Normen
BauO Nö 2014 §11 Abs2
Örtliches Raumordnungsprogramm 1994 der Marktgemeinde Eichgraben vom 21.06.1994
vereinfachter Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde Eichgraben vom 20.06.1972 Bauland-Wohngebiet-Aufschließungszone 11
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2019:E3294.2018
Spruch:
Die Beschwerdeführerin ist durch das angefochtene Erkenntnis weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren
1. Die Beschwerdeführerin ist Alleineigentümerin des Grundstücks 576, KG Eichgraben, in Niederösterreich. Das Grundstück war ursprünglich im vereinfachten Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde Eichgraben vom 20. Juni 1972 als Bauland-Wohngebiet-Aufschließungszone 11 gewidmet gewesen. Mit dem örtlichen Raumordnungsprogramm 1994 wurde es in Grünland-Landwirtschaft zurückgewidmet. Das Grundstück 576 ist im Norden, Osten und Süden von Grundstücken umschlossen, die als Grünland gewidmet sind. Im Westen grenzt es an die Grundstücke 575 (Bauland Wohngebiet) und 694/16 (öffentliche Verkehrsfläche). Das Grundstück 575 war ebenfalls mit dem örtlichen Raumordnungsprogramm 1994 zu Grünland-Landwirtschaft (und Verkehrsfläche) rückgewidmet worden. Diese Widmung hat der Verfassungsgerichtshof mit VfSlg 17.112/2004 aufgehoben.
2. So wie der Beschwerdeführer im Anlassfall zu VfSlg 17.112/2004 beantragte auch die nunmehrige Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 29. Mai 2017, ihr Grundstück 576 zum Bauplatz zu erklären. Der Bürgermeister der Marktgemeinde Eichgraben wies diesen Antrag mit der Begründung ab, dass das Grundstück anstelle der dafür erforderlichen Widmung als Bauland die Widmung Grünland-Land- und Forstwirtschaft aufweise. Der Gemeindevorstand gab einer Berufung gegen die Entscheidung nicht statt. Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich bestätigte die Berufungsentscheidung.
3. Gegen dieses Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 6. Juli 2018 richtet sich die vorliegende, auf Art144 B‑VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung, des örtlichen Raumordnungsprogramms der Marktgemeinde Eichgraben, soweit dieses im Flächenwidmungsplan die Grünlandwidmung für das Grundstück 576, KG Eichgraben, festlegt, sowie die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Unversehrtheit des Eigentums behauptet wird.
4. Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich legte den Gerichtsakt vor und gab im Begleitschreiben folgende Äußerung ab:
"Die aus Sicht des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vertretbare Rechtsansicht der belangten Behörde liegt im vorgelegten Akt – insbesondere in Form deren Stellungnahme vom 14. Mai 2018 *) – auf. Sämtliche in der Beschwerde vorgebrachten Argumente waren bereits Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Parteiengehörs."
*) Stellungnahme der Marktgemeinde Eichgraben vom 14. Mai 2018 im Anlassverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich, LVwG-AV-1518/001-2017.
5. Die Marktgemeinde Eichgraben legte die bezughabenden Akten, insbesondere auch die Akten des Verordnungserlassungsverfahrens, im erforderlichen Umfang vor.
II. Erwägungen
1. Die – zulässige – Beschwerde ist nicht begründet.
2. Bedenken gegen die dem angefochtenen Erkenntnis zugrunde liegende Verordnung, das örtliche Raumordnungsprogramm (Flächenwidmungsplan) der Marktgemeinde Eichgraben, sind – aus der Sicht des Beschwerdefalles – nicht entstanden:
2.1. Die Beschwerdeführerin legt den Fokus zunächst auf das benachbarte Grundstück 575 (s Pkt. I.1.). Dieses jetzt (wieder) als Bauland gewidmete Grundstück liegt unmittelbar neben dem Grundstück der Beschwerdeführerin 576. Beide Grundstücke wurden mit dem örtlichen Raumordnungsprogramm 1994 von Bauland-Wohngebiet-Aufschließungszone 11 in Grünland‑Landwirtschaft rückgewidmet. Die Grünlandwidmung des Grundstücks 575 hob der Verfassungsgerichtshof mit VfSlg 17.112/2004 auf. Die Beschwerdeführerin bringt nun vor, dass die Ausführungen des Verfassungsgerichtshofs in VfSlg 17.112/2004 mutatis mutandis vollinhaltlich auch auf das Grundstück der Beschwerdeführerin 576 zutreffen würden. Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin aber nicht im Recht:
Der Verfassungsgerichtshof hat in VfSlg 17.112/2004 Folgendes ausgeführt:
"Der VfGH bleibt dabei, dass ausschließlicher Grund der Festlegung der Widmungs- und Nutzungsart Grünland - Landwirtschaft für das Grundstück Nr 575, KG Eichgraben, die Absicht der Verringerung eines Baulandüberhanges war, welche allein die Rückwidmung eines Grundstückes in Grünland nicht rechtfertigt (vgl VfSlg 9975/1984 und 10.277/1984). Das ehemalige Aufschließungsgebiet 11 wurde teilweise westlich der Erschließungsstraße als Bauland und östlich der Erschließungsstraße, als Grünland - Landwirtschaft gewidmet. Das in Rede stehende Grundstück ist im Süden und im Westen von Bauland - Wohngebiet umgeben. Die als Grünland - Landwirtschaft gewidmete, wenige Grundstücke umfassende Enklave liegt innerhalb der Siedlungsgrenzen der Marktgemeinde Eichgraben und ist von allen Seiten von Bauland - Wohngebiet umgeben, weshalb die Widmung auch nicht als Maßnahme zur Vermeidung der Zersiedelung im Sinne einer konzeptlosen Bebauung außerhalb von räumlich abgegrenzten Siedlungszonen dienen kann. Das Grundstück Nr 575 ist nicht nur voll erschlossen, sondern es hat dessen Eigentümer auch zur verkehrsmäßigen Erschließbarkeit selbst beigetragen."
Das Grundstück 576 gehört zur selben Grünlandenklave wie seinerzeit das Grundstück 575. Dennoch sind diese Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes zum Grundstück 575 auf das Grundstück 576 in zwei Punkten nicht übertragbar: Einerseits war das Grundstück 576 nach der Rückwidmung (und vor dem Erkenntnis VfSlg 17.112/2004) nicht nur an zwei Seiten von Bauland, sondern an allen Seiten von Grünland umgeben und grenzt auch heute nur an einer Seite (im Westen) an Bauland an, andererseits hat der Eigentümer des Grundstücks 576 zur verkehrsmäßigen Erschließbarkeit selbst nichts beigetragen. Die Ausführungen in VfSlg 17.112/2004 sind daher nicht auf den gegenständlichen Fall übertragbar.
2.2. Die Beschwerdeführerin bringt weiters vor, dass die Willkür der Umwidmung des Grundstückes sich auch daraus ergebe, dass andere Grundstücke aus der näheren Umgebung (572 und 574), "bei denen an dieselben unmittelbar angrenzenden Grundstücken seinerzeit Grünlandwidmungen gegeben waren, einer Umwidmung nicht unterzogen wurden". Schon aus der Begründung der entsprechenden Widmungen in den Erläuterungen ergebe sich die Ungleichbehandlung. Während hinsichtlich der Grundstücke 555, 572 und 574 ausgeführt werde, dass der Anschluss an das bestehende Bauland ermöglicht werde, werde hinsichtlich des Grundstücks der Beschwerdeführerin festgestellt, dass die zusammenhängende, landwirtschaftlich genutzte Fläche erhalten werden solle. In VfSlg 14.629/1996 habe der Verfassungsgerichtshof aber klargestellt, dass die unterschiedliche Behandlung von in gleicher Lage befindlichen Grundflächen verschiedener Eigentümer zu beanstanden sei.
Der Verfassungsgerichtshof versteht das Vorbringen so: Das verfahrensgegenständliche Grundstück 576 sei an drei Seiten von Grünland umschlossen. Es sei nicht in Bauland rückgewidmet worden. In unmittelbarer Nähe zum Grundstück 576 würden die Grundstücke 555, 572 und insbesondere 574 liegen. Zumindest das Grundstück 574 sei zum Zeitpunkt der im örtlichen Raumordnungsprogramm 1994 normierten Rückwidmungen ebenfalls an drei Seiten von Grünland umschlossen gewesen. Bei diesem sei aber die Baulandwidmung beibehalten worden. Es sei daher willkürlich, dass das verfahrensgegenständliche Grundstück 576 der Rückwidmung in Grünland unterzogen worden sei, das Grundstück 574 hingegen nicht.
Der Verfassungsgerichtshof hat in VfSlg 14.629/1996 unter Bezugnahme auf VfSlg 13.570/1991 ausgesprochen, dass "das Gleichheitsgebot verletzt wird, wenn bezüglich der Bebaubarkeit in grundsätzlich gleicher Lage befindliche Grundstücke überhaupt von vornherein einem Liegenschaftseigentümer (ohne konkreten, bei der Planung offengelegten zwingenden Grund) gegenüber einem anderen kraß bevorzugt oder dem einen eine besonders günstige Bebauung gewährleistet, dem anderen die Bebauung hingegen überhaupt versagt wird". Auch diese Judikatur ist auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar: Abgesehen davon, dass die Vergleichbarkeit der Grundstücke hinsichtlich ihrer Lage (innerhalb eines verbauten Gebiets) in den Fällen VfSlg 13.570/1991 und 14.629/1996 in einem weitaus höheren Ausmaß gegeben war als im vorliegend Fall, wo das Grundstück 576 am äußeren Rand einer mehrere Grundstücke umfassenden Grünlandenklave liegt, gibt es auch einen sachlichen Grund für die Auswahl des Grundstückes 576 für die Rückwidmung. Diese wird im Erläuterungsbericht zum örtlichen Raumordnungsprogramm 1994 u.a. damit begründet, dass eine zusammenhängende, landwirtschaftlich genutzte Fläche erhalten werden solle. Das ist ein bei der Planung offengelegter zwingender Grund, der rechtfertigt, dass die Grundstücke 555, 572 und 574 anders behandelt werden als das Grundstück 576. Die unterschiedlichen Begründungen der unterschiedlichen Widmungen der Grundstücke sind auch eine Folge der anderen Lage, nicht zuletzt der unterschiedlichen Entfernungen zu dem als Bauland-Agrargebiet gewidmeten Grundstück 588/1, auf dem sich der erhaltenswerte landwirtschaftliche Betrieb befindet bzw befand.
2.3. Die Beschwerdeführerin bringt weiters vor, dass die Grünlandwidmung des Grundstücks 576 für sich betrachtet nicht sachgerecht sei:
2.3.1. Zum Beweis für diese Behauptung werden in der Beschwerde mehrere Argumente vorgebracht:
a) Die ringsum das Grundstück der Beschwerdeführerin gelegenen, als Grünland gewidmeten Grundstücke seien keineswegs zusammenhängende landwirtschaftlich genutzte Flächen. Es bestehe bei diesen keine Eigentümeridentität. Das Herausgreifen des Grundstückes der Beschwerdeführerin aus einem geschlossenen Siedlungsgebiet sowie dessen Umwidmung zusammen mit wenigen anderen Grundstücken, wodurch eine Grünlandenklave geschaffen worden sei, sei nicht sachgerecht gewesen. Durch diese Änderung sei eine einheitliche Wohngebietszone zerrissen worden, es sei auf die "Ordnung des Gesamtraumes" nicht Bedacht genommen worden. Sohin liege ein Verstoß gegen §1 Abs2 Z1 NÖ ROG 1976 (Generelle Leitziele) vor.
b) An den angrenzenden öffentlichen Flächen seien sämtliche für die Versorgung erforderlichen Einrichtungen, wie Wasserleitung, Stromleitung und Telefonleitung vorhanden.
c) Die unterschiedliche Flächenwidmung, nämlich einerseits Grünland für das Grundstück der Beschwerdeführerin 576 und andererseits Bauland für die in unmittelbarer Nähe liegenden Grundstücke 555, 572 und 574, widerspreche dem raumordnungsrechtlichen Gebot der möglichsten Vermeidung gegenseitiger Beeinträchtigungen durch unterschiedliche Flächenwidmungen (VfSlg 15.037/1997).
d) Gemäß §14 Abs2 Z18 Satz 2 NÖ ROG 1976 sei das grundsätzliche Ziel der Flächenwidmung die Schließung von Baulücken und die sinnvolle Abrundung nach außen. In der Umgebung des Grundstücks der Beschwerdeführerin würden sich rings um deren Grundstück durchwegs bebaute Grundstücke befinden (etwa die Grundstücke 574, 572, 555, 552, 551 und 549 etc.). Das Grundstück 576 stelle gegenüber diesen bebauten Grundstücken eine Baulücke dar.
e) Im Kapitel "Ziele und Maßnahmen zum örtlichen Raumordnungsprogramm der Marktgemeinde Eichgraben" sei ausgeführt worden, dass sich in diesem Bereich nur noch ein landwirtschaftlicher Betrieb befinde, der in seinem Bestand gesichert werden solle. Die Widmung Bauland-Agrargebiet, Grünland-Forstwirtschaft und Grünland-Landwirtschaft sei ausgewiesen worden, weil gemäß §14 Abs2 Z2 NÖ ROG 1976 die für die land- und forstwirtschaftliche Produktion wertvollen Flächen für die land- und forstwirtschaftliche Nutzung sicherzustellen seien. Die Europäische Union bezahle zum Zweck der Verringerung der Überschüsse an Produkten der Landwirtschaft Prämien für die Stilllegung landwirtschaftlich genutzter Flächen, sodass die Bedeutung der vorgenannten Bestimmung jetzt nicht mehr generell, sondern nur mehr jeweils aus örtlicher Sicht mit speziellen Argumenten erklärt werden könne (Hauer/Zaussinger, Niederösterreichisches Baurecht, 1997, Anm. 5 zu §14 NÖ ROG 1976). Derartige Argumente würden aber zur Gänze fehlen, woraus sich ergebe, dass eine Begründung der Ungleichbehandlung der verschiedenen Grundstücke nicht gegeben sei und die in den Zielen formulierten Gründe in Wahrheit inhaltsleere Scheinbegründungen darstellten.
2.3.2. Diese Argumente können die Unsachlichkeit der Grünlandwidmung des Grundstücks 576 aus folgenden Gründen nicht belegen:
ad a) Auch wenn die Grundstücke der Grünlandenklave derzeit nicht landwirtschaftlich genutzt werden sollten, ist die Erhaltung der innerörtlichen Grünräume ein legitimes raumplanerisches Ziel der Gemeinde Eichgraben. Sie begründet dieses Ziel mit der Topographie und der Bodenbeschaffenheit des Gemeindegebiets und hat es bereits im örtlichen Raumordnungsprogramm 1994 festgelegt – und bei der Erstellung des örtlichen Entwicklungskonzepts des Jahres 2014 aufrechterhalten (Stellungnahme der Marktgemeinde Eichgraben vom 14. Mai 2018). Die Festlegung dieses Ziels liegt im Gestaltungsspielraum der Gemeinde als Verordnungsgeber der örtlichen Raumordnung. Diese erfolgt unabhängig von den konkreten privatrechtlichen Voraussetzungen. Es gibt keine Rechtsvorschrift, die die Sachlichkeit einer Widmung von den jeweils aktuellen Eigentumsverhältnissen abhängig macht. Mit der Grünlandwidmung des Grundstücks 576 wird überdies den in §1 Abs2 Z1 litd und litf NÖ ROG 1976 festgelegten Zielen der "Sicherung von Gebieten mit besonderen Standorteignungen für deren jeweiligen Zweck und Freihaltung dieser Gebiete von wesentlichen Beeinträchtigungen" bzw der "Erhaltung und Verbesserung des Orts- und Landschaftsbildes" Rechnung getragen.
ad b) Selbst die Herstellung einer vollständigen Aufschließung führt nicht zur Unsachlichkeit einer – aus anderen Gründen vertretbaren – Grünlandwidmung.
ad c) Im Erkenntnis VfSlg 15.037/1997 wurde das raumordnungsrechtliche Gebot einer möglichsten Vermeidung gegenseitiger Beeinträchtigungen unterschiedlicher Flächenwidmungen am Fall einer an einen Gewerbebetrieb heranrückenden Wohnbebauung umgesetzt. Das ist auf den vorliegenden Fall aber nicht übertragbar, weil der Sachverhalt ein anderer ist und insbesondere auch nicht erkennbar ist, welche Beeinträchtigungen im vorliegenden Fall durch die Grünlandwidmung vorliegen sollten, die denen im Fall VfSlg 15.037/1997 annähernd gleichzuhalten wären.
ad d) Es ist nicht richtig, dass sich in der Umgebung des Grundstücks der Beschwerdeführerin durchwegs bebaute Grundstücke befinden. Es ist vielmehr so, dass durch eine Baulandwidmung des Grundstücks 576 nicht eine Baulücke geschlossen, sondern eine abgerundete Grünlandenklave beeinträchtigt würde.
ad e) In §1 Abs2 Z3 litg NÖ ROG 1976 wird folgendes besonderes Leitziel für die örtliche Raumordnung festlegt: "Verwendung von für die land- und forstwirtschaftliche Nutzung besonders gut geeigneten Böden für andere Widmungen nur dann, wenn geeignete andere Flächen nicht vorhanden sind. Dabei ist nicht nur auf die momentane Nahrungsmittelproduktion, sondern auch auf die Vorsorge in Krisenzeiten, auf die Erzeugung von Biomasse und auf die Erhaltung der Kulturlandschaft Bedacht zu nehmen." Dieses Ziel wird durch die Maßnahmen der Europäischen Union zur Verringerung der landwirtschaftlichen Überproduktion nicht relativiert, sondern durch das aktuelle Recht der Europäischen Union vielmehr bestätigt: Gemäß Art43 Abs2 der Verordnung (EU) Nr 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit Vorschriften über Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik ist die Erhaltung des bestehenden Dauergrünlands eine dem Klima- und Umweltschutz förderliche Landbewirtschaftungsmethode, für die auch Direktzahlungen geleistet werden. Grünlandflächen dienen also nicht nur der gesicherten Nahrungsmittelproduktion, sondern haben zusätzlich auch eine ökologische Bedeutung.
2.4. Die Beschwerdeführerin behauptet auch Mängel der Grundlagenforschung und der Interessenabwägung im Verordnungserlassungsverfahren.
2.4.1. In VfSlg 14.537/1996 habe der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass ein Flächenwidmungsplan ohne ausreichende Grundlagenforschung gesetzwidrig sei. Sollten die im Erläuterungsbericht zur Position Hi 33 wiedergegebenen Umstände das Ergebnis der Grundlagenforschung sein, so werde darauf hingewiesen, dass eine Grundlagenforschung, die dazu führe, dass die in gleicher Lage befindlichen Grundstücke 549, 551, 552, 555, 572 und 574 einerseits und das Grundstück der Beschwerdeführerin 576 andererseits widmungsmäßig unterschiedlich behandelt würden, gesetz- bzw verfassungswidrig sei. Eine entsprechende Grundlagenforschung könne nur zu dem Ergebnis führen, dass die vorstehend angeführten Grundstücke, die sich in gleicher Lage befänden, gleich behandelt werden müssten. Die Auswahl gerade des Grundstückes der Beschwerdeführerin für die Umwidmung von Bauland in Grünland sei auch deswegen rechtswidrig gewesen, weil die dafür notwendige Interessenabwägung fehlerhaft vorgenommen worden sei. Die für die Beschwerdeführerin mit der Flächenwidmungsplanänderung einhergehende Beeinträchtigung ihrer Nutzungsmöglichkeiten und wirtschaftlichen Interessen sei bei der Umwidmung außer Betracht geblieben.
2.4.2. Aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich Folgendes:
2.4.2.1. Die Marktgemeinde Eichgraben stellt das folgende allgemeine Ziel dem örtlichen Raumordnungsprogramm 1994 voran:
"Oberstes Ziel dieses Raumordnungsprogrammes ist die Erhaltung und Gestaltung des gesamten Gemeindegebietes als geeigneter Lebensraum für die ansässige Bevölkerung bei Erhaltung der Landschaft und ihres Erholungswertes, sowie die Sicherung der für die Landschaft wertvollen Flächen. Den Anforderungen des Landschaftsschutzgebietes 'Wienerwald' ist Rechnung zu tragen."
2.4.2.2. Vor Erlassung des Raumordnungsprogramms wurde eine umfangreiche Grundlagenforschung durchgeführt. Diese enthält die Darstellung der gesetzlichen Grundlagen, der naturräumlichen Gegebenheiten, des Kleinklimas, des Orts- und Landschaftsbildes, der Wirtschaft, des Verkehrs und der technischen Infrastruktur, der Grundbesitzverhältnisse und der Flächennutzung, der Zahlen der Bevölkerungsentwicklung sowie der Besiedlung und Bebauung.
2.4.2.3. Die Erläuterungen zum örtlichen Raumordnungsprogramm 1994 enthalten neben den grundstücksspezifischen Erläuterungen insbesondere auch eine Bevölkerungsprognose und eine Flächenbilanz. Sie werden mit folgenden allgemeinen Bemerkungen eingeleitet:
"Das vereinfachte Raumordnungsprogramm der Marktgemeinde Eichgraben aus dem Jahr 1971 war für zirka 10.000 Einwohner ausgelegt. Auf diese zu erwartende Einwohnerzahl wurde sowohl das Kanal- und Wasserleitungsnetz, als auch die Bauland - Ausweisung ausgerichtet. Das derzeit gültige, vereinfachte Raumordnungsprogramm weist 365,26 ha Bauland (Bauland - Wohngebiet, Bauland - Wohngebiet - Aufschließungszone, Bauland - Kerngebiet) auf, wovon 91,39 ha Baulandreserveflächen sind.
Das Wachstum der Bevölkerung blieb weit unter den Erwartungen zurück und die Bautätigkeit hat in den letzten Jahren stark nachgelassen. Das Kanal- und Wasserleitungsnetz ist in vielen Teilen des Gemeindegebietes bereits realisiert worden.
Diese Ausgangssituation kann bei der Neuerstellung des örtlichen Raumordnungsprogrammes nicht unberücksichtigt bleiben.
Die wesentlichen Planungsschwerpunkte ergeben sich aus der Tatsache, daß die Gemeinde die Funktion als Wohnstandort erhalten will, die Kosten für Kanal- und Wasserleitungsbau über die Aufschließungsbeiträge refundiert haben möchte, der Umstand daß das Bevölkerungswachstum und die Bautätigkeit in keiner Relation zu der bestehenden Baulandreserve steht und daß das gesamte Gemeindegebiet im Landschaftsschutzgebiet 'Wienerwald' liegt, wodurch dem Orts- und Landschaftsbild, sowie dem Schutz der Natur eine gesteigerte Bedeutung zukommt.
Als wesentliche Ansatzpunkte zur Reduktion der Baulandreserven sind die Bauland - Aufschließungszonen, Waldflächen und geologisch bedenkliche Zonen, die in der Grundlagenforschung erläutert und dargestellt wurden, zu sehen."
2.4.2.4. Für die Auswahl des Grundstücks der Beschwerdeführerin zur Umwidmung findet sich auf Seite 40 der Erläuterungen unter der Position Hi 33 folgende Begründung:
"Grundstücksnummer: 576
alte Widmung: Bauland - Wohngebiet - Aufschließungszone 11
neue Widmung: Grünland - Landwirtschaft
Begründung: Die zusammenhängende, landwirtschaftlich genutzte Fläche soll erhalten werden. Eine weitere Zersiedlung der Landschaft ist zu vermeiden. Ein weiterer Bedarf ist auf Grund der abnehmenden Bautätigkeit und der Bevölkerungsentwicklung der letzten Jahre nicht gegeben."
2.4.3. Die umfangreichen Materialien zum örtlichen Raumordnungsprogramm 1994, die sich auch speziell mit dem Grundstück der Beschwerdeführerin befassen, widerlegen die Behauptung der Beschwerdeführerin, dass der Umwidmung ihres Grundstücks keine dem Gesetz entsprechende Grundlagenforschung vorausgegangen sei.
2.4.4. Der Verfassungsgerichtshof kann auch nicht finden, dass keine hinreichende Interessenabwägung vorgenommen worden ist:
2.4.4.1. Neben dem in Pkt. 2.4.2.1. wiedergegeben obersten Ziel der örtlichen Raumordnung nennt das örtliche Raumordnungsprogramm 1994 als besonderes Ziel die "Erhaltung der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe". Der Verordnungsgeber hat zur Erfüllung dieser Zielsetzungen die – im Jahr 1971 auf Basis einer falschen Bevölkerungsprognose überdimensioniert festgelegte – Baulandreserve um 24,8 ha reduziert und das Grünland um 29,98 ha erweitert. Das öffentliche Interesse an dieser Maßnahme ganz allgemein und speziell an der Rückwidmung des Grundstücks 576 war damit jedenfalls zum Zeitpunkt der Verordnungserlassung klar ausgesprochen.
2.4.4.2. Das Grundstück der Beschwerdeführerin ist Teil einer zusammenhängenden, landwirtschaftlich nutzbaren Fläche. Die Rückwidmung des Grundstücks der Beschwerdeführerin diente also nicht bloß der Verringerung des Baulandüberhangs, sondern sie diente auch der Sicherung von für die Landschaft wertvollen Flächen und leistete insbesondere auch zur Erhaltung der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe einen Beitrag. Die besondere Bedeutung des Grundstücks wird in den Erläuterungen dokumentiert (s.o. Pkt. 2.4.2.4).
2.4.4.3. Der Verordnungsgeber hat im Rahmen des Verordnungserlassungsverfahrens auch eine spezielle Interessenabwägung hinsichtlich des Grundstücks 576 vorgenommen: Die damalige Grundstückseigentümerin hatte nämlich im Verordnungserlassungsverfahren mit Schreiben vom 26. Mai 1992 gegen die Rückwidmung "Einspruch" erhoben. Der Gemeinderat von Eichgraben hat daher in seiner Sitzung vom 20. Oktober 1993 – nach einer generellen Diskussion über die Behandlung von Grundstücken in Aufschließungszonen – über diese Stellungnahme als "Anmerkung Nr 18" speziell beraten und hat dann der Empfehlung des Raumordnungsausschusses folgend die im Entwurf vorgeschlagene Grünlandwidmung einstimmig beschlossen. Er hat damit ein Überwiegen des öffentlichen Interesses an der Rückwidmung festgestellt.
2.5. In der Beschwerde wird schließlich als Normbedenken gegen das örtliche Raumordnungsprogramm vorgebracht, dass durch die Rückwidmung des Grundstücks 576 die Unversehrtheit des Eigentums gemäß Art5 StGG verletzt sei. Die Widmung bewirke eine völlige Entwertung des Grundstücks der Beschwerdeführerin und somit im Ergebnis eine entschädigungslose Enteignung. Sie stelle also einen unverhältnismäßigen und damit verfassungswidrigen Eingriff dar.
Die angefochtene Widmungsänderung diente dem in Pkt. 2.4.2. wiedergegebenen obersten Ziel und lag daher im öffentlichen Interesse. Sie war – wie aus obigen Ausführungen zur Sachlichkeit hervorgeht – auch nicht unverhältnismäßig. Eine Verletzung des Rechts auf Unversehrtheit des Eigentums gemäß Art5 StGG hat durch die Rückwidmung sohin nicht stattgefunden.
3. Die Beschwerdeführerin behauptet – neben der Verletzung in ihren Rechten wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung – auch eine Verletzung ihrer verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Unversehrtheit des Eigentums. Auf dieses Vorbringen der Beschwerdeführerin kann aber nicht eingegangen werden, weil es ausschließlich auf – schon in Pkt. 2. abgehandelte – Normbedenken gestützt wird und zu der behaupteten Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten selbst in der Beschwerde nichts ausgeführt wird.
III. Ergebnis
1. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es ausgeschlossen, dass die Beschwerdeführerin in ihren Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde. Auch die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat nicht stattgefunden. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass die Beschwerdeführerin in von ihr nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde.
2. Die Beschwerde ist daher abzuweisen.
3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
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