VfGH G259/2020 ua

VfGHG259/2020 ua24.11.2020

Kein Antragsrecht einer Gesellschaft auf gesonderte Ausfertigung von zur gemeinsamen Erledigung verbundenen Verfahren bei gemeinsamer Entscheidung durch den VfGH

Normen

ZPO §187, §404
VfGG §7 Abs2, §35 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2020:G259.2020

 

Spruch:

Dem Antrag wird nicht Folge gegeben.

Begründung

Begründung

I. Sachverhalt und Antrag

1. Die antragstellende Gesellschaft brachte als Parteienvertreterin von sechs Gesellschaften beim Verfassungsgerichtshof am 4. Juni 2020 bzw 5. Juni 2020 jeweils einen Individualantrag ein. Die Individualanträge wurden beim Verfassungsgerichtshof zu den Geschäftszahlen G259/2020, V443/2020, V446/2020, G260/2020, V444/2020, V447/2020, G261/2020, V445/2020, V448/2020, G264/2020, V449/2020, V454/2020, G265/2020, V450-451/2020, G266/2020, V452-453/2020 protokolliert.

2. In sinngemäßer Anwendung des §187 und §404 ZPO iVm §35 Abs1 VfGG verband der Verfassungsgerichtshof die Verfahren betreffend die sechs Gesellschaften und lehnte die Behandlung der Anträge mit Beschluss vom 21. September 2020, G259/2020, V443/2020, V446/2020 ua, ab. Dieser Beschluss wurde der nun antragstellenden Gesellschaft als gemeinsame Parteienvertreterin der seinerzeit einschreitenden Gesellschaften am 30. Oktober 2020 zugestellt.

3. Mit Schriftsatz vom 11. November 2020, eingelangt beim Verfassungsgerichtshof am selben Tag, begehrt die antragstellende Gesellschaft "der Verfassungsgerichtshof möge den Beschluss [vom 21. September 2020, G259/2020, V443/2020, V446/2020 ua] für jeden Antragsteller gesondert ausfertigen".

Die antragstellende Gesellschaft bringt als Parteienvertreterin zusammengefasst vor, dass sechs unterschiedliche Verfahren beim Verfassungsgerichtshof angestrengt worden seien, weil die von ihr vertretenen Gesellschaften jeweils einen eigenen Individualantrag gestellt hätten und auch die Verfahrensgebühr für jeden Individualantrag einzeln entrichtet worden sei. Schon aus diesen Gründen und auch aus datenschutzrechtlichen Erwägungen – jeder der Mandantinnen der antragstellenden Gesellschaft habe nämlich das Recht, keiner anderen Mandantin gegenüber bekannt zu werden, wie die antragstellende Gesellschaft selbst das Recht hätte, ihren Mandantinnen gegenüber nicht offen legen zu müssen, welche bzw wie viele Mandantinnen sie in einer Sache vertreten würde – werde der Antrag auf gesonderte Ausfertigung gestellt.

II. Erwägungen

1. Dem Antrag auf gesonderte Ausfertigung ist nicht Folge zu geben.

2. Weder das Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 noch die Zivilprozessordnung, die in Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof gemäß §35 Abs1 VfGG sinngemäß anzuwenden ist, sehen ein Antragsrecht auf gesonderte Ausfertigung in vom Verfassungsgerichtshof verbundenen Verfahren vor. §404 Abs2 ZPO bestimmt vielmehr, dass in gemäß §187 ZPO verbundenen Verfahren, wenn die Verbindung der Verfahren bis zum Entscheidungszeitpunkt nicht aufgehoben worden ist, eine gemeinsame Entscheidung zu erlassen ist (vgl auch Brenn, §404 ZPO, in: Höllwerth/Ziehensack [Hrsg.], ZPO Taschenkommentar, 2019, Rz 8). Ergeht in verbundenen Rechtssachen eine gemeinsame Entscheidung, ist sie dem gemeinsamen Parteienvertreter nur einmal zuzustellen (OGH 19.12.1990, 3 Ob 131/90 ua).

3. Der Verfassungsgerichtshof weist im Übrigen darauf hin, dass es der antragstellenden Gesellschaft freisteht, den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 21. September 2020 selbst zu anonymisieren, um ihren allfälligen datenschutzrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen.

III. Ergebnis

1. Dem Antrag ist somit nicht Folge zu geben.

2. Dieser Beschluss konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefasst werden.

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