Entgegen den Bedenken des Verfassungsgerichtshofes sei auch die gesetzliche Voraussetzung einer Grundlagenforschung erfüllt: Laut Stellungnahme des Ortsplaners vom 22. September 2019 diene die Umwidmung der Erweiterung der jahrzehntelangen widmungsgemäßen touristischen Nutzung des Areals, weshalb die Umwidmung auch dem Örtlichen Entwicklungskonzeptteil entspreche. Auch habe der Ortsplaner in einer weiteren Stellungnahme vom 15. Jänner 2020 ins Treffen geführt, dass es angesichts der steigenden Nächtigungszahlen auf Campingplätzen im Interesse der Gemeinde Hinterstoder liege, den geplanten Campingplatz zu errichten, da es derzeit kaum ein solches touristisches Angebot in der Region Pyhrn‑Priel gebe. Auch das Tourismuskonzept für das Campingressort enthalte als Zielsetzung, naturnahe Aufenthalte in der Region zu ermöglichen. Die beigezogenen Fachdienststellen hätten ebenfalls keine Einwände gegen die Umwindung erhoben. Aus naturschutzfachlicher Sicht sei für die vollständige Beurteilung aber ein Konzept für die geplante Verbauung bzw touristische Nutzung gefordert worden. Zuletzt seien auch im Genehmigungsverfahren keine Einwände erhoben worden, wobei der zuständige Sachverständige für Natur- und Landschaftsschutz auf Grund des vorgelegten Konzepts für das Campingressort seine Zustimmung erteilt habe. Sämtliche Stellungnahmen zur Planänderung seien dem Gemeinderat der Gemeinde Hinterstoder bei seiner Beschlussfassung am 27. November 2019 bekannt gewesen, weshalb es in der Sitzung keine offenen Fragen gegeben habe und auch eine weitere Behandlung nicht notwendig gewesen sei.
In der Stellungnahme des Ortsplaners vom 22. September 2019 sei zudem auf das Ziel der Weiterentwicklung bestehender Institutionen und deren Qualitätsverbesserung hingewiesen worden, um das Problem des fehlenden Angebots an Campingplätzen in der Gemeinde Hinterstoder sowie der gesamten Tourismusregion besser lösen zu können. Durch die Umwidmung könne diesen – auch im öffentlichen Interesse liegenden – Zielen entsprochen werden. Im Rahmen der nachvollziehbaren Interessenabwägung sei diesem Ziel vom Gemeinderat der Gemeinde Hinterstoder gegenüber anderen Raumordnungszielen der Vorrang eingeräumt worden.
4.3. Aus der Verhandlungsschrift zur Gemeinderatssitzung vom 27. November 2019, insbesondere der Überschrift des Tagesordnungspunktes 3 lite, aber auch den weiteren das Planänderungsverfahren betreffenden Schriftstücke ergebe sich, dass auch die Änderung des Örtlichen Entwicklungskonzeptteiles Nr 1.20 Gegenstand der Antragstellung und Beschlussfassung des Gemeinderates gewesen sei, weshalb es auf ein offensichtliches Versehen zurückzuführen sei, dass die Änderung des Örtlichen Entwicklungskonzeptteiles nicht unter dem Punkt "Antrag und Beschlussfassung" genannt sei.
5. Der Beschwerdeführer im Anlassverfahren E3500/2022 äußerte sich als beteiligte Partei mit Schriftsätzen vom 5. September und 25. Oktober 2023.
5.1. In seiner ersten Äußerung bringt der Beschwerdeführer im Anlassverfahren im Wesentlichen vor, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die nunmehr in Prüfung gezogene Widmungsänderung nicht vorlägen, zumal durch den Verkauf der streitgegenständlichen Liegenschaft die Refinanzierung der *** GmbH bezweckt worden sei, deren Geschäftsführerin vormals für die Gemeinde Hinterstoder gearbeitet habe.
5.2. In seiner zweiten Äußerung tritt der Beschwerdeführer im Anlassverfahren den Ausführungen des Gemeinderates der Gemeinde Hinterstoder entgegen:
Auch der nunmehr vorgelegten Verhandlungsschrift der Sitzung des Ausschusses für örtliche und regionale Raumplanung, Naturraumentwicklung und Integrationsangelegenheiten vom 25. November 2019 sei zu entnehmen, dass für eine abschließende Beurteilung aus raumordnungsfachlicher und naturschutzfachlicher Sicht ein Konzept über die geplante Verbauung bzw touristische Nutzung erforderlich sei. Folglich sei auch dem zuständigen Ausschuss zwei Tage vor Beschlussfassung im Gemeinderat die abschließende Beurteilung des Vorhabens nicht möglich gewesen. Nichts anderes ergebe sich aus der Verhandlungsschrift der Sitzung des Ausschusses für Bau- und Straßenbauangelegenheiten vom 11. November 2019, wobei das Fehlen der erforderlichen Unterlagen auch in der Verhandlungsschrift der Gemeinderatssitzung vom 27. November 2019 protokolliert worden sei. Grundlagenforschung und Begründung seien daher in der vom Gesetz geforderten Form bei Beschlussfassung nicht vorgelegen. An diesem Befund könnten auch die vom Gemeinderat in seiner Äußerung verwiesenen Stellungnahmen nichts ändern, zumal diese bei den Sitzungen bereits vorgelegen seien.
Der Gemeinderat gehe überdies in seiner Äußerung über den wesentlichen Umstand hinweg, dass auf dem betroffenen Gebiet im Zeitpunkt der Umwidmung seit mehr als vier Jahren kein Tourismusbetrieb bestanden habe, sondern nur mehr eine Brandruine. Die Umwidmung habe daher nicht an eine bestehende touristische Nutzung anknüpfen können.
Vor diesem Hintergrund gehe auch die Argumentation des Gemeinderates zum Nichtbestehen eines Siedlungssplitters fehl, habe doch im Zeitpunkt der Umwidmung schon seit Jahren überhaupt keine Besiedelung mehr vorgelegen. Aber selbst wenn die Besiedelung vorgelegen wäre, sei die Darstellung des Gemeinderates falsch, wonach es sich um keinen Siedlungssplitter handle. Daran ändere auch der Verweis auf die bestehenden Wohnbauten nichts, befänden sich diese doch jenseits der Steyr in rund 200 Metern Entfernung. Akzeptierte man das Argument des Gemeinderates, würde so gut wie jede weitere Versiegelung von Naturräumen als bloße Siedlungsverdichtungsmaßnahme erscheinen, was aber mit dem Oö. ROG 1994 nicht in Einklang stehe.
Im Übrigen könnten auch die Ausführungen des Gemeinderates zur Interessenabwägung nicht überzeugen: Denn eine solche Abwägung erfordere in einem ersten Schritt die Erfassung und Gegenüberstellung der betroffenen Interessen, was hier aber unterblieben sei. Der Gemeinderat beziehe sich in seiner Äußerung lediglich auf die Darstellung eines einzigen angeblichen Interesses, nämlich der Tourismusentwicklung. Selbst diesem Anliegen werde jedoch durch das Vorhaben nicht gedient, da der Standort dafür nicht geeignet sei und es sich zudem um Massentourismus handle, der "Overtourism" befürchten lasse. Weder lägen eine Bedarfsanalyse noch eine Standort-, Impact- oder Verkehrsanalyse vor. Zuletzt sei jegliche Abwägung des Interesses an der Tourismusentwicklung mit allen anderen Interessen unterblieben, weshalb von einer ordnungsgemäßen Interessenabwägung keine Rede sein könne. Die einzig zulässige Widmung für das verfahrensgegenständliche Grundstück nach dem Brand der Villa Peham sei die Rückwidmung in Landwirtschaft/Grünland.
II. Rechtslage
1. Die maßgeblichen Bestimmungen der Oö. Bauordnung 1994 (Oö. BauO 1994), LGBl 66/1994, idF LGBl 111/2022 lauten wie folgt:
"§31
Einwendungen der Nachbarn
(1) Nachbarn sind
1. […];
2. bei allen anderen Bauvorhaben: die Eigentümer oder Eigentümerinnen und Miteigentümer oder Miteigentümerinnen der Grundstücke, die vom zu bebauenden Grundstück höchstens 50 Meter entfernt sind.
Die Stellung als Nachbar besteht jedoch jeweils nur unter der Voraussetzung, dass diese Eigentümer oder Eigentümerinnen und Miteigentümer oder Miteigentümerinnen durch das Bauvorhaben voraussichtlich in ihren subjektiven Rechten beeinträchtigt werden können. Personen, denen ein Baurecht zusteht, sind Grundeigentümern oder Grundeigentümerinnen gleichgestellt.
(1a) – (6) […]"
2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Oö. Raumordnungsgesetzes 1994 (Oö. ROG 1994), LGBl 114/1993, idF LGBl 69/2015 lauten wie folgt:
"§2
Raumordnungsziele und -grundsätze
(1) Die Raumordnung hat insbesondere folgende Ziele:
1. den umfassenden Schutz der Umwelt vor schädlichen Einwirkungen sowie die Sicherung oder Wiederherstellung eines ausgewogenen Naturhaushaltes;
2. die Sicherung oder Verbesserung der räumlichen Voraussetzungen für sozial gerechte Lebensverhältnisse und die kulturelle Entfaltung; 2a. die Vermeidung und Verminderung des Risikos von Naturgefahren für bestehende und künftige Siedlungsräume;
3. die Sicherung oder Verbesserung einer Siedlungsstruktur, die mit der Bevölkerungsdichte eines Gebietes und seiner ökologischen und wirtschaftlichen Tragfähigkeit im Einklang steht, auch unter Bedachtnahme auf die infrastrukturellen Rahmenbedingungen sowie die Stärkung des ländlichen Raumes durch die Sicherung entsprechender räumlicher Entwicklungsmöglichkeiten, insbesondere unter Berücksichtigung der Bevölkerungsentwicklung;
4. die Sicherung oder Verbesserung der räumlichen Voraussetzungen für eine leistungsfähige Wirtschaft einschließlich der Sicherung der natürlichen Ressourcen sowie die Sicherung der Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft mit notwendigen Gütern und Dienstleistungen, insbesondere in Krisenzeiten;
5. die Sicherung oder Verbesserung der räumlichen Voraussetzung für eine existenz- und leistungsfähige Land- und Forstwirtschaft, insbesondere die Verbesserung der Agrarstruktur;
6. die sparsame Grundinanspruchnahme bei Nutzungen jeder Art sowie die bestmögliche Abstimmung der jeweiligen Widmungen;
7. die Vermeidung von Zersiedelung;
8. die Sicherung und Verbesserung einer funktionsfähigen Infrastruktur;
9. die Schaffung und Erhaltung von Freiflächen für Erholung und Tourismus;
10. die Erhaltung und Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes sowie eine umfassende Dorf- und Stadtentwicklung unter besonderer Berücksichtigung der Stärkung der Stadt- und Ortskerne; unvermeidbare Eingriffe in die Landschaft sind durch entsprechende landschaftspflegerische Maßnahmen bestmöglich auszugleichen.
(2) Die Ordnung des Gesamtraumes ist auf seine Teilräume abzustimmen. Ordnende Maßnahmen in Teilräumen haben sich der Ordnung des Gesamtraumes einzufügen. Bei der Planung und Umsetzung von ordnenden Maßnahmen in benachbarten Teilräumen ist zur Abstimmung solcher Maßnahmen auf die Planungen der angrenzenden Bundesländer und des benachbarten Auslandes möglichst Bedacht zu nehmen. Dem Schutz und der Erhaltung der Umwelt ist der Vorrang einzuräumen.
(3) – (4) […]
[…]
§18
Flächenwidmungsplan
(1) Jede Gemeinde hat in Durchführung der Aufgaben der örtlichen Raumordnung durch Verordnung den Flächenwidmungsplan zu erlassen, weiterzuführen und regelmäßig zu überprüfen. Der Flächenwidmungsplan besteht aus
1. dem Flächenwidmungsteil und
2. dem örtlichen Entwicklungskonzeptteil (örtliches Entwicklungskonzept).
Das örtliche Entwicklungskonzept ist auf einen Planungszeitraum von zehn Jahren, der Flächenwidmungsteil auf einen solchen von fünf Jahren auszulegen.
(2) Das örtliche Entwicklungskonzept ist Grundlage des Flächenwidmungsteiles sowie der Bebauungsplanung und hat die längerfristigen Ziele und Festlegungen der örtlichen Raumordnung zu enthalten.
(3) – (4) […]
(5) In Übereinstimmung mit den Zielen und Festlegungen des örtlichen Entwicklungskonzeptes ist im Flächenwidmungsteil (Abs1 zweiter Satz Z1) für das gesamte Gemeindegebiet auszuweisen, welche Flächen als Bauland (§21 bis §23), als Verkehrsflächen (§29) oder als Grünland (§30) gewidmet werden. Die Gemeinde hat dabei auf Planungen benachbarter Gemeinden und anderer Körperschaften öffentlichen Rechtes sowie auf raumbedeutsame Maßnahmen anderer Planungsträger möglichst Bedacht zu nehmen.
(6) – (8) […]
[…]
§21
Bauland
(1) – (1a) […]
(2) Soweit erforderlich und zweckmäßig, sind im Bauland gesondert zu widmen:
1. – 10. […]
11. Sondergebiete des Baulandes (§23 Abs4).
[…]
(2a) – (6) […]
[…]
§23
Sonderwidmungen im Bauland
(1) – (3) […]
(4) Als Sondergebiete des Baulands sind solche Flächen vorzusehen, die dazu bestimmt sind,
1. Bauwerke und Anlagen aufzunehmen, deren Standorte besonders zu schützen oder zu sichern sind oder denen sonst aus Sicht der Raumordnung eine besondere Bedeutung zukommt, wie insbesondere Krankenanstalten, Schulen, Kirchen und Klöster, Burgen und Schlösser, Kasernen, Sportstätten und Tourismusbetriebe, jeweils einschließlich der dazugehörigen, ständig bestehenden Anlagen, sowie Ver- und Entsorgungsanlagen, oder
2. Veranstaltungsgebäude und Freizeiteinrichtungen aufzunehmen, denen aus Sicht der überörtlichen Raumordnung eine besondere Bedeutung zukommt, wie insbesondere Großkinos und Großdiskotheken, oder
3. […].
(5) Die im Abs4 Z2 und 3 genannten Anlagen, Bauwerke und Betriebe dürfen ausschließlich in Sondergebieten des Baulands errichtet werden, die dafür vorgesehen sind.
(6) Andere Bauwerke und Anlagen dürfen
1. in Sondergebieten des Baulands gemäß Abs4 Z1 und 2 nur errichtet werden, wenn sie mit dem Zweck der Widmung zu vereinbaren sind;
2. in Sondergebieten des Baulands gemäß Abs4 Z3 nur errichtet werden, wenn ihre Errichtung im Industriegebiet (§22 Abs7) zulässig wäre.
[…]
§31
Bebauungsplan
(1) Jede Gemeinde hat in Durchführung der Aufgaben der örtlichen Raumordnung durch Verordnung Bebauungspläne zu erlassen, soweit dies zur Sicherung einer zweckmäßigen und geordneten Bebauung oder zur Erreichung eines möglichst wirksamen Umweltschutzes erforderlich ist. Bebauungspläne dürfen den Raumordnungsgrundsätzen, den Raumordnungsprogrammen, Verordnungen gemäß §11 Abs6 und dem Flächenwidmungsplan nicht widersprechen.
(2) – (3) […]
[…]
§33
Verfahren in der Gemeinde
(1) Die Absicht, einen Flächenwidmungsplan oder einen Teil eines Flächenwidmungsplans (§18 Abs1 zweiter Satz) neu zu erlassen oder grundlegend zu überprüfen, ist vom Bürgermeister durch vierwöchigen Anschlag an der Amtstafel und - ohne Auswirkung auf die Kundmachung - im Internet auf der Homepage der Gemeinde mit der Aufforderung kundzumachen, dass jeder, der ein berechtigtes Interesse glaubhaft macht, innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist seine Planungsinteressen dem Gemeindeamt (Magistrat) schriftlich bekannt geben kann.
(2) Bei Erlassung oder Änderung eines Flächenwidmungsplans, eines Teils eines Flächenwidmungsplans (§18 Abs1 zweiter Satz) oder eines Bebauungsplans hat der Beschluss des Planentwurfs durch den Gemeinderat zu erfolgen. Nach Beschluss des Planentwurfs hat die Gemeinde
1. den in Betracht kommenden Bundesdienststellen,
2. der Landesregierung,
3. den benachbarten Gemeinden,
4. der Wirtschaftskammer Oberösterreich,
5. der Landwirtschaftskammer für Oberösterreich,
6. der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Oberösterreich,
7. der Oö. Umweltanwaltschaft, soweit Belange des Umweltschutzes in Frage stehen, sowie
8. sonstigen Körperschaften öffentlichen Rechts, von denen bekannt ist, dass ihre Interessen berührt werden,
Gelegenheit zur Stellungnahme unter Einräumung einer Frist von acht Wochen zu geben. Der Landesregierung ist mit der Aufforderung zur Stellungnahme eine ausreichende Anzahl von Planentwürfen vorzulegen. Bei Flächenwidmungsplänen und Flächenwidmungsplanänderungen oder deren Teilen (§18 Abs1 zweiter Satz) ist, soweit nicht durch Verordnung anderes festgelegt ist, zur Frage der Umwelterheblichkeit gemäß den Abs7 und 8 und zur Frage des erforderlichen Prüfungsumfangs des Umweltberichts gemäß Abs11 Z1 eine Stellungnahme der Landesregierung einzuholen.
(3) Vor Beschlussfassung eines Flächenwidmungsplans, eines Teils eines Flächenwidmungsplans (§18 Abs1 zweiter Satz) oder eines Bebauungsplans durch den Gemeinderat ist der Plan durch vier Wochen zur öffentlichen Einsichtnahme beim Gemeindeamt (Magistrat) aufzulegen. Die Eigentümer jener Grundstücke, an deren Flächenwidmung oder Bebaubarkeit sich Änderungen ergeben, sind von der Planauflage nachweislich zu verständigen. Eine Verständigung kann unterbleiben, wenn die Änderung generelle Regelungen begriffsdefinitorischen Inhalts in den schriftlichen Ergänzungen von Bebauungsplänen betrifft. Auf die Möglichkeit zur öffentlichen Einsicht und der Einbringung von Anregungen oder Einwendungen ist während der vierwöchigen Einsichtsfrist an der Amtstafel und auf der Internetseite der Gemeinde hinzuweisen. Die Verständigung kann bei einer Bebauungsplanänderung auch durch vierwöchige Veröffentlichung in den betroffenen Häusern an einer den Hausbewohnern zugänglichen Stelle (Hausflur) erfolgen.
(4) Jedermann, der ein berechtigtes Interesse glaubhaft macht, ist berechtigt, während der Auflagefrist schriftliche Anregungen oder Einwendungen beim Gemeindeamt (Magistrat) einzubringen, die mit dem Plan dem Gemeinderat vorzulegen sind. Eine Beschlußfassung des Planes in einer anderen als der zur Einsichtnahme aufgelegten Fassung ist nur nach vorheriger Anhörung der durch die Änderung Betroffenen zulässig.
(5) – (11) […]
[…]
§36
Änderung des Flächenwidmungsplanes und des Bebauungsplanes
(1) Flächenwidmungspläne und Bebauungspläne sind
1. bei Änderung der maßgeblichen Rechtslage oder
2. wenn es das Gemeinwohl erfordert,
zu ändern.
(2) Flächenwidmungspläne und Bebauungspläne können geändert werden, wenn
1. öffentliche Interessen, die nach diesem Landesgesetz bei der Erlassung von solchen Plänen zu berücksichtigen sind, insbesondere Interessen einer ökologischen Energienutzung, dafür sprechen oder
2. diese Änderung den Planungszielen der Gemeinde nicht widerspricht, wobei auf Interessen Dritter möglichst Rücksicht zu nehmen ist.
(3) Langen bei der Gemeinde Anregungen auf Änderungen eines Flächenwidmungsplans oder eines Bebauungsplans ein, hat sich der Gemeinderat binnen sechs Monaten damit zu befassen. Über das Ergebnis dieser Befassung ist die Betroffene bzw der Betroffene zu informieren.
(4) Für das Verfahren gelten die Bestimmungen des §33 Abs2 bis 12 und des §34, jedoch ist auch benachbarten Gemeinden und den im §33 Abs2 Z4 bis 6 genannten Körperschaften öffentlichen Rechts nur dann Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, wenn deren Interessen durch die beabsichtigten Planänderungen berührt werden. Der Beschluss und das Stellungnahmeverfahren gemäß §33 Abs2 können bei der Änderung des Flächenwidmungsteils zur Gänze entfallen, wenn die geplante Änderung in Übereinstimmung mit den Festlegungen in einem Detailplan des örtlichen Entwicklungskonzepts gemäß §18 Abs3 erfolgt. In diesem Fall obliegt die Vorbereitung eines beschlussreifen Planes für die Behandlung im Gemeinderat der Bürgermeisterin bzw dem Bürgermeister. Über diese vorbereitenden Maßnahmen sind die Mitglieder des Gemeinderats unverzüglich zu informieren. Das Planauflageverfahren gemäß §33 Abs3 und 4 ist nicht erforderlich, wenn die von der Planänderung Betroffenen vor der Beschlussfassung nachweislich verständigt oder angehört werden.
(5) Auf Nutzungen, die der bisherigen Widmung entsprechen, ist bei Änderung der Flächenwidmungspläne und der Bebauungspläne möglichst Rücksicht zu nehmen.
(6) Die Änderung eines Flächenwidmungsplanes oder eines Bebauungsplanes ist durch den Gemeinderat zu begründen; der Begründung oder den Planungsunterlagen muss überdies die erforderliche Grundlagenforschung und Interessenabwägung zu entnehmen sein."
III. Erwägungen
1. Zur Zulässigkeit des Verfahrens
Im Verfahren hat sich nichts ergeben, was an der Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Verordnungen zweifeln ließe. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweisen sich die Verordnungsprüfungsverfahren insgesamt als zulässig.
2. In der Sache
Die im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken des Verfassungsgerichtshofes haben sich zum Teil als zutreffend erwiesen.
2.1. Der Verfassungsgerichtshof hegte in seinem Prüfungsbeschluss gegen die in Prüfung gezogenen Verordnungen mehrere Bedenken: Hinsichtlich des Örtlichen Entwicklungskonzeptteiles Nr 1 Änderung Nr 1.20 des Flächenwidmungsplanes der Gemeinde Hinterstoder bestand das Bedenken, dass der Kundmachung kein Gemeinderatsbeschluss zugrunde liegt (Punkt 3.4. bzw Rz 44 f. des Prüfungsbeschlusses; dazu unter Punkt 2.2. bzw Rz 40 ff.). Sowohl hinsichtlich des Örtlichen Entwicklungskonzeptteiles Nr 1 Änderung Nr 1.20 als auch des Flächenwidmungsteiles Nr 5 Änderung Nr 5.65 des Flächenwidmungsplanes der Gemeinde Hinterstoder hegt der Verfassungsgerichtshof das Bedenken, dass über die Planauflage nicht ordnungsgemäß informiert und daher §33 Abs3 Oö. ROG 1994 verletzt worden sei (Punkt 3.1. bzw Rz 27 ff. des Prüfungsbeschlusses; dazu unter Punkt 2.3. bzw Rz 44 ff.). Zudem könnten dem Gemeinderatsbeschluss keine ausreichende Grundlagenforschung und Interessenabwägung im Sinne des §36 Abs6 Oö. ROG 1994 vorangegangen sein (Punkt 3.3. bzw Rz 35 ff. des Prüfungsbeschlusses; dazu unter Punkt 2.4. bzw Rz 47 ff.). Überdies äußerte der Verfassungsgerichtshof das Bedenken, wonach eine Umwidmung des südöstlichen Teiles des Grundstückes Nr 441/2, EZ 175, KG Hinterstoder, der vormals als Grünland gewidmet war, in "Sondergebiet des Baulandes – Tourismusgebiet" sachlich nicht gerechtfertigt sei (Punkt 3.2. bzw Rz 30 ff. des Prüfungsbeschlusses; dazu unter Punkt 2.5. bzw Rz 55). Darauf aufbauend stellte der Verfassungsgerichtshof zuletzt in den Raum, dass im Falle der Aufhebung des Flächenwidmungsplanes für das betroffene Grundstück dem Bebauungsplan Nr 24 "Peham Villa" die Grundlage entzogen wäre (Punkt 4. bzw Rz 47 f. des Prüfungsbeschlusses, dazu unter Punkt 2.6. bzw Rz 56 f.).
2.2. Fehlen eines Gemeinderatsbeschlusses zum Örtlichen Entwicklungskonzeptteil Nr 1 Änderung Nr 1.20
2.2.1. Der Verfassungsgerichtshof äußerte in seinem Prüfungsbeschluss das Bedenken, dass der Kundmachung der Änderung Nr 1.20 des Örtlichen Entwicklungskonzeptteiles Nr 1 vom 28. Mai 2020 kein Gemeinderatsbeschluss zugrunde liege. Der Verfassungsgerichtshof ging dabei vorläufig davon aus, dass – vorbehaltlich eines allfälligen Protokollierungsfehlers – dem Protokoll der Gemeinderatssitzung vom 27. November 2019 lediglich eine Beschlussfassung hinsichtlich der Änderung Nr 5.65 des Flächenwidmungsteiles Nr 5 entnommen werden könne, nicht aber eine solche zur Änderung Nr 1.20 des Örtlichen Entwicklungskonzeptteiles Nr 1.
2.2.2. Die gemäß §54 Oö. Gemeindeordnung erstellte Verhandlungsschrift über die Sitzung des Gemeinderates vom 27. November 2019 ist eine öffentliche Urkunde, die vollen Beweis dessen begründet, was darin von der Behörde oder der Urkundsperson bezeugt wird (§35 Abs1 VfGG iVm §292 Abs1 ZPO). Der (Gegen‑)Beweis der unrichtigen Beurkundung ist aber zulässig (§35 Abs1 VfGG iVm §292 Abs2 ZPO).
Aufgrund der vom Gemeinderat der Gemeinde Hinterstoder vorgelegten eidesstattlichen Erklärungen des Amtsleiters als Protokollführer und des Bürgermeisters steht für den Verfassungsgerichtshof fest, dass die Beschlussfassung des Gemeinderates der Gemeinde Hinterstoder vom 27. November 2019 im Tagesordnungspunkt 3 lite "Flächenwidmungsplanänderung Nr 5.65 und Änderung ÖEK Nr 1.20 – Pehman Villa" unrichtig beurkundet wurde und der Gemeinderat auch die Änderung Nr 1.20 des Örtlichen Entwicklungskonzeptteiles Nr 1 einstimmig beschlossen hat (§35 Abs1 VfGG iVm §272 Abs1 ZPO). Das diesbezügliche Bedenken hat sich daher nicht als zutreffend erwiesen.
2.3. Fehlender Hinweis auf die Möglichkeit zur Einbringung von Anregungen oder Einwendungen in der öffentlichen Kundmachung zur Planauflage
2.3.1. Der Verfassungsgerichtshof äußerte zusammengefasst das Bedenken, dass der öffentlichen Kundmachung zur Planauflage der Änderung Nr 1.20 des Örtlichen Entwicklungskonzeptteiles Nr 1 sowie der Änderung Nr 5.65 des Flächenwidmungsteiles Nr 5 ein Hinweis auf die Möglichkeit zur Einbringung von Anregungen oder Einwendungen fehlte und deshalb wegen Verstoßes gegen §33 Abs3 Oö. ROG 1994 ein relevanter Verfahrensfehler vorliegen könnte, sofern nicht aufgrund einer – in den Verordnungsakten nicht erkennbaren – nachweislichen Verständigung aller von der Planänderung Betroffenen allenfalls ein Fall des §36 Abs4 Oö. ROG 1994 vorläge.
2.3.2. Aus den nunmehr im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof vorgelegten ergänzenden Unterlagen sowie den im Verordnungsakt erliegenden Zustellnachweisen ergibt sich, dass der Gemeinderat der Gemeinde Hinterstoder alle von der Planänderung Betroffenen vor der Beschlussfassung nachweislich verständigt hat, weshalb eine Veröffentlichung des Planes gemäß §33 Abs3 Oö. ROG 1994 nicht erforderlich war (§36 Abs4 Oö. ROG 1994). Auch dieses Bedenken trifft daher nicht zu.
2.4. Unzureichende Begründung sowie Fehlen der erforderlichen Grundlagenforschung und Interessenabwägung
2.4.1. Der Verfassungsgerichtshof hegte in seinem Prüfungsbeschluss ferner das Bedenken, dass dem Gemeinderatsbeschluss entgegen §36 Abs6 Oö. ROG 1994 keine Begründung zu entnehmen sei und zudem weder der Begründung zur Änderung des Flächenwidmungsplanes noch den Verordnungsakten die erforderliche Grundlagenforschung und Interessenabwägung im Sinne des §36 Abs6 Oö. ROG 1994 zu entnehmen seien.
2.4.2. Die vom Gemeinderat der Gemeinde Hinterstoder sowie der Oberösterreichischen Landesregierung dagegen vorgebrachten Argumente vermögen die im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken des Verfassungsgerichtshofes nicht zu zerstreuen:
2.4.2.1. Zwar entspricht es der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu §36 Abs6 Oö. ROG 1994, dass es nicht erforderlich ist, dass der Gemeinderat – zusätzlich zur Planänderung – auch noch formell über die Begründung und Interessenabwägung Beschluss fasst, wenn diese den Planungsunterlagen mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen sind (VfSlg 16.141/2001). Der Verfassungsgerichtshof hat aber in seinem Prüfungsbeschluss nicht das Fehlen einer förmlichen Beschlussfassung über Begründung und Interessenabwägung moniert, sondern erstens, dass in den vorgelegten Verordnungsakten relevante Planungsunterlagen fehlten; zweitens, dass der Gemeinderat für seine Entscheidung anscheinend notwendige Unterlagen erst nach Beschlussfassung einholte; und drittens, dass sich den Planungsunterlagen keine Interessenabwägung entnehmen lasse. Indem der Gemeinderat nunmehr im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof die vermissten Planungsunterlagen vorlegte, wurde nur das erstgenannte Bedenken des Verfassungsgerichtshofes zerstreut.
2.4.2.2. Das Bedenken hingegen, dass der Gemeinderat für seine Entscheidung anscheinend notwendige Unterlagen erst nach seiner Beschlussfassung einholte, vermochte der Gemeinderat schon deshalb nicht zu zerstreuen, weil er erst gar nicht auf dieses Bedenken eingegangen ist. Wenn die Oberösterreichische Landesregierung dazu in ihrer Äußerung darzutun versucht, dass dem Gemeinderat bei Beschlussfassung am 27. November 2019 sämtliche Stellungnahmen bekannt gewesen seien, findet dies keine Stütze in den vorliegenden Akten. Wie der Verfassungsgerichtshof nämlich bereits in seinem Prüfungsbeschluss aufgezeigt hat, schaffte der Gemeinderat erst nach Beschlussfassung ein touristisches Konzept für die Nutzung der umzuwidmenden Fläche sowie darauf aufbauend ein ergänzendes Gutachten des Ortsplaners bei. Der Grund dafür war eine Stellungnahme des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung vom 30. Oktober 2019, aus der hervorging, dass eine raumordnungs- sowie naturschutzfachliche Beurteilung des Vorhabens erst nach Vorlage eines Konzeptes über die geplante Verbauung bzw die touristische Nutzung möglich sei. Das Fehlen der diesbezüglichen Stellungnahme wird sowohl in der Verhandlungsschrift über die Sitzung des Ausschusses für Bau- und Straßenbauangelegenheiten vom 11. November 2019 als auch in der Verhandlungsschrift über die Sitzung des Ausschusses für örtliche und regionale Raumplanung, Naturraumentwicklung und Integrationsangelegenheiten vom 25. November 2019 festgehalten. Der letztgenannte Ausschuss empfahl dem Gemeinderat deshalb zwar, "den entsprechenden Beschluss zu fassen"; allerdings sollten der Oberösterreichischen Landesregierung die beabsichtigten Änderungen sowie das Konzept über die touristische Nutzung erst vorgelegt werden, "[s]obald das Projekt konkreter geworden ist". Im Zeitpunkt der Beschlussfassung durch den Gemeinderat lagen daher auch aus Sicht des die Beschlussfassung vorbereitenden Gemeinderatsausschusses noch nicht alle erforderlichen Unterlagen vor.
Der gesetzlichen Vorgabe des §36 Abs6 Oö. ROG 1994 ist allerdings nur dann entsprochen, wenn die für die Änderung des Flächenwidmungsplanes erforderlichen Erhebungen vor dem Beschluss des Gemeinderates erfolgt sind, diesem also vorausgegangen sind (vgl VfSlg 15.933/2000, 17.571/2005; VfGH 12.3.2019, E3294/2018). Der Verfassungsgerichtshof bleibt daher bei seiner bereits im Prüfungsbeschluss geäußerten Rechtsansicht, wonach nur auf diese Weise sichergestellt ist, dass der Gemeinderat über die für seine Entscheidung nötigen Informationen verfügt (vgl auch VfSlg 12.401/1990).
2.4.2.3. Ebenso wenig sind der Gemeinderat der Gemeinde Hinterstoder sowie die Oberösterreichische Landesregierung dem Bedenken des Verfassungsgerichtshofes entgegengetreten, wonach den Planungsunterlagen keine Interessenabwägung zu entnehmen sei. Auch die nunmehr ergänzend vorgelegten Unterlagen vermögen an dieser Einschätzung des Verfassungsgerichtshofes nichts zu ändern, denn an keiner Stelle lässt sich den vorliegenden Unterlagen eine Auseinandersetzung mit jenen Interessen entnehmen, die dem Projekt – allenfalls auch nur vermeintlich – entgegenlaufen. Soweit der Gemeinderat in seiner Äußerung darzutun versucht, dass die vom Verfassungsgerichtshof beispielhaft angeführten Interessen vom Projekt nicht berührt würden, geht er lediglich auf die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes zur sachlichen Rechtfertigung der Widmung ein. Die im Gesetz geforderte Interessenabwägung muss sich aber gemäß §36 Abs6 Oö. ROG 1994 aus der Begründung des Gemeinderates zur Änderung des Flächenwidmungsplanes oder den Planungsunterlagen ergeben und daher ebenso wie die erforderliche Grundlagenforschung bereits im Zeitpunkt der Beschlussfassung vorliegen. Die den Planungsunterlagen an zahlreichen Stellen zu entnehmende Hervorhebung der touristischen Bedeutung des Projektes ist keine Abwägung gegenläufiger Interessen, zumal – wie der Beschwerdeführer im Anlassverfahren zutreffend hervorhebt – eine Abwägung voraussetzt, dass die betroffenen Interessen überhaupt als solche identifiziert und benannt werden, wofür hier aber jeder Anhaltspunkt fehlt.
2.4.3. Sowohl hinsichtlich der Änderung Nr 1.20 des Örtlichen Entwicklungskonzeptteiles Nr 1 als auch der Änderung Nr 5.65 des Flächenwidmungsteiles Nr 5 fehlt es daher an der von §36 Abs6 Oö. ROG 1994 geforderten Grundlagenforschung und Interessenabwägung.
2.5. Angesichts dieses Ergebnisses ist nicht mehr zu beurteilen, ob die Erweiterung der Widmung "Sondergebiet des Baulandes – Tourismusgebiet" sachlich gerechtfertigt war, insbesondere angesichts des Umstandes, dass es sich bei der Villa Peham um einen rund 200 Meter von der nächsten Bebauung entfernten Siedlungssplitter handelt und der Vermeidung von Zersiedelung im Raumordnungsrecht erhebliche Bedeutung zukommt (vgl §2 Abs1 Z7 Oö. ROG 1994; zum öffentlichen Interesse an der Nichterweiterung vorhandener Siedlungssplitter ferner VfSlg 10.839/1986), was sich auch in anderen Raumordnungszielen widerspiegelt, beispielsweise im Schutz der Umwelt (§2 Abs1 Z1 Oö. ROG 1994; vgl noch die Z3, 5 und 6 leg cit). Auch im Örtlichen Entwicklungskonzept Nr 1 der Gemeinde Hinterstoder ist im Abschnitt 10 "Probleme – Ziele – Maßnahmen" unter dem Punkt "Raumordnungs‑Naturraum" (S 83 f.) als Ziel festgelegt, keine neuen Siedlungssplitter zu genehmigen, aber Widmungen zu arrondieren (Punkt 2b) und den Naturraum sowie Frei- und Erholungsflächen zu sichern (Punkt 2c), wobei dazu als Maßnahme die Freihaltung bestimmter Gebiete von Bebauung – insbesondere die gänzliche Freihaltung der Landschaft links der Steyr von neuer Bebauung, beginnend nach der Bebauung im Ortskern bis Talschluss – vorgesehen ist.
3. Vor diesem Hintergrund haben sich auch die gegen den Bebauungsplan Nr 24 "Peham Villa" vorgebrachten Bedenken als zutreffend erwiesen, zumal der Bebauungsplan angesichts der Aufhebung der Änderungen Nr 1.20 des Örtlichen Entwicklungskonzeptteiles Nr 1 sowie Nr 5.65 des Flächenwidmungsteiles Nr 5 keine Stütze findet (§31 Abs1 Oö. ROG 1994; VfSlg 19.948/2015, 20.222/2017).
Da der Bebauungsplan eine planerische Einheit darstellt, ist er zur Gänze aufzuheben, und zwar auch hinsichtlich jenes Teiles, der nach wie vor als "Sondergebiet des Baulandes – Tourismusgebiet" gewidmet ist.
IV. Ergebnis
1. Der Örtliche Entwicklungskonzeptteil Nr 1 Änderung Nr 1.20 sowie der Flächenwidmungsteil Nr 5 Änderung Nr 5.65, beide beschlossen vom Gemeinderat der Gemeinde Hinterstoder am 27. November 2019, aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 15. Mai 2020 und kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 28. Mai bis zum 12. Juni 2020, und der Bebauungsplan Nr 24 "Peham Villa", beschlossen vom Gemeinderat der Gemeinde Hinterstoder am 4. Mai 2021, aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 27. Mai 2021 und kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 2. bis zum 17. Juni 2021, sind daher als gesetzwidrig aufzuheben.
2. Die Verpflichtung der Oberösterreichischen Landesregierung zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebungen und des damit im Zusammenhang stehenden weiteren Ausspruches erfließt aus Art139 Abs5 erster Satz B‑VG und §59 Abs2 VfGG iVm §4 Abs1 Z2 litb Oö. Verlautbarungsgesetz 2015, LGBl 91/2014 idF LGBl 70/2021.
3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
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