Normen
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
EStG 1988 §20 Abs1 Z8, §67, §124b
KStG 1988 §12
ArbVG §109
VfGG §7 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2022:G228.2021
Spruch:
I. §20 Abs1 Z8 des Bundesgesetzes vom 7. Juli 1988 über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 – EStG 1988), BGBl Nr 400/1988, idF BGBl I Nr 13/2014 wird als verfassungswidrig aufgehoben.
II. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2022 in Kraft.
III. Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.
IV. Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Anlassverfahren, Prüfungsbeschluss und Vorverfahren
1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zur Zahl E3068/2020 eine auf Art144 B‑VG gestützte Beschwerde anhängig, der folgender Sachverhalt zugrunde liegt:
Die beschwerdeführende Partei hat in den Jahren 2015 bis 2017 im Rahmen von mit dem Betriebsrat abgeschlossenen Sozialplanvereinbarungen an die von der Betriebsänderung betroffenen Mitarbeiter Einmalzahlungen anlässlich der Auflösung des jeweiligen Dienstverhältnisses ausbezahlt. Diese Zahlungen wurden von der beschwerdeführenden Partei als Betriebsausgabe erfasst.
Nach Durchführung einer Außenprüfung wurde der beschwerdeführenden Partei der Betriebsausgabenabzug für die Sozialplanzahlungen gemäß §12 Abs1 Z8 KStG 1988 iVm §20 Abs1 Z8 EStG 1988 versagt, weil die Sozialplanzahlungen gemäß §67 Abs6 EStG 1988 nicht dem Steuersatz von 6% unterliegen würden. Die Abgabenbehörde nahm in den betroffenen Jahren Gewinnerhöhungen vor. Die gegen die Bescheide erhobene Beschwerde wurde vom Bundesfinanzgericht als unbegründet abgewiesen.
Gegen diese Entscheidung erhob die beschwerdeführende Partei die zur Zahl E3068/2020 protokollierte, auf Art144 B‑VG gestützte Beschwerde.
2. Bei der Behandlung der gegen diese Entscheidung gerichteten Beschwerde sind im Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des §20 Abs1 Z8 EStG 1988, BGBl 400/1988, idF BGBl I 13/2014 entstanden. Der Verfassungsgerichtshof hat daher am 24. Juni 2021 beschlossen, diese Gesetzesbestimmung von Amts wegen auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfen.
3. Der Verfassungsgerichtshof legte seine Bedenken, die ihn zur Einleitung des Gesetzesprüfungsverfahrens bestimmt haben, in seinem Prüfungsbeschluss wie folgt dar:
"4.3. Vor diesem Hintergrund geht der Verfassungsgerichtshof zunächst davon aus, dass im Grundsatz ein Abzugsverbot für Teile von freiwilligen Abfertigungen, die den Rahmen des §67 Abs6 EStG 1988 überschreiten (vgl zur verfassungskonformen Auslegung VwGH 7.12.2020, Ro 2020/13/0013), nicht gegen den Gleichheitssatz verstößt:
4.3.1. Im Erkenntnis VfSlg 19.933/2014 hat der Verfassungsgerichtshof zu den Bedenken des antragstellenden Gerichts zur unterschiedlichen Behandlung der Abzugsfähigkeit von gesetzlichen Abfertigungen (an einen GmbH-Geschäftsführer), die unter §67 Abs3 EStG 1988 fallen und daher nicht dem Abzugsverbot des §20 Abs1 Z8 EStG 1988 unterliegen, und freiwilligen Abfertigungen (an einen AG‑Vorstand), ausgesprochen, dass der Gesetzgeber mit der Anknüpfung des Abzugsverbots an den Rechtsgrund der Abfertigung und damit die Dispositionsmöglichkeit des Unternehmens seinen rechtspolitischen Gestaltungsspielraum nicht überschritten hat (vgl VfSlg 19.933/2014, S 863). In diesem Erkenntnis hielt der Verfassungsgerichtshof ferner fest, dass er – mangels dargelegter Bedenken – die Sachlichkeit des Abzugsverbots für sonstige Bezüge iSd §67 Abs6 EStG 1988 mit Blick auf das objektive Nettoprinzip nicht zu prüfen hatte.
4.3.2. Im vorliegenden Zusammenhang geht der Verfassungsgerichtshof davon aus, dass Lenkungsziele ein Abgehen vom objektiven Nettoprinzip rechtfertigen können, wenn solche Regelungen nicht völlig ungeeignet sind, das mit der Regelung verfolgte Ziel zu erreichen. Es ist daher nicht unsachlich, wenn der Gesetzgeber für den Fall übermäßig hoher Abfertigungen ab einem bestimmten Betrag ein Abzugsverbot vorsieht, um in Verfolgung von Gerechtigkeits- und Solidaritätsaspekten die Vereinbarung solcher Abfertigungen zu erschweren. Auch kann dem Gesetzgeber nicht entgegengetreten werden, wenn er mit dem Verbot das Ziel verfolgt, Personalfreisetzungen vor allem von älteren Arbeitnehmern zu erschweren.
4.4. Auch wenn dem Gesetzgeber somit aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht entgegengetreten werden kann, für einen bestimmten Betrag übersteigende freiwillige Abfertigungen ein Abzugsverbot vorzusehen (zur Einschränkung der Begünstigung auf Ebene des Arbeitnehmers vgl bereits VfSlg 20.204/2017), dürfte das mit der Regelung im Rahmen des rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes verfolgte sozial- und gesellschaftspolitische Ziel nicht rechtfertigen, Abfertigungszahlungen im Rahmen eines Sozialplanes (auch nur teilweise) von der Abzugsfähigkeit auszuschließen:
4.4.1. Bringt eine Betriebsänderung iSd §109 Abs1 Z1 bis 6 ArbVG wesentliche Nachteile für alle oder erhebliche Teile der Arbeitnehmerschaft, so können in Betrieben, in denen dauernd mindestens 20 Arbeitnehmer beschäftigt sind, Maßnahmen zur Verhinderung, Beseitigung oder Milderung dieser Folgen durch Betriebsvereinbarung geregelt werden (§109 Abs3 ArbVG). Der Betriebsrat hat dabei auch auf die wirtschaftlichen Notwendigkeiten des Betriebes Bedacht zu nehmen (§109 Abs2 ArbVG). Sind mit einer solchen Betriebsänderung Kündigungen von Arbeitnehmern verbunden, so soll der Sozialplan auf die Interessen von älteren Arbeitnehmern besonders Bedacht nehmen (§109 Abs3 ArbVG). Kommt es zu keiner Einigung zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat, so entscheidet – soweit eine Regelung durch Kollektivvertrag oder Satzung nicht vorliegt – auf Antrag eines der Streitteile die Schlichtungsstelle, weshalb Sozialpläne erzwingbare Betriebsvereinbarungen iSd §97 Abs1 Z4 ArbVG darstellen.
4.4.2. Sozialpläne zielen somit – vor dem Hintergrund der für das Unternehmen bestehenden wirtschaftlichen Notwendigkeiten – darauf ab, die mit Personalfreisetzungen anlässlich von Betriebsänderungen eintretenden wirtschaftlichen Folgen und Nachteile für Arbeitnehmer sozial verträglich abzufedern (vgl OGH 23.5.1997, 8 ObA 78/97x; Reissner, §97 ArbVG, in: Neumayr/Reissner [Hrsg.], Zeller Kommentar zum Arbeitsrecht, 3. Auflage 2018, Rz 36). Sozialpläne dienen damit dem Schutz des wirtschaftlich Schwachen und verfolgen das Ziel, der Arbeitnehmerschaft bisher zugestandene Rechtspositionen zu erhalten bzw deren Verlust auszugleichen (vgl OGH 26.3.1997, 9 ObA 75/97p).
4.4.3. Dabei hat die Zahlung von Abfertigungen im Rahmen von Sozialplänen offenbar die Funktion, in einer streitvermeidenden oder gar streitbeilegenden Weise zwischen Arbeitgeberseite und Arbeitnehmern einen Interessenausgleich für die negativen Folgen einer solchen geplanten Betriebsänderung auf die Belegschaft herbeizuführen.
4.4.4. Die im Rahmen von Sozialplänen gewährten Abfertigungen haben somit im Regelfall ihre Grundlage in erzwingbaren Betriebsvereinbarungen, die zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat abgeschlossen und im Rahmen von Instrumenten kollektiver Arbeitsrechtsgestaltung mit dem Ziel eines Interessenausgleichs zwischen Arbeitgeber und der gesamten Belegschaft vereinbart werden. Sie unterscheiden sich daher in ihrer rechtlichen Gestaltung, Funktion und Zwecksetzung von individualvereinbarten Abfertigungen. Schon aus dieser Perspektive dürfte es dem Sachlichkeitsgebot widersprechen, Sozialplanabfertigungen dem Abzugsverbot des §20 Abs1 Z8 EStG 1988 zu unterwerfen.
4.4.5. Ferner scheint das mit diesem Abzugsverbot verfolgte Ziel, die Auszahlung übermäßig hoher Abfertigungen unattraktiv zu machen, nicht geeignet, die Funktion und Zwecksetzung von Sozialplanabfertigungen sachangemessen zu berücksichtigen. Vielmehr scheint es, dass die mit einem solchen Abzugsverbot verbundene Steuerbelastung die für Sozialplanzahlungen zur Verfügung stehenden Mittel zulasten der Arbeitnehmer reduzieren und Betriebsänderungen zumindest erschweren kann.
4.4.6. Hinzu kommt, dass für Sozialpläne der Arbeitnehmerbegriff des §36 ArbVG gilt: Nach §36 Abs2 ArbVG rechnen Mitglieder von gesetzlichen Vertretungsorganen von juristischen Personen und leitende Angestellte, denen maßgeblicher Einfluss auf die Führung des Betriebes zukommt, nicht zu den Arbeitnehmern im Sinne dieser Bestimmung. Das Abzugsverbot dürfte daher im Fall von Sozialplänen regelmäßig nicht Abfertigungszahlungen treffen, deren zugrunde gelegter Monatsbezug die dreifache monatliche Höchstbeitragsgrundlage (§67 Abs6 Z2 EStG 1988) überschreitet, sondern Fälle, in denen eine die Dienstzeitstaffelung des §67 Abs6 EStG 1988 übersteigende Abfertigung vereinbart wird, um die mit der Betriebsänderung einhergehenden wirtschaftlichen Nachteile für das freigesetzte Personal sozial verträglicher auszugleichen. Auch aus dieser Perspektive erscheint das Abzugsverbot nicht sachgerecht.
4.4.7. Es ist für den Verfassungsgerichtshof in diesem Zusammenhang vorderhand auch nicht zu erkennen, dass ein Abzugsverbot für solche Zahlungen geeignet wäre, Personalfreisetzungen hintanzuhalten. Letztlich könnten solche Lenkungseffekte sachlich rechtfertigen, ein Abzugsverbot für einen bestimmten Betrag übersteigende Sozialplanabfertigungen vorzusehen. Es wird daher im Gesetzesprüfungsverfahren zu prüfen sein, inwieweit ein (teilweises) Abzugsverbot geeignet sein kann, die Kündigung einer größeren Anzahl von Mitarbeitern weniger attraktiv zu machen.
4.5. Des Weiteren hegt der Verfassungsgerichtshof aber auch das Bedenken, dass das Abzugsverbot des §20 Abs1 Z8 EStG 1988 auf Grund seiner Anknüpfung an §67 Abs6 EStG 1988 zu unsachlichen Differenzierungen führen dürfte:
4.5.1. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und des Bundesfinanzgerichtes sind freiwillige Abfertigungen iSd §67 Abs6 EStG 1988 von sogenannten Abgangsentschädigungen zu unterscheiden, die nicht unter §67 Abs6 EStG 1988 fallen (vgl VwGH 15.9.2011, 2007/15/0231; 19.4.2018, Ra 2017/15/0073; BFG 18.12.2020, RV/7103093/2020). Danach sind Entschädigungen, die einem Arbeitnehmer als Gegenleistung für seine Zustimmung zur sofortigen oder vorzeitigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses zugesagt werden, nicht vom Abzugsverbot erfasst (vgl Bräumann/Kofler/Tumpel, Zur Verfassungs-widrigkeit des Abzugsverbots für Sozialplanzahlungen, SWK 2020, 1354 [1361]). Für den Verfassungsgerichtshof ist vorderhand nicht ersichtlich, welche sachlichen Gründe es rechtfertigen könnten, Sozialplanzahlungen in Form freiwilliger Abfertigungen iSd §67 Abs6 EStG 1988 einem Abzugsverbot zu unterwerfen, wenn demgegenüber andere zur Herbeiführung der Beendigung von Arbeitsverhältnissen geleistete Zahlungen keinem Abzugsverbot unterliegen.
4.5.2. Ferner dürfte das Abzugsverbot dann nicht anwendbar sein, wenn Sozialpläne nicht im Wege einer Betriebsvereinbarung, sondern im Rahmen eines Kollektivvertrages geregelt werden (vgl Bräumann/Kofler/Tumpel, aaO, 1361). Abfertigungen, die im Rahmen kollektivvertraglicher Regelungen gewährt werden, sind nämlich unter §67 Abs3 EStG 1988 zu subsumieren, womit sie – nach der vorläufigen Annahme des Verfassungsgerichthofes – nicht vom Abzugsverbot des – auf §67 Abs6 EStG 1988 verweisenden – §20 Abs1 Z8 EStG 1988 erfasst wären. Der Verfassungsgerichtshof vermag vorderhand auch für diese Differenzierung keine sachlichen Gründe zu erkennen.
5. Schließlich wird im Gesetzesprüfungsverfahren zu untersuchen sein, ob die Bedenken im Rahmen einer verfassungskonformen Auslegung des §20 Abs1 Z8 EStG 1988 zerstreut werden können. In diesem Zusammenhang geht der Verfassungsgerichtshof allerdings davon aus, dass eine Auslegung des §67 Abs8 litf EStG 1988, wonach sich der Verweis auf Abs6 nur auf die Berechnung der Steuer bezieht, im Übrigen aber Sozialplanabfertigungen keine Abfertigung iSd §67 Abs6 EStG 1988 wären und daher auch kein Anwendungsbereich für das Abzugsverbot des §20 Abs1 Z8 EStG 1988 vorliegen würde, nicht in Betracht kommen dürfte (vgl VwGH 7.12.2020, Ro 2020/13/0013)."
4. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der den im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken wie folgt entgegengetreten wird:
"Das Abzugsverbot betrifft zwei Gruppen von Abfertigungen, die hinsichtlich ihrer Auswirkungen und Funktion unterschiedlich zu betrachten sind. Einerseits sind dies Abfertigungen an Führungskräfte, die unangemessen hoch sind, und andererseits Abfertigungen an andere Arbeitnehmer, bei denen mehr als der sich aus der Staffelung des §67 Abs6 EStG 1988 ergebende Betrag gewährt wird. Geleitet von Gerechtigkeits- und Solidaritätsüberlegungen liegen den mit den AbgÄG 2014 eingeführten Abzugsverboten nach der Intention des Gesetzgebers zwei Lenkungsziele zugrunde. Es sollte die Vereinbarung von als zu hoch empfundenen Gehältern und Abfertigungen unattraktiv gemacht werden und Personalfreisetzungen – insbesondere, aber nicht nur – von älteren Arbeitnehmern erschwert werden (vgl dazu auch VwGH 7.12.2020, Ro 2020/13/0013). Dies lässt sich auch aus der Historie, der Systematik der Bestimmung und den Zielen, die mit der Einschränkung der begünstigten Besteuerung der freiwilligen Abfertigungen auf Empfängerebene verfolgt werden, ableiten.
Bei übermäßig hohen Abfertigungen, bei denen die Deckelung mit dem Dreifachen der Höchstbeitragsgrundlage wirksam wird, sollen über das Steuerrecht mit Hilfe des Abzugsverbots Gerechtigkeitsziele erreicht werden und die Vereinbarung derartiger Abfertigungen hintangehalten werden. Daneben soll es gelingen, ältere Arbeitnehmer länger in Beschäftigung zu halten, indem sog 'golden handshakes' – sei es auf individualrechtlicher Grundlage oder in Sozialplänen – für diese Gruppe verteuert werden.
Insgesamt ist die Bundesregierung daher der Auffassung, dass aufgrund der aufgezeigten Lenkungsziele die jeweils vorgesehenen Abzugsverbote sachlich gerechtfertigt sind.
1.1.2. Erzwingbarkeit von Sozialplänen
[…]
Entsprechend dieser Ausführungen ist sohin festzuhalten, dass die Schlichtungsstelle nur in absoluten Ausnahmefällen in Angelegenheiten der Sozialpläne entscheidet. Wenn eine Entscheidung getroffen wird, orientiert sich die Schlichtungsstelle an den Werten des §67 Abs6 EStG 1988, sodass das Abzugsverbot nur in wenigen Einzelfällen allenfalls zur Anwendung käme. Von einer Vergleichbarkeit mit dem Abzugsverbot nicht unterliegenden gesetzlichen Abfertigungen, die für den Arbeitgeber unausweichlich sind, kann daher nicht ausgegangen werden (vgl dazu Lachmayer, Abzugsverbot für freiwillige Abfertigungen, SWK 2021, 12 (18)). Insgesamt kann die aufgezeigte (theoretische) Möglichkeit, einen Sozialplan über die Schlichtungsstelle zu erzwingen, nach Auffassung der Bundesregierung nicht gegen das Abzugsverbot ins Treffen geführt werden.
1.1.3. Soziale Funktion des Sozialplans
Soweit die soziale Wirkung von Sozialplänen angesprochen wird, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die gegenständlich in Prüfung gezogene Bestimmung nicht die Besteuerung der Zahlungen beim Arbeitnehmer betrifft, sondern bloß den Betriebsausgabenabzug des Arbeitgebers der Höhe nach begrenzt. Zudem trägt nach Ansicht der Bundesregierung die derzeitige Regelung der sozialen Funktion von Sozialplänen ausreichend Rechnung.
[…]
Bereits der 'Abfertigung alt' lag – neben der Funktion einer Treueprämie – der Gedanke einer Versorgungs- bzw Überbrückungsleistung für Arbeitnehmer für Zeiten der Arbeitssuche oder Arbeitslosigkeit im Fall einer Dienstgeberkündigung zugrunde. Der Gesetzgeber hat auch schon damals eine – besonders auf die Situation älterer Arbeitnehmer Rücksicht nehmende – dienstzeitabhängige Staffelung eingeführt und damit zum Ausdruck gebracht, in welchem Ausmaß (also für wie viele Monate) er eine derartige Überbrückungsleistung für erforderlich erachtet. §67 Abs6 EStG 1988 bildet diese Staffelung ebenfalls ab und gewährt darüber hinaus drei zusätzliche Monatsgehälter, wodurch für eine bestimmte Anzahl von Monaten das bisherige Gehalt im Ergebnis weiterbezahlt wird. Dabei ist zu beachten, dass eine (teilweise) begünstigte Besteuerung erfolgt, und damit aufgrund des wesentlich höheren Nettobetrags die Leistung noch für eine längere Zeit darüber hinaus der Absicherung dient. Es wird daher faktisch für weit mehr als bis zu 15 Monate – neben etwaigem Arbeitslosengeld, einer allfälligen Frühpension oder einem niedrigeren Gehalt – das bisher erhaltene Nettogehalt weiterhin gewährt. Außerdem ist zu beachten, dass für Abfertigungszahlungen keine Sozialversicherungsbeiträge anfallen. Zu berücksichtigen ist überdies, dass Sozialpläne zahlreiche Zahlungen und sonstige Leistungen enthalten können, die nicht dem Abzugsverbot unterliegen (bspw (vorgezogene) Jubiläumsgelder, Zuschüsse für eine Weiterqualifizierung, Arbeitsstiftungen, usw; vgl Maier, Rz 6.54 bis 6.91).
Zur Verdeutlichung dieser Ausführungen sei das folgende Beispiel angeführt: Bei einem Bruttogehalt von Euro 6.000 erhält ein Arbeitnehmer im Jahr ein Nettoeinkommen von Euro 51.816, verteilt auf 12 Monate also Euro 4.318. Bei 15 Monatsgehältern Abfertigung, die mit 6% besteuert werden, handelt es sich demnach um ein Nettogehalt von Euro 84.600; dies entspricht 19,5 bisherigen Nettomonatsgehältern. Bezieht man noch allfälliges Arbeitslosengeld mit ein, das sich bei einem Gehalt von Euro 6.000 brutto auf etwa Euro 1.630 beläuft, dann ist das bisherige Nettogehalt über mehr als 31 Monate (also mehr als 2,5 Jahre) gesichert (bei einem Bruttogehalt von Euro 4.000 würden sich unter Einbeziehung des Arbeitslosengeldes nahezu 40 Nettomonatsgehälter ergeben).
Die Bundesregierung erlaubt sich an dieser Stelle noch einen kurzen Hinweis zu den Rahmenbedingungen für die Vereinbarung von Sozialplänen. Ob Arbeitnehmer eine Abfertigung aus einem Sozialplan erhalten, richtet sich nicht nur danach, ob sie durch eine Betriebsänderung wesentliche Nachteile erleiden, sondern ganz erheblich auch nach den Verhältnissen des jeweiligen Arbeitgebers. Neben den gesetzlichen Voraussetzungen, dass alle oder erhebliche Teile der Arbeitnehmerschaft betroffen und im Betrieb mindestens 20 Arbeitnehmer beschäftigt sein müssen, ist insbesondere auch auf die wirtschaftlichen Notwendigkeiten des Betriebes Bedacht zu nehmen (siehe §109 Arbeitsverfassungsgesetz – ArbVG). Entscheidend dafür, ob eine freiwillige Abfertigung im Rahmen eines Sozialplans ausbezahlt wird, ist damit die wirtschaftliche Potenz des Arbeitgebers und nicht ob es durch die Betriebsänderung zu sozialen Härtefällen seitens der Arbeitnehmer kommt. Abfertigungen in Sozialplänen, die über den Grenzen des §67 Abs6 EStG 1988 liegen, sind daher an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Arbeitgebers geknüpft (vgl SchlSt beim LG Korneuburg, 17.5.1993, Schl 1/93, wonach die Vermeidung eines Konkurses des Unternehmens schwerer wiege als die Nachteile der gekündigten Arbeitnehmer) und werden nur in Ausnahmefällen gewährt.
Der Gesetzgeber lässt weiterhin Abfertigungen – auch im Rahmen von Sozialplänen – in bestimmter Höhe zum Betriebsausgabenabzug zu und trägt damit dem Versorgungs- und Überbrückungscharakter von Abfertigungen ausreichend Rechnung. Abseits der Interessen der von einer Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer, eine möglichst hohe Abfertigung zu erhalten, muss bei der Regelung von Abfertigungen letztlich auch berücksichtigt werden, dass diese auch unerwünschte Folgen im Hinblick auf die Freisetzung von Mitarbeitern haben können.
Nach Auffassung der Bundesregierung hat der Gesetzgeber seinen Gestaltungsspielraum nicht überschritten, wenn er bis zu einer bestimmten Höhe aus sozialen Gesichtspunkten eine steuerliche Begünstigung gewährt und darüber hinausgehende Beträge nicht mehr begünstigt, um gewisse Lenkungseffekte zu erzielen (vgl dazu VfSlg 19.933/2014).
1.2. Zu den Lenkungszielen
[…]
Wie bereits dargelegt verfolgt der Gesetzgeber mit dem Abzugsverbot – soweit es nicht Führungskräfte betrifft – die Zielsetzung, Personalfreisetzungen in größerem Ausmaß unattraktiver zu machen und damit zu erschweren. Ein wesentlicher Aspekt dieser Zielsetzung ist es überdies, ältere Arbeitnehmer länger in Beschäftigung zu halten. Vor diesem Hintergrund unterliegen freiwillige Abfertigungen, die eine bestimmte (als unangemessen hoch empfundene) Grenze überschreiten, einem Abzugsverbot. Demgegenüber sind andere Maßnahmen in Sozialplänen, wie Arbeitsstiftungen, vorgezogene Jubiläumsgelder, Härtefonds sowie weitere Beratungs- und Geldleistungen des Arbeitgebers, die einen Wechsel des Arbeitsplatzes erleichtern sollen, nicht vom Abzugsverbot betroffen.
[…]
1.2.2. Verzicht auf Kündigungsanfechtung
Der Verfassungsgerichtshof hegt in seinem Prüfbeschluss Bedenken, weil die mit dem Abzugsverbot verbundene Steuerbelastung die für Sozialplanzahlungen zur Verfügung stehenden Mittel zulasten der Arbeitnehmer reduzieren und Betriebsänderungen zumindest erschweren könnte und Fälle betrifft, in denen eine die Dienstzeitstaffelung des §67 Abs6 EStG 1988 übersteigende Abfertigung vereinbart wird, um die mit der Betriebsänderung einhergehenden wirtschaftlichen Nachteile für das freigesetzte Personal sozial verträglicher auszugleichen. Gerade bei älteren Arbeitnehmern kann das Anbot einer sehr hohen Abfindung im Rahmen eines Sozialplans aber negative Auswirkungen haben, die das Ziel einer längeren Beschäftigung älterer Arbeitnehmer konterkariert.
Ziel von Sozialplänen ist es, einen Interessenausgleich zwischen Betriebsinhaber und Belegschaft zu erreichen. In der Praxis zeigt sich aber vielfach, dass im Rahmen von Sozialplänen insbesondere älteren Mitarbeitern, die aufgrund ihres Alters hohe Lohnansprüche haben, großzügige freiwillige Abfertigungen in Sozialplänen angeboten werden. Eine derartige Herangehensweise hat negative Auswirkungen auf den einzelnen Arbeitnehmer und die Gesellschaft insgesamt. Ältere Arbeitnehmer bleiben nach einer Kündigung länger arbeitslos bzw finden überhaupt nur schwer einen neuen Job, was sich für die betroffene Person als überaus belastend darstellt. Die schwierige Vermittelbarkeit am Arbeitsmarkt hat wiederum Auswirkungen auf die Allgemeinheit, die für längerfristige Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung und potentiell vorgezogene Pensionsbezüge aufzukommen hat. Nicht zu vergessen ist außerdem, dass dadurch auf die Erfahrung älterer Arbeitnehmer verzichtet wird.
Gerade ältere Arbeitnehmer hätten aber bei einer Kündigungsanfechtung wegen Sozialwidrigkeit häufig eine Chance auf Erfolg (siehe Holzinger, Die Relevanz des Alters bei der Kündigungsanfechtung wegen Sozialwidrigkeit, DRdA-infas 2020, 263 (265)). Vor diesem Hintergrund haben Arbeitgeber das Interesse, Kündigungsanfechtungen, die sowohl zeitaufwändig sind als auch ein erhebliches Entgelt- und Prozessrisiko in sich bergen, zu verhindern, um geplante Restrukturierungen friktionsfrei durchführen zu können. Sozialpläne enthalten deshalb oftmals eine Klausel, wonach die Auszahlung freiwilliger Abfertigungen von der einvernehmlichen Auflösung des Dienstverhältnisses abhängig gemacht wird (vgl dazu OGH 29.3.2004, 8 ObA 77/03m; Winkler, Sozialplan und Kündigungsanfechtung, ASoK 2021, 26ff; Rauch, Einvernehmliche Auflösung und Ansprüche aus einem Sozialplan, ASoK 2021, 147ff). Damit erlangt der Arbeitgeber Rechtssicherheit bezüglich der vorgesehenen Auflösung von Arbeitsverhältnissen mit besonders schützenswerten Arbeitnehmern (vgl dbzgl §105 Abs3b ArbVG).
Je attraktiver das Abfertigungsangebot ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass der Sozialplan von Arbeitnehmerseite angenommen und damit auf eine Anfechtung verzichtet wird. Denn auch der Arbeitnehmer wird eine Risikoabwägung zwischen möglichem Erfolg der Kündigungsanfechtung und Annahme des Sozialplans treffen. Die Attraktivität, eine Abfertigung anzunehmen, steigt mit der Anzahl der gewährten Monatsgehälter und deren begünstigter Besteuerung. Ältere Arbeitnehmer werden daher durch hohe Abfertigungsangebote auch vielfach zur Annahme eines Sozialplans veranlasst, obwohl ihre Weiterbeschäftigung möglich wäre. Wird demnach die begünstigte Besteuerung beim Arbeitnehmer sowie die korrespondierende Abzugsfähigkeit beim Arbeitgeber beschränkt, kann diesen unerwünschten Effekten entgegengewirkt werden. Der Arbeitnehmer wird im Fall einer geringen Abfertigung ein Interesse an der Weiterbeschäftigung haben und auch eine Kündigungsanfechtung in Erwägung ziehen. Gleichzeitig wird der Arbeitgeber einen solchen Prozess scheuen und von der Kündigung älterer Arbeitnehmer Abstand nehmen.
Folglich kann es – trotz der sozialen Funktion der Sozialpläne – im öffentlichen Interesse liegen, sehr hohe Sozialplanzahlungen (insbesondere an ältere Arbeitnehmer) steuerlich weniger attraktiv zu gestalten. In diesem Zusammenhang sei nochmals darauf hingewiesen, dass hohe freiwillige Abfertigungen in der Regel nicht von Unternehmen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten bezahlt werden (können). Typischerweise sind demnach nicht jene Fälle betroffen, bei denen die Kündigung eines großen Teils der Belegschaft aus wirtschaftlichen Gründen zwingend erforderlich ist. Nach Ansicht der Bundesregierung werden mit dem Abzugsverbot öffentliche Interessen verfolgt, da es geeignet ist, zu verhindern, dass insbesondere ältere Arbeitnehmer durch sehr attraktive Angebote zur Annahme eines Sozialplans veranlasst werden.
1.2.3. Verteuerung von Abfertigungen in Sozialplänen
Die Bundesregierung geht allerdings davon aus, dass es auch eine erhebliche Anzahl an Fällen gibt, bei denen das Abzugsverbot nicht bewirkt, dass die Abfertigungszahlungen stärker gekürzt werden. Das gilt für jene Fälle, in denen Unternehmen Sozialpläne mit höheren Abfertigungszahlungen abschließen, um friktionsfrei eine Restrukturierung durchführen zu können. Es gibt aber auch Fälle, in denen die Arbeitgeber aus Gründen der öffentlichen Wahrnehmung (zB weltweites Unternehmen oder Beteiligung der öffentlichen Hand) oder unternehmenspolitischen Erwägungen (zB konzernpolitische Vorgaben) freiwillige Abfertigungen über die Grenzen des §67 Abs6 EStG 1988 hinaus bezahlen.
Sozialpläne stellen in der Regel – sofern sie nicht über die Schlichtungsstelle festgelegt werden, was überaus selten der Fall ist – ein Verhandlungsergebnis der Sozialpartner dar. Die Belegschaftsvertretung hat dabei zwar nicht die Möglichkeit, eine Restrukturierung zu verhindern, kann sie aber durch einen teuren Sozialplan unattraktiver machen. Insbesondere in Fällen, bei denen ein profitables Unternehmen durch eine Betriebsänderung noch profitabler werden soll, kann ein Sozialplan bremsend wirken (siehe dazu Wolf in Körber-Risak/Wolf, 232). Das Abzugsverbot verstärkt diesen Effekt, weil es den Sozialplan – für den Fall, dass die Belegschaftsvertreter mit Verhandlungsmacht (zB Streikdrohungen, Anfechtungsdrohungen) entsprechend hohe freiwillige Abfertigungszahlungen durchsetzen können – noch weiter verteuert.
Ein Arbeitgeber wird vor diesem Hintergrund überdenken, ob eine Betriebsänderung in Anbetracht hoher freiwilliger Abfertigungszahlungen mit entsprechendem Abzugsverbot wirtschaftlich Sinn macht. Letztlich wird es wesentlich unattraktiver, eine größere Anzahl von – vor allem älteren – Arbeitnehmern zu kündigen, weil die durch die Reorganisation erhofften Mehrerträge geschmälert werden. Aus Sicht der öffentlichen Hand ergeben sich daraus mehrere positive Effekte: Aufgrund der steigenden Kosten kann es im Vergleich zum ursprünglichen Vorhaben zu einer Kündigung einer geringeren Anzahl von Arbeitnehmern kommen bzw bei einer Reorganisation zur Profitsteigerung eines bereits profitablen Unternehmens von der geplanten Kündigungswelle überhaupt Abstand genommen werden. Überdies können alternative Maßnahmen zur Kündigung in den Vordergrund treten.
So können statt einer Kündigung etwa Modelle wie die Vereinbarung von Altersteilzeit, eine Arbeitsstiftung, Finanzierung von Übersiedlungen, Outplacement-Beratung, usw für den Arbeitgeber attraktive Alternativen darstellen. Dies ist insbesondere in jenen Fällen relevant, in denen es bei der Betriebsänderung nicht nur um Profitsteigerung geht, sondern notwendige Rationalisierungsmaßnahmen im Fokus stehen. Wenn das Unternehmen eine ausreichende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit hat, um hohe freiwillige Abfertigungen zu zahlen, werden oftmals auch sozial verträglichere Alternativen möglich sein. Diese Maßnahmen unterliegen keinem Abzugsverbot, sodass pro betroffenem Arbeitnehmer mehr Mittel zur Verfügung stehen. Demnach ergeben sich daraus Vorteile sowohl für den Arbeitgeber als auch den Arbeitnehmer und letztlich auch die Allgemeinheit, da der Arbeitsmarkt nicht durch die Freisetzung einer großen Anzahl an Arbeitnehmern belastet wird.
[…]
Das Abzugsverbot verteuert Sozialpläne (um bis zu 25 Prozent) und macht es daher unattraktiver, eine größere Anzahl von Arbeitnehmern, insbesondere ältere Mitarbeiter, zu kündigen. Neben der Reduktion an Kündigungen rücken dadurch auch sozial verträglichere Maßnahmen stärker in den Fokus. Sollte von den Kündigungen nicht Abstand genommen werden, werden diese zumindest verteuert und bewirkt das Abzugsverbot einen Beitrag der Unternehmen zu den Kosten, die durch diese Maßnahme zukünftig am Arbeitsmarkt entstehen.
Nach Auffassung der Bundesregierung liegt es im Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, durch das Abzugsverbot die aufgezeigten außerfiskalischen Ziele zu verfolgen.
2. Zu den Bedenken im Hinblick auf die Abzugsfähigkeit von Abgangsentschädigungen
[…]
2.2. Abgangsentschädigungen werden dann bezahlt, wenn der Dienstgeber bei einem befristeten Dienstvertrag (zB Fünf-Jahresverträge für Vorstände einer Aktiengesellschaft) eine vorzeitige Auflösung erwirken möchte. Dies ist in der Regel dann der Fall, wenn Differenzen oder Unstimmigkeiten – sei es aus wirtschaftlichen, persönlichen oder auch (unternehmens)politischen Gründen – zwischen dem Unternehmen und dem befristet Beschäftigten bestehen, die eine weitere Zusammenarbeit aus Sicht des Unternehmens als unerwünscht erscheinen lassen.
[…]
In solchen Fällen kann durch die Zahlung einer Abgangsentschädigung, die (teilweise) das Gehalt abgilt, das dem Dienstnehmer für die restliche Vertragslaufzeit zugestanden wäre, eine vorzeitige Vertragsauflösung herbeigeführt werden. […]
Sie stellen einen Schadenersatz für die Nichtbezahlung von Gehältern in Zeiträumen dar, in denen der Dienstnehmer einen gesetzlichen oder vertraglichen Anspruch auf das Dienstverhältnis hat und leistungsbereit ist.
2.3. Freiwillige Abfertigungen – auch im Rahmen eines Sozialplans – haben demgegenüber eine andere Funktion. Diese sollen eine Überbrückung und Versorgungsleistung für etwaige Zeiten einer Arbeitslosigkeit darstellen. Es handelt sich folglich nicht um 'normales' Gehalt, weshalb das Gesetz auch teilweise eine begünstigte Besteuerung vorsieht. Anzumerken ist überdies, dass der Dienstnehmer keinen Anspruch darauf hat, dass der Dienstgeber in einem Sozialplan eine Abfertigung in bestimmter Höhe (zB eine bestimmte Anzahl an Monatsgehältern) vorsieht. Es handelt sich vielmehr um eine freiwillige Leistung des Dienstgebers.
2.4. Nach Auffassung der Bundesregierung besteht daher ein wesentlicher Unterschied zwischen Abgangsentschädigungen und freiwilligen Abfertigungen, der eine unterschiedliche rechtliche Behandlung rechtfertigt. Der Gesetzgeber wollte nicht das (vorzeitig, in einem bezahlte) 'normale' Jahresgehalt – sofern es nicht Euro 500.000 übersteigt –, sondern freiwillige Abfertigungen unter bestimmten Rahmenbedingungen einem Abzugsverbot unterwerfen. Es sollten einerseits jene, die unerwünscht hoch sind, andererseits solche, die unerwünschte Ergebnisse, wie die Freisetzung einer größeren Anzahl von Mitarbeitern und steigende Arbeitslosigkeit unter älteren Mitarbeitern, begünstigen, vom Abzugsverbot erfasst werden.
[…]"
II. Rechtslage
Die maßgeblichen Bestimmungen lauten wie folgt (die in Prüfung gezogene Bestimmung ist hervorgehoben):
1. §20 EStG 1988 idF BGBl I 13/2014 (Abgabenänderungsgesetz 2014):
"8. ABSCHNITT
Nichtabzugsfähige Aufwendungen und Ausgaben
§20. (1) Bei den einzelnen Einkünften dürfen nicht abgezogen werden:
[…]
7. Aufwendungen oder Ausgaben für das Entgelt für Arbeits- oder Werkleistungen, soweit es den Betrag von 500 000 Euro pro Person und Wirtschaftsjahr übersteigt. Entgelt ist die Summe aller Geld- und Sachleistungen, ausgenommen Abfertigungen im Sinne des §67 Abs3, Entgelte, die sonstige Bezüge nach §67 Abs6 darstellen und Aufwandsersätze, die an einen aktiven oder ehemaligen Dienstnehmer oder an eine vergleichbar organisatorisch eingegliederte Person geleistet werden. Dabei gilt:
a) Bei der Überlassung einer Person durch Dritte zur Erbringung von Arbeits- oder Werkleistungen gilt die Vergütung für die Überlassung als Entgelt. Das vom Überlasser an die überlassene Person geleistete Entgelt unterliegt hingegen nicht dem Abzugsverbot.
b) Der Betrag von 500 000 Euro pro Person ist nach der tatsächlichen Aufwands-tragung zu aliquotieren, wenn Arbeits- oder Werkleistungen
über einen Zeitraum von weniger als zwölf Monate oder
für mehrere verbundene Betriebe oder Personengesellschaften erbracht werden.
c) Abfindungen von Pensionsansprüchen unterliegen dem Abzugsverbot, wenn der abgefundene jährliche Pensionsanspruch 500 000 Euro übersteigt. Der nicht abzugsfähige Betrag ergibt sich aus dem Verhältnis des nicht abzugsfähigen Pensionsbestandteiles zur gesamten Pension.
8. Aufwendungen oder Ausgaben für Entgelte, die beim Empfänger sonstige Bezüge nach §67 Abs6 darstellen, soweit sie bei diesem nicht mit dem Steuersatz von 6% zu versteuern sind.
(2) […]"
2. §67 EStG 1988 idF BGBl I 13/2014:
"Sonstige Bezüge
§67. (1) […]
(2) […]
(3) Die Lohnsteuer von Abfertigungen, deren Höhe sich nach einem von der Dauer des Dienstverhältnisses abhängigen Mehrfachen des laufenden Arbeitslohnes bestimmt, wird so berechnet, daß die auf den laufenden Arbeitslohn entfallende tarifmäßige Lohnsteuer mit der gleichen Zahl vervielfacht wird, die dem bei der Berechnung des Abfertigungsbetrages angewendeten Mehrfachen entspricht. Ist die Lohnsteuer bei Anwendung des Steuersatzes von 6% niedriger, so erfolgt die Besteuerung der Abfertigungen mit 6%. Unter Abfertigung ist die einmalige Entschädigung durch den Arbeitgeber zu verstehen, die an einen Arbeitnehmer bei Auflösung des Dienstverhältnisses auf Grund
gesetzlicher Vorschriften,
Dienstordnungen von Gebietskörperschaften,
aufsichtsbehördlich genehmigter Dienst(Besoldungs)ordnungen der Körperschaften des öffentlichen Rechts,
eines Kollektivvertrages oder
der für Bedienstete des Österreichischen Gewerkschaftsbundes geltenden Arbeitsordnung
zu leisten ist.
Die vorstehenden Bestimmungen sind auf
Bezüge und Entschädigungen im Sinne des §14 des Bezügegesetzes sowie gleichartige Bezüge und Entschädigungen auf Grund landesgesetzlicher Regelungen,
Bezüge und Entschädigungen im Sinne des §5 des Verfassungsgerichtshofgesetzes,
Abfertigungen durch die Urlaubs- und Abfertigungskasse auf Grund des Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetzes, BGBl Nr 414/1972
anzuwenden. Die Lohnsteuer von Abfertigungen sowie von Kapitalbeträgen (§§55 und 67 BMSVG) aus BV-Kassen beträgt 6%. Wird der Abfertigungsbetrag oder der Kapitalbetrag an ein Versicherungsunternehmen zur Rentenauszahlung, an ein Kreditinstitut zum ausschließlichen Erwerb von Anteilen an einem prämienbegünstigten Pensionsinvestmentfonds (§108b in Verbindung mit §17 BMSVG oder gleichartigen österreichischen Rechtsvorschriften) oder an eine Pensionskasse übertragen, fällt keine Lohnsteuer an. Die Kapitalabfertigung angefallener Renten unterliegt einer Lohnsteuer von 6%. Zusätzliche Abfertigungszahlungen im Sinne dieser Bestimmung für Zeiträume, für die ein Anspruch gegenüber einer BV-Kasse besteht, sind gemäß Abs10 zu versteuern.
(4) […]
(5) […]
(6) Sonstige Bezüge, die bei oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses anfallen (wie zum Beispiel freiwillige Abfertigungen und Abfindungen, ausgenommen von BV-Kassen ausbezahlte Abfertigungen), sind nach Maßgabe folgender Bestimmungen mit dem Steuersatz von 6% zu versteuern:
1. Der Steuersatz von 6% ist auf ein Viertel der laufenden Bezüge der letzten zwölf Monate, höchstens aber auf den Betrag anzuwenden, der dem Neunfachen der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß §108 ASVG entspricht.
2. Über das Ausmaß der Z1 hinaus ist bei freiwilligen Abfertigungen der Steuersatz von 6% auf einen Betrag anzuwenden, der von der nachgewiesenen Dienstzeit abhängt. Bei einer nachgewiesenen
Dienstzeit von ist ein Betrag bis zur Höhe von
3 Jahren 2/12 der laufenden Bezüge der letzten 12 Monate
5 Jahren 3/12 der laufenden Bezüge der letzten 12 Monate
10 Jahren 4/12 der laufenden Bezüge der letzten 12 Monate
15 Jahren 6/12 der laufenden Bezüge der letzten 12 Monate
20 Jahren 9/12 der laufenden Bezüge der letzten 12 Monate
25 Jahren 12/12 der laufenden Bezüge der letzten 12 Monate
mit dem Steuersatz von 6% zu versteuern. Ergibt sich jedoch bei Anwendung der dreifachen monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß §108 ASVG auf die der Berechnung zu Grunde zu legende Anzahl der laufenden Bezüge ein niedrigerer Betrag, ist nur dieser mit 6% zu versteuern.
3. Während dieser Dienstzeit bereits erhaltene Abfertigungen im Sinne des Abs3 oder gemäß den Bestimmungen dieses Absatzes sowie bestehende Ansprüche auf Abfertigungen im Sinne des Abs3 kürzen das sich nach Z2 ergebende steuerlich begünstigte Ausmaß.
4. Den Nachweis über die zu berücksichtigende Dienstzeit sowie darüber, ob und in welcher Höhe Abfertigungen im Sinne des Abs3 oder dieses Absatzes bereits früher ausgezahlt worden sind, hat der Arbeitnehmer zu erbringen; bis zu welchem Zeitpunkt zurück die Dienstverhältnisse nachgewiesen werden, bleibt dem Arbeitnehmer überlassen. Der Nachweis ist vom Arbeitgeber zum Lohnkonto (§76) zu nehmen.
5. Abs2 ist auf Beträge, die nach Z1 oder Z2 mit 6% zu versteuern sind, nicht anzuwenden.
6. Soweit die Grenzen der Z1 und der Z2 überschritten werden, sind solche sonstigen Bezüge wie ein laufender Bezug im Zeitpunkt des Zufließens nach dem Lohnsteuertarif des jeweiligen Kalendermonats der Besteuerung zu unterziehen.
7. Die vorstehenden Bestimmungen betreffend freiwillige Abfertigungen gelten nur für jene Zeiträume, für die keine Anwartschaften gegenüber einer BV-Kasse bestehen.
(7) […]
(8) Für die nachstehend angeführten sonstigen Bezüge gilt Folgendes:
[…]
f) Bezüge, die bei oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses im Rahmen von Sozialplänen als Folge von Betriebsänderungen im Sinne des §109 Abs1 Z1 bis 6 des Arbeitsverfassungsgesetzes oder vergleichbarer gesetzlicher Bestimmungen anfallen, soweit sie nicht nach Abs6 mit dem Steuersatz von 6% zu versteuern sind, sind bis zu einem Betrag von 22 000 Euro mit der Hälfte des Steuersatzes, der sich bei gleichmäßiger Verteilung des Bezuges auf die Monate des Kalenderjahres als Lohnzahlungszeitraum ergibt, zu versteuern.
[…].
(9) […]"
3. §124b EStG 1988 idF BGBl I 13/2014:
"§124b. […]
254. §20 Abs1 Z8 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 13/2014 ist erstmalig auf Auszahlungen anzuwenden, die nach dem 28. Februar 2014 anfallen. Dies gilt nicht für Auszahlungen auf Grund von Sozialplänen im Sinne des §67 Abs8 litf, die vor dem 1. März 2014 abgeschlossen wurden. Ergibt sich aus der Anwendung des §20 Abs1 Z8 für bestehende Rückstellungen für Abfertigungen, die für Wirtschaftsjahre gebildet wurden, die vor dem 1. März 2014 enden, ein geringerer als der bisher rückgestellte Betrag, ist der Unterschiedsbetrag nicht gewinnerhöhend aufzulösen. Eine steuerwirksame Zuführung zu diesen Rückstellungen darf erst dann vorgenommen werden, wenn die Höhe der Abfertigungsansprüche unter Berücksichtigung des §20 Abs1 Z8 eine Rückstellungsbildung über den bisher rückgestellten Betrag hinaus zulässt.
[…]"
4. §12 des Bundesgesetzes vom 7. Juli 1988 über die Besteuerung des Einkommens von Körperschaften (Körperschaftsteuergesetz 1988 – KStG 1988), BGBl 401/1988, idF BGBl I 13/2014:
"Nichtabzugsfähige Aufwendungen und Ausgaben
§12. (1) Bei den einzelnen Einkünften dürfen nicht abgezogen werden:
[…]
8. Aufwendungen nach §20 Abs1 Z7 und Z8 des Einkommensteuergesetzes 1988. Für die Anwendung des §20 Abs1 Z7 des Einkommensteuergesetzes 1988 gilt: Der Betrag von 500 000 Euro ist zu aliquotieren, wenn eine Person von mehreren Unternehmen Entgelte erhält, die unmittelbar oder mittelbar konzernzugehörig sind oder unmittelbar oder mittelbar unter dem beherrschenden Einfluss desselben Gesellschafters stehen. Werden Umlagen für diese Entgelte geleistet, sind die Aufwendungen um die empfangenen Umlagen zu kürzen und die Aliquotierung hat nach dieser Kürzung stattzufinden. §20 Abs1 Z7 lita des Einkommensteuergesetzes 1988 ist in diesen Fällen nicht anzuwenden.
[…]"
5. §109 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1973 betreffend die Arbeitsverfassung (Arbeitsverfassungsgesetz – ArbVG), BGBl 22/1974, idF BGBl I 101/2010:
"Mitwirkung bei Betriebsänderungen
§109. (1) Der Betriebsinhaber ist verpflichtet, den Betriebsrat von geplanten Betriebsänderungen zu einem Zeitpunkt, in einer Weise und in einer inhaltlichen Ausgestaltung zu informieren, die es dem Betriebsrat ermöglichen, die möglichen Auswirkungen der geplanten Maßnahme eingehend zu bewerten und eine Stellungnahme zu der geplanten Maßnahme abzugeben; auf Verlangen des Betriebsrates hat der Betriebsinhaber mit ihm eine Beratung über deren Gestaltung durchzuführen. Als Betriebsänderungen gelten insbesondere
1. die Einschränkung oder Stillegung des ganzen Betriebes oder von Betriebsteilen;
1a. die Auflösung von Arbeitsverhältnissen, die eine Meldepflicht nach §45a Abs1 Z1 bis 3 Arbeitsmarktförderungsgesetz, BGBl Nr 31/1969, in der jeweils geltenden Fassung, auslöst,
2. die Verlegung des ganzen Betriebes oder von Betriebsteilen;
3. der Zusammenschluß mit anderen Betrieben;
4. Änderungen des Betriebszwecks, der Betriebsanlagen, der Arbeits- und Betriebsorganisation sowie der Filialorganisation;
5. die Einführung neuer Arbeitsmethoden;
6. die Einführung von Rationalisierungs- und Automatisierungsmaßnahmen von erheblicher Bedeutung;
7. Änderungen der Rechtsform oder der Eigentumsverhältnisse an dem Betrieb.
(1a) Im Falle einer geplanten Betriebsänderung nach Abs1 Z1a hat die Information nach Abs1 erster Satz jedenfalls zu umfassen
1. die Gründe für die Maßnahme,
2. die Zahl und die Verwendung der voraussichtlich betroffenen Arbeitnehmer, deren Qualifikation und Beschäftigungsdauer sowie die Kriterien für die Auswahl dieser Arbeitnehmer,
3. die Zahl und die Verwendung der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer,
4. den Zeitraum, in dem die geplante Maßnahme verwirklicht werden soll,
5. allfällige zur Vermeidung nachteiliger Folgen für die betroffenen Arbeitnehmer geplante Begleitmaßnahmen.
Die Information nach Z1 bis 4 hat schriftlich zu erfolgen. Die Informations- und Beratungspflicht trifft den Betriebsinhaber auch dann, wenn die geplante Maßnahme von einem herrschenden Unternehmen veranlaßt wird. Unbeschadet des §92 Abs2 kann der Betriebsrat der Beratung Sachverständige beiziehen.
(2) Der Betriebsrat kann Vorschläge aus Verhinderung, Beseitigung oder Milderung von für die Arbeitnehmer nachteiligen Folgen von Maßnahmen gemäß Abs1 erstatten; hiebei hat der Betriebsrat auch auf die wirtschaftlichen Notwendigkeiten des Betriebes Bedacht zu nehmen.
(3) Bringt eine Betriebsänderung im Sinne des Abs1 Z1 bis 6 wesentliche Nachteile für alle oder erhebliche Teile der Arbeitnehmerschaft mit sich, so können in Betrieben, in denen dauernd mindestens 20 Arbeitnehmer beschäftigt sind, Maßnahmen zur Verhinderung, Beseitigung oder Milderung dieser Folgen durch Betriebsvereinbarung geregelt werden. Sind mit einer solchen Betriebsänderung Kündigungen von Arbeitnehmern verbunden, so soll die Betriebsvereinbarung auf die Interessen von älteren Arbeitnehmern besonders Bedacht nehmen. Kommt zwischen Betriebsinhaber und Betriebsrat über den Abschluß, die Abänderung oder Aufhebung einer solchen Betriebsvereinbarung eine Einigung nicht zustande, so entscheidet – insoweit eine Regelung durch Kollektivvertrag oder Satzung nicht vorliegt – auf Antrag eines der Streitteile die Schlichtungsstelle. Bei der Entscheidung der Schlichtungsstelle ist eine allfällige verspätete oder mangelhafte Information des Betriebsrates (Abs1) bei der Festsetzung der Maßnahmen zugunsten der Arbeitnehmer in der Weise zu berücksichtigen, daß Nachteile, die die Arbeitnehmer durch die verspätete oder mangelhafte Information erleiden, zusätzlich abzugelten sind."
III. Erwägungen
1. Zur Zulässigkeit des Verfahrens
Im Verfahren hat sich nichts ergeben, was an der Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Bestimmung zweifeln ließe. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich das Gesetzesprüfungsverfahren insgesamt als zulässig.
2. In der Sache
2.1. Die Bundesregierung hält den im Prüfungsbeschluss geäußerten Bedenken Folgendes entgegen:
2.1.1. Nach Auffassung der Bundesregierung zielt die Regelung des Abzugsverbotes auch im Zusammenhang mit Sozialplänen darauf ab, ältere Arbeitnehmer länger in Beschäftigung zu halten, "indem sog 'golden handshakes' – sei es auf individualrechtlicher Grundlage oder in Sozialplänen – für diese Gruppe verteuert werden." Die Erzwingbarkeit eines Sozialplanes könne nicht gegen die Regelung ins Treffen geführt werden, da die Schlichtungsstelle in absoluten Ausnahmefällen entscheide, in denen sie sich zudem an den Werten des §67 Abs6 EStG 1988 orientiere. §67 Abs6 EStG 1988 bilde die dienstzeitabhängige – besonders auf die Situation älterer Arbeitnehmer Rücksicht nehmende – Staffelung der "Abfertigung alt" ab und gewähre darüber hinaus drei zusätzliche Monatsgehälter, "wodurch für eine bestimmte Anzahl von Monaten das bisherige Gehalt weiter bezahlt wird" und die Abfertigung auf Grund des durch die begünstigte Besteuerung bedingten wesentlich höheren Nettobetrages der Leistung noch für eine längere Zeit darüber hinaus der Absicherung diene. Abfertigungen in Sozialplänen, die über den Grenzen des §67 Abs6 EStG 1988 liegen, wären an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Arbeitgebers geknüpft und würden nur in Ausnahmefällen gewährt. Der Gesetzgeber habe seinen Gestaltungsspielraum nicht überschritten, wenn er bis zu einem bestimmten Betrag aus sozialen Gesichtspunkten eine steuerliche Begünstigung gewähre und darüber hinausgehende Beträge nicht mehr begünstige, um gewisse Lenkungseffekte zu erzielen.
2.1.2. In der Praxis zeige sich nach Auffassung der Bundesregierung, dass im Rahmen von Sozialplänen insbesondere älteren Mitarbeitern, die auf Grund ihres hohen Alters hohe Lohnansprüche hätten, großzügige freiwillige Abfertigungen angeboten würden. Dabei werde die Auszahlung der freiwilligen Abfertigung von der einvernehmlichen Auflösung des Dienstverhältnisses abhängig gemacht, wobei die Attraktivität des Angebots, eine Abfertigung anzunehmen, mit der Anzahl der gewährten Monatsgehälter und deren begünstigter Besteuerung steige und ältere Mitarbeiter zur Annahme auch in Fällen veranlasst werden, in denen eine Weiterbeschäftigung möglich wäre. Eine derartige Herangehensweise bedinge gerade bei älteren Arbeitnehmern längere Arbeitslosigkeit und habe negative Auswirkungen auf den einzelnen Arbeitnehmer und die Allgemeinheit, die in der Folge für längerfristige Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung und potentiell vorgezogene Pensionsbezüge aufzukommen habe. Die Beschränkung der begünstigten Besteuerung beim Arbeitnehmer und der korrespondierenden Abzugsfähigkeit beim Arbeitgeber könne diesen unerwünschten Effekten entgegenwirken, weshalb es im öffentlichen Interesse liegen könne, hohe Sozialplanzahlungen insbesondere an ältere Arbeitnehmer steuerlich weniger attraktiv zu gestalten.
2.1.3. Die Bundesregierung räumt aber auch ein, dass in einer erheblichen Anzahl von Fällen das Abzugsverbot nicht bewirke, dass Abfertigungszahlungen stärker gekürzt werden und daher freiwillige Abfertigungen aus unterschiedlichen Gründen über die Grenzen des §67 Abs6 EStG 1988 hinaus bezahlt würden. Würden von den Belegschaftsvertretern, die eine Restrukturierung nicht verhindern könnten, mit Verhandlungsmacht hohe Abfertigungszahlungen durchgesetzt, würde der Sozialplan durch das Abzugsverbot weiter verteuert, was den Arbeitgeber dazu veranlassen werde, zu überdenken, ob die Betriebsänderung in Anbetracht hoher freiwilliger Abfertigungszahlungen mit entsprechendem Abzugsverbot wirtschaftlich Sinn mache. Auf Grund steigender Kosten könne es zu einer Kündigung einer geringeren Zahl von Arbeitnehmern kommen bzw bei einer Reorganisation zur Profitsteigerung eines bereits profitablen Unternehmens von einer Kündigungswelle überhaupt Abstand genommen werden. Alternative sozial verträglichere Maßnahmen wie Altersteilzeitmodelle, eine Arbeitsstiftung ua könnten in den Vordergrund treten, die keinem Abzugsverbot unterlägen, womit pro Arbeitnehmer mehr Mittel zur Verfügung stünden und der Arbeitsmarkt nicht durch die Freisetzung einer größeren Zahl an Arbeitnehmern belastet würde. Sollte von Kündigungen nicht Abstand genommen werden, würden diese zumindest verteuert und bewirke das Abzugsverbot einen Beitrag der Unternehmen zu den Kosten, die durch diese Maßnahme zukünftig am Arbeitsmarkt entstehen.
2.2. Für die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit des Abzugsverbots des §20 Abs1 Z8 EStG 1988 ist von folgenden Grundlagen auszugehen:
2.2.1. §20 Abs1 Z8 EStG 1988 bestimmt, dass Aufwendungen oder Ausgaben für Entgelte, die beim Empfänger sonstige Bezüge nach §67 Abs6 EStG 1988 darstellen, nicht bei den einzelnen Einkünften abgezogen werden dürfen, soweit sie bei diesem nicht mit dem Steuersatz von 6% zu versteuern sind. Damit enthält §20 Abs1 Z8 EStG 1988 ein Abzugsverbot für vom Arbeitgeber gewährte freiwillige Abfertigungen an Arbeitnehmer, soweit diese das für den Arbeitnehmer in §67 Abs6 EStG 1988 festgelegte begünstigte Ausmaß übersteigen.
Das Abzugsverbot des §20 Abs1 Z8 EStG 1988 wurde mit dem Abgabenänderungsgesetz 2014, BGBl I 13/2014 eingeführt. Diese Regelung steht einerseits im systematischen Zusammenhang mit der ebenfalls mit dem AbgÄG 2014 eingeführten Bestimmung des §20 Abs1 Z7 EStG 1988, die ein Abzugsverbot für den Betrag von € 500.000,– übersteigenden Aufwendungen für das Entgelt von Arbeits- und Werkleistungen (Beschränkung der Abzugsfähigkeit von Manager-Gehältern) vorsieht. Andererseits korrespondiert das Abzugsverbot des §20 Abs1 Z8 EStG 1988 mit der ebenfalls durch das AbgÄG 2014 in §67 Abs6 EStG 1988 erfolgten Einschränkung der begünstigten Besteuerung freiwilliger Abfertigungen. Ausweislich der Erläuterungen sollen durch die Regelungen der §20 Abs1 Z7 und Z8 EStG 1988 Lenkungseffekte bewirkt werden, mit dem Ziel, Gerechtigkeits- und Solidaritätseffekte im Steuerrecht zu stärken (vgl RV 24 BlgNR 25. GP , 8).
2.2.2. Mit diesen Abzugsverboten weicht der Gesetzgeber vom System des objektiven Nettoprinzips ab, nach dem das Konzept einer Steuer, die den periodisch erzielten Zuwachs an persönlicher wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, ausgedrückt im Wesentlichen durch das am Markt erzielte (Rein-)Einkommen, erfassen soll, grundsätzlich gebietet, die zur Erzielung des Einkommens getätigten Aufwendungen von der Bemessungsgrundlage abzuziehen (vgl auch VfSlg 18.783/2009, 19.615/2012, 19.933/2014).
Dieses – der einfachgesetzlichen Ausgestaltung im Ertragsteuerrecht zugrunde liegende – Prinzip gilt allerdings nicht absolut. Der Gesetzgeber darf dieses durchbrechen; ein solches Abgehen vom objektiven Nettoprinzip hält aber nur dann vor dem Gleichheitssatz stand, wenn es sachlich gerechtfertigt ist (vgl VfSlg 8457/1978, 19.933/2014).
Eine sachliche Rechtfertigung für ein Abgehen vom objektiven Nettoprinzip liegt ua dann vor, wenn der Gesetzgeber mit dem Abzugsverbot andere als fiskalische Zwecke verfolgt, indem er Anreize für eine Verhaltenslenkung der Steuerpflichtigen setzt (zum Einsatz steuerlicher Vorschriften als Instrument der Verhaltenslenkung vgl Ruppe, Verfassungsrechtliche Schranken der Gesetzgebung im Steuerrecht, in: Österreichische Juristenkommission [Hrsg.], Rechtsstaat – Liberalisierung und Strukturreform, 1998, 119 [126]).
Solche Regelungen liegen grundsätzlich im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers. Der Verfassungsgerichtshof kann dem Gesetzgeber nur dann entgegentreten, wenn er bei der Bestimmung der einzusetzenden Mittel die ihm von Verfassungs wegen gesetzten Schranken überschreitet. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Gesetzgeber das sich aus dem Gleichheitssatz ergebende Sachlichkeitsgebot verletzt, wenn er also beispielsweise zur Zielerreichung völlig ungeeignete Mittel vorsieht oder wenn die vorgesehenen, an sich geeigneten Mittel zu einer sachlich nicht begründbaren Differenzierung führen (VfSlg 11.369/1987).
2.2.3. Zur Beschränkung der Abzugsfähigkeit von Manager-Gehältern in §20 Abs1 Z7 EStG 1988 bzw §12 Abs1 Z7 KStG 1988 hat der Verfassungsgerichtshof in VfSlg 19.933/2014 erkannt, dass das verfolgte Ziel einer Verringerung des Einkommensgefälles in Unternehmen zwischen Führungskräften und den übrigen Dienstnehmern einen Eingriff in das objektive Nettoprinzip rechtfertigt und auch nicht zu erkennen ist, dass das Abzugsverbot völlig ungeeignet wäre, dieses Ziel zu erreichen. Dem liegt zugrunde, dass die mit dem Abzugsverbot verbundenen Kosten den Aufwand des Unternehmens für die auszuzahlenden Bezüge erhöhen, wobei diese Kosten mit dem € 500.000,– übersteigenden Vergütungsbetrag zunehmen und damit ab einem bestimmten Betrag je nach wirtschaftlicher Lage des Unternehmens und den Gesamtumständen das Abzugsverbot dem weiteren Anstieg solcher Vergütungen entgegenwirken kann.
2.2.4. Einen vergleichbaren Lenkungseffekt hat der Gesetzgeber auch mit dem Abzugsverbot des §20 Abs1 Z8 EStG 1988 für freiwillige Abfertigungen intendiert, indem er für diese anlässlich der Beendigung eines Dienstverhältnisses geleisteten freiwilligen Bezüge auf Ebene des Arbeitgebers ein teilweises Abzugsverbot vorsieht.
Der Gesetzgeber knüpft dabei das Abzugsverbot für freiwillige Abfertigungen nicht an das Übersteigen eines bestimmten absoluten Betrages, sondern an die Regelung des §67 Abs6 EStG 1988 und damit an die steuerliche Behandlung der freiwilligen Abfertigung auf Ebene des Arbeitnehmers. Dem Abzugsverbot unterliegt dabei der das begünstigte Ausmaß des §67 Abs6 EStG 1988 übersteigende Teil der Abfertigung.
Damit zielt der Gesetzgeber auf eine Kostenbelastung jenes Teils der freiwilligen Abfertigung, der im Fall einer Dienstgeberkündigung das vom Gesetzgeber im Rahmen des §67 Abs6 EStG 1988 als Versorgungs- und Überbrückungsleistung festgelegte begünstigte Ausmaß übersteigt (vgl VfSlg 20.204/2017, wonach die in §67 Abs6 EStG 1988 mit dem AbgÄG 2014 vorgesehenen Einschränkungen den Gleichheitssatz nicht verletzen). Diese Kosten können je nach wirtschaftlicher Lage des Unternehmens und den Gesamtumständen der Vereinbarung einer den Betrag des §67 Abs6 EStG 1988 übersteigenden freiwilligen Abfertigung entgegenwirken. Damit sind aber die in §67 Abs6 und korrespondierend in §20 Abs1 Z8 EStG 1988 vorgesehenen Einschränkungen auch im Grundsatz geeignet, das für freiwillige Abfertigungen mit der Regelung verfolgte Ziel, die Begünstigung von "Golden Handshakes" abzuschaffen, um vor allem ältere Arbeitnehmer länger in Beschäftigung zu halten (vgl RV 24 BlgNR 25.GP , 8), zu erreichen.
2.2.5. Im Erkenntnis VfSlg 19.933/2014 hat der Verfassungsgerichtshof zu den Bedenken des antragstellenden Gerichtes zur unterschiedlichen Behandlung der Abzugsfähigkeit von gesetzlichen Abfertigungen (an einen GmbH-Geschäftsführer), die unter §67 Abs3 EStG 1988 fallen und daher nicht dem Abzugsverbot des §20 Abs1 Z8 EStG 1988 unterliegen, und freiwilligen Abfertigungen (an einen AG‑Vorstand) ausgesprochen, dass der Gesetzgeber mit der Anknüpfung des Abzugsverbotes an den Rechtsgrund der Abfertigung und damit die Dispositionsmöglichkeit des Unternehmens seinen rechtspolitischen Gestaltungsspielraum nicht überschritten hat (vgl VfSlg 19.933/2014, S 863). In diesem Erkenntnis hielt der Verfassungsgerichtshof ferner fest, dass er – mangels dargelegter Bedenken – die Sachlichkeit des Abzugsverbotes für sonstige Bezüge iSd §67 Abs6 EStG 1988 mit Blick auf das objektive Nettoprinzip nicht zu prüfen hatte.
2.2.6. Schließlich ist zu beachten, dass Zahlungen, die geleistet werden, um eine vorzeitige friktionsfreie Beendigung eines Dienstverhältnisses herbeizuführen, anders als freiwillige Abfertigungen nicht dem §67 Abs6 EStG 1988 unterliegen. Werden Zahlungen als Gegenleistung für die Zustimmung des Arbeitnehmers zur sofortigen oder vorzeitigen Auflösung des Dienstverhältnisses zugesagt, ist die Zahlung auch dann keine freiwillige Abfertigung iSd §67 Abs6 EStG 1988, wenn die Auflösung des Dienstverhältnisses einvernehmlich erfolgt (vgl VwGH 15.9.2011, 2007/15/0231; 19.4.2018, Ra 2017/15/0073; Kirchmayr/Schaunig, §67 EStG, in: Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn [Hrsg.], Einkommensteuergesetz, 21. Lfg. 2020, Tz 122). Abgangsentschädigungen (entweder aus Anlass einer Kündigungsanfechtung oder auch um eine solche hintanzuhalten), und andere Verzichtszahlungen für künftige Lohnzahlungszeiträume unterliegen daher nicht dem Abzugsverbot des §20 Abs1 Z8 EStG 1988. Eine solche Differenzierung ist auch sachlich begründet, da die Zahlung in solchen Fällen nicht auf die Versorgung oder Überbrückung anlässlich einer den gesetzlichen Vorgaben entsprechenden Beendigung des Dienstverhältnisses abzielt, sondern ausgehend von den auf Grundlage des Vertrages bestehenden Ansprüchen des Arbeitnehmers den Charakter einer Entschädigung hat, die geleistet wird, um eine betrieblich veranlasste Beendigung des Arbeitsverhältnisses herbeizuführen.
2.3. Entgegen der Auffassung der Bundesregierung ist nicht zu erkennen, dass Lenkungszwecke ein Abzugsverbot für Sozialplanabfertigungen rechtfertigen könnten:
2.3.1. Die Bundesregierung räumt zunächst selbst ein, dass sich Abfertigungen in Sozialplänen in ihrer rechtlichen Gestaltung, Funktion und Zwecksetzung von individual vereinbarten freiwilligen Abfertigungen unterscheiden und damit potentiell eine Gleichbehandlung von unterschiedlichen Sachverhalten im Rahmen des Abzugsverbotes erfolgt. Sie vermeint jedoch, dass ein Abzugsverbot für Sozialplanzahlungen sachlich gerechtfertigten Lenkungszwecken diene und das Abzugsverbot für Abfertigungen, die im Rahmen eines Sozialplanes vereinbart werden, geeignet wäre, Personalfreisetzungen einer größeren Zahl von Mitarbeitern und insbesondere auch älterer Arbeitnehmer hintanzuhalten.
Es kann zwar der Bundesregierung in diesem Zusammenhang zunächst nicht entgegengetreten werden, wenn sie im Rahmen ihrer Äußerung auf die negativen Auswirkungen hinweist, die durch Kündigungen älterer Arbeitnehmer für diese und die Allgemeinheit eintreten. Auch ist der Bundesregierung zuzustimmen, dass die Vereinbarung von Abfertigungen im Rahmen von Sozialplänen der Verhinderung von Kündigungsanfechtungen dient (vgl dazu auch OGH 29.4.2021, 9 ObA 9/21w) und eine Anfechtung umso eher unterbleibt, je höher die Abfertigung ist.
2.3.2. Die Bundesregierung verkennt aber mit ihrer Behauptung, dass ein Abzugsverbot geeignet wäre, der Vereinbarung von Abfertigungen im Rahmen einer Sozialplanvereinbarung entgegenzuwirken, die besondere Funktion und Zwecksetzung von Sozialplänen.
2.3.2.1. Sozialpläne können nur in den Fällen einer Betriebsänderung iSd §109 Abs1 Z1 bis 6 ArbVG rechtswirksam abgeschlossen werden und setzen neben einer Mindestbetriebsgröße die Betroffenheit aller oder zumindest erheblicher Teile der Arbeitnehmerschaft und wesentliche Nachteile für die betroffenen Arbeitnehmer voraus. Ein Sozialplan kann daher nicht in allen denkbaren Formen einer Reorganisation oder Umstrukturierung eines Betriebes abgeschlossen werden, sondern ist an das Vorliegen der in §109 Abs1 Z1 bis 6 leg cit aufgezählten Fälle streng gebunden (Maier, Restrukturierung und Arbeitsrecht2, 2019, 6.11.; Wolf, Die Sozialplan-Betriebsvereinbarung, in: Körber-Risak/Wolf [Hrsg.], Die Betriebsvereinbarung vor der Schlichtungsstelle, III.B.1.). Als Betriebsänderung gelten danach nur massive Änderungen wie die Einschränkung oder Stillegung des ganzen Betriebes oder von Betriebsteilen (§109 Abs1 Z1 ArbVG), die Verlegung des ganzen Betriebes oder von Betriebsteilen (Z2 leg cit) oder auch die Einführung von Rationalisierungs- und Automatisierungsmaßnahmen von erheblicher Bedeutung (Z6 leg cit). Dabei ist jeweils vorausgesetzt, dass zumindest ein erheblicher Teil der Arbeitnehmer, worunter die Praxis jedenfalls mehr als ein Drittel der Belegschaft versteht (Wolf, aaO, III.E.), von einer solchen Betriebsänderung betroffen ist und die Betriebsänderung für alle oder erhebliche Teile der Arbeitnehmerschaft wesentliche Nachteile mit sich bringt.
2.3.2.2. Sozialpläne werden somit vom Gesetzgeber für taxativ aufgezählte betriebliche Maßnahmen vorgesehen, wenn mit diesen für große Teile der Belegschaft wesentliche Nachteile verbunden sind. Sie verfolgen dabei – wie im Prüfungsbeschluss bereits dargelegt – das Ziel, die von der Betriebsänderung nachteilig betroffenen Arbeitnehmer zu schützen, der Arbeitnehmerschaft die bisher zugestandene Rechtsposition so lange wie möglich zu erhalten und deren Verlust auszugleichen (OGH 26.3.1997, 9 ObA 75/97p; Maier, aaO, 6.5.). Sozialpläne zielen somit darauf ab, die wesentlichen materiellen und immateriellen Nachteile, die auf Grund der mit den Maßnahmen der Betriebsänderung verbundenen wirtschaftlichen und sozialen Folgen für die Arbeitnehmerschaft eintreten, sozial verträglich abzufedern.
2.3.2.3. Der in einem Sozialplan vereinbarte Inhalt ist Ergebnis der Abwägung der betrieblichen Interessen unter Bedachtnahme auf die wirtschaftlichen Notwendigkeiten des Betriebes und der Interessen der durch die Betriebsänderung nachteilig betroffenen Arbeitnehmer (Maier, aaO, 6.5. f.). Im Ergebnis zielt der Sozialplan somit darauf ab, in einer streitvermeidenden oder gar streitbeilegenden Weise einen Interessenausgleich für die negativen Folgen einer geplanten Betriebsänderung auf die Belegschaft herbeizuführen.
In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass Sozialpläne im Arbeitsverfassungsrecht für den Fall einer Betriebsänderung vorgesehene, vor der Schlichtungsstelle erzwingbare Betriebsvereinbarungen sind (§109 Abs3 ArbVG). Kommt es daher zu keiner Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, entscheidet – soweit eine Regelung durch Kollektivvertrag oder Satzung nicht vorliegt – auf Antrag eines der Streitteile die Schlichtungsstelle. Scheitern die Bemühungen um eine Einigung, hat die Schlichtungsstelle eine Entscheidung zu treffen, die die (nicht zustande gekommene) Einigung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber ersetzt und somit auf diese Weise den Inhalt des Sozialplanes rechtsverbindlich herbeiführt.
2.3.2.4. Ist im Fall einer solchen Betriebsänderung die Auflösung von Dienstverhältnissen beabsichtigt, sind auf Grundlage einer Durchschnittsbetrachtung solche Nachteile beachtlich, die die soziale Situation der Arbeitnehmerschaft erheblich beeinträchtigen (Wolf, aaO, III.C.2.a). Dabei ist die gesamte Situation der Arbeitnehmer, somit nicht nur die Zeit einer längeren Arbeitslosigkeit und ein drohender Einkommensverlust, sondern sind beispielsweise auch Sorgepflichten oder Kreditbelastungen zu berücksichtigen. Die Auflösung von Dienstverhältnissen ist dabei erst dann in Betracht zu ziehen, wenn diese – sieht man von einer gänzlichen Betriebsschließung ab – nach Prüfung freier Arbeitsplätze im restlichen Betrieb und notwendiger Umschulungsmaßnahmen oder sonstiger alternativer Maßnahmen unumgänglich ist (Wolf, aaO, VI.C.).
2.3.2.5. In den Fällen der Auflösung von Dienstverhältnissen stellt die Regelung über Sozialplanabfertigungen ein Kernstück eines Sozialplanes dar. Der Ausgleich der mit der Auflösung der Dienstverhältnisse für die Arbeitnehmerschaft verbundenen wesentlichen Nachteile erfordert regelmäßig, neben der Dauer der Betriebszugehörigkeit auch das Lebensalter und bei älteren Arbeitnehmern somit die Nähe des Zeitpunktes der Auflösung zum Pensionsantritt, die Höhe des Gehaltes und Unterhaltspflichten zu berücksichtigen. Der Ausgleich von sozialen und wirtschaftlichen Nachteilen hat hiebei nach den Grundsätzen des Gleichbehandlungsgebotes zu erfolgen (Maier, aaO, 6.36 ff.).
2.3.2.6. Für ältere Arbeitnehmer ordnet §109 Abs3 ArbVG die besondere Bedachtnahme auf deren Interessen an. Dies bedeutet zum einen, dass eine Auflösung des Dienstverhältnisses erst dann in Erwägung zu ziehen ist, wenn im Rahmen des vorzunehmenden Interessenausgleiches eine Weiterbeschäftigung im Betrieb nicht in Betracht kommt (vgl oben 2.3.2.4.). Zum anderen werden bei der Bemessung der Sozialplanabfertigung gerade das fortgeschrittene Lebensalter und die erhöhten Schwierigkeiten, eine neue Beschäftigung zu finden, besonders zu berücksichtigen sein. Dabei kann vor dem Hintergrund des Gleichbehandlungsgebotes davon ausgegangen werden, dass in einer Durchschnittsbetrachtung die mit der Auflösung von Dienstverhältnissen verbundenen nachteiligen sozialen und wirtschaftlichen Folgen für ältere Arbeitnehmer schwerer wiegen als für jüngere Arbeitnehmer.
2.3.3. In Anbetracht dieser arbeitsverfassungsrechtlichen Ausgangslage vermag der Verfassungsgerichtshof nicht zu erkennen, dass das Abzugsverbot für Sozialplanabfertigungen einen verfassungsrechtlich unbedenklichen Lenkungseffekt haben könnte:
2.3.3.1. Auszugehen ist davon, dass der mit der Regelung des §20 Abs1 Z8 EStG 1988 intendierte Lenkungseffekt nicht völlig ungeeignet erscheint, eine Verhaltenslenkung für freiwillige individualvereinbarte Abfertigungen zu bewirken (vgl Rz 29). In Anbetracht der unterschiedlichen Funktion und Zwecksetzung von Sozialplanabfertigungen läuft dieser Lenkungseffekt für Sozialplanabfertigungen jedoch insofern ins Leere, als diese doch Ergebnis eines Interessenausgleicheszwischen Arbeitgeber und Betriebsrat sind, bei dem die Höhe der zu leistenden Sozialplanabfertigung nicht durch von unternehmerischen Zweckmäßigkeitsüberlegungen geleitete Dispositionen des Arbeitgebers, sondern durch die Notwendigkeit eines sozial verträglichen Ausgleiches der für die Arbeitnehmerschaft aus Anlass der Betriebsänderung entstandenen Nachteile bestimmt wird. Die Vereinbarung der Höhe einer Sozialplanabfertigung ist vor diesem Hintergrund einer Lenkung in aller Regel nicht zugänglich, da dieser für den Ausgleich der Nachteile erforderliche Betrag – so eine Einigung nicht erzielt werden kann – vor der Schlichtungsstelle erzwingbar ist, ohne dass der Arbeitgeber auf diese Entscheidung Einfluss nehmen könnte.
Vielmehr bestimmt der – erzwingbare – Inhalt des Sozialplanes die Höhe der nichtabzugsfähigen Aufwendungen. So wie daher ein Abzugsverbot für gesetzliche Abfertigungen nicht mit einem Lenkungseffekt sachlich begründet werden könnte, ist für die im Rahmen erzwingbarer Betriebsvereinbarungen festgelegten Sozialplanabfertigungen nach ihrer Funktion und ihrem Zweck ein Abzugsverbot von vornherein nicht geeignet, der Auflösung von Dienstverhältnissen oder der Vereinbarung besonders hoher Abfertigungen entgegenzuwirken.
2.3.3.2. Das Abzugsverbot ist in aller Regel auch nicht geeignet, dem unerwünschten Effekt entgegenzuwirken, ältere Arbeitnehmer durch hohe Abfertigungsangebote vielfach zur Annahme eines Sozialplanes zu veranlassen, obwohl ihre Weiterbeschäftigung möglich wäre. Vielmehr erfordert die Konstellation einer Betriebsänderung in Sozialplänen eine sozial verträgliche Regelung für ältere und auch besonders geschützte Arbeitnehmer gerade in jenen Fällen zu finden, in denen eine Weiterbeschäftigung im Betrieb auch unter Bedachtnahme auf die soziale Gestaltungspflicht des Betriebsinhabers im Rahmen des gebotenen Interessenausgleiches – etwa wegen einer Betriebs(teil)schließung – nicht in Betracht kommt. Da eine Auflösung des Dienstverhältnisses in solchen Fällen durch den objektiven Umstand einer auf die wirtschaftlichen Notwendigkeiten Bedacht nehmenden Betriebsänderung (§109 Abs2 ArbVG) erforderlich ist, ist nicht zu erkennen, inwiefern ein Abzugsverbot und eine mit diesem verbundene Kostenbelastung geeignet ist, einen Anreiz für eine Weiterbeschäftigung zu bewirken.
Für den Verfassungsgerichtshof ergibt sich aus der arbeitsverfassungsrechtlichen Ausgangslage vielmehr, dass das Abzugsverbot in solchen Fällen mit dem Ziel eines Sozialplanes, die Interessen älterer Arbeitnehmer zu schützen, unvereinbar ist: Anders als im Fall freiwilliger individualvereinbarter Abfertigungen erfordert die Auflösung von Dienstverhältnissen im Fall einer Betriebsänderung den Ausgleich sozialer und wirtschaftlicher Nachteile für ältere Arbeitnehmer (aber auch für besonders geschützte Arbeitnehmer). Dies kann die Festlegung einer Geldleistung erfordern, die über die Funktion einer bloßen – nach Art einer freiwilligen Abfertigung nach §67 Abs6 EStG 1988 gestalteten – Versorgungs- und Überbrückungsleistung hinausgeht.
Dass die Vereinbarung einer Sozialplanabfertigung bei älteren Arbeitnehmern auf den Verzicht einer Kündigungsanfechtung abzielt, vermag entgegen der Auffassung der Bundesregierung daher nicht aufzuzeigen, dass das Abzugsverbot geeignet wäre, der Vereinbarung hoher Abfertigungen entgegenzuwirken. Im Übrigen würde eine Zahlung nicht unter das Abzugsverbot fallen, wenn sie als Gegenleistung für den Verzicht auf ein – wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen für einen rechtswirksamen Sozialplan – tatsächlich aussichtsreiches Kündigungsanfechtungsrecht erfolgen würde (vgl Pkt. III.2.2.6.).
Es ist vielmehr zu bedenken, dass Sozialpläne nicht darauf gerichtet sind, ältere Arbeitnehmer durch Vereinbarung von "Golden Handshakes" zu kündigen. Sozialpläne erfassen vielmehr alle von einer Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer, wobei der Ausgleich von sozialen und wirtschaftlichen Nachteilen nach den Grundsätzen des Gleichbehandlungsgebotes zu erfolgen hat (Maier, aaO, 6.36 ff.). Dabei können Sozialplanleistungen nicht für leitende Angestellte oder Mitglieder gesetzlicher Vertretungsorgane rechtswirksam vereinbart werden (§36 ArbVG). Eine Abfertigung, die im Rahmen eines Sozialplanes nach diesen Grundsätzen durch Abwägung sozialer Kriterien für ältere Arbeitnehmer vereinbart wird und die höhere soziale Betroffenheit durch einen vergleichsweise höheren – über die Dienstzeitstaffel des §67 Abs6 EStG 1988 hinausgehenden – Abfertigungsbetrag berücksichtigt, ist aber schon im Ansatz mit einer klassischen "Golden Handshake" Abfertigung nicht vergleichbar. Dem trägt die Besteuerung auf Ebene des Arbeitnehmers Rechnung, indem §67 Abs8 litf EStG 1988 Sozialplanabfertigungen über die die Versorgungs- und Überbrückungsleistung zum Ausdruck bringende Dienstzeitstaffelung des Abs6 leg cit hinausgehend bis zu einem Betrag von € 22.000,– begünstigt.
2.3.3.3. Am vorstehenden Ergebnis vermag auch der von der Bundesregierung ins Treffen geführte Umstand nichts zu ändern, dass eine Anrufung der Schlichtungsstelle offenbar nur in "absoluten Ausnahmefällen" erfolgt. Vielmehr geht der Verfassungsgerichtshof davon aus, dass bereits die Möglichkeit der Anrufung die Vereinbarung eines den arbeitsverfassungsrechtlichen Vorgaben entsprechenden Sozialplanes gewährleistet.
Auch verkennt die Bundesregierung die Funktion von Sozialplänen, wenn sie ausführt, dass für die Auszahlung einer hohen freiwilligen Abfertigung die wirtschaftliche Potenz des Arbeitgebers und nicht das Vorliegen von Härtefällen entscheidend sei. Zwar ist im Rahmen des Abschlusses eines Sozialplanes die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Betriebsinhabers zu berücksichtigen (vgl Wolf, aaO, III.D.). Entgegen der Auffassung der Bundesregierung sind Sozialplanabfertigungen aber nicht bloße Funktion der Leistungsfähigkeit, sondern Ergebnis eines Gerechtigkeits- und Solidaritätsaspekte berücksichtigenden Interessenausgleiches (vgl Pkt. III.2.3.3.1.).
Schließlich versucht die Bundesregierung die Regelung damit zu rechtfertigen, dass das Abzugsverbot dann, wenn von Kündigungen nicht Abstand genommen würde, diese zumindest verteuern würde und damit ein Beitrag zu den Kosten geleistet würde, die durch diese Maßnahmen zukünftig am Arbeitsmarkt entstehen. Für den Verfassungsgerichtshof ist kein sachlicher Grund erkennbar, der eine solche "Freisetzungsabgabe" bei der Auflösung von Dienstverhältnissen im Rahmen eines Sozialplanes rechtfertigen könnte. Da die finanziellen Leistungen im Rahmen eines Sozialplanes Ergebnis eines Interessenausgleiches sind, wäre im Übrigen auch nicht gewährleistet, dass solche Kosten tatsächlich vom Arbeitgeber wirtschaftlich getragen werden und nicht zu Lasten der Arbeitnehmer gehen.
2.4. Der Verfassungsgerichtshof vermag vor diesem Hintergrund nicht zu erkennen, dass ein Abzugsverbot für Abfertigungen im Rahmen von Sozialplänen geeignet wäre, Gerechtigkeits- und Solidaritätsaspekte im Steuerrecht zu stärken. Vielmehr bedingt dieses Abzugsverbot, dass die wesentlich ungleichen Sachverhalte einer individuell vereinbarten Abfertigung im Zuge einer Arbeitgeberkündigung einerseits und einer Sozialplanabfertigung im Zuge einer Betriebsänderung andererseits ohne sachlichen Grund gleich behandelt werden.
2.5. §20 Abs1 Z8 EStG 1988 verstößt somit gegen den Gleichheitssatz, da diese Regelung zu sachlich nicht begründbaren Differenzierungen führt. Dieses Ergebnis lässt sich auch nicht im Rahmen einer verfassungskonformen Interpretation vermeiden, indem der Anwendungsbereich der Vorschrift im Auslegungswege auf individuell vereinbarte Abfertigungen eingeschränkt wird, ist doch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes klargestellt, dass dieser Vorschrift auch Sozialplanabfertigungen unterfallen (VwGH 7.12.2020, Ro 2020/13/0013).
IV. Ergebnis
1. §20 Abs1 Z8 EStG 1988, BGBl 400/1988, idF BGBl I 13/2014 ist daher wegen Verstoßes gegen den auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitssatz als verfassungswidrig aufzuheben.
2. Die Bestimmung einer Frist für das Außerkrafttreten der aufgehobenen Gesetzesstelle gründet sich auf Art140 Abs5 dritter und vierter Satz B‑VG.
3. Der Ausspruch, dass frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten, beruht auf Art140 Abs6 erster Satz B‑VG.
4. Die Verpflichtung des Bundeskanzlers zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung und der damit im Zusammenhang stehenden sonstigen Aussprüche erfließt aus Art140 Abs5 erster Satz B‑VG und §64 Abs2 VfGG iVm §3 Z3 BGBlG.
5. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
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