VfGH V18/2019 ua

VfGHV18/2019 ua24.6.2021

Gesetzwidrigkeit der Änderungen von Flächenwidmungsplänen der Stadt Dornbirn mangels ausreichender Grundlagenforschung; keine ausreichende Auseinandersetzung mit der Umwidmung einer – direkt an ein Wohngebiet angrenzenden – Fläche in Baufläche-Betriebsgebiet hinsichtlich der das ortsübliche Ausmaß übersteigenden Belästigung

Normen

B-VG Art139 Abs1 Z6
B-VG Art148i Abs2
Vlbg RaumplanungsG 1996 §2 Abs3, §3, §14
Flächenwidmungsplan der Stadt Dornbirn vom 05.02.2015
Flächenwidmungsplan der Stadt Dornbirn idF der 174. Änderung vom 13.10.2016
VfGG §7 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2021:V18.2019

 

Spruch:

I. Die Änderung des Flächenwidmungsplanes der Stadt Dornbirn, beschlossen von der Stadtvertretung Dornbirn am 5. Februar 2015, aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 12. März 2015, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 19. März bis 13. April 2015, soweit sie sich auf die Grundstücke Nr 21239, 21240, 21242 und 21243, alle KG 92001 Dornbirn, bezieht, und

die 174. Änderung des Flächenwidmungsplanes der Stadt Dornbirn, beschlossen von der Stadtvertretung der Stadt Dornbirn am 13. Oktober 2016, aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 30. November 2016, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 19. Dezember 2016 bis 3. Jänner 2017, soweit sie sich auf die Grundstücke Nr 21240 und 21243, beide KG 92001 Dornbirn, bezieht,

werden als gesetzwidrig aufgehoben.

II. Die Vorarlberger Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aufhebungen im Vorarlberger Landesgesetzblatt verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe

I.

Antrag

Mit dem vorliegenden, auf Art139 Abs1 Z6 B‑VG gestützten Antrag begehrt der Landesvolksanwalt von Vorarlberg,

 den "Flächenwidmungsplan der Stadt Dornbirn in der Fassung der Kundmachung der Stadt Dornbirn vom 19.03.2015 auf Grund des Beschlusses der Stadtvertretung der Stadt Dornbirn vom 05.02.2015 und der Genehmigung der Vorarlberger Landesregierung vom 12.03.2015, ZI Vlla-602.20, soweit er sich auf die Grundstücke Nr 21239, 21240, 21242 und 21243, alle KG 92001 Dornbirn, bezieht", und

 

 den "Flächenwidmungsplan der Stadt Dornbirn in der Fassung der Kundmachung der Stadt Dornbirn vom 19.12.2016 auf Grund des Beschlusses der Stadtvertretung der Stadt Dornbirn vom 13.10.2016 und der Genehmigung der Vorarlberger Landesregierung vom 30.11.2016, ZI Vlla-50.030.20, soweit er sich auf die Grundstücke Nr 21240 und 21243, beide KG 92001 Dornbirn, bezieht",

 

als gesetzwidrig aufzuheben.

II. Rechtslage

1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Vorarlberger Raumplanungsgesetzes (Vbg RPG), LGBl 39/1996, idF LGBl 28/2011, wie sie zum Zeitpunkt der Änderung des Flächenwidmungsplanes der Stadt Dornbirn mit Beschluss der Stadtvertretung der Stadt Dornbirn vom 5. Februar 2015 in Kraft waren, lauteten:

"[…]

 

§2

Raumplanungsziele

 

(1) Die Raumplanung hat eine dem allgemeinen Besten dienende Gesamtgestaltung des Landesgebiets anzustreben.

(2) Ziele der Raumplanung sind

a) die nachhaltige Sicherung der räumlichen Existenzgrundlagen der Menschen, besonders für Wohnen und Arbeiten,

b) die Erhaltung der Vielfalt von Natur und Landschaft,

c) der bestmögliche Ausgleich der sonstigen Anforderungen an das Gebiet.

(3) Bei der Planung sind insbesondere folgende weitere Ziele zu beachten:

a) Mit Grund und Boden ist haushälterisch umzugehen, insbesondere sind Bauflächen bodensparend zu nutzen.

b) Die verschiedenen Möglichkeiten der Raumnutzung sind möglichst lange offen zu halten.

c) Die natürlichen und naturnahen Landschaftsteile sowie die Trinkwasserreserven sollen erhalten bleiben.

d) Die zum Schutz vor Naturgefahren notwendigen Freiräume sollen erhalten bleiben.

e) Flächen mit wichtigen Rohstoffvorkommen sind von Nutzungen, die ihre Gewinnung verhindern oder erheblich erschweren, freizuhalten.

f) Die für die Land- und Forstwirtschaft besonders geeigneten Flächen dürfen für andere Zwecke nur verwendet werden, wenn dafür ein überwiegendes öffentliches Interesse besteht.

g) Die äußeren Siedlungsränder sollen nicht weiter ausgedehnt werden.

h) Gebiete und Flächen für Wohnen, Arbeiten, Freizeit, Einkauf und sonstige Nutzungen sind einander so zuzuordnen, dass Belästigungen möglichst vermieden werden.

i) Räumlichen Strukturen, die zu unnötigem motorisierten Individualverkehr führen, ist entgegenzuwirken.

j) Für Einrichtungen des Gemeinbedarfs sind geeignete Standorte festzulegen.

 

§3

Interessenabwägung

 

Bei der Raumplanung sind alle berührten Interessen unter Berücksichtigung der im §2 angeführten Ziele so gegeneinander abzuwägen, dass sie dem Gesamtwohl der Bevölkerung am besten entspricht. Die Planung ist unter möglichster Schonung des Privateigentums durchzuführen.

 

[…]

 

§14

Einteilung der Bauflächen

 

(1) Als Bauflächen sind nach Erfordernis und Zweckmäßigkeit gesondert festzulegen: Kerngebiete, Wohngebiete, Mischgebiete und Betriebsgebiete.

[…]

(5) Betriebsgebiete Kategorie I sind Gebiete, die für Betriebsanlagen bestimmt sind, die keine wesentlichen Störungen für die Umgebung des Betriebsgebiets verursachen. Im Betriebsgebiet Kategorie I ist die Errichtung von Wohnungen für die in Betrieben des betreffenden Gebiets Beschäftigten sowie von Gebäuden und Anlagen zulässig, die der Versorgung und den sozialen Bedürfnissen der in solchen Gebieten arbeitenden Bevölkerung dienen. Wenn dies nach den für die Raumplanung maßgeblichen Verhältnissen erforderlich ist, können im Betriebsgebiet Kategorie I zum Zwecke der Sicherung geeigneter Flächen für Produktionsbetriebe Zonen festgelegt werden, in denen Gebäude und Anlagen nach Abs6 zweiter Satz lita, b oder c nicht zulässig sind.

(6) Betriebsgebiete Kategorie II sind Gebiete, die vornehmlich für Betriebsanlagen, die im Betriebsgebiet Kategorie I nicht errichtet werden dürfen, bestimmt sind. In Betriebsgebieten Kategorie II dürfen nicht errichtet werden

a) Wohnungen, ausgenommen betriebsnotwendige Wohnungen für das Aufsichts- und Wartungspersonal, wenn diese in den Betrieb integriert sind,

b) Gebäude und Anlagen für Sport- und Freizeitzwecke und

c) Gebäude und Anlagen für Zwecke des Handels, sofern der Handel nicht ausschließlich zum Weiterverkauf oder untergeordnet in Produktionsbetrieben zum Verkauf von Waren überwiegend eigener Produktion erfolgt. […]

 

[…]

 

§21

Verfahren, Allgemeines

 

(1) Der von der Gemeindevertretung beschlossene Entwurf des Flächenwidmungsplanes ist einen Monat im Gemeindeamt zur allgemeinen Einsicht aufzulegen. Die Auflage ist durch Anschlag an der Amtstafel kundzumachen. Sie ist, wenn ein Amtsblatt der Gemeinde (Gemeindeblatt) besteht, auch in diesem und, wenn eine Gemeinde eine Homepage im Internet besitzt, überdies auf der Homepage sowie weiters in mindestens einer Tageszeitung, deren Erscheinungsort in Vorarlberg liegt, kundzumachen. Die Unterlassung der Kundmachung der Auflage – ausgenommen durch Anschlag an der Amtstafel – hat auf die Wirksamkeit der Verordnung keinen Einfluss. Während der Auflagefrist ist im Gemeindeamt ein allgemein verständlicher Erläuterungsbericht über den Entwurf des Flächenwidmungsplanes in der erforderlichen Anzahl aufzulegen. Der Entwurf eines Flächenwidmungsplanes ist Menschen mit schwerer Sehbehinderung während der Auflagefrist auf Verlangen zu erläutern.

(2) Von der Auflage nach Abs1 sind das Amt der Landesregierung, das Militärkommando für Vorarlberg, die Agrarbezirksbehörde, die zuständige Bergbehörde, die Sektion Vorarlberg des Forsttechnischen Dienstes für Wildbach- und Lawinenverbauung, alle angrenzenden Gemeinden und sonstigen öffentlichen Dienststellen, deren Belange durch den Flächenwidmungsplan wesentlich berührt werden, zu verständigen.

(3) Während der Auflagefrist kann jeder Gemeindebürger oder Eigentümer von Grundstücken, auf die sich der Flächenwidmungsplan bezieht, zum Entwurf schriftlich oder mündlich Änderungsvorschläge erstatten. Darauf ist in der Kundmachung nach Abs1 hinzuweisen. Eingelangte Änderungsvorschläge und Äußerungen der im Abs2 genannten Stellen sind der Gemeindevertretung vor der Beschlussfassung über den Flächenwidmungsplan zur Kenntnis zu bringen.

(4) Wenn beabsichtigt ist, Flächen als Vorbehaltsflächen oder nicht mehr als Bauflächen, Bauerwartungsflächen oder Sondergebiete zu widmen, sind die Eigentümer von Grundstücken, auf die sich diese Widmungen beziehen, vor der Beschlussfassung nachweislich darüber in Kenntnis zu setzen und ist ihnen eine angemessene Frist zur Stellungnahme einzuräumen. Der §8 Abs2 dritter Satz gilt sinngemäß.

(5) Der von der Gemeindevertretung beschlossene Flächenwidmungsplan ist der Landesregierung in dreifacher Ausfertigung samt dem Erläuterungsbericht, den Äußerungen der im Abs2 genannten Stellen, den Änderungsvorschlägen und Stellungnahmen vorzulegen.

(6) Der Flächenwidmungsplan bedarf zu seiner Wirksamkeit der Genehmigung der Landesregierung. Die Landesregierung hat nach Prüfung der nach Abs5 vorgelegten Äußerungen, Änderungsvorschläge und Stellungnahmen die Genehmigung durch Bescheid zu versagen, wenn der Flächenwidmungsplan

a) den im §2 genannten Zielen oder einem Landesraumplan widerspricht oder sonst rechtswidrig ist,

b) überörtliche Interessen, insbesondere solche des Umweltschutzes und des Schutzes des Landschafts- und Ortsbildes, verletzt,

c) einen finanziellen Aufwand zur Folge hätte, durch den die Erfüllung der gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtungen der Gemeinde gefährdet würde oder

d) auf Planungen des Bundes, des Landes oder anderer Gemeinden nicht Bedacht nimmt.

(7) Wenn keine Versagungsgründe nach Abs6 vorliegen, ist der Flächenwidmungsplan durch Bescheid zu genehmigen. Von der Landesregierung genehmigte Flächenwidmungspläne unterliegen nicht der Verordnungsprüfung gemäß §84 des Gemeindegesetzes.

(8) Jedermann hat das Recht, im Gemeindeamt während der hiefür bestimmten Amtsstunden in den rechtswirksamen Flächenwidmungsplan Einsicht zu nehmen.

 

[…]

 

§23

Änderung

 

(1) Der Flächenwidmungsplan darf nur aus wichtigen Gründen geändert werden. Er ist zu ändern

a) bei Änderung der maßgebenden Rechtslage oder

b) bei wesentlicher Änderung der für die Raumplanung bedeutsamen Verhältnisse.

 

[…]"

2. §2 Abs3 des Vorarlberger Raumplanungsgesetzes (Vbg RPG), LGBl 39/1996, idF LGBl 22/2015, wie er zum Zeitpunkt der 174. Änderung des Flächenwidmungsplanes der Stadt Dornbirn mit Beschluss der Stadtvertretung der Stadt Dornbirn vom 13. Oktober 2016 in Kraft war, lautete:

"§2

Raumplanungsziele

 

[…]

(3) Bei der Planung sind insbesondere folgende weitere Ziele zu beachten:

a) Mit Grund und Boden ist haushälterisch umzugehen, insbesondere sind Bauflächen bodensparend zu nutzen.

b) Die verschiedenen Möglichkeiten der Raumnutzung sind möglichst lange offen zu halten.

c) Die natürlichen und naturnahen Landschaftsteile sowie die Trinkwasserreserven sollen erhalten bleiben.

d) Die zum Schutz vor Naturgefahren notwendigen Freiräume sollen erhalten bleiben.

e) Flächen mit wichtigen Rohstoffvorkommen sind von Nutzungen, die ihre Gewinnung verhindern oder erheblich erschweren, freizuhalten.

f) Die für die Land- und Forstwirtschaft besonders geeigneten Flächen dürfen für andere Zwecke nur verwendet werden, wenn dafür ein überwiegendes öffentliches Interesse besteht.

g) Die zur Deckung eines ganzjährig gegebenen Wohnbedarfs benötigten Flächen sollen nicht für Ferienwohnungen verwendet werden.

h) Die äußeren Siedlungsränder sollen nicht weiter ausgedehnt werden.

i) Gebiete und Flächen für Wohnen, Arbeiten, Freizeit, Einkauf und sonstige Nutzungen sind einander so zuzuordnen, dass Belästigungen möglichst vermieden werden.

j) Räumlichen Strukturen, die zu unnötigem motorisierten Individualverkehr führen, ist entgegenzuwirken.

k) Für Einrichtungen des Gemeinbedarfs sind geeignete Standorte festzulegen."

3. §2 Abs3 des Vorarlberger Raumplanungsgesetzes (Vbg RPG), LGBl 39/1996, idF LGBl 4/2019 lautet:

"§2

Raumplanungsziele

 

[…]

(3) Bei der Planung sind insbesondere folgende weitere Ziele zu beachten:

a) Mit Grund und Boden ist haushälterisch umzugehen, insbesondere sind Bauflächen bodensparend zu nutzen.

b) Die verschiedenen Möglichkeiten der Raumnutzung sind möglichst lange offen zu halten.

c) Die natürlichen und naturnahen Landschaftsteile, die Freiräume für die Landwirtschaft und die Naherholung sowie die Trinkwasserreserven sollen erhalten bleiben.

d) Die Siedlungsgebiete sind bestmöglich vor Naturgefahren zu schützen; die zum Schutz vor Naturgefahren notwendigen Freiräume sollen erhalten bleiben.

e) Flächen mit wichtigen Rohstoffvorkommen sind von Nutzungen, die ihre Gewinnung verhindern oder erheblich erschweren, freizuhalten.

f) Die für die Land- und Forstwirtschaft besonders geeigneten Flächen dürfen für andere Zwecke nur verwendet werden, wenn dafür ein überwiegendes öffentliches Interesse besteht.

g) Die zur Deckung eines ganzjährig gegebenen Wohnbedarfs benötigten Flächen sollen nicht für Ferienwohnungen verwendet werden.

h) Die Siedlungsentwicklung hat nach innen zu erfolgen; die äußeren Siedlungsränder sollen nicht weiter ausgedehnt werden.

i) Die Ortskerne sind zu erhalten und in ihrer Funktion zu stärken.

j) Gebiete und Flächen für Wohnen, Wirtschaft, Arbeit, Freizeit, Einkauf und sonstige Nutzungen sind einander so zuzuordnen, dass Belästigungen möglichst vermieden werden.

k) Räumliche Strukturen, die eine umweltverträgliche Mobilität begünstigen, besonders für öffentlichen Verkehr, Fußgänger und Radfahrer, sind zu bevorzugen; Strukturen, die zu unnötigem motorisierten Individualverkehr führen, ist entgegenzuwirken.

l) Für Einrichtungen des Gemeinbedarfs sind geeignete Standorte festzulegen; die erforderlichen Flächen für notwendige Infrastruktureinrichtungen sind freizuhalten."

4. §8 des Vorarlberger Baugesetzes (Vbg BauG 2001), LGBl 52/2001, idF LGBl 54/2015 lautet:

"§8

Immissionsschutz

 

(1) Bauwerke, ortsfeste Maschinen und sonstige ortsfeste technische Einrichtungen dürfen keinen Verwendungszweck haben, der eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung oder eine Gefährdung des Nachbarn erwarten lässt. Ob eine Belästigung das ortsübliche Ausmaß übersteigt, ist unter Berücksichtigung der Flächenwidmung am Standort des Bauvorhabens zu beurteilen.

(2) Zulässig nach Abs1 sind jedenfalls:

a) die Verwendung für den Betrieb eines Gastgartens, der keiner Genehmigung nach der Gewerbeordnung 1994 bedarf,

b) zwei Stellplätze je Wohnung,

c) Kinderspielplätze, Kinderbetreuungseinrichtungen, Schulen u.dgl.[…]"

III. Sachverhalt, Antragsvorbringen und Vorverfahren

Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1. Ausgehend von der Regionalplanungsstudie "Rheintal-Mitte" bemühte sich die Stadt Dornbirn ab dem Jahr 2012, zusammen mit verschiedenen Grundeigentümern größere Flächen im Gebiet Dornbirn Wallenmahd im Bezirk Hatlerdorf einer betrieblichen Nutzung zuzuführen.

2. Diese zusammenhängenden Flächen mit einem Ausmaß von ca elf Hektar waren zu diesem Zeitpunkt zum Großteil als Freifläche-Freihaltegebiete und zu einem geringen Teil als Baufläche-Mischgebiete gewidmet. Die als Freifläche-Freihaltegebiete gewidmeten Flächen waren ihrer Widmung entsprechend unbebaut.

3. Die angesprochenen Flächen grenzten im Norden und Osten an (unbebaute) Bauerwartungsflächen und (bebaute) Bauflächen-Wohngebiete bzw Bauflächen-Mischgebiete. Südlich der Freiflächen befand sich das großflächige Betriebsgebiet Wallenmahd mit zahlreichen großen Betriebsformen. Im Nordwesten wird das Gebiet durch die Bahnlinie der ÖBB begrenzt. Im Südosten verläuft die Landesstraße L 190.

4. Wie dem Umweltbericht der Stadt Dornbirn vom 23. März 2011 entnommen werden kann, sah die Stadt Dornbirn auf Grund der großen Nachfrage an Betriebsgebieten Handlungsbedarf gegeben. Dabei sollte jedoch ein bestmöglicher Ausgleich der sonstigen Anforderungen an das Gebiet berücksichtigt werden und unterschiedliche Nutzungen einander so zugeordnet werden, dass Belästigungen möglichst vermieden würden.

5. Der von der Stadt Dornbirn verfolgte Ansatz sah vor, eine Nutzungsverträglichkeit der unterschiedlichen Widmungen Betriebsgebiet und Wohngebiet durch Berücksichtigung eines Grünzuges bzw einer Grünzäsur im Sinne eines sanften Überganges zu den Wohngebieten zu gewährleisten. Von den ca elf Hektar "Betriebsgebiet" sollte ca ein Hektar als Freifläche-Freihaltegebiet gewidmet bleiben, die sich im Nordwesten, Norden und Nordosten um das Betriebsgebiet verteilen würden; dies unter anderem mit dem Ziel, Puffer-, Grün- und Erholungsflächen bereitzustellen.

6. Die geplante Umwidmung überstieg ein Ausmaß von zwei Hektar und sah eine Widmung als Betriebsgebiet Kategorie I und II vor, weswegen im Einklang mit den Kriterien der Richtlinie 2001/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (SUP-RL) eine Strategische Umweltprüfung (SUP) für die beabsichtigte Umwidmung durchgeführt werden musste.

7. Mit Eingabe vom 30. März 2012 ersuchte die Stadt Dornbirn um Durchführung einer Strategischen Umweltprüfung zu der geplanten Umwidmung nach dem Vbg RPG. Der dafür erforderliche Umweltbericht der Stadt Dornbirn vom 23. März 2011 wurde Sachverständigen der Fachgebiete Raumplanung, Wasserwirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft, Lufthygiene, Limnologie sowie Natur- und Landschaftsschutz zur Prüfung im Hinblick auf erhebliche Umweltauswirkungen vorgelegt. Nach Stellungnahmen der Sachverständigen kam die Vorarlberger Landesregierung in ihrer abschließenden Stellungnahme vom 21. Juni 2012 zu dem Schluss, dass die beantragte Umwidmung im Hinblick auf die besondere Standorteignung aus Sicht der Umweltbehörde zur Kenntnis genommen werde.

8. Am 5. Februar 2015 beschloss die Stadtvertretung der Stadt Dornbirn die erste Änderung des Flächenwidmungsplanes. Diese wurde mit Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 12. März 2015 gemäß §21 Abs6 iVm §23 Abs2 Vbg RPG aufsichtsbehördlich genehmigt und vom 19. März 2015 bis 13. April 2015 kundgemacht. Die Grundstücke Nr 21239 und 21242, jeweils KG 92001 Dornbirn, wurden von Freifläche-Freihaltegebiet in Baufläche-Betriebsgebiet – Kategorie II umgewidmet, während die Grundstücke Nr 21240 und 21243, ebenfalls KG 92001 Dornbirn, von Freifläche-Freihaltegebiet in Bauerwartungsfläche-Betriebsgebiet – Kategorie II umgewidmet wurden.

9. Mit Beschluss der Stadtvertretung Dornbirn vom 13. Oktober 2016, aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 30. November 2016 gemäß §21 Abs6 iVm §23 Abs2 Vbg RPG, kundgemacht vom 19. Dezember 2016 bis 3. Jänner 2017, wurde die zweite Änderung, die 174. Änderung des Flächenwidmungsplanes der Stadt Dornbirn, beschlossen. Die Grundstücke Nr 21240 und 21243, beide KG 92001 Dornbirn, wurden von Bauerwartungsfläche-Betriebsgebiet – Kategorie II in Baufläche-Betriebsgebiet – Kategorie II umgewidmet.

10. Zudem wurde in der Zwischenzeit das Grundstück Nr 21244, KG 92001 Dornbirn, das an einem Punkt einen Abstand von ca 29 Metern zu den in Prüfung gezogenen Flächen aufweist, entsprechend seiner Widmungskategorie Baufläche-Wohngebiet mit einem Mehrfamilienhaus bebaut.

11. Hinsichtlich der Grundstücke Nr 21240 und 21243, beide KG 92001 Dornbirn, ist bei der Stadt Dornbirn ein Antrag der Grundeigentümerin auf Neubau eines Betriebsgebäudes mit Kühl- und Lagerhaus samt Büro nach dem Vbg BauG anhängig. Die Grundeigentümerin, die ein fleischverarbeitendes Transportunternehmen betreibt, will hier im Rahmen der Widmungskategorie Baufläche-Betriebsgebiet – Kategorie II ein Trocken- und Kühllager, eine Werkstätte samt Waschbox, eine Betriebstankstelle und einen Verarbeitungsraum samt Büro errichten. Aus dem Verfahren nach der Gewerbeordnung bei der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn geht hervor, dass an dem Standort wochentags und an Feiertagen Betriebszeiten von 00.00 bis 24.00 Uhr vorgesehen sind. An Samstagen und Sonntagen sollen die Betriebszeiten etwas eingeschränkt sein, erstrecken sich aber dennoch stets bis in den Zeitraum um Mitternacht. Wochentags wird mit 450 Lkw-Fahrten täglich gerechnet, eine ähnliche Größenordnung wird an Samstagen erwartet. Am Sonntag geht man von über 200 Lkw-Fahrten aus. Dazu kommen noch täglich über 270 Pkw-Fahrten von Beschäftigten und Kunden.

12. Der Landesvolksanwalt von Vorarlberg legt die Bedenken, die ihn zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof veranlasst haben, wie folgt dar (ohne die Hervorhebungen im Original):

"4.1. Ungenügende Grundlagenforschung

 

Gemäß §14 Abs6 RPG sind Betriebsgebiete Kategorie II Gebiete, die vornehmlich für Betriebsanlagen bestimmt sind, die im Betriebsgebiet Kategorie I nicht errichtet werden dürfen. Gemäß §14 Abs5 RPG sind Betriebsgebiete Kategorie I Gebiete, die für Betriebsanlagen bestimmt sind, die keine wesentlichen Störungen für die Umgebung des Betriebsgebietes verursachen.

 

Im Motiven-Bericht zur Regierungsvorlage der Novelle des Raumplanungsgesetzes 1996 (8. Beilage im Jahre 1996 zu den Sitzungsberichten des XXVI. Vorarlberger Landtages) ist zu §14 Abs5 und 6 (Betriebsgebiet Kategorie I und Betriebsgebiet Kategorie II) auszugsweise Folgendes angeführt:

 

'Die Widmung Betriebsgebiet wird – abweichend von der derzeit geltenden Bestimmung – in zwei verschiedene Kategorien geteilt. Beiden Widmungskategorien gemeinsam ist die ausschließliche Nutzung für Betriebsanlagen. Der Begriff 'Betriebsanlage' ist jedoch nicht im engen Sinne der Gewerbeordnung zu verstehen. Während Betriebsgebiete Kategorie I nicht wesentlich störenden Anlagen vorbehalten sind – und sich in diesem Sinne auch als angrenzendes Gebiet zum Mischgebiet eignen – sollten im Betriebsgebiet Kategorie II vorwiegend Betriebe situiert werden, die wesentliche Störungen für die Umgebung verursachen können. Der sich aus gewerberechtlichen Bestimmungen ergebende Nachbarschutz wird dadurch nicht berührt.'

 

Obwohl sohin in Betriebsgebieten der Kategorie II vorwiegend Betriebe situiert werden sollen, die wesentliche Störungen für die Umgebung verursachen können, ist dem Umweltbericht der Stadt Dornbirn nur die pauschale Aussage (Seite 7) zu entnehmen, dass die (von der Umwidmung betroffenen) Liegenschaften die Wohnbevölkerung keinem zusätzlichen Lärm oder anderen negativen Auswirkungen aussetzen werden. Als Begründung wird lediglich angeführt, dass diese Liegenschaften durch Verkehrsträger weitestgehend isoliert sind, abseits der Wohnnutzungen liegen und zu diesen ausreichende und große Grünzäsuren bestehen bzw auch geplant sind.

 

Wie dem Flächenwidmungsplan Neu nach erfolgter Umwidmung (Anlage 4) entnommen werden kann, beträgt der lineare Abstand zwischen den bereits bestehenden Widmungskategorien Baufläche-Wohngebiet sowie Bauerwartungsfläche-Wohngebiet und der neu hinzugekommenen Widmung als Betriebsgebiet-Kategorie II an gewissen Stellen ca 23 (hinsichtlich GST 4333/7) bzw ca 29 (hinsichtlich GSTs 21244, 21257 und 21258) Meter. Daran vermag auch der wiederholte Verweis auf Puffer-, Grün- und Erholungsflächen im Gesamtausmaß von ca 1 ha nichts zu ändern.

 

Es ist nicht ersichtlich, wie und ob eine Auseinandersetzung mit der Frage stattgefunden hat,

 welche Beeinträchtigungen aus der BB-II-Widmung und den dergestalt zulässigen Betriebsanlagen generell zu erwarten sind und

 wie Beeinträchtigungen, welche aus der BB-II-Widmung und den dergestalt zulässigen Betriebsanlagen zwangsläufig resultieren, im Speziellen vermieden werden können bzw ob die geplanten Maßnahmen im Hinblick auf die angrenzende bestehende oder geplante Wohnbebauung tatsächlich als ausreichend betrachtet werden können.

 

Darüber hinaus ist den Unterlagen nicht zu entnehmen, dass die Schaffung einer Grünzäsur im Gesamtausmaß von ca 1ha das Ergebnis eines Ermittlungsverfahrens in bspw. lufthygienischer und lärmtechnischer Hinsicht wäre. Das Ausmaß der Grünzäsur scheint willkürlich gewählt und entbehrt einer nachvollziehbaren und ausreichenden Grundlage bzw Berechnung.

 

Eine Alternativenprüfung dahingehend, ob in Hinblick auf die bereits vorhandene und geplante Wohnbebauung (im Nordwesten bis Nordosten) eine Abstufung bzw ein Ansteigen der Widmungskategorien von Baufläche-Wohngebiet zu Baufläche-Mischgebiet zu Baufläche-Betriebsgebiet der Kategorien I und II zweckmäßig wäre, hat nach den vorliegenden Unterlagen keinen Eingang in die Überlegungen gefunden. Aus völlig unerklärlichen Gründen wurde eine solche gestaffelte Widmung aber in Richtung einer der verkehrsträchtigsten Landesstraßen in Vorarlberg, der L190, vorgenommen. Hier sieht der Flächenwidmungsplan entlang der L190 Bauflächen-Betriebsgebiete der Kategorien I vor.

 

Der Landesvolksanwalt geht daher davon aus, dass die Stadtvertretung der Stadt Dornbirn die gegenständlichen Grundstücke als Baufläche Betriebsgebiet-Kategorie II bzw Bauerwartungsfläche Betriebsgebiet-Kategorie II (und in der Folge ebenfalls als Baufläche Betriebsgebiet-Kategorie II) gewidmet hat, ohne mit der entsprechenden Sorgfalt und Erforschung der Grundlagen auf die bereits vorhandene Wohnbevölkerung sowie die bestehenden Bauerwartungsflächen-Wohngebiet Rücksicht zu nehmen, deren Wohnqualität durch Lärm bzw wesentliche Störungen beeinträchtigt werden könnte.

 

4.2. Verstoß gegen das raumordnungsrechtliche Gebot einer Vermeidung von gegenseitigen Beeinträchtigung von Bauflächen-Betriebsgebiet und Bauflächen-Wohngebiet

 

Gemäß §2 Abs3 liti) RPG [idF LGBl 22/2015] sind Gebiete und Flächen für Wohnen, Arbeiten, Freizeit, Einkauf und sonstige Nutzungen einander so zuzuordnen, dass Belästigungen möglichst vermieden werden. Gemäß §3 RPG sind bei der Raumplanung alle berührten Interessen unter Berücksichtigung der im §2 angeführten Ziele so gegeneinander abzuwägen, dass sie dem Gesamtwohl der Bevölkerung am besten entspricht. Die Planung ist unter möglichster Schonung des Privateigentums durchzuführen.

 

Ausgangspunkt der Überlegungen hinsichtlich einer Änderung des Flächenwidmungsplanes war es, zusammenhängende Flächen mit einem Ausmaß von ca 11 ha, welche zu diesem Zeitpunkt gemäß rechtskräftigem Flächenwidmungsplan zum Großteil als Freifläche-Freihaltegebiete und zu einem geringen Teil als Baufläche-Mischgebiete gewidmet waren, einer betrieblichen Nutzung zuzuführen. Die als Freifläche-Freihaltegebiete gewidmeten Flächen waren ihrer Widmung entsprechend unbebaut. Die angesprochenen Flächen grenzten im Norden und Osten an (unbebaute) Bauerwartungsflächen und (bebauten) Bauflächenwohngebiete bzw Bauflächen-Mischgebiete.

 

Es ist durchaus nachvollziehbar, dass dem raumordnungsrechtlichen Gebot, die verschiedenen Baulandwidmungen so aufeinander abzustimmen, dass eine gegenseitige Beeinträchtigung möglichst vermieden wird, in vielen Fällen nicht voll Rechnung getragen werden kann. Gleichwohl ist der Schutz des bereits vorhandenen und rechtmäßigen Bestandes ein wichtiges Kriterium, welches der Verordnungsgeber im Rahmen seines Planungsermessens bei Beachtung der Ziele der Raumordnung zu berücksichtigen hat (vgl VfSlg 12231/1989, 499).

 

So hielt der Verfassungsgerichtshof in der VfSlg 12582/1990 fest, daß selbst die Wohngebietswidmung einzelner nichtbebauter Grundstücke, welche 'lediglich Enklaven einer beinahe abgeschlossenen Wohngebietsbebauung darstellten', rechtswidrig sein können, wenn sie an ein Betriebsbaugebiet grenzen, das einem bereits bestehenden Betrieb als Standort dient, der seinerseits im Zuge der heranrückenden Wohnbebauung mit Beeinträchtigungen in Gestalt nachträglicher Auflagen (gemäß §79 Abs2 GewO 1973) zu rechnen hätte. Dieser Schutz von zu Recht bestehenden Betrieben muss aber im Sinne des Gleichheitsgebotes auch umgekehrt für Wohnbebauungen gelten, welche zu Recht bestehen und nunmehr mit Einschränkungen und Beeinträchtigungen durch eine 'heranrückende Betriebsbebauung' zu rechnen haben.

 

Im prüfungsgegenständlichen Fall ist nicht ersichtlich, wie eine 'Grünzäsur' zwischen zwei diametral unterschiedlichen Widmungskategorien eine ausreichende – raumplanungsrechtliche – Maßnahme zur Vermeidung gegenseitiger Beeinträchtigungen durch die störenden Wirkungen der neu hinzukommenden Betriebsanlagen darstellen kann.

 

Der wiederholte Verweis auf Puffer-, Grün- und Erholungsflächen im Gesamtausmaß von ca 1 ha vermag nicht über die Tatsache hinwegzutäuschen, dass an gewissen Stellen der lineare Abstand zwischen der bereits bestehenden Widmungskategorie Baufläche-Wohngebiet und der neu hinzugekommenen Widmung als Betriebsgebiet-Kategorie II weniger als 23 Meter beträgt (vgl VfGH V71/00 ua).

 

Bereits in der Debatte zur Regierungsvorlage der Novelle des Raumplanungsgesetzes 1996 (8. Beilage im Jahre 1996 zu den Sitzungsberichten des XXVI. Vorarlberger Landtages) wurde thematisiert, dass die nunmehr unterteilte Widmung Betriebsgebiet-Kategorie I im Wesentlichen dem Baufläche-Mischgebiet entsprechen und sich auch sehr gut dafür eignen würde, die eigentlichen Betriebsgebiete-Kategorie II von den Wohngebieten abzugrenzen. Die neue Widmungskategorie 'Betriebsgebiet I' ermögliche einen sanften Übergang in jene Betriebsgebietszone, wo Störungen unvermeidlich seien und bleiben würden.

 

Bei entsprechender Berücksichtigung dieses Diskurses in Verbindung mit dem in §2 Abs3 liti) RPG [idF LGBl 22/2015] normierten Rücksichtnahmegebots wäre daher (unter Umständen zusätzlich zur Grünzäsur) jedenfalls eine Abstufung bzw ein Ansteigen der Widmungskategorien von Baufläche-Wohngebiet zu Baufläche-Mischgebiet zu Baufläche-Betriebsgebiet der Kategorien I und II angezeigt gewesen, um wechselseitige Beeinträchtigungen möglichst zu vermeiden.

 

Vor diesem Hintergrund scheint eine raumplanungsrechtlich geforderte Interessensabwägung aller berührten Interessen und Ziele nicht stattgefunden zu haben. Viel mehr erweckt das Planungsvorgehen den Eindruck, das – an und für sich durchaus nachvollziehbare – Interesse der Stadt Dornbirn an einem großflächigen und zusammenhängenden Gebiet für Betriebsansiedlungen jeder Emissionsintensität sei das Maß aller Dinge gewesen. Zur Erreichung dieses Zweckes wurde auch eine – eigentlich raumplanungsrechtlich zu vermeidende – räumliche Verflechtung von Wohnnutzung und betrieblicher Nutzung in Kauf genommen.

 

Angesichts der vorgetragenen Rechtslage verstößt nach Ansicht des Landesvolksanwaltes von Vorarlberg eine Widmung der angesprochenen Flächen als Baufläche-Betriebsgebiet-Kategorie II gegen das raumordnungsrechtliche Gebot einer Vermeidung von gegenseitigen Beeinträchtigungen von Bauflächen-Betriebsgebiet und Bauflächen-Wohngebiet."

13. Die Vorarlberger Landesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie den im Antrag erhobenen Bedenken wie folgt entgegentritt (ohne die Hervorhebungen im Original):

"I. Zum Sachverhalt

 

Die angefochtenen Änderungen des Flächenwidmungsplanes der Stadt Dornbirn im Bereich Wallenmahd sind zeitlich und räumlich in einem größeren Zusammenhang zu sehen. Es wird daher nachstehend – auch im Hinblick auf die vom Landesvolksanwalt in seinem Antrag angesprochene Grundlagenforschung – kurz die Chronologie aller damit zusammenhängenden Planungen und Verfahren aufgezeigt:

 

a) Regionalplanungsprojekt 'Rheintal Mitte'

 

Die angefochtenen Umwidmungen im Flächenwidmungsplan der Stadt Dornbirn stehen in engem Zusammenhang mit den im Rahmen des Regionalplanungs-Projektes 'Rheintal Mitte' erstellten Planungsgrundlagen. Dieses regionale Projekt, das den betreffenden Umwidmungen vorangegangen ist, umfasst eine raumplanerische Gesamtschau zur Entwicklung und Erschließung von Betriebsgebieten in der Region Rheintal Mitte (unter besonderer Berücksichtigung von Freiraum, Landschaft und Erholung). Es baut auf dem räumlichen Leitbild 'Vision Rheintal' für das Vorarlberger Rheintal auf. 'Rheintal Mitte' war eine gemeinsame Planung des Landes Vorarlberg und der betreffenden Region mit den Städten Dornbirn und Hohenems sowie der Marktgemeinde Lustenau. Nach fünf Jahren intensiver gemeindeübergreifender Planung wurde im Jahre 2010 der umfassende Rahmenplan 'Rheintal Mitte' beschlossen (Beschluss des Lenkungsteams vom 9.7.2010), der die wesentlichen Parameter für die weitere verkehrliche und betriebliche Entwicklung in dieser Region festlegte. Der Rahmenplan 'Rheintal Mitte' ist – auch wenn er keine rechtliche Verbindlichkeit hat – eine wesentliche Planungsgrundlage für die nachfolgenden örtlichen Planungen der betroffenen Gemeinden (ua Stadt Dornbirn).

Das verfahrensgegenständliche Gebiet im Dornbirner Ortsteil 'Wallenmahd' ist im Rahmenplan Rheintal Mitte als 'Standort mit optimalen Betriebsbedingungen' ausgewiesen (siehe beiliegende Aktenauszüge: Vl. Bund, S. 1ff). Das in diesem Rahmenplan vorgesehene Betriebsgebiet Wallenmahd wurde im Jahre 2015 auch im Leitbild der Stadt Dornbirn zur Siedlungsentwicklung im Talraum, das unter Beteiligung der Bürger erarbeitet wurde, entsprechend berücksichtigt (siehe insbesondere die Aussagen im Leitbild in Mappe II zu Stadteingang Süd / Betriebsgebiet Wallenmahd, Seite 66 f und zur Bürgerbeteiligung Stadtteil Süd Seite 94 – https://www.dornbirn.at/leben-in-dornbirn/raumordnung-stadt-und-verkehrsplanung/stadtplanung/konzepte/siedlungsplanung/leitbild-zur-siedlungsentwicklung/ ):

Das städtebauliche Zielbild sieht für diesen Bereich dem hochwertigen Betriebsstandort entsprechende Nutzungsformen und Betriebstypen sowie großvolumige Baukörper vor. Die Flächen sollen schwerpunktmäßig für Produktion und Gewerbe genutzt werden (siehe Seite 66 und Seite 67, Karte K28). Im Norden wird das Betriebsgebiet Wallenmahd entsprechend den im Leitbild angeführten Karten durch den Grünpuffer Walchsmahd vom Stadtteil 'Wohnbauviertel um die Bahnhaltestelle Hatlerdorf' getrennt (siehe Seite 73, Karte K31 'Wohnbauviertel um die Bahnhaltestelle Hatlerdorf' und Seite 81, Karte K35 'Sport- und Freizeitareale').

 

Die Entwicklung des gegenständlichen Gebiets in Dornbirn als Betriebsgebiet samt den beim Verfassungsgerichtshof vom Landesvolksanwalt angefochtenen Änderungen des Flächenwidmungsplanes der Stadt Dornbirn bauen auf dem Rahmenplan 'Rheintal Mitte' als wesentliche Planungsgrundlage auf.

 

Weitere Maßnahmen auf Basis des Rahmenplans 'Rheintal Mitte' sind ua:

 

 Projekt Autobahnanschluss A 14 Rheintal Mitte/Schweizerstraße L 45

 

Der geplante Autobahnanschluss A 14/L 45 dient ua der Entlastung der Bevölkerung in den Stadtgebieten Dornbirn und Hohenems vom Schwerverkehr. Einige der größten Betriebsgebiete Vorarlbergs – Bobletten, Wallenmahd (beide Dornbirn) und Klien (Hohenems) – werden damit direkt an das höherrangige Straßennetz angebunden. Zum aktuellen Projektstand wird angemerkt, dass das UVP-Verfahren betreffend die Anschlussstelle bereits abgeschlossen ist; der betreffende UVP-Bescheid vom 30.8.2017 wurde nicht bekämpft und ist daher rechtskräftig. Auch die erforderliche naturschutzrechtliche Genehmigung wurde mit Bescheid vom 12.7.2019 bereits erteilt. Derzeit führt die ASFINAG die Grundablöseverhandlungen durch. Hinsichtlich eines der betroffenen Grundstücke muss ein Enteignungsverfahren durchgeführt werden; dieses ist anhängig.

 

Betreffend den Zubringer zur Anschlussstelle A 14 Rheintal Mitte wurde im Jahre 2016 mit Verordnung der Landesregierung, LGBl Nr 96/2016, die L 45a - Bleichestraße als Landesstraße erklärt und der Verlauf ihrer Straßenachse planlich dargestellt (Bleichestraße als Fortsetzung der Schweizerstraße L 45). Die benötigten Grundstücke für die L45a - Bleichestraße sind bereits abgelöst.

 

Der Verkehr von und zu den Betrieben im gegenständlichen Betriebsgebiet Wallenmahd wird direkt (umweglos) auf die Hauptachse und Landesstraße L 45a (Bleichestraße) angebunden.

 

 Betriebsgebiet Hohenems Anschlussstelle A 14

 

Dieses Betriebsgebiet in der Stadt Hohenems liegt direkt an der Anschlussstelle A 14 Hohenems. Die Flächen werden in Etappen als Betriebsgebiet gewidmet und bebaut. Die Umwidmungen der ersten Etappe sind bereits erfolgt (vgl VfGH vom 24.9.2018, E239/2018-27 und V36-37/2018-9). Als erstes Unternehmen errichtet aktuell die Firma […] an diesem Standort einen weiteren Firmenstandort mit Hochregallager.

 

 Betriebsgebiet Heitere Lustenau

 

Für die Erschließung und Entwicklung des Betriebsgebiets Heitere in Lustenau ist zunächst eine Umlegung vorgesehen. Der Umlegungsbescheid der Landesregierung ist bereits ergangen (Bescheid vom 20.12.2018). Gegen den Bescheid wurde beim Landesverwaltungsgericht Vorarlberg Beschwerde erhoben. Das Verfahren ist anhängig.

 

b) Umlegungsverfahren Dornbirn 'Wallenmahd IV'

 

Für die entsprechend dem regional abgestimmten Projekt 'Rheintal Mitte' geplante Entwicklung des vorgesehenen Betriebsgebietes im Wallenmahd in Dornbirn war als weitere Maßnahme zunächst eine Umlegung erforderlich. Mit Bescheid der Landesregierung vom 20.11.2013, Zl. Vlla-62.20.44, wurde die Umlegung 'Wallenmahd IV' gemäß §48 des Raumplanungsgesetzes (RPG) genehmigt. Das Umlegungsgebiet erfasste ua die Grundstücke GST‑NRN 21239, 21240, 21242 und 21243, deren Widmung nunmehr vom Landesvolksanwalt im vorliegenden Verfahren beim Verfassungsgerichtshof bekämpft wurde, weiters das Grundstück GST‑NR 21272 (Pufferzone) sowie die in östlicher Richtung liegenden Grundstücke (unter anderem GST‑NRN 21244, 21257, 21258).

 

c) Änderung des Flächenwidmungsplanes der Stadt Dornbirn im Jahr 2015

 

Mit der nunmehr angefochtenen Änderung des Flächenwidmungsplanes der Stadt Dornbirn, beschlossen von der Stadtvertretung am 5.2.2015, aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Landesregierung vom 12.3.2015, Zl VIla-602.20 (siehe beiliegende Aktenauszüge: VIII. Bund, S. 1ff), erfolgte – aufbauend ua auf der vorangegangenen Umlegung – im betreffenden Gebiet eine Umwidmung der verfahrensgegenständlichen Grundstücke GST‑NRN 21239 und 21242 in Baufläche-Betriebsgebiet II sowie der Grundstücke GST‑NRN 21240 und 21243 in Bauerwartungsfläche-Betriebsgebiet II.

 

Dem Umwidmungsverfahren (ua Widmung einer Fläche größer als 2 ha als Baufläche-Betriebsgebiet) lag eine Strategische Umweltverträglichkeitsprüfung (SUP) zugrunde (siehe Umweltbericht der Stadt Dornbirn vom 23.3.2011, Zl 5100-04/120323-UVP, sowie abschließende Stellungnahme der Umweltbehörde (Abteilung IVe) vom 21.6.2012, Zl. IVe-410.0616, in den beiliegenden Aktenauszügen: Vl. Bund, S. 9ff).

 

Angemerkt wird, dass in demselben Umwidmungsverfahren auch das GST‑NR‑4328 (im Norden) von Freifläche-Freihaltegebiet zu Baufläche-Wohngebiet gewidmet wurde.

 

Zum Zeitpunkt des Umwidmungsverfahrens war das GST‑NR 4333/7 (im Norden) bereits als Baufläche-Wohngebiet gewidmet.

 

Die GST‑NRN 21244, 21257 und 21258 (im Nordosten) waren im Zeitpunkt des Umwidmungsverfahrens als Bauerwartungsfläche-Wohngebiet gewidmet. Sie wurden (erst) durch eine Änderung des Flächenwidmungsplanes der Stadt Dornbirn, beschlossen von der Stadtvertretung am 15.11.2016, aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Landesregierung vom 25.1.2017, Zl. VIla-50.030-5//-442, kundgemacht am 13.2.2017 (siehe beiliegende Aktenauszüge: I. Bund, S. 1ff) in Baufläche-Wohngebiet umgewidmet.

 

d) Änderung des Flächenwidmungsplanes der Stadt Dornbirn im Jahr 2016

 

Mit der weiters angefochtenen Änderung des Flächenwidmungsplanes der Stadt Dornbirn, beschlossen von der Stadtvertretung am 13.10.2016, aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Landesregierung vom 30.11.2016, Zl VIla-50.030.20-5//-431, kundgemacht am 19.12.2016 (siehe übermittelte Aktenauszüge: I. Bund, S. 175ff), erfolgte schließlich – aufbauend ua auf der vorangegangenen Umlegung – im betreffenden Gebiet eine Umwidmung der verfahrensgegenständlichen Grundstücke GST‑NRN 21240 und 21243 von Bauerwartungsfläche-Betriebsgebiet in Baufläche-Betriebsgebiet II.

 

II. Zu den vom Landesvolksanwalt vorgebrachten Bedenken

 

1. Zur Behauptung der unzureichenden Grundlagenforschung

 

Der Landesvolksanwalt geht in seinem Schriftsatz davon aus, dass die Stadtvertretung der Stadt Dornbirn die gegenständlichen Grundstücke als Baufläche Betriebsgebiet-Kategorie II bzw Bauerwartungsfläche Betriebsgebiet-Kategorie II (und in weiterer Folge ebenfalls als Baufläche Betriebsgebiet-Kategorie II) gewidmet hat, ohne mit der entsprechenden Sorgfalt und Erforschung der Grundlagen auf die bereits vorhandene Wohnbevölkerung sowie die bestehenden Bauerwartungsflächen-Wohngebiet Rücksicht zu nehmen, deren Wohnqualität durch Lärm bzw wesentliche Störungen beeinträchtigt werden könnte. Es sei nicht ersichtlich, wie und ob eine Auseinandersetzung mit der Frage stattgefunden habe, welche Beeinträchtigungen aus der BB‑II‑Widmung und den dergestalt zulässigen Betriebsanlagen generell zu erwarten seien und wie diese Beeinträchtigungen im Speziellen vermieden werden können bzw ob die geplanten Maßnahmen im Hinblick auf die angrenzende bestehende oder geplante Wohnbebauung tatsächlich als ausreichend betrachtet werden können. Den Unterlagen sei darüber hinaus nicht zu entnehmen, dass die Schaffung einer Grünzäsur im Gesamtausmaß von ca 1 ha das Ergebnis eines Ermittlungsverfahrens in bspw. lufthygienischer und lärmtechnischer Hinsicht wäre. Eine Alternativenprüfung dahingehend, ob im Hinblick auf die bereits vorhandene und geplante Wohnbebauung (im Nordwesten bis Nordosten) eine Abstufung bzw ein Ansteigen der Widmungskategorien von Baufläche-Wohngebiet zu Baufläche-Mischgebiet zu Baufläche-Betriebsgebiet Kate[go]rien I und II zweckmäßig wäre, habe keinen Eingang in die Überlegungen gefunden.

 

Zu diesem Vorbringen ist Folgendes anzumerken:

 

a) Zur Grundlagenforschung allgemein

 

Der Flächenwidmungsplan darf gemäß §23 Abs1 des Raumplanungsgesetzes (RPG) nur aus wichtigen Gründen geändert werden. Er ist zu ändern

 bei Änderung der maßgebenden Rechtslage oder

 bei wesentlicher Änderung der für die Raumplanung bedeutsamen Verhältnisse.

 

Beispielsweise müssen sich neue Zielsetzungen auf geänderte Planungsgrundlagen stützen lassen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs kann von einer (wesentlichen) Änderung der Grundlagen nicht schon dann gesprochen werden, wenn neue Tatsachen bloß punktuell neue Zielsetzungen rechtfertigen, sondern erst dann, wenn sie erlauben, neue Ziele allgemeiner Art anzustreben (vgl zB VfSlg 14.537/1996).

 

Darüber hinaus sind bei einer Änderung des Flächenwidmungsplanes – wie generell bei der Raumplanung – gemäß §3 RPG alle berührten Interessen unter Berücksichtigung der im §2 RPG angeführten Ziele so gegeneinander abzuwägen, dass sie dem Gesamtwohl der Bevölkerung am besten entspricht. Die Planung ist unter möglichster Schonung des Privateigentums durchzuführen.

Der Interessenabwägung hat eine Grundlagenforschung (Erforschung der Planungsgrundlagen) samt Bestandanalyse voranzugehen, um die gegebenen für die Raumplanung bedeutsamen Verhältnisse richtig einschätzen zu können. Der Verordnungsgeber hat bei seiner Planung den bisherigen Bestand zu berücksichtigen (vgl zB VfSlg 13.180/1992), doch liegt es grundsätzlich innerhalb des Planungsermessens, die Planung in einem gewissen Widerspruch zu bestehenden Gegebenheiten vorzunehmen (vgl zB VfSlg 13.502/1993). Denn Raumplanung richtet sich naturgemäß auf künftige Nutzungen.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs (VfSlg 8280/1978, 10.711/1985, 12.926/1991, 19.890/2014) kommt bei der Erlassung von Planungsnormen den Vorschriften des Gesetzes über die Erarbeitung der Entscheidungsgrundlagen besondere Bedeutung zu. Zum einen müssen die Entscheidungsgrundlagen des Verordnungsgebers in ausreichendem Maße erkennbar sein, zum anderen muss der Verordnungsgeber die im Gesetz zur Gewinnung einer ausreichenden Entscheidungsgrundlage vorgesehene Vorgangsweise einhalten. Ergibt sich, dass die erkennbaren Entscheidungsgrundlagen so mangelhaft sind, dass eine Aussage darüber, ob die Verordnung den vom Gesetz vorgegebenen Zielen entspricht, nicht möglich erscheint, ist eine solche Verordnung gesetzwidrig (vgl VfSlg 8280/1978, 8330/1978, 10.711/1985, 14.358/1995, 20.030/2015)

 

Bei der Erlassung bzw Änderung eines Flächenwidmungsplanes hat die Gemeinde grundsätzlich alle relevanten, im §2 RPG verankerten Ziele der Raumplanung zu beachten, auch wenn sie im Rahmen ihres Gestaltungsspielraumes, aufbauend auf einer ausreichenden Erforschung der Planungsgrundlagen (Grundlagenforschung) und nach einer umfangreichen Interessenabwägung (§3 RPG), einem Ziel ein größeres Gewicht zumessen kann (vgl Fleisch/Fend, Raumplanungsgesetz Vorarlberg (2019), §2, S. 17).

 

Ein wesentliches – vor dem Hintergrund des vorliegenden Falles relevantes – Ziel der Raumplanung ist gemäß §2 Abs2 lita RPG die nachhaltige Sicherung der räumlichen Existenzgrundlagen der Menschen, besonders für Wohnen und Arbeiten (nach der Raumplanungsgesetz-Novelle LGBl Nr 4/2019: 'Wohnen, Wirtschaft und Arbeit, einschließlich der Sicherung von Flächen für die Landwirtschaft unter besonderer Berücksichtigung der bodenabhängigen Lebensmittelerzeugung').

 

Gemäß dem Ziel nach §2 Abs3 lith RPG sollen die Siedlungsränder nicht weiter ausgedehnt werden (nach dem §2 Abs3 lith in der Fassung LGBl.Nr 4/2019 hat weiters die Siedlungsentwicklung nach innen zu erfolgen).

 

Nach einem weiteren Ziel der Raumplanung gemäß §2 Abs3 liti (nach der Raumplanungsgesetz-Novelle 2019 nunmehr litj) RPG, auf das sich der Landesvolksanwalt im vorliegenden Fall bezieht, sind Gebiete und Flächen für Wohnen, Arbeiten (Wirtschaft, Arbeit), Freizeit, Einkauf und sonstigen Nutzungen einander so zu zuordnen, dass Belästigungen möglichst vermieden werden. In diesem Sinne wäre beispielsweise die Umwidmung einer Fläche in Baufläche-Betriebsgebiet (Kategorie I oder II), die direkt an eine Fläche angrenzt, die als Baufläche-Wohngebiet gewidmet ist, in der Regel nicht zulässig (vgl VfSlg 17.015/1993, 16.032/2000). Laut der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes wird allerdings schon infolge der zwangsläufig aneinandergrenzenden unterschiedlichen Flächenwidmungen mit unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeiten ein gewisses Maß wechselseitiger Beeinträchtigungen in vielen Fällen kaum zu vermeiden sein (vgl VfSlg 10.703/1985).

 

Eine projektbezogene Prüfung muss und kann jedoch im Rahmen des Verfahrens zur Erlassung oder Änderung des Flächenwidmungsplanes (Verordnungserlassungsverfahren) nicht erfolgen, zumal in aller Regel die konkreten projektbezogenen Nutzungen auf den gewidmeten Grundstücken zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht bekannt sind. Im Übrigen bedarf die Errichtung und der Betrieb von gewerblichen Betriebsanlagen (auch solcher in einem Betriebsgebiet I oder II) projektbezogen jeweils einer bescheidmäßigen Betriebsanlagengenehmigung durch die Gewerbebehörde nach Gewerberecht (vgl §§74 ff GewO), wobei ua das Leben oder die Gesundheit der Nachbarn nicht gefährdet und Nachbarn nicht durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterungen oder in anderer Weise belästigt werden dürfen. Der sich 'aus gewerberechtlichen Bestimmungen ergebende Nachbarschutz' wird durch die Widmung als Betriebsgebiet 'nicht berührt' (so der Motivenbericht zur Regierungsvorlage des Raumplanungsgesetzes 1996, Beilage 8/1996, zu §14 Abs5 und 6). Auch der Immissionsschutz nach §8 Baugesetz ist projektbezogen im erforderlichen baurechtlichen Bewilligungsverfahren zu beachten.

Durch diese projektbezogenen Bewilligungsverfahren können Belästigungen der Nachbarn, die allenfalls das ortsübliche Ausmaß übersteigen bzw unzumutbar wären, hintangehalten werden.

 

b) Zur Grundlagenforschung und zum Verfahren bei den angefochtenen Umwidmungsakten

 

ba) Die derzeitige Widmung der verfahrensgegenständlichen Grundstücke GST‑NRN 21239, 21240, 21242 (nunmehr geteilt in GST‑NR 21242/1 und GST‑NR 21242/2) und 21243, KG Dornbirn, als Baufläche-Betriebsgebiet basiert auf den vorangegangenen Analysen und der gesamtheitlichen Planung des regionalen Rahmenplans 'Rheintal-Mitte' (aufbauend auf dem räumlichen Leitbild 'Vision Rheintal') und auf den vertiefenden städtebaulichen Überlegungen im Leitbild der Stadt Dornbirn zur Siedlungsentwicklung (Stadtteil Dornbirn Süd). Die Planungen zu Rheintal Mitte setzten sich mit der verkehrlichen und betrieblichen Entwicklung der Region unter Einbeziehung von Freiraum, Landschaft und Erholung eingehend auseinander. Mit Beschluss des Lenkungsteams zum Abschluss des Projekts Rheintal Mitte vom 9.7.2010 wurde das betreffende Gebiet im Dornbirner Stadtteil 'Wallenmahd' als 'Standort mit optimalen Betriebsbedingungen' ausgewiesen (siehe beiliegende Aktenauszüge: Vl. Bund, S. 1ff). Darauf – und auf dem entsprechenden Leitbild zur Siedlungsentwicklung – bauen die angefochtenen Flächenwidmungsplanänderungen auf.

 

bb) Im Vorfeld der Änderung des Flächenwidmungsplanes im Jahre 2015 (ua Widmung einer Fläche größer als 2 ha als Baufläche-Betriebsgebiet) wurde 2011/2012 eine Strategische Umweltprüfung (SUP) durchgeführt mit dem Ziel, allfällige nachteilige Umweltauswirkungen (ua auch hinsichtlich möglicher Emissionen wie Lärm und Lufthygiene) frühzeitig zu erkennen und hintanzuhalten:

 

Im Umweltbericht der Stadt Dornbirn vom 23.3.2011, Zl. 5100-04/120323-UVP, (siehe beiliegende Aktenauszüge: VI. Bund, S. 9ff) wurde unter Hinweis auf die Studie 'Rheintal Mitte' ua ausgeführt, von den 11 ha Betriebsgebiet würden ca 1 ha als Freifläche gewidmet bleiben, mit dem Ziel, Puffer-, Grün- und Erholungsflächen als dauerhafte Grünverbindung zum vorhandenen Grünzug entlang des Fallbaches zu sichern. Diese Grünverbindung sei auch als wichtiger Träger für Erholungsflächen für Angestellte bzw Arbeiter, Spielraum fürs größere Quartier (Gemeinbedarf), durchgehende West-Ost verlaufende Fuß- und Radwegverbindung und als Grünzäsur zur Nutzungsverträglichkeit zum benachbarten Wohngebiet vorgesehen. Im Umweltbericht wurde ua weiters ausgeführt, die Standortkriterien, Standortvoraussetzungen und -qualitäten würden für eine Baufläche-Betriebsgebiet bzw für eine Erweiterung des Betriebsgebiets Wallenmahd sprechen: Beispielsweise wurde als Begründung ausgeführt, es handle sich um ein großflächiges zusammenhängendes Gebiet mit guten Handlungsspielräumen für eine nachhaltige Betriebsgebiets- und Arbeitsstättenentwicklung im größeren Raum – dies innerhalb der bestehenden Siedlungsränder. Zudem würden weitestgehend konfliktfreie Entwicklungsmöglichkeiten zu benachbarten Nutzungen mit zusätzlich siedlungsgliedernder Grünverbindung bestehen. Mit der neuen Grünverbindung könne eine naturnahe, dauerhafte und ökologisch hochwertige Grünzone geschaffen werden. Zusammenfassend wurde bemerkt, dass durch die Umwidmung der großen Freifläche-Freihaltegebiete in Baufläche-Betriebsgebiet keine relevanten negativen Umweltauswirkungen auf den Standort und seine Umgebung zu erwarten sei. Die beschriebenen Entwicklungsansätze würden sehr wesentlich auf eine hohe Gebietsverträglichkeit Bedacht nehmen. Weiters seien alternative Standorte für ein großflächiges Betriebsgebiet innerhalb der bestehenden Siedlungsränder nicht möglich.

 

Im Rahmen der SUP wurden Stellungnahmen von Sachverständigen aus den Fachgebieten Raumplanung, Wasserwirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft, Lufthygiene, Limnologie sowie Natur-und Landschaftsschutz eingeholt. Beispielsweise äußerte sich der Amtssachverständige für Raumplanung und Baugestaltung in seiner Stellungnahme vom 27.4.2012, Zl. Vlla-602.20 (siehe beiliegende Aktenauszüge: VI. Bund, S. 27), dahingehend, dass die Ausführungen im Umweltbericht der Stadt Dornbirn im Wesentlichen nachvollziehbar seien und aus raumplanerischer Sicht zur Kenntnis genommen werden könnten. Der Standort entspreche den Vorstellungen des Rahmenplans 'Rheintal Mitte' als Folgeprojekt zum räumlichen Leitbild 'Vision Rheintal'. Voraussetzung für die Umwidmung in Betriebsgebiet sei die langfristige Sicherstellung einer optimierten Nutzung. Dies habe durch geeignete bodenpolitische sowie planungsrechtliche Maßnahmen zu erfolgen, wobei auch neue Planungsinstrumente in Betracht kommen würden (zB Vertragsraumordnung). Die Rahmenbedingungen für eine naturnahe und qualitätsvolle Gestaltung der geplanten Grünverbindung seien im weiteren Verfahren noch zu konkretisieren. Die Umweltbehörde (Abteilung IVe) kam in der abschließenden Stellungnahme vom 21.6.2012, Zl. IVe-410.061 (siehe beiliegende Aktenauszüge: VI. Bund, S. 29ff) zum Ergebnis, dass die beantragte Umwidmung im Hinblick auf die besondere Standorteignung zur Kenntnis genommen werden könne. Die Errichtung einer Pufferzone und die ökologische Aufwertung des Wellochgrabens werde als positiver Aspekt begrüßt.

 

bc) Vor der Änderung des Flächenwidmungsplanes wurde außerdem eine Umlegung (Umlegung 'Wallenmahd IV') durchgeführt, die mit Bescheid der Landesregierung vom 20.11.2013, Zl Vlla-62.20.44, gemäß §48 RPG genehmigt wurde. Das Umlegungsgebiet erfasste ua die Grundstücke GST‑NRN 21239, 21240, 21242 und 21243, deren Widmung nunmehr vom Landesvolksanwalt beim Verfassungsgerichtshof bekämpft wird, das Grundstück GST‑NR 21272 (Pufferzone) sowie die in östlicher Richtung liegenden Grundstücke (zB GST‑NRN 21244, 21257, 21258).

 

bd) Im Rahmen des Verfahrens zur Änderung des Flächenwidmungsplanes der Stadt Dornbirn im Jahre 2015 zur Umwidmung der verfahrensgegenständlichen Grundstücke GST‑NRN 21240 und 21243, beschlossen von der Stadtvertretung am 5.2.2015, aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Landesregierung vom 12.3.2015, Zl. Vlla-602.20, wurde von der Stadt Dornbirn der umfangreiche Erläuterungsbericht vom 17.10.2014, Zl. 5100-05/2014/40 (siehe beiliegende Aktenauszüge: VIII. Bund, S. 67ff), erstellt. Darin wurde festgehalten, ausgehend von der Studie 'Rheintal Mitte' habe sich die Stadt Dornbirn bemüht, zusammen mit zahlreichen Grundeigentümern große Freiflächen und teilweise Mischgebiete im Gebiet Wallenmahd einer betrieblichen Nutzung zuzuführen. Zur Gestaltung gut erschlossener und geformter Grundstücke sei eine großräumige Baulandumlegung durchgeführt worden. Im Erläuterungsbericht wurde ua weiters ausgeführt, die Standortkriterien, Standortvoraussetzungen und -qualitäten würden für eine Baufläche-Betriebsgebiet bzw für eine Erweiterung des Betriebsgebiets Wallenmahd und Erschließung von neuen Mischgebieten sowie Wohngebieten sprechen: Beispielsweise wurde als Begründung ausgeführt, es handle sich um ein großflächiges zusammenhängendes Gebiet mit guten Handlungsspielräumen für eine nachhaltige Betriebsgebiets- und Arbeitsstättenentwicklung im größeren Raum – innerhalb der bestehenden Siedlungsränder. Zudem würden weitestgehend konfliktfreie Entwicklungsmöglichkeiten zu benachbarten Nutzungen mit zusätzlich siedlungsgliedernder Grünverbindung bestehen. Mit der neuen Grünverbindung könne eine naturnahe, dauerhafte und ökologisch hochwertige Grünzone geschaffen werden. Diese Grünzone habe das Ziel, Puffer-, Grün- und Erholungsflächen als dauerhafte Grünverbindung zum vorhandenen Grünzug entlang des Fallbaches zu sichern. Die Grünverbindung sei auch als wichtiger Träger für Erholungsflächen für Angestellte bzw Arbeiter, Spielraum fürs größere Quartier (Gemeinbedarf), durchgehende West-Ost verlaufende Fuß- und Radwegverbindung und als Grünzäsur zur Nutzungsverträglichkeit zum benachbarten Wohngebiet vorgesehen. Aus dem Protokoll über die Sitzung der Stadtvertretung der Stadt Dornbirn vom 13.11.2014 (siehe beiliegende Aktenauszüge: VIII. Bund, S. 55 ff), in welcher der Entwurf zur Änderung des Flächenwidmungsplanes beschlossen wurde, geht hervor, dass die Pufferzone mit über 1 ha als räumliche Pufferzone zu den Wohngebieten bzw zur Bahnlinie in Form einer Grün- und Erholungsfläche sowohl für die Arbeitnehmer als auch für die Anwohner geplant wurde. Der Grünraumpuffer sei auch für die dort wohnenden Menschen von allergrößter Bedeutung. Es wurde als großer Erfolg der Stadtplanung angesehen, dass es gelungen sei, im Bereich 'Im Fängen', wo es eine Wohnnachbarschaft – nicht in unmittelbarer, aber in einer gewissen Nähe – gebe, von den 11 ha 1 ha als Grünraumpuffer zurückzubehalten. Die Umwidmung dieses großen Umwidmungsgebiets sei nach langer Vorbereitungsarbeit – auch in Abstimmung mit den Grundeigentümern – erfolgt.

 

Im anschließenden (öffentlichen) Auflageverfahren wurde der Entwurf des Flächenwidmungsplanes samt Erläuterungsbericht und Umweltbericht mit zusammenfassender Erklärung in der Zeit vom 24.11.2014 bis 23.12.2014 im Amt der Stadt Dornbirn zur allgemeinen Einsicht aufgelegt und entsprechend kundgemacht. Folglich hätte jeder Gemeindebürger bzw Anrainer die Gelegenheit gehabt, sich gegen die Umwidmung auszusprechen. Tatsächlich langten während der Auflagefrist vier Änderungsvorschläge ein ([…], GST‑NR 21242, […], GST‑NR 4328, […], GST‑NR 21259, und […], GST‑NR 21270). Die Umwidmung der verfahrensgegenständlichen Grundstücke GST‑NRN 21239, 21240, 21242 und 21243 wurde damals im Verfahren von keinem der anrainenden Grundstückseigentümer bemängelt (siehe Antrag des Stadtplanungsausschusses vom 20.1.2015 in den Aktenauszügen: VIII. Bund, S. 111 ff). Die Änderung des Flächenwidmungsplanes wurde sodann in der Sitzung der Stadtvertretung der Stadt Dornbirn vom 5.2.2015 beschlossen und der Landesregierung zur aufsichtsbehördlichen Genehmigung vorgelegt.

 

be) Zum Verfahren zur Änderung des Flächenwidmungsplanes der Stadt Dornbirn im Jahre 2016, beschlossen von der Stadtvertretung am 13.10.2016, aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Landesregierung vom 30.11.2016, Zl. VIla-50.030.20-5//-431, kundgemacht am 19.12.2016, ist eingangs festzuhalten, dass die Familie […] ([…]) als Grundstückseigentümer eine Anregung auf Änderung des Flächenwidmungsplanes sowohl für das verfahrensgegenständliche GST‑NR 21243 als auch für das GST‑NR 21244 (im Nordosten) einbrachten. Für das verfahrensgegenständliche GST‑NR 21243 wurde eine Umwidmung von Bauerwartungsfläche-Betriebsgebiet Kategorie II in Baufläche-Betriebsgebiet Kategorie II (siehe Erläuterungsbericht der Stadt Dornbirn vom 5.10.2016, in den Aktenauszügen: I. Bund, S. 249) und für das GST‑NR 21244 (im Nordosten) eine Umwidmung von Bauerwartungsfläche-Wohngebiet in Baufläche-Wohngebiet (siehe Erläuterungsbericht der Stadt Dornbirn vom 5.10.2016, in den Aktenauszügen: I. Bund, S. 53) angeregt. Aus den Akten (Erläuterungsbericht der Stadt Dornbirn vom 5.10.2016, in den Aktenauszügen: I. Bund, S. 53) geht hervor, dass die Anregung auf Umwidmung des GST‑NR 21244 zwar von der Familie […] eingereicht wurde, das Grundstück jedoch noch vor der Umwidmung von der Familie […] an einen Bauträger verkauft wurde. Die Umwidmung des GST‑NR 21244 in Baufläche-Wohngebiet wurde von der Stadtvertretung der Stadt Dornbirn am 15.11.2016 beschlossen, aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Landesregierung vom 25.1.2017, Zl. VIla-50.030-5//-442, und kundgemacht am 13.2.2017 (siehe übermittelte Aktenauszüge: I. Bund, S. 1ff). Es kann also gefolgert werden, dass der Bauträger (GST‑NR 21244) über die künftige Widmung des GST‑NR 21240 als Baufläche-Betriebsgebiet Kategorie II informiert war bzw der Kauf des Grundstückes im Hinblick auf die geplante Umwidmung als Baufläche-Wohngebiet erfolgte (dies ungeachtet der Widmung der – hinter der angrenzenden Verkehrsfläche und dem anschließenden Grünpuffer – liegenden Grundstücke GST‑NR 21240 und 21243 als Baufläche-Betriebsgebiet).

 

Zur Umwidmung der Grundstücke GST‑NRN 21240 und 21243 wurde in den Erläuterungsberichten der Stadt Dornbirn vom 13.9.2016, Zl. 5100-05/2016/23 bzw Zl. 5100-05/2016/29 (siehe beiliegende Aktenauszüge: I. Bund, S. 241 und 249), und in den Anträgen des Ausschusses für Stadtentwicklung, Stadt- und Verkehrsplanung vom 27.9.2016 (siehe beiliegende Aktenauszüge: I. Bund, S. 243 und 251) festgehalten, dass sich die Antragssteller eine Umwidmung wünschen würden. Die Fläche befinde sich im neuen Betriebsgebiet Wallenmahd IV und sei im nördlichen Bereich durch einen Grünpuffer vom Wohngebiet getrennt. Die Erschließung mit Straße und Kanal sei nach Durchführung einer Baulandumlegung gegeben. Es würden keine raumplanerischen Einwände bestehen. Im Zuge der Umwidmung wurde ein Anhörungsverfahren gemäß §23 RPG durchgeführt. Im Anhörungsverfahren sind die Eigentümer von Grundstücken, auf die sich die Änderung des Flächenwidmungsplanes bezieht, und von anrainenden Grundstücken vor der Beschlussfassung nachweislich über die beabsichtigte Änderung zu verständigen und ist ihnen eine angemessene Frist zur Stellungnahme einzuräumen (siehe §23 Abs3 RPG idF vor der RPG-Novelle LGBl.Nr 4/2019). Die Eigentümer von 'anrainenden Grundstücken' sind die Eigentümer jener Grundstücke, die unmittelbar an das Grundstück, auf die sich die Änderung des Flächenwidmungsplanes bezieht, angrenzen. Die umgewidmeten Grundstücke GST‑NRN 21240 und 21243 grenzen unmittelbar an die Grundstücke GST‑NRN 21272 (Pufferzone, Eigentümerin: Stadt Dornbirn), 21248 (Eigentümerin: Stadt Dornbirn) und 21239 (Eigentümer: […]) an. Die […] wurden laut Auskunft der Stadt Dornbirn mit Schreiben der Stadt Dornbirn vom 13.9.2016 über die beabsichtigte Umwidmung der Grundstücke GST‑NRN 21240 und 21243 verständigt. Es wurde Ihnen eine Frist zur Stellungnahme bis 30.9.2016 eingeräumt. Aus den Aktenvermerken der Stadt Dornbirn vom 3.10.2016, Zl. 5100-05/2016/23 bzw Zl. 5100-05/2016/29 (siehe beiliegende Aktenauszüge: I. Bund, S. 245 und 253) geht hervor, dass im Rahmen des durchgeführten Anhörungsverfahrens gemäß §23 RPG keine Einwände von den Eigentümern und den Eigentümern der anrainenden Grundstücke eingelangt sind.

 

Die Änderung des Flächenwidmungsplanes wurde sodann in der Sitzung der Stadtvertretung der Stadt Dornbirn vom 13.10.2016 beschlossen und der Landesregierung zur aufsichtsbehördlichen Genehmigung vorgelegt.

 

bf) Für die Landesregierung als Aufsichtsbehörde waren im aufsichtsbehördlichen Genehmigungsverfahren der betreffenden Änderungen des Flächenwidmungsplanes Dornbirn in den Jahren 2015 und 2016 keine Anhaltspunkte für Versagungsgründe erkennbar, die gegen die Erteilung der aufsichtsbehördlichen Genehmigung gesprochen hätten:

 

Die Schaffung dieses Betriebsgebietes im Wallenmahd wurde vorab gemeindeübergreifend untersucht und abgestimmt und schließlich auch im Leitbild der Stadt Dornbirn zur Siedlungsentwicklung entsprechend verankert. Eine Grundlagenforschung ist weitgehend schon im Vorfeld der angefochtenen Änderungen des Flächenwidmungsplanes erfolgt; auf dem Rahmenplan 'Rheintal Mitte' und dem Leitbild zur Siedlungsentwicklung als wesentliche Planungsgrundlagen wurde bei den verfahrensgegenständlichen Flächenwidmungen aufgebaut bzw angeknüpft.

 

Das Betriebsgebiet dient insbesondere der nachhaltigen Sicherung der räumlichen Existenzgrundlagen der Menschen, besonders für Arbeiten bzw Wirtschaft und Arbeit (vgl §2 Abs2 lita RPG). Das umgewidmete Gebiet befindet sich entlang der Hauptverkehrsachsen L190 und der neu als Landesstraße erklärten L45a Bleichestraße. Es handelt sich hier um ein großflächiges zusammenhängendes Quartier, das im Rahmen des Regionalplanungs-Projektes 'Rheintal Mitte' analysiert und regional betrachtet wurde und im Vergleich mit anderen Betriebsgebieten in Vorarlberg vergleichsweise gute Voraussetzungen für eine Betriebsgebietsentwicklung und die Schaffung von Arbeitsplätzen bietet. Überdies liegt dieses Betriebsgebiet innerhalb der bestehenden äußeren Siedlungsränder der Stadt Dornbirn (vgl das diesbezügliche Raumplanungsziel nach §2 Abs2 lith RPG), was zu begrüßen ist.

 

Ein Widerspruch mit den gesetzlichen Raumplanungszielen, ua mit §2 Abs3 liti RPG (nach der Novelle LGBl Nr 4/2019: litj), was die räumliche Zuordnung von Flächen mit unterschiedlicher Widmung bzw Nutzung betrifft, ergab sich für die Aufsichtsbehörde nicht:

Auch wenn der vom Landesvolksanwalt angesprochene Pufferstreifen (Freifläche-Freihaltegebiet) zum Wohngebiet an einer Stelle nicht mehr als ca 23 m beträgt, so wird damit insgesamt – bei Abwägung der Interessen nach §3 RPG – den Raumplanungszielen nach §2 RPG durch die vorliegende Flächenwidmungsplanung durchaus entsprochen; zumal Einwendungen von den damaligen Grundeigentümern im betroffenen Bereich während der (zwei) Verordnungserlassungsverfahren nicht eingebracht wurden und der Pufferstreifen zum Wohngebiet (Freifläche-Freihaltegebiet plus Verkehrsfläche/Erschließungsstraße im Norden bzw Nordosten plus Abstandsflächen zu den Baukörpern) im Endeffekt noch deutlich breiter ist als vom Landesvolksanwalt angegeben. Die betreffenden Planungsgrundlagen wurden – auch schon im Vorfeld – ausreichend erarbeitet bzw erhoben. Eine projektbezogene Beurteilung von möglichen Auswirkungen (Belästigungen) im Einzelfall muss im Rahmen der Flächenwidmungsplanung nicht erfolgen (vgl im Übrigen auch §14 Abs8 RPG). Das Ausmaß des Pufferstreifens beträgt rund 1 ha. Dieses Ausmaß entspricht knapp 10% jener Flächen, die von den Grundeigentümern im Rahmen der Umlegung für gemeinsame Anlagen (vgl §46 RPG – darunter fallen auch Grünflächen wie hier der Grünpuffer) eingebracht wurden. Über die Einbringung dieser Flächen konnte mit den Grundeigentümern das Einvernehmen hergestellt werden; diese erfolgte daher keineswegs willkürlich.

Eine Abstufung bzw ein Ansteigen der Widmungskategorien vom BW zu BM bzw von BB‑I zu BB‑II erschien im vorliegenden Fall nicht zwingend, da dem Erfordernis nach §2 Abs3 liti RPG (nach der Novelle LGBl Nr 4/2019: litj) durch die Ausweisung eines Freihaltepuffers zum Wohngebiet hin insoweit bereits entsprochen wurde (Näheres dazu siehe nachfolgend unter Punkt II.2). Eine derartig gestaffelte Widmung, wie hier östlich entlang der L190, hatte seine Begründung vorrangig in anderweitigen, städtebaulichen Überlegungen. Die Ausweisung eines BB‑I‑Streifens östlich entlang der L190 bietet dort deutlich bessere Voraussetzungen für die Entwicklung der südlichen Stadteinfahrt als dies eine Ausweisung mit BB‑II ermöglichen würde. Dies belegen der mittlerweile angesiedelte 'Billa-Markt' und das 'Myfair-Hotel' auf eindrucksvolle Weise.

 

2. Vermeidung gegenseitiger Beeinträchtigung von Baufläche-Betriebsgebiet und Baufläche-Wohngebiet

 

a) Zum Vorbringen des Gebots einer 'gestaffelten Widmung'

 

Der Landesvolksanwalt macht geltend, dass jedenfalls eine Abstufung bzw ein Ansteigen der Widmungskategorien von Baufläche-Wohngebiet zu Baufläche-Mischgebiet zu Baufläche-Betriebsgebiet der Kategorien I und II angezeigt gewesen wäre, um wechselseitige Beeinträchtigungen möglichst zu vermeiden.

 

Dazu ist Folgendes auszuführen:

 

Nach dem Raumplanungsziel gemäß §2 Abs3 liti (nach der Novelle LGBl Nr 4/2019: litj) RPG sind Gebiete und Flächen für Wohnen, Wirtschaft, Arbeit, Freizeit, Einkauf und sonstige Nutzungen einander so zuzuordnen, dass Belästigungen möglichst vermieden werden.

 

In diesem Sinne wäre eine Umwidmung einer Fläche in Baufläche-Betriebsgebiet (BB-I oder BB-II), die direkt an eine Fläche angrenzt, die als Baufläche-Wohngebiet gewidmet ist, in der Regel nicht zulässig (vgl VfSlg 17.015/1993, 16.032/2000). Diese Konstellation liegt im gegenständlichen Fall des Betriebsgebietes Wallenmahd aber nicht vor.

 

Die raumplanerische Zielbestimmung im §2 Abs3 liti (bzw neu litj) RPG bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass eine Abstufung bzw ein Ansteigen der Widmungskategorien von BW > BM > BB-I > BB‑II angezeigt ist, wie dies der Landesvolksanwalt behauptet, sofern mögliche Beeinträchtigungen infolge unterschiedlicher Nutzungen auch anderweitig möglichst vermieden werden können (wie im gegenständlichen Fall durch eine Pufferzone – siehe dazu die nachfolgenden Ausführungen unter Punkt b).

 

Das Einschieben einer anderweitigen Widmungskategorie, insbesondere einer Widmung als Baufläche-Mischgebiet, wäre im vorliegenden Fall nicht zielführend, da im Mischgebiet auch Wohnnutzungen zulässig wären, die wiederum Nutzungskonflikte mit dem benachbarten Betriebsgebiet (egal ob BB‑I oder BB‑II) hervorrufen können.

 

Im vorliegenden Fall ist das raumplanerische Anliegen der Stadt Dornbirn, ein möglichst zusammenhängendes einheitlich nutzbares Betriebsgebiet zu schaffen, durchaus nachvollziehbar und auch zulässig. Den gesetzlichen Raumplanungszielen, insb. dem Raumplanungsziel nach §2 Abs3 liti (neu litj) RPG, und der gesetzlich geforderten Abwägung aller berührten Interessen nach §3 RPG wurde von der Stadt Dornbirn als Planungsbehörde sowohl durch die Ausweisung eines Freihaltestreifens gegenüber dem Wohngebiet als auch durch die gewählte Verkehrsführung abseits von Wohngebieten entsprochen.

 

Es wird darauf hingewiesen, dass es bei der Beurteilung der Gesetzmäßigkeit einer Planungsmaßnahme nicht darauf ankommt, ob die vom Verordnungsgeber im Rahmen seines planerischen Gestaltungsspielraumes getroffene Lösung die bestmögliche ist. Im Rahmen der Normenkontrolle hat der Verfassungsgerichtshof nicht darüber zu befinden, welche der dem Verordnungsgeber im Rahmen seines Gestaltungsspielraums offen stehenden Möglichkeiten die zweckmäßigste ist; sie muss (nur) mit dem Gesetz in Einklang stehen (vgl VfSlg 10.711/1985, 17.656/2005, 17.894/2006, 18.148/2007). Dies ist hier der Fall.

 

Angemerkt wird, dass laut der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes infolge der zwangsläufig aneinander grenzenden unterschiedlichen Flächenwidmungen mit unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeiten ein gewisses Maß wechselseitiger Beeinträchtigungen in vielen Fällen kaum zu vermeiden sein wird (vgl VfSlg 10.703/1985).

 

Im Übrigen wird auch auf die nachfolgenden projektbezogenen Baubewilligungs- und Betriebsanlagengenehmigungsverfahren nach Baugesetz bzw Gewerbeordnung hingewiesen, in denen den Nachbarn im Hinblick auf mögliche Gefährdungen von Leben oder Gesundheit bzw allfällige Belästigungen Parteistellung zukommt (siehe dazu die Ausführungen oben in Punkt II.1.a).

 

b) Zum Vorbringen einer unzureichenden Pufferzone zwischen BB-II und BW

 

Der Landesvolksanwalt bringt vor, der lineare Abstand zwischen den bereits bestehenden Widmungskategorien Baufläche-Wohngebiet sowie Bauerwartungsfläche-Wohngebiet und den neuen Widmungen als Baufläche-Betriebsgebiet Kategorie II betrage an gewissen Stellen nur ca 23 Meter (hinsichtlich GST‑NR 4333/7, im Norden) bzw ca 29 Meter (hinsichtlich GST‑NRN 21244, 21257 und 21258, im Nordosten). Es sei nicht ersichtlich, wie eine 'Grünzäsur' zwischen zwei diamentral unterschiedlichen Widmungskategorien eine ausreichende – raumplanungsrechtliche – Maßnahme zur Vermeidung gegenseitiger Beeinträchtigungen durch die störenden Wirkungen der neu hinzukommenden Betriebsanlagen darstellen könne. Die Widmung der angesprochenen Flächen als Baufläche-Betriebsgebiet-Kategorie II verstoße gegen das raumplanungsrechtliche Gebot einer Vermeidung von gegenseitigen Beeinträchtigungen von Bauflächen-Betriebsgebiet und Bauflächen-Wohngebiet.

 

Dazu ist Folgendes auszuführen:

 

Die Pufferzone ist Richtung Norden als Freifläche-Freihaltegebiet, Richtung Nordosten als Freifläche-Freihaltegebiet und als Verkehrsfläche (Straße) gewidmet.

 

Eingangs sei festgehalten, dass die GST‑NRN 21244, 21257 und 21258 (im Nordosten) erst durch eine Änderung des Flächenwidmungsplanes der Stadt Dornbirn, beschlossen von der Stadtvertretung am 15.11.2016, aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Landesregierung vom 25.1.2017, Zl. Vlla-50.030-5//-442, und kundgemacht am 13.2.2017 (siehe beiliegende Aktenauszüge: I. Bund, S. 1ff), von Bauerwartungsfläche-Wohngebiet in Baufläche-Wohngebiet umgewidmet wurden. Somit erfolgte die Umwidmung dieser Grundstücke zu Baufläche-Wohngebiet erst nach der Umwidmung der GST‑NRN 21240 und 21243 in Baufläche-Betriebsgebiet Kategorie II. Im Zeitpunkt der Umwidmung der genannten Grundstücke zu Baufläche-Betriebsgebiet Kategorie II existierte hier folglich noch keine zu schützende bzw bei der Interessensabwägung zu berücksichtigende Wohnnutzung.

 

Dessen ungeachtet wurde im vorliegenden Fall dem raumplanerischen Gebot des §2 Abs3 liti (neu litj) RPG ua durch Ausweisung einer Grünzäsur bzw eines Freihaltestreifens gegenüber den Wohngebieten im Norden und im Nordosten in widmungsrechtlicher Hinsicht entsprochen (siehe dazu bereits die Ausführungen oben unter lita).

 

Der Landesvolksanwalt bringt vor, die Eigentümerin der Grundstücke GST‑NRN 21240 und 21243 wolle ein Betriebsgebäude mit Trocken- und Kühllager, eine[…] Werkstätte samt Waschbox, eine Betriebstankstelle und ein Verarbeitungsraum samt Büro errichten (fleischverarbeitendes Transportunternehmen). Derzeit sei bei der Stadt Dornbirn das Bauverfahren und bei der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn das gewerberechtliche Verfahren anhängig. Die Betriebszeiten seien von 00.00 bis 24.00 Uhr vorgesehen (eingeschränkt an Samstagen und Sonntagen). Wochentages werde mit täglich 450 Lkw‑Fahrten gerechnet, eine ähnliche Größenordnung werde an Samstagen erwartet. Am Sonntag werde von über 200 Lkw‑Fahrten ausgegangen. Dazu würden noch täglich über 270 Pkw‑Fahrten von Beschäftigten und Kunden kommen.

 

Dazu kann rechtlich ausgeführt werden, dass es letztendlich vom Emissionsverhalten des betreffenden Betriebes abhängt, ob – neben dem Freihaltepuffer – projektbezogene Maßnahmen zur Verhinderung störender Auswirkungen vorgesehen werden müssen (beispielsweise Lärmschutzmaßnahmen, zB in Form von Schallschutzwänden, oder etwa Betriebszeitenbeschränkungen). Dies ist im Rahmen der konkreten Projektgenehmigungsverfahren nach Bau- und Gewerberecht von der Behörde zu prüfen. So hielt etwa auch die Umweltbehörde (Amt der Landesregierung, Abteilung IVe) im Rahmen der erwähnten SUP in ihrer abschließenden Stellungnahme vom 21.06.2012, Zl. IVe-410.0616 (siehe übermittelte Aktenauszüge[…]: VI. Bund, S. 29ff) aus verkehrstechnischer Sicht fest, dass keine Einwände oder Bedenken gegen die geplante Umwidmung bestehen würden; Auflagen oder Bedingungen könnten im Zuge der Bebauung in den jeweiligen Bauverfahren bzw gewerberechtlichen Verfahren festgelegt werden.

Ob bzw inwieweit die im verfahrensgegenständlichen Flächenwidmungsplan ausgewiesene Pufferzone in jedem Einzelfall ausreichend ist, um mögliche Belästigungen durch ansiedelnde Betriebe auf den als Baufläche-Betriebsgebiet Kategorie II gewidmeten verfahrensgegenständlichen Grundstücken zu vermeiden, wird im Rahmen des konkreten Projektbewilligungsverfahren[s] (Bauverfahren bzw gewerberechtliches Verfahren) eingehender zu prüfen sein. Erforderlichenfalls können von der Behörde auch Auflagen und Bedingungen vorgeschrieben werden (siehe dazu die Ausführungen oben auf Seite 7 zu Punkt II.1.a).

 

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die angefochtenen Änderungen des Flächenwidmungsplanes der Stadt Dornbirn auf einer entsprechenden Grundlagenforschung, insbesondere den Ergebnissen vorangegangener Planungsprozesse (Regionalplanungsprojekt 'Rheintal Mitte' bzw in weiterer Folge Leitbild der Stadt Dornbirn zur Siedlungsentwicklung in Tallage) als Planungsgrundlage aufbauen und nach einer entsprechenden Interessensabwägung gemäß §3 RPG erfolgt sind; diese Änderungen des Flächenwidmungsplanes widersprechen nicht den Raumplanungszielen nach §2 RPG – insbesondere auch nicht dem §2 Abs3 liti (nach der Raumplanungsgesetznovelle LGBl Nr 4/2019: litj) RPG – und sind auch sonst nicht rechtswidrig. Die vom Landesvolksanwalt behauptete Gesetzwidrigkeit liegt daher nicht vor."

 

14. Der Landesvolksanwalt von Vorarlberg erstattete eine Gegenäußerung, in der er der Äußerung der Vorarlberger Landesregierung wie folgt entgegentritt (ohne die Hervorhebungen im Original):

"I. Unzureichende Grundlagenforschung

 

Die Vorarlberger Landesregierung führt in ihrer Äußerung aus, dass eine Abstufung bzw ein Ansteigen der Widmungskategorien von BW zu BM bzw von BB‑I zu BB‑II im vorliegenden Fall nicht zwingend erschienen sei, da dem Erfordernis nach §2 Abs3 litj RPG durch die Ausweisung eines Freihaltepuffers zum Wohngebiet hin insoweit bereits entsprochen worden sei. Die betreffenden Planungsgrundlagen seien schon im Vorfeld ausreichend erarbeitet bzw erhoben worden.

 

Unterlagen, welche eine Überprüfung dieser Erhebungen zulassen würde[n], wurden auch im Zuge der Äußerung der Vorarlberger Landesregierung nicht vorgelegt.

 

Demgegenüber wurde zur Festlegung des Ausmaßes des Pufferstreifens von rund 1 ha ausgeführt, dass dieses Ausmaß knapp 10 % jener Flächen entspreche, die von den Grundeigentümern im Rahmen der Umlegung für gemeinsame Anlagen eingebracht worden seien. Die Einbringung dieser Flächen sei dabei nicht willkürlich erfolgt, sondern habe mit den Grundeigentümern darüber das Einvernehmen hergestellt werden können.

 

Von der Vorarlberger Landesregierung wurde nicht weiter ausgeführt, ob eine Prüfung darüber erfolgt sei, welches Ausmaß an Emissionen von einer BB-II Fläche auf die umliegende Umgebung unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse erlaubt sind und ob das Ausmaß des Pufferstreifens in der festgelegten Form ausreiche. Diesbezüglich fehlen nach wie vor entsprechende Unterlagen, welche eine umfassende und demgemäß ausreichende Grundlagenforschung belegen würden.

 

In ihren Ausführungen verkennt die Vorarlberger Landesregierung, dass die Zulässigkeit von Emissionen nicht erst in nachfolgenden Genehmigungsverfahren konkreter Bauprojekte nach den Bestimmungen der Gewerbeordnung bzw des Baugesetzes zu prüfen sind. Dass eine projektbezogene Beurteilung von möglichen Auswirkungen im Einzelfall im Rahmen der Flächenwidmungsplanung nicht erfolgen müsse, wie seitens der Vorarlberger Landesregierung ausgeführt, widerspricht insbesondere dem Planungsziel des §2 Abs3 litj RPG.

 

Genehmigungen von Betriebsanlagen und Bauprojekten allgemein haben sich an der zugrundeliegenden Flächenwidmung zu orientieren. Folgt man nun dem Argument, dass etwaige Emissionen nicht bereits im Zuge der Flächenwidmungsplanung zu berücksichtigen sind, da ein ausreichender Schutz vor negativen Auswirkungen auf die Umgebung in den nachfolgenden Projektgenehmigungsverfahren gewährt werde, so wird ein ganz wesentlicher Aspekt übersehen: Genehmigungen von Betriebsanlagen und Bauvorhaben, sowohl nach der Gewerbeordnung wie auch dem Baugesetz, sind unter Berücksichtigung der zugrundeliegenden Flächenwidmung zu erteilen, oder bei Widerspruch gegen diese zu versagen. Die Grundlage für die Genehmigungsfähigkeit und das zulässige Emissionspotential wird sohin durch den Flächenwidmungsplan bestimmt und nicht umgekehrt.

 

Bei einer Änderung des Flächenwidmungsplanes ist als Vorstufe bereits darauf Bedacht zu nehmen, welche Emissionen im betreffenden Gebiet zumutbar sind, um eine Grundlage für die Entscheidung über künftig konkret zu prüfende Bauvorhaben und deren Genehmigungsfähigkeit zu schaffen. Werden Aspekte der zulässigen Emissionsbelastung erst nachträglich im Zuge von Genehmigungsverfahren geprüft, ist der Rahmen für die Zulässigkeit von Emissionen bereits durch eine entsprechende Widmung als BM, BB‑I oder BB‑II vorgegeben und ist das zulässige Ausmaß anhand der zugrundeliegenden Flächenwidmung zu prüfen. Dies kann mitunter zu unerwünschten Auswirkungen führen, welche durch ausreichende Grundlagenforschung bereits im Stadium der Änderung des Flächenwidmungsplans zu verhindern sind.

 

Die Ausführungen der Vorarlberger Landesregierung zur Durchführung einer ausreichenden Grundlagenforschung vor Umsetzung der beanstandeten Umwidmungsverfahren, vermögen die Bedenken des Landesvolksanwaltes von Vorarlberg demnach nicht zu entkräften.

 

II. Einwendungen von Nachbarn

 

Die Vorarlberger Landesregierung führt in ihrer Äußerung aus, dass im öffentlichen Auflageverfahren des Entwurfes des Flächenwidmungsplanes samt Erläuterungsbericht und Umweltbericht mit zusammenfassender Erklärung in der Zeit vom 24.11.2014 bis 23.12.2014 im Amt der Stadt Dornbirn, jeder Gemeindebürger bzw Anrainer die Gelegenheit gehabt habe, sich gegen die Umwidmung auszusprechen. Während dieser Auflagefrist seien nur vier Änderungsvorschläge eingelangt und wurde die Umwidmung der verfahrensgegenständlichen Grundstücke GST‑NRN 21239, 21240, 21242 und 21243 im Verfahren von keinem der anrainenden Grundstückeigentümer bemängelt.

 

Bei diesen Ausführungen wurde außer Bedacht gelassen, dass von der Anzahl der Einwendungen im Auflageverfahren kein Schluss auf die rechtliche Zulässigkeit der Umwidmungen an sich gezogen werden kann.

 

Insbesondere kommt Nachbarn in Widmungsverfahren gemäß §21 RPG keine Parteistellung zu, weshalb oft auf solche Einwendungen verzichtet wird.Behörden sind gesetzlich nicht verpflichtet, betroffene Nachbarn umfassend über die Auswirkungen einer Umwidmung und die daraus resultierende zulässige Bebauungsweise zu informieren. Dass im gegenständlichen Verfahren nur wenige Einwendungen gegen die bevorstehende Umwidmung erfolgten, kann mitunter auf fehlender Information der betroffenen Anrainer zu den Widmungskategorien BM, BB‑I und BB‑II beruhen. Ein konkret geplantes Bauprojekt auf diesen Flächen, welches die Auswirkungen einer BB‑II Widmung aufgezeigt hätte, lag zum Zeitpunkt der Umwidmung nicht vor.

 

III. Einheitlicher Planungsprozess zur Durchführung der Umwidmungen aus GST‑NRN 21244, 21257, 21258, 21240 und 21243, KG Dornbirn

 

Zum Vorbringen einer unzureichenden Pufferzone zwischen BB‑II und BW Widmung des Landesvolksanwaltes von Vorarlberg, hielt die Vorarlberger Landesregierung erläuternd fest, dass zum Zeitpunkt der Umwidmung der GST‑NRN 21240 und 21243 in BB-II die umliegenden Flächen GST‑NRN 21244, 21257 und 21258 (im Nordosten) noch die Widmung Bauerwartungsfläche-Wohngebiet aufwiesen. Eine Umwidmung dieser Grundstücke in Baufläche-Wohngebiet sei erst durch eine Änderung des Flächenwidmungsplanes der Stadt Dornbirn mit Beschluss der Stadtvertretung vom 15.11.2016 und aufsichtsbehördlicher Genehmigung mit Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 25.01.2017, Zl. VIla-50.030-5/1-442, kundgemacht am 13.02.2017, erfolgt. Im Zeitpunkt der Umwidmung der GST‑NRN 21240 und 21243 in BB‑II habe folglich noch keine zu schützende bzw bei der Interessenabwägung zu berücksichtigende Wohnnutzung vorgelegen.

 

Wie seitens der Vorarlberger Landesregierung laufend ausgeführt wurde, handelte es sich bei den Umwidmungsprozessen im Gebiet Wallenmahd um einen einheitlichen Planungsprozess. Es ist daher davon auszugehen, dass die zuständigen Behörden bereits zum Zeitpunkt der Umwidmung der gegenständlichen Flächen in BB‑II Kenntnis von der geplanten Folgewidmung der umliegenden Grundstücke in Baufläche-Wohngebiet hatten und die zeitliche Abfolge dieser Umwidmungsprozesse lediglich eine schrittweise Umsetzung des gesamten Planungsprozesses darstellte. Eine Begründung für die fehlende Rücksichtnahme im Zuge der Interessenabwägung des Umwidmungsverfahrens vermag dieser Umstand demgemäß nicht darzustellen.

 

Betrachtet man die Sachlage aus Sicht der Folgewidmung der GST‑NRN 21244, 21257 und 21258 von Bauerwartungsfläche-Wohngebiet in Baufläche-Wohngebiet, so wäre auch zu diesem Zeitpunkt die bereits vorliegende Widmung der umliegenden BB-II Grundstücke zu berücksichtigen gewesen. Eine Rücksichtnahme hat entsprechend in beide Richtungen zu erfolgen."

 

15. Die Stadtvertretung der Stadt Dornbirn erstattete ebenfalls eine Äußerung, in der sie den im Antrag erhobenen Bedenken des Landesvolksanwaltes von Vorarlberg wie folgt entgegentritt (ohne die Hervorhebungen im Original):

"1 Sachverhalt

 

1.1 Lage des Betriebsgebietes und Wohnbauquartiers Wallenmahd im Stadt gebiet

 

Das gegenständliche Gebiet liegt im Süden der Stadt Dornbirn, im Bezirk Hatlerdorf, im Gebiet Wallenmahd, nähe Bobletten und Fängen. Im Nord-Westen wird das Gebiet durch die Bahnlinie der ÖBB begrenzt, im Westen durch die künftige Landesstraße Bleichestraße, im Süden verläuft die L190. Im Nordosten verläuft eine großzügige Freiflächen-Freihaltegebietswidmung zum angrenzenden Wohngebiet. Das Gebiet ist hinsichtlich Erschließung, technischer Infrastruktur etc. sowie Flächenwidmung abgeschlossen und wird derzeit sukzessive einer Überbauung – Verdichtung unserer Stadt nach innen – zugeführt.

 

Es handelt sich hier um ein großflächiges zusammenhängendes Quartier, das in Gegenüberstellung mit anderen Betriebsgebieten im Land vergleichsweise gute Voraussetzungen für eine Betriebsgebietsentwicklung und die Schaffung von Arbeitsplätzen innerhalb der Siedlungsränder hat. Der Standort entspricht den Vorstellungen der regionalen Studie 'Rheintal-Mitte' als Folgeprojekt von 'Vision Rheintal'. Das nordöstlich gelegene Wohngebiet des Quartiers hat ebenfalls gute Entwicklungsvoraussetzungen – verfügbare Liegenschaften, gute Anbindung an den öffentlichen Verkehr, gute Versorgung an Gütern des täglichen Bedarfs, fußläufig angebundene Bildungseinrichtungen wie Kindergarten, Volksschule etc.

 

1.2 Raumplanungsrechtliche Verfahren

 

1.2.1 Umlegungsverfahren Wallenmahd IV

 

Den vom Landesvolksanwalt angefochtenen Umwidmungsverfahren ging im besagten Gebiet im Jahr 2013 ein Umlegungsverfahren voraus, welches auch die Flächen der verfahrensgegenständlichen Grundstücke Nrn. 21239, 21240, 21242 und 21243 erfasste. Weiters erfasste das Umlegungsgebiet unter anderem auch das nunmehr als Freifläche-Freihaltegebiet gewidmete Grundstück Nr 21272 (Grünpuffer) und die nordöstlich angrenzenden Grundstücke Nrn. 21244, 21257 und 21258, die nunmehr als Baufläche Wohngebiet gewidmet sind.

 

Vorrangiges Ziel dieser Umlegung Wallenmahd IV war die Bereitstellung von Flächen für das Betriebsgebiet. Wegen der Eigentümerstruktur (Grundstücke, die über das Betriebsgebiet reichten) wurden weitere Flächen nördlich des Betriebsgebietes, die bereits als Bauerwartungsfläche-Wohngebiet gewidmet waren, miteinbezogen. Bereits im Zuge dieses Umlegungsverfahrens wurden die Rahmenbedingungen zur verkehrlichen Erschließung des künftigen Betriebsgebietes und zur räumlichen Abgrenzung des Wohngebietes festgelegt. Mit Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 20.11.2013, Zl. VIla-62.20.44 wurde die Umlegung gemäß §48 Raumplanungsgesetz genehmigt.

 

1.2.2 Änderung des Flächenwidmungsplanes im Jahr 2015

 

Mit Beschluss der Stadtvertretung vom 5.2.2015, aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 12.3.2015, Zl. Vlla-602.20, wurden die verfahrensgegenständlichen Grundstücke Nrn. 21239 und 21242 von Freifläche-Freihaltegebiet in Baufläche Betriebsgebiet sowie die Grundstücke Nrn. 21240 und 21243 von Freifläche-Freihaltegebiet in Bauerwartungsfläche-Betriebsgebiet II gewidmet. Im selben Umwidmungsverfahren wurde das Grundstück Nr 4328 im Nordwesten von Freifläche-Freihaltegebiet in Baufläche-Wohngebiet gewidmet.

 

Als Grundlage für dieses Widmungsverfahren wurden im Wesentlichen die erforderliche Strategische Umweltverträglichkeitsprüfung (SUP) sowie die abschließende Stellungnahme der Umweltbehörde vom 21.6.2012, Zl. IVe-410.0616 herangezogen. Diesbezüglich wird im Detail auf die Ausführungen unter Punkt 2.1 verwiesen.

 

Im öffentlichen Auflageverfahren, in dem nach erfolgter Kundmachung der Entwurf des Flächenwidmungsplanes samt Erläuterungsbericht und Umweltbericht in der Zeit vom 24.11.2014 bis 23.12.2014 zur allgemeinen Einsichtnahme aufgelegt wurde, hat sich niemand gegen die Umwidmung der Grundstücke Nrn. 21239, 21242, 21240 und 21243 ausgesprochen.

 

1.2.3 Änderung des Flächenwidmungsplanes im Jahr 2016

 

Mit Beschluss der Stadtvertretung vom 13.10.2016, aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 30.11.2016, Zl. VIla-50.030.20-511-431 erfolgte schließlich die Umwidmung der Grundstücke Nrn. 21240 und 21243 von Bauerwartungsfläche-Betriebsgebiet II in Baufläche-Betriebsgebiet II. Im Zuge dieses Verfahrens wurden auch die Grundstücke Nrn. 21244, 21257, 21258, 21262, 21267 und 21271 von Bauerwartungsfläche- Wohngebiet in Baufläche-Wohngebiet umgewidmet.

 

2 Zu den vorgebrachten Bedenken des Landesvolksanwaltes

 

2.1 Zum Vorbringen der ungenügenden Grundlagenforschung

 

Zu Beginn darf festgehalten werden, dass die Stadt Dornbirn detaillierte Fachkonzepte zur Stadtentwicklung erarbeitet hat, die wesentliche Grundlagen für eine geordnete und zielgerichtete Stadtentwicklung darstellen. Diese Fachkonzepte stellen wesentliche Grundlagen für die Stadtteil- und Quartiersentwicklungen dar und somit auch für die Flächenwidmungsplanung unserer Stadt.

 

Dies sind insbesondere:

 'Landschafts- und Grünraumkonzept' von 1995 mit Weiterführung des 'Spiel- und Freiraumkonzeptes' von 2011

 'Mobilität und Verkehrskonzept' von 1993 mit der Fortschreibung von 2011

 'Leitbild zur Siedlungsentwicklung im Talraum', Beginn 2014 - Beschluss 2015

 'Siedlungsentwicklung in den Dornbirner Hangzonen' von 2013

 'Plan öffentlicher Bauten und Anlagen' mit ständiger Anpassung

 'Wirtschaftsstudie' 1995

 'Umweltprogramm' 1996 mit ständiger Evaluierung

 'Sportstättenkonzept' 2006

 'Schulraumkonzept' 2009

 'Kinderbetreuungskonzept' 2009

 'Kulturleitbild' 2015

 'Integrationsleitbild' 2011

 'Familienleitbild'

 etc.

 

Beim gegenständlichen Betriebsgebiet Wallenmahd an der Hauptachse der L190 handelt es sich um ein zukunftsträchtiges Betriebsgebiet mit höchster Standortqualität im Unteren Rheintal, das unmittelbar an das seit Ersterlassung des Flächenwidmungsplanes im Jahr 1982 gewidmete und zum Teil historische Betriebsgebiet Wallenmahd im Südosten angrenzt. Durch das regionale Projekt 'Rheintal Mitte', mit dem wesentliche zusätzliche Standortvoraussetzungen durch den Bau des neuen Autobahnanschlusses für das große Betriebsgebiet[…] Wallenmahd an die Autobahn A14 geschaffen werden, wird die Standortausstattung und somit Standortqualität für das Betriebsgebiet weiter erhöht. Dieser neue Autobahnanschluss befindet sich mit den erforderlichen Zulaufstrecken bereits im Bau und ergibt eine konfliktfreie verkehrliche Anbindung des erweiterten Betriebsgebietes Wallenmahd, da eine direkte umweglose und vom Wohngebiet komplett entkoppelte verkehrliche Anbindung über die Johann-Baptist-Salzmann-Straße (reine Erschließungsstraße des Betriebsgebietes) an die neue Landesstraße Bleichestraße und folgend auf die Autobahn A14 erfolgt. Dies zeigt die Verkehrsgunst des erweiterten Betriebsgebietes Wallenmahd und das planerische Bemühen einer kompletten verkehrlichen Entkoppelung vom nordöstlich angrenzenden Wohngebiet, das zudem einen großzügigen Grünpuffer zum neuen Betriebsgebiet aufweist.

 

Eingehende und vertiefte Grundlagen wurden in verschiedenen Planungsprozessen erarbeitet und sind dargelegt, beginnend mit den regionalen Planungen zu 'Vision-Rheintal' und 'Rheintal-Mitte'. Die eingangs erwähnten Fachkonzepte zur Stadtentwicklung sind detailliert und umfangreich und bildeten eine wichtige Basis für den dargelegten Umweltbericht vom 23.3.2011, Zl. 5100-04/120323-UVP und zu den Erläuterungen zur Flächenwidmung 'Anpassung und Überarbeitung des Flächenwidmungsplanes im Gebiet Wallenmahd zwischen Bleichestraße und Froschweg' vom 17.10.2014, Zl. 5100-05/2014/40.

 

Dornbirn als Wirtschaftsstadt hat gemäß den in §2 Raumplanungsgesetz genannten Raumplanungszielen eine nachhaltige Sicherung der Existenzgrundlagen der Menschen hinsichtlich Wirtschaft und Arbeit, unter Einhaltung des Postulates Siedlungsentwicklung nach innen, ohne den äußeren Siedlungsrand weiter auszudehnen, offensiv wahrzunehmen und eine der Stadtentwicklung am besten dienende Gesamtgestaltung des Stadtgebietes anzustreben. Auch das Schaffen von räumlichen Strukturen, die eine umweltverträgliche Mobilität begünstigen, steht im Vordergrund und kann durch die Lage des gegenständlichen neuen Betriebsgebietes direkt an der ÖBB-Bahn und somit der Möglichkeit eines Gleisanschlusses wesentlich gestützt werden.

 

Beispielhaft wird auf den nachfolgenden Auszug aus dem 'Leitbild zur Siedlungsentwicklung im Talraum', das an die erwähnten Regionalplanungen des Landes anknüpft, verwiesen. Zum Betriebsgebiet Wallenmahd und der Stadteinfahrt Süd gibt es neben dem generellen Leitbild ein klar formuliertes städtebauliches Zielbild. Der Prozess des Leitbildes wurde, wie bei gesamtstädtischen Planungen notwendig und üblich, vor 2014 gestartet und ist bei der Baulandumlegung 'Wallenmahd IV' sowie der Überarbeitung der Flächenwidmung im Wallenmahd bereits als wesentliche übergeordnete Grundlagenarbeit berücksichtigt worden. Auszug Seite 66:

 

'B – Stadteingang Süd / Betriebsgebiet Wallenmahd

 

Das Betriebsgebiet Wallenmahd wird durch das Gebiet J.M. Fussenegger, Textilbetrieb David Fussenegger, Sparzentrale, EHG, Blum und weitere zahlreiche Großbetriebe bestimmt, deren mächtige Bauvolumina das Gebiet prägen. Richtung Breitenberg sind mehrere Bauhof- und Lagerflächen angesiedelt.

Im Betriebsgebiet Wallenmahd ist eine große Dynamik entstanden. Weitere Großprojekte und die geplante Anschlussstelle A14 / Schweizerstraße erhöhen die Standortgunst. Baulandreserven werden für Nutzungsoptionen geöffnet. Die hohe Standortqualität wirkt lokal, regional und überregional.

Ab der Siedlung Bremenmahd stadteinwärts ist ein Bebauungsplan rechtskräftig, der den Stadteingang in der städtebaulichen Entwicklung definiert. Straßenraumbildende Baukörper sind durch Baulinien und Geschoßigkeit festgelegt, eine Allee soll den Straßenraum künftig aufwerten.

 

Städtebauliches Zielbild

 

Bebauung

Im Betriebsgebiet Wallenmahd werden die städtebaulichen Voraussetzungen für großvolumige Baukörper mit entsprechender Geschoßigkeit genutzt.

Teilgebiete des Stadteinganges Süd werden auf Basis des Bebauungsplanes 'Wallenmahd' entwickelt. Für die neu entstandenen Betriebsgebietsflächen wird der bestehende Bebauungsplan bis auf Höhe Bleichestraße erweitert, wobei die Festlegungen entsprechend zu überarbeiten sind.

Auch im Bereich der L190, Arlbergstraße, wird eine straßenraumbildende 3 bis 4 geschossige Bebauung angestrebt. Entlang dieses Straßenabschnittes wird insgesamt eine urbanere Stadtsituation mit attraktiven Gebäudevorzonen angestrebt.

Die Übergänge zum angrenzenden Wohngebiet werden in Volumen und Höhe maßstäblich verträglich gestaltet.

 

Erschließung

Das Projekt Rheintal Mitte optimiert die Erschließung für die künftige Betriebsgebietsentwicklung. Das Verkehrsregime wird entsprechend dem Verkehrskonzept angepasst und ein verträglicheres Verkehrsaufkommen in den Siedlungsgebieten wird angestrebt. Die innere Schweizerstraße wird zur Gemeindestraße und kann somit entsprechend gestaltet werden.

Der ÖV wird auf der L190 priorisiert und stadteinwärts abschnittsweise eine eigene Busspur erhalten. Die bestehende Pförtnerwirkung auf Höhe Schweizerstraße wird stadtauswärts ins Betriebsgebiet Wallenmahd gelegt.

Die Zu- und Abfahrten zur L190 werden soweit möglich gebündelt. Der ruhende Verkehr wird möglichst unterirdisch organisiert.

Gute Rahmenbedingungen für Fußgänger und Radfahrer werden angestrebt.

 

Öffentlicher Raum

In den Betriebsgebieten werden Qualitätsverbesserungen angestrebt, wobei die Möglichkeiten stark vom Verkehr bestimmt sind. Eine Summe von hochwertigen Einzelmaßnahmen kann das Gesamtbild verbessern. Im Wallenmahd besteht ein rechtskräftiger Bebauungsplan, der die hohe Bedeutung des öffentlichen Raumes aufzeigt und bestimmt. Die Gebäudevorzonen werden hochwertig und mit den Seitenräumen des Straßenzuges L190 gestaltet – die Baukörper müssen im Dialog zum öffentlichen Raum stehen.

 

Nutzungen

Die hohe Standortqualität des Betriebsgebietes verlangt gezielte Nutzungsformen und Betriebstypen. Mit Stadtteilzentren und dem Stadtzentrum konkurrenzierende Nutzungen werden hintangehalten und stets auf Stadt- und Gebietsverträglichkeit geprüft.

Im Betriebsgebiet Wallenmahd sind aufgrund der Widmung BB II Wohnen, Handels- und Freizeitnutzungen ausgeschlossen. Der Schwerpunkt liegt bei Flächen für Produktion und Gewerbe.

Stadteinwärts wird eine durchmischte Nutzung mit Gewerbe, Dienstleistungen, täglichen Bedarfseinrichtungen etc. angestrebt.

 

Freiraum

Auf die Entwicklung hoher gestalterischer Außenraum- und Freiraumqualität wird geachtet.'

 

Auf Grund der Größe des gegenständlichen Betriebsgebietes wurde im Vorfeld des Widmungsverfahrens eine Strategische Umweltverträglichkeitsprüfung (SUP) durchgeführt. In diesem Verfahren haben Sachverständige aus den Fachbereichen Raumplanung, Verkehr, Landwirtschaft, Wasserwirtschaft, Lufthygiene, Limnologie sowie Natur- und Landschaftsschutz Stellungnahmen erstattet. Die Umweltbehörde gelangte in ihrer abschließenden Stellungnahme vom 21.6.2012, Zahl: IVe-410.0616, zum Ergebnis, dass die beantragte Umwidmung im Hinblick auf die besondere Standorteignung zur Kenntnis genommen werden könne. Es werde zwar der Verlust an landwirtschaftlicher Fläche und der damit einhergehende Verlust von Lebensräumen für bestimmte Tierarten bedauert. Die Errichtung der Pufferzone und die ökologische Aufwertung des Wellochgrabens werde als positiver Aspekt begrüßt.

 

Im Ergebnis fand somit im Vorfeld eine umfangreiche und ausreichende Erforschung der Planungsgrundlagen für die vom Landesvolksanwalt angefochtenen Widmungsverfahren statt. Diese Grundlagenerforschung erfolgte auch erkennbar anhand der im §2 Raumplanungsgesetz genannten Raumplanungsziele.

 

2.2 Zur Behauptung des Verstoßes gegen das raumplanerische Gebot zur Vermeidung von gegenseitigen Beeinträchtigungen zwischen Baufläche- Betriebsgebiet und Baufläche-Wohngebiet

 

Die Stadt Dornbirn ist durch die Textilindustrie stark geprägt. Diese betrieblichen Standorte sind heute meist nachgenutzte Betriebsareale und dementsprechend auch als Baufläche Betriebsgebiet Kategorie I oder II gewidmet. Diese Betriebsareale sind aufgrund des über Jahrzehnte stattgefundenen Stadtwachstums heute stets innenliegende Betriebsgebietsflächen und von Wohn- und Mischgebieten umgeben. Die nachgenutzten innenliegenden Betriebsgebiete waren wesentlicher Motor der Stadtentwicklung der letzten zwei Jahrzehnte und bilden neben den Stadtteilzentren unserer Stadt wichtige innenliegende Subzentren – dieses städtebauliche Grundgerüst unserer Stadt ist gewachsene Identität.

 

Im gegenständlichen Betriebsgebiet Wallenmahd wurden die Widmungszuordnungen BBI und BBII bewusst gewählt. Das BBII-Gebiet wurde nordwestseitig zur ÖBB-Bahnlinie angeordnet, da hier die Möglichkeit eines Bahnanschlusses gewährleistet ist. Weiters wurden diese Flächen für intensives Gewerbe (BBII) reserviert und bewusst Gebäude und Anlagen für Handel sowie Sport- und Freizeitzwecke ausgeschlossen, da gerade für Betriebsgebiete der Kategorie II ein hoher Bedarf besteht und in unserer Stadt, aber auch im Unteren Rheintal, diese Widmungskategorie ein knappes Gut darstellt. Die konfliktfreie Erschließungsqualität spricht ebenfalls für ein Betriebsgebiet der Kategorie II.

 

Zur L190 ist die Widmung Betriebsgebiet Kategorie I bewusst gewählt. Hier geht es städtebaulich um die Entwicklung der Stadteinfahrt Süd. Die Stadteingänge in unserer Stadt von Süden, Westen und Norden kommend sind wichtige Stadträume, deren städtebauliche und stadtgestalterische Präsenz als Eingangstore in unsere Stadt erhöhte Aufmerksamkeit in der baulichen und funktionellen Entwicklung verlangen. Diesbezüglich gilt auch seit 2017 für alle Stadteinfahrten eine Verordnung zur Verpflichtung der Einholung von Baugrundlagen. Die Ausweisung der Widmung Baufläche-Betriebsgebiet I (breiteres Nutzungsspektrum) bietet hier deutlich bessere Voraussetzungen für die Entwicklung der südlichen Stadteinfahrt, als dies eine Ausweisung mit Baufläche-Betriebsgebiet II ermöglichen würde. Dies belegen der mittlerweile angesiedelte Billa Markt mit erweiterten Nutzungen und das Myfair-Hotel unmittelbar nordöstlich des gegenständlichen Gebietes, ebenfalls unmittelbar an der Stadteinfahrt L190 mit der Widmung Baufläche-Betriebsgebiet I auf eindrucksvolle Art und Weise.

 

Zwischen der bahnseitigen BBII Widmung und dem nordöstlich angrenzenden Wohngebiet ist unseres Achtens ein großzügig gestalteter Grünpuffer und vor allem eine wirkungsvolle Raumzäsur eingeschoben, die von Gebäudekante eines betrieblich genutzten Baukörpers bis Gebäudekante eines Wohnbaukörpers wesentlich breiter als der gewidmete Freiflächenpuffer ist und diese große Raumzäsur die Wirkung hinsichtlich der Emissionen stark erhöht.

 

Das aktuelle, vom Landesvolksanwalt beschriebene Projekt im neuen Betriebsgebiet, auf Grundstück Nr 21240, zeigt auch, dass in konkreten Projektbewilligungsverfahren (Bau- und Gewerbeverfahren) die zulässigen Immissionswerte zum nördlichen Wohngebiet eingehalten werden können. In der Projektentwicklung auf Gst.-Nr 21240 wurde auch bewusst darauf geachtet, dass zum Grünpuffer keinerlei Nutzungen – auch keine Lagerflächen etc. – entstehen, sondern die Abstandsflächen zur Grundgrenze ebenfalls intensiv bepflanzt und somit Teil des Grünpuffers werden.

Es wird letztendlich vom Emissionsverhalten des jeweils geplanten Betriebes abhängig sein, ob neben dem Grünflächenpuffer noch zusätzliche Lärmschutzmaßnahmen wie beispielsweise Schallschutzwände getroffen werden müssen.

 

Im Rahmen eines Verfahrens zur Änderung der Flächenwidmung kann jedenfalls keine abschließende Aussage zu erforderlichen Schutzabständen zwischen Betriebs- und Wohngebiet und keine projektbezogene Einzelfallbeurteilung von möglichen Auswirkungen (Belästigungen) erfolgen.

 

Das Halten der äußeren Siedlungsränder ist eine vorrangige Zielsetzung und führt verstärkt zu haushälterischem Umgang mit Grund und Boden und insbesondere bodensparender Bauflächennutzung. Betriebsgebietswidmungen, auch der Kategorie II, müssen ohne dass die Rheintalgrünzone angegriffen wird, innerhalb des bestehenden Siedlungskörpers möglich sein. Die unumgängliche Siedlungsentwicklung nach innen bringt somit verschiedene Nutzungen zueinander näher und diese sind möglichst verträglich einander zuzuordnen.

Diese Zielsetzung wurde in sämtlichen planerischen Vorarbeiten zur Erweiterung des Betriebsgebiet Wallenmahd in hohem Maße verfolgt. Beispielsweise zeigt dies die zur Flächenwidmungsänderung vorangegangene große Baulandumlegung 'Wallenmahd IV' die Sicherung eines Grünpuffers von über einem 1 ha auf (planerisch eigentlich eine 'Meisterleistung'), aber auch die sichergestellte Fuß- und Radwegverbindung zum angrenzenden nördlichen Wohngebiet im Sinne kurzer Verbindungen und somit Vermeidung von unnötigem motorisiertem Verkehr war planerisches Ziel. In den Überlegungen zur Neuverteilung der Grundstücke im Zuge der Baulandumlegung, die mit allen Grundeigentümern des Umlegungsgebietes entwickelt wurde, ist mit den Grundeigentümern die künftige Flächenwidmung und Zuordnung der Widmungskategorien samt Abfindungsflächen eingehend abgestimmt worden. Diese Überlegungen sind im Planoperat schriftlich festgehalten (Umlegungsoperat Seite 7) und erfolgten daher keinesfalls willkürlich. Demensprechend wurden auch von den Grundeigentümern die Umwidmungsansuchen an die Stadt Dornbirn gestellt. Das Gebiet der Baulandumlegung entspricht im Wesentlichen auch dem Gebiet der Überarbeitung der Flächenwidmung.

 

Angemerkt wird auch, dass der immer wieder angesprochene Grünpuffer von über 1 ha, mit unterschiedlichen Breiten zum angrenzenden Wohngebiet, im Endeffekt wesentliche breiter zu beurteilen ist, da die im Zuge der Baulandumlegung festgelegte neue innere Erschließungsstraße Walchsmahd, die untergeordnete Erschließungsfunktion hat, ebenfalls zur Raumzäsur zwischen Betriebsgebiet und Wohngebiet beiträgt. Solche untergeordneten Erschließungsstraßen sind öffentliche Räume mit Verweilfunktion. Somit ist diese Raumzäsur, zwischen den Widmungen Baufläche-Betriebsgebiet Kategorie II und Baufläche-Wohngebiet um den Straßenraum Walchsmahd und auch dem Abstandsgrün der Baukörper zu den Grundgrenzen, als wesentlich breiter zu beurteilen. Dies sind in Summe immerhin ca 12 m zusätzlich zum Grünpuffer, der zwischen 24 m und 34 m breit ist. Der Grünpuffer ist als Freifläche-Freihaltegebiet gewidmet. Der Grünpuffer wurde auch auf Grundlage eines landschaftsplanerischen Konzeptes vom Landschaftsplanungsbüro […] frühzeitig intensiv und qualitätsvoll bepflanzt, um eine hohe Verträglichkeit der verschiedenen Nutzungen zu unterstützen. Durch die intensive Bepflanzung wird die Wirkung des Grünpuffers zusätzlich erhöht.

 

Eine ebenso entscheidende Maßnahme zur Vermeidung gegenseitiger Beeinträchtigungen war in den Überlegungen der Stadt Dornbirn die bewusst geplante verkehrliche Trennung zwischen dem neuen Betriebs- und Wohngebiet, wenn man bedenkt, dass im Allgemeine[n] ein Großteil der von Betrieben ausgehenden Lärmemissionen durch motorisierte Fahrbewegungen verursacht werden.

 

Durch diesen Grünpfuffer in Kombination mit der bewussten verkehrlichen Entkoppelung des Betriebsgebietes vom angrenzenden Wohngebiet wurde dem Raumplanungsziel gemäß §2 Abs3 litj Raumplanungsgesetz, nämlich Gebiete und Flächen für Wohnen, Wirtschaft, Arbeit, Freizeit, Einkauf und sonstige Nutzungen einander so zuzuordnen, dass Belästigungen möglichst vermieden werden, in Abwägung mit den anderen genannten Raumplanungszielen entsprochen.

 

Die Stadt Dornbirn ist der Meinung, dass die Gebietsverträglichkeit eines Betriebsgebietes nicht nur durch abgestufte Widmungskategorien zu erreichen ist, sondern sehr wohl auch durch einen Grünpuffer mit der Widmung Freifläche-Freihaltegebiet, wo keinerlei Bauten möglich sind, und einer Verkehrsfläche mit stark untergeordneter Bedeutung.

 

[…]

 

Die Stadt Dornbirn vertritt daher entgegen den Ausführungen des Landesvolksanwaltes die Auffassung, dass die angefochtenen Änderungen des Flächenwidmungsplanes im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes auf einer ausreichenden Erhebung der Planungsgrundlagen beruhen, den in §2 Raumplanungsgesetz genannten Raumplanungszielen nicht widersprechen und nach einer entsprechenden Interessenabwägung im Sinne des §3 Raumplanungsgesetz erfolgt und deshalb nicht gesetzwidrig sind."

IV. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit des Antrages

1.1. Gemäß Art139 Abs1 Z6 B‑VG erkennt der Verfassungsgerichtshof auf Antrag einer Einrichtung gemäß Art148i Abs2 B‑VG über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen einer Landesbehörde. Gemäß Art148i Abs2 B‑VG können die Länder für den Bereich der Landesverwaltung Einrichtungen mit gleichartigen Aufgaben wie die Volksanwaltschaft schaffen. Gemäß Art60 Abs2 Vorarlberger Landesverfassung, LGBl 9/1999 idF LGBl 89/2012, erkennt der Verfassungsgerichtshof auf Antrag des Landesvolksanwaltes über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen, die im Bereich der Verwaltung des Landes ergangen sind.

1.2. Die Legitimation des Landesvolksanwaltes von Vorarlberg zur Antragstellung ist somit gegeben. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, ist der Antrag zulässig.

2. In der Sache

Der Antrag ist begründet:

2.1. Der Verfassungsgerichtshof ist in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung gemäß Art139 B‑VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken beschränkt (vgl VfSlg 11.580/1987, 14.044/1995, 16.674/2002). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Verordnung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen gesetzwidrig ist (VfSlg 15.644/1999, 17.222/2004).

2.2. In Übereinstimmung mit dem Projekt "Rheintal Mitte" sowie dem auf dieser Planungsgrundlage basierenden "Leitbild zur Siedlungsentwicklung im Talraum" der Stadt Dornbirn hat die Stadtvertretung der Stadt Dornbirn am 5. Februar 2015 die erste angefochtene Änderung des Flächenwidmungsplanes betreffend die Grundstücke Nr 21239, 21240, 21242 und 21243, alle KG 92001 Dornbirn, von Freifläche-Freihaltegebiet in Baufläche-Betriebsgebiet – Kategorie II bzw Bauerwartungsfläche-Betriebsgebiet – Kategorie II beschlossen, die mit Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 12. März 2015 aufsichtsbehördlich genehmigt und vom 19. März bis 13. April 2015 kundgemacht wurde. Im selben Umwidmungsverfahren wurde das Grundstück Nr 4328 im Nordwesten von Freifläche-Freihaltegebiet in Baufläche-Wohngebiet gewidmet.

Die zweite angefochtene Änderung des Flächenwidmungsplanes betreffend die Grundstücke Nr 21240 und 21243 von Bauerwartungsfläche-Betriebsgebiet –Kategorie II in Baufläche-Betriebsgebiet – Kategorie II beschloss die Stadtvertretung der Stadt Dornbirn am 13. Oktober 2016, aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 30. November 2016, kundgemacht von 19. Dezember 2016 bis 3. Jänner 2017.

Die im Nordosten anschließenden Grundstücke Nr 21244, 21257 und 21258 wurden durch eine Änderung des Flächenwidmungsplanes der Stadt Dornbirn, beschlossen von der Stadtvertretung am 15. November 2016, aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Landesregierung vom 25. Jänner 2017, und kundgemacht vom 13. bis 28. Februar 2017, von Bauerwartungsfläche-Wohngebiet in Baufläche-Wohngebiet umgewidmet.

2.3. Der Landesvolksanwalt von Vorarlberg äußert im Wesentlichen das Bedenken, dass im Zuge der Umwidmungen keine ausreichende Grundlagenforschung vorgenommen worden sei. Die Umwidmung der Grundstücke sei erfolgt, ohne mit der entsprechenden Sorgfalt und Erforschung der Grundlagen auf die bereits vorhandene Wohnbevölkerung sowie die bestehenden Bauerwartungsflächen-Wohngebiet Rücksicht zu nehmen, deren Wohnqualität durch Lärm und wesentliche Störungen beeinträchtigt werden könnten. Zudem sei nicht ersichtlich, wie eine "Grünzäsur" zwischen zwei diametral unterschiedlichen Widmungskategorien eine ausreichende raumplanungsrechtliche Maßnahme zur Vermeidung gegenseitiger Beeinträchtigungen durch die störenden Wirkungen der neu hinzukommenden Betriebsanlagen darstellen könne. Es wäre jedenfalls eine Abstufung bzw ein Ansteigen der Widmungskategorien von Baufläche-Wohngebiet zu Baufläche-Mischgebiet zu Baufläche-Betriebsgebiet der Kategorien I und II angezeigt gewesen, um wechselseitige Beeinträchtigungen möglichst zu vermeiden. Eine raumplanungsrechtlich geforderte Interessenabwägung aller berührten Interessen und Ziele habe somit nicht stattgefunden.

2.4. Die Vorarlberger Landesregierung und die Stadtvertretung der Stadt Dornbirn treten diesem Vorbringen entgegen und bringen zusammengefasst vor, die angefochtenen Änderungen des Flächenwidmungsplanes der Stadtvertretung der Stadt Dornbirn würden auf einer entsprechenden Grundlagenforschung aufbauen, insbesondere den Ergebnissen vorangegangener Planungsprozesse wie dem Regionalplanungs-Projekt "Rheintal Mitte" bzw dem "Leitbild der Stadt Dornbirn zur Siedlungsentwicklung im Talraum" als Planungsgrundlage. Im Vorfeld der Änderungen sei eine Strategische Umweltprüfung mit dem Ziel durchgeführt worden, allfällige nachteilige Umweltauswirkungen frühzeitig zu erkennen und hintanzuhalten. Die Änderungen des Flächenwidmungsplanes seien nach einer entsprechenden Interessenabwägung gemäß §3 Vbg RPG erfolgt und würden nicht den Raumplanungszielen nach §2 Vbg RPG widersprechen, insbesondere auch nicht §2 Abs3 liti (nunmehr litj) leg cit, wonach Gebiete und Flächen für Wohnen, Arbeiten, Freizeit, Einkauf und sonstige Nutzungen einander so zuzuordnen seien, dass Belästigungen möglichst vermieden würden. Es sei nämlich eine Pufferzone (Freifläche-Freihaltegebiet) von über einem Hektar als räumliche Trennung zu den Wohngebieten in Form einer Grün- und Erholungsfläche geplant worden, die zwischen 24 und 34 Meter breit sei. Die neue innere Erschließungsstraße würde ebenfalls zur Raumzäsur zwischen Betriebsgebiet und Wohngebiet beitragen, womit die relevante Pufferzone 36 bis 39 Meter betrage. Es habe zudem bei der Umwidmung keine Einwendungen der Nachbarn gegeben. In einem Verfahren zur Änderung der Flächenwidmung könne keine abschließende Aussage zu erforderlichen Schutzabständen zwischen Betriebs- und Wohngebiet und keine projektbezogene Einzelfallbeurteilung von möglichen Auswirkungen erfolgen. Die vom Landesvolksanwalt von Vorarlberg behauptete Gesetzwidrigkeit liege daher nicht vor.

2.5. Die vom Landesvolksanwalt von Vorarlberg vorgebrachten Bedenken sind berechtigt:

2.5.1. Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zum Raumplanungsrecht (vgl etwa VfSlg 8280/1978, 10.711/1985, 12.926/1991, 19.890/2014) kommt den gesetzlichen Planungszielen besondere Bedeutung zu (vgl etwa VfSlg 16.032/2000, 17.015/2003). Auf den Raumordnungsgesetzen beruhende Vollzugsakte haben sich daher an diesen Planungszielen auszurichten (Leitl-Staudinger, Überörtliche und örtliche Raumplanung, in: Hauer/Nußbaumer [Hrsg.], Österreichisches Raum- und Fachplanungsrecht, 2006, 95 [110]). Eines dieser Planungsziele ist in §2 Abs3 Vbg RPG geregelt, wonach (siehe heute litj) Gebiete und Flächen für Wohnen, Arbeiten, Freizeit, Einkauf und sonstige Nutzungen einander so zuzuordnen sind, dass Belästigungen möglichst vermieden werden. Gemäß §3 Vbg RPG sind bei der Raumplanung alle berührten Interessen unter Berücksichtigung der in §2 leg cit angeführten Ziele so gegeneinander abzuwägen, dass sie dem Gesamtwohl der Bevölkerung am besten entspricht. Die Planung ist zudem unter möglichster Schonung des Privateigentums durchzuführen.

2.5.2. §§2 f. Vbg RPG sind im Zusammenhang mit §14 Vbg RPG zu verstehen, der die Bauflächen nach ihrer Störungsintensität reiht, nämlich in

 Kerngebiete (= Gebiete in zentraler innerörtlicher Lage, die vornehmlich für Gebäude für Verwaltung, Handel, Bildungs- und andere kulturelle und soziale Einrichtungen, sonstige Dienstleistungen und Wohnungen bestimmt sind. Andere Gebäude und Anlagen sind zulässig, wenn der Charakter als Kerngebiet nicht gestört wird) (Abs2 leg cit),

 Wohngebiete (= Gebiete, die für Wohngebäude bestimmt sind; andere Gebäude und Anlagen dürfen in Wohngebieten errichtet werden, wenn dadurch das Wohnen und auch sonst der Charakter als Wohngebiet nicht gestört wird) (Abs3 leg cit),

 Mischgebiete (= Gebiete, in denen Wohngebäude und sonstige Gebäude und Anlagen zulässig sind, die das Wohnen nicht wesentlich stören; in Mischgebieten können Zonen festgelegt werden, in denen Gebäude und Anlagen für land- und forstwirtschaftliche Zwecke errichtet werden dürfen) (Abs4 leg cit),

 Betriebsgebiete Kategorie I (= Gebiete, die für Betriebsanlagen bestimmt sind, die keine wesentlichen Störungen für die Umgebung des Betriebsgebietes verursachen) (Abs5 leg cit) und

Betriebsgebiete Kategorie II (= Gebiete, die vornehmlich für Betriebsanlagen, die im Betriebsgebiet Kategorie I nicht errichtet werden dürfen, bestimmt sind; solche Gebiete können also wesentliche Störungen für die Umgebung des Betriebsgebietes verursachen [zB Industrie oder große Gewerbebetriebe]) (Abs6 leg cit; vgl Fleisch/Fend, Vbg RPG, 2019, 119).

 

2.5.3. Im Hinblick auf das Planungsziel nach §2 Abs3 lith (nunmehr litj) Vbg RPG, wonach Nutzungen einander so zuzuordnen sind, dass Belästigungen möglichst vermieden werden, ist die Umwidmung einer Fläche in Baufläche-Betriebsgebiet (Kategorie I oder II), die direkt an eine Fläche angrenzt, die als Baufläche-Wohngebiet gewidmet ist, in der Regel nicht zulässig (vgl VfSlg 16.032/2000, 17.015/2003). Ob ein Trennstreifen (etwa ein Grünpuffer und/oder eine Verkehrsfläche) geeignet ist, dem besagten Planungsziel zu entsprechen, ist eine Frage des Einzelfalles und bedarf einer gründlichen Erforschung und einer nachvollziehbaren aktenmäßigen Darstellung (vgl etwa VfSlg 16.032/2000 zu einem ca 30 Meter breiten Grünlandgebiet zwischen einem Betriebs- und einem Wohngebiet).

2.5.4. Insbesondere unter Bedachtnahme auf die geschilderten gesetzlichen Planungsziele und die zitierte Rechtsprechung bestünde somit ein erhöhter Bedarf des Verordnungsgebers, sich damit auseinanderzusetzen, warum mit den angefochtenen Änderungen des Flächenwidmungsplanes bestimmte Grundstücke sukzessive in Baufläche-Betriebsgebiet – Kategorie II umgewidmet wurden, obwohl sie – abgesehen vom geschilderten Grünpuffer samt Verkehrsfläche (Grundstück Nr 21272, KG 92001 Dornbirn als Freifläche-Freihaltegebiet) – direkt neben einem größeren Wohngebiet liegen. Es hätte also eine vertiefende Auseinandersetzung des Verordnungsgebers betreffend mögliche Nutzungskonflikte und wechselseitige Beeinträchtigungen der konkurrierenden Widmungen erfolgen müssen, zumal im Betriebsgebiet – Kategorie II vorwiegend Betriebe zu situieren sind, die wesentliche Störungen für die Umgebung verursachen können (Fleisch/Fend, Vbg RPG, 2019, 119). Eine solche Auseinandersetzung ist aber nicht in ausreichendem Ausmaß geschehen:

2.5.4.1. Im Bericht des Regionalplanungs-Projektes "Rheintal Mitte" wird in Bezug auf potentielle Beeinträchtigungen des angrenzenden Wohngebietes durch erhöhtes Verkehrsaufkommen lediglich ausgeführt, dass die neue Anbindung der Siedlungs- und Betriebsgebiete an die Autobahn im Bereich der Schweizerstraße (L45) die beste Variante sei, um die Entlastung der innerörtlichen Siedlungsbereiche von Dornbirn sowie die verbesserte Erschließung der bestehenden Betriebsgebiete und der geplanten Betriebsgebietserweiterungen zu erreichen. Konflikte mit Nachbarschaftsnutzungen seien möglichst zu vermeiden und mit den verschiedenen Planungsvarianten seien die Möglichkeiten der Vermeidung von Nutzungskonflikten studiert worden.

2.5.4.2. Das "Leitbild zur Siedlungsentwicklung im Talraum" der Stadt Dornbirn führt bzgl. möglicher Widmungskonflikte nur aus, dass die Übergänge zum angrenzenden Wohngebiet in Volumen und Höhe maßstäblich verträglich gestaltet würden. Das Verkehrsregime werde entsprechend dem Verkehrskonzept angepasst und ein verträglicheres Verkehrsaufkommen in den Siedlungsgebieten werde angestrebt. Gute Rahmenbedingungen für Fußgänger und Radfahrer würden angestrebt.

2.5.4.3. Auch im Umweltbericht der Stadt Dornbirn vom 23. März 2011 wird lediglich rudimentär auf etwaige zukünftige Beeinträchtigungen des Wohngebietes eingegangen, wobei sich die Ausführungen ebenfalls hauptsächlich auf Lärmemissionen aus dem Verkehrsbereich beschränken:

"Von den ca 11 ha Betriebsgebiet würden ca 1 ha als Freifläche gewidmet bleiben, mit dem Ziel, Puffer-, Grün- und Erholungsflächen als dauerhafte Grünverbindung zum vorhandenen Grünzug entlang des Fallbaches zu sichern. Diese Grünverbindung ist auch als wichtiger Träger für Erholungsflächen für Angestellte bzw Arbeiter, Spielraum fürs größere Quartier - Gemeinbedarf, durchgehende westost verlaufende Fuß- und Radwegverbindung und als Grünzäsur zur Nutzungsverträglichkeit zum benachbarten Wohngebiet vorgesehen.

 

[…]

 

Da die von einer Umwidmung betroffenen Liegenschaften durch Verkehrsträger weitestgehend isoliert sind, abseits der Wohnnutzungen liegen und zu diesen ausreichende und große Grünzäsuren bestehen bzw auch geplant sind, ist die Wohnbevölkerung durch eine Umwidmung in Baufläche-Betriebsgebiet keinem zusätzlichen Lärm oder anderen negativen Auswirkungen ausgesetzt. Die motorisierte Verkehrsanbindung erfolgt ausnahmslos abseits von Wohngebieten.

 

Eine gebietsweise Umwidmung in Baufläche ergeben natürlich gewisse Veränderungen fürs Umfeld. Die geplante Umwidmung sichert der Region und den Menschen eine nachhaltige Betriebsgebiets- und Arbeitsstättenentwicklung."

 

2.5.5. Die Vorarlberger Landesregierung führt in ihrer Stellungnahme noch aus, dass Belästigungen der Nachbarn, die das ortsübliche Ausmaß übersteigen bzw unzumutbar wären, ohnehin im nachfolgenden projektbezogenen Baubewilligungs- und Betriebsanlagengenehmigungsverfahren hintangehalten würden. Nun mag es zwar sein, dass in Projektgenehmigungsverfahren noch zusätzlich Belästigungen der Nachbarn zu berücksichtigen sind; dies ändert jedoch nichts daran, dass derartige Widmungskategorien iSv §2 Abs3 Vbg RPG aufeinander abzustimmen sind, zumal die Frage, ob eine Belästigung das ortsübliche Ausmaß übersteigt, gerade unter Berücksichtigung der Flächenwidmung am Standort des Bauvorhabens zu beurteilen ist (§8 Abs1 Vbg BauG).

V. Ergebnis

1. Die Änderung des Flächenwidmungsplanes der Stadt Dornbirn, beschlossen von der Stadtvertretung der Stadt Dornbirn am 5. Februar 2015, aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 12. März 2015, kundgemacht vom 19. März bis 13. April 2015, soweit sie sich auf die Grundstücke Nr 21239, 21240, 21242 und 21243, alle KG 92001 Dornbirn, bezieht, und die 174. Änderung des Flächenwidmungsplanes der Stadt Dornbirn, beschlossen von der Stadtvertretung der Stadt Dornbirn am 13. Oktober 2016, aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 30. November 2016, kundgemacht vom 19. Dezember 2016 bis 3. Jänner 2017, soweit sie sich auf die Grundstücke Nr 21240 und 21243, beide KG 92001 Dornbirn, bezieht, sind daher als gesetzwidrig aufzuheben.

2. Die Verpflichtung der Vorarlberger Landesregierung zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung erfließt aus Art139 Abs5 erster Satz B‑VG und §59 Abs2 VfGG iVm §2 Abs1 litf Vorarlberger Gesetz über die Kundmachung von Rechtsvorschriften der Organe des Landes (Vbg Kundmachungsgesetz).

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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